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Nachts am Frankfurter Hauptbahn- hof B-Ebene hält man sich nicht unbedingt frei- ... den „bed bugs“ (Wanzen) absieht, war es ein wirklich gelungener Urlaub.
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Andrea Drescher

Wenn Eine eine Reise tut… … gibt es viel zu erzählen Roman

© 2012 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2012 Umschlaggestaltung: Wolfgang Süß Bilder: Albert Waaijenberg Printed in Germany ISBN 978-3-8459-0131-2

AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com e Books sind nicht übe rtragbar! Es ve rstößt ge ge n das Urhebe rrecht, dieses We rk we ite rzuve rkaufe n ode r zu versche nke n! Alle Pe rsone n und Name n inne rhalb dieses Romans sind fre i e rfunde n. Ähnlichke ite n mit le be nde n Persone n sind zufällig und nicht beabsichtigt. Die ser Roman wurde be wusst so be lassen, wie ihn die Autorin geschaffe n hat, und spie ge lt de ren originale Ausdruckskraft und Fantasie .

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Wenn Eine eine Reise tut ...

... gibt es viel zu erzählen!

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Warum dieses Büchlein? Immer wieder höre ich, was andere im Ausland erleben. Vom Tauchen bis zum Rafting, mit dem Jeep durch die Wüste – Freizeit wird gestaltet, da muss was passieren, das muss geplant, organisiert und vorbereitet werden. Wenn ich mir überlege, was mir so alles völlig ungeplant passiert ist, wundere ich mich. Und frage mich, warum mir das immer passiert ist. Hatte ich einfach nur Glück? Oder lag es an meiner Entwicklung als „Reisende“, die es mir ermöglichte (bzw. erzwang), mich irgendwie im jeweiligen Land zurechtfinden zu müssen? Ich denke, es ist beides; Letzteres aber der Grund, einmal aufzuschreiben, was ich erlebt habe. Für den einen oder anderen als amüsante Lektüre, vielleicht aber auch als Anregung für den nächsten Urlaub. Für richtige Traveller ist meine Art zu reisen wahrscheinlich langweilig. Und wer Interesse an 4

deutscher Küche, deutschem Bier und Ähnlichem im Ausland hat, wird hier wenig Informatives finden. Aber viele Menschen – normale Menschen wie ich – wollen weder das eine noch das andere. Und haben Hemmungen, fremde Wege zu gehen. Denen möchte ich Mut machen: Traut euch! Das wesentliche Prinzip meiner Reisen ist es, keinerlei Planung vorzunehmen. Als Jugendliche war ich weniger forsch. Der Einfluss der sich sorgenden Mutter war noch spürbar. Die erste Fahrt nach England war geplant. Aber als aufgrund eines Streiks die Planung nicht weiterhalf, musste ich mir selbst helfen. Und der Rest kam danach von ganz allein. Zufälle, Gelegenheiten, die genutzt werden mussten; dass im Urlaub nichts passiert, erscheint mir heute geradezu atypisch. Nicht zu planen führt dazu, sich mit offenen Augen durch ein Land treiben zu lassen. Man sieht dann nicht alles Wichtige, bekommt aber einen viel umfassenderen Eindruck von einem 5

Land, lernt andere Facetten des Lebens kennen. Hat man ein Ziel, treibt einen die Zeit und nicht die jeweilige Situation. Und es ist dann nicht so einfach, rechts und links die unscheinbaren Besonderheiten wahrzunehmen. Landschaften, Naturschönheiten, Kulturdenkmäler – die Erinnerungen wären schon verblasst, wenn ich nicht an Fotomanie leiden würde. Die Menschen, die ich traf, haben mich berührt und Spuren hinterlassen. Man kann und muss Risiken abschätzen. Und das kann man lernen. Mit den Risiken des jeweiligen Landes muss man sich vor der Reise auseinandersetzen (auch wenn das einer Planung nahekommt). Nachts am Frankfurter Hauptbahnhof B-Ebene hält man sich nicht unbedingt freiwillig auf. Man sollte wissen, wo man besser nicht hingeht. Was man besser nicht tut oder – wenn man es tun muss – wie man es am besten tut.

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Ich habe mich niemals leichtfertig in eine Situation begeben, die gefährlich war. Grundregeln sind zu beachten, gerade wenn man als junge Frau allein unterwegs ist. Aber wenn man diese einhält, ist das Risiko überschaubar und die Erlebnisse sind es allemal wert.

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Das Letzte, was mir noch einfällt ist: die Ansprüche senken. Und zwar ganz bewusst. Wo immer man hinfährt: Hotels sind in aller Welt ähnlich, standardisiert, unpersönlich. Was braucht man bei einem Hotel wirklich? Ein nicht zu weiches (sauberes) Bett – im Notfall tut es aber auch der eigene Schlafsack oder eine Hängematte –, ein Klo. Abgeblätterte Farbe an den Wänden stört nicht, ein Wasserrohr aus der Decke als Dusche ist völlig ausreichend. Und das Zimmer sollte sich gut abschließen lassen. Alles andere ist unnötiger Luxus, vielleicht sogar Ballast. Radio, Fernsehen im Zimmer verführen zur Trägheit. Und die sollte man im Urlaub vermeiden. Nach der langen Vorrede nun viel Spaß beim Lesen! Halt! Stopp! Bedanken wollte ich mich noch! Bei allen, die es mir ermöglicht haben, dies zu erleben.

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Bei allen, die mir Mut gemacht haben, dies aufzuschreiben und Verlagen anzudienen. Bei Albert, der einiges davon in Bilder umgesetzt hat. Bei Carmen, die es lesen musste, um mein gestörtes Verhältnis zur Rechtschreibung auszugleichen. Bei Wolfgang, der es las, korrigierte, nochmals las, wieder ... und mich trotzdem ermunterte! Und bei Renate, die aus der alten Rechtschreibung die neue machte – und weitere Fehler eliminierte.

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Europa und Umgebung ERFAHRUNGEN Erfahrungen muss man machen, kann einem keiner abnehmen, auch wenn sie schmerzhaft sind. Ohne Erfahrungen lernt man nicht dazu, gewinnt man keine Routine, hat man immer Angst vor Unbekanntem. Jede Erfahrung hat mir meine Grenzen gezeigt, hat mich ein Stück weitergebracht, hat mir mehr Mut gegeben Neues zu wagen. Auf keine möchte ich verzichten. Auch wenn sie schmerzhaft waren.

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DIE FLUGLOTSEN STREIKEN Mit meiner Reiserei fing es ganz harmlos an. Mit 13 fuhr ich das erste Mal nach England. Allein. Meine Englischkenntnisse sollten eine Anglisierung erfahren. Aus unerfindlichen Gründen war mir der amerikanische Akzent immer angenehmer, was zu entsprechend hochgezogenen Augenbrauen meines jeweiligen Englischlehrers führte. Also auf nach England. Alles war gebucht, meine Mutter brachte mich zum Flughafen, geflogen war ich ja früher schon. Es war aufregend, so ganz allein ins Flugzeug zu steigen. Wie eine Erwachsene. In London wurden ich und einige andere von der Schule abgeholt. Da stand sie, unsere Reiseführerin, mit großem Schild, nicht zu übersehen. Per Bus ging es dann nach Brighton. Dort verbrachte ich vier Wochen in einer sehr netten, sehr englischen Familie. Wenn man von den „bed bugs“ (Wanzen) absieht, war es ein wirklich gelungener Urlaub. Der Nachbar meiner Familie besaß nämlich einen Hund. Noch heute 11

kann ich mich an meinen „Nick, get your leash“Ruf vor der Haustür dieses Nachbarn erinnern. Als ich bei einem weiteren England-Urlaub drei Jahre später Nick besuchte, hat er sofort wieder auf mein Kommando vor der Tür reagiert. Hunde sind treue Wesen. Ich war ganz verliebt in diesen Köter. Anstatt nachmittags Vokabeln zu pauken, zog ich mit Nick durch Brighton. John, sein Besitzer, war mir dafür ausgesprochen dankbar. Er war schon etwas älter, etwas träger und hatte nicht immer Lust, mit Nick rumzutoben. Dafür habe ich mit ihm dann oft abends noch stundenlang geschwätzt, also mein Englisch trainiert. Meinen amerikanischen Akzent besitze ich zwar immer noch, aber sämtliche noch vorhandenen Hemmungen zu reden wurden in diesem Urlaub erfolgreich abgebaut. Meine deutschen Mitschüler sah ich nach der Schule so gut wie nie. Nick, John und meine englische Familie waren mir Beschäftigung genug. Die restliche freie Zeit verbrachte ich mit engli12

schen Krimis, die ich mir kiloweise in SecondHand-Buchläden zugelegt hatte. Genau waren es 18 Kilo, für durchschnittlich 0,50 DM – Agatha Christies und andere Schmöker. In meinem Kaufrausch schlug ich zu – was ich später noch bitter bereuen sollte. Es war eine ganz typische Schülerreise mit Schule, Unterbringung bei einer Familie, festen Regeln. Alles ziemlich gut organisiert. Nur die Rückfahrt, die war leider in keiner Form so organisiert, wie man sich das gewünscht hätte. Nein, so ganz stimmt das ja nicht. Wäre alles planmäßig gelaufen, wären wir von unserer Reiseführerin zum Flughafen gebracht worden, um dann in der Heimat von unseren jeweiligen Müttern oder Vätern abgeholt zu werden. Doch es kam leider ganz anders. In England streikten nämlich mal wieder die Fluglotsen. In den 70er Jahren streikte ja immer irgendwer in England. Müllabfuhr, Zeitungsboten, Milchboten. Dies alles konnte ich während meines Aufenthalts in Brighton ganz gut verschmerzen. 13

Obwohl das mit der Müllabfuhr schon ziemlich unangenehm für die Nase war. Dass ausgerechnet in der Woche meines Abfluges die Fluglotsen die Arbeit niederlegen mussten, war ein ausgesprochen anstrengendes Ereignis. Ich musste ja zurück, die Ferien waren so gut wie zu Ende und außerdem freute ich mich auch mal wieder auf eine wanzenfreie Wohnung. „Was tun?“, sprach Andrea. (So weise wie Zeus war ich leider nicht.) Die Schule sah sich von jeder Verpflichtung entbunden. Sie würden mich selbstverständlich nach London bringen. Von dort müsste ich mich dann leider allein durchschlagen. Mit John klärte ich dann erst mal die Heimreise. Also ab London mit der Bahn nach Dover, von dort mit der Fähre nach Calais. Und dann wieder auf die Bahn Richtung Frankfurt. Auf dieser Strecke musste ich nur einmal umsteigen, auch wenn es kilometermäßig und kostenmäßig etwas mehr war. Aber bei meinem Gepäck ...

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Ich war kein Schwächling, ich war nicht zierlich und konnte schon immer ganz gut zupacken. Aber dieser Trip mit knapp 40 Kilo Reisegepäck wird mir wohl immer in Erinnerung bleiben. Es war Sommer, tierisch heiß und ich vollgepackt wie ein Lastenesel. Nur war ich leider keiner. Die Reiseführerin brachte mich bis zur Bahn, aber nicht ins Abteil. Immerhin half sie mir noch, ein Ticket bis Dover zu kaufen. Wenn man mit zwei riesigen Koffern allein durch den Zug schwankt, ist der Weg zum ersten freien Sitzplatz endlos. Aber verglichen mit dem Weg von der Bahnstation zur Fähre, der ja noch vor mir lag, war das eine Kleinigkeit. Die wenigen Meter erschienen mir aber schon als Marathonstrecke. Um mein Ticket für die Fähre zu kaufen, ließ ich mein Gepäck unterwegs einfach stehen. Es waren etwa zwanzig zusätzliche Meter und jeder Dieb war eigentlich direkt aufgefordert, mich zu beklauen. Aber mir war alles egal, meine Arme waren inzwischen ungefähr 15