Tag des Lichts

Gräfelfing, einem Vorort von München. Als meine Eltern dort unser Haus erworben hat- ten, war es noch keine so teure Wohngegend wie heute. Meine Eltern ...
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Sabine Schinagl

Tag des Lichts Fantasy

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© 2015 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2015 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: fotolia: jaune & bleu Datei: #14075316 | Urheber: Y. L. Photographies Printed in Germany

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ISBN 978-3-8459-1625-5 ISBN 978-3-8459-1626-2 ISBN 978-3-8459-1627-9 ISBN 978-3-8459-1628-6 Mini-Buch ohne ISBN

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Sage nie, das kann ich nicht Sage nie, das weiß ich nicht Sage nie, ich bin allein

Du weißt alles, was du wissen willst Du kannst alles, was du können willst Du bist allein, wenn du es willst

Frage dich, was willst du sein? Frage dich, wo willst du hin? Frage dich, muss ich fragen?

Finde und suche dich selbst und du wirst keine Fragen mehr finden. Dann bist du der, der du bist.

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Kapitel 1 Wie soll sich ein Mensch verhalten, was soll ein Mensch denken und fühlen, wenn plötzlich, wie aus dem Nichts, alles anders ist, und eigentlich doch nichts anders ist als vorher? Die Welt hat sich für mich verändert, sie ist anders, schöner und aufregender geworden. Zwar lastet jetzt viel Verantwortung auf meinen Schultern, aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Mein Leben hat sich komplett gewandelt, ich habe Dinge erfahren und gesehen, die ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können. Vieles war einfach umwerfend, fantastisch, aber auch unheimlich und beängstigend! Oft hatte ich Schwierigkeiten, mich den neuen Anforderungen zu stellen. Oft hatte ich keinen Mut mehr, wollte der geistigen Welt den Rücken kehren und alles hinwerfen. Wieso ich nie aufgegeben habe? Wegen der Menschen, die mir zur Seite standen. Auch die geistige Welt 5

gab mir viel Kraft, wohl auch weil sie viel von mir verlangte, mich aber nie alleinließ! Ja, wie finde ich jetzt die richtigen Worte? Gar nicht so einfach, wenn sich ein Laie, der ich nun mal bin, hinsetzt und das Erlebte niederschreibt. Und dazu soll es noch spannend und farbenfroh gestaltet sein! Aber ich werde mein Bestes geben. Ich bin Elisabeth Tainer. Fangen wir doch gleich mal bei mir an. Ich bin verheiratet und eigentlich auch wieder nicht. Zu Beginn der Siebzigerjahre wohnten wir in Gräfelfing, einem Vorort von München. Als meine Eltern dort unser Haus erworben hatten, war es noch keine so teure Wohngegend wie heute. Meine Eltern beschlossen vor fünfundzwanzig Jahren auszuwandern, einfach so, sie wollten noch einmal etwas Neues erleben. Neuseeland hieß ihr Traumziel und hier sind sie heute noch zufrieden. Ich war damals alles andere als glücklich, im Gegenteil, ich war wütend und fühlte mich alleingelassen. Ich war erst einundzwanzig Jahre jung und sollte ganz alleine leben. Wenn ich wenigstens 6

Geschwister gehabt hätte, aber das war nicht der Fall, ich war ein Einzelkind. Oft sprach ich mit meinen Eltern und bat sie zu bleiben, da ich sie noch brauchte, weil ich sie liebte und mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen konnte. Aber sie sagten, dass sie sich nun mal so entschieden hätten. Ich sei alt genug und würde mein Leben meistern. Sie würden immer für mich da sein und es gebe ja schließlich auch das Telefon. Ich konnte machen, was ich wollte, ich schrie, verletzte sie mit Worten, kam einfach nicht nach Hause, aber es brachte nichts. Dann kam der Tag der Abreise. Meine Eltern hofften, dass ich mit zum Flughafen fahren würde, aber das tat ich nicht. Ich war die Nacht vorher bei einer Freundin und dann sah ich sie erst Jahre später wieder. Mein Verhältnis zu ihnen hat sehr gelitten und ich habe ihnen lange nicht verzeihen können, obwohl meine Eltern mir viel gegeben haben, vor allem die Herzensliebe, Geduld, Achtsamkeit, Respekt und vieles mehr, aber den Trieb auszuwandern habe ich nicht übernommen. Ich 7

liebe meine Heimat Bayern, mein München, die Berge und die Mentalität der Bayern. Sie sind lebensfroh und gleichzeitig ein wenig eitel, tolerant, lustig und hilfsbereit. Ich selbst beklage mich zwar oft über den Fön, diese Hochdrucklage durch die Berge, jedoch bringt sie den Bayern auch viele schöne, warme Tage. Also beschwere ich mich nicht über meine Kopfschmerzen, die mich dann immer ereilen. Aber ich schweife ab, nun wieder zu mir. Ich studierte mit Hingabe an der Uni, das Verhältnis zu meinen Eltern stabilisierte sich und ich konnte ihnen dann endlich verzeihen. Ich lernte viele Studenten, auch aus anderen Fachrichtungen, kennen und eines Tages traf ich ihn: Sebastian Tainer, die Liebe meines Lebens. Er studierte Journalismus und wollte schon damals die ganze Welt bereisen, um die besten Geschichten schreiben zu können. Sebastian trug mich auf Händen, er las mir jeden Wunsch von den Augen ab. Nach einem Jahr heirateten wir und lebten zusammen im Haus meiner Eltern. Sebastian war nicht nur ange8

tan von dem schmucken, alten Haus, er war auch begeistert, da wir ja nur die Nebenkosten tragen mussten, denn das Haus war schuldenfrei. Für Studenten ist so etwas einfach purer Luxus, denn die Mieten waren damals auch schon gehobener als anderswo, aber noch bezahlbar im Gegensatz zu heute. Wir besaßen also wirklich etwas Besonderes mit unserem kleinen, aber feinen Haus. Es hatte einen eingewachsenen Garten mit schönen Blumenbeeten, die ich versorgte, so gut es ging, denn einen besonders grünen Daumen besaß ich damals ebenso wenig wie heute. Ich gab aber immer mein Bestes und der Garten dankte es mir, indem es mal mehr oder weniger blühende Blumen gab. Unser Leben war perfekt. Wir liebten uns und wollten nie voneinander getrennt sein. Das Leben hat uns jedoch eines Besseren belehrt. Sebastian war und ist Journalist. Er war immer auf der Suche nach der spannendsten Story. Die besten und interessantesten Geschichten findet er nun aber nicht immer vor der Haustür. Somit kön9

nen Sie sich denken, dass mein Mann viel auf Reisen war. In den ersten Jahren passte auch alles, das heißt, wir waren so verliebt, dass wir die wenige Zeit, die wir zusammen verbringen konnten, intensiv nutzten. So oft es ging fuhren wir in den Urlaub, ob nun eine Woche, zwei Wochen oder nur ein Wochenende! Wir liebten und lebten intensiv und wir waren glücklich. Die Krönung unserer Liebe aber waren unsere zwei Kinder Quirin und Isabelle, die nur Isa gerufen wird. Wir vier waren glücklich, drei von uns tolerierten das unruhige Leben von Sebastian jedoch immer weniger. Nicht nur mir, auch den Kindern fehlte der Vater. Ganz besonders an wichtigen Tagen wie zum Beispiel am ersten Schultag, an dem er auch nicht anwesend war, sondern wieder einmal auf einer Reise, um die beste Geschichte zu recherchieren. Ich konnte und wollte ihn auch nicht mehr entschuldigen, darum zog er dann eines Tages aus. Natürlich flossen viele Tränen, böse Worte fielen, jedoch war und ist es die beste Entscheidung gewe10

sen. Wir drei richteten uns fortan unser Leben ein, ohne auf den Vater oder Mann zu warten. Sebastian hielt aber immer den Kontakt zu den Kindern aufrecht, ob per Telefon, Postkarte oder Mail und so oft es ging besuchte er unsere Kinder und unternahm etwas mit ihnen. Das Verhältnis stabilisierte sich und die Kinder akzeptierten es nach einiger Zeit, ich kann gar nicht mehr sagen, wann es war, aber es spielt ja nun auch keine Rolle mehr. Mein Studium hatte ich nach der Geburt von Isa nicht mehr beendet, was sich nun als Fehler erwies, denn als ich alleine mit meinen Kindern dastand, zahlte Sebastian zwar Unterhalt und unterstützte mich und die Kinder, aber ich wollte mein eigenes Geld verdienen. Ich überlegte lange – was kam für mich infrage? –, aber es fiel mir wirklich rein gar nichts ein. Der Zufall kam mir zu Hilfe und damals wusste ich noch nicht, dass es keine Zufälle im Leben gibt, sondern alles Bestimmung ist. Jedenfalls fiel mein Blick auf eine Zeitungsannonce. Die Maklerin Sybille Meinrad suchte 11

für ihr Immobilienbüro eine engagierte und flexible Mitarbeiterin, ein Mädchen für alles ohne Hintergrundwissen. Ich beschloss mich zu bewerben und wurde prompt eingeladen. Dennoch erwartete ich nicht allzu viel. Schließlich war ich ja nicht so flexibel wegen der Kinder, außerdem wäre es eine völlig neue Aufgabe für mich. Trotzdem hatte ich eine positive Einstellung. Wir wollten uns im Büro treffen, im Herzen von München in der Marsstraße. Schon von Weitem konnte ich ihr Firmenschild an einem modernen Geschäftshaus erkennen, in dem sich auch ein Anwaltsbüro, ein Steuerberater und ein Architekt befanden. Ich war sehr aufgeregt, aber als sie die Tür öffnete, fiel die Anspannung von mir ab. Vor mir stand eine Frau mit blonden, halblangen lockigen Haaren, blauen Augen und lustigen Sommersprossen um die Nase. Mit einem strahlenden Lächeln gab sie mir die Hand. „Grüß Gott, ich nehme an, Sie sind Frau Tainer?‚ Ich nickte und drückte ebenfalls lä12

chelnd ihre Hand. Freundlich fuhr sie fort: „Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Kommen Sie bitte herein.‚ Frau Meinrad führte mich in ihr Büro, das sehr liebevoll eingerichtet war, nicht überladen, sondern zweckmäßig. Sofort fiel mir ihr aufgeräumter Schreibtisch auf. Bei mir ist alles vergleichsweise chaotisch, deshalb suche ich auch ständig etwas, aber bei ihr war das offensichtlich anders. Sie fragte mich, warum ich mich auf ihr Inserat beworben habe und ich schluckte kurz, denn ich wollte mich gut in Szene setzen. Aber dann redete ich einfach ohne Punkt und Komma und am Schluss kannte sie mein ganzes Leben. Ich war beeindruckt, denn sie unterbrach mich nicht ein einziges Mal und als ich am Ende meines Monologs angekommen war, bedankte sie sich bei mir. Dann erklärte sie mir, was für Aufgaben auf mich warten würden: Ich solle Termine abstimmen, vereinbaren, mich um die Post kümmern und falls nötig einen Besichtigungs13

termin übernehmen. Dafür würde sie mich aber genau anweisen und einarbeiten. „So, genug geredet. Jetzt zeige ich Ihnen noch mein kleines Reich.‚ Mit einem Lächeln stand sie auf und führte mich nach nebenan. Hier erwartete mich ein weiterer großer Raum, von dem die beiden Arbeitszimmer abgingen und der gemütlich mit einer Couch, Tisch und Sesseln eingerichtet war. Anscheinend liebte sie die Farbe Blau, denn es war alles in Blau gehalten: Sessel, Couch und ein kleiner, runder Glastisch. Dann sagte sie zu mir, dass sie noch andere Bewerbungen habe und sich in zwei Wochen bei mir melden würde. Mir war natürlich klar, dass ich nicht die einzige Jobsuchende sein konnte. Nach dem Gespräch hatte ich aber ein gutes Gefühl und es stellte sich als richtig heraus, denn ich bekam den Job und mehr noch: Ich fand in der Unternehmerin nicht nur eine kollegiale Chefin, sondern eine wunderbare Freundin, mit der ich auf der gleichen Wellenlänge surfte. Ich lernte von ihr sehr, sehr viel, sie schick14

te mich zu Schulungen und bald ging ich ganz auf in meinem neuen Beruf als Immobilienmaklerin. Mit meinen Kindern war es auch kein Problem, denn vielleicht weil sie selbst keine hatte wurde sie für meine zwei eine gute Freundin und sie „adoptierten‚ sie als Tante Billa! Dabei blieb es, sie war für uns Billa. Ja, ich hatte Glück, ich fand nicht nur eine Anstellung und ein Auskommen, ich fand die beste Freundin, die ich je hatte. Meine Billa. Sie erfuhr alles über mich und ich alles über sie. Sie erlebte die Höhen und Tiefen meiner Kinder, sprich Schule und Pubertät, ihre ersten Verliebtheiten, einfach alles. Billa war auch für mich ein offenes Buch und ich erfuhr von ihrer ersten Ehe, ihrer Scheidung, ihren Wünschen und Sehnsüchten. Ich fand in Billa vieles, was mir meine Eltern noch hätten geben sollen: eine Schulter, an der ich mich ausweinen konnte und einen Menschen, mit dem ich Pferde stehlen konnte. Ich hatte solches Glück! 15