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Die einzige Spur endet bei einer Online-Singlebörse. Berthold ... Er fragte sich, wie lange er bereits auf dieser harten Bank saß. ... Am besten wäre es natür-.
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Christian Feiel

Zugestellt

P o s t w e n d e n d Entsetzt kniet der Grazer Briefträger Berthold Buchinger neben der Leiche seines besten Freundes. »Der schöne Fred« liegt tot auf dem Boden seiner Wohnung, der Absatz eines pinkfarbenen Damenschuhs steckt in seinem Hinterkopf. Die erste Amtshandlung der Polizei: Bertholds Verhaftung. Nachdem sein Alibi geklärt und sein Vertrauen in die Fähigkeiten der örtlichen Polizei verschwunden ist, will der Briefträger die Mörderin eigenmächtig überführen. Tatkräftige Unterstützung bekommt er dabei vom Russen Paul, einem weiteren Freund des Verstorbenen. Die einzige Spur endet bei einer Online-Singlebörse. Berthold erstellt ein eigenes Profil und beginnt, Frauen zu treffen, die potenzielle Mörderinnen sein könnten. Aber Berthold hatte leider noch nie ein gutes Händchen bei Frauen, daher enden die meisten dieser Treffen in einer Katastrophe. Was Oberinspektor Kafka gar nicht erfreut, der in diesem Fall ermittelt. Schon bald wächst Berthold die ganze Sache über den Kopf. Auf der Flucht vor der Polizei, einem Auftragskiller und der wahren Mörderin kann er nur hoffen, das ganze Schlamassel zu überleben. Christian Feiel wurde in der Obersteiermark geboren. Seine Jugend verbrachte er in Graz. Während des Architekturstudiums arbeitete er als technischer Zeichner, Werbegrafiker, Türsteher und Texter für Comicstrips. Wahrscheinlich war die Zeit als Türsteher und seine Leidenschaft für Comics ausschlaggebend dafür, dass in seinem Kriminalroman die skurrilsten Persönlichkeiten aufeinander treffen. Seit 1998 arbeitet er in Architekturbüros als technischer Zeichner.

Christian Feiel

Zugestellt Kriminalroman

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Personen und Handlung sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Kapitel Eins Der schöne Fred

Berthold saß gekrümmt auf einer weißen Holzbank. Sein Kopf war nach vorne geneigt, die zerschundenen Hände ruhten auf den Oberschenkeln. Ein Tropfen Blut löste sich von einer Wunde an der Stirn und rann langsam an der Nase hinunter. Der Tropfen verharrte an der Nasenspitze und fing dort an zu zittern. Berthold starrte gedankenverloren auf den grünen Kunststoffboden. Seine Hände schmerzten. Sein Kopf auch. Krampfhaft versuchte er sich daran zu erinnern, warum er jeden seiner Knochen spürte, in seinem Kopf herrschte jedoch eine einzige Leere. Das helle Licht der Neonröhren stach schmerzhaft in seinen geröteten Augen. Ausgerechnet über seiner Bank, flackerte eine defekte Röhre. Berthold blickte den endlos erscheinenden Gang entlang. Er fragte sich, wie lange er bereits auf dieser harten Bank saß. Auf jeden Fall viel zu lange. Es war Sonntagvormittag, und um diese Zeit würde er viel lieber im Bett liegen. Bei diesem Gedanken ging eine angenehme Wärme durch seinen Körper. Der Tropfen Blut an der Nasenspitze fing zu fallen an. Wie in Zeitlupe näherte er sich dem Boden. Als er auf den Boden auftraf, zerplatzte er in tausend kleine, rote Kugeln. 7

Berthold bewunderte das feine Muster, als zwei Schuhe in sein Blickfeld traten und ihn aus seiner Lethargie rissen. Er hob den Kopf und blickte in zwei große, dunkelbraune Augen. Ein Versuch zu lächeln endete in einer verzerrten Grimasse. »Herr Buchinger?«, hörte er die zwei Rehaugen sagen. »Kommen Sie bitte mit ins Behandlungszimmer.« Berthold wollte etwas Charmantes erwidern und elegant auf die Beine springen. Doch es kam nur ein raues Krächzen aus seinem trockenen Mund, und das elegante Springen wollte auch nicht so recht funktionieren. Mühsam erhob er sich von der Bank, ein fürchterliches Stöhnen kam aus seiner Kehle, mit beiden Händen musste er sich an den Oberschenkeln abstützen, wobei er sichtlich ins Schwanken kam. Er folgte der Frau in Weiß, wie ein braver Schuljunge, der etwas angestellt hatte und nun mit einer Strafe zu rechnen hatte. Die zwei Rehaugen zeigten auf einen Behandlungstisch in der Mitte des Raumes. »Bitte nehmen Sie doch Platz.« Wieder empfand Berthold dieses unangenehme Gefühl, nicht hierher zu gehören. Und diese hellen Neonröhren. Könnte bitte jemand dieses grelle Licht ausschalten? Sieht denn niemand, dass mich dieses Licht wahnsinnig macht? Mühsam kletterte er auf den hohen Metalltisch. »Die Computertomografie hat keine weiteren Verletzungen hervorgebracht. Sie haben ein paar Abschürfungen und eine leichte Gehirnerschütterung. Am besten wäre es natürlich, Sie würden heute noch zur Beobachtung hierbleiben.« »Ich würde lieber nach Hause gehen«, stöhnte Berthold. »Das habe ich mir schon gedacht«, erwiderte die Ärztin, während sie seine Abschürfungen am Kopf noch einmal reinigte. 8

»Sie sollten aber auf jeden Fall die nächsten paar Tage ruhig angehen. Vermeiden Sie Anstrengungen. Sollte Ihnen Übel werden, oder Kopfschmerzen auftreten, kontaktieren Sie bitte sofort einen Arzt.« »Ich habe jetzt zwei Wochen Urlaub. Genügend Zeit auszuspannen«, antwortete Berthold, mehr zu sich als zur Ärztin. »Das trifft sich gut, Herr Buchinger. Gehen Sie Ihren Urlaub ruhig an. Ich würde Sie gerne morgen, spätestens aber am Dienstag wieder sehen.« Berthold verzog sein Gesicht zu einer Art Schmunzeln. »Ich würde Sie auch gerne wieder sehen, Frau Doktor.« »Ich bin Montag von 7.30 bis 15.00 Uhr hier.« Sie klebte noch ein letztes Heftpflaster auf seine Stirn und streifte ihre Gummihandschuhe ab. »So, Sie können nun gehen. In welchen Bus sind Sie überhaupt gelaufen?« »Ich habe keine Ahnung«, sagte Berthold und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »Gestern Abend habe ich mit ein paar Freunden gefeiert, und danach kann ich mich an nichts mehr erinnern.« Die Ärztin musste lächeln. »Kommen Sie am Montag noch einmal vorbei und passen Sie auf, wenn Sie das nächste Mal über die Strasse gehen.« »Da kannst du dir sicher sein«, dachte sich Berthold. »Oh Mann, was für ein Lächeln.« Er stand auf, verließ das Krankenhaus und sah diesmal mehrmals nach links und nach rechts, als er die Strasse überquerte. * Simon sah sich konzentriert um und kontrollierte jeden Winkel des Zimmers noch einmal ganz genau. Er durfte sich kei9

nen Fehler leisten. Margarethe konnte sehr böse werden, und er wollte nicht, dass Margarethe böse wurde. Nein, das wollte er ganz bestimmt nicht. Margarethe kümmerte sich um Simon, und das nun schon seit 12 Jahren. Seit damals, als Simon die großartige Idee hatte, eine Bank zu überfallen. Vor genau 12 Jahren, beschloss Simon, dem Elend der Welt ein Ende zu bereiten, besonders dem Elend in seiner unmittelbaren Umgebung. Und deshalb überfiel er kurzerhand eine Bank. Er spazierte seelenruhig in das nächste Geldinstitut, erklärte dem erstaunten Bankbeamten, dass es sich um einen Überfall handelte, und verließ mit einem Plastiksack voller Geldscheine wieder das Gebäude. Einige Kunden, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Bank befanden, bekamen vom Überfall überhaupt nichts mit. Danach stieg Simon in die Straßenbahn und fuhr zum Grazer Hauptplatz. Zielstrebig steuerte er den Erzherzog-Johann-Brunnen in der Mitte des Platzes an. Er kletterte, bis er neben der Bronzestatue des Erzherzogs stand, auf den Brunnen, um den ganzen Hauptplatz übersehen zu können. Zur Überraschung der Menschen, die zu seinen Füßen standen, fing er an, das eben erlangte Geld an bedürftige Mitmenschen zu verteilen. Und irgendwie waren damals alle bedürftig. Als die Polizei Wind davon bekam, hatte sich bereits eine ansehnliche Menge an Personen um unseren Helden versammelt. Ein regelrechter Menschenauflauf entstand und entwickelte sich zu einem wahren Volksfest. Die Exekutive eilte in großer Anzahl herbei, nicht um auch ein paar Scheine zu ergattern, sondern um den Simon zu schnappen. Die Polizisten mussten sich erst zu ihm durchkämpfen und bekamen dabei den einen oder anderen Ellbogen zu spüren. Als Simon die herannahende Polizei sah, warf er die rest10

lichen Geldscheine in die Luft, drehte sich um und kletterte so schnell er konnte wieder vom Brunnen hinunter. Sofort brach ein gewaltiges Chaos aus. Flüche wurden ausgestoßen, Befehle lautstark intoniert, hysterisch nach fliegenden Geldscheinen gegriffen. Simon erreichte gerade eine der kleinen Seitengassen, die in den Hauptplatz münden, als hinter ihm eine scharfe Stimme ertönte. »Polizei, auf die Knie, keine Bewegung!« Dessen ungeachtet setzte Simon seine Flucht fort, was, im Nachhinein betrachtet, keine besonders gute Idee war, da er kurz darauf, durch einen gezielten Warnschuss in den Unterschenkel gestoppt wurde. Fazit dieses Polizeieinsatzes: 11  Personen wurden mit leichten Verletzungen in das Unfallkrankenhaus eingeliefert. 5 Beamte der Polizeidirektion Graz wurden für längere Zeit krankgeschrieben. Ein Beamter musste sogar wegen mehreren Bisswunden behandelt werden. Der behandelnde Arzt bestätigte, dass die Verletzungen von einem menschlichen Gebiss stammen mussten. Zur Sicherheit wurde der Beamte trotzdem gegen Tollwut geimpft. Von dem gestohlenen Geld tauchte mehr als die Hälfte nie mehr auf. Was auch die überfallene Bank dazu veranlasste ihren Wahlspruch, »Wir erfüllen alle Ihre Wünsche«, zu ändern. Der Hund Leopold von Oma Feichtinger, der sich auch in der Seitengasse befand, erlitt bei dem abgegebenen Warnschuss einen Gehörsturz, von dem er sich bis heute nicht erholt hat. Simon, durch eine Schussverletzung am Bein stark behindert, musste auf Krücken zur Gerichtsverhandlung gebracht werden. 11

Was die Presse zu »Der hinkende Robin Hood von Graz« inspirierte. Simon wurde wegen schweren Überfalls, schwerer Körperverletzung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Tierquälerei zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Und im Gefängnis traf Simon zum ersten Mal Margarethe. Für ihn war es Liebe auf den ersten Blick. Simon riss sich aus seinen Gedanken. Er sah sich noch einmal in dem verwüsteten Raum um. Nein, er hatte nichts vergessen. Zur Sicherheit ging er nochmals in das Zimmer neben der Küche, wo der Computer stand. Er griff an seine Brusttasche und spürte den rechteckigen Kasten. Zufrieden knöpfte er seine Lederjacke wieder zu. Auf dem Weg zurück in das Wohnzimmer ertönte plötzlich die Türglocke, und ließ ihn vor Schreck zusammenfahren. Er erstarrte, und wagte nicht einmal zu atmen. Die Türglocke erklang ein zweites Mal und er hörte, dass die Türklinke nach unten gedrückt wurde. Langsam machte sich Panik in ihm breit. Man sollte ihn hier nicht finden. Das war nicht geplant. Simon riss sich aus seiner Starre und rannte durch das Wohnzimmer. Mehrmals musste er herumliegenden Möbelstücken ausweichen. Kaum war er durch die eingeschlagene Terrassentür ins Freie gesprungen, hörte er auch schon näherkommende Schritte. Simon sprang hinter einen Busch und legte sich flach ins feuchte Gras. Er hörte Glassplitter unter Schuhen knirschen und eine tiefe Männerstimme murmelte etwas Unverständliches. Als Simon aufsah, erblickte er einen Mann, der das Haus durch die Terrassentür betrat, und da hatte er plötzlich einen genialen Einfall. *

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