Verzweiflung groß wie die Hoffnung auf ein besseres Leben

Kongokonferenz 1884/85 in Berlin Afrika wie ein Stück Kuchen unter den .... nicht nur um Arbeitssuchende: Wir wollen auch keine Touristen aus armen Ländern.
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Verzweiflung groß wie Hoffnung auf ein besseres Leben Tausende sterben jedes Jahr auf ihrer Flucht aus Afrika

Zehntausende Afrikaner versuchen jedes Jahr, nach Europa zu kommen. In kaum seetauglichen Booten bemühen sie sich, vor allem die südlichen Inseln Spaniens im Atlantik oder Italiens im Mittelmeer zu erreichen. Schätzungen von Menschenrechtsgruppen zufolge kommen dabei jedes Jahr Tausende ums Leben. Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe: Wirtschaft: ­   37   der   53   Länder   Afrikas   sind   Agrarstaaten.   Industrienationen   zahlten   2005   349Mrd.   Dollar  Produktions­   und   Exportsubventionen   an   ihre   Bauern.   Dadurch   wird   heute   französisches,  spanisches,   italienisches   und   portugiesisches   Gemüse   in   Afrika   50%   billiger   als   einheimische  Produkte verkauft.  ­ Der Verkauf von 2nd­ Hand­ Kleidung der Industrienationen zerstört die junge Textilindustrie in  Afrika. ­ 20% aller Menschen verbrauchen in den Industrieländern 75% der Ressourcen der Welt.  ­ Die gesamte staatliche und private Entwicklungshilfe an die armen Länder betrug 2004 79Mrd.  Dollar.   Die   gleichen   armen   Länder   hätten   300   Milliarden   Dollar   Schuldenzinsen   zurückzahlen  müssen. Gezahlt haben sie 140 Milliarden. Für jeden Franken Entwicklungshilfe bekommen die  reichen Länder mindestens das Doppelte zurück. Was für eine Hilfe ist das? Demographie: - Die afrikanische Bevölkerung wächst schnell, und die wirtschaftliche Entwicklung hält nicht Schritt damit. 1950 lebten 221 Millionen auf dem Kontinent, heute sind es rund 800 Millionen. - 2001 mussten 46 Prozent der Menschen südlich der Sahara mit weniger als einem Dollar am Tag auskommen. In diesem Teil des Kontinents sind 44 Prozent der Bevölkerung jünger als 15 Jahre.

Natürliche und andere Katastrophen: - Der Kontinent leidet unter Umweltsünden der Industrienationen wie illegaler Lagerung von Atommüll, unter tödlichen Seuchen wie der Immunschwächekrankheit Aids, unter zahlreichen gewaltsam ausgetragenen Konflikten, die durch illegalen Waffenhandel der Industrieländer forciert werden, sowie unter Hungersnöten. Die Folge daraus: - In diesem Jahr (2006) haben mehr als 26.000 Afrikaner auf illegalen Wegen die Kanarischen Inseln erreicht, rund fünf Mal so viele wie im Jahr zuvor. Malta und Italien sind mit einem ähnlichen Zustrom konfrontiert. Zwischen Januar und August sind mindestens 10.000 Afrikaner auf der italienischen Insel Lampedusa gelandet. 2005 kamen fast 23.000 Flüchtlinge in Italien an, 8.000 Menschen mehr als im Jahr davor. - EU-Statistiken zufolge wuchs die Bevölkerung der Europäischen Union 2004 um 2,3 Millionen Menschen. Davon waren 1,9 Millionen Immigranten.

Gedanken über unsere Einstellung von Julio Godoy, Paris (aus „Neues Deutschland“, 16. Januar 2007):

Gemeinsame Erfahrung -Wie Afrikaner waren Europäer einst EmigrantenDie Europäische Union schottet sich gegen Migranten ab. Dabei hätten viele Europäer die Kriege des 20. Jahrhunderts nicht überlebt, wären sie nicht emigriert. Von den mehr als 30.000 Afrikanern, die im vergangenen Jahr auf den Kanarischen Inseln gestrandet sind, konnten sich nur wenige die Statue ansehen, die sich über die kleine Hafenstadt Garachico an der Nordküste Teneriffas erhebt. Der Mann mit Koffern, der in Richtung Atlantik blickt, steht für hunderttausende Spanier, die im 20. Jahrhundert per Schiff zum amerikanischen Kontinent aufbrachen: auf der Flucht vor der Armut nach dem blutigen Bürgerkrieg der 30er Jahre oder der Diktatur von General Franco. Wo das Herz des Reisenden sein sollte, klafft ein Loch. Es symbolisiert, dass es die Emigranten nicht freiwillig in die Fremde trieb, sondern sie ihr Herz in der Heimat zurückließen. Ein Gefühl, das viele Afrikaner kennen, die nach Teneriffa oder auf die Kanaren kamen, um Armut und politischer Gewalt zu entgehen. In weniger als einem Jahrhundert hat sich die zu Spanien gehörende Inselgruppe von einem Auswanderungshafen in ein Einwanderer- und Flüchtlingsziel verwandelt. Eine Herausforderung für die EU, die oft nur als Bedrohung empfunden wird. Im Dezember stimmten die 25 EU-Mitgliedstaaten in Brüssel einer neuen Einwanderungspolitik zu. Sie soll im Juni verabschiedet werden. Viele Europäer sind gegen eine Politik, die der Immigration nach Europa Vorschub leistet. Sie favorisieren härtere Grenzkontrollen. Einer der Hauptverfechter dieser Linie ist der französische Innenminister und Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy, der in diesen Tagen zum neuen Präsidenten gewählt worden ist. Was das wohl für die Flüchtlinge in der nahen Zukunft bedeuten wird? Wissenschaftler sehen in der Zuwanderung dagegen enorme Vorteile- nicht nur für die Entwicklungsländer, sondern auch für Europa. „In vielen Ländern wie Indien, Marokko oder Brasilien ist die Zahl der Hochschulabsolventen wesentlich höher als der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt“, erläutert Catherine Withol de Wenden, Migrationsexpertin vom Französischen Forschungsinstitut (CERI). „Deshalb geht die Emigration nicht zwangsläufig mit einem Braindrain einher.“ Zudem helfen Zuwanderer ihren zu Hause gebliebenen Familien. Für Migration sprechen

überdies wirtschaftliche und demographische Gründe. Durch sie ließe sich der Bevölkerungsschwund in Europa bis 2050 ausgleichen, meint François Héran, Direktor des Französischen Instituts für demographische Studien (INED). IPS Politische Hintergründe: Kongokonferenz 1884/ ´85 in Berlin Nach 1885 wandte sich Otto Bismarck wieder vom Kolonialgedanken ab und setzte seine politischen Prioritäten bei der Beziehungspflege mit den Großmächten England und Frankreich fort. Die Kolonien dienten ihm in diesem Zusammenhang auch als Verhandlungsmasse. So wurde bei der Kongokonferenz 1884/85 in Berlin Afrika wie ein Stück Kuchen unter den Großmächten aufgeteilt. 1890 verzichtete das Deutsche Reich im von Bismarck maßgeblich vorbereiteten HelgolandSansibar-Vertrag auf Deutsch-Witu, um einen Ausgleich mit England zu erreichen. Was Kolonialpolitik und Sklavenhandel der Industrieländer aus Afrika gemacht haben, sehen wir heute vor uns. Und auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen: Die Kolonialpolitik setzt sich bis heute fort, wenn auch nicht mehr offen und politisch, so doch verdeckt auf wirtschaftlicher Ebene. Dabei geht es u.a. um eine gnadenlose Jagd um Rohstoffe: Politik heute: Die offizielle Version: (11. April 2006: Der Bundespräsident spricht über die Jagd nach Rohstoffen in Afrika) Bundespräsident Horst Köhler warnt vor neuen Problemen in Afrika durch die weltweite Jagd nach Rohstoffen: "Wir müssen alle zusammenarbeiten, damit die in vielen Ländern Afrikas positive Entwicklung zu guter Regierungsführung nicht neuen Belastungen ausgesetzt wird", sagte Köhler am Montagabend [10. April] auf einem Staatsbankett in der botswanischen Hauptstadt Gabarone. Die zunehmende Jagd nach Rohstoffen bereite ihm Sorgen "für Afrika insgesamt". Im Interview äußerte sich der Bundespräsident auch zu den deutschen Rohstoff-Interessen in Afrika. Die Einnahmen aus dem Abbau der Bodenschätze müssten zuallererst den afrikanischen Völkern selbst zugute kommen. Das südafrikanische Botswana mit seinen Diamantenminen sei hier ein Erfolgsmodell für den ganzen Kontinent. "Wir sollten diesen Erfolg als Demonstration dafür verstehen, dass Afrika auf dem Weg nach vorne ist", sagte Köhler nach einem Treffen mit dem Präsidenten Botswanas, Festus Mogae, in Gabarone. Zugleich forderte der Bundespräsident das Nachbarland Südafrikas dazu auf, die Abhängigkeit vom florierenden Diamantengeschäft zu verringern und den Mittelstand zu fördern. … "Verfolgt Deutschland auch eigene nationale Interessen in Afrika?" Im Vorfeld seiner Afrika-Reise sprach Köhler mit der Zeitschrift "Internationale Politik". In dem Interview vom 1. April 2006 wurde der Bundespräsident unter anderem gefragt, ob Deutschland auch eigene nationale Interessen in Afrika verfolge. Daraufhin antwortete Köhler: "Dass wir auch deutsche Interessen identifizieren und einbringen, möchte ich doch sehr hoffen." Unterstreichen wolle er aber die Unterstützung und Hilfe für Afrika. Der Bundespräsident wurde weiterhin gefragt, ob Deutschland Rohstoff-Interessen in Afrika habe. Dazu Köhler: "Auch wir müssen mit vitaler Aufmerksamkeit unsere Energie- und Rohstoffversorgung sichern- aber nicht, wie sich das derzeit abzeichnet, nach der Methode ´wer kommt am schnellsten und am billigsten an afrikanische Ressourcen´! Es wäre eine Tragödie für die Menschheit und als erstes natürlich für die Menschen in Afrika, wenn nach der Sklaverei, nach dem Kolonialismus, nach dem Kalten Krieg jetzt ein neuer Megatrend, nämlich die Nachfrage nach

Rohstoffen und Öl, afrikanische Bemühungen um Demokratie, um gute Regierungsführung und Armutsbekämpfung unterlaufen würde." Köhler wurde von der Zeitschrift "Internationale Politik" auch auf die Konkurrenz mit China beim Zugang zum afrikanischen Erdöl zum Beispiel im Sudan angesprochen. Um dieser Konkurrenz zu begegnen hält es der deutsche Bundespräsident für wichtig, über das Thema auf internationaler Ebene zu sprechen: In den Vereinten Nationen, in den internationalen Organisationen oder Staatengruppen wie den G8, den G20 oder der Gruppe der 77. Das Thema verlange Öffentlichkeit. Man müsse Standards vereinbaren, die für China und "alle anderen Nachfrager" gleichermaßen gälten, so Köhler. "Wir sollten zum Beispiel deutlich machen, dass alle, die in Afrika nach Erdöl suchen und Lieferverträge abschließen, der 'Extractive Industries Transparency Initiative' beitreten, die vorsieht, dass transparent gemacht wird, wohin die Erdöleinnahmen fließen." Die inoffizielle Version: Im Sudan streiten die Rebellen des Südens mit der Zentralregierung seit langem unter anderem um die Einnahmen aus dem Erdöl-Geschäft. Die Zentralregierung des Landes hat Verträge mit asiatischen Unternehmen geschlossen. Das Öl aus dem Südsudan fließt per Pipeline über die Hauptstadt Khartum zur Hafenstadt Port Sudan am Roten Meer. Von dort wird das Öl per Schiff nach Asien transportiert. Deutschland unterstützt in Sudan die Rebellen des Südens, die mit der Zentralregierung jahrelang einen Bürgerkrieg um die Einnahmen aus dem Ölgeschäft führten. Im Januar 2005 kam es- nicht zuletzt auch aufgrund intensiven Drucks seitens der deutschen Bundesregierung- zu einem "Friedensvertrag", der den Rebellen die Macht im Süden des Landes und einen Anspruch auf die Hälfte der Einnahmen aus dem Ölgeschäft überträgt. Außerdem darf sich der Süden laut Vertrag sechs Jahre später in einem Referendum von Sudan abspalten und einen eigenen Staat bilden. Nach einer Abspaltung des Südens bliebe der Nordsudan ohne Zugang zum Öl. Die Bundeswehr möchte nach Angaben der Bundesregierung gut sechs Jahre im Land bleiben, um die Umsetzung des Vertrages zu überwachen. Diese sechs Jahre bis zum geplanten Referendum für die offensichtlich beabsichtigte Teilung des Landes wollen deutsche Unternehmen nutzen, um für das Erdöl aus Südsudan einen anderen Transportweg zu errichten: Sie wollen eine neue Eisenbahnlinie von den Ölfeldern des Südsudan- unter Umgehung des Nordsudan- in das westlich orientierte Kenia bauen. Von der kenianischen Hafenstadt Mombasa soll das Öl dann per Schiff nach Deutschland und in andere westliche Staaten- statt nach Asien- transportiert werden. Deutschland interessiert sich aber nicht nur für den Sudan, sondern für die gesamte Region "Zentralafrika". In seiner "Außenpolitischen Strategie zu Zentralafrika" verweist das Auswärtige Amt neben anderen knappen Rohstoffen auf die Ölvorkommen in Gabun, Kamerun, Republik Kongo, Äquatorialguinea, Tschad, sowie auf die Demokratische Republik Kongo (früher Zaire). In der Demokratischen Republik Kongo tobt laut Auswärtigem Amt ein "Krieg der Rohstoffe". Die Bundeswehr beteiligt sich dort am UN-Militäreinsatz MONUC. Derzeit wird in der Bundesregierung über eine Verstärkung des Bundeswehreinsatzes in Kongo diskutiert. Offiziell geht es um eine deutsche "Beteiligung an einer internationalen Wahlbeobachtergruppe" für das Bürgerkriegsland Kongo. Das Auswärtige Amt hat möglicherweise mehr als Wahlbeobachtung im Blick: In der Demokratischen Republik Kongo finden sich nach Angaben des deutschen Ministeriums vor allem die folgenden Rohstoffe: Gold, Diamanten, Kupfer, Kobalt, Tantal ("Coltan"), Zink, Zinn, Kadmium, Germanium und Wolfram. Quelle:   Internetzeitung ngo­online  (www.ngo­online.de)

Afrikas letztes Hemd (von Michael Frein) Lange hatte die EU ihren ehemaligen Kolonien in Afrika, der Karibik und dem Pazifik günstigere Zölle als anderen Entwicklungsländern eingeräumt. Der Clou an der Geschichte: Die AKP-Länder müssen ihre Märkte im Gegenzug nicht für die EU öffnen. Damit soll es nun bald vorbei sein.

Wegen der WTO, sagt die EU. Hintergrund ist, dass die WTO-Ausnahmegenehmigung für die einseitigen Präferenzen Ende dieses Jahres ausläuft. Die EU nutzt diese Chance für ihre Interessen. Sie will nicht nur die Gütermärkte liberalisieren, sondern auch den Handel mit Dienstleistungen. Das hilft den AKP-Ländern allerdings wenig. Es gibt keine afrikanischen Finanzkonzerne, Energieversorger und Telekommunikationsunternehmen, die auf die europäischen Märkte drängen. Für die Menschen, die in Europa ihre Dienste anbieten wollen, bleiben die Grenzen zudem weitgehend geschlossen. Ausnahme ist etwa das Angebot der EU an die karibischen Staaten, wonach es für Models und Küchenchefs künftig leichter werden soll, ihre Dienste in der EU zu erbringen. Was die EU noch will, ist, dass ihre Unternehmen von lästigen Investitionsauflagen befreit und bei Staatsaufträgen wie einheimische Anbieter behandelt werden. Das lehnten die AKP-Länder bereits 2003 im mexikanischen Cancún ab, woraufhin die WTO-Konferenz platzte. Nun haben sie das gleiche Problem erneut. Die EU überfrachtet die Agenda mit ihren offensiven Interessen. Die zahlreichen Erklärungen afrikanischer Handelsminister und Regierungschefs gegen die breite Palette der EU-Wünsche ficht in Brüssel niemanden wirklich an. Dort heißt es, man orientiere sich lediglich an den Wünschen der AKP-Länder. So versucht die EU Freihandelsabkommen durchzudrücken, die in euphemistischer Amtssprache Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) genannt werden. Betroffen sind auch die Gütermärkte, etwa im Bereich Landwirtschaft. Sollten die Abkommen wirklich wie geplant zustande kommen, wird es der EU künftig noch leichter fallen, ihre durch Subventionen künstlich verbilligten Agrarprodukte auf die afrikanischen Märkte zu drücken und die Kleinbauern dort von ihren Einkommensquellen abzuschneiden. Deshalb fordern Nichtregierungsorganisationen aus AKP-Staaten und der EU einen Stopp der EPAVerhandlungen (Informationen: www.epa2007.de). Die EU-Ratspräsidentin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, hat über 20 000 Mails von EU-Bürgerinnen und Bürgern erhalten, die dieses Anliegen unterstützen. In einem Brief an die Kanzlerin, den mehr als 250 europäische Organisationen mittragen, heißt es, die derzeitigen Vorschläge bedeuteten wahrscheinlich für Millionen Menschen weitere Armut und Umweltzerstörung. Vergangene Woche demonstrierten Aktivistinnen und Aktivisten in über 40 Ländern vor den deutschen Vertretungen, in London gab es Aktionen vor allen 26 EU-Botschaften, in Deutschland wurde vor dem Kanzleramt protestiert. Statt Freihandelsabkommen, die einseitig den EU-Konzernen nutzen, fordern die NGO die EU auf, ihre breite Agenda abzuspecken. Lediglich im Bereich der Güterexporte haben die AKP-Länder wirkliche Exportinteressen. Und im Güterbereich ist Marktöffnung der AKP-Staaten für EUKonzerne nicht das Gebot der Stunde. Vielmehr gilt es, Kleinbauern, kleine Handwerker und das Wenige, das diese Länder an Industrie haben, vor der überlegenen europäischen Konkurrenz zu schützen. In dieser Richtung muss die EU Alternativen anbieten. Ansonsten können die Armen ihr letztes Hemd gleich nach Brüssel schicken. Vermutlich mit einem europäischen Postdienstleister. Der Autor ist Referent für Welthandelspolitik beim Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) in Bonn. (aus: Neues Deutschland, 27. 04. 2007)

Häufig werden wir Immigranten, insbesondere aus Afrika, als die Ärmsten der Ärmsten beschrieben. Ist das nach Ihren Erkenntnissen zutreffend? Wann werden wir eine faire Chance bekommen? Wenn man Immigration allgemein betrachtet, wird man immer feststellen, dass sie in der Regel nicht die Ärmsten der Armen sind. Sie haben Schulen, Universitäten besucht, verfügen in irgendeiner Form immer über eine berufliche Ausbildung und es gibt Familienersparnisse, die den schweren Schritt der Immigration erst ermöglichen. Das ist ein allgemeines Raster, das kennzeichnend für Immigration in Spanien und Europa ist. Eine gute Ausbildung ist eben die Voraussetzung für ein besseres Leben in einem anderen Land. Die Ärmsten der Armen können niemand bezahlen, der sie nach Marokko oder Mauretanien bringt, geschweige denn nach Spanien. Sie haben wahrscheinlich nicht einmal die Information, wohin man immigrieren könnte. Spanien oder andere Länder Europas haben sie noch nie im Fernsehen gesehen, da dieses Gerät ein unerreichbarer Luxus ist. Das mag sich mit der Zeit vielleicht verändern, aber für die gegenwärtige Situation ist es kennzeichnend. Die Bevölkerung in Europa wird immer älter, die Sozialsysteme funktionieren nicht mehr. Könnte eine kontrollierte Einwanderung dieses Problem nicht lösen? Immigration ist keine Lösung für die Überalterung der europäischen Gesellschaften. Es müssten so viele Menschen einwandern, dass unsere Gesellschaft, wie wir sie kennen, nicht mehr existierte. Es würde weit mehr Immigranten geben als ursprüngliche Bevölkerung. Außerdem ist Europa sehr rassistisch. Im Gegensatz zu den USA, Kanada und Australien, die auf Immigration gegründet sind und Rassismus ein offenes Thema ist, bleibt es in Europa ein Tabu. Für jeden Politiker in Europa käme es einem politischen Selbstmord gleich, würde er für eine immigrationsfreundliche Politik eintreten. Der Trend in Europa geht hin zu mehr Restriktionen denn zu Offenheit. Nach den Vorfällen in Ceuta und Melilla kündigte Spanien, aber auch die EU an, direkt in Afrika an der Schaffung von Arbeitsplätzen mitzuhelfen. Wie aussichtsreich ist das, gemessen an demographischen Zahlen? Es war nicht das erste Mal, dass Politiker dies ankündigen. Ich bin da sehr skeptisch. Aber nehmen wir einmal an, die EU ist mit ihren Maßnahmen in Afrika erfolgreich, selbst dann dauert es mindestens 50 Jahre, bis wirklich entscheidende Unterschiede erkennbar sind. Es ist gar nicht nötig, diese Länder auf europäisches Niveau zu bringen. Es genügt schon, einen psychologischen Effekt zu erzeugen, der den Menschen das Gefühl gibt, irgendwann wird alles besser. So funktioniert das auch in den neuen Mitgliedstaaten der EU. Der bisher negative psychologische Effekt wird durch den Beitritt umgedreht. Statt Zukunftsangst haben die Menschen Hoffnung auf Prosperität. Und das nimmt den Druck zu emigrieren. Die EU muss ähnliches in Afrika erzeugen, sonst sind alle Hilfsmaßnahmen umsonst. Aber ich bin wenig optimistisch, die europäischen Staaten haben genug eigene Probleme. Und wer wird den Menschen erklären wollen, dass unser Schicksal auch von dem Afrikas abhängig ist? Aus: Neues Deutschland, 4. April 2006

Kommentar:

Die vier größten Fehler der Migrationspolitik

Die Zuwanderungspolitik von Deutschland und den anderen EU­Ländern hat sich in den letzten  Jahren   stark   angeglichen   ­   und   zwar   regelmäßig   zum   Nachteil   für   Ausländer,   die   nach   Europa  wollen. Diese Politik ist ein Desaster. Die vier größten Fehler: Fehler 1: Deutsche Gesetzgeber sehen Zuwanderer grundsätzlich als Problem, nie als Chance. Wenn wir über Afrikaner, Lateinamerikaner oder Asiaten reden, die zu uns wollen, denken wir an  arme  Leute  auf wackligen Booten, die  möglichst schnell wieder vertrieben werden sollten. Wir  denken nicht an junge, ehrgeizige Menschen, die bereit sind, Arbeiten zu verrichten, die wir nicht  tun wollen, oder die qualifiziert hierher kommen, um sich ein besseres Leben zu erarbeiten. Wir  leben in einer Gesellschaft, die überaltert, aber wir wollen keine Jungen, die Kinder bekommen und  in die Sozialkassen einzahlen, wenn sie aus den Entwicklungsländern kommen. In den USA werden, trotz aller Probleme dort, Einwanderer als die Zukunft des Landes gesehen.  Auch   ein   Grund,   warum   die   USA   wirtschaftlich   erfolgreicher   sind   als   Europa.   Immer   wieder  können Unternehmen nicht einstellen, wen sie wollen. Wenn einer den falschen Pass hat, kann er  noch so brillant sein, das Gesetz ist gegen ihn: Wer nicht aus der EU kommt oder hier verheiratet ist,  wird keinen legalen Job bekommen. Dadurch gehen auch bei uns Arbeitsplätze verloren. Es geht  nicht nur um Arbeitssuchende: Wir wollen auch keine Touristen aus armen Ländern. Die Angst der  Europäer vor den angeblichen Massen aus Afrika und Asien grenzt an Hysterie. Deutsche Gesetze  dienen vor allem einem Zweck: Schikane und Abwehr. Ein Europa­Visum zu bekommen gleicht  einem Spießrutenlauf, die Behandlung in den Konsulaten ist oft demütigend. Etliche  Fußballfans aus Ghana, Tunesien, Togo oder Elfenbeinküste hatten zwar Tickets für die  Fußball­WM, die deutschen Behörden gaben ihnen aber keine Visa. Eine Gruppe Togolesen mit  Visum für  Deutschland, und mit Tickets in der Hand, wurde an der belgisch­deutschen Grenze  angehalten und zurück nach Togo geschickt. Fehler 2: Noch   immer   ist   es   nicht   in   den   Köpfen   unserer   Politiker   angekommen,   dass   wir   ein  Einwanderungsland sind und dass wir Einwanderung brauchen. Wir brauchen sie, weil uns bald die  jungen Leute ausgehen, weil Menschen aus anderen Ländern unseren Horizont erweitern, weil jede  Gesellschaft, die sich abschottet, irgendwann zugrunde gehen wird. Fehler 3: Wir   glauben,   wir   könnten   Wanderungsbewegungen   aufhalten,   indem   wir   Mauern   und   Zäune  errichten und jetzt auch Lager in Afrika.  Noch nie in der Geschichte der Menschheit hat es ein  Gesetzgeber geschafft, Wanderungswellen aufzuhalten. Es wird auch jetzt nicht funktionieren. Aber  an höheren Zäunen, dickeren Mauern und schärferer Überwachung werden noch mehr Menschen  sterben als jetzt schon.

Fehler 4: Wir spielen foul. Wer in seiner Heimat genug verdient, wandert nicht aus. Wir Europäer aber beuten  die Länder des Südens erst aus, vernichten die Lebensgrundlage vieler Menschen, verdienen viel  Geld damit und geben dann Geld aus, um die Auswanderer abzuhalten.  Noch immer arbeiten die  meisten  Afrikaner in der Landwirtschaft. Ausgerechnet unseren Bauern zahlen wir Europäer  so  hohe Subventionen, dass damit kein afrikanischer Bauer mithalten kann: Europäische Butter ist in  Marokko billiger im Supermarkt zu haben als einheimische, französisches Geflügel in Niger ebenso.  In Westafrika gehen massenweise Fischer vor die Hunde, weil sie keinen Fisch mehr fangen. Es gibt  noch Fisch, aber Europäer und Asiaten haben den Ländern Fischereirechte abgekauft, fahren mit  Fischfabriken   die   Küsten   ab   und   saugen   alles   weg,   was   zappelt.   Die   Fische   werden   nicht   in  Westafrika angelandet, wie es die Verträge vorsehen, sondern auf den kanarischen Inseln­ in Europa  eben. Würde Europa wirklich die Emigration verhindern wollen, gebe es ein einfaches Mittel: Fair­ Play. 10.07.2006, http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5699430_REF1_NAV_BAB,00.html

Im Namen von RACiBB (Rat Afrikanischer Christen in Berlin/ Brandenburg e.V) danken wir für die Einladung zu dieser Veranstaltung und für Ihr Engagement für Afrika! Pastor F.P. Arthur von Akebulan- Globale Mission e.V.