Unesco-Kulturerbe wird Kulturhauptstadt

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Panorama

Der Landbote Dienstag, 20. Dezember 2016

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Unesco-Kulturerbe wird Kulturhauptstadt VALLETTA Schon heute ist die maltesische Hauptstadt ein Kulturerbe der Unesco. Nun putzt sich der Mittelmeerhafen auch noch für den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2018 heraus. Nach 90 Minuten in Valletta hat man mehr Kunst gesehen als in zwei durchschnittlichen Wochen Mittelmeerferien. Bereits der Eintritt durch das Stadttor, über die von Renzo Piano gestaltete Brücke zum neuen Parlamentsgebäude, sorgt für anerkennendes Staunen. Über moderne Architektur in alten Mauern lässt sich immer trefflich streiten, aber seine Interpretation des JohanniterFestungsbaus ist ein grosser Wurf. Geräumige Plätze in charakteristischem Kalkstein sowie die breite Republic Street schliessen sich an. Hier haben die Briten ihre kolonialen Spuren hinterlassen. Die karge, arabisch und normannisch geprägte Insel überliess man 1530 den Rittern des Malteserordens, die von den Türken aus Rhodos vertrieben worden waren.

Schätze der Malteserritter Grossmeister Jean de la Vallette legte 1566 den Grundstein für die Inselhauptstadt. Die reichen Orden markierten Präsenz, und so bilden sich heute – vor allem wenn Kreuzfahrtschiffe eingelaufen sind – Schlangen vor der St.-Johns-Ko-Kathedrale. Ihre spektakulären bemalten und vergoldeten Kapellen bergen Schätze; die üppige Pracht wird durch den kleinteiligen Intarsiensteinboden noch verstärkt. In einem Seitenflügel steht man auf einmal vor einer lebensgrossen «Enthauptung Johannes’ des Täufers» – ein Werk Caravaggios, der zum Ritter des Malteserordens geschlagen wurde. In der düsteren Gefängnisszenerie dominieren fünf Figuren (weitere sehen aus Zellen zu): eine verzweifelte Frau, ein Kerkermeister, der den Befehl zur Tötung gibt, Salome, die bereits das Tablett für den Kopf bringt, der auf die Knie gezwungene Johannes und natürlich der Scharfrichter, der das Schwert hinter dem Rücken hält. Gespenstisch fällt Licht in den Raum und erleuchtet Arme und Rückenflächen der Protagonisten. Das ist fesselnd und verfehlt

auch beim Besucher aus dem 21. Jahrhundert seine Wirkung nicht.

Bespieltes Barocktheater Malta darf sich aber auch eines der ältesten Theater Europas

rühmen: Das Teatru Manoel von 1731 wird noch heute eifrig bespielt. Von Oktober bis Mai ist Saison mit Schauspiel, Konzerten und einem Barock-Festival im Frühjahr. 623 Plätze fasst das ovale Auditorium, das ans venezianische La Fenice erinnert. Im Theatermuseum finden sich neben alten Grundrissen und Re-

quisiten auch Kostüme und Bühnendesign-Zeichnungen. Unbedingt empfehlenswert ist auch ein Besuch der Casa Rocca Piccola, des noch bewohnten Stadtpalasts einer adligen Familie (74 Republic Street). Die detailreich eingerichteten Zimmer erzählen vom Leben der Barone von Budach. Wer keine Platz-

S

chon eine Stunde vor Beginn der Vorstellung um 19.30 Uhr ist das Foyer des Teatru Astra gefüllt mit festlich gekleideten Menschen. Die Gozitanerin erscheint sommerlichelegant zur Oper im Oktober.

Belebung der Plätze Ganz Valletta wurde 1980 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Nun haben die Vorbereitungen zur Europäischen Kulturhauptstadt 2018 sowie die EU-Ratsprä-

sidentschaft im 1. Halbjahr 2017 die Malteser so richtig angespornt. Das V18-Komitee versteht die Festivitäten als «Regeneration» – aus kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Sicht. Strassen und historische Plätze sollen wiederbelebt werden. Auch die Pjazza Teatru Rjal, wo im 2. Weltkrieg das Opernhaus in Schutt und Asche gelegt worden war, entwickelte sich unter Renzo Pianos Vision zu einem OpenAir-Theater, in dem Popstars auftreten und Filmvorführungen stattfinden. Mit dem Muza Museum für Kunst und Geschichte entsteht ein nachhaltig betriebenes Vorzeigeprojekt in der ehemaligen Auberge d’Italie der italienischen Kreuzritter. Auch in die alten Markthallen (Is-Suq l’Antik) sollen wieder Händler einziehen. Dem maritimen Erbe der Stadt wird im Fort St. Elmo Rechnung getragen. Die Bevölkerung holt man durch kulturvermittelnde Events ins Boot. Mit den Veranstaltungsthemen «Routen», «Städte», «Inseln» und «Generationen» werden die Malteser dabei auch an ihre multiethnischen Wurzeln erinnert. Gabriele Spiller www.visitmalta.com

SCHLAFEN UND ESSEN

Hotel Osborne in Valletta Beliebtes, weil zentral und dennoch ruhig gelegenes 3*-Haus in Valletta. Speziell ist die Dachterrasse mit Mini-Pool im 6. Stock. Il Gifen Snackbar mit maltesischer Hausmannskost, zum Beispiel Bagijoli, Hackfleischrouladen. 227, St. Paul Street, Valletta. Metropolis Bar-Restaurant mit Bistrokarte, eine Hommage an den Art déco, gleich am Manoel Theatre. 56, Old Theatre Street, Valletta. gsp Flug ab ZRH (Air Malta/Swiss): 2:20 h. Diese Recherche unterstützte www.rolfmeierreisen.ch

Malta ist vielfältig: Renzo Pianos Architektur trifft auf gemütliche Patios, steile Strassenschluchten und den Naturhafen Grand Harbour.

Aida stirbt gegen Mitternacht GOZO Der Ort Victoria hat 6800 Einwohner und zwei Opernhäuser – in einer Strasse. Zum MediterraneaFestival übertreffen sich die einheimischen Musiker bei den Produktionen.

angst hat, darf sogar in den in die Tiefe gegrabenen Weltkriegsbunker flüchten.

Bevorzugt in Schwarz, mit Spitze, und hochhackig natürlich. Die Männer haben ebenfalls schmale schwarze Anzüge an; auch die Kurie – Gozo hat einen eigenen Bischof – ist erschienen und trägt Schwarz. Das benachbarte Süditalien lässt grüssen. Man geniesst den Apéro, während sich die einheimischen Darsteller und internationale Sänger für die «Aida»-Aufführung rüsten. Und pünktlich entfaltet sich ein opulenter Bilderbogen, viel Gold, Leopardenfell und Paillet-

tencapes, denn das hat man im alten Ägypten gern getragen. Eine Inszenierung im Stile Verdis, wie er es sich zur Eröffnung des Suezkanals vorgestellt haben dürfte. Star des Abends ist Joseph Calleja, der maltesische Tenor von Weltformat, und alle sind stolz, ihn zu haben. Denn gleich auf der anderen Strassenseite buhlt die Konkur­ renz. Nicht heute, aber in der Vorwoche hat das Teatru Aurora seine Jahresproduktion gezeigt. Die Anhänger der beiden Theater in Victoria, dem Hauptort der Insel, agieren wie zwei Fussballvereine aus derselben Stadt, nur SCHLAFEN UND ESSEN

Hotel Ta’ Cenc in Sannat Empfehlenswerte 5*-Anlage mit Spa in Sannat. Für ein besonderes Erlebnis sollte man sich eine Trullo-Suite mit kreisrundem Wohnraum, in erster Reihe zum Meer, gönnen. Restaurant Qbajjar Köstliche mediterrane Küche, Fisch und Meeresfrüchte als Platten, Pasta oder Risotto. Seafront, Qbajjar Bay, Gozo. gsp Farbenprächtig und opulent: «Aida»-Aufführung im Teatru Astra.

Joe Attard

Gabriele Spiller

GEOGRAFISCHE LAGE

dass sie sich die italienische Oper auf die Fahnen geschrieben haben. Es ist Ehrensache, bei «den Roten» (Anhänger St. Georgs) oder «den Blauen» (für die heilige Maria) mitzuwirken. Und wenn die jährliche Inszenierung geschafft ist, widmet man sich wieder der musikalischen Untermalung von kirchlichen Prozessionen, Dorfheiligenfesten und Platzkonzerten. Mit dem «Rock Astra» hat man aber auch ein Sommerfestival «Pop vs. Klassik» ins Leben gerufen. Die überdurchschnittlichen künstlerischen Aktivitäten der Inselbevölkerung resultieren aus den vielen Kirchenchören (Malta und Gozo haben rund 400 Gotteshäuser) sowie aus dem staatlichen Musikunterricht. Schon die Grundschüler können gratis oder gegen eine geringe Semestergebühr Instrumentalunterricht nehmen; sogar die Geige bekommt man ausgeliehen. Das Gleiche gilt für Ballett und Schauspiel. Nach dem britischen System legen die Schüler jährlich standardisierte Prüfungen ab. Es gibt also einen Ansporn, zu üben und Orchesterstufe zu erreichen.

Quelle d-maps / Grafik da

Im Teatru Astra ist inzwischen die Raumtemperatur spürbar gestiegen und die leicht gewandeten Damen haben ihre Fächer aus den Handtaschen gekramt. Ein säuselndes «whp-whp-whp» begleitet die Vorstellung, die Herren wedeln sich mit dem Libretto etwas Luft zu. Nach zwei Stunden und zwei Glitterkonfetti-Explosionen wird eine Stunde Pause ein- und Weisswein nachgelegt. Aida haucht

kurz vor 24 Uhr ihr Leben aus; Gozitaner, Tagestouristen aus Malta und Feriengäste strömen in die Hauptstrasse. Die Luft ist lau. Schon am nächsten Abend wird ein junger Pianist aus einer örtlichen Musikerfamilie in der St.-Georgs-Basilika ein brillantes (Gratis-)Klavierkonzert geben. Auf den maltesischen Inseln blüht das Talent. gsp www.visitgozo.com