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Leiter der Bibliothek der Stiftung Topographie des Terrors,. Frau Dr. Marion neiss,. Leiterin der Bibliothek des Zentrums für Antisemitismusforschung und.
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Rebecca Behnk Nationalsozialistische Schriften – freier Zugang oder Barrieren? Rechtliche Vorgaben und praktische Umsetzung am Beispiel von Berliner Spezialbibliotheken

Berlin 2013 Simon Verlag für Bibliothekswissen

Bibliographische Informationen der deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie. Redaktionelle Bearbeitung: Lisa Kopelmann Satz und Layout: Vera Szabó Copyright © 2013 Simon Verlag für Bibliothekswissen, Berlin Alle deutschen Rechte vorbehalten. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. No part of this book may be used or reproduced in any manner whatsoever without written permission except in the case of brief quotations embodied in critical articles or reviews. Gesamtherstellung: Simon Verlag für Bibliothekswissen Riehlstraße 13 14057 Berlin Deutschland www.simon-bw.de

Druck und buchbinderische Verarbeitung: Digital Print Group, Regensburg ISBN 978-3-940862-42-6

Danksagung

Die Verfasserin bedankt sich herzlich für die freundliche Kooperation in den untersuchten Berliner Spezialbibliotheken. Ein besonderer Dank gilt den Interviewpartnern: Herrn Manfred Warnecke, Leiter der Bibliothek der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Frau Irmela Roschmann-Steltenkamp und Herrn Ulrich Tempel, Leiter der Bibliothek der Stiftung Topographie des Terrors, Frau Dr. Marion Neiss, Leiterin der Bibliothek des Zentrums für Antisemitismusforschung und Frau Monika Sommerer, Leiterin der Joseph Wulf Mediothek der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz. Frau Prof. Dr. Dagmar Jank und Frau Gaby Müller-Oelrichs, die diese Arbeit betreut haben, haben mich stets mit wertvollen Ratschlägen unterstützt und so ebenfalls zum Gelingen des Buches beigetragen. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort................................................................................................... 11 1 Einleitung: Informationsfreiheit und Bibliotheken ................. 13 2 Rechtliche Vorgaben zu nationalsozialistischen Schriften ..... 2.1 Gesetzliche Schranken der Informationsfreiheit ..................... 2.1.1 Strafgesetzbuch (StGB) ........................................................ 2.1.1.0 Definition zentraler Begriffe ......................................... 2.1.1.0.1 Nationalsozialistische „Schriften“ .......................... 2.1.1.0.2 Tathandlung des „Verbreitens“ ............................... 2.1.1.1 §80a – Aufstacheln zum Angriffskrieg ........................ 2.1.1.2 §86 – Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen ............................ 2.1.1.3 §86a – Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ............................ 2.1.1.4 §130 – Volksverhetzung ................................................ 2.1.1.5 §130a – Anleitung zu Straftaten .................................. 2.1.1.6 §131 – Gewaltdarstellung ............................................. 2.1.1.7 §166 – Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungs vereinigungen ................................................................. 2.1.1.8 §186 – Üble Nachrede sowie §187 – Verleumdung ... 2.1.1.9 Zwischenfazit ................................................................. 2.1.2 Jugendschutzgesetz (JuSchG) .............................................. 2.1.2.1 §1 – Begriffsbestimmungen .......................................... 2.1.2.2 §§17–25 – Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ............................................................................ 2.1.2.3 §18 – Liste der indizierten Medien der Bundes prüfstelle für jugendgefährdende Medien und §15 Abs. 1 – Folgen der Indizierung ................................... 2.1.2.4 §15 Abs. 2 – Jugendgefährdende Trägermedien ......... 2.1.2.5 Zwischenfazit ................................................................. 2.1.3 Fazit: Gesetzliche Schranken der Informationsfreiheit ..... –7–

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2.2 Freiheit von Wissenschaft, Lehre und Forschung (Sozialadäquanzklausel) ............................................................. 54 2.3 Gesamtfazit Gesetzeslage ............................................................ 57 2.4 Folgen der Gesetzeslage für Bibliotheken: Sekretierung ......... 60 3 Praktische Umsetzung in vier ausgewählten Berliner Spezialbibliotheken ........................................................ 3.1 Kurzvorstellung der Untersuchungsbibliotheken .................... 3.1.1 Bibliothek der Gedenkstätte Deutscher Widerstand ........ 3.1.1.1 Trägerinstitution: Gedenkstätte Deutscher Widerstand ..................................................................... 3.1.1.2 Bibliothek der Gedenkstätte Deutscher Widerstand .. 3.1.2 Bibliothek der Stiftung Topographie des Terrors .............. 3.1.2.1 Trägerinstitution: Stiftung Topographie des Terrors .. 3.1.2.2 Bibliothek der Stiftung Topographie des Terrors ........ 3.1.3 Bibliothek des Zentrums für Antisemitismusforschung ... 3.1.3.1 Trägerinstitution: Zentrum für Antisemitismus forschung ......................................................................... 3.1.3.2 Bibliothek des Zentrums für Antisemitismus- forschung ......................................................................... 3.1.4 Joseph Wulf Mediothek im Haus der Wannsee Konferenz ............................................................................... 3.1.4.1 Trägerinstitution: Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz ....................................... 3.1.4.2 Joseph Wulf Mediothek ................................................. 3.2 Untersuchungsmethode: Das Experteninterview ..................... 3.3 Vorstellung der Ergebnisse der Interviews ................................ 3.3.1 Der Bestand der nationalsozialistischen Schriften in den einzelnen Bibliotheken .............................................. 3.3.2 Die Handhabung der nationalsozialistischen Schriften in den einzelnen Bibliotheken .............................................. 3.3.3 Gründe für diese Handhabung und zugrundeliegende Rechtskenntnisse ................................................................... 3.4 A nalyse der Interviewergebnisse .................................................

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4 Gesamtfazit ....................................................................................... 87 –8–

Literaturverzeichnis ............................................................................ 91 Literaturverzeichnis zum Theorieteil ................................................ 91 Literaturverzeichnis zum Praxisteil .................................................. 94 Anhang .................................................................................................. 95 Anhang 1 – Interviewleitfaden ......................................................... 95 Anhang 2 – Transkript des Interviews mit Manfred Warnecke (Gedenkstätte Deutscher Widerstand) ............................................. 99 Anhang 3 – Ausgefüllter Fragebogen von Irmela RoschmannSteltenkamp (Stiftung Topographie des Terrors) ............................ 105 Anhang 4 – Transkript des Interviews mit Marion Neiss (Zentrum für Antisemitismusforschung) ........................................ 109 Anhang 5 – Transkript des Interviews mit Monika Sommerer (Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz) ................................ 117

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Vorwort

Als vor Jahren der damaligen Justizministerin der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen einer Veranstaltung der Friedrich Stiftung in Berlin mit dem – leider auf die Zukunft weisenden – Titel Hass im Internet klar wurde, dass Mein Kampf von A. Hitler bei Amazon frei zugänglich war, reagierte sie mit Bestürzung. Es war ersichtlich, dass die aufgestellten nationalen Regeln für die nationalsozialistische Literatur international nicht angewendet wurden. Informationsfreiheit und Zensur sind ein facettenreiches Thema mit einer wechselnden und endlosen Diskussion. So ist es nicht verwunderlich, dass die nationalsozialistische Literatur nach 1945 mit Verbot und Sekretierungsregeln bedacht wurde. Das Aufkommen rechter Gewalt und Überzeugungstäter aus allen Ländern und Schichten zeigt auch heute, wie wichtig solch ein Regelwerk ist, um zu verhindern, dass Hetze und abstruses Gedankengut verbreitet werden. Wie aber bei jeglicher Zensur gefallen solche Regeln nicht allen und werden von nicht wenigen mit Spott und Schelte bedacht. Es sind in erster Linie solche Menschen, die die Verbreitung rechter Gewaltliteratur aus ihrem Selbstverständnis heraus fördern wollen, aber auch solche Leser, die Aufklärung suchen und sich mit dem Gedankengut dieser Zeit auseinandersetzen wollen und sich durch einen beschränkten Zugang behindert sehen. Für solche ist das vorliegende Buch besonders nützlich. Es zeigt den rechtlichen Rahmen auf, unter welchen diese Bibliotheken arbeiten. Sie bieten auch Bestände an, die ansonsten in dieser Spezialisierung nicht zu finden wären und die eine tiefgehende Beschäftigung mit dieser Zeit erlauben. Diese Bibliotheken bewegen sich in dem Raum zwischen einem Angebot zur wissenschaftlichen Arbeit und Aufklärung über diese Zeit und einer Sekretierung, die die Ideen von allen denen fernhalten will, die ihr nicht nur nahestehen, sondern sie eventuell sogar weiter verfolgen wollen. Die aufgezeigten Interviews betonen auf der einen Seite diesen Spagat zwischen Zensur und Aufklärung, ein realistisches und letztendlich erfreuliches Bild von einer Leserschaft, deren erstes Bedürfnis die genaue Information ist. Die Beschreibung der Bibliotheken mit ihrem Angebot beruht aber auf ihren Beständen an Buch- und Zeitschriften. Auf diesen beziehen sich – 11 –

auch die mit hervorragender Akribie recherchierten Zugangsvorschriften aus der Rechtsprechung für nationalsozialistische Literatur. Sie sind auch ein gutes Beispiel, wie eventuell mit weiterem Gedankengut aus der rechten Szene verfahren werden könnte. Dafür kann auch die hier versammelte juristische Kompetenz ausgesprochen hilfreich sein, ergibt sie doch einen Leitfaden zwischen Informationsfreiheit und Zugangsbeschränkung aus juristischen Gründen. Wie in vielen Aspekten der Gegenwart kann aber die zunehmende Globalisierung diesem Prozedere seine Basis entziehen. Es ist nicht immer nachvollziehbar und schon gar nicht beweisbar, welche Schriften von wem verfügbar sind. Schriften, die in den Jahren 1933 bis 1945 oder eventuell noch früher erschienen sind und deren Autoren nicht mehr leben, können dann bald frei ins Netz gestellt werden. Heute haben wir keinen richtigen Überblick über einen eventuellen Zugang verbotener Schriften im Netz. Es ist denkbar, dass manche Schriften, die hier in den untersuchten Bibliotheken sekretiert wurden, im Netz frei verfügbar sind. Wie so oft bei Betrachtung elektronischer Informationen, von der Publikation von Rainer Strzolka Das Internet als Weltbibliothek. Suchmachinen und ihre Bedeutung für den Wissenserwerb (ISBN 978-3-940862-00-6) bis zu Walther Umstätters Zwischen Informationsflut und Wissenswachstum (ISBN 978-3-940862-13-6) sind Bibliotheken der Bildungsfaktor der modernen Gesellschaft. Hier – und sehr oft nur hier – werden wertneutral, frei von ökonomischen und weltanschaulichen Überlegungen Informationen vermittelt, die helfen, sich ein eigenes Weltbild zu formen, weitab von medialen Einflüsterungen und weltanschaulichen Zwängen. Diese hier untersuchten Bibliotheken und die Regelungen des Zugangs sind auch ein gutes Beispiel für die bibliothekspolitischen Überlegungen beim Umgang mit menschenverachtender Schriften, die auch in Zukunft helfen können, ein Prozedere mit dieser Art von Literatur zu erarbeiten. Die vorliegende Publikation ist ein gutes Exempel dafür. Sie sollte daher bei allen Überlegungen solcher Art zugezogen werden, um auch anhand der nationalsozialistischen Literatur und der Behandlung des Zugangs zu ihr, die guten Seiten aber auch die Schwachstellen der damaligen Rechtsprechung herauszuarbeiten. Simon Verlag für Bibliothekswissen Berlin, November 2012 – 12 –