Speech by Gunter Gloser


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Ansprache Herr Günter Gloser, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland in Vertretung des Außenministers der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Frank-Walter Steinmeier Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren Präsidentinnen, Präsidenten, sehr geehrter Mr. Pabriks, meine sehr verehrten Damen und Herren, aber auch lieber Franz Thönnes als den Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses der Ostseeparlamentarier, ich begrüße Sie alle sehr herzlich hier bei uns in Berlin. Die deutsche Hauptstadt, das wissen Sie,

liegt

nicht

an

der

Ostsee,

aber

ein

passender

Ort

für

die

diesjährige

Ostseeparlamentarierkonferenz ist sie dennoch. Und das nicht nur, weil die Ostsee für Berliner ein nahes und auch ein sehr beliebtes Urlaubsziel ist, so sehr, dass man in den vergangenen Zeiten so manches Ostseebad liebevoll die „Badewanne Berlins“ nannte. Auch an der Ostseekooperation ist Berlin aktiv beteiligt - durch Mitarbeit in der Organisation der Ostseehauptstädte, den Baltic Metropoles. Und für viele von Ihnen ebenso wie für viele Menschen aus Ihren Ländern ist Berlin eine vertraute Gastgeberin. Die Stadt ist nicht nur ein beliebtes Reiseziel für Reisende aus der Ostseeregion. Gerade in den letzten Jahren haben sich auch immer mehr Menschen aus den Anrainerstaaten der Ostsee hier dauerhaft niedergelassen. Sie schätzen die offene, sie schätzen die kreative Atmosphäre in dieser Stadt, und ich hoffe, dass sich auch Ihre Konferenz davon inspirieren lassen wird. Meine Damen und Herren, die Themenpalette Ihrer diesjährigen Zusammenarbeit ist breit. Wir haben das vielfach gehört. Regionale Zusammenarbeit, die Arbeit, Beschäftigung, soziale Wohlfahrt und Meerespolitik. Für eineinhalb Tage scheint mir das mehr als genug. Dies verdeutlicht aber zweierlei. Erstens, unser gemeinsames Interesse an der Ostsee ist groß und weit angelegt. Das haben die Beiträge aller meiner Vorredner deutlich unterstrichen. Und zweitens, in allen diesen Bereichen

brauchen wir Impulse und Anstöße auch aus dem parlamentarischen Raum. Ich erhoffe mir deshalb intensive und weiterführende Diskussionen. Eines eint uns alle in diesem Raum: die Ostsee - das ist unser „Mare Nostrum“, die Ostsee – das ist unser Meer. Wir alle profitieren von den überaus engen Verbindungen, von den Handelswegen und den Transportrouten, die die Ostsee bietet. Unsere gemeinsame Nachbarschaft am größten Binnenmeer der Welt birgt große Chancen und Möglichkeiten. Wir wollen sie gestalten, ausbauen, intensivieren und schützen. Dabei ist die Ostseezusammenarbeit, das kann man heute schon sagen, eine der ganz großen Gewinnerinnen der politischen Neuordnung nach dem Ende des Kalten Krieges. Wie Berlin durch eine Mauer, so war auch die Ostsee gleichsam zweigeteilt in Ost und West. Der Fall des Eisernen Vorhangs hat die Kooperation zwischen den Küstenländern in einer Weise neu belebt, die inzwischen weit über die Region hinaus Modellcharakter hat. Nicht ohne Grund schaut man auf den Ostseeraum, wenn man am Schwarzen Meer oder auch auf dem Balkan nach Vorbildern für eine erfolgreiche Kooperation sucht. Die Präsidentin des georgischen Parlaments hat es ja auch unterstrichen. Ich denke, darauf können wir, Bürger wie Politiker, auch ein wenig stolz sein. In den vergangenen 15 Jahren haben sich die Rahmenbedingungen für die Ostseekooperation erheblich gewandelt, zum Positiven wie ich meine. Die Europäische Union ist durch die Erweiterungsrunden 1995 und 2004 viel stärker präsent geworden im Ostseeraum als noch zu Beginn der 90er Jahre. Und davon profitieren wir alle durch mehr und erleichterten Handel, durch besseren Umweltschutz und durch eine Vielzahl von Projekten, die die Europäische Union im Ostseeraum finanziell unterstützt, um nur einige der positiven Effekte zu nennen. Vor einigen Monaten bot das Außenministerttreffen des Ostseerates in Malmö Gelegenheit, Bilanz zu ziehen. Vieles, was unsere Kooperation dort vor 15 Jahren vorantrieb, ist heute selbstverständlich geworden. Sicherheit durch Kooperation, Kooperation über maritime Grenzen hinweg, enger, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Austausch auch zwischen den Zivilgesellschaften unserer Länder, zwischen Städten und Gemeinden. An kaum einem Meer wird das so intensiv praktiziert wie rund um die Ostsee. Dennoch ist es nicht Zeit, auf unseren Erfolgen auszuruhen. Im Gegenteil, der Ostseeraum bietet ein Potential, das wir bei weitem noch nicht ausgeschöpft haben.

Wir Anrainerstaaten teilen auch zukünftig ganz spezifische regionale Interessen. Dazu gehört die Wirtschaftsentwicklung der Region, dazu gehört auch die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger gegenüber organisierter Kriminalität und Menschenhandel in der Region, und dazu gehört der große Fonds gemeinsamer geschichtlicher und kultureller Erfahrungen, aus dem wir auch in Zukunft schöpfen wollen. Die immer intensivere Nutzung und Bewirtschaftung der Ostsee stellt uns heute und in Zukunft ganz besonders vor eine Aufgabe – die Erhaltung der Ostseeumwelt. Eines ist leider wahr: Den Völkern an der Ostsee geht es immer besser, der Ostsee selbst aber immer schlechter. Trotz aller Anstrengungen die - Indizes weisen in die falsche Richtung. Hier müssen wir dringend gegensteuern, und hier kann auch nicht nur die Europäische Union gefragt sein. Der Erhalt und Schutz der Ostsee ist unser besonderes Interesse als Anrainerstaaten, und deshalb begrüße ich ausdrücklich die Arbeiten am Aktionsplan zum Schutz der Ostsee, den unsere Kollegen aus dem Umweltressort im Rahmen der HelsinkiKommission noch in diesem Jahr zu Ende führen wollen. Politisch möchte ich noch einen Aspekt hervorheben, der die weitere Verstärkung der Ostseekooperation aus meiner Sicht alternativlos macht. Die Ostsee ist auch heute trotz aller Erweiterungen kein Binnenmeer der Europäischen Union. Zu den Anrainerstaaten gehört auch Russland, und was wäre die Ostsee ohne ihre größte Metropole, Sankt Petersburg? Umgekehrt war gerade die Ostsee für Russland immer ein ganz wichtiges Fenster nach Europa. Über praktische und ergebnisorientierte Zusammenarbeit im Ostseeraum haben wir eine weitere Möglichkeit, Russland in das europäische Beziehungsgeflecht einzubinden, und ich unterstreiche das, wir sollten sie auch in Zukunft nutzen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wünsche mir, dass wir die Ostseeregion als eine Modellregion für nachhaltiges und wissensbasiertes Wirtschaftswachstum weiter entwickeln. Stichworte hierzu sind Innovation und Bildung, Ausbau der Verkehrswege, Stärkung der maritimen Wirtschaft, Nachhaltigkeit der Ostseenutzung, schließlich auch verstärkte Jugendkooperation, um gerade unter jungen Menschen das Verständnis für Kultur und Sprachen des Ostseeraumes zu fördern.

In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, wünsche ich Ihnen in den kommenden beiden Tagen fruchtbare Diskussionen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!