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BW-Bank Private Banking und Privatkunden: .... USD in die Emerging Markets, dürften die Banken laut ...... ist damit im asiatischen Vergleich zwar noch immer.
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Kapitalmärkte. BRIC 2009. Erhobenen Hauptes durch die Krise?

Landesbank Baden-Württemberg

Ansprechpartner.

+49 711 127Debt Capital Markets -78741 Bank Sales -78700 Sales Corporates and Public Sector -76832

Head of Equity Sales Uwe Müller-Kasporick - 250 50 [email protected]

Institutional Sales Manfred Kuntzsch – 250 70 [email protected]

Institutional Client Management Sales Institutionals/Sales International -75240

Felix von Lewinski – 250 22 [email protected]

Trading Fixed Income -75328

Verbund Sales Trading

Trading Interest Rate Derivatives -75000 Trading Money Market/Forex/Commodities -75200 Credit Capital Markets -75255

BW-Bank Private Banking und Privatkunden: - 4 77 53 BW-Bank Wealth Management: - 7 30 88

Ralf Schiller – 250 60 [email protected]

Institutional Sales Trading Andreas Radtke – 250 65 [email protected]

Inhalt.



1

Emerging Markets 2009 – Daten, Trends, Prognosen.   5

2

Emerging Markets Sovereigns.   7

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Ausblick 2009.   7 Brasilien: Keine Insel der Glückseligen.   11 Russland: Auf den Bären gekommen.   15 Indien: Erhobenen Hauptes durch die Krise ?   18 China: Die Krise reitet auch den Drachen.   23

3

Aktienmärkte: BRIC vorerst untergewichten .   30

3.1 3.2 3.3 3.4

Brasilien: Kein Samba in São Paulo.   33 Russland: Vorsicht angebracht.   35 Indien: Der Tiger leckt die Wunden.   36 China: Der Drache wird’s schon richten.   38

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

3

4

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

1 Emerging Markets 2009 – Daten, Trends, Prognosen.

Konjunktur. BIP-Wachstum % ggü. Vorjahr

2007

2008

2009 (p)

2010 (p)

Brasilien

5,7

5,8

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2,5

Russland

8,1

6,2

-1,5

1,3

Indien

9,3

7,3

4,5

5,5

China

13,0

9,0

7,5

8,0

(p) = Prognose Quelle: LBBW Bond Research/Economics

Weltwirtschaftliche Entwicklung. Zentrale IWF-Prognosen % ggü. Vorjahr

2007

2008

2009 (p)

2010 (p)

Welthandelsvolumen

7,2

4,1

-2,8

3,2

Inflation Industrieländer

2,1

3,5

0,3

0,8

Inflation Schwellenländer

6,4

9,2

5,8

5,0

BIP Welt

5,2

3,4

0,5

3,0

BIP Industrieländer

2,7

1,0

-2,0

1,1

BIP Zentral-/Osteuropa

5,4

3,2

-0,4

2,5

Current International Dollars

BIP GUS

8,6

6,0

-0,4

2,2

BIP Developing Asia

10,6

7,8

5,5

6,9

BIP Mittlerer Osten

6,4

6,1

3,9

4,7

BIP Lateinamerika

5,7

4,6

1,1

3,0

(p) = Prognose Quelle: IWF - World Economic Outlook / Update 28.01.2009

Rohstoffpreise. aktuell

2009 (p)

2010 (p)

103,0

125,0

140,0

Rohöl (Brent; USD/Fass)

42,0

54,0

70,0

Gold (USD/Unze)

988

1.000

1.000

3.125

3.600

4.500

534

700

800

DJAIG Commodity Index (USD)

Kupfer (USD/Tonne) Weizen (USc/Scheffel) (p) = Prognose - Jahresdurchschnittswerte

Quelle: LBBW Bond Research/Economics



LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

5

Trenderwartungen. Leitzinsen 2009 (p) 2010 (p)

Währung ggü. Euro 2009 (p) 2010 (p)

Aktien 2009 (p) 2010 (p)

Brasilien

ø

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BRL

ö

ö

Bovespa

ø

ð

Russland

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ö

RUB

ð

ø

RTS

ø

ð

Indien

ø

ö

INR

ð

ö

Sensex

ð

ö

China

ø

ð

CNY

ø

ð

H-Shares

ð

ö

(p) = Prognose Quelle: LBBW Research

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LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

2 Emerging Markets Sovereigns.

2.1 Ausblick 2009. Im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise haben auch auf Euro oder USD lautende Emerging Market Sovereigns kräftig Federn gelassen. Gemessen am JPM EMBI+ Index (USD) wiesen auf Fremdwährung lautende Staatsanleihen aus Schwellenländern seit September 2008 gegenüber US-Staatstiteln unterm Strich eine sehr volatile und per Saldo erheblich schlechtere Performance-Entwicklung auf. An den Absturz des EMBI+ vom Spätsommer/Herbst 2008 schloss sich ab Ende Oktober zwar eine Erholungs- bzw. Korrekturphase an. Der entstandene Rückstand gegenüber der Performanceentwicklung von US-Staatsanleihen konnte im Zuge dieser aber gerade einmal halbiert werden.

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JPM EMBI+ Total Return Index (indexiert) ML US-Treasuries Total Return (indexiert)

Quelle: Thomson Reuters

Während Emerging Markets Sovereigns unter der zunehmenden Risikoaversion der Marktteilnehmer zu leiden hatten und sich Investoren von Risikoaktiva trennten, profitierten Staatsanleihen bester Bonität von der Flucht in „sichere Häfen“. Seit Dezember laufen die Performance-Kurven beider Marktsegmente relativ parallel. In den letzten Wochen konnte der EMBI+ sogar wieder ein wenig aufholen. Ist dies – fragen sich viele – nun der Vorbote einer beginnenden Aufholjagd des gesamten Marktsegmentes ? Für eine allgemeine Entwarnung ist es u. E. noch zu früh. Die jüngste Entwicklung der Emerging Market Sovereigns ist nach der mitunter recht undifferenzierten Verkaufswelle im Anschluss an das Lehman- bzw. Island-Debakel u. E. vor allem als Rückkehr der Marktteilnehmer zu einer wieder stärker nach Bonität differenzierenden Sichtweise zu betrachten. Deutlich wird dies, wenn man z.B. den EMBI+ der „Single-B“ gerateten Anleihen mit dem der „Double-B“ gerateten vergleicht. Die Erholung seit Oktober 2008 geht ausschließlich auf

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A

JPM EMBI+ B RATED (Total Return) JPM EMBI+ BB RATED (Total Return)

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M

EMBI+: “Single-B” vs. “Double-B“

30

EMBI+ vs. US-Treasuries (jew. Total Return)

70

das Konto der besseren Bonitäten, während das „Single-B“-Segment bis heute auf dem im Oktober erreichten niedrigen Niveau verharrt.

Quelle: Thomson Reuters

Nach wie vor beherrscht die Risikoaversion den Markt, so dass hier im Falle weiterer schlechter Nachrichten erneute kräftige Kursrückgänge zu befürchten sind. Die für die Schwellenländer so wichtigen fundamentalen Rahmendaten der Weltwirtschaft haben sich bisher nicht verbessert – eher ist das Gegenteil der Fall. Schwellenländer leiden zunehmend unter der weltweit rückläufigen Nachfrage sowohl nach Industriegütern als auch nach Rohstoffen. CRB-Rohstoffindex und EMBI+

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CRB Commodity Index (indexiert auf 100) JPM EMBI+ Total Return (indexiert auf 100; rechte Skala)

Quelle: Thomson Reuters

Darüber hinaus sprudeln die Finanzierungsquellen vieler Staaten mittlerweile erheblich spärlicher als in der Vergangenheit. Für einige Staaten sind diese sogar ganz versiegt. Nach einer Schätzung des Institute of International Finance (IIF) vom Januar 2009 werden im laufenden Jahr vor allem die Geschäftbanken als interLBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

7

nationale Kapitalgeber von Schwellenländern ausfallen. Flossen über diesen Kanal 2008 noch ca. 167 Mrd. USD in die Emerging Markets, dürften die Banken laut IIF im laufenden Jahr ihr Engagement nicht nur nicht mehr ausbauen, sondern netto sogar um 61 Mrd. USD verringern. Kapitalflüsse in die Emerging Markets Mrd. USD - Nettowerte

2006

2007 2008 (p) 2009 (p)

Leistungsbilanz

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Equity Investment

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- davon Direct Investment

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- davon Porfolio Investment

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-3

Leistungsbilanzen in % des BIP 8%

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Kredite (Banken + Nichtbanken)

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- davon Geschäftsbanken

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- davon Nichtbanken

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„Official Flows“

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(p) = Prognose Quelle: Institute of International Finance (IIF); 27.01.2009

Ein Ausgleich hierfür ist nicht erkennbar. Zum einen verschlechtern sich derzeit die Leistungsbilanzen vieler Emerging Markets. Zum anderen ist 2009 mit deutlich verringerten ausländischen Direktinvestitionen in Schwellenländern – im Jahr 2008 laut IIF immerhin 263 Mrd. USD - zu rechnen, wenngleich sich hier bis zuletzt eine gewisse Persistenz gezeigt hat. Von einem regelrechten Einbruch kann bislang noch nicht gesprochen werden. Bei den jetzt noch fließenden Geldern dürfte es sich allerdings vorrangig um Mittel zum Abschluss laufender Projekte handeln. Neue Projekte werden derzeit hingegen auf Eis gelegt. Verschlechtern dürfte sich die Situation zusätzlich, wenn die Finanzierungsquellen der ausländischen Unternehmen weiter austrocknen sollten. Ein Credit Crunch in den klassischen Industrieländern betrifft die Investitionstätigkeit und damit das Wachstum überall auf der Welt, auch wenn die Schwellenländer bzw. deren Banken von der Subprime-Krise direkt kaum betroffen sind. Vom Abschwung am stärksten negativ betroffen sind Länder, die eine hohe Exportabhängigkeit aufweisen. Kritisch in Bezug auf die Zahlungsfähigkeit eines Landes wird die Lage allerdings erst dann, wenn gleichzeitig eine starke Abhängigkeit von ausländischen Finanzierungsquellen besteht. In der Regel weisen solche Staaten ein hohes Leistungsbilanzdefizit auf, das durch 8

ausländisches Kapital gedeckt werden muss. Verschlimmert wird die Situation, wenn auch Konsumausgaben in größerem Maße über Fremdwährungskredite finanziert wurden. Wertet dann auch noch die Landeswährung deutlich ab, verteuert sich der Schuldendienst in Heimatwährung gerechnet u. U. erheblich, ohne dass aufgrund der weltweiten Nachfrageschwäche die Möglichkeit zur Erwirtschaftung zusätzlicher Devisen über eine nachhaltige Erhöhung der Exporterlöse besteht. Letztendlich kann dies zur Zahlungsunfähigkeit in Fremdwährung führen.

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Zentral -/Osteuropa Developing Asia LATAM

Quelle: Thomson Reuters

Vor allem in einigen osteuropäischen Staaten wie z.B. den Baltischen Staaten, Ungarn, Rumänien, der Ukraine oder Bulgarien treffen mehrere der genannten Risikofaktoren zu. Laut Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat sich das Volumen ausländischer Kredite in Osteuropa von 14 % des BIP 1997 auf 32 % 2007 erhöht, was im Mittel einen hohen Wert darstellt. Von Land zu Land differieren die Werte aber erheblich – nach unten wie nach oben. Der eine oder andere Staat könnte also durchaus noch gezwungen sein, Hilfe beim IWF oder der EU zu suchen. Um hier Schlimmeres zu verhüten, sollen laut Übereinkunft der G20Staaten die Mittel des IWF nun deutlich erhöht werden und auch die EU will ihren Plafond für Mitgliedsstaaten, die nicht der Währungsunion angehören, auf 50 Mrd. Euro aufstocken. Ungarn, Lettland, Serbien, Ukraine, Weißrussland, Island, Rumänien und Pakistan erhielten bereits Unterstützung seitens des IWF und/oder der EU. In Verhandlungen befindet sich derzeit die Türkei. Einen Default halten wir vor diesem Hintergrund auch in Osteuropa trotz starker Gefährdung einiger Länder nicht für sehr wahrscheinlich. Das Vertrauen der Investoren bezüglich auf Fremdwährung lautender

Sovereigns dürfte vor diesem Hintergrund aber angeschlagen bleiben. Auch die asiatischen Schwellenländer sind in der Regel stark exportabhängig und viele davon sehen sich vor dem Hintergrund der einbrechenden Auslandsnachfrage derzeit vor einer schweren Rezession. Die Finanzierungsbedingungen in der Region haben sich seit der Asienkrise 1997 aber erheblich verbessert. Hohe Leistungsbilanzüberschüsse in den vergangenen Jahren haben die Bedeutung ausländischer Kredite deutlich gesenkt und die Devisenreserven in den meisten Ländern weit über den kurzfristigen Refinanzierungsbedarf in Fremdwährung erhöht. Im Gegensatz zu damals machen frei floatende Währungen Interventionen zulasten der Devisenreserven nicht mehr notwenig. Im Falle Koreas, das in den vergangenen Monaten etwas in die Schlagzeilen geraten war, verringern zudem Hilfsabkommen mit Japan und China sowie ein Swapabkommen mit der US-Fed das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit aufgrund von Engpässen bei der Beschaffung von Fremdwährungsmitteln. In Verbindung mit der vorangeschrittenen Entwicklung der einheimischen Kapitalmärkte und einer sehr hohen inländischen Ersparnis sind u. E. alle wirtschaftlich bedeutenden Staaten der Region gegen ein Versiegen ausländischer Finanzierungsquellen zumindest kurz- bis mittelfristig gut gerüstet, so dass wir auch hier bei den Sovereigns von Staaten mit weltwirtschaftlicher Relevanz nicht mit Ausfällen rechnen.

Was Emerging Markets Sovereigns insgesamt anbelangt, erachten wir die in den noch immer sehr hohen CDS-Prämien zum Ausdruck kommende Furcht vor Zahlungsausfällen insgesamt für übertrieben. In den kommenden Monaten - insbesondere mit Blick auf die Entwicklung in Osteuropa – ist u. E. dennoch kaum mit einer nachhaltigen Erholung des Marktsegmentes als Ganzes zu rechnen, zumal mehrere Länder von RatingDowngrades bedroht sind. Eine mögliche Zuspitzung der Lage in dem einen oder anderen Staat könnte das gesamte Sovereign-Segment unter erneuten Verkaufsdruck bringen – ebenso weitere negative Schlagzeilen z.B. von der Weltkonjunktur, aus dem internationalen Finanzsektor oder seitens der US-Automobilindustrie. Emerging Markets Sovereigns zeigen relative Stärke auf Dauer meist dann, wenn der Markt eine Verbesserung der weltwirtschaftlichen Rahmendaten zu antizipieren beginnt. Zum einen steigen dann in der Regel die Rohstoffpreise. Zum anderen verbessern sich in diesem Falle sowohl die Absatz- als auch die Finanzierungsmöglichkeiten der Schwellenländer, was deren Risiko reduziert und mithin den Nährboden für RatingUpgrades bildet. BIP-Wachstum OECD und Performancedifferenz

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In Lateinamerika gilt u. E. Gleiches für bedeutende Emittenten wie Brasilien, Mexiko und Chile. Venezuela verfügt dank seines Ölreichtums noch über ausreichende Reserven. Sollte sich der Ölpreis nicht deutlich erholen, bedrohen hier mittelfristig allerdings im Zuge der Verstaatlichungspolitik der letzten Jahre stark gesunkene Investitionen, Kapitalflucht und kräftig gestiegene Staatsausgaben die Bonität des Landes. Schwierig bleibt die Situation in Argentinien. Noch reichen die Devisenreserven zur Deckung des kurzfristigen Refinanzierungsbedarfs. Kapitalflucht, sinkende Leistungsbilanzüberschüsse sowie der Umstand, dass das Land nach wie vor vom internationalen Kapitalmarkt abgeschnitten ist, erhöhen hier aber mittel- bis längerfristig das Risiko.



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Performance-Differenz: EMBI+ minus US-Treasuries (%-Pkte) OECD: BIP (%, Y-Y) mit Prognose der OECD (rechte Skala)

Quelle: Thomson Reuters

Wer sich mit dem Gedanken an Neuengagements trägt, sollte den Blick daher auf die Rahmendaten der Weltkonjunktur richten. Und dieser stimmt derzeit noch wenig optimistisch. Vor einer Erholung müssen hier alle erforderlichen Maßnahmen zur internationalen Bankensanierung ergriffen worden und die Marktteilnehmer von deren Wirksamkeit auch überzeugt sein.

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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Erst dann kann sich die Kreditvergabe erholen, die Investitionsbereitschaft bei Direkt- und Portfolioinvestitionen zurückkehren und die aus dem Tritt geratene Weltwirtschaft - unterstützt durch niedrige Zinsen und staatliche Konjunkturprogramme – auf Wachstumskurs zurückkehren. Leitzinsen Eurozone und USA 7

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EZB: Hauptrefinanzierungssatz (%) US-Fed: Fed Funds Target Rate (%)

Quelle: Thomson Reuters

OECD und IWF rechnen für die Weltwirtschaft ab 2010 mit wieder steigenden Wachstumsraten. Allerdings antizipiert der Markt in der Regel eine Verbesserung der Lage. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Entwicklung von Sanierungskonzepten für die internationale Finanzwirtschaft stehen die Chancen daher nicht schlecht, dass die Phase von hoher Volatilität begleiteter Underperformance von Emerging Market Sovereigns im Verlauf der 2. Jahreshälfte 2009 ihr Ende findet. Die bereits seit einiger Zeit zu beobachtende relative Stärke der Subindizes des EMBI+ für bessere Bonitäten lässt darüber hinaus bereits heute eine gezielte Beimischung von Emerging Markets Sovereigns interessant erscheinen. Diese sollten aber handverlesen sein.

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LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

Einen Überblick über derzeit am Markt gehandelte Emerging Market Sovereigns und die Länder, deren EUR- bzw. USD-Sovereigns wir als „Outperformer“ einstufen (zu diesen zählen auch die in dieser Studie behandelten Länder Brasilien und China), ersehen Sie bitte unseren Monatspublikationen „Länderkompass Euro-Sovereigns“ bzw. „Länderkompass US-$-Sovereigns“ oder entnehmen Sie bitte dem Länderportfolio unserer Monatspublikation „Rentenmärkte“.

2.2 Brasilien: Keine Insel der Glückseligen. Im ersten Quartal 2009 zeichnet sich eine weitere Verschlechterung der Lage ab. Die Industrieproduktion brach zu Jahresbeginn deutlich ein. Auf Monatsbasis verzeichnete diese im Januar mit einem Rückgang um 12,7 % den stärksten je gemessenen Einbruch und zeigte sich im Februar/März mit einem Anstieg um 2,3 % bzw. 1,8 % hiervon nur leicht erholt. In wichtigen Industriezweigen wie der Automobil-, Elektronik- und Stahlindustrie wurden derweil nicht nur die Werksferien verlängert: Allein im Dezember gingen in Brasilien rund 654.000 reguläre Arbeitsplätze verloren, im Januar noch einmal 100.000. Diese Zahlen lassen befürchten, dass Brasilien auch in den kommenden Monaten mit eher schlechten Konjunkturdaten aufwarten wird.

Konjunktur Auch Brasilien als großer Produzent und Exporteur von Rohstoffen und Industrieprodukten kann sich den Auswirkungen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise nicht länger entziehen. Noch im 3. Quartal 2008 hielt sich das BIP-Wachstum der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas mit auf Quartalsbasis 1,8 % und gegenüber Vorjahr 6,8 % wacker. Im Schlussquartal 2008 erfolgte dann aber der Rückschlag. Gegenüber Vorquartal verringerte sich die Wirtschaftsleistung um 3,6 %, im Jahresvergleich schwächte sich die Wachstumsrate des BIP auf 1,3 % ab.

Außenwirtschaft Unter Druck steht derzeit vor allem die Exportwirtschaft. Im Jahr 2008 erhöhten sich die Güterausfuhren zwar gegenüber Vorjahr um ca. 37 Mrd. USD auf rund 198 Mrd. USD. Im 4. Quartal gaben die Ausfuhren gegenüber dem Vorquartal allerdings bereits signifikant um 13 Mrd. USD nach. Die weltweit sinkende Güternachfrage belastet sowohl die Exporte von Industriegütern als auch die Ausfuhr rohstoffbezogener Primärgüter. Zudem mindern die gefallenen Rohstoffpreise die Exporterlöse. Die Importe legten 2008 um rund 53 Mrd. USD auf 173 Mrd. USD zu, gaben im letzten Quartal 2008 aber ebenfalls nach und zwar um rund 10 Mrd. USD.

BIP-Wachstum und Industrieproduktion

Exporte und Importe (Mrd. USD)

Foto: © Franzis

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Industrieproduktion (% Y-Y; rechte Skala) BIP (% Y-Y)

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Exporte (Mrd. USD) Importe (Mrd. USD)

Quelle: Thomson Reuters



2008

Quelle: Thomson Reuters

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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Der brasilianische Handelsbilanzüberschuss reduzierte sich 2008 von rund 40 Mrd. USD auf 24,7 Mrd. USD. In der Leistungsbilanzdefizit wies das Land nach einem leichten Überschuss von 1,6 Mrd. USD im Jahr 2007 im Jahr 2008 ein Defizit von 28,3 Mrd. USD oder 1,8 % des BIP aus. Neben dem verringerten Handelsbilanzüberschuss zeichnet hierfür vor allem die verstärkte Repatriierung von Gewinnen ausländischer Unternehmen verantwortlich. Auf rund 41 Mrd. USD belief sich 2008 dieser Mittelabfluss – ein Anstieg um 38,5 % gegenüber Vorjahr. Der verbleibende Teil des Leistungsbilanzdefizits geht im wesentlichen auf das Konto von Zinszahlungen auf Fremdwährungsverbindlichkeiten. Das Leistungsbilanzdefizit insgesamt konnte allerdings problemlos vor allem durch einen Netto-Zufluss von ausländischen Direktinvestitionen (FDI) in Höhe von 24,6 Mrd. USD gedeckt werden. Investitionen und Konsum Mit 192 Mio. Einwohnern und einem BIP pro Kopf und Jahr von laut IWF rund 8.670 USD verfügt Brasilien über einen beachtlichen Binnenmarkt und kann daher auf entsprechende binnenwirtschaftliche Auftriebskräfte bauen. Die Hauptwachstumstreiber des brasilianischen Aufschwungs sind denn auch die Investitionen und der private Konsum. Auf Letzteren entfallen ca. 61 % des BIP, auf die Investitionen rund 22 % des BIP. Der Export bringt es dagegen nur auf rund 12 % des BIP. Sowohl der private Konsum als auch die Investitionstätigkeit konnten in den letzten Jahren kräftige Zuwachsraten verbuchen. Das Wachstum der Einzelhandelsumsätze ist auf Jahresbasis nach wie vor positiv, fiel zuletzt aber deutlich schwächer aus. Sicherlich haben die Stellenstreichungen im Dezember und Januar zur aufkommenden Kaufzurückhaltung maßgeblich beigetragen. Investitionen und Einzelhandelsumsätze 20

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Investitionen (% Y-Y) Einzelhandelsumsätze (% Y-Y)

Quelle: Thomson Reuters

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LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

Dessen ungeachtet sollte aber nicht übersehen werden, dass trotz des Jobverlusts im Dezember in der brasilianischen Wirtschaft im Gesamtjahr 2008 unterm Strich 1,45 Millionen neue reguläre Arbeitsplätze entstanden sind. Im Vorjahr waren es sogar 1,7 Millionen. Von 2003 bis 2008 erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten laut Statistikamt (IBGE) um 16,1 %. Der private Konsum profitiert von diesem starken Beschäftigungszuwachs der vergangenen Jahre und dürfte damit auch weiterhin eine Stütze der Konjunktur bleiben. Nach 34,6 Mrd. USD im Jahr 2007 stiegen die ausländischen Direktinvestitionen (FDI brutto) 2008 auf rekordhohe 45,1 Mrd. USD an. Dies untermauert die Stellung Brasiliens als attraktives Ziel für Investitionen, wenngleich im laufenden Jahr aufgrund der weltweit nachlassenden Güternachfrage, der gestiegenen Risikoaversion sowie andauernder Finanzierungsengpässe in allen Industrieländern nun mit einem signifikanten Rückgang der FDI gerechnet werden muss. Ausländische Direktinvestitionen (Mrd. USD im Monat) 5.50

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Ausländische Direktinvestitionen (Mrd. USD im Monat; MAV 3M)

Quelle: Thomson Reuters

Das inländische Kapital reichte in den letzten Jahren immer weniger aus, um die dynamische Investitionstätigkeit in Brasilien zu finanzieren (Grafik unten). Die Sparquote stieg in 2008 zwar wieder etwas an, liegt mit knapp 9 % aber weiterhin recht niedrig. Stockt der Zufluss ausländischen Kapitals, dann leidet auch die Investitionstätigkeit, da die inländische Ersparnis den Ausfall nicht kompensieren kann. Der wichtige Wachstumspfeiler „Investitionen“ dürfte im laufenden Jahr daher an Zugkraft verlieren.

Sparquote und Inländische Ersparnis zu Investitionen 13

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Inländische Ersparnis in % der Investitionen (rechte Skala) Private Sparquote (%)

Quelle: Thomson Reuters

Geldpolitik und Kreditvergabe Nachdem die Banco do Brasil zur Bekämpfung der Inflation ihre Selic Overnight Rate 2008 in mehreren Schritten nach oben geschleust hatte, trug die Notenbank im Januar und März 2009 dem sich verschlechternden konjunkturellen Umfeld Rechnung und senkte den Leitzins von 13,75 % auf 11,25 %. Angesichts schwächerer Einzelhandelsumsätze und einer sich rapide beschleunigenden globalen Konjunkturabschwächung dürfte der Hochpunkt der Inflation auch in Brasilien erreicht bzw. überschritten sein. Ungeachtet der jüngsten Zinssenkung weist Brasilien ein hohes reales Zinsniveau auf. Die Notenbank verfügt damit noch über erheblichen Spielraum für geldpolitische Lockerungen. Wir rechnen im Jahresverlauf mit weiter sinkenden Leitzinsen. Tagesgeldsatz und Inflationsrate

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Selic Overnight Rate (%) CPI ("IPCA"; %) Quelle: Thomson Reuters

Die Kreditvergabe der Banken hat zuletzt zwar nach unten gedreht, verharrt aber auf hohem Niveau. Da brasilianische Banken kaum in die Subprime-Krise



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Quelle: Thomson Reuters

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Kreditvergabe (% Y-Y; nominal)

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verwickelt sind, ist die Gefahr eines Credit Crunchs gering. Aufgrund der Zurückhaltung ausländischer Kreditgeber und Investoren leiden Unternehmen und Banken allerdings unter einer gewissen Devisenknappheit. Die Notenbank wirkt dieser mittels Devisenswaps entgegen. Aufgrund der hohen Devisenreserven von rund 190 Mrd. USD erscheint Brasilien auch hier gut gerüstet, um eine Durststrecke überstehen zu können.

Konjunkturprogramme Auch die brasilianische Regierung ergreift zunehmend konjunkturpolitische Maßnahmen. So sollen die Investitionen im Rahmen des „Programms zur Beschleunigung des Wachstums“ (PAC) bis 2010 um 142,1 Mrd. BRL (47 Mrd. Euro) zugunsten der Infrastruktur (Transport, Energie, Stadtentwicklung) erhöht werden. Da ein Großteil der in das PAC nun eingestellten Projekte nicht neu ist, liegen die tatsächlichen zusätzlichen Ausgaben aber voraussichtlich deutlich niedriger. Die Notenbank hat für 2009 derweil rund 20 Mrd. USD aus den Devisenreserven des Landes bereitgestellt, um Unternehmen bei der Refinanzierung fällig werdender Fremdwährungsverbindlichkeiten zu unterstützen. Die staatliche Entwicklungsbank BNDES stellt für Überbrückungskredite an brasilianische Exporteure rund 10 Mrd. USD bereit, die Notenbank zu diesem Zwecke noch mal rund 10 Mrd. USD. 2009 werden Fremdwährungsverbindlichkeiten der öffentlichen Hand und von Unternehmen im Volumen von insgesamt rund 27 Mrd. USD fällig. Mit Blick auf die bei zuletzt rund 190 Mrd. USD liegenden Devisenreserven dürfte Brasilien daher kaum größere Schwierigkeiten haben, eine ausreichende Devisenversorgung zu gewährleisten.

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

13

Aufgrund der soliden Fiskalpolitik erzielt das Land seit Jahren Primärüberschüsse im Haushalt. Unter Berücksichtigung der Zinszahlungen ist der Haushalt zwar moderat defizitär. Angesichts der hohen BIP-Wachstumsraten der letzten Jahre sowie steigender Steuereinnahmen hat die Staatsverschuldung in Relation zum BIP aber auf nur noch 37 % des BIP abgenommen. Eine vorübergehende Erhöhung der Staatsausgaben zum Zwecke der Konjunkturstützung erachten wir daher als unproblematisch.

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Staatsverschuldung (% des BIP) Devisenreserven (Mrd. USD; rechte Skala)

Wachstumsstützen im Jahr 2009 dürften der private Konsum und die Staatsausgaben sein. Angesichts der deutlich nachlassenden Exportkonjunktur sowie einer voraussichtlich signifikanten Abschwächung der Investitionstätigkeit gehen wir allerdings von einer Abschwächung des BIP-Wachstums auf 0,5 % aus.

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Quelle: Thomson Reuters

Von einer Trendwende kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwar noch nicht gesprochen werden. Eine Korrekturbewegung wäre nach dem starken Verkaufsdruck der letzten Monate nun aber durchaus angezeigt. Da gleichzeitig die Rohstoffpreise einen Boden gefunden zu haben scheinen, dürfte dem BRL auch von dieser Seite Unterstützung erwachsen (Grafik unten).

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Währung Der Brasilianische Real (BRL) hat seit Mitte 2008 stark unter dem Abzug ausländischer Portfolioinvestitionen gelitten. Der BRL verlor gegenüber dem USD - und auch dem Euro - parallel zum brasilianischen Aktienmarkt deutlich an Wert (Grafik unten). Geschuldet war dieser Ausverkauf brasilianischer Assets zum einen der kräftig gestiegenen Risikoaversion unter den Marktteilnehmern. Zum anderen hatte der BRL unter dem Verfall der internationalen Rohstoffpreise zu leiden, der die Phantasie für Anlagen in der Heimatwährung des großen Exporteurs agrarischer und mineralischer Rohstoffe erheblich belastete. In den letzten Monaten konnte der brasilianische Aktienmarkt allerdings einen Boden ausbilden.

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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BRL / 1 Euro (invertiert) und CRB-Rohstoffindex

Quelle: Thomson Reuters

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BRL / 1 Euro (invertiert) CRB-Rohstoffindex (rechte Skala)

Quelle: Thomson Reuters

Angesichts guter langfristiger Wachstumsperspektiven aufgrund der für eine Schwellenland erfreulich diversifizierten Wirtschaftsstruktur sowie einer inzwischen sehr solide gewordenen Geld- und Fiskalpolitik, eines attraktiven Zinsniveaus sowie über kurz oder lang voraussichtlich wieder steigender Rohstoffpreise sollte auch der BRL gegenüber dem USD und dem Euro auf längere Sicht über Erholungspotenzial verfügen. Zu erwartende ausländische Investitionen in die vor kurzem entdeckten Ölfelder im Atlantik dürften diesen Trend mittel- bis längerfristig unterstützen.

2.3 Russland: Auf den Bären gekommen. Umso bemerkenswerter war es, dass die Inflationsraten trotz des Booms im Trend rückläufig waren. Lag die Teuerungsrate im Jahresdurchschnitt 1998 noch bei 86 %, waren es im Jahr 2007 nur noch 9,1 %. Inflationsrate

Foto: © Dmitry Azovtsev

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Russland von Finanzmarktkrise hart getroffen Der russische Stern ist im Sinkflug. Russland ist von der internationalen Finanzmarktkrise und den gefallenen Rohstoffpreisen massiv getroffen. Dabei kannte noch bis in die Sommermonate 2008 das russische Selbstvertrauen kein Halten. Präsident Medwedjew und Ministerpräsident Putin träumten zum damaligen Zeitpunkt vom Rubel als internationale Reservewährung. Wie schnell sich das Bild doch ändern kann: Von Weltreservewährung kann nicht mehr die Rede sein, vielmehr geht es nur noch darum, Schlimmeres zu verhindern. Die Finanzmarktkrise förderte die „klassischen“ russischen Schwächen zu Tage. Dazu gehören ein anfälliges Bankensystem und eine wenig diversifizierte Wirtschaft.

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Quelle: Thomson Reuters



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Quelle: Thomson Reuters

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Inflationsrate in % Y-Y

Zunächst begann jedoch alles so hoffnungsfroh. Seit der schweren Krise im Jahr 1998 fiel das Wirtschaftswachstum nicht mehr unter die Marke von 5 %. BIP-Wachstum

2000

Lang anhaltende Phase der Stabilität Erst die hohen Rohstoffpreisnotierungen und die deutlichen Lohnsteigerungen erhöhten die Inflationsraten im vergangenen Jahr wieder auf 14,2 % (Jahresdurchschnitt). Noch nie zuvor blickte Russland auf solch eine lang anhaltende Phase von Stabilität zurück. Lohnsteigerungen von nominal durchschnittlich 26,5 % p.a. seit dem Jahr 2005 führten zu einem kräftigen Zuwachs bei den Einzelhandelsumsätzen Seit dem Jahr 2005 fiel dort das durchschnittliche jährliche Wachstum nicht mehr unter die Marke von 10 %. Die erfreuliche Entwicklung lockte schließlich große Investoren ins Land. Im Automobilbereich sind mittlerweile zahlreiche große internationale Massenproduzenten vertreten. Weitere Investitionsvorhaben von Automobilunternehmen sind geplant. Die Bruttoanlageinvestitionen und der private Konsum gehörten in den vergangenen Jahren dann auch zu den wichtigsten Wachstumstreibern. Der Konsum und die Investitionen führten zu einem starken Importwachstum, das in realer Betrachtung die Zuwachsraten bei den Ölausfuhren sogar deutlich überflügelte. Die hohen Ölpreisnotierungen machten sich vor allem auf staatlicher Seite positiv bemerkbar. Die halbstaatliche Öl- und Gasindustrie bescherte in den vergangenen fünf Jahren dem russischen Staatshaushalt ein durchschnittliches Plus von 6 % gemessen am BIP. Mit den Überschüssen tilgte die Regierung vorzeitig Auslandsschulden und stockte gleichzeitig die Devisenreserven deutlich auf. Bei der Reserveausstat-

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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tung stieg das Land zur globalen Nummer drei hinter China und Japan auf.

Russische Devisenreserven in Mrd. US-Dollar

Die Kehrtwende in der überaus günstigen russischen Entwicklung kann auf den Beginn des Georgienkrieges im August 2008 datiert werden. Zu damaligem Zeitpunkt setzte eine erste Welle größerer Kapitalflucht ein – ein typisches russisches Phänomen.

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Kapitalflucht wird deutlich

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Quelle: Thomson Reuters

Devisenreserven schrumpfen Die eskalierende Finanzmarktkrise in den Herbstmonaten 2008 beschleunigte schließlich die Entwicklung: Der Leitindex der Moskauer Börse (RTS) verlor im Zeitraum Mai bis Oktober 2008 per saldo rund 77 % seines Wertes. Die Angst der Anleger beruht dabei auf einem Einfrieren von ausländischen Geldern – so geschehen zur Zeit der Russlandkrise im Jahr 1998. Dem massiven Abzug von ausländischer Liquidität konnte schließlich die russische Notenbank nicht mehr standhalten. Seit Jahresende wurden Abwertungen des Rubel zugelassen. Das Augenmerk schien zunächst nur darauf zu liegen, rasanten Kursverlusten Einhalt zu gebieten. Trotz den Devisenmarktinterventionen, laut Angaben der russischen Notenbank beliefen sich diese alleine im Zeitraum September bis Dezember 2008 auf 170 Mrd. US-Dollar, verlor der Rubel seit den Sommermonaten 2008 dennoch rund 55 % gegenüber dem US-Dollar. Die Devisenreserven gingen bislang um 210 Mrd. US-Dollar auf zuletzt 388 Mrd. US-Dollar zurück.

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Quelle: Thomson Reuters

Mitte Januar hat die russische Zentralbank schließlich das Ende einer schrittweisen Abwertung ausgerufen und das Handelsband des Rubel gegenüber dem Währungskorb, bestehend aus 55 % US-Dollar und 45 % Euro, ausgeweitet. Den oberen Rand des Bandes gegenüber dem gewichteten Wechselkurs legte die Notenbank bei 41 fest und den unteren Rand bei 26. Gleichzeitig setzen die Zentralbanker auf Zinserhöhungen. Im Dezember 2008 wurde der Refinanzierungssatz von 12 % auf 13 % angehoben; im laufenden Jahr versucht man bislang über die Lombardsätze das Zinsniveau zu erhöhen. Doch mit den Abwertungen zu Jahresbeginn kam es bereits zu einem Test des oberen Endes des Wechselkursbandes. Jüngst führte die nachlassende Risikoaversion wieder zu einer Aufwertung der russischen Valuta. Rubel gegenüber dem Währungskorb 42

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Rubel zum Währungskorb (55 % USD, 45 % Euro)

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Source: Thomson Datastream

Quelle: Thomson Reuters

Die Kursverluste treffen die Volkswirtschaft hart. Während der Staat die Auslandsverschuldung deutlich reduzieren konnte, hat der russische Privatsektor hingegen seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland deutlich erhöht. Letztere belaufen sich auf rund 580 Mrd. US-Dollar. Mit den Abwertungen wird der Schuldendienst sprunghaft teurer. Der hohe externe Refinanzierungsbedarf von rund 190 Mrd. US-Dollar im Jahr 2009 (laut Angaben der Ratingagentur Fitch) bringt nun auch die russischen Banken in Nöte. Die Regierung musste dem russischen Finanzsektor bereits mehrfach mit umfangreichen Hilfspakten unter die Arme greifen. Die Situation in Russland ist also durchaus ernst: Einem äußerst anfälligen Bankensektor steht eine sich im Abwärtssog befindende Wirtschaft gegenüber. Auch die russische Volksseele begehrt bereits auf. Große Demonstrationen bringen Präsident Medwedjew und Ministerpräsident Putin in Bedrängnis. Vor dem Hintergrund düsterer Wachstumsaussichten wird der Druck auf den Kreml steigen. Der Internationale Währungsfonds rechnet mit einem Rückgang von



0,7 % des BIP im Jahr 2009. Aus unserer Sicht könnte sich selbst diese Prognose noch als zu optimistisch erweisen. Eine Verbesserung der Situation wird sich erst wieder mit steigenden Ölpreisen einstellen. Dies zeigt einmal mehr, wie stark das Land vom Geschäft mit dem schwarzen Gold abhängig ist. Eine Situation wie im Jahr 1998 erwarten wir dennoch nicht. Die Devisenausstattung des Landes ist trotz des jüngsten Abschmelzens immer noch komfortabel. Aus unserer Sicht dürfte mit einem weiteren Rückgang in den nächsten Monaten zu rechnen sein. Wir erachten dies jedoch nicht als so hochgradig brisant, wie es stellenweise in der internationalen Wirtschaftspresse behandelt wird. Der eigentliche Zweck von Devisenreserven besteht ja gerade darin, dass angespannte volkswirtschaftliche Situationen damit gemildert werden können. Hier gilt letztendlich die Devise: „Spare in der Zeit, so hast Du in der Not“. Genau dies ist derzeit der Fall. Zu einer nachhaltigen Entspannung werden aber erst höhere Ölpreisnotierungen führen, die wir zum Jahresende 2009 erwarten.

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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2.4 Indien: Erhobenen Hauptes durch die Krise ? Seit der Öffnung des Landes 1991 konnte Indien hohe, teilweise zweistellige BIP-Wachstumsraten verbuchen. Im Zuge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise verliert die Konjunktur nun allerdings auch hier deutlich an Dynamik. Vor allem die Wachstumsraten im Verarbeitenden Gewerbe haben nach Angaben der Reserve Bank of India im Fiskaljahr 2008/09, d.h. von April 2008 bis März 2009, deutlich nachgegeben, während der Rückgang bei den Dienstleistungen bislang sehr moderat und wenig signifikant ausgefallen ist. Foto: © Internet

BIP-Wachstumsraten (% ggü. Vorjahr) 12%

Konjunktur Im Gegensatz zu vielen anderen dynamisch gewachsenen asiatischen Volkswirtschaften ist die Wirtschaft des indischen Subkontinents mit seinen 1,1 Mrd. Menschen und einem BIP von ca. 1.240 Mrd. USD im Jahr 2008 relativ stark auf den Dienstleistungssektor konzentriert. Rund 57 % des BIP werden dort erwirtschaftet. Auf die Landwirtschaft entfallen nur rund 17 % des BIP. Der primäre Sektor ist allerdings nach wie vor größter Arbeitgeber, wobei der Output stark in Abhängigkeit von den Monsunniederschlägen ausfällt. Je nach Menge und Verteilung der Regenfälle kann die landwirtschaftliche Produktion und damit deren Anteil am Bruttoinlandsproduktes erheblich schwanken. Ein in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnender Sektor ist die Industrie. Auf diese entfallen inzwischen schon 26 % des BIP. Nach Vorstellung der indischen Regierung soll neben dem Dienstleistungssektor vor allem das Verarbeitende Gewerbe in Zukunft zu einer steigende Beschäftigung beitragen. Entstehung des indischen BIP

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Quelle: Reserve Bank of India; 01/2009

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Fiskaljahr 2007/08 Fiskaljahr 2008/09 (p)

Quelle: Reserve Bank of India; 01/2009

Insgesamt verlangsamte sich das BIP-Wachstum im Fiskaljahr 2008/09 von 9,0 % auf 7,1 % und dürfte weiter an Dynamik verlieren. Die vergleichsweise hohe Diversifizierung der indischen Wirtschaft dürfte sich in Verbindung mit der eher moderaten Exportorientierung in der Krise allerdings als Vorteil erweisen, wenngleich auch der Subkontinent zunehmend unter den Rückwirkungen der weltweiten Rezession leidet. Außenwirtschaft Die indische Wirtschaft gilt gemeinhin als vorrangig binnenorientiert. Die Ausfuhr von Waren lag im Jahr 2008 bei rund 171 Mrd. USD und erreichte damit vergleichsweise moderate 14 % des BIP (China: 35 %). Allerdings geht auch ein großer Teil der Dienstleistungsaktivitäten auf Rechnung ausländischer Unternehmen, wird also exportiert. Indien kann auf einen beträchtlichen Überschuss in der Dienstleistungsbilanz verweisen. Rechnet man die für ausländische Adressen erbrachten Dienstleistungen – z.B. in Form von Computersoftware, Call Center Aktivitäten, Verwaltungsdienstleistungen usw. – hinzu, erhöht sich der Exportanteil am BIP auf rund 21 %.

Verhältnis Exporte „Goods & Services“ bzw. “Goods” zu BIP

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Exporte "Goods & Services" zu BIP (%) Exporte "Goods" zu BIP (%) Quelle: Thomson Reuters

Die Exponiertheit Indiens gegenüber der Weltwirtschaft ist damit im asiatischen Vergleich zwar noch immer eher moderat, fällt allerdings höher aus als landläufig angenommen.

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Konsum und Investitionen Aufgrund der schwachen weltweiten Güternachfrage sind schon zahlreiche vor allem kleinere Unternehmen z.B. in der Textilbranche insolvent geworden. Ähnliches könnte sich in anderen Industriezwiegen wie z.B. der zuletzt kräftig gewachsenen Automobilzulieferindustrie ereignen. Vor diesem Hintergrund ist auch in Indien mit einer deutlich steigenden Zahl an Arbeitslosen zu rechnen. Der private Konsum leidet bereits unter dieser Entwicklung. Die Zuwachsraten haben sich hier zuletzt deutlich verringert. Privater Konsum

Exporte und Importe von Waren

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Der zu erwartende Rückgang des Außenbeitrags zum BIP-Wachstum – verursacht durch rückläufige Ausfuhren bei Waren und Dienstleistungen -, ist in seinen Auswirkungen daher auch in Indien nicht zu unterschätzen.

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Privater Konsum (real; % Y-Y)

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Quelle: Thomson Reuters Quelle: Thomson Reuters

Importiert wurden 2008 Güter im Wert von ca. 286 Mrd. USD. Indien weist ein chronisches Handelsbilanzdefizit im Warenverkehr auf, das sich 2008 auf rund 115 Mrd. USD belief. Vor allem die Einfuhr von Rohstoffen – insbesondere Öl und Ölprodukte – zeichnet hierfür verantwortlich. Das Handelsbilanzdefizit wird teilkompensiert durch einen hohen Überschuss in der Dienstleistungsbilanz, so dass sich der Fehlbetrag in der Handelsbilanz 2008 auf rund 39 Mrd. USD reduzierte. Für die Produktion von Dienstleistungen werden allerdings kaum Vorleistungen benötigt, so dass ein Rückgang beim Export von Dienstleistungen mit Blick auf die Handelsbilanz nur bedingt durch parallel rückläufige Importe kompensiert werden kann.



Belastend für den Arbeitsmarkt dürfte im Jahresverlauf hinzu kommen, dass Unternehmen weltweit aufgrund der nachlassenden Güternachfrage Produktionskapazitäten stilllegen und vor diesem Hintergrund auch ihre Direktinvestitionen (FDI) im Ausland reduzieren. Finanzierungsengpässe aufgrund der in allen Industrieländern zu beobachtenden Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe tun hier ein Übriges. Auch die ausländischen Investitionen in Indien dürften hierunter leiden. Der Anteil der FDI am BIP Indiens liegt trotz in den letzten Jahren ansteigender Tendenz mit rund 3 % des BIP aber noch immer recht niedrig, so dass die Auswirkungen auf das BIP-Wachstum insgesamt eher moderat bleiben dürften. Auch die Bedeutung ausländischer Portfolioinvestitionen für das indische Wachstum ist angesichts nach wie vor bestehender Investitionsbeschränkungen nicht allzu bedeutend.

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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Ausländ. Direktinvest. (FDI): Mrd. USD und % des BIP

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FDI in Mrd. USD FDI in % des BIP (rechte Skala)

2009

Quelle: Thomson Reuters

Quelle: Thomson Reuters

Auf die Investitionen entfiel in Indien zuletzt ein Anteil von rund 38 % des BIP, was einen hohen Wert darstellt und einer der Hauptgründe für die lange andauernde dynamische Wachstumsphase Indiens ist. Finanziert werden die Investitionen größtenteils durch eine hohe inländische Ersparnis. Zuletzt lag diese bei ca. 32 % des BIP. Die Differenz zwischen Investitionen und Ersparnis – die sog. Spar- Investitionslücke – belief sich auf 6 % des BIP. Diese Lücke wurde durch ausländische Portfolio- und Direktinvestitionen und durch Auslandskredite geschlossen. Da diese vorerst voraussichtlich deutlich spärlicher fließen werden, dürfte auch das Wachstum der Investitionen nachlassen. Die unverändert hohe inländische Ersparnis ermöglicht gleichwohl auch im Falle eines Ausbleibens ausländischen Kapitals eine vergleichsweise robuste Investitionstätigkeit.

Die Reserve Bank of India hat vor diesem Hintergrund einen expansiveren geldpolitischen Kurs eingeschlagen und zuletzt mehrfach ihre Leitzinsen und den Mindestreservesatz gesenkt.

Geldpolitik Aufgrund der strengen Regulierung des Finanzmarktes ist der indische Bankensektor kaum direkt von der Subprime-Krise betroffen. Die Banken waren per Ende 2008 nur mit einer niedrigen Rate an notleidenden Krediten von 2,8 % belastet und können angesichts einer Eigenkapitalquote von 12,6 % (ADB, 12/2008) als solide gelten. Darüber hinaus befindet sich der Großteil des Bankensektors in staatlicher Hand. Eine Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen für Unternehmen ist infolge der zunehmenden Zurückhaltung der Geschäftsbanken gleichwohl nicht zu leugnen, wenngleich sich die Kreditvergabe noch immer auf recht hohem Niveau bewegt.

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Kreditvergabe Geschäftsbanken (% Y-Y)

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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Großhandelspreise (%) Repo Rate (%)

Quelle: Thomson Reuters

Aufgrund der konjunkturellen Abschwächung sowie sinkender Rohstoff- und Lebensmittelpreise war die Inflationsrate zuletzt wieder rückläufig und eröffnet im Jahresverlauf 2009 u. E. Spielraum für weitere Zins- und Mindestreservesatzsenkungen. Gleichzeitig stemmt sich die Notenbank seit dem Juni 2008 durch Fremdwährungsverkäufe und Devisenswapgeschäfte einer Abwertung der Rupie sowie einer Verknappung von Fremdwährungsliquidität im Markt entgegen. In Verbindung mit dem anhaltenden Leistungsbilanzdefizit haben sich die Devisenreserven darüber zuletzt zwar reduziert, liegen mit rund 239 Mrd. USD aber weiterhin auf hohem Niveau.

Devisenreserven

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Devisenreserven (Mrd. USD)

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Budget (% des BIP)

Quelle: Thomson Reuters

Quelle: Thomson Reuters

Dem steht eine Auslandsverschuldung von 223 Mrd. USD gegenüber. Indien bleibt damit – wenngleich mit negativer Tendenz - Nettogläubigerstaat. Vor dem Hintergrund eines im Grunde soliden Bankensektors in staatlicher Hand, unterstützender Maßnahmen von Notenbank und Regierung sowie der hohen inländischen Ersparnis gehen wir auch weiterhin nicht von einem Cedit Crunch in Indien aus. Konjunkturprogramme Die Regierung hat auf die weltweite Krise und deren zunehmend negativen Rückwirkungen auf die indische Wirtschaft mit 2 Konjunkturprogrammen reagiert. Insgesamt 500 Mrd. Rupien (10 Mrd. USD) an zusätzlichen Mitteln sollen für Infrastrukturmaßnahmen wie Strassen, Häfen, Krankenhäuser usw. aufgewendet werden. Mit 200 Mrd. Rupien soll die Eigenkapitalausstattung staatlicher Banken gestärkt und mit weiteren 250 Mrd. Rupien sollen andere Finanzinstitute unterstützt werden. Darüber hinaus wurde das Limit für ausländische Investitionen im Land von 6 auf 15 Mrd. USD angehoben. Auch wurden Finanzierungshilfen für arbeitsintensive Sektoren wie die Textilindustrie beschlossen. Der direkte konjunkturelle Impuls dieser Maßnahmen beläuft sich auf schätzungsweise 1 % bis 1,5 % des BIP. Ein größeres Paket lässt die angespannte Haushaltslage nicht zu. Die Staatsverschuldung liegt bei 83 % des BIP und das Haushaltsdefizit hat im vergangenen Jahr fast wieder die Marke von 7 % des BIP erreicht.



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Unter Berücksichtigung aller Faktoren veranschlagen wir das BIP-Wachstum Indiens im laufenden Jahr auf nur noch 4,5 %. BIP-Wachstum

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BIP (% Y-Y)

Quelle: Thomson Reuters

Die drittgrößte Volkswirtschaft Asiens steht damit u. E. vor einer kräftigen Konjunkturdelle im laufenden Jahr. Um die Arbeitslosenquote unter der wachsenden Bevölkerung nicht ansteigen zu lassen, braucht das Land Schätzungen zufolge ein BIP-Wachstum von über 5 %. Sollte – wovon wir ausgehen – der Tiefpunkt der internationalen Krise im späteren Jahresverlauf 2009 erreicht werden, wäre im kommenden Jahr wieder mit einer Beschleunigung des BIP-Wachstums zu rechnen. Im wirtschaftlichen Aufholprozess des Subkontinents sollte die nun zu erwartende Schwächephase aber als vorübergehender Rückschlag und nicht als Zäsur be-

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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trachtet werden. Die längerfristige Attraktivität sowohl des indischen Marktes als auch des Wirtschaftsstandorts Indien stehen u. E. nicht in Frage, ist die Krise aus indischer Sicht doch als zyklisch bedingter Rückschlag und nicht als strukturelle Krise zu sehen. Die Ursachen für die gegenwärtige Konjunkturabschwächung sind – trotz vieler struktureller Schwächen auch hier - jedenfalls nicht in Indien zu suchen. Währung Indien betreibt ein Managed-Float-Regime, d.h. die Währungsbehörde greift steuernd in den Devisenmarkt ein. Die Rupie schwankt meist parallel zur Inflationsdifferenz zu den USA. Die Währungsveränderung gleicht so Wettbewerbsnachteile für die indische Wirtschaft infolge relativer Preisänderungen durch entsprechende Währungsab- oder -aufwertungen aus. Zu diesem Zweck kauft oder verkauft die Reserve Bank of India (RBI) USD gegen Rupien. Obwohl die Inflationsdifferenz zu den USA fast bis Ende 2008 zum Teil kräftig gestiegen ist und die Rupie somit entsprechend abwerten sollte – was sie auch getan hat -, befindet sich die RBI mit Blick auf die Rupie bereits seit Juni 2008 auf der Käuferseite, d.h. die Notenbank kauft Rupien gegen USD auf. Hintergrund sind die als überzogen betrachteten Währungsverluste aufgrund des Abzugs ausländischen Kapitals infolge der Zuspitzung der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise, die inflationäres Potenzial bergen. Die RBI stemmt sich also bereits seit einiger Zeit gegen eine weitere Abwertung der Indischen Rupie.

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Inflationsdifferenz INR-USD (%-Punkte) USDINR (rechte Skala)

Quelle: Thomson Reuters

Da die Inflationsdifferenz zwischen Indien und den USA zuletzt wieder deutlich nachgab und auch der Abzug von Portfolioinvestitionen aus Indien weitgehend abgeschlossen sein dürfte, rechnen wir damit, dass die RBI im späteren Jahresverlauf mit ihren Bemühungen Erfolg haben wird und es zu einer Erholung der Rupie sowohl gegenüber dem USD als auch dem Euro kommt.

2.5 China: Die Krise reitet auch den Drachen. allem dies eine Zäsur. In Verbindung mit der stockenden Baukonjunktur, die für rund 10 % des chinesischen BIP verantwortlich zeichnet, neigt die Industrieproduktion, das Rückgrat der chinesischen Wirtschaft, zur Schwäche. Die Wachstumsraten haben sich hier zuletzt deutlich verlangsamt. Exporte und Industrieproduktion 40

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Konjunktur Der weltwirtschaftliche Abschwung hat ein Ausmaß erreicht, dem sich auch China nicht mehr entziehen kann. Im 4. Quartal reduzierte sich das BIP-Wachstum auf Jahresbasis von 9,0 % auf nur noch 6,8 %. Im Gesamtjahr 2008 erzielte die chinesische Wirtschaft ein Wachstum von 9,0 % nach 13,0 % im Vorjahr. BIP-Wachstum

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Exporte (%; Y-Y; USD-Basis) Industrieproduktion (% Y-Y; real; rechte Skala)

Quelle: Thomson Reuters

Dass sich die chinesische Konjunktur markant abkühlt, wird u. a. an den kräftig fallenden Zuwachsraten bei der Stromerzeugung sichtbar. Die Bereitstellung von Elektrizität gilt angesichts der oft widersprüchlichen chinesischen Statistiken als einer der zuverlässigsten Indikatoren für die tatsächliche konjunkturelle Lage in der Volksrepublik.

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BIP-Wachstum (%, Y-Y)

Quelle: Thomson Reuters

Zur Schwäche neigen derzeit vor allem die Bauwirtschaft und die Exportkonjunktur. Wegen rückläufiger Neubaubeginne und der schwachen Exportentwicklung haben offiziellen Schätzungen zufolge bereits über 20 Millionen Wanderarbeiter ihren Job verloren und sind aus den Städten in ihre ländliche Heimat zurückgekehrt. Nach einem lange anhaltenden Bauboom sind die Immobilienpreise in städtischen Regionen erstmals seit Jahren rückläufig. Die Ausfuhren der Volksrepublik weisen auf Jahresbasis derzeit kräftige Rückgänge auf. Für das lange Zeit von einem äußerst dynamischen Exportwachstum gekennzeichnete Land markiert vor



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BIP-Wachstum und Stromerzeugung

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Stromerzeugung (% Y-Y; MAV 12M) BIP (% Y-Y)

Quelle: Thomson Reuters

Demzufolge vollzieht sich der Abschwung derzeit noch rascher als während der Asienkrise 1997-1999 – allerdings von deutlich höherem Niveau. Ein Rückgang der Zuwachsrate bei der Elektrizitätsgewinnung auf bis zu 2 % analog 1999 wäre - bei etwas vereinfachter Betrachtung - mit einem BIP-Wachstum von rund 7-8 %

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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vereinbar. Auch damals schwächte sich das chinesische BIP-Wachstum – bedingt durch Einbrüche beim Export und in der Bauwirtschaft - von zweistelligen Zuwachsraten kommend auf 9,3 % im ersten Krisenjahr (1997) auf 7,6 % im Tiefpunkt (1999) ab.

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Die jüngste Entwicklung legt nahe, dass die chinesische Konjunktur nun eine vergleichbare Entwicklung nimmt. Insbesondere das Jahr 2009 dürfte vor dem Hintergrund des dramatischen Einbruchs der Nachfrage nach chinesischen Exportgütern in wichtigen Absatzmärkten wie den USA, Europa und Japan schwierig werden.

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Außenwirtschaft Die Volksrepublik gilt gemeinhin als sehr exportabhängig. Die bei rund 34 % liegende Relation „Exporte zu BIP“ scheint dies zu bestätigen. Auch die Importe liegen mit rund 27 % des BIP sehr hoch. Als „Werkbank der Welt“ profitiert China was den Außenhandel anbelangt noch immer stark von der Weiterverarbeitung importierter Vorprodukte mit anschließender Ausfuhr in die Endverbraucherländer. In China weiterverarbeitete und anschließend exportierte Güter stellten nach Angaben der chinesischen Zollverwaltung in den letzten Jahren einen relativ konstant hohen Anteil von rund 55 % der Gesamtexporte. Der Anteil der Importe von Halbfertigerzeugnissen zur Weiterverarbeitung mit anschließendem Export lag in den letzten Jahren bei relativ konstanten 40 % der Gesamtimporte.

Der Wert reduziert sich weiter, wenn man die gesamten Im- und Exporte betrachtet. Dies ist eine Folge des steigenden Verbrauchs von Rohstoffen, die aus dem Ausland importiert werden müssen. 2008 lag der Beitrag der gesamten Nettoexporte zum BIP-Wachstum von insgesamt 9,0 % bei lediglich 0,9 Prozentpunkten, im Vorjahr bei einem BIP-Wachstum von 13,0 % bei 2,3 Prozentpunkten. Aufgrund noch fehlender Daten hier die Wachstumsbeiträge von Konsum, Investitionen und Nettoexporten der Jahre bis einschließlich 2007.

Da die Ausfuhren in den vergangenen Jahren stärker gestiegen sind als die Einfuhren, nahm auch die in China geleistete Brutto-Wertschöpfung bei der Weiterverarbeitung von Halbfertigerzeugnissen, dem sog. „Processing Trade“, zu. Und zwar von 45 Mrd. USD im Jahr 2000 auf 329 Mrd. USD im Jahr 2008. Das chinesische BIP steigerte sich im gleichen Zeitraum allerdings von 1.198 Mrd. USD auf 4.195 Mrd. USD. Während die in China geleistete Brutto-Wertschöpfung beim „Processing Trade“ also um 284 Mrd. USD zulegte, erhöhte sich die gesamte Wirtschaftsleistung Chinas um 2.997 Mrd. USD und damit um mehr als das Zehnfache dieses Wertes. Der Beitrag des Processing Trade zum BIP steigt in absoluten Größen zwar beständig an, sein Beitrag zum BIP-Wachstum fällt relativ betrachtet aber eher moderat aus. Im Jahr 2008 lag dieser bei einem Wachstum des BIP von insgesamt 9,0 Prozent bei gerade einmal 1,3 Prozentpunkten.

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Processing Trade und Anteil am BIP-Wachstum

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Beitrag "Processing" EXP-IMP zum BIP-Wachstum (%-Pkte.; rechte Skala) "Processing Imports" (Mrd. USD) "Processing Exports" (Mrd. USD)

Quelle: Thomson Reuters

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Quelle: Thomson Reuters

Aufgrund des hohen Processing-Trade-Anteils am Außenhandel geht ein Exportrückgang in China automatisch mit einem signifikanten Rückgang der Importe von Vorprodukten einher. In Verbindung mit dem reduzierten Rohstoffbedarf aufgrund der konjunkturellen Abkühlung lässt sich damit erklären, dass trotz des Exportrückgangs in den Monaten November bis Januar auch in diesen Monaten der Handelsbilanzüberschuss der Volksrepublik aufgrund reduzierter Importe mit jeweils 39 bis 40 Mrd. USD dennoch extrem stark ausfiel. Der im Februar aufgrund saisonaler Faktoren

immer zu beobachtende Rückgang des Handelsbilanzüberschusses fiel zwar drastischer aus als in den beiden Vorjahren, mit 4,8 Mrd. USD liegt der Überschuss aber noch immer über dem Niveau weiter zurückliegender Jahre. Dass die chinesischen Exporte weiter fallen werden, legt allerdings der Absturz der internationalen Frachtraten nahe, der hierfür einen guten Indikator darstellt. Auch hier führt der Weg nach unten aber nicht ins Bodenlose. Der Baltic Dry Frachtindex hat zuletzt wieder nach oben gedreht. Exporte und Frachtraten

Die steigende Arbeitslosigkeit bei den aus ländlichen Regionen stammenden Wanderarbeitern, die einen Teil ihres Verdienstes in ihre Heimat zurückschicken und nun aufgrund sich zunehmend verschlechternder Beschäftigungsmöglichkeiten auch verstärkt dorthin zurückkehren, dürfte die Einkommensentwicklung auf dem Lande allerdings erheblich belasten. Nach Angaben der Regierung haben von 130 Mio. Wanderarbeitern bislang rund 20 Mio. ihren Job verloren, was sich in Form von deutlich rückläufigen Transfereinkommen auf dem Lande bemerkbar machen dürfte.

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Quelle: Thomson Reuters

Quelle: Thomson Reuters

Konsum und Investitionen In den „städtischen Regionen“, in denen sich eine kaufkräftige und konsumfreudige Mittelschicht gebildet hat, lag der Zuwachs des verfügbaren Pro-KopfEinkommens im Jahr 2008 zwar etwas niedriger als im Vorjahr, weist im Trend aber noch immer nach oben. Das Wachstum der Einzelhandelsumsätze verlor zuletzt etwas an Dynamik, war im Februar mit einem Plus von auf Jahresbasis 15,2 % aber noch einigermaßen robust. Ein Einbruch beim privaten Konsum zeichnet sich auf Basis der vorliegenden Daten bislang nicht ab. Einzelhandelsumsätze und Pro-Kopf-Einkommen „Stadt“

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Was die Investitionstätigkeit insgesamt anbelangt, zeigen sich im Reich der Mitte derzeit noch keine starken Ermüdungserscheinungen. In den wichtigen städtischen Regionen der Küstenprovinzen, die vom lange anhaltenden Aufschwung bislang am meisten profitieren konnten, legten die Investitionsausgaben im Februar auf Jahresbasis noch immer um ansehnliche 26,5 % auf nominaler Basis zu. Investitionen 35

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Investitionen "Stadt" (% Y-Y; nom.) Investitionen "Land" (% Y-Y; nom.)

Quelle: Thomson Reuters

Verfügbares Pro-Kopf-Einkommen "Stadt" (% Y-Y; nom.) Einzelhandelsumsätze (% Y-Y; nom.)

Quelle: Thomson Reuters



LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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Auch im vergangenen Jahr konnte China darüber hinaus wieder kräftig von ausländischen Direktinvestitionen profitieren. Auf Letztere entfielen etwa 6 % der chinesischen Gesamtinvestitionen. Von 74,8 Mrd. USD im Jahr 2007 legten diese auf 92,4 Mrd. USD zu und konnten damit einen neuen Rekordwert verbuchen. Dieser gerade was den technologischen Aufholprozess der chinesischen Wirtschaft anbelangt wichtige Wachstumstreiber wird im laufenden Jahr aber voraussichtlich erheblich an Zugkraft verlieren.

Kreditzinsen und Mindestreservesätze 18

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Quelle: Thomson Reuters

Ausländische Unternehmen dürften vor dem Hintergrund der weltweiten konjunkturellen Abwärtsspirale größere Risiken scheuen. Der IWF rechnet für 2009 inzwischen mit einem Rückgang der Weltwirtschaftsleistung um 0,6 %. Diese geht einher mit einer Unterauslastung der Produktionskapazitäten auch für international gehandelte Güter, so dass neue Anlagen auch in China derzeit nicht oben auf der Prioritätenliste ausländischer Unternehmen stehen. Darüber hinaus leiden viele Unternehmen unter erheblichen Liquiditäts- und Finanzierungsengpässen, was sich in einem drastischen Rückgang der Investitionstätigkeit ganz allgemein bemerkbar macht. Geldpolitik Vor dem Hintergrund eines zur Schwäche neigenden Exports und voraussichtlich deutlich fallender ausländischer Direktinvestitionen sorgt sich die Regierung umso mehr darum, die inländischen Investitionen und den Konsum am Laufen zu halten. Administrative Kreditrestriktionen für die chinesischen Banken, die ursprünglich eingeführt worden waren, um Überhitzungstendenzen zu bekämpfen, wurden aus diesem

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Ausländische Direktinvestitionen (in Mrd. USD)

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Grunde bereits storniert, die Mindestreservesätze gesenkt und die Kreditzinsen nach unten geschleust. Die Banken werden nun sogar angewiesen, ihre Kreditvergabe auszuweiten.

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Kreditzins 1 Jahr (%; rechte Skala) Mindestreservesatz (%)

Quelle: Thomson Reuters

Die Abschottung des Kapitalmarkts in China hat verhindert, dass chinesische Banken wie ihre ausländischen Pendants einen hohen Bestand an „toxischen Assets“ in ihren Büchern führen. Nach Angaben der Asian Development Bank belaufen sich die Verluste chinesischer Banken aus der Subprime-Krise per Ende 2008 auf vernachlässigbare 2,8 Mrd. USD. Mit Ausnahme des dramatischen Einbruchs am Markt für chinesische A-Aktien, die in Shanghai und Shenzen gehandelt werden, fand ein Übergreifen der Finanzmarktkrise auf den chinesischen Kapitalmarkt nicht statt. Die größeren chinesischen Banken befinden sich weiterhin in staatlicher Hand und wurden von Regierungsseite zuletzt angewiesen, die Kreditvergabe fortzuführen bzw. auszuweiten. Die hohe inländische Ersparnis von rund 50 % des BIP und der Umstand, dass der Großteil des von Privaten gehaltenen Kapitals auf Spareinlagen bei chinesischen Banken entfällt, garantiert den Banken und der inländischen Wirtschaft ausreichende Mittel zur Kreditvergabe an Unternehmen und Konsumenten. Der Großteil aller Finanzierungen wird in China nach wie vor über Bankkredite abgewickelt. Der Aktienmarkt spielt als Finanzierungsquelle nur eine untergeordnete Rolle.

weltweite Güternachfrage sinkt, kann der Weg hierzu nur über eine Stimulierung der Binnennachfrage führen. Die Auswirkungen eines anhaltenden Exportrückgangs auf das Wirtschaftswachstum Chinas dürften sich nur dann in den von der Asienkrise bekannten Grenzen halten lassen, wenn es gelingt, die wesentlichen Wachstumstreiber des Aufschwungs – Investitionen und Konsum – auf Expansionskurs zu halten.

Finanzierungen 2008 9%

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Quelle: People’s Bank of China

Damit ist in China weder mit einer Mittelverknappung noch mit einem Credit Crunch zu rechnen. Die Kreditvergabe und das Geldmengenwachstum M2 haben aufgrund der staatlichen Lockerungsmaßnahmen zuletzt wieder angezogen. Kreditvergabe und Geldmenge M2 26

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Kreditvergabe (% Y-Y) Geldmenge M2 (% Y-Y)

Quelle: Thomson Reuters

Aufgrund gefallener Rohstoffpreise, gesunkener Lebensmittelpreise sowie der allgemeinen konjunkturellen Abkühlung ist auch die chinesische Inflationsrate inzwischen wieder drastisch rückläufig. Im Februar sind die Konsumentenpreise sogar um 1,6 % gefallen. Wir rechnen im Jahresverlauf daher sowohl mit weiteren Zinssenkungen als auch mit einer weiteren Reduktion des Mindestreservesatzes.

Möglichkeiten hierzu sind vorhanden. Mit einem Anteil von nur 48 % am BIP ist zum einen der Konsum durchaus steigerungsfähig. Zum anderen hat der Staat großen Einfluss auf die Investitionstätigkeit, dem mit 42 % am BIP große Bedeutung für das Wachstum zukommt. Anteil der Investitionen am BIP (%) 42

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Anteil der Investitionen am BIP (%)

Quelle: Thomson Reuters

Die Weltbank (12/2008) schätzt, dass ein Drittel aller Investitionen in China auf den Staat entfallen. Weitere 15 % der Investitionen gehen auf das Konto der Exportindustrie und fast ebensoviel auf das der Bauwirtschaft. Ein weiteres Drittel wird von inländischen Unternehmen für den Inlandsmarkt getätigt, etwa 6 % entfallen auf ausländische Direktinvestitionen (FDI). Anteile an der Investitionstätigkeit (%) Staat 32%

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FDI

Unternehmen für Exporte

Konjunkturprogramme Um soziale Spannungen zu vermeiden, braucht China ein vergleichsweise hohes BIP-Wachstum. Wie schon während der Asienkrise setzt die Regierung daher alles daran, einen allzu starken Wachstumseinbruch zu verhindern. Da – wie auch bei der damaligen Krise - die

Bauwirtschaft 6% Unternehmen für Binnenmarkt

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Quelle: Weltbank 12/2008

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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Vor dem Hintergrund sinkender Exporte, fallender FDI sowie einer kriselnden Baukonjunktur schwächen sich derzeit also vor allem Sektoren ab, die zusammen für ein Drittel aller Investitionen stehen. Die Investitionen der Exportindustrie und die FDI sind nur bedingt durch Regierungshandeln beeinflussbar. Der Staat versucht daher, die übrigen Sektoren und den Konsum zu stützen und hat hierzu ein Konjunkturprogramm über 4 Billionen CNY (585 Mrd. USD) beschlossen, das über zwei Jahre laufen soll. Vorgesehen sind Maßnahmen in 10 Bereichen. Der Schwerpunkt liegt auf Investitionen im Infrastrukturbereich. Das Programm könnte laut Staatspräsident Wen Jiabao sogar noch erheblich aufgestockt werden und auch die Provinzen möchten diese Maßnahmen durch eigene Projekte flankieren. Im Einzelnen soll der Bau von Wohnungen gefördert, der Erwerb von Zweitwohnungen erleichtert, Transportwege und die Elektrizitätsversorgung ausgebaut, die Wasserversorgung verbessert, Gesundheit und Bildung gefördert, Umweltschutz, Innovationen vorangetrieben sowie der Aufbau der Erdbebenregion in Angriff genommen werden. Die hohe private Sparquote macht in Verbindung mit der guten Haushaltslage des Staates und den exorbitanten Devisenreserven die Finanzierung des Programms unproblematisch. Die gesamte inländische Ersparnis Chinas übertrifft die Investitionen deutlich, so dass ausreichend Kapital aus eigenen Quellen für Investitionen zur Verfügung steht. Investitionen werden darüber hinaus von der Umsatzsteuer befreit. Die Banken sollen unterstützend ihre Kreditvergabe ausweiten und auch die Sozialleistungen werden erhöht. Inländische Ersparnis in % der Investitionen

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Quelle: Thomson Reuters

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

Währung Der chinesische Yuan (CNY) tendiert zum USD seit einigen Monaten seitwärts. Die Währungsbehörde SAFE bzw. die übergeordnete People’s Bank of China (PBoC) haben die bis dato laufende Aufwertung des CNY gestoppt, um die chinesische Exportindustrie zu stützen. Mit einer Wiederaufnahme der Aufwertung dürfte unseres Erachtens erst dann wieder zu rechnen sein, wenn von konjunktureller Seite deutliche Entwarnungssignale zu vernehmen sind. Im laufenden Jahr steht dies allerdings kaum zu erwarten. Chinesische Yuan (CNY) für einen US-Dollar

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Die Planung und Koordination vieler dieser Maßnahmen wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Trotz des Konjunkturprogramms ist in den nächsten ein bis zwei Quartalen daher nicht mit einer signifikanten Verbesserung der chinesischen Wirtschaftsdaten zu rechnen. Wir rechnen ab der zweiten Jahreshälfte dann aber mit zunehmend positiven Auswirkungen des Programms auf die Konjunktur. Das bis Ende 2010 ausgelegte Paket beläuft sich auf etwa 13 % des BIP von 2008. Dies ist ein beachtlicher Wert, der weit über den Volumina der von anderen Ländern aufgelegten Konjunkturprogramme liegt. Die Weltbank schätzt allerdings, dass durch das Programm aufgrund hierin enthaltener ohnehin geplanter Projekte sowie von Umsetzungsproblemen ein zusätzliches BIP-Wachstum von lediglich 4 % im laufenden Jahr generiert werden dürfte. Aufgrund der Abschottung des chinesischen Kapitalmarktes, der großen Bedeutung des Staates und der von diesem initiierten Investitionen als Wirtschaftsmotor sowie des beschlossenen voluminösen Konjunkturprogramms halten wir im Jahr 2009 ein BIPWachstum in China von 7-8 % aber für erreichbar.

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Quelle: Thomson Reuters

Umgekehrt rechnen nicht wenige Marktteilnehmer inzwischen mit einer Abwertung des CNY gegenüber dem USD. Wir halten auch dies für eher unwahrscheinlich. Angesichts des exorbitanten Leistungsbilanzüberschusses der Volksrepublik sowie der im Vergleich zu den meisten anderen Ländern von weltwirtschaftlicher Relevanz noch eher guten wirtschaftlichen Performance des Reichs der Mitte wäre eine CNY-Aufwertung kaum zu rechtfertigen. Der nach allgemeiner, von uns geteilter Auffassung noch immer zu schwache CNY trug in der Vergangenheit nicht unwesentlich zu den weltweiten wirtschaftlichen Ungleichgewichten bei. Dem exorbitanten Leistungsbilanzdefizit der USA stand und steht ein noch immer exorbitanter Leistungsbilanzüberschuss u. a. Chinas entgegen. Leistungsbilanz (% BIP)

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1200

1000

1000

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800

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400 2002

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200

Quelle: Thomson Reuters

12

1999

1800

200

12

0

2000

2000

0

Quelle: Thomson Reuters

China versucht darüber hinaus, sein politisches Gewicht innerhalb der Region zu stärken. Da alle asiatischen Nachbarn unter der Krise stark zu leiden haben, wäre eine einseitige Abwertung des CNY für das Ansehen der Volksrepublik als Vormacht oder gar Partner nicht förderlich, zumal China gerade einen viel beachteten Vorstoß hinsichtlich einer neu zu schaffenden Weltreservewährung unternommen hat. Eine Abwertung des CNY könnte darüber hinaus einen Abwertungswettlauf in Asien auslösen, mit dem niemandem gedient wäre. Auch während der Asienkrise 1997-1999 widerstand das Land der Versuchung, seine Währung abzuwerten, um auf diese Weise der eigenen Wirtschaft Entlastung auf Kosten anderer zu verschaffen. Wir rechnen daher mit einer Seitwärtsbewegung bei USDCNY über den gesamten Jahresverlauf.

Der anhaltende Kapitalzufluss treibt die Währungsreserven nach wie vor nach oben, was an sich für eine stärkere chinesische Währung spricht. Lediglich durch die Kapitalverkehrskontrollen und das Währungsregime wird eine Aufwertung verhindert. Im Falle einer Umkehrung der bisherigen Politik stünden politische Spannungen z.B. mit der neu gewählten US-Regierung ins Haus. Die Gefahr von Handelssanktionen gegen chinesische Importe wäre groß.



LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

29

3 Aktienmärkte: BRIC vorerst untergewichten.

Schwellenland ist abgebrannt Die Entwicklung an den Aktienmärkten der Emerging Markets fiel im Jahr 2008 ernüchternd aus. In der Performance-Rangliste des vergangenen Jahres belegen alle wichtigen Wachstumsmärkte die hinteren Plätze. In Osteuropa steht ein Minus von über 70 % zu Buche. Asiens Märkte stürzten um 60 % ab. Mit einem Minus von rund 50 % konnten sich die Märkte in Lateinamerika noch am besten aus der Affäre ziehen. Durch Wechselkursverluste fällt die Bilanz für Euro-Anleger teilweise noch deutlich schlechter aus. Hoffnungsvoll sind die Schwellenmärkte allerdings ins neue Jahr gestartet. Gegenüber dem MSCI World zeigen die Emerging Markets in den ersten drei Monaten des neuen Jahres relative Stärke, wie aus der folgenden Graphik ersichtlich wird. Von einer Trendwende zu sprechen, wäre allerdings verfrüht. Die aktuellen Konjunkturdaten sowohl aus den Industriestaaten als auch aus den Schwellenmärkten geben wenig Anlass zu Optimismus. Relative Stärke Emerging Markets 260

260

240

240

220

220

200

200

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98 99 00 01 02

Relative Stärke MSCI Emerging Markets / MSCI World

03 04 05 06

07 08

Quelle: Thomson Reuters

Schwellenangst hält an Die Emerging Markets leiden unter dem dramatischen Einbruch der Nachfrage aus den wichtigen Absatzmärkten wie USA, Europa und Japan. Angesichts zunehmender Unternehmenszusammenbrüche nimmt die Zahl der Arbeitslosen stetig zu. Weil es an sozialen Sicherungssystemen mangelt, steigt in den betroffenen Länden das Risiko sozialer Spannungen. Noch immer befinden sich eine Vielzahl von Emerging Markets, insbesondere aus dem osteuropäischen Raum, in akuten Finanzierungsschwierigkeiten. Die EU-Kommission beschäftigt sich intensiv mit diesem Thema. Die Gefahr weiterer Kapitalabflüsse ist somit noch nicht gebannt. Der chinesische Drache stemmt sich gegen den drohenden Abschwung der Wirtschaft durch milliardenschwere Konjunkturprogramme. Dies wurde nochmals auf der Tagung des Nationalen Volkskongresses Mitte 30

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

März ganz deutlich. Allerdings dürften die Maßnahmen erst in der zweiten Jahreshälfte ihre Wirkung zeigen. Rohstoffländer wie Brasilien haben zuletzt von den wieder tendenziell steigenden Rohstoffpreisen profitiert. Angesichts des starken Anstiegs sind aber vorübergehende Rücksetzer nicht auszuschließen. Kurzfristig noch kein Licht am Ende des Tunnels Derzeit bieten die Aktienmärkte der Emerging Markets wenig Möglichkeiten zur Diversifikation. Die Korrelation zum MSCI World ist auf rekordhohem Niveau. Angesichts des synchronen globalen Abschwungs überrascht dies kaum. Daran dürfte sich vorerst auch nur wenig ändern. Im Fokus steht daher das hohe Beta der Emerging Markets: In Aufschwungphasen performen die Emerging Markets besser, in Abschwungphasen schlechter. Dies wird aus der nachfolgenden Graphik ersichtlich. Da wir auch bei den entwickelten Märkten trotz der jüngsten Kursrallye vorerst defensiv bleiben, drängt sich ein Investment in Emerging Markets Titel derzeit nicht auf. Beta und Korrelation Emerging Markets 2.50

E967(MSEMKF$(RI),MSWRLD$(RI))

2.50

2.00

2.00

1.50

1.50

1.00

1.00

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0.50

0

0

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03 04 05 06 07

08

-0.50

Korrelation MSCI EM zu MSCI World (52 Wochen rollierend) Beta MSCI EM zu MSCI World (52 Wochen rollierend)

Quelle: Thomson Reuters

Zudem hat die Korrektur an den Weltaktienmärkten auch das Bewertungsniveau der etablierten Märkte nach unten verschoben. Mittlerweile befindet sich das KGV sowohl der Industrie- als auch der Schwellenländer auf einem Niveau, welches - siehe nachfolgende Graphik - lange Zeit nicht gesehen wurde. In den Krisen früherer Jahre hat die Risikoprämie der Emerging Markets Extremwerte erreicht. Das relativiert die günstigen Bewertungsrelationen der Schwellenländer. Dies unterstreicht auch ein Blick auf die Ausschüttungen: Absolut gesehen klingt eine BRIC-Dividendenrendite von 3,7 % zwar attraktiv, im Vergleich zum MSCI World mit derzeit 4,6 % jedoch eher unattraktiv.

KGV-Bewertung Emerging Markets im globalen Vergleich

26

26

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20

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03 04 05 06

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6

MSCI Emerging Markets 12M-Forward KGV MSCI World 12M-Forward KGV

Unsere Allokationsempfehlung Zusammenfassend gilt somit, dass wir aktuell für einen Einstieg in die Emerging Markets eine höhere Risikoprämie fordern, weshalb wir bis auf Weiteres Neuengagements zurückstellen würden. Daher haben wir uns entschlossen, die Region in einem internationalen Musterdepot, bestehend aus den USA, Japan und den Emerging Markets, unterzugewichten. Mit einem Anteil von 20 % liegt unser Gewichtungsvorschlag 5 Prozentpunkte unter dem neutralen Wert. Allokationsempfehlung Aktien international

Quelle: Thomson Reuters

Langfristiger struktureller Trend jedoch intakt Auf längere Sicht betrachtet sind wir für Emerging-Markets-Aktien zuversichtlicher gestimmt. Für einen global orientierten Investor sollte diese Assetklasse weiterhin auf den Radarschirmen bleiben. Allein die mittlerweile erreichte Marktkapitalisierung - fast 7 % der globalen Marktkapitalisierung entfällt auf die BRIC Aktienmärkte - spricht für ein aktives Management dieser Titel. Dabei ist die größere Bedeutung der Emerging Markets zum einen auf eine bessere Performance während der letzten Jahre zurückzuführen. Zum anderen liegt dies aber auch an der regen Tätigkeit am Primärmarkt, der zuletzt zwar zum Versiegen kam, in den vergangenen Jahren jedoch als typische Begleiterscheinung von wachsenden Märkten für einen stetigen Strom an Neuemissionen sorgte. Anteil Marktkapitalisierung BRIC-Staaten und USA

55

9 8

50

7

55 %

-

25 %

5

Emerging Markets 20 %

Quelle: LBBW

Innerhalb des Segments Emerging Markets weist Asien immer noch das beste Chance-/Risiko-Verhältnis auf. Unser Gewichtungsvorschlag ist daher, wie untenstehender Tabelle zu entnehmen ist, 55 %. Dies entspricht einer Übergewichtung. Zugleich empfehlen wir eine Untergewichtung Osteuropas mit einem Anteil von 20 %. Für Lateinamerika empfehlen wir eine neutrale Gewichtung von 25 %. Der interessierte Leser sei diesbezüglich auf die regelmäßig erscheinende Publikation „Emerging MarketsFokus“ verwiesen. Empfohlenes Standardgewichtung Gewicht min neutral max

40

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3 2

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1 94

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USA Japan Lateinamerika Asien Osteuropa

20 %

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45

6

0

25 %

Lateinamerika

25 %

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25 %

50 %

Asien

55 %

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70 %

Osteuropa

20 %

0%

25 %

50 %

25

Globaler Anteil Marktkapitalisierung BRIC-Staaten in % Globaler Anteil Marktkapitalisierung USA in % (rechte Skala)

Quelle: Thomson Reuters



LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

31

Bewertung und Performance BRIC-Aktienmärkte Bewertung BRIC Marktkap. in Mrd. Euro

Gewinnwachstum 08/09 09/10

KGV 2008

2009

Dividendenrendite

Gewinnrev. 12MF

Brasilien

435,5

1%

12 %

9,3

9,2

5,4 %

-24,5 %

Russland

274,3

-37 %

27 %

3,6

5,7

3,7 %

-47,2 %

Indien

368,8

3%

16 %

11,8

11,4

1,8 %

-67,2 %

China

270,0

2%

17 %

12,0

11,8

3,2 %

-36,6 %

Quelle: IBES, MSCI, Thomson Financial, LBBW Gewinn- und Bewertungsdaten auf Basis von MSCI Länderindizes. Gewinnrevisionen 12MF = Anzahl der Aufwärtsrevisionen minus Anzahl der Abwärtsrevisionen während der vergangenen drei Monate im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Sell-Side-Schätzungen aus dem MSCI Länderindex-Spektrum.

Performance BRIC Kurs aktuell Brasilien

Bovespa

Russland

RTS

Hoch / Tief 12 Monate

Performance 12 Mon. 1 Mon. seit 31.12.

Abstand 200Tage-Linie

41 976

73 516

29 435

-33,1 %

15,9 %

11,8 %

-5,5 %

686

2 488

498

-66,8 %

27,1 %

8,5 %

-33,8 %

Indien

BSE 100 Nat.

5 028

9 349

4 160

-38,9 %

14,9 %

0,8 %

-12,2 %

China

HSCEI

8 078

14 651

4 990

-34,0 %

22,7 %

2,4 %

-7,3 %

Quelle: IBES, MSCI, Thomson Financial, LBBW

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LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

3.1 Brasilien: Kein Samba in São Paulo.

Foto: © Internet

Stabilisierung mit Vorbehalt Die brasilianische Börse brachte 2008 herbe Verluste. Nach dem Hoch im Mai bei rund 73 500 Punkten ging es fast wie an der Schnur gezogen bergab. Am Jahresende schloss der Leitindex Bovespa bei 37 550 Zählern. Über 15 Mrd. Euro zogen ausländische Investoren ab. Solch ein Trauerspiel dürften die Händler an der 1890 gegründeten gleichnamigen Bolsa de Valores de São Paulo wohl lange nicht mehr erlebt haben. Zumindest ist jedoch der Start ins neue Jahr geglückt und ein in Euro rechnender Investor kann sich seit Jahresbeginn über Kurs- und Währungsgewinne von über 10 % freuen. Bovespa Aktienindex (in Tsd.)

80

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2004

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10

Source: Thomson Datastream

Quelle: Thomson Reuters

Per Saldo ist übertriebener Optimismus für die kommenden Monate allerdings nicht angebracht. Aktuell pendelt der Bovespa in einem Band zwischen 37 000 und 42 000 Punkten. Die Stabilisierung muss jedoch mit Vorbehalten betrachtet werden. So hat sich die konjunkturelle Lage verschlechtert und das Schicksal des Aktienmarktes wird auch künftig stark von der

Entwicklung an der Wall Street abhängen. Von dort dürften in überschaubarer Zukunft wesentliche Impulse auf die südamerikanische Börse ausgehen. Die Volatilität wird sicherlich hoch bleiben. Samba dürfte dabei nicht unbedingt getanzt werden. Das hängt weniger mit den - relativ betrachtet immer noch guten - Fundamentaldaten zusammen. So liegt das KGV nur im oberen einstelligen Bereich. Zudem gab es bereits Gewinnrevisionen von minus 25 %, so dass ein Großteil der sinkenden Unternehmensgewinne bereits in den Gewinnschätzungen für die kommenden 12 Monate verarbeitet ist. Ein Blick auf das Gewinnwachstum 2008/2009, das derzeit bei 1 % liegt, zeigt aber, dass dabei durchaus noch Enttäuschungspotenzial vorhanden ist. Bewertung brasilianische Aktien 20

20

18

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2004

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2008

6

2009

Source: Thomson Datastream

Quelle: Thomson Reuters

Des Weiteren ist es fraglich, wann die Risikofreude nachhaltig zurückkehrt - waren es doch gerade Hedge Fonds und die steigende Risikoaversion, die im vergangenen Jahr zu massiven Aktienverkäufen führten. Die Phase der massiven Kapitalabflüsse dürfte zwar längst vorüber sein. Aber erst wenn sich die Risikoneigung nachhaltig normalisiert, sollten die Anleger wieder verstärkt nach brasilianischen Titeln greifen. Dies ist aber erst im kommenden Jahr wahrscheinlich. Dann sind hoffentlich die größten Probleme der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise beseitigt, die Staatsfonds dürften wieder zugreifen und eine bessere Preissituation bei den Rohstoffen stützt den Bovespa. Rohstofflastiger Aktienmarkt Auch aus einem anderen Grund stehen die Börsenampeln noch nicht auf grün. Denn bei einem Kurstreiber, den seit Jahresbeginn wieder zum Teil stark gestiegenen Rohstoffpreisen, sind zwischenzeitliche Rücksetzer nicht auszuschließen. Dabei ist die Situation kurios: Rohstoffe dominieren die brasilianische Börse. LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

33

In der Gesamtwirtschaft haben sie aber eine geringere Bedeutung, als es Konzerne wie Vale (Eisenerzproduzent) oder Petrobras (Öl) vermuten lassen. In der Gesamtwirtschaft ist nämlich der beachtliche Binnenmarkt der Wachstumstreiber. Der Anteil des Exports am Bruttoinlandsprodukt liegt bei lediglich 16 %. Branchenstruktur Aktienmarkt Brasilien 12,0% 29,3%

5,7%

Öl Rohstoffe

7,7%

Banken Versorger Telekom Finanzdienstleister

9,5%

Sonstige

12,1%

23,7%

Quelle: Thomson Reuters, LBBW

34

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

Indexschwergewichte sind hingegen Vale mit 17 % und die halbstaatliche Petrobras mit knapp 22 %. Sie dominieren den 66 Titel umfassenden Bovespa. Gleich danach kommt der Bankensektor mit einem Gewicht von 12 %. Zwei Indexmitglieder, die Banken Itaú und Unibanco fusionieren zum größten Institut Lateinamerikas - und das nicht aus der Not heraus, wie es andernorts so oft geschieht. Hiobsbotschaften aus der Finanzwelt sollten somit nur begrenzte Auswirkungen auf das Börsenbarometer entfalten. Den (Börsen-)Takt geben andere Sektoren vor.

3.2 Russland: Vorsicht angebracht. Energietitel wie Gazprom, Lukoil, Rosneft und Surgutneftegas. Weitere 12,5 % entfallen auf Rohstoffwerte wie Uralkali und Norilsk Nickel. Der wesentliche Treiber des RTS-Index sind daher die Rohstoffpreise, wobei der Ölpreis nahezu alleine die Musik macht. Nach dem jüngsten Anstieg des schwarzen Goldes dürfte der Markt reif für eine Konsolidierung sein und die Impulse für russische Valoren vorerst ausbleiben. Branchenstruktur RTS-Index 7,0% 5,8% 4,8%

Foto: © Internet

Russische Aktien nach schwachem Vorjahr mit stabilem Auftakt 2009 Die kräftige Eintrübung der Konjunktur und die massive Abwertung des Rubel hinterließ am Aktienmarkt seine Spuren. Die relative Schwäche russischer Aktien im Vergleich zu den übrigen Emerging Markets hält nun bereits seit Mitte letzten Jahres an. Seit Beginn diesen Jahres halten sich russische Titel jedoch vergleichsweise gut: Der Euro-Investor hat knapp 14 % Gewinn erwirtschaftet, was vor allem vor dem Hintergrund des miserablen Jahresauftaktes von DAX und Euro Stoxx erfreulich zu nennen ist. Relative Stärke MSCI Russland / MSCI Emerging Markets

120

120

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J

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40

Source: Thomson Datastream

Quelle: Thomson Reuters

Ölaktien sind der Treiber Die Abhängigkeit Russlands vom Ölpreis wurde bereits im ersten Teil dieser Studie skizziert. Dies zeigt sich auch in der Branchenstruktur des Aktienmarktes: Knapp 70 % des 50 Titel umfassenden Index entfällt, gemessen an der gesamten Marktkapitalisierung, auf



Öl

12,5%

Rohstoffe Banken Telekom Sonstige 69,8%

Quelle: Thomson Reuters, LBBW

Politische Unsicherheit sorgt weiterhin für höhere Risikoprämien Zwar verfügen russische Aktien über erhebliche Bewertungsabschläge im Vergleich zu den übrigen Märkten. Ob damit die politischen Risiken derzeit adäquat entgolten werden, ist jedoch fraglich. Die derzeitige Diskussion um eine Megafusion im Rohstoffsektor - aus Norilsk Nickel, Mechel, Evraz, Uralkali und möglichen weiteren Unternehmen soll ein Rohstoffriese geformt werden - sorgt für Unsicherheit. Hierbei dürften weniger die potentiellen Synergieeffekte als vielmehr eine Lösung der Finanzierungsprobleme der beteiligten Konzerne im Fokus stehen. Angestrebt wird unter Umständen auch eine Beteiligung des Staates. Zwar sind die Fusionsspekulationen zuletzt wieder abgeebbt. Die Risiken, denen der hiesige Minderheitsaktionär ausgesetzt ist, bleiben jedoch weiter präsent. Weiter Vorsicht angebracht Angesichts der politischen Risiken sollten Neuengagements jedoch zurückgestellt werden. Haupttreiber für russische Aktien bleibt der Ölpreis. Wer sich an Öltiteln beteiligen möchte, findet derzeit außerhalb Russlands ebenfalls günstig bewertete Aktien.

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

35

3.3 Indien: Der Tiger leckt die Wunden. Sensex 30 12

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Quelle: Thomson Reuters Foto: © Creative IRIS

Kurzfristig belastet Auch die älteste Börse Asiens - die Bombay Stock Exchange (BSE) - konnte sich der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise nicht entziehen. Seit ihrem Höchststand zu Beginn des Jahres 2008 kennen die Kurse in Indien nur noch eine Richtung: Nach unten. Am Ende des Jahres 2008 belief sich das Minus auf über 50 %. Aber auch der Beginn des Jahres 2009 stand unter keinem guten Stern. Ein Bilanzbetrug bei einem der weltweit operierenden Beratungs- und ITService-Unternehmen Indiens hat dem Aktienmarkt des Subkontinents einen Fehlstart beschert. Noch im Jahr 2007 zählte der indische Aktienmarkt angetrieben durch das hohe Wirtschaftswachstum der indischen Volkswirtschaft und der guten Gewinnentwicklung der Unternehmen zu den Gewinnerbörsen weltweit. Auch in den Jahren zuvor konnten sich Indien-Anleger über eine überdurchschnittliche Indexentwicklung freuen. Zwischen Anfang 2003 und Ende 2007 hat sich der BSE-30 (Sensex) mehr als verfünffacht.

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LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

In den Boom-Jahren hatte der Subkontinent viel spekulatives Anlagekapital angezogen. Die Bewertungsrelationen erreichten in den Jahren 2007 und zu Beginn des Jahres 2008 Extremwerte. Inzwischen hat sich die Überbewertung zwar deutlich abgebaut, für eine nachhaltige Erholung ist es allerdings noch zu früh. KGV MSCI Indien

@:INMSCIP(A12PE)

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Source: Thomson Datastream

Quelle: Thomson Reuters

Der indische Tiger dürfte noch einige Zeit brauchen, seine Wunden zu lecken. Vor allem die im April anstehenden Parlamentswahlen dürften in den nächsten Wochen nochmals für Unsicherheit sorgen. Darüber hinaus ist das globale Anlegervertrauen noch nicht zurückgekehrt. Erst eine Stabilisierung an den etablierten Märkten, allen voran in den USA, schafft die Basis für eine steigende Risikobereitschaft der Anleger. Sie ist die Voraussetzung für Investitionen in den Schwellenländern. Der Tiger wird mit Sicherheit nicht als Bettvorleger enden. Er wird sich wieder auf den Sprung machen, sobald die Anzeichen für eine globale Erholung sichtbar werden.

Binnenorientierter Aktienmarkt Im Gegensatz zu vielen anderen asiatischen Volkswirtschaften, deren Erfolgsgeschichte weitgehend auf dem Export von Gütern aller Art basiert, ist die Wirtschaft des indischen Subkontinents mit seinen 1,1 Mrd. Menschen relativ stark auf den Dienstleistungssektor ausgerichtet. Allerdings wird der indische Aktienmarkt hauptsächlich von Öl-, Versorger- und Rohstoffwerten dominiert. Den höchsten Anteil der gesamten Marktkapitalisierung des BSE-30 weist der Mischkonzern Reliance Industries auf. Schwerpunktmäßig betreibt das Unternehmen das Raffineriegeschäft. Unter Sektorenbetrachtung zeigt sich eine stark binnenorientierte Ausrichtung des indischen Börsenbarometers.



Branchenstruktur Sensex 100 6,8%

4,7%

28,1%

7,0%

Öl Versorger Rohstoffe

8,2%

Banken Telekom Technologie Industrie

9,5% 13,3%

Haushaltsgüter Bau

9,9% 12,5%

LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

Quelle: Thomson Reuters, LBBW

37

3.4 China: Der Drache wird’s schon richten. A-Shares und H-Shares

6500

20

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18

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4500 4000

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2007

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2009

4

Source: Thomson Datastream

Shanghai SE A-Shares Hang Seng China Enterprises H-Shares (in Tsd., rechte Skala)

Foto: © Internet

Der Staat greift massiv ein Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Aktienmärkte weltweit fest im Griff. Unter den BRIC-Börsen leitete der chinesische Markt im Oktober 2007 den Abschwung der Schwellenmärkte ein. Vom Oktober 2007 bis zu dem Tief im November 2008 verlor der H-Share-Index über 75 % an Wert. Ein Großteil der Gewinne aus den Jahren 2006 und 2007 löste sich damit in Luft auf. Seit dem Tief im November letzten Jahres konnten sich die Börsen in China allerdings vom allgemeinen globalen Abwärtstrend abkoppeln. Die in Hongkong gehandelten H-Aktien verzeichneten in der Spitze einen Kursgewinn von über 70 %. Das im November von der chinesischen Regierung lancierte Konjunkturprogramm hat der bereits totgeglaubten China-Börse wieder Leben eingehaucht. Darüber hinaus stimulierten die geldpolitischen Lockerungen der chinesischen Notenbank. Das Konjunkturpaket hat einen Umfang von knapp 600 Mrd. US-Dollar. Das Reich der Mitte verfügt mit Devisenreserven im Gegenwert von rund 2 000 Mrd. US-Dollar über die notwendigen Mittel, einem drohenden Konjunktureinbruch entgegenzusteuern.

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LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

Quelle: Thomson Reuters

Die Bewertung des chinesischen Aktienmarktes hat mittlerweile wieder vernünftige Niveaus angenommen. Aus der Bewertungsblase des Jahres 2007 ist nach dem Horrorjahr 2008 viel heiße Luft entwichen. Auch der starke Bewertungsunterschied zwischen den an den chinesischen Festlandbörsen gehandelten AAktien und den in Hongkong gehandelten H-Aktien wurde mittlerweile stark abgebaut. Die A-Aktien an den Börsen in Shanghai und Shenzhen wurden vom Markt im Boomjahr 2007 nahezu doppelt so hoch bewertet als ihre Pendants an der Börse in Hongkong. Mittlerweile ist der Aufschlag wieder etwas zusammengeschrumpft. Ganz dürfte der Bewertungsunterschied nicht verschwinden. Von den Chinesen auf dem Festland können nur die A-Aktien erworben werden. Ein Engagement im Ausland oder an der Börse in Hongkong bleibt ihnen bislang verwehrt. Eine nachhaltige Trendwende am chinesischen Aktienmarkt auszurufen ist noch zu früh. Die Volatilität wird auch in China in diesem Jahr weiter hoch bleiben. Nachdem aber China die Baisse an den Schwellenmärkten einleitete, bestehen gute Chancen, dass China den Haussezug anführen wird. Eine nachhaltige Trendwende dürfte allerdings erst beginnen, wenn die Gewinnrevisionen abgeschlossen sind und eindeutige Anzeichen für eine Wirkung der globalen Maßnahmen zur Stimulierung der Weltkonjunktur erkennbar sind.

Bewertung H-Shares und A-Shares

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Branchenstruktur H-Shares 4,1%

2,2%

1,6% 3,1%

5,7% Banken Versicherungen Öl

8,2%

Rohstoffe Bau Industrie 11,5%

63,7%

Telekom Sonstige

0

KGV H - Shares KGV A - Shares

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Quelle: Bloomberg

Auf Finanzwerte gebaut Mit einem Bankenanteil von über 60 % und einem Versicherungsanteil von über 10 % wird der chinesische Aktienmarkt ganz eindeutig von der Finanzbranche dominiert. Unter den zwanzig Unternehmen mit der größten Marktkapitalisierung befinden sich allein acht Banken- und Versicherungsunternehmen. Wenngleich sich der chinesische Finanzsektor in der Krise bislang vergleichsweise stabil erwiesen hat, macht es den Aktienmarkt dennoch anfällig für weitere Hiobsbotschaften aus der Krisenbranche.



LBBW - Kapitalmärkte BRIC 2009

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Impressum.

Redaktion:

Landesbank Baden-Württemberg Bond Research / Economics Am Hauptbahnhof 2 70173 Stuttgart



Dr. Thomas Gitzel Matthias Krieger Wolfgang Albrecht Christian Götz Frank Klumpp

Telefon: Telefax: E-Mail:

++49/(0)7 11/1 27 -7 92 52 ++49/(0)7 11/1 27 -7 97 56 [email protected]

Layout:

Bettina Drevensek

Redaktionsschluss: 03. April 2009

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Wir weisen darauf hin, dass die Fondsgesellschaften oder diesen nahe stehende Gesellschaften berechtigt sind, Vermittlern (wie etwa Kreditinstituten und somit auch der LBBW) Vermittlungsentgelte oder Bestandsvergütungen zu gewähren. Diese werden derzeit üblicherweise in Abhängigkeit vom vermittelten Fondsvolumen bemessen und in regelmäßigen Abständen an den Vermittler abgeführt. Es wird dem Anleger oder Interessenten in jedem Fall empfohlen, vor einem Erwerb, Verkauf oder einer beabsichtigten Auflösung eines Investments einen steuerlichen Berater oder Wirtschaftsprüfer zu konsultieren. Dies gilt hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Investments, aktueller Änderungen der jeweiligen Steuergesetze sowie der Frage, wie dieses Investment im Privatvermögen oder in der Handels- und Steuerbilanz abzubilden und zu bewerten ist. Vergangenheitsdaten geben keinen Aufschluss über zukünftige Wertentwicklungen. Die vorliegenden Informationen sind nicht als Aufforderung oder Angebot zum Kauf oder Verkauf zu verstehen und nur für den internen Gebrauch bestimmt.

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03/09

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