Wohnsiedlungen im Umbruch - Libreka

Alle Abbildungen in diesem Buch stammen, soweit nicht anders vermerkt, von den Autorinnen .... Doris Felbinger, Bettina Graf, Sabine Gruner, Helga Jonuschat,.
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SÖF

Sozialökologische Forschung

Ergebnisse Sozial-ökologischer Forschung

Gabriele Wendorf (Hrsg.)

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Wohnsiedlungen im Umbruch Impulse inter- und transdisziplinärer Forschung zur Gestaltung von Nachkriegssiedlungen

Das Projekt wurde im Rahmen des Förderschwerpunktes Sozial-ökologische Forschung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Dieses Buch wurde klimaneutral hergestellt. CO2-Emissionen vermeiden, reduzieren, kompensieren – nach diesem Grundsatz handelt der oekom verlag. Unvermeidbare Emissionen kompensiert der Verlag durch Investitionen in ein Gold-Standard-Projekt. Mehr Informationen finden Sie unter www.oekom.de. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 oekom, München oekom verlag, Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH, Waltherstraße 29, 80337 München Lektorat: Silvia Stammen, München Satz + Layout: oekom verlag Umschlaggestaltung: oekom verlag Umschlagabbildung: Gabriele Wendorf Alle Abbildungen in diesem Buch stammen, soweit nicht anders vermerkt, von den Autorinnen und Autoren. Druck: DIP – Digital-Druck Witten Der Innenteil dieses Buches wurde auf 100%igem Recyclingpapier gedruckt. Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-86581-116-5 e-ISBN 978-3-86581-333-6

Gabriele Wendorf (Hrsg.)

Wohnsiedlungen im Umbruch Impulse inter- und transdisziplinärer Forschung zur Gestaltung von Nachkriegssiedlungen

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Gabriele Wendorf Einleitung

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Teil I – Forschungsgegenstand und Forschungsmethode 2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3 2.3.1 2.3.2 2.4 2.5

3 3.1 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2

Gabriele Wendorf Die Umbruchsituation in Wohnsiedlungen: Herausforderungen und Chancen Baulich-räumliche Handlungsfelder Erscheinungsbild Wohnungsgrundrisse und Komfort Neue energiebezogene Anforderungen Rückbau als Option für die Aufwertung von Zeilensiedlungen Fazit: Enormer Modernisierungsbedarf in Nachkriegssiedlungen Soziale Handlungsfelder Integration neuer Bewohnergruppen Zunehmende Armut in der Bewohnerschaft Partizipation der Bewohnerschaft Wohnungsmärkte im Wandel Besonderheiten in den neuen Bundesländern Privatisierung von Beständen Fazit: Umbruchsituationen als Chance begreifen Literatur Olaf Saphörster, Gabriele Wendorf Lebensraum Stadt und die Entwicklung von Zeilensiedlungen Lebensraum »Stadt« Lebensqualität und Wohnen in Städten Das Untersuchungsfeld »Zeilensiedlung« Historischer Kontext der Zeilensiedlung Planerische Charakteristika von Zeilensiedlungen

16 18 18 19 22 26 29 30 30 31 32 33 34 35 36 38

40 41 44 47 48 51

6

3.3.3 3.4 3.5

4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.4

5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4 5.5.5 5.5.6 5.5.7 5.5.8 5.5.9 5.6

Inhaltsverzeichnis

Die sozialen Rahmenbedingungen in Zeilensiedlungen Fazit: Interdisziplinäre Analyse des Lebensraums »Stadt« am Beispiel der Zeilensiedlungen Literatur Bettina Graf, Gabriele Wendorf Die Mensch-Umwelt-Beziehung in Wohnsiedlungen Zur Wechselwirkung zwischen Mensch und Raum in der Wohnumgebung Die Aneignung der (Wohn-)umwelt aus psychologischer, institutionen-ökonomischer und soziologischer Perspektive Die Entstehung von Ortsbindung Wohlbefinden und Lebensqualität im Wohnumfeld Die Entstehung von Emotionen im Raum Die Atmosphäre zwischen Mensch und Umwelt Fazit Literatur Doris Felbinger, Bettina Graf, Gabriele Wendorf Grounded Theory als Forschungsstrategie Anforderungen an die transdisziplinäre Forschung Grounded Theory als Methode qualitativer Sozialforschung Grounded Theory und partizipative Forschungsmethoden (Aktions- und Praxisforschung) Sensibilisierende Konzepte und Forschungsdesign der Forschungsgruppe »Zeilenumbruch« Erhebungskonzept und -instrumente Auswahl der Untersuchungsgebiete Interviews mit Expertinnen und Experten Eingrenzung der Untersuchungsinhalte Relevante soziale Rahmendaten der Befragten Qualitative Interviews Analyse der Interviews und Analysetechniken der Grounded Theory Das Programm ATLAS/ti: Computerunterstützte Analyse qualitativer Daten Fotostudie im Rahmen der Interviewstudie Partizipation als Instrument: Das Verfahren Grüne Mappe Literatur

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63 63 64 68 73 73 77 81 82

84 84 85 90 92 93 94 95 96 97 99 101 105 105 106 113

Inhaltsverzeichnis

7

Teil II – Das Wohnumfeld in Zeilensiedlungen: Ergebnisse aus räumlicher, sozialer und institutioneller Perspektive 6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6

7 7.1 7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.4 7.5

Bettina Graf, Olaf Saphörster, Gabriele Wendorf Das physisch-bauliche Wohnumfeld: Potenziale des Außenraums in Zeilensiedlungen Definition und Bedeutung des Außenraums in Zeilensiedlungen Mensch und wohnungsnaher Außenraum: Die psychologische Konzeption einer wechselseitigen Beziehung Mensch, Natur und Landschaft Forschungsansatz und Ergebnisse Schlussfolgerungen: nutzungs- und erholungsrelevante sowie ästhetische Anforderungen an Außenräume Literatur Sabine Gruner, Helga Jonuschat Das soziale Wohnumfeld Eingrenzung des Forschungsbereichs soziales Wohnumfeld Der Sozialraum »Nachbarschaft« Konzepte zur Beschreibung der nachbarschaftlichen Gemeinschaft Unser Untersuchungsansatz Die Rolle nachbarschaftlicher Interaktionen für das soziale Wohnumfeld Kommunikationsstrukturen in Nachbarschaften Kommunikationsinhalt »Unterstützung« Wirkung nachbarschaftlicher Interaktionen auf das persönliche Wohlbefinden Soziale Grenzziehungen und Dominanzverhältnisse in Nachbarschaften: Rassismus und die Stigmatisierung von Armen Neue Grenzlinien in Nachbarschaften? Zum Verhältnis von Rassismus und der Stigmatisierung von Armut Grenzlinien in den Nachbarschaften – Kulturelle Zugehörigkeiten versus rassialisierende Konstruktionen? Integration der Ergebnisse: Bourdieu’s Konzept des Habitus als Erklärung für kleinräumige Segregation in Nachbarschaften Integration der Ergebnisse: Der Beitrag von Interaktionen und Grenzlinien in Nachbarschaften für das persönliche Wohlbefinden Literatur

116 116 120 130 132 142 146

150 151 151 156 162 166 167 175 178 180 182 198 205 209 215

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8 8.1 8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.3 8.3.1 8.3.2 8.3.3 8.4 8.5 8.6

Inhaltsverzeichnis

Doris Felbinger, Gabriele Wendorf Die Rolle von Institutionen und Akteuren im Wohnumfeld Der institutionenökonomische Blick auf das Wohnumfeld Die institutionalisierte Nutzung von gemeinschaftlich nutzbaren Ressourcen im Wohnumfeld Die Common Property-Theorie als Blaupause Freiflächen im Zeilenbau – tauglich für Common Property-Regime? Ruhe oder Lärm – Die Bedeutung des »akustischen Raums« als Gemeinschaftsgut Das Management von Common-Pool-Ressourcen im Wohnumfeld Gestaltung des institutionellen Wohnumfelds durch Sozialmanagement Das Individuum als Adressat des Sozialmanagements Die Nachbarschaft als Adressat des Sozialmanagements Der Hausmeister, die Hausmeisterin – »Institution« im Wohnumfeld Die Rolle von Hauswartinnen und Hauswarten als Institution im Wohnumfeld Fazit Literatur

220 220 223 224 227 237 245 248 250 253 256 273 274 276

Teil III – Qualitäten und Potenziale in Zeilensiedlungen

9 9.1 9.1.1 9.1.2 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.2.5 9.2.6 9.2.7

Doris Felbinger, Bettina Graf, Sabine Gruner, Helga Jonuschat, Olaf Saphörster, Gabriele Wendorf Wohlbefinden im Wohnumfeld – Integration interund transdisziplinärer Forschungsergebnisse Emotionen als Ausdruck des individuellen Wohlbefindens im Wohnumfeld Das Wohlbefinden fördernde Emotionen Das Wohlbefinden beeinträchtigende Emotionen Zentrale soziale Prozesse mit Einfluss auf das Wohlbefinden im Wohnumfeld Nachbarschaftliche Interaktion und Gemeinschaftsbildung Privatheitsregulation Soziale Grenzziehungen in Nachbarschaften Handlungsspielräume und Aneignungsprozesse im Wohnumfeld Lokale Regeln und Normen im Wohnumfeld Die Rolle von zentrale Personen und Institutionen im Wohnumfeld Entstehen eines Bildes von »Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit«

280 281 282 283 286 286 287 287 288 290 291 293

Inhaltsverzeichnis

9.2.8 9.2.9 9.3 9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.5 9.6

10 10.1 10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.3 10.3.1 10.3.2 10.3.3 10.3.4 10.3.5 10.4

Sinneseindrücke und ästhetische Wahrnehmung im Wohnumfeld Fazit zu den dargestellten Prozessen Untersuchungsrelevante Rahmenbedingungen in Nachkriegssiedlungen Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und übergeordnete Entwicklungen Bedeutung der Nachbarschaft für das Individuum Gesellschaftliche Diskurse Weitere Rahmenbedingungen Modelldiskussion und Fazit Literatur Doris Felbinger, Bettina Graf, Sabine Gruner, Helga Jonuschat, Olaf Saphörster, Gabriele Wendorf Reflektionen zu Wohnsiedlungen im Umbruch – Handlungsempfehlungen für die Praxis Handlungsempfehlungen zu wichtigen Gestaltungselementen des Wohnumfeldes aus Sicht der Bewohnerschaft Handlungsempfehlungen zum nachbarschaftlichen Miteinander Grenzlinien und Bewohnerschaftskonflikte: Grenz- und Konfliktlinien identifizieren, thematisieren und Kommunikationswege finden Außenraumgestaltung: Räume definieren und Nutzungskonkurrenzen managen Mieterkommunikation: Gebäude und Räume, die Platz für Gespräche schaffen Mieterbindung intensivieren: Aktivitäten anbieten und Image verbessern Handlungsempfehlungen für Partizipationsmaßnahmen im Wohnumfeld Partizipationsvorbereitung: Handlungsrahmen abstecken Modulares Vorgehen: Niedrigschwelliger Einstieg und differenzierte Ansprache Gestuftes Verfahren: Module zeitnah durchführen und Feedbackmöglichkeiten schaffen Vorschläge der Bewohnerinnen und Bewohner ernst nehmen: Vor-Ort-Kompetenz nutzen Der Weg ist das Ziel: Nicht nur Ergebnisse, sondern auch den Prozess wertschätzen Literatur

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294 296 296 300 300 302 304 306 309

310 311 314 314 320 324 325 326 328 328 330 331 332 335

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Inhaltsverzeichnis

Epilog 11 11.1 11.2 11.3

Gabriele Wendorf Reflexionen zu inter- und transdisziplinären Forschungsprozessen: Erfahrungen aus der Forschung für die Forschung Inter- und transdisziplinäres Arbeiten: Anforderungen an Forschende Kooperation von Forschung und Praxis gestalten Literatur

338 340 342 345

Anhang Interviewleitfaden

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Gabriele Wendorf

Einleitung Das vorliegende Buch »Wohnsiedlungen im Umbruch« ist Resultat der inter- und transdisziplinären Forschungsarbeit einer Nachwuchsgruppe, die im Rahmen des Sozialökologischen Förderschwerpunktes des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde. Es beleuchtet die soziale, räumliche und institutionelle Dimension von Wohnsiedlungen der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Aufgrund der hohen Wohnraumknappheit wurden in diesem Zeitraum mehr als zwölf Millionen Wohneinheiten geschaffen. Dieser enorme Bauboom führte dazu, dass noch heute etwa ein Drittel der Wohneinheiten des aktuellen Mehrfamilienhausbestandes aus dieser Zeit stammt (Oswald et. al. 2003, S. 16 und eigene Berechnung)1. Wegen ihrer Entstehungszeit werden die Siedlungen als Nachkriegssiedlungen und aufgrund ihrer meist zeilenförmig angeordneten Baukörper auch als Zeilensiedlungen bezeichnet. Die Siedlungen befinden sich sowohl baulich als auch sozial, durch den Wechsel der über Jahrzehnte relativ stabilen Bewohnerschaft, in einer Umbruchsituation. Um diese Situation zu erfassen, das heißt das komplexe Ineinanderwirken der verschiedenen sozialen, räumlichen und institutionellen Aspekte zu analysieren, geht das Forschungsprojekt nach der Methode der Grounded Theory, das heißt der gegenstandsverankerten Theoriebildung, vor. Im Mittelpunkt steht der Mensch in seinem Wohnumfeld, dessen Wohlbefinden – beeinflusst durch die unterschiedlichsten Prozesse in einer Siedlung – sich zum zentralen gemeinsamen Forschungsgegenstand entwickelt hat. Neben den Bewohnerinnen und Bewohnern ist vor allem die Wohnungswirtschaft ein wichtiger Akteur, da hier wesentlich über Rahmenbedingungen entschieden wird, die auf die Wohnbedingungen und auf das nachbarschaftliche Miteinander und damit ebenso auf das individuelle Wohlbefinden einwirken. Daher basiert das Projekt einerseits auf Interviews und der Zusammenarbeit mit Wohnungsunternehmen, die größere Bestände von Nachkriegssiedlungen verwalten, und andererseits auf Interviews mit Bewohnerinnen und Bewohnern.

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Das Statistische Bundesamt erfasst Gebäude, die im Zeitraum von 1949-1978 gebaut wurden, in einer gemeinsamen Baualtersklasse und weist hierfür im Jahr 2006 18.228 von insges. 39.338 Wohneinheiten aus (Statistisches Bundesamt 2006, S.12), was einem Anteil von 46,3 % entspricht.

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Wohnsiedlungen im Umbruch

Insbesondere für die städtische Wohnungswirtschaft, die in der Regel über größere zusammenhängende Bestände verfügt, gewinnt die Gestaltung attraktiver Wohnsiedlungen im Wettbewerb um eine gesicherte Mieter-Klientel an Bedeutung. Denn qualitätvolle Wohnungen werden langfristig auch nur in attraktiven Wohnumfeldern nachgefragt werden. Die Zeilensiedlungen mit ihren ausgeprägten Freiflächen bieten hier große Potenziale, die durch ein langfristiges und bewohnerschaftsorientiertes Freiflächenmanagement zur Erhöhung des Nutzens der Mieterinnen und Mieter beitragen und die Wirtschaftlichkeit von Siedlungen steigern können. Die baulich relativ gering verdichteten und mit ausgedehnten Außenräumen ausgestatteten Siedlungen bieten geeignete Rahmenbedingungen, um den Nachbarschaftsbegriff nicht nur, wie historisch geschehen, als städtebauliche Ordnungseinheit zu verstehen. Vielmehr kann Nachbarschaft hier auch als Raum für die Erfüllung individueller Wohnbedürfnisse sowie für das Zusammenleben in einer überschaubaren Bewohnerschaft in das Zentrum der Entwicklung zukunftsfähiger Stadtquartiere gestellt werden. Eigene Voruntersuchungen der Auswirkung von Bautypologien auf die Interaktion in der Nachbarschaft deuten darauf hin, dass Zeilensiedlungen hier besonders förderliche Strukturen aufweisen (Harloff et al. 1999, insb. S. 39ff). Um die Potenziale innerhalb dieses Siedlungstyps ausnutzen zukönnen, gilt es also, die Rolle der räumlichen sowie der sozialen und institutionellen Gegebenheiten in diesen Siedlungen besser zu verstehen und Handlungsempfehlungen zu entwickeln, um die Potenziale innerhalb dieses Siedlungstyps auszunutzen. Aus diesem Grund hat die Nachwuchsgruppe, bestehend aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Disziplinen Umwelt- und Sozialpsychologie, Architektur und Stadtplanung sowie Wirtschaft (insbesondere Institutionenökonomie) ein Forschungsdesign gewählt, das Erkenntnisse zu den verschiedenen Perspektiven auf das Wohnumfeld in Zeilensiedlungen ermöglicht. Auf der Basis umfangreicher qualitativer Interviews in sechs Siedlungen und deren Analyse nach Methoden der Grounded Theory konnten die Projektmitarbeitenden ihrem jeweiligen Forschungsinteresse folgend den Forschungsgegenstand aus unterschiedlicher Perspektive betrachten. Dies schlägt sich in der Datenanalyse und damit auch in der Gliederung und Darstellung der Forschungsergebnisse in diesem Buch nieder. Für die interdisziplinäre Zusammenarbeit wurde ein gemeinsames Brückenkonzept (das Atmosphärische, s. Kapitel 4) entwickelt, das als gemeinsame Klammer in einem ersten Teil des Buches hergeleitet, anschließend spezifisch ausdifferenziert und im letzten Teil wieder zur Zusammenführung der Ergebnisse genutzt wird. Eine besondere Herausforderung stellt dabei der Anspruch dar, sowohl inter- als auch transdisziplinär zu arbeiten. Die ausgewählten Methoden müssen also geeignet sein, auch Wissensbestände aus der Praxis in die Theoriebildung und praktische Um-

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setzung zu integrieren. Als Bestandteil der angewendeten Methoden wurde daher in enger Zusammenarbeit mit Wohnungsunternehmen ein Partizipationsverfahren entwickelt. Analog zum Vorgehen im Projekt gliedert sich das Buch in drei Teile. Teil I führt in den Forschungsgegenstand und die Forschungsmethode ein (Kapitel 2 bis 5). Teil II, der Hauptteil des Buches, betrachtet das Wohnumfeld in Zeilensiedlungen aus einer räumlichen, einer sozialen und einer institutionellen Perspektive (Kapitel 6 bis 8). Im dritten Teil schließt das Buch mit einer zusammenfassenden Darstellung von Qualitäten und Potenzialen in Zeilensiedlungen (Kapitel 9 bis 10). Ein Epilog schildert Erfahrungen aus der inter- und transdisziplinären Projektarbeit (nicht nur) für nachfolgende Forschungsgruppen. Teil I beginnt mit Herausforderungen und Chancen, vor denen Nachkriegssiedlungen in der aktuellen Umbruchsituation stehen (Kapitel 2). Es folgt eine Einführung in die Besonderheiten von Zeilensiedlungen (Kapitel 3) und die Aufarbeitung der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt in Wohnsiedlungen (Kapitel 4). Entstehung, Wahrnehmung und Empfindung von Wohlbefinden und Lebensqualität werden hergeleitet und dienen unter Nutzung des gemeinsamen Brückenkonzeptes »das Atmosphärische im Wohnumfeld« als Grundlage für die Entwicklung des Untersuchungsdesigns, das in Kapitel 5 vorgestellt wird. In Teil II werden die Untersuchungsergebnisse als Ergebnis-Triologie dargestellt und analysiert, wobei drei verschiedene Perspektiven auf das Wohnumfeld eingenommen werden. Zuerst richtet sich der Blick auf das physisch-bauliche Wohnumfeld (Kapitel 6) und berücksichtigt nutzungs- und erholungsrelevante sowie ästhetische Aspekte desselben. In Kapitel 7 wird das soziale Wohnumfeld in den Untersuchungsgebieten analysiert. Da es hier um die Abbildung und Analyse komplexer Beziehungen im Wohnumfeld geht und diese eine differenzierte Darlegung der Interviewanalysen erfordern, handelt es sich hierbei zugleich das umfangreichste Kapitel des Buches dar. In Kapitel 8 geht es letztlich um die Betrachtung des institutionellen Wohnumfeldes, indem der gemeinsame Umgang mit den Ressourcen des Wohnumfeldes analysiert wird. Nach der Analyse der verschiedenen Facetten des Wohnumfeldes werden in Kapitel 9 die gesamten Forschungsergebnisse in einer gegenstandsverankerten Theorie zusammengeführt. Um dies zu realisieren, wurden die erzielten Ergebnisse mit Hilfe der Technik des axialen und selektiven Kodierens (dazu Kapitel 5) zu einer Grafik verdichtet, die alle wesentlichen untersuchten Zusammenhänge in den Siedlungen erfasst. In Kapitel 10 münden alle Ergebnisse der Forschungsarbeit in Handlungsempfehlungen. Diese richten sich primär an Wohnungsunternehmen, beinhalten aber an einigen Stellen ebenso Anknüpfungspunkte für andere Akteure auf verschiedenen so-