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gesprochenen) Kern der vorliegenden Geschichten. Über Fachkenntnis und ... ebenso kompetenter wie hilfsbereiter Partner, der die. Herausgabe der Anthologie ... Freddie, dessen Job als Schnüffler dieselbe kranke. Basis hatte wie die ...
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B u r g e r / I m b s w e i l e r / S c h ö b e l (Hrsg.) Tödliche Wasser

W A SSER - LE I CHE N Ohne Wasser kein Leben. Gäbe es auf unserem Planeten kein Wasser mehr, dann würde alles Leben verschwinden. Kein Wunder, dass für Wasser getötet wird – und manchmal auch mit Wasser. Wie in der vorliegenden Krimisammlung. Zwei Getränkeproduzenten bekämpfen sich umbarmherzig, ein See färbt sich blutrot, auf einem Konzert unter dem Motto „Wasser ist Menschenrecht“ kommt es zur Katastrophe, ein Serienmörder nutzt das kühle Nass auf höchst ungewöhnliche Weise … 18 bekannte Krimiautorinnen und -autoren haben sich zusammengefunden und das Lebenselixier der Menschheit zum Thema ihrer ebenso spannenden wie abwechslungsreichen Kurzgeschichten gemacht. Ein Hochgenuss! Herausgeber der Anthologie „Tödliche Wasser“ sind die drei Initiatoren der Krimitage Heidelberg: der Buchhändler Stefan Schöbel sowie die erfolgreichen Krimiautoren Wolfgang Burger und Marcus Imbsweiler.

B u r g e r / I m b s w e i l e r / S c h ö b e l (Hrsg.)

Tödliche Wasser

Original

Anthologie zu den Heidelberger Krimitagen

Das Motiv auf dem Umschlag zeigt eine von 10 Neckar-Staustufen, die der Architekt Paul Bonatz (1877–1956) 1926 bauen ließ. Bonatz gehörte zu dem berühmten Architektenkreis ›Stuttgarter Schule‹ um Paul Schmitthenner. Zwischen 1935 und 1943 war er u.  a. an Brückenprojekten und BerlinPlanungen beteiligt. Der Stuttgarter Hauptbahnhof, 1911 bis 1928 erbaut, ist wohl sein bekanntestes Objekt. 1943 übersiedelte er in die Türkei. In Ankara baute er einen Beamtenstadtteil in Anlehnung an die traditionelle türkische Bauweise. 1953 kehrte er in die Bundesrepublik zurück.

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© 2009 – Gmeiner-Verlag GmbH Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch Telefon 0 75 75/20 95-0 [email protected] Alle Rechte vorbehalten 2. Auflage 2009 Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt Herstellung / Korrekturen: Katja Ernst / Susanne Tachlinski, Doreen Fröhlich Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart, unter Verwendung eines Fotos von Thaddäus Zech Druck: Fuldaer Verlagsanstalt, Fulda Printed in Germany ISBN 978-3-8392-1024-6

Personen und Handlung sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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I n h a lt s v e r z e i c h ni s Vorwort

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Ulrich A. Büttner Oben prasselt der Regen

11

Han s - J o a c h i m H e i d e r German Water

31

Ma r c u s I m b s w e i l e r Saures

53

Si m o n e K ni e r i m - B u s c h Wasserträger

77

-ky Schneidendes Wasser

96

Wa lt e r Lan d i n Ein lukratives Geschäft

115

Angela Mohr Der Andere

129

thomas pechar Stilles Wasser bei Julia

146 7

Ca r l o S c h ä f e r Wassermusik

166

K a r in S c h i c kin g e r Killing Campino

189

F r i e d e r ik e S c h m ö e An fremden Quellen

212

Ha r a l d S c h n e i d e r Wassergeld

226

S c h r e ib r a u s c h Der letzte Weg des Georg S.

238

Achim Stegmüller Kappa, Tokyo – Heidelberg

259

Günther Thömmes Das Quellaumassaker

276

B a r ba r a W e n z Unheilige Wasser

293

A u t o r inn e n u n d A u t o r e n

314

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Vorwort Die Krimitage Heidelberg sind ein junges Festival; es gibt sie erst seit 2008. Aber schon im zweiten Jahr ihres Bestehens suchten wir deutschlandweite Aufmerksamkeit: durch Einladung bekannter Autorinnen und Autoren sowie durch Ausschreibung eines Kurzkrimiwettbewerbs. Beides zu einem fest umrissenen Thema: Wasser. Dahinter stand die Überzeugung, dass sich das Unterhaltungsgenre Kriminalliteratur wie kein zweites eignet, aktuelle Debatten und Probleme aufzugreifen und zu popularisieren. Aus den besten Wettbewerbseinreichungen, ergänzt um Texte etablierter Krimiautoren, wurde die vorliegende Anthologie zusammengestellt. Die Themen der Kurzkrimis sind ebenso vielfältig wie ihre Umsetzung. Da gibt es die klassische Ermittlerstory, den Zukunftskrimi, die Satire, den Gesellschaftskrimi, die Detektivstory, aber auch die fantastische Erzählung. Gemordet wird mit, in und wegen Wasser, die einen haben zu viel davon, die anderen überhaupt keines. Dass Wasser ein wertvolles Gut ist, vielleicht unser wertvollstes überhaupt, bildet den (unausgesprochenen) Kern der vorliegenden Geschichten. Über Fachkenntnis und Recherchegenauigkeit mancher Autoren wird man staunen. Vor allem aber lassen sich die Storys verdammt gut lesen. 9

Wir danken all jenen Autorinnen und Autoren, die unseren Wettbewerb mit Beiträgen bereichert, in der Anthologie jedoch keine Aufnahme gefunden haben. Ein großer Dank gilt der Jury, in der sich mit Thomas Wörtche (Berlin), Claudia Senghaas (Kirchardt) und Peter Johannsen (Heidelberg) ein Krimi-Experte, eine Krimi-Lektorin und ein Krimi-Liebhaber zusammengefunden und zusammengerauft haben. Claudia Senghaas war darüber hinaus an der Redaktion des Buches maßgeblich beteiligt. Mit dem Gmeiner-Verlag Meßkirch fand sich ein ebenso kompetenter wie hilfsbereiter Partner, der die Herausgabe der Anthologie ermöglichte. Auch ihm ein herzliches Dankeschön.

Heidelberg, im Juli 2009 Wolfgang Burger, Marcus Imbsweiler und Stefan Schöbel

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Ulrich A. Büttner

Oben prasselt der Regen Oben regnet es, sie hört noch das prasselnde Geräusch auf dem Wasserspiegel. Unsichtbar, unaufhörlich sickert und perlt es in die Böden, sammelt sich, strömt auf breiter Front zu Bächen und Flüssen. In den Tanks und Speichern der Stadtwerke bekam man es zu fassen, konnte es erforschen, reinigen, trinken, aber niemals hätte Anna daran gedacht, dass es tödlich sein könnte. Trinken ist so wichtig wie Atmen, hieß es in der Broschüre, die sie selbst verfasst hatte, doch wie wichtig Atmen war, das würde sie am Ende erfahren, ganz am Ende, denn in Klärbecken gab es keine Frischluftdüsen. Auch Wasserwesen wie Anna können sterben. Anna, die Qualle, transparent und feinfühlig, Anna feinädrig und blass, Anna tief unten, dort, wo es angefangen hat. Das Leben? Ja. Nach dem Chemiestudium hatte es begonnen, hier, im Wasserwerk Nord, kompakt organisiert, voller Begegnungen und Chancen und ohne den alptraumhaften Druck (den Freddie aufgebaut hatte). Es hätte alles so schön sein können. Ein mächtiger Auftrieb strudelte sie nach oben, als man Engelbrecht entdeckte.

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Na, Engelbrecht, unser Direktor. Agiles Männchen, immer in Bewegung. Analysen machte der keine mehr, der Mann verstand nicht einmal, was er präsentierte. Trug piekfeine Anzüge und pflegte die Beziehungen zum Stadtrat. Über­rascht ent­deckte ihn eines Tages der Klärmeister, den Körper in linker, schwe­bender Sei­ ten­lage, schaukelnd im Rührbecken. Die Leiche wälzte sich im Schlamm, bekleidet nur mit einem Hemd. Es blähte sich, ein schmutzig-weißes Schiff im Wind. »In diesem Becken schwimmt der gefährlichste Dreck der Stadt«, sagte der Forensiker, der die gleiche Hautfarbe hatte wie die Leiche. Ein nackter Hals, bleifarben das Gesicht. Die Augen groß und blind, so lag der Direktor vor ihnen auf dem Seziertisch. Am Arbeitsplatz die Standardwerke, angefangen vom Handbuch der gerichtlichen Medizin über Synopsis und Atlas der Gerichtsmedizin bis hin zu Kriminelle Körper – Gestörte Gemüter. Daneben Kartonagen von Tiefkühlpizzas; der Mediziner war ein nerd wie Freddie, dessen Job als Schnüffler dieselbe kranke Basis hatte wie die obsessive Beschäftigung mit Leichen. Anna gebrauchte dieses prickelnde Wort nerd häufig. Sie hatte es von ihrer anglophilen Freundin; es brandmarkte bauchige Männer mit Brille, asexuelle Bierdeckelsammler, Typen in blauen Oberhemden. Vielleicht lag es an ihrem Ex-Freund, dass sie eine nerd-Phobie hatte. 12

»Grundsätzlich kommt es im Wasser zu den gleichen Veränderungen wie an Land. Beginnend an den Fingerbeeren bildet sich eine durchweichte und faltige Waschhaut, abhängig von der Wassertemperatur. Nach drei bis vier Wochen lässt sich die gesamte Haut wie ein Handschuh abstreifen.« Er schaltete das Neonlicht an. »Etwa 56 Jahre alt.« »55«, verbesserte Anna. »Ungefähr 32 Stunden tot«, erläuterte er. »Warum haben Sie mich kommen lassen?«, fragte Anna. Sie hasste Fachidioten und vor allem den Forensiker für das, was er tat: Er zog das Plastiktuch von der Leiche. Musste sie unbedingt sehen, dass er Engelbrechts Brust aufgeschnitten hatte, musste sie wissen, dass man ihn ausgeweidet hatte wie ein Tier? »Verletzungen an Stirn und Knien, sowie Handund Fußrücken«, kon­statierte er, auf jeden Körperteil deutend. »Äußerlich kann man nicht erkennen, ob der Tod an Land oder im Wasser eingetreten ist.« »Warum haben Sie mich kommen lassen?«, fragte Anna zornig (du bist impulsiv und reizbar). Er griff eine Pipette, schwenkte darin eine dunkle Flüssigkeit. Fast fröhlich erklärte er: »Ich möchte Sie bitten, den Inhalt der Lunge zu untersuchen. Sagen Sie mir, ob Engelbrecht in diesem Becken ertrunken ist.« 13

Anna nickte blass und blass stieg sie aufs Fahrrad. Durch Handschuhsheim zum Labor. Betriebsgebäude Nord. Schaltwarte. Handschuhe. Haut. Ketten aus Wörtern wie Ketten aus Molekülen. Kettenreaktionen. Sie haben dich immer fasziniert, Anna. Immersionseffekt, Kälteschock, Hypothermie, Hypoxie, Desplasmolyse: die Kette für Engelbrechts Ende. Als Anna über den Kachelboden lief, fröstelte sie unwillkürlich. Lief zu einem der tiefen Spülbecken und übergab sich. Plötzlich veränderten sich Fließgleichgewichte, Toleranzen verschoben sich und dann passierte etwas. Manchmal trübte sich eine Flüssigkeit nur leicht, dann kippten wieder Dutzende von ihnen, färbten die Gläser knallig gelb, orange, rot, blau oder braun. Die Reaktionsrate einer Kette konnte zeitlich zunehmen, konstant sein oder abnehmen. Es bedeutete keineswegs, dass der Vorgang sich ständig beschleunigen, ausbreiten und zur Katastrophe führen musste. Anna und ihre Sommersprossen – blaue Augen, weißer Teint. Das Haar hochgesteckt, wenn sie im Labor arbeitete. Sie trug den weißen Kittel. Eine Hand starrte vor Silberringen, an die sie sich während der Studentenjahre gewöhnt hatte. Sie träufelte die dunkle Flüssigkeit in Reagenzgläser, machte die Standardanalyse, die auf 55 Stoffe testet; diese reichte aus, um 14