Vor dem Sprung nach Bundesbern

weitere Option – traute sich Dürr zu .... handeln. «Ich wäre gerne Nationalrat», sagt Stolz. Dass dem nichts im Wege ... 20 Jahren in der FDP Schweiz präsent,.
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Thema. Kommentar

Dürr konnte nicht anders Von David Weber

Man merkte es Baschi Dürr (FDP) an, wie schwer es ihm fiel, diese Worte zu sagen: «Ich verzichte darauf, Nationalrat zu werden.» Dürr wird nicht Nachfolger des verstorbenen Peter Malama. Stattdessen konzentriert sich Dürr voll auf die Regierungsratswahlen. Er riskiert, dass er unter Umständen nach den Wahlen am 28.  Oktober mit leeren Händen dasteht. Natürlich hätte er mit dem Entscheid bis nach den Regierungswahlen zuwarten können. Nur hätte er sich dann als Zauderer präsentiert, der bloss auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Deswegen eine für die Region wichtige Entscheidung hinauszuschieben, wäre egoistisch gewesen. Die Wählerinnen und Wähler hätten ihn bei der Regierungsratswahl abgestraft. Das Doppelmandat Nationalrat/Regierungsrat – eine weitere Option – traute sich Dürr zu Recht nicht zu. Für einen, der beide Ämter neu beginnt, wäre nur schon der Gedanke daran anmassend. Dürrs Entscheid ist logisch und konsequent. Und er vertrat ihn mit Überzeugung. «Ich möchte nicht taktieren und nicht mit einem Fallschirm in die Wahlen gehen», sagte er. Dürr setzte damit ein starkes Signal für seine Regierungsambitionen. Dieser klare Entscheid könnte seiner Kandidatur Auftrieb verleihen. Diesen hat er auch nötig. Denn FDP-Mann Christophe Haller hat mit einer aufwendigen und

Dürr setzte mit dem Verzicht ein starkes Zeichen für seine Regierungsambitionen. geschickt gewählten Kampagne auf sich aufmerksam gemacht. Dürr wird sich sputen müssen, um nicht vom Parteikollegen geschlagen zu werden. Lässt man die Regierungsratswahlen ausser Acht, ist der Verzicht Dürrs schade. Der 35-Jährige hat mehr Charisma und Feuer als Präsident Daniel Stolz, der nun den Sitz übernehmen wird. Dürr hätte vermutlich mehr für die Region herausholen können. Kommt hinzu, dass Stolz ein schweres Erbe antritt. Mit Malama war ein regionales Politschwergewicht mit dem mächtigen Gewerbeverband im Rücken in Bern. Aber selbst der Macher Malama hatte im Bundeshaus einen schweren Stand. Er erreichte dort nie den Einfluss, den er in Basel hatte. Der 44-jährige Daniel Stolz ist umso mehr gefordert. Er muss noch stark zulegen, wenn er im Nationalrat eine Rolle spielen will, die der Region Basel wirklich etwas bringt. Die rhetorischen Fähigkeiten dazu hätte er. Aber er muss selbstbewusster, prononcierter und mit spürbarer Streitlust auftreten. Dass er im Hintergrund Kompromisse schmieden und für einen Interessenausgleich sorgen kann, hat er in der Basler FDP und im Grossen Rat bewiesen. Um in Bern gehört zu werden, braucht es aber mehr als das. [email protected] Seite 12

 | Dienstag, 2. Oktober 2012 | Seite 2

Vor dem Sprung nach Bundesbern

Für den vorsichtigen Daniel Stolz (FDP) wird die harte Bundespolitik eine Herausforderung Karrieresprung. Daniel Stolz wird aller Voraussicht nach Nationalrat. Vor einem Jahr posierte er noch als Ständerats­ kandidat neben der Statue ­«Helvetia». Foto Roland Schmid

Von David Weber Basel. Daniel Stolz (44) wird für den

verstorbenen Nationalrat Peter Malama nachrücken. Das ist sicher, offiziell bestätigen will er das aber noch nicht. Er ist für einige Tage ins Piemont gefahren und will zuerst mit seinem Arbeitgeber darüber diskutieren. Es wäre dem Vorstand der Aidshilfe beider Basel gegenüber nicht fair, wenn er nun aus den Ferien – ohne Absprache mit seinem Arbeitgeber – einen Entscheid bekannt geben würde, sagt Stolz. Seit 2008 ist Stolz Geschäftsführer der Aidshilfe. So wartete man gestern vergebens auf die offizielle Zusage von Stolz. Dies, obwohl er wusste, dass Baschi Dürr als erster Nachrückender am Montagmorgen seinen Verzicht auf das Nationalratsmandat bekannt geben würde (siehe Seite 1) und dass er als zweiter Nachrückender in den Fokus gelangen würde. Warum hat er nicht schon früher mit seinem Arbeitgeber darüber gesprochen? Stolz antwortet leicht verärgert: «Ich kann doch nicht vor der Beerdigung und der Trauerfeier für Peter Malama mit einem Arbeitgeber darüber sprechen.» Das wäre pietätlos. Die Trauerfeier war letzten Freitag. Die Episode zeigt: Mit Stolz steht ein rücksichtsvoller Mensch und ein vorsichtig-zögerlicher Politiker vor dem Sprung nach Bundesbern. Daran, dass Stolz Nationalrat werden wird, gibt es aber keine Zweifel. Es scheint sich nur noch um organisatorische Fragen betreffend der Leitung der Aidshilfe zu handeln. «Ich wäre gerne Nationalrat», sagt Stolz. Dass dem nichts im Wege stehen wird, zeigt auch die Tatsache, dass die Nationalratskandidatur vor einem Jahr mit dem Vorstand der Aidshilfe abgesprochen war. «In den nächsten Tagen» werde er den definitiven Entscheid kundtun, sagt Stolz.

Progressiv, ökologisch sensibel Daniel Stolz ist ein umgänglicher Typ. Er ist eine nette Person. Für das Politik-Geschäft ist er eigentlich zu nett. So bestehen Zweifel, ob sich Stolz in der harten und unzimperlichen nationalen Politikwelt wird durchsetzen können. Sogar Peter Malama, Basler Politschwergewicht und Direktor des mächtigen Gewerbeverbands Basel-Stadt, hatte im Bundeshaus einen schweren Stand. Da wird es der zurückhaltende Stolz, der zum progressiven, «ökologisch sensiblen» (Stolz) Flügel der FDP gehört, noch schwerer haben. «Das wird man sehen», sagt Stolz. Um seinen Einfluss in der Fraktion macht er sich keine Sorgen. Er sei seit 20 Jahren in der FDP Schweiz präsent, zum Beispiel als Mitglied der Präsidentenkonferenz. Er kenne alle Parteipräsidenten der FDP Schweiz seit den 1980er-­ Jahren persönlich. «Aber die Konstellation ist für Vertreter der Region Basel in Bern prinzipiell schwierig», sagt Stolz. Gegen die Allianz Zürich-Romandie sowie gegen Bern und die Ostschweiz haben es Basler Interessen schwer.

Konflikte zwischen Stolz und der Fraktion scheinen vorprogrammiert. So befürwortet er den Atomausstieg klar und will bei der Landesverteidigung sparen. Stolz macht sich deswegen ­keine Sorgen. «Die FDP ist eine Volkspartei, da wird es immer verschiedene Positionen geben.» Skeptiker täuschten sich Allerdings darf man Stolz nicht zu früh abschreiben. Schon nach seiner Wahl zum Präsidenten der FDP BaselStadt am 27. März 2006 glaubten nicht wenige, dass sich der damals 38 Jahre alte Chemielaborant, der kein Geheimnis aus seiner Homosexualität macht, nicht lange wird an der Spitze der Freisinnigen halten können. Favorit Stolz hatte damals in einer Kampfwahl Herausforderer und Immobilienunternehmer Urs Gribi nur ganz knapp geschlagen. Die Skeptiker – vor allem

ältere Freisinnige – täuschten sich. Stolz sitzt heute fest im Sattel. Die Kritiker haben sich mit dem kulturaffinen FDPler, der auch im Vorstand des Rockfördervereins und von «Kulturstadt Jetzt» sitzt, arrangiert. Stolz sorgt dafür, dass die Gräben zwischen der «alten Garde», zu der etwa Grossrat Roland Vögtli oder der frühere Geschäftsführer der FDP und Verfassungsrat Max Pusterla gehören, und dem progessiven Flügel für die Freisinnigen nicht zur Zerreissprobe werden. Stolz ist ein gewiefter Moderator innerhalb der Partei. Putschversuche wie bei der SVP gibt es bei der FDP nicht, obwohl die Erfolgsbilanz seiner Regentschaft durchzogen ist. So ist der Wähleranteil der FDP seit 2004 von 11,7 Prozent auf knapp unter zehn Prozent (2008) zurückgegangen. Bei den Nationalratswahlen 2007 und 2011 konnten die Freisinnigen hingegen zulegen, im

Gegensatz zur Mutterpartei. Das lag aber auch daran, dass mit Nationalrat Peter Malama ein enorm zugkräftiger Name auf der Liste stand. Stolz erzielte bei den Wahlen vor einem Jahr viermal weniger Stimmen als Malama. Auch das zeigt, dass Stolz, der vor seinem Wechsel zur Aidshilfe bei Sandoz, Novartis und Ciba im Bereich Arbeitshygiene ­tätig war, vor einer grossen Herausforderung steht. Auch, was den Grossen Rat betrifft. Denn Stolz wird nächstes Jahr aller Voraussicht nach zum Präsidenten des Grossen Rats gewählt, dessen Statthalter er derzeit ist. Er zweifle im Moment etwas daran, dass er neben AidshilfeGeschäftsleitung und Nationalratsmandat ein guter Grossratspräsident sein kann. Aber er müsse das erst mit dem Ratsbüro besprechen. Auch hier zeigt er sich wieder: der vorsichtige Daniel Stolz.

Gut für Basel und die bürgerliche Zusammenarbeit Der Grundtenor ist positiv, aber nicht alle trauen dem Präsidenten der FDP Basel-Stadt etwas zu die Region bringen wird.» Alt SVP-NatioBasel. Die BaZ hat ehemalige und aktinalrat Henri Dunve Nationalräte gefragt, was sie denn ant verweist wie von einem Nationalrat Daniel Stolz halRechsteiner darauf, ten würden. «Ausser dass er häufig gedass Stolz bisher gen die SP schiesst, habe ich ihn bisher zwar das Profil eikaum wahrgenommen», sagt alt SP-­ nes guten Lokal­ Nationalrat Rudolf politikers gezeigt Rechsteiner. «In Jean Henri habe, dass jedoch punkto Sachpolitik Dunant. dieses Format für weiss ich nicht, für was Herr Stolz die Arbeit auf nationaler Ebene nicht steht. Ich hatte kla- reiche. «Stolz ist für mich keine Person re Vorstellungen mit Leitcharakter, er ist vielmehr mitvon dem, was ich schuldig am langsamen Niedergang wollte, bevor ich dieser Partei.» nach Bern ging.» Ruedi Dunant sagt, dass Stolz ein sehr anUm in Bern et- ständiger und angenehmer Mensch im Rechsteiner. was bewegen zu direkten Umgang sei, er bezweifle alkönnen, müsse man überregional für lerdings, dass es Stolz auf nationaler Basel agieren, sagt Rechsteiner. «Im Ebene gelingen werde, sich durchzuMoment sehe ich nicht, was Stolz für setzen. Von Mischa Hauswirth

SVP-Nationalrat Sebastian Frehner, der zudem Präsident der SVP Basel-Stadt ist, glaubt an die Fähigkeiten von Stolz. Und er ist überzeugt davon, dass der Mann viel Potenzial hat. «Wir kennen uns schon sehr lange und haben ein sehr gutes Einvernehmen», sagt Frehner. «Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass Daniel Stolz ein durch und durch anständiger Politiker ist. Ich freue mich jetzt schon auf die Zusammenarbeit mit ihm.» Sebastian Für Frehner ist Frehner. Stolz ein Teil des Generationenwechsels, der in Bern stattfindet. «Es kommen jüngere Parlamentarier ins Parlament, Politiker, die sich für die Region stark machen.» Stolz habe sich bisher auch für die Region

eingesetzt. In der Bundeshausfraktion der FDP prophezeit Frehner Stolz jedoch einen schweren Stand mit seiner «grünen, urbanen, gesellschaftsliberalen Haltung». Ein anderer, der sich darüber freut, wenn Stolz nach Bern geht, ist Markus Lehmann, selber Nationalrat und Präsident der CVP Basel-Stadt. «Was Rechsteiner und Dunant sagen, ist frech und stimmt nicht. Ich jedenfalls freue mich auf gute bürgerliche Zusammenarbeit.» Lehmann ist überzeugt davon, dass die Region von einem Nationalrat Stolz profitieren werde, sagt aber, dass er sich zuerst einarbeiten müsse und dass das seine Zeit dauere. «In seiner Fraktion beginnt er zuerst ganz unMarkus ten», sagt Lehmann. Lehmann.