Vortragsmanuskript - Bund Deutscher Kriminalbeamter

09.06.2017 - Telefon +49 (0) 7031 605112 | E-Mail: lv[email protected] .... dungsperspektive erhält und sich nicht dem Risiko ausgesetzt sieht, nach seiner.
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B u nd D e u ts c h e r Kr i m i na l b e am te r Landesverband Baden-Württemberg

SYMPOSIUM

ERWEITERTE DNA-ANALYSEN IN DER FORENSIK: MÖGLICHKEITEN, HERAUSFORDERUNGEN, RISIKEN 9. - 10. Juni 2017, FRIAS FREIBURG INSTITUTE FOR ADVANCED STUDIES, UNIVERSITÄT FREIBURG Fachliche Ausbildung und praxisübergreifende Kommunikation: Standards und Herausforderungen

Redebeitrag des baden-württembergischen BDK-Landesvorsitzenden Manfred Klumpp --- es gilt das gesprochen Wort ---

Mit den nachfolgenden Darstellungen soll ein Blick aus der kriminalpolizeilichen Praxis auf den Status quo gerichtet und hieraus ggf. einen Veränderungsbedarf abgeleitet werden. Hierbei ist zunächst festzustellen, dass in unserem föderalen System die Polizei eine Ländersache ist und deshalb auch die Ausbildung in den Ländern und beim Bund Unterschiede aufweist. Daraus resultieren unterschiedliche Standards, unterschiedliche Inhalte und Schwerpunkte. Insbesondere in den kriminalpolizeilichen Aufgabenfeldern, also den Ermittlungsbereichen der Schwerstkriminalität wäre dagegen nicht nur bundesweite, sondern in einem offenen Europa vielmehr eine EU-weite Harmonisierung erforderlich. Ich darf heute aber konkret den Fokus auf Baden-Württemberg richten, wobei das Ergebnis dann sicherlich auch auf andere Länder entsprechend übertragbar ist. In Baden-Württemberg wird polizeilicher Nachwuchs für den mittleren und den gehobenen Polizeivollzugsdienst ausgebildet. Während der mittlere Dienst bei der Schutzpolizei angesiedelt ist, findet sich der gehobene Dienst in Aufgabenfeldern der Schutz- und der Kriminalpolizei wieder. Das Bachelor-Studium an der Hochschule für Polizei ist also grundsätzlich Voraussetzung für eine kriminalpolizeiliche Tätigkeit im Bereich der Bekämpfung der Schwerkriminalität und somit Aufgabenfeldern, in denen DNA-Spuren regelmäßig eine Rolle spielen können. Studierende sind dabei sowohl Einstellungsbewerber als auch Laufbahnbewerber aus dem mittleren Dienst.

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Der BDK ist Mitglied im Conseil Européen des Syndicats de Police Stifterrat Deutsches Forum für Kriminalprävention Netzwerk Europäische Bewegung, Deutschland Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.

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Als zentrales Element der Ausbildung für eine spätere Verwendung auch bei der Kriminalpolizei ist dieses Bachelor-Studium aber für Generalisten ausgerichtet, d.h. unabhängig von der Verwendung nach dem Studium (Bereitschaftspolizei, Streifendienste, Kriminalpolizei) sind die Inhalte grundsätzlich gleich vorgegeben. Schwerpunktbildungen sind nur marginal zum Studienende mit einem dann angebotenen Wahlmodul möglich. Das heute gegenständliche Thema „DNA“ wird im aktuellen Curriculum der Hochschule nominell im Bereich der Kriminaltechnik ausgewiesen: 

„Grundlagen der DNA-Analytik und DNA-relevanter Spuren nebst der DNA-ED-Behandlung“



„Aufbau der DNA, DNA-Analytik und DNA-relevanter Spuren nebst der DNA-ED-Behandlung“

Während des Hauptpraktikums sollen die Studierenden dann die 

„Anwendung von kriminaltechnischen Standardverfahren und die Aufgeschlossenheit gegenüber einschlägigen und speziellen Ermittlungsmethoden (z.B. DNA-Probenahmen)“

nachweisen. Neben diesen kriminaltechnisch orientierten Inhalten wird DNA thematisch auch als Teil weiterer Lehrveranstaltungen abgebildet, z.B. durch: 

„Entwicklung von Tat-/Täterhypothesen Teil I (Teil II folgt im Verbund mit dem Thema „Kriminalistisches Konzept“ im Modul 5 – HS II)“

Diese Inhalte gelten gleichermaßen wieder für alle Studierenden, egal, ob sie nach dem Studium z.B. bei der Bereitschaftspolizei, im Verkehrsbereich oder bei der Kriminalpolizei verwendet werden. Ob es durch diese Praxis im Ergebnis dann zu einem eher allgemein gehaltenen Basiswissen kommt oder dies einer ausreichend fachlichen Qualifikation für kriminalpolizeiliche Ermittler genügt, möchte ich hier Ihrer eigenen Bewertung überlassen. Weitergehendes, notwendiges Fachwissen muss durch Fortbildungsmaßnahmen angeeignet werden. Angesichts der demografischen Entwicklungen und der seit Jahren absehbaren immensen Altersabgängen bei der Kriminalpolizei, die allein schon einen hohen Fortbildungsbedarf bedingen, ergeben sich aber hier zwangsläufig Engpässe. Soweit der Status quo i.S. Ausbildung. Lassen Sie mich nun noch einen kurzen Blick auf die verschiedene, konkrete Arbeitsfelder werfen, um darüber ggf. einen Veränderungsbedarf zu erkennen. Wir haben hier auf der einen Seite die sichernde Kriminaltechnik, die mit der Zentralen Kriminaltechnik bei den Polizeipräsidien und der anlassbezogenen Unterstützung

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durch das Landeskriminalität durch die Spezialisierung mit einschlägiger Fortbildung einen hohen Qualitätsstandard hat. An der Schnittstelle zu den kriminalpolizeilichen Ermittlungen steht vielfach, insbesondere bei schweren Delikten der Kriminaldauerdienst, der im sogenannten 1. Angriff maßgeblich auch die Weichen für die weiteren Ermittlungen stellt. Gerade in Deliktsfeldern, bei denen später DNA-Spuren eine Rolle spielen können, sind das richtige Verhalten sowie auch die penible Dokumentation des Vorgehens elementar wichtig, um spätere Spurenergebnisse nicht zu belasten. Da in den Schichtdienst dieses Kriminaldauerdienstes regelmäßig junge Kollegen zeitnah nach dem Studium versetzt werden, ist es wichtig, dass sie hierfür auch qualifiziert sind, also das notwendige Fachwissen mitbringen. Im Ermittlungsdienst der Kriminalpolizei gibt es unterschiedliche Aufgabenfelder bei denen die Bedeutung von DNA-Spuren auch unterschiedliche Relevanz hat. Gerade bei herausragenden Kapitaldelikten mit Bildung von Sonderkommissionen kann jedoch jeder Kriminalbeamte in die Situation kommen, hier eingesetzt zu werden, zu ermitteln und bei der Spurenbewertung, dem Erstellen einer Tat/Täterhypothese, dem Zusammenfügen von Spuren – gleichermaßen einem Puzzle – mitzuwirken. Hierzu bedarf es für professionelle, ergebnisoffene, erfolgreiche und ebenso gerichtsfeste Ermittlungen vielfachen Fachwissens u.a. auch rund um DNA-Spuren. Beispielhaft seien hier deren Erscheinungsformen, ihre Übertragungsmöglichkeiten und damit ein möglicher Tatbezug, ihre möglichen Verunreinigungen bis hin zu statistischen Wahrscheinlichkeiten für Übereinstimmungen genannt. Neben den traditionellen Spurenlagen und Ermittlungsansätzen oder den durch technische Entwicklungen und gesellschaftliche Veränderungen sich in den letzten Jahren vermehrt ergebenden Tat- und Täterspuren z.B. im komplexen IT- und Kommunikations-Bereich, hat die DNA eine herausragende Bedeutung für kriminalpolizeiliche Ermittlungen. Um alle Spuren sachgerecht zu interpretieren, sie in einem Gesamtbild plausibel zusammenzufügen oder aus ihnen weitere Ermittlungsansätze zu gewinnen, bedarf es nicht nur der rechtlichen Grundlagen, sondern auch eines Verständnisses und umfassenden Knowhow um deren jeweiligen Besonderheiten. Dies muss Grundlage, ja Basiswissen einer kriminalistischen Ausbildung sein. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter spricht sich daher für ein eigenständiges, bundesweit abgestimmtes Berufsbild der Kriminalpolizei aus, das die besonderen kriminalistischen Bedürfnisse an eine moderne, den Anforderungen für eine erfolgreiche

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Kriminalitätsbekämpfung komplexer Phänomene der Schwerstkriminalität widerspiegelt. Dies umfasst auch eine verwendungsorientierte Ausbildung, die angehenden Kriminalisten bereits während des Studiums ein umfassendes kriminalistisches Wissen vermittelt und sie für ihre Erstverwendung bei der Kriminalpolizei nach dem Studium qualifiziert. Eine Ausrichtung, die in verschiedenen Bundesländern bereits so praktiziert wird und auch in Baden-Württemberg bis vor rund 15 Jahren noch so vorhanden war. Eine weitere Option ist eine Verwendungssicherheit bei der Kriminalpolizei für schon einschlägig qualifizierte oder sonst geeignete Einstellungsbewerber. So muss es möglich sein, dass z.B. ein ‚Bachelor of Science Biologie‘, der sich für eine Tätigkeit im Vollzugsdienst der Kriminalpolizei interessiert, eine sichere Verwendungsperspektive erhält und sich nicht dem Risiko ausgesetzt sieht, nach seiner Ausbildung z.B. im Verkehrsbereich verwendet zu werden und deshalb auf eine Bewerbung verzichtet. Auch dies war früher bereits eine geübte und erfolgreiche Praxis in Baden-Württemberg. Zusammenfassend ist daher feststellen, dass es konstant einen hohen Qualifizierungsbedarf für kriminalpolizeiliche Tätigkeiten gibt und dieser in seiner inhaltlichen Ausgestaltung aber nur durch eine Anpassung der Strukturen gesichert werden kann. Erlauben Sie mir abschließend als Kriminalbeamter, insbesondere da wir ja auch in Freiburg sind, meinen Kolleginnen und Kollegen hier in Freiburg und beim Landeskriminalamt ein Kompliment für die Ermittlung der Tatverdächtigen in zwei, bundesweit beachteten Mordfällen z.N. zweier junger Frauen zu machen. Auch hier haben DNA-Spuren und akribische kriminalistische Feinarbeit geholfen, ein Puzzle zusammenzusetzen und die mutmaßlichen Täter zu identifizieren. Beide Fälle zeigen, dass die baden-württembergische Polizei in der Lage ist auf einem sehr hohen fachlichen Niveau zu arbeiten. Dieses Niveau angesichts   

vielfacher, neuer Herausforderungen und Entwicklungen bei knappen personellen und finanziellen Ressourcen sowie den vielfachen Altersabgängen in den nächsten Jahren und damit einem zusätzlichen hohem Aus- und Fortbildungsbedarf

zumindest zu halten, wird schwierig werden und neue Lösungen fordern.

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