VIII. Integration von software-ergonomischem Gestaltungswissen in ...

Modellvorlagen können nun ihrerseits die Basis zur Definition von anwendungsspezi- ... Die Beratung und Erklärung wird mittels Hypermediadokumente.
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Ersch. in: Gestaltung zukünftiger computergestützter Konstruktionsarbeit : 29. und 30. Juni 1993, Bad Emstal bei Kassel / Peter Martin [u.a.] (eds.). - Kassel : Inst. für Arbeitswiss., 1994. - S. 73-88. - ISBN 3-923697-11-2 Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

VIII. Integration von software-ergonomischem Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeuge für grafische Benutzungsoberflächen Harald Reiterer GMD I FIT- MMK St. Augustin

1.

Ausgangssituation

1.1

Wieso gewinnen Entwicklungswerkzeuge zur software-ergonomischen Gestaltung von Benutzungsoberflächen immer mehr an Bedeutung?

Ein wichtiger Grund für die zunehmende Bedeutung von software-ergonomischen Entwicklungswerkzeugen für Benutzungsschnittstellen, ist der sich schrittweise etablierende Gemeinsame Europäische Markt (bestehend aus EG und EFTA). Um in diesem internationalen Wirtschaftsraum einheitliche Arbeitsbedingungen für Benutzer von Bildschirmgeräten zu schaffen, wurde von der EG-Kommission eine "Richtlinie über die Mindestvorschriften bezüglich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit an Bildschirmgeräten" verabschiedet [EWG 1990]. Es ist Aufgabe der nationalen Regierungen der einzelnen EG-Mitgliedsstaaten, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. ln diesen Umsetzungsprozeß spielt die internationale und europäische Normung eine wichtige Rolle. Insbesondere die ISO-Norm 9241 "Ergonomie requirements for office work with visual display terminals" ist hier von großer Bedeutung. ln ihr werden eine Vielzahl von hard- und software-ergonomischen Forderungen festgeschrieben, die zukünftig von EDV-Systemen im Bürobereich zu erfüllen sind. Diese ISO-Norm soll gleichzeitig auch als europäische Norm (CEN 29241) verabschiedet werden. Parallel zu den Normen haben zahlreiche Hersteller Style Guides für graphische und alphanumerische Benutzungsoberflächen entwickelt, wie beispielsweise OSF/Motif Style Guide, Open Look Style Guidelines, IBM Common User Access. Diese Normen und Style Guides werden ihren Niederschlag in Software-Spezifikationen und Pflichtenheften finden. Dies bedeutet für die Entwickler von Software, daß sie in der Lage sein müssen, die Gestaltungsforderungen dieser Norm und Style Guides zu erfüllen sowie deren Einhaltung im Rahmen der Qualitätssicherung zu kontrollieren. Empirische Untersuchungen haben die unzureichende Verbreitung software-ergonomischer Erkenntnisse in der Praxis festgestellt [Aschersleben et al. 1989; Molich et al. 1990; Beimel et al. 1992]. ln der Untersuchung von Beimel et al. [1992] wird gezeigt, daß nur ein geringer Prozentsatz der Software-Entwickler die DIN- und ISONormen kennen (22 % bzw. 1 % von 82 befragten Programmierer in 50 Software-Firmen). Unter den Style Guides ist der CUA von IBM der mit Abstand bekannteste (55 %der befragten Programmierer), wobei aber nur ca. die Hälfte der Entwickler, denen der CUA bekannt war, diesen auch bei ihrer täglichen Arbeit einsetzen. Hauptgrund für diese Ergebnisse ist der völlig unzureichende Kenntnisstand der Entwickler in Fragen der Software-Ergonomie. Zwei Drittel der befragten Entwickler verfügten über keinerlei software-ergonomische Kenntnisse 1 . Daher waren ihnen die entsprechenden 1

Dabei weisen die Autoren der Studie darauf hin: "Bei der Betrachtung unserer Daten muß beachtet werden, daß es sich um eine Stichprobe handelt, die als hochmotiviert gelten kann ... Alle Firmen bzw. deren Mitarbeiter hatten sich bei uns als Interessenten gemeldet. ... deshalb sind unsere Daten 'besser' als die Ergebnisse bei einer Erhebung ohne diese vorherige ' positive· Selektion [Beimel et al. 1992]".

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-251026

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Normen und Style Guides unbekannt bzw. sie waren nicht in der Lage deren Inhalte umzusetzen. Durch ein direktes Anschreiben von 437 Software-Firmen erhoben die Autoren der Untersuchung jene Bereiche der Gestaltung von Benutzungsschnittstellen, die den höchsten software-ergonomischen Unterstützungsbedarf aufweisen sowie die gewünschte Art von Unterstützungsmitteln. Dabei zeigte sich, daß eine Unterstützung für solche Aspekte als notwendig erachtet wird, die für die Gestaltung einer objekt-orientierten, graphischen Benutzungsoberfläche von besonderer Wichtigkeit sind (z.B. Fensterpräsentation, Piktogramme, graphische Veranschaulichung). Als Form der Unterstützung wurde von den Entwicklern eindeutig eine rechnergestützte Vermittlung software-ergonomischer Gestaltungsanforderungen prätariert (Nennung für alle Gestaltungsaspekte größer 40 %). Dazu benötigen die Entwickler leistungsfähige Entwicklungswerkzeuge (z.B. User Interface Management Systems), die sie im Entwurfsprozeß unterstützen und sie gleichzeitig bei der Einhaltung der softwareergonomischen Anforderungen anleiten (z.B. mit Hilfe von Modellbibliotheken sowie Beratungs- und Qualitätssicherungskomponenten). Technische Weiterentwicklungen im Bereich der Hard- und Software, in Kombination mit dem rapiden Preisverfall der Hardware, haben zur starken Verbreitung von Sildschirmgeräten mit graphischen und direkt-manipulativen Benutzungsoberflächen geführt. Dies bedeutet für die Entwickler einen steigenden Entwicklungsaufwand für die Benutzungsschnittstelle, etwa im Vergleich mit alphanumerischen Benutzungsschnittstellen. Empirische Untersuchungen haben gezeigt, daß im Durchschnitt 48% des gesamten Programmcodes auf die Benutzungsschnittstelle entfallen [Myers et al. 1992]. Der durchschnittliche Zeitaufwand für die Erstellung der Benutzungsoberfläche am Gesamtzeitaufwand beträgt in der Designphase 45%, in der Implementierungsphase 50% und in der Wartungsphase 37%. Diese Zahlen unterstreichen eindrucksvoll die große Bedeutung der Verfügbarkeit leistungsfähiger Entwicklungswerkzeuge für das User Interface Design. Vor allem User Interface Management Systeme (UIMS) haben zu einer wesentlichen Vereinfachung bei der Erstellung graphischer Benutzungsoberflächen geführt und haben gleichzeitig einen technischen Reifegrad erreicht, der ihren kommerziellen Einsatz bei Anwendern interessant erscheinen lassen.

1.2 Welche Entwicklungswerkzeuge für Benutzungsoberflächen sind heute verfügbar? Mittlerweile kann man auch im Bereich von Entwicklungswerkzeugen für graphische Benutzungsschnittstellen auf mehrere Generationen zurückblicken. Ausgehend von User Interface Tool Kits und Window Management Systems wurden Interface Builder und User Interface Management Systems (UIMS) entwickelt. Diese Entwicklung spiegelt auch eine Zunahme an Funktionalität innerhalb der Werkzeuge wider, d.h. sie bieten dem Entwickler nicht nur eine Sammlung von Library Functions für die Schnittstellengestaltung, sondern übernehmen auch das Window Management und ermöglichen eine graphische interaktive Gestaltung der Präsentationskomponente sowie, mittels einer eigenen Script Sprache, die des Dialogablaufes. Zusätzlich bieten neuere Werkzeuge auch einen Simulationsmodus an, der eine schnelle Evaluation der Designergebnisse ermöglicht und somit ein rapid prototyping auf Ebene der Benutzungsschnittstelle unterstützen. Wichtig ist die mit der Weiterentwicklung der Werk-

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Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

zeuge einhergehende stärkere Trennung des Codes der Benutzungsschnittstelle vom eigentlichen Applikationscode. Dies ermöglicht nicht nur eine bessere Arbeitsteilung im Softwareentwicklungsprozeß - etwa dahingehend, daß ein Entwickler mit umfassenden graphischen und ergonomischen Kenntnissen die Benutzungsschnittstelle entwirft, die eigentliche Applikation der Applikationsprogrammierer mit umfassenden Programmierkenntnissen - sondern erlaubt auch eine bessere Wartung der Software insgesamt. Änderungen, die sich auf die Benutzungsschnittstelle beziehen, lassen sich leichter lokalisieren und bewirken keinen Eingriff in den Applikationscode. UIMS stellen derzeit die fortschrittlichste Form der Entwicklungswerkzeuge für Benutzungsschnittstellen dar. Man kann bereits vier Generationen von UIMS unterscheiden [Hix 1990]. Die erste Generation kommerziell verfügbarer UIMS erschien Anfang der 80er Jahre. Sie waren in ihrer Funktionalität noch sehr eingeschränkt (z.B. Prototype Builders bzw. Display Managers, die auf Backus-Naur-Form orientierten Programmiersprachen basierten) und konnten nur von professionellen Programmierern genutzt werden. Die erzeugten Benutzungsschnittstellen erfüllten meist nur eine mockup Funktion und mußten anschließend mit konventionellen Programmiersprachen nachimplementiert werden. Eine Einbindung in Entwicklungswerkzeuge des Software Engineerings war kaum gegeben. Die zweite Generation war durch eine Zunahme an Funktionalität gekennzeichnet (z.B. Ablöse von Backus-Naur-Form orientierten Programmiersprachen durch graphische Präsentationstechniken zur Entwurfsunterstützung, stärkere Trennung der Benutzungsschnittstelle von der Applikation, größere Bandbreite an möglichen Dialogtechniken usw.), allerdings um den Preis einer komplexen Bedienung und unter Vernachlässigung von ergonomischen Aspekten. Auch hier erfolgte noch keine Einbindung in Entwicklungsumgehungen des Software Engineerings, allerdings wurden verstärkt Methoden und Techniken des Software Engineerings unterstützt (z.B. State Transition Diagrams). Die meisten der heute verfügbaren UIMS gehören der dritten Generation an. Sie ermöglichen eine direkt-manipulative Erstellung von komplexen graphischen Benutzungsschnittstellen, basieren vielfach auf dem objekt-orientierten Paradigma und ermöglichen mittels Script Sprachen eine Implementierung des Dialogablaufes. Sie sind in der Benutzung wesentlich einfacher und erfordern nicht unbedingt Programmierkenntnisse. Es gibt starke Bestrebungen, heutige UIMS in CASE Entwicklungsumgehungen zu integrieren mit dem Ziel, aus bereits erfaßten Daten und Funktionen sowie entsprechenden Sichtendefinitionen automatisch Benutzungsschnittstellen mittels des UIMS zu generieren. Die mit UIMS der dritten Generation zu erbringenden Designleistungen sind jedoch nach wie vor von großer Komplexität und erfordern vom Entwickler ein hohes Maß an Software Engineering- und Software-Ergonomie-Wissen. Diese Problematik führte zu Überlegungen, dem Designer innerhalb seines Werkzeuges mit Hilfe von wissensbasierten Techniken Beratungs- und Qualitätssicherungsleistungen zur Verfügung zu stellen. Dies ist auch das Ziel der UIMS der vierten Generation. Darüber hinaus sollen sie die Erstellung multimedialer Benutzungsschnittstellen (Ton, Bild, Animation) verstärkt unterstützen. Ziel ist auch eine organische Integration des UIMS in eine umfassende Software-Entwicklungsumgebung, die alle Phasen des Softwarelebenszyklus methoden-und werkzeugmäßig abdeckt. UIMS dieser Generation befinden sich noch im Forschungsstadium und sind in der Regel nur als Forschungsprototypen verfügbar. Der Trend im Bereich der Softwareentwicklung geht in Richtung integrierter Entwicklungsumgebungen, bekannt unter dem Schlagwort CASE (Computer Aided Software 75

Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

Engineering). Derartige Entwicklungsumgebungen sollten sowohl ein UIDE (User Interface Development Environment) als auch ein ADE (Application Development Environment) beinhalten. Die Ziele des im folgenden vorgestellten Projektes beziehen sich auf den Bereich von UIDE. Ein UIDE sollte eine Reihe von Eigenschaften besitzen [Larson 1992]: • Werkzeuge zum Entwerfen der Benutzungsschnittstelle (z.B. Editoren zum Spezifizieren von Interaktionsobjekten und Dialogabläufen) • Sal')lmlung von Gestaltungswissen (z.B. Normen, Style Guides und Richtlinien), die mittels Beratungsleistungen (z.B. on-line Hilfen, Hypermediadokumente) vermittelt wird • Bibliothek wiederverwendbarer Software (z.B. Sammlung von lnteraktionsobjekten, Dialogabläufen) • Werkzeuge zum Evaluieren der Benutzungsschnittstelle (z.B. Simulationsmodus, Konsistenz- und Vollständigkeits-Checker, Qualitätssicherungskomponente eines Expertensystems) Selbst fortschrittliche Entwicklungswerkzeuge für Benutzungsschnittstellen, wie beispielsweise UIMS, besitzen in der Regel nur die erste der oben genannten Eigenschaften und erfüllen damit noch nicht die angestrebten Eigenschaften eines UIDE.

2. Ziele des Projektes IDA Die oben beschriebene Ausgangssituation stellte den Anknüpfungspunkt für das GMD-Projekt "User Interface Design Assistance (I DA)" dar. Das Projekt wurde am 1.1.1993 mit einer Laufzeit von drei Jahren gestartet. Es wird in enger wissenschaftlicher Kooperation mit der Fachhochschule Darmstadt (Fachbereich Informatik), der Universität Bonn (Fachbereich Informatik) und der Universität Essen (Fachbereich lndustriedesign) durchgeführt. Zusätzlich werden auch intensive Kooperationen mit Anwendern und Herstellern von Entwicklungswerkzeugen für graphische Benutzungsoberflächen durchgeführt (vgl. Abschnitt 4). Das erste Ziel dieses Projektes besteht darin, software-ergonomisches Gestaltungswissen für eine EDV-gestützte Vermittlung aufzubereiten. Im Zuge der dabei erforderlichen Oparationalisierung und Formalisierung des ergonomischen Gestaltungswissens ist zu entscheiden, welches Wissen mittels hypermedialen Dokumenten bzw. mittels eines Expertensystems zu vermitteln ist und welches Wissen mittels generischer Konstrukte direkt in einem Entwicklungswerkzeug integriert werden kann. Im letzten Fall gilt es festzustellen, inwieweit ergonomisches Gestaltungswissen durch Methoden und Techniken fortschrittlicher Entwicklungswerkzeuge (z.B. mittels objektorientierter Vererbungsmechanismen) im Werkzeug selbst abgebildet werden kann. Die im Rahmen des Projektes gewonnenen Erkenntnisse sollen den Entwicklern derartiger Entwicklungswerkzeuge als Ausgangspunkt für weitergehende Überlegungen zur Integration zusätzlicher "intelligenter'' Leistungen in ihre Werkzeuge dienen. Das zweite Ziel des Projektes basiert auf dem ersten und beinhaltet die EDV-gestützte Bereitstellung von software-ergonomischem Gestaltungswissen im Entwicklungs-

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Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

prozeß von Benutzungsschnittstellen. Dies soll durch dessen Integration in fortschrittliche Entwicklungswerkzeuge (z.B. UIMS) erfolgen. Damit soll erreicht werden, daß • der Softwareentwickler ohne software-ergonomische Vorkenntnisse diese während des Designprozesses gleichzeitig mit der Handhabung der User Interface Design Tools vermittelt bekommt (training on the job), • der Softwareentwickler die Möglichkeit erhält, vorgefertigte Bausteine einer ergonomischen Benutzerschnittstelle zu verwenden (reusability), • der Softwareentwickler bei der Einhaltung von ergonomischen Standards und Richtlinien angeleitet wird (usability) und daß • der Softwareentwickler die Möglichkeit geboten bekommt, die ergonomische Qualität der von ihm entworfenen Benutzerschnittstellen, schon im Designprozeß, kritisch zu beurteilen (quality assurance). Durch die Integration von Gestaltungswissen in den Entwicklungsprozeß soll sowohl eine prospektive als auch eine retrograde Unterstützung des Entwicklers von Benutzungsschnittstellen in Fragen der software-ergonomischen Gestaltung ermöglicht werden. Das dritte Ziel des Projektes beinhaltet die Integration der Entwicklung der Benutzungsschnittstelle in den gesamten Softwareentwicklungsprozeß. Es sollen dabei vor allem Methoden der objekt-orientierten Analyse und des objekt-orientierten Designs auf ihre Eignung für die Entwicklung der Benutzungsschnittstelle hin untersucht werden. Angestrebt wird eine durchgängige Entwicklungsmethode für alle Phasen des Softwarelebenszyklus.

3. 3.1

Projektergebnisse Rechnerbasierte Repräsentation von software-ergonomischem Wissen

Bei dem rechnerbasiert zu vermittelnden software-ergonomischen Gestaltungswissen steht Gestaltungswissen für graphische Benutzungsoberflächen des Büro- und Verwaltungsbereiches im Vordergrund. Diese gewinnen heute im Zuge der Einführung von PCs bzw. Workstations (Ciient-Server Konzepte) in vielen Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Prinzipiell ist es aber möglich, die im Rahmen dieses Projektes erstellten Mechanismen auch zur Vermittlung von anderen Wissensinhalten, wie beispielsweise Gestaltungsanforderungen für Benutzungsoberflächen von CADSystemen [GI1991] oder von noch im Forschungsstadium befindlichen Schnittstellenkonzepten, wie beispielsweise 3 D-, Multimedia- oder Multiuser-Benutzungsoberflächen zu verwenden. Gestaltungswissen zu graphischen Benutzungsoberflächen des Büro- und Verwaltungsbereiches liegt heute in vielfältiger Form vor: • Forderungen der internationalen Normung; z.B. ISO-Norm 9241 Part 10 bis 17 (GEN 29241, Part 10 bis 17) • Style Guides von Computerherstellern; z.B. OSF/MOTIF Style Guide [OSF/Motif 1993], Sun OPEN LOOK Style Guide [SUN 1989], IBM Common User Access [IBM 1989, 1989a 1991, 1991 a], SIEMENS/NIXDORF Style Guide [Siemens/Nixdorf 1990], APPLE Style Guide [Apple 1992], NeXT Style Guide [NeXT 1992], Microsoft Windows [Microsoft 1992] 77

Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

• allgemeine herstellerunabhängige Gestaltungsrichtlinien; z.B. EVADIS II Prüffragen [Oppermann et. al. 1992], Principles and Guidelines in Software User Interface Design [Mayhew 1992), Human-Computer Interface Design Guidelines [Brown 1988], Handbuch zur software-ergonomischen Gestaltung von Bildschirmmasken [Hoffmann et. al. 1989], Programming the User Interface [Brown et al. 1989], MITRE-Richtlinien [Smith et al. 1986] Vor allem die Berücksichtigung der Forderungen der internationalen Normung spielen eine wichtige Rolle. Damit soll erreicht werden, daß die realisierten Benutzungsschnittstellen auch weitgehend normenkonform sind. Letzteres stellte heute und vor allem in Zukunft ein wichtiges Argument für die Vermarktung und den Einsatz von Softwareprodukten in der Praxis dar. Für eine rechnerbasierte Vermittlung mittels unterschiedlicher rechnerbasierten Techniken (objekt-orientierten, multimedialen und wissensbasierten) ist es erforderlich, das vorhandene software-ergonomische Wissen aufzubereiten. Das Ergebnis dieser Oparationalisierung des software-ergonomischen Wissens wird in unterschiedlichen Formen der rechnerbasiert Repräsentation bestehen (z.B. in Modellbibliotheken, in Hypermediadokumenten, in Wissensbasen). Die Art der Repräsentation und das "richtige Mischungsverhältnis" zwischen den gewählten Repräsentationsmedien ist eine der wichtigen Forschungsfragen dieses Projektes. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können dazu nur "common sense"-basierte Vermutungen angestellt werden. Durch die inkrementalle Vergehensweise des Projektes soll sichergestellt werden, daß ein "empirisch"-basiertes Mischungsverhältnis der Wissensrepräsentation erreicht und evaluiert wird. Aufgrund der starken Abhängigkeit der software-ergonomischen Gestaltungsforderungen von konkreten Anwendungsdomänen, wird eine Differenzierung des Wissens in ein generisches und in ein domänspezifisches erforderlich sein. Generisches Wissen hat prinzipielle Gültigkeit, unabhängig von der konkreten Anwendungsdomäne; domänspezifisches Wissen kann nur in einem konkreten Anwendungskontext zum Einsatz gelangen.

3.2

Rechnerbasierte Unterstützungswerkzeuge für eine software-ergonomische Gestaltung

Im Rahmen des Projektes sollen die in der folgenden Abbildung dargestellten Unterstützungswerkzeuge (Design Aid Tools) realisiert werden, wobei jedoch deren endgültige Implementierung im starken Maße von der gewählten Softwarearchitektur und den gewählten Entwicklungswerkzeugen abhängig ist. Es können daher im folgenden nur erste Ideen und Realisierungsansätze dargestellt werden.

3.2.1

Konstruktionsunterstützung

Erstes Projektergebnis soll eine Design Aid Tool sein, das auf einer Bibliothek von Modellvorlagen basiert. Diese Modellvorlagen sollen den Gestaltungsforderungen der Normen, Style Guides und herstellerunabhängigen Gestaltungsrichtlinien entsprechen und somit dem Entwickler als Baukasten für die Erstellung komplexer graphischer Benutzungsschnittstellen dienen. Diese Modellvorlagen sollten nicht nur 78

Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

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einfache und komplexere Dialogobjekte (z.B. Pushbutton, List Box, Tabellen, Dialogfenster) enthalten, sondern auch typische Dialogabläufe in Form von Scripts (z.B. typische Metadialoge der Interaktion, wie Hilfedialoge, Fehlerdialoge, Auswahl- und Speicherungsdialoge). Durch die Anwendung der Modellvorlagen im Designprozeß soll bereits eine weitgehende Normen- und Style Guide Konformität sichergestellt werden. Dadurch, daß der Entwickler auf ergonomisch gestaltete "Bausteine" einer Bibliothek zurückgreifen kann, erfährt er eine maßgebliche Unterstützung bei der Erreichung des Designzieles: "Gestaltung von benutzerfreundlichen Benutzungsschnittstellen". Gleichzeitig wird er von Designaufgaben entlastet, indem er auf bereits vorgefertigte Modelle zur Erstellung anspruchsvoller graphischer Benutzungsoberflächen zurückgreifen kann (reuseability). Damit dient die Bibliothek von Modellvorlagen der Unterstützung der Konstruktion der Benutzungsschnittstelle. Beim Aufbau einer derartigen Bibliothek von Modellvorlagen spielt das objekt-orientierte Paradigma eine wichtige Rolle. Grundlage für den Aufbau von Modellvorlagen sind die generischen Interaktionsobjekte des UIMS. Sie beinhalten eine Vielzahl von Default-Attributen, die ihr standardmäßiges Aussehen festlegen. Mittels dieser generischen Interaktionsobjekte können nun einfache oder hierarchische Modellvorlagen definiert werden. Dabei werden die Default-Attribute überschrieben, um ein gewünschtes Verhalten zu definieren (z.B. Normen- oder Style Guide Konformität). Die Modellvorlagen können nun ihrerseits die Basis zur Definition von anwendungsspezifischen einfachen oder hierarchischen Interaktionsobjekten dienen. Dabei können wiederum Anpassungen im Sinne der Veränderung von Modell-Attributen vorgenommen werden.

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Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

Eine wichtige Designaufgabe stellt die Strukturierung der Modellbibliothek dar. Von der Art der gewählten Strukturierung wird auch die Zugänglichkeil zu den abgelegten Modellen bestimmt (Information Retrieval Problem) und damit schlußendlich deren Nützlichkeit für den Entwickler. Im Rahmen der bisherigen Projekttätigkeiten wurden mittels des UIMS "ISA Dialog Manager'' (von ISA, Stuttgart) Und des UIMS "XFaceMaker'' (von NSL, Paris) erste Modellbibliotheken erstellt. Das Look und Feel der Dialogbausteine dieser Bibliotheken basjeren auf dem CUA, der ISO-Norm 9241 und herstellerunabhängigen Gestaltungsrichtlinien.

3.2.2

Beratung und Erklärung

Mittels einer Beratungs- und Erklärungskomponente sollen dem Entwickler ergonomische Beratungs- und Erklärungsleistungen während des Entwurfsprozesses der Benutzungsschnittstelle zur Verfügung gestellt werden. Damit wird dem Entwickler fehlendes ergonomisches Expertenwissen, zusätzlich zu dem mittels Modellvorlagen in das Entwicklungswerkzeug integriertem, zur Verfügung gestellt. Damit soll ihm die Möglichkeit eröffnet werden, sich ergonomisches Wissen im Zuge des Designprozesses anzueignen, um ihm einen Wissenstransfer auf zukünftige Aufgabenstellungen und Entwicklungsprojekte zu ermöglichen. Durch die Möglichkeit auch eigene Modellvorlagen in die Modellbibliothek sowie entsprechende Gestaltungshinweise in die Beratung aufzunehmen, kann der Effekt des Wissenstransfers gesteigert werden. Damit wird dem Entwickler die Möglichkeit geboten, Anpassungen seines Entwicklungswerkzeuges an seine konkreten Aufgabenstellungen vorzunehmen. Um Beratungs- und Erklärungsleistungen in Anspruch zu nehmen, soll der Entwickler objektsensitiv ergonomisches Wissen abrufen können, etwa wenn er in einer bestimmten Situation eine Beratungsleistung benötigt (Wissen wird prospektiv vom Entwickler angefordert). Die Beratung und Erklärung wird mittels Hypermediadokumente durchgeführt, die zur Wissensvermittlung neben Text und Graphik auch Animation und Sprache verwenden. Zur Erstellung derartiger Hypermediadokumente ist der Einsatz von Multimedia-Tools erforderlich. Der Inhalt der Beratungsleistung wechselt kontextsensitiv mit der Auswahl eines bestimmten Interaktionsobjektes (Widgets) bzw. mit Änderung des Modus (z.B. in einem Dialogeditor werden die Inhalte anders sein als in einem WYSIWYG-Editor). Das Gestaltungswissen sollte nicht nur auf der Ebene von einzelnen Interaktionsobjekten (z.B. Listbox), sondern auch auf der Ebene zusammengesetzter Interaktionsobjekte (z.B. Dialogfenster, Tabellen) vermittelt werden. Mit der Beratungskomponente werden vor allem tutorielle Zwecke verfolgt. Um die Umsetzung der vermittelten ergonomischen Wissensinhalte zu erleichtern, sollte der Entwickler direkt vom Hypermediadokument in die Modellbibliothek verzweigen können. Beispielsweise durch Doppelklick auf das Wort "Modell" im Text erfolgt ein Link auf das entsprechende Modell in der Modellbibliothek. Das anwendungsspezifische Interaktionsobjekt "Listbox" erbt nun die Eigenschaften des ausgewählten Modells. Durch diese Koppelung der Beratungskomponente mit der Modell-

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Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

bibliothek wird der Entwickler nicht nur in der Umsetzung der vermittelten ergonomischen Wissensinhalte unterstützt, sondern es wird ihm ein weiterer Zugang zu den Inhalten der Modellbibliothek angeboten. Vor allem Entwickler mit keinen oder nur geringen ergonomischen Kenntnissen werden diesem Zugang den Vorzug geben. Neben einer kontextsensitiven Beratung und Erklärung ist auch eine Vermittlung von software-ergonomischen Gestaltungskenntnissen auf einer allgemeineren Ebene notwendig. Beispielsweise wann sind sinnvollerweise welche Interaktionsobjekte einzusetzen, welche Interaktionsobjekte gibt es überhaupt, usw. Dazu sind geeignete Einstiegsmechanismen in die allgemeine Beratungs- und Erklärungskomponente zu entwickeln, z.B. Baumdarstellung, lndexdarstellung, strukturierter Browser. Die zu wählende Gliederungsstruktur muß an die Bedürfnisse des Entwicklersangepaßt sein (Information Retrieval Problem). Im Rahmen der bisherigen Projekttätigkeiten wurden mittels verschiedener Hypermedia-Tools, wie "ISA Didot/IDEA" (von ISA, Stuttgart), "FrameMaker" (von Frame Technology), "MetaCard" (von MetaCard Corp.) und "Toolbook" (von Asymetrix) erste Hypermediadokumente zur Beratung und Erklärung erstellt. Die vermittelten Wissensinhalte basieren auf dem CUA, der ISO-Norm 9241 und herstellerunabhängigen Gestaltungsrichtlinien.

3.2.3

Qualitätssicherung

Bereits erbrachte Designergebnisse sollen mittels wissensbasierter Techniken - basierend auf einer ergonomischen Wissensbasis - bewertet werden (z.B. ob bei der Gestaltung einer Menüleiste die Anzahl der Menüoptionen einen bestimmten kritischen Wert übersteigen). Aufgrund der Ergebnisse dieses Bewertungsprozesses sollen Kommentare für Designverbesserungen geliefert werden (z.B. wenn kritischer Wert bzgl. der Menüoptionen überschritten wurde, wird der Entwickler darauf aufmerksam gemacht). Die Vermittlung des Gestaltungswissens erfolgt in diesem Fall retrograd. Dem Entwickler soll aber die Entscheidung überlassen bleiben, ob er von diesen Kommentaren Gebrauch macht. Die Präsentation der Kommentare erfolgt primär in textueller Form (z.B. ein einem Dialogfenster). Sie sollten Verweise auf vorhandene Modelle in der Modellbibliothek bzw. auf vorhandene Gestaltungshinweise im Beratungs- und Erklärungstool enthalten, die zur Beseitigung der aufgezeigten ergonomischen Mängel herangezogen werden können. Weitere Beispiele für eine kritische Bewertung von Designergebnissen, die mittels des UIMS erstellt werden, wären die Plazierung der Interaktionsobjekte auf der Benutzungsoberfläche, die Art der Farbengestaltung, die Art der Dialoggestaltung usw. Um die vorgenommene Qualitätssicherung verstehen zu können, sollte der Entwickler nachfragen können, wieso vom Expertensystem bestimmte Elemente der von ihm entworfenen Benutzungsschnittstelle kritisiert worden sind. Dazu sind ihm beispielsweise alle angewendeten Regeln zu vermitteln, damit er den Problemlösungsprozeß nachvollziehen und auf seine weitere Arbeit übertragen kann . Im Rahmen der bisherigen Projekttätigkeiten wurde die Expertensystem-SheU "ProKappa" (von lntellicorp) herangezogen, um eine Wissensbasis und die notwendigen

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Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

lnferenzmechanismen zu realisieren. Die Inhalte der Wissensbasis basieren auf den Anforderungen des CUA, der ISO-Norm 9241 und herstellerunabhängigen Gestaltungsrichtlinien.

3.2.4

Integration, Portabilität und Pflege der Unterstützungswerkzeuge

Die Integration der Unterstützungswerkzeuge untereinander sowie mit dem UIMS stellternewichtige Voraussetzung zur Erreichung eines sinnvoll nutzbaren UIDE dar. Neben dem eigentlichen Entwicklungswerkzeug für die Benutzungsschnittstelle (UIMS) werden dem Entwickler eine Reihe zusätzlicher Werkzeuge angeboten, die ihn während des Entwicklungsprozesses unterstützen sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß für den Entwickler dieser Wechsel zwischen den verschiedenen Werkzeugen nicht mit einem zusätzlichen Handhabungsaufwand verbunden ist. Entwicklungs- und Unterstützungswerkzeuge müssen von ihrer Zugänglichkeit und Handhabbarkeit gut aufeinander abgestimmt sein. Die folgende Abbildung zeigt in schematischer Form, wie sich die verschiedenen Werkzeuge gegenüber dem Entwickler auf dem Bildschirm seines PCs oder Workstation präsentieren bzw. aktiviert werden können. Anschließend wird anhand von kurzen Szenarien die integrative Nutzung der Unterstützungswerkzeuge beschrieben. Der Entwickler möchte nachsehen, ob es zu einem bestimmten Interaktionselement eine Modellvorlage gibt. Er drückt den Konstruktionsbutton und erhält in einem Fenster die gewünschte Modellvorlage, sofern sie vorhanden ist bzw. einen Hinweis, daß es keine gibt. Ist ein Modell vorhanden, kann durch Aktivierung desselben eine Vererbung dessen Eigenschaften an das vorhandene Interaktionselement veranlaßt werden. Neben diesen kontextsensitiven Hinweis kann sich der Entwickler mittels verschiedener Information Retrieval Mechanismen (Index, strukturierte Browser, etc.), die ihm im Fenster angeboten werden, auch einen generellen Überblick über die vorhandenen Modellvorlagen verschaffen. Der Entwickler weiß nicht, wie er ein bestimmtes Interaktionselement ergonomisch richtig gestaltet. Er drückt den Beratungsbutton und bekommt das relevante Beratungsthemen mittels Hypermediadokument vermittelt. Möchte der Entwickler einen generellen Überblick über alle vorhandenen Beratungsthemen oder eine generelle Beratung zur software-ergonomisch richtigen Gestaltung, so werden ihm durch Einsatz entsprechender Information Retrieval Mechanismen (z.B. Index, strukturierten Browser) alle vorhandenen Themen angezeigt. Der Entwickler möchte nach erbrachter Designarbeit eine Qualitätssicherung durchführen. Er muß zuerst die bisherigen Ergebnisse sichern und anschließend auf den Qualitätssicherungsbutton drücken. Die Qualitätssicherungskomponente interpretiert diese Daten und meldet alle festgestellten Verstöße gegen bestimmte Regeln der Wissensbasis in einem eigenen Fenster. Diese Kommentare bietet auch Hinweise auf etwa vorhandene Beratungsleistungen und Modellvorlagen an. Diese Hinweise können für einen gezielten Einstieg in die Beratungs- bzw. Konstruktionskomponente genutzt werden.

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Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

Pflege der Untersrützungswerkzeuge Mittels eines Daten Dictionaries und einer Memdaten· bankwerden die Wissensinhalte der verschiedenen Untersrützungswerkzeuge verwaltet. Dies dient vor allem zur Pflege der Wissensinhalte (z.B. Konsistenz. Aktualität. Vollständigkeit. usw.).

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Primäres Entwicklungswerkzeug zum Entwerfen von graphischen Benutzungsoberflächen. da\ bei Bedarf durch den Einsatz von Unterstützungswerkzeugen der.,.. !DA-Komponente unterstützt wird. .,.. .,..

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Mittels geeigneter Information Retrieval Konzepte wird dem Entwickler ein Zugang zu den Modellen der Modellbibliothek ermöglicht.

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~----------------~/ Beratung und Erklärung Mittels Hypermediadokumenten werden dem Entwickler kontext· sensitive oder allgemeine software· ergonomische Wissensinhalte ver· mittelt.

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Es werden festgestellte Mängel in textueller Form aufgezeigt. Der Entwickler erhält die Möglichkeit. zu entsprechenden Hypermedia· dokumenten oder Modellen zu verzweigen.

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Bild Vlll-2: Integration der Unterstützungswerkzeuge

Der Entwickler möchte die vorhandenen ergonomischen Wissensinhalte ergänzen bzw. verändern. Dazu aktiviert er den Pflegebutton. Er erhält ein Fenster präsentiert, das im überblicksmäßig zeigt, welche Wissensinhalte in welchem Unterstützungswerkzeug zu finden sind. Beispielsweise wird ihm in Tabellenform angezeigt, daß es zum Interaktionselement Drop-Down List ein Modell, ein Beratungshypermediadokument und Regeln in der Wissensbasis gibt. Er kann nun direkt in das gewünschte Unterstützungswerkzeug verzweigen, um Änderungen oder Ergänzungen an den Inhalten vorzunehmen. Wie das obige Szenario zeigt, ist ein wichtiger Aspekt beim Entwurf von verschiedenartigen Unterstützungswerkzeugen die Konsistenthaltung des software-ergonomischen Wissens, da dieses in den Unterstützungswerkzeugen in unterschiedlicher Form repräsentiert ist. Um eine Pflege des Wissens sicherzustellen, sind geeignete Mechanismen vorzusehen. Die folgenden Abbildung zeigt Möglichkeiten zur Pflege der Wissensinhalte der verschiedenen Unterstützungswerkzeuge.

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Software-ergonomisches Gestaltungswissen in Entwicklungswerkzeugen

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Kommunikation und Datenfluß

Bild Vlll-3: Pflege der Wissensinhalte der Unterstützungswerkzeuge

Der Interface Design Assistant (IDA) ist einmal ein internes Kontrollprogramm, das die Ausführung der verschiedenen Unterstützungswerkzeuge koordiniert, d.h. es verwaltet und steuert die Kommunikation (mittels entsprechender Schnittstellenprotokolle) zwischen den verschieden Unterstützungswerkzeugen. IDA besitzt auch eine Benutzungsschnittstelle, über die der Entwickler die verschieden Unterstützungswerkzeuge aktivieren kann. Zusätzlich stellt IDA ein eigenes Pflegemodul bereit, das die inhaltlichen Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Hypermediadokumente, den Modellvorlagen und den Regeln der Wissensbasis visualisiert. Dazu wird auf Daten in einem Data Dictionary und einer Meta-Datenbank zurückgegriffen. ln diesen sind die inhaltlichen Abhängigkeiten der einzelnen Hypermediadokumente, der Modellvorlagen und der Regeln der Wissensbasis sowie deren Beziehungen untereinander gespeichert. Das ergonomische Wissen kann nun mit Hilfe des Pflegemoduls für den aktuellen Anwendungsbereich adaptiert werden bzw. es können damit neue software-ergonomische Wissensinhalte eingebracht werden. Die Unterstützungswerkzeuge werden sowohl auf einer UNIX-Plattform unter OSF/ Motif (SUN-Workstation) als auch auf einer DOS-Plattform unter Windows 3.1 (PC) realisiert. Damit soll eine Plattformportabilität der Projektergebnisse gewährleistet werden. So kann auf spezifische Anforderungen der jeweiligen Plattformen Rücksicht genommen werden. Neben einer Plattformportabilität wird auch eine Werkzeugportabilität angestrebt. Daher werden die Unterstützungswerkzeuge an UIMSs (XFace-

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Maker und ISA/Dialog Manager) verschiedener Hersteller angebunden. Damit soll eine prinzipielle Übertragbarkeit der Projektergebnisse auf verschiedene Entwicklungswerkzeuge sichergestellt werden .

3.3

Integration der Entwicklung der Benutzungsschnittstelle in den Softwareentwicklungsprozeß

Da das UIMS nur ein Werkzeug zur Entwicklung von Benutzungsschnittstellen darstellt, muß es mit geefgneten Entwicklungsmethoden kombiniert werden. Die Eignung derartiger Methoden ergibt sich daraus, inwieweit spezifische Anforderungen des software-ergonomischen Designs und des software-technischen Designs gleichzeitig und gleichwertig berücksichtigt werden können. Neben herkömmliche Entwurfsmethoden der Softwaretechnik, wie beispielsweise Datenflußdiagramme, E/R-Diagramme, Petri-Netze, State-Transition-Networks, SADT, SA soll vor allem die Eignung von objekt-orientierten Entwurfsmethoden und -techniken, wie beispielsweise OOA, OOD, untersucht werden [Coad et al. 1991, 1991 a; Rumbaugh et al. 1991; Booch 1991 ]. Vielfach wird beim Entwurf von graphischen Benutzungsschnittstellen ebenfalls eine objekt-orientierte Sichtweise verfolgt. Es ist nun zu untersuchen, inwieweit der durchgängige Einsatz von objekt-orientierten Methoden und Werkzeugen (Modellieren von Anwendungsobjekten bzw. -klassen integriert mit der Benutzungsschnittstelle, objekt-orientierte Programmierung usw.) möglich ist und inwieweit sich hierbei Vorteile ergeben . Ein wichtige Forschungsfrage in diesem Zusammenhang ist die "organische" Überleitung der Designrequirements (z.B. Daten, Funktionen, Abläufe) der vorangegangen Analyse- und Designphasen in die Implementierungsphase der Benutzungsoberfläche. Hier lassen die neuen objekt-orientierten Ansätze der Systementwicklung erfolgsversprechende Anknüpfungspunkte erkennen (z.B. direkte Ableitung von Interaktionsobjekten aus Datenobjekten oder direkte Ableitung von Dialogabläufen aus Kontrollflüssen) . Im Rahmen des Projektes werden gängige objekt-orientierte Ansätze auf ihre diesbezügliche Eigung hin untersucht und sollen gegebenenfalls um erforderliche Notationen erweitert werden. Die so gewonnen Erkenntnisse könnten wiederum mit Hilfe der Unterstützungswerkzeuge- zusätzlich zum software-ergonomische Wissen- dem Designer vermittelt werden. Damit wäre die notwendige und als strategischer Erfolgsfaktor anzusehende Integration von Methoden und Techniken aus dem Bereich des Software-Engineering und der Software-Ergonomie in Methoden und Werkzeuge für den Softwareentwicklungsprozeß zu erreichen.

4. Ausblick Erste Projektergebnisse zeigen, daß rechnerbasierte Unterstützungswerkzeuge einen vielversprechenden Ansatz zur Vermittlung und Sicherstellung von softwareergonomischen Gestaltungsanforderungen darstellen. Sie zeigen einen erfolgversprechenden Weg zur Verankerung von software-ergonomischem Wissen in den Köpfen der Softwareentwickler auf. Ein wichtiges Ergebnis des Projektes wird die Darstellung der Eignung der verschiedenen Unterstützungswerkzeuge im praktischen Einsatz sein . Daher sollen die Projektergebnisse für ausgewählte Anwendungsdomä-

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nen typischer Anwender des Büro- und Verwaltungsbereiches erstellt und evaluiert werden. Dazu wurden eine Reihe von Anwenderkontakte geknüpft und im Rahmen von Workshops vertieft. Zusätzlich wurden Kontakte zu Herstellern von UIMS und Software-Häusern aufgebaut, um im Rahmen einer Bedarfsanalyse typische Anforderungen von Entwicklern an Werkzeuge des User Interface Design zu erfassen und um auf die besonderen Bedürfnisse bei der Vermittlung von software-ergonomischen Wissen einzugehen. Die umfassende Evaluierung der Unterstützungswerkzeuge im praktischen Einsatz soll im Rahmen umfassender Feldtests erfolgen. Die dabei gewonnen Erkenntnisse bilden die Grundlage für eine evolutionäre Weiterentwicklung der Projektergebnisse.

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