Start mit einem Senkrechtstarter

14.07.2018 - um zu sich selbst zurückzufinden. Dafür greift der gestresste Manager gerne tief in die Jackettasche. Wie konnten wir nur so unsensi- bel sein?
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Allgäu-Kultur

NUMMER 160

SAMSTAG, 14. JULI 2018

Zugabe VON ELKE HERMANN & CLAUDIA LAU

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Baden im Wald

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Gestern Abend am (leeren) Forggensee: Sting und Shaggy locken 8000 Fans Karibisches Flair am Forggensee, das war der Plan für das Open-Air-Konzert des Pop- und Rockstars Sting und des Reggae-Musikers Shaggy am Füssener Festspielhaus. Die beiden hatten mit einem gemeinsamen, entspannten Album

überrascht und die Charts geentert. Ein maroder Damm sorgt derzeit allerdings für einen See ohne Wasser. Davon ließen sich gestern Abend 8000 Fans aber nicht die Laune vermiesen. Schließlich passte das Wetter. Zum Auftakt des

Konzerts sorgte die Rockband Killin’ Jane für Stimmung im Barockgarten (Foto). Wie dann im Anschluss die beiden befreundeten und so unterschiedlichen Stars ankamen, das lesen Sie am Montag in unserer Zeitung. mdu/Foto: Ralf Lienert

Start mit einem Senkrechtstarter Klassikfestival Der Oberstdorfer Musiksommer präsentiert vielversprechende junge Künstler. Der 14-jährige Cellist Lionel Martin eröffnet den Reigen der 17 Konzerte. Diesmal werden neun Meisterkurse angeboten VON KLAUS SCHMIDT Oberstdorf Er ist 14 Jahre alt, und er spielt schon sehr reif. Das sagt Eckhard Fischer über einen Senkrechtstarter in der Klassik-Szene, den Cellisten Lionel Martin. Er ist der Solist im Eröffnungskonzert des Oberstdorfer Musiksommers. Das Klassikfestival bietet vom 26. Juli bis 12. August 17 Konzerte an. In fünf von ihnen präsentiert der künstlerische Leiter Eckhard Fischer, Professor für Geige an der Musikhochschule Detmold, vielversprechende junge Künstler.

Lionel Martin spielt – zusammen mit dem Stuttgarter Kammerorchester – das erste Cellokonzert von Haydn. Der Cellist wird unter anderem gefördert von der Anne-Sophie-Mutter-Stiftung. Mit dieser Nachwuchsförderung der Weltklasse-Geigerin ist das Oberstdorfer Festival verbunden. Aus dieser Talentschmiede stammt auch die südkoreanische Geigerin Ye-Eun Choi. Sie wird Violinsonaten von Beethoven, Schumann und Ravel mit dem Pianisten Till Hoffmann interpretieren (31. Juli). Den hatte Eckhard Fischer beim vergangenen Festival

als Partner eines anderen Musikers kennen und schätzen gelernt. Ebenfalls koreanische und deutsche Musiker vereint das Klaviertrio Gaon. Es räumt seit 2015 Preise bei internationalen Wettbewerben ab und stellt sich mit Werken von Beethoven, Mendelssohn Bartholdy und Jean Françcaix vor (28. Juli). Als freches junges Ensemble der AltenMusik-Szene gilt „Four Times Barock“ (9. August). Das Quartett hat bereits bei einigen Festivals für Furore gesorgt und soll im Herbst von Rolando Villazón in dessen Fernsehsendung „Stars von morgen“

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präsentiert werden. Mit dem Dr.Konstanze-Koepff-Röhrs-Förderpreis ist im vergangenen Jahr beim Musiksommer der Pianist Viktor Soos ausgezeichnet worden. Er gestaltet heuer einen eigenen Klavierabend mit Werken von Schumann und Prokofjew (29. Juli). Als Nach-

100 Studenten aus 18 Nationen bei Meisterkursen wuchskünstler des Jahres hatten im vergangenen Jahr die Mitglieder des Klavierquartetts „Notos“ einen „Echo Klassik“ erhalten. Sie haben den Preis nach dem Skandal um die diesjährige Vergabe zurückgegeben. Beim Musiksommer werden sie das Konzertprogramm mit Werken von Mozart, Brahms und Mahler beschließen (12. August). Neben solchen jungen Künstlern treten auch renommierte Stars der Klassikszene auf, die Meisterkurse beim Festival geben. So gestaltet Geiger Sebastian Schmidt mit seinem Mandelring-Quartett und der Marimba-Virtuosin Katerzyna Mycka ein Programm von Haydn bis Bernstein (1. August). Bariton Thilo Dahlmann interpretiert zusammen mit dem Pianisten Götz Payer Schuberts Liederzyklus „Winterreise“ (3. August). Weitere Professoren treten zusammen bei einem Dozentenkonzert auf (4. August). Neun Meisterkurse bietet heuer der Musiksommer an, für die sich über 100 Studenten aus 18 Nationen angemeldet haben – von Korea bis Kanada und von Island bis Italien. Die Riege der Professoren führt dabei der 87-jährige Geiger Igor Ozim vom Mozarteum in Salzburg an. Neu in der Professoren-Riege ist die Geigerin Maria-Elisabeth Lott von der Musikhochschule in Detmold.

Bereits ausverkauft sind der Klavierabend mit Viktor Soos und das Konzert des Gémeaux-Quartetts auf dem Fellhorngipfel. Nur noch Karten, wenn das Wetter schön ist, gibt es für das Konzert mit dem JouristEnsemble auf dem Nebelhorn (30. Juli). Ein drittes Konzert auf einem Berggipfel findet heuer auf der Kanzelwand statt. Dort blättert das Trio „Flood ’n’ Fire“ ein „Classic Rock Songbook“ auf (11. August). Ebenfalls ein Programm aus dem „Unterhaltungssektor“, wie Eckhard Fischer sagt, hält das Swing Fagottett bereit (27. Juli). Anspruchsvolles bietet das Bayerische Landesjugendorchester: Werke von Bartók bis Bernstein (5. August). Wie in den vergangenen Jahren hat der Musiksommer ein Gesamtvolumen von etwas über 200 000 Euro, von dem das Festival 45 Prozent selbst erwirtschaften will, wie Eckhard Fischer sagt. 55 Prozent steuern Förderer bei. Bisher sind über ein Drittel der Karten verkauft. „Wir waren nie besser zu diesem Zeitpunkt“, sagt Fischer: Jetzt hofft das Festival-Team, das die Nachfrage wieder kräftig ansteigt. Vergangenes Jahr wurden 3500 Karten verkauft.

Konzerte und Karten ● Die meisten Konzerte finden im OberstdorfHaus statt. ● Das vollständige Programm ist im Internet zu finden unter www. oberstdorfermusiksommer.de ● Karten im Vorverkauf: im Festival büro, Telefon 08322/959 20 05, im OberstdorfHaus, Telefon 08322/700 21 00 und in den Ser vicecentern unserer Zeitung in Im menstadt und Kempten.

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Erst 14 Jahre, aber schon ein reifer Interpret: Cellist Lionel Martin spielt beim Musik sommer mit dem renommierten Stuttgarter Kammerorchester. Foto: David Ausserhofer

ie Japaner haben es mal wieder geschafft. Sie haben einen neuen, innovativen Trend angestoßen und sind uns, nicht zum ersten Mal, meilenweit voraus. Und das nicht etwa in technischer Hinsicht. Nein! Dank Professor Iwao Uehara trifft sich die oberste Management-Ebene nicht länger in computerbasierten Hightech Locations, sondern – ganz erdig – im Wald! Und das natürlich nicht allein, wäre ja auch viel zu gefährlich, sondern mit ausgebildeten Therapeuten und Coaches. Unter deren Aufsicht schleppen hochbezahlte Krawattenträger in Fernost dicke Bäumstämme übers Moos, um sich dabei mental mit den Gerüchen und Geräuschen des Waldes zu verbinden. Waldbaden heißt das! Jetzt ist der Hype auch bei uns angekommen, wie wir in der neuen „Frau und Familie“ nachlesen konnten: Die Energie des Waldes hilft bei Burnout und Depressionen. Ja! Denn das Einatmen harziger Baumausdünstungen wirkt antibakteriell und belebend auf den gesamten Organismus. Christine Müller, die deutsche Pionierin der „Waldwellness“ weiß, was der moderne Gast im Luxushotel wünscht: Morgens unter Baumwipfeln spazieren gehen und dazwischen immer wieder angeleitete Atemübungen auf der eigens im dichten Forst errichteten YogaPlattform. Sich im Wald verlaufen, um zu sich selbst zurückzufinden. Dafür greift der gestresste Manager gerne tief in die Jackettasche. Wie konnten wir nur so unsensibel sein? Wir haben den Wald sozusagen vor lauter Bäumen nicht gesehen. Haben als Kinder stundenlang – nur so zum Spaß – dicke Äste den Abhang hochgezogen, um Hütten zu bauen, die nie fertig wurden. Saßen dann später mit den eigenen Kindern beim gemeinsamen Dammbau an diesem kleinen Bachlauf im Wald hinterm Haus. Einfach so. Haben den Wald geatmet, ohne ihn dabei zu spüren. Wussten ja nicht, wie gesund das alles ist … Der Gatte übrigens ist wie elektrisiert, als wir ihm davon erzählen. Wenn Bäume so gut tun, sinniert er, dann wolle er die anstehenden Holzarbeiten doch gerne den ausgebrannten Juniorchefs von morgen überlassen. Und sein väterlicher Blick fällt liebevoll auf den eigenen Nachwuchs.

Junger Reiseblogger liest aus seinem Mutmacherbuch Bad Grönenbach Er gilt als Deutschlands jüngster Reiseblogger: Marian Grau. Der 15-Jährige liest am Samstag, 14. Juli (17 Uhr), im Pavillon der evangelischen Kirche am Marktplatz in Bad Grönenbach aus seinem ersten Buch. In „Bruderherz: Ich hätte dir so gern die ganze Welt gezeigt“ erzählt er eine ganz persönliche Geschichte. Marian war neun Jahre alt, als der zwei Jahre älterer Bruder Marlon an der seltenen Stoffwechselkrankheit Morbus Leigh starb. Marian wäre mit ihm gern um die Welt gereist, denn Reisen ist seine Leidenschaft: Er organisiert die Reisen mit seiner Mutter und veröffentlicht seine Erlebnisse in einem Reiseblog „GeoMarian“ (www. geomarian.de). Mit seinem Buch möchte Grau vor allem Familien erreichen, die ein krankes Kind haben oder die den Tod eines Kindes verkraften mussten. „Es ist ein Mutmacherbuch“, sagt Grau. Der Eintritt zur Lesung, die der Förderverein für das Kinderhospiz St. Nikolaus organisiert, ist frei. (az)