toten Marken

18 WIRTSCHAFT. Eine starke Marke sei die beste. Versicherung gegen. Insolvenz, raten. Experten. Doch eine solche zu schaffen wird immer schwieriger. Auch.
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18 WIRTSCHAFT

Auf dem Friedhof der

toten Marken SN-THEMA

Es war einmal . . .

REGINA REITSAMER

Sie schüren Emotionen und wecken Erinnerungen. Und manchmal sind Marken so stark, dass sie gleichsam zum Synonym für das Produkt selbst werden. Wer klebt schon in Österreich seine Weihnachtspackerl mit Klebestreifen zu? Hier nimmt man Tixo, selbst wenn das Markenrecht für das durchsichtige Klebeband längst beim Konkurrenten Tesa und damit dem Beiersdorf-Konzern gelandet ist. Auch bei einer Schnupfennase fragt mancher nach einem Tempo, nicht nach einem Taschentuch. Und in die Suppe leert man Maggi statt Suppenwürze. Konzerne geben Millionen aus, um Marken aufzubauen und zu pflegen. Und sie führen erbitterte Rechtsstreite, um ihr Markenrecht vor Konkurrenten zu schützen. „Eine starke Marke ist die beste Versicherung gegen Insolvenz“, sagt Markenexperte Karsten Kilian von Markenlexikon.com. Manchmal freilich reicht das nicht. Seinem Lexikon bekannter Marken hat Kilian im Internet daher gleich einen Markenfriedhof hinzugefügt. Mannesmann ruht hier neben max.mobil. Woran es liegt, dass einst bekannte Marken verschwinden? Meist seien es Managementfehler, oft gepaart mit Fehlern in der Markenführung. SALZBURG.

Ähnlich sieht das Ernst Klicka, Chef des österreichischen Markenartikelverbands. „Nehmen Sie das Beispiel Zielpunkt, das ist ein Klassiker, wie man mit einer Marke nicht umgehen darf.“ Gestartet sei die Supermarktkette als Löwa, später wurde sie Zielpunkt, unter dem Eigentümer Tengelmann kurz zu Plus, um dann wieder in Zielpunkt zurückbenannt zu werden. „Eine Marke ist ein höchst sensibles Gut,

„Marke, das ist 70 Prozent Emotion.“ BILD: SN

Eine starke Marke sei die beste Versicherung gegen Insolvenz, raten Experten. Doch eine solche zu schaffen wird immer schwieriger. Auch heuer verschwanden etliche für immer.

Ernst Klicka,

Markenartikelverband

zu 70 Prozent besteht sie aus Emotion, und die ist schnell weg“, sagt Klicka. Im Fachjargon spricht man vom Lebenszyklus einer Marke: Einführung – Wachstum – Reife – Konsolidierung. Wenn eine Marke gut funktioniere, gebe es immer mehr Mitbewerber, die einen – wenn man nicht aufpasse – rasch überholen könnten, erklärt Kilian. „Der Schwächste wird dann aus dem Markt gedrängt, und das kann auch die Marke sein, die einst alles beherrschte.“ Der Handyproduzent Nokia gilt hier als Paradebeispiel,

iPhone und Smartphone fegten die Finnen vom Markt. In Österreich gelten laut Kilian noch Sonderbedingungen. „Der österreichische Markt ist sehr klein, wodurch expandierende Unternehmen gezwungen sind, auch ins Ausland zu gehen.“ Hier könnten auch politische Entwicklungen in anderen Ländern Marken zum Verhängnis werden. bauMax etwa scheiterte vor allem am Osteuropageschäft. Ob bei Übernahmen der Name einer Marke erhalten bleibe, hänge stark davon ab, wie emotional verwurzelt die Marke bereits sei, meint Kilian. Der englische Sportdiskonter Sports Direct benannte nach der Übernahme die Eybl-Filialen um, nur um kurz darauf zurückzurudern und auf manche wieder Eybl draufzuschreiben. Eine Mehr-Marken-Strategie sei grundsätzlich aber nur dann sinnvoll, wenn mit jeder Marke auf unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werde, etwa eine Billigschiene und ein hochpreisiges Segment. Es gebe auch da kuriose Ausnahmen, meint Kilian: „Nehmen sie Media Markt/Saturn, die gehören zu einem Konzern, bieten im Grunde das Gleiche und stellen sich doch dem Kunden gegenüber als Konkurrenten dar.“ Wohl auch, um nicht als Monopolist wahrgenommen zu werden. Dass eine starke Marke ein schwaches

Unternehmen rette, auch dieser kuriose Fall komme vor. „Bei manchen Kultmarken fällt erst auf, dass sie vermisst werden, wenn sie verschwinden“, erklärt Kilian. In Österreich etwa hat nicht zuletzt eine massive Kampagne in den sozialen Medien der Schwedenbombe nach der Insolvenz der Erzeugerfirma das Leben gerettet. Eine starke Marke zu bilden und auch zu halten, das werde für die Hersteller freilich immer mehr zur Herausforderung, betont Klicka. Die Handelskonzerne – egal ob Lebensmittelhandel, Baumärkte oder Drogerieketten – drängen zunehmend auf die Produktion von Eigenmarken. Gelingt es dem Handel, damit nicht nur höhere Spannen zu erzielen, sondern zudem den eigenen Konzern als Marke zu profilieren und sich von Handelskonkurrenten abzuheben, so bringt das viele Hersteller in die Abhängigkeit von einzelnen Handelskonzernen. Mit dramatischen Folgen, wie jüngst die Zielpunkt-Pleite zeigte, die auch den Fleischzulieferer Schirnhofer in die Insolvenz riss.