Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 18. Dezember ... - JD Supra

18.12.2012 - tigkeiten betreffend das Recht auf Information überflüssig. .... legal or other professional advice, and should not be relied on or treated as a ... No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system, or.
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OLIVER ARTER, CONSULTANT, ATTORNEY AT LAW

Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 18. Dezember 2012, BGer. 5A_434/2012, – Trust / Sicherungsinventar

Citation: Oliver Arter, Schweizerisches Bundesgericht, II. Zivilabteilung, Urteil vom 18. Dezember 2012, BGer 5A_434/2012, mit Anmerkungen von Oliver Arter, AJP/PJA 10/2013, 1534seq, Dike Verlag, Zürich/St. Gallen, Switzerland.

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2.

Privatrecht / Droit privé

2.5. Erbrecht – allgemein / Droit des successions – en général 2.5.2. Erbgang/ Successions (2) Erbrechtliches Sicherungsinventar (Art.  553 ZGB). Auskunftsrecht der Inventarbehörde gegenüber Dritten. Vermögenswerte eines Trusts. Schweizerisches Bundesgericht, II. Zivilrechtliche Abteilung, Urteil vom 18. Dezember 2012 i.S. A.X. und B.X. c. L., BGer 5A_434/2012, Beschwerde gegen den Entscheid der Zivilkammer der Cour de justice des Kantons Genf vom 7. Mai 2012.

Oliver Arter

lic. iur. HSG, TEP, Rechtsanwalt, Zürich

I. Sachverhalt (Übersetzung aus dem französischsprachigen Original durch den Rezensenten) A. A.a X., britischer Staatsangehöriger, geboren am 26. Mai 1920, ist am 13. Februar 2003 in Genf, wo er seinen letzten Wohnsitz hatte, verstorben. Er hinterlässt als Erben seine beiden Töchter A.X. und B.X. C., welche der Erblasser seit längerer Zeit kannte, war von 1996 oder 1997 bis zu seinem Tod seine Lebenspartnerin. A.b X. hat ein vom 7. April 1997 datiertes handschriftliches Testament hinterlassen, mittels welchem er sein gesamtes Vermögen zu gleichen Teilen seinen Töchtern vermacht und in welchem er Herrn M. als Willensvollstrecker er­ nennt. Dieser akzeptierte seine Ernennung zunächst, bevor er am 15. Februar 2005 sein Amt aufgrund von Schwierig­ keiten, denen er bei der Ausführung seines Mandats begeg­ nete, niederlegte. Seinen gesamten Nachlass hat der Erblas­ ser dem englischen Recht unterstellt. Mit handschriftlichem Nachtrag vom 12. November 1997 erklärte der Erblasser, gewisse Werke von Diego Gia­ cometti seinen Töchtern und C. zu vermachen. A.c Im Laufe der letzten Jahre seines Lebens erhielt X. beträchtliche Geldbeträge, die dazu bestimmt waren, die Bedürfnisse des Haushalts, welchen er zusammen mit C.

Der Autor bedankt sich bei lic. iur. Miriana Emanuele, Zürich, Eva Wettstein, Kommunikatorin FH, Zürich, und Nadine Läser, Zü­ rich, für ihre wertvolle Mitarbeit beim Verfassen dieses Artikels so­ wie für die Abschlussredaktion.

führte, zu decken. Diese Geldmittel stammten von einer Gruppe von Offshore-Gesellschaften, bestehend aus den Gesellschaften D. mit Sitz in Panama und E. Ltd mit Sitz auf den Bermudas. Beide Gesellschaften wurden durch den Trust Y. gehalten. Die Gesellschaft F. fungierte als ­Trustee des Trusts Y. Letzterer ist ein Ermessenstrust nach dem Recht der Britischen Jungferninseln. X. war weder Errich­ ter noch ernannter Begünstigter dieses Trusts; alle Ausga­ ben des Trusts wurden aber dennoch gemäss den Wünschen des Erblassers getätigt, welcher in regelmässigem Kontakt zur G.H. AG und G.I. AG (nachfolgend: G.), mit Sitz in Genf und Panama, stand. Diese dienten als Intermediäre der vorne genannten Offshore-Gesellschaften und tätigten Barauszahlungen an den Erblasser und seine Lebenspartne­ rin. Ein Gesamtbetrag in der Höhe von CHF [xxx] wurde insbesondere zwischen 1998 und 2000 bezogen. C. hat zu­ dem zwischen dem 22. Dezember 1999 und dem 25. Januar 2001 in drei Raten einen Betrag in der Höhe von CHF [xxx] für die Hypothek im Zusammenhang mit dem Kauf einer Wohnung erhalten. A.d Auf Antrag von A.X. hat das Genfer Vormundschafts­ gericht am 2. Februar 2001 X. vorläufig die Handlungsfä­ higkeit entzogen und Rechtsanwalt K. als vorläufigen ge­ setzlichen Vertreter ernannt. A.e Mit Verfügung vom 3. März 2003 hat das Genfer Frie­ densgericht («Justice de paix») auf Antrag von A.X. die Er­ stellung eines erbrechtlichen Inventars über den Nachlass von X. angeordnet und Herrn L., Notar in Genf, damit be­ auftragt. Nach wiederholter Aufforderung des Friedensgerichts wurde das erbrechtliche Nachlassinventar schliesslich am 30. April 2008 durch Herrn L. erstellt und durch das Frie­ densgericht mit Verfügung vom 13. Juni 2008 amtlicher­ seits abgeschlossen. Daraus geht namentlich hervor, dass das Eigentum und die Schätzung von mehreren Inventar­ stücken sowie der Gesamtbetrag und die Aufteilung der Passiven bestritten bleiben. Es wurde zudem erwähnt, dass betreffend allfällige Vermögenswerte des Erblassers bei G., der als Intermediär für die Offshore-Gesellschaften und den vorne erwähnten Trust handelte, keine konkreten Angaben erhoben werden konnten. B. B.a Gleichzeitig standen sich in einem Zivilverfahren A.X. und B.X. auf der einen Seite und C. auf der anderen Sei­ te gegenüber, wobei es um die Gültigkeit des Testaments­ nachtrags vom 12. November 1997 ging und um die Frage der Rückgabe der Beträge, welche für die Haushaltsausga­ ben bestimmt waren und über welche C. unberechtigter­ weise verfügt habe. Dieses Verfahren führte zum Entscheid 5A_436/2011 des Bundesgerichts vom 12. April 2012.

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Im Wesentlichen wurde der am 12. November 1997 er­ stellte Nachtrag für nichtig erklärt, da der Verstorbene, wel­ cher im April 1997 von Spezialisten die Diagnose erhalten hatte, an seniler Demenz zu leiden, im November 1997 als urteilsunfähig betrachtet werden musste und es C. nicht ge­ lungen war zu beweisen, dass der Erblasser zum Zeitpunkt, als er die bestrittenen Anordnungen traf, im Besitze seiner Urteilsfähigkeit war. Ausserdem wurde festgestellt, dass der Erblasser eine besonders undurchsichtige und unüber­ sichtliche Struktur, welche aus einem Trust und OffshoreGesellschaften bestand, errichtet hatte, um sein Vermögen anzulegen. Zudem bestehe diese Struktur aus einer Fiktion, die nicht zu beachten sei, da der Verstorbene nie die Kon­ trolle über die durch den Trust oder die Offshore-Gesell­ schaften gehaltenen Gelder verloren habe. Daraus wurde abgeleitet, dass die Beträge, welche durch G. an C. aus­ bezahlt worden waren, aus dem Vermögen des Erblassers stammten und dass C. gegenüber dem Nachlass insoweit verpflichtet sei, als es ihr nicht gelungen war zu beweisen, dass die Beträge für die Haushaltsführung verwendet wor­ den waren oder dass es sich um eine Schenkung handelte. C. C.a Am 14. November 2011 forderten A.X. und B.X. vom Friedensgericht, das erbrechtliche Nachlassinventar vom 30. April 2008 ohne Beizug eines Notars anzupassen und zu vervollständigen. Sie verlangten, dass alle erforderlichen Massnahmen ergriffen würden, welche den Erbgang si­ cherten, und dass die entdeckten Nachlassgegenstände des Zivilverfahrens gegen C. ins Inventar aufgenommen wür­ den. Zudem verlangten sie, dass Dritte verpflichtet würden, betreffend die Zeit vor und nach dem Tod des Erblassers Dokumente beizubringen und Informationen zu liefern. Mit Schreiben vom 28. November 2011 und 12. Januar 2012 verlangten sie für den Fall, dass das Friedensgericht trotzdem entscheiden sollte, die Änderung und Ergänzung des Inventars einem Notar anzuvertrauen, dass Herr N. hierfür ernannt werde. Sie stellten im Weiteren klar, dass, insoweit festgestellt sei, dass C. unberechtigterweise über die Beträge verfügt habe, welche aus dem Vermögen des Erblassers stammten, und zwar aus der Struktur bestehend aus einem Trust und Offshore-Gesellschaften, die durch den Erblasser errichtet wurden, es zweckmässig sei, über diese Struktur, ihre Zusammensetzung und ihre Vermögenswerte Nachforschungen anzustellen sowie den Umfang der seit 1999 an irgendwelche Dritte erfolgten Überweisungen aus den erwähnten Mitteln festzustellen, da diese aufgrund des Umstands, dass der Verstorbene zu jener Zeit urteilsunfähig gewesen sei, nichtig seien. C.b Mit Entscheid vom 6. Februar 2012 beschloss das Frie­ densgericht die Änderung des Nachlassinventars und be­

auftragte Herrn L. mit der Erstellung eines Nachtrags zu genanntem Inventar mit dem Ziel, die im Zivilverfahren, in welchem sich die Töchter des Verstorbenen und C. gegen­ überstanden, entdeckten Nachlassgegenstände aufzuneh­ men. Die übrigen Anträge von A.X. und B.X. wies es ab. C.c Auf Rekurs der Letzteren hin hat die Cour de justice des Kantons Genf diese Entscheidung mit Beschluss vom 7. Mai 2012 aufgehoben und die Sache an das Friedensge­ richt zurückgewiesen, damit die Vermögenswerte, die vom Trust Y. sowie von allen durch diesen gehaltenen Gesell­ schaften herrühren, ins Nachlassinventar von X., erstellt am 30. April 2008, aufgenommen werden, und andererseits an­ hand von Informationen und Dokumenten eine Schätzung des Werts dieser Vermögenswerte vorgenommen wird. Die­ se Auskünfte sollen bei Dritten, welche in der Lage sind, darüber Auskunft zu erteilen, eingeholt bzw. eingefordert werden. Der Gerichtshof lehnte es im Gegenzug ab, die Bezüge ins Inventar aufzunehmen, welche zwischen dem 1. Januar 1999 und dem Tod des Erblassers aus den Mit­ teln des erwähnten Trusts zugunsten Dritter erfolgten. Auch lehnte er es ab anzuordnen, dass die gesamten, durch Dritte gehaltenen Nachlassgegenstände dem Friedensgericht aus­ zuhändigen seien. D. Am 6. Juni 2010 erhoben A.X. und B.X. gegen diesen Entscheid Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht. Sie verlangten dessen Abänderung in dem Sinne, dass das Friedensgericht Genf verpflichtet werde, ins Nachlass­ inventar des verstorbenen X. auch die Forderungen des Letzteren aufzunehmen, welche aus den zwischen dem 1. Januar 1999 und dem 13. Februar 2003 erfolgten Bezüge zulasten der Struktur zum Halten von Aktiven, jedenfalls aus dem Trust Y., D. und E. Ltd, resultierten. Zur Stützung ihrer Schlussfolgerungen rügen die Beschwerdeführerin­ nen eine willkürliche Anwendung von Art. 553 ZGB, der Art. 239 und 240 OR sowie von Art. 73 Abs. 1 lit. b der Genfer Einführungsgesetzgebung zur Schweizerischen Zi­ vilprozessordnung (Loi d’application du code civil suisse, nachfolgend «LaCC/GE») sowie eine willkürliche Beweis­ würdigung und machen eine Verletzung des rechtlichen Ge­ hörs geltend. Was die Aushändigung der durch Dritte gehal­ tenen Nachlassgegenstände an das Friedensgericht betrifft, stellen sie den kantonalen Entscheid nicht in Frage. Herr L. verzichtete auf eine Stellungnahme und der Ge­ richtshof verwies auf die Erwägungen seines Entscheids. II. Erwägungen (Übersetzung aus dem französischsprachigen Original durch den Rezensenten) […] 1.2 Bezüglich des Sicherungsinventars gemäss Art. 553 ZGB, welches zur freiwilligen Gerichtsbarkeit gehört (Ur­

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teile 5A_892/2011 vom 21. Juni 2012 E. 1; 5A_171/2010 vom 19. April 2010 E. 1), handelt es sich um eine vermö­ gensrechtliche Streitigkeit, da der Antrag der Beschwerde­ führerinnen – was die Regel ist bei Erbschaftssachen (Urteil 5A_395/2010 vom 22. Oktober 2010 E. 1.2.2) – ein ver­ mögensrechtliches Ziel verfolgt (Urteil 4A_584/2008 vom 13. März 2009 E. 1.1, nicht publiziert in BGE 135 III 304; BGE 118 II 528 E. 2c; Urteil 5A_594/2009 vom 20. April 2010 E. 1.1). Die Frage, ob der Streitwert erreicht wird oder ob die Eingabe der Beschwerdeführerinnen als subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu behandeln ist, kann hier jedoch offengelassen werden, da in jedem Fall nur eine Verletzung von verfassungsmässigen Rechten geltend gemacht werden kann. In der Tat handelt es sich beim Inventar gemäss Art. 553 ZGB um eine Sicherungsmassnahme im Sinne von Art. 551 ff. ZGB, welche einzig bezweckt, die Erhaltung, die Verwaltung und die Erbfolge sicherzustellen, jedoch keinerlei materielle Wirkung entfaltet (Urteil 5A_184/2012 vom 6. Juli 2012 E. 1.2; 5A_686/2011 vom 28. November 2011 E. 2; […]); es handelt sich daher um eine Entschei­ dung über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG, welche nur wegen der Verletzung von verfassungs­ mässigen Rechten angefochten werden kann (BGE 94 II 55 E. 3; Urteil 5A_892/2011 vom 21. Juni 2012 E. 2.1). 1.3 Das Bundesgericht prüft die Verletzung von verfas­ sungsmässigen Rechten nur insofern, als dies geltend ge­ macht und begründet wird (Art. 106 Abs. 2 BGG), und zwar muss eine solche Rüge ausdrücklich vorgebracht und klar und detailliert begründet werden (BGE 133 IV 286 E. 1.4). Es tritt auf die Beschwerde bei rein appellatorischer Kritik nicht ein (BGE 133 III 589 E. 2). Der Beschwerde­ führer, der Willkür geltend macht, kann sich deshalb nicht darauf beschränken, den angefochtenen Entscheid zu kriti­ sieren, wie er dies vor der Berufungsinstanz tun würde, die über eine freie Kognition verfügt; er darf sich insbesondere nicht darauf beschränken, seine Auffassung derjenigen der kantonalen Instanz gegenüberzustellen. Vielmehr muss er durch präzise Argumentation beweisen, dass dieser Ent­ scheid auf einer offensichtlich unhaltbaren Rechtsanwen­ dung beruht (BGE 134 II 349 E. 3 mit weiteren Hinweisen). Willkür im Sinne von Art. 9 BV resultiert nicht allein aus der Tatsache, dass eine andere Lösung ebenfalls als ver­ tretbar oder gar zutreffender erscheint; das Bundesgericht hebt den angefochtenen Entscheid nur auf, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, eine Norm oder einen unum­ strittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Es ge­ nügt nicht, dass bloss die Begründung des Entscheids un­ haltbar ist; vielmehr muss auch das Ergebnis unhaltbar sein

(BGE 133 I 149 E. 3.1; BGE 133 II 257 E. 5.1; BGE 133 III 462 E. 4.4.1). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Im Falle einer Beschwerde gestützt auf Art. 98 BGG kann der Beschwerdeführer eine Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur verlangen, wenn er die Verletzung von verfassungs­ mässigen Rechten durch die kantonale Instanz nachweist (BGE 133 III 393 E. 7.1). Neue Tatsachen und Beweis­ mittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 2. 2.1 Betreffend die Vervollständigung des Inventars hat die Vorinstanz entschieden, dass die Vermögenswerte, welche durch die durch den Erblasser errichtete Finanzstruktur ge­ halten wurden, als zum Vermögen des Letzteren gehörend zu betrachten seien und folglich die genannten Vermögens­ werte im Nachlassinventar aufgeführt sein müssten. Sie präzisierte, um dies zu tun, müsse die Behörde die notwen­ digen Informationen und Dokumente bei Dritten beschaf­ fen, welche möglicherweise im Besitz von Informationen über den Stand dieser Aktiven zum Zeitpunkt des Todes sei­ en. Im Gegenzug hat sie darauf verzichtet, die Bezüge aus den Mitteln der genannten Struktur, welche zugunsten Drit­ ter zwischen dem 1. Januar 1999 und dem Tod des Erblas­ sers stattfanden, ins Inventar aufzunehmen. Dies aus dem Grund, dass das Inventar nur diejenigen Nachlassaktiven enthalten soll, welche im Zeitpunkt des Todes vorhanden waren und nicht auch Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder die allenfalls daraus resultierenden Forderungen erfassen soll. Betreffend diesen Punkt präzisiert das Gericht, dass die Beschwerdeführerinnen keine Pflichtteilserben seien und dass gegebenenfalls eine Auskunftsanfrage betreffend Verfügungen, die vor dem Tod stattgefunden haben, nicht in die Kompetenz des Friedensgerichts fallen würde, son­ dern in diejenige der Zivilgerichte. Schliesslich hat die Vor­ instanz festgestellt, dass die Beschwerdeführerinnen nicht glaubhaft gemacht hätten, dass C. oder andere Dritte zwi­ schen dem 1. Januar 1999 und dem 13. Februar 2003 unbe­ rechtigterweise von Auszahlungen zulasten der genannten Struktur profitiert hätten, mit Ausnahme derjenigen, welche im Verfahren gegen C. erwähnt wurden. Gegenüber den genannten Personen verfügten die Beschwerdeführerinnen deshalb über eine Forderung aus ungerechtfertigter Berei­ cherung. 2.2 Die Beschwerdeführerinnen machen bei der Anwen­ dung der Art. 553 ZGB, Art. 239 und 240 OR sowie Art. 73 Abs. 1 lit. b LaCC/GE Willkür geltend, weil sich die Vorin­

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stanz weigerte, die Forderungen des Erblassers auf Rückga­ be der aus der Struktur Y. abgezogenen Aktiva ins Inventar aufzunehmen, da jener urteilsunfähig war. Sie sind insbe­ sondere der Ansicht, dass die Verfügungen, durch welche C. die Mittel erhalten hatte, um den Kauf ihrer Wohnung zu finanzieren, nichtig sind und folglich nicht als Rechts­ geschäfte unter Lebenden qualifiziert werden können, wes­ halb es nicht nötig sei, dass die Beschwerdeführerinnen Pflichtteilserbinnen seien, um die Inventarisierung der For­ derungen auf Rückgabe aufgrund dieser Nichtigkeit zu ver­ langen. Des Weiteren werfen sie der Vorinstanz unter Gel­ tendmachung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Willkür bei der Beweiswürdigung vor, den Sachverhalt im Zusammenhang mit dem Kauf der Wohnung von C., welchen sie geschildert hätten und zu beweisen bereit ge­ wesen wären, nicht berücksichtigt zu haben. Dieser Sach­ verhalt hätte die Vorinstanz dazu veranlasst, festzustellen, es sei glaubhaft, dass C. aus der Struktur Y. beträchtlichere Geldbeträge erhalten habe, als diese zugegeben habe. 3. Strittig ist, ob die allfälligen Forderungen auf Rückga­ be, resultierend aus den zwischen dem 1. Januar 1999 und dem Tod des Erblassers erfolgten Bezügen zugunsten Drit­ ter, welche aus dem Vermögen der durch den Erblasser er­ richteten Struktur aus Trust und Offshore-Gesellschaften stammten, ins Inventar nach Art. 553 ZGB aufzunehmen sind. 3.1 Aufgrund der ausländischen Staatsangehörigkeit des Erblassers handelt es sich um einen internationalen Sach­ verhalt. Das Bundesgericht muss deshalb die Frage des anwendbaren Rechts beurteilen (BGE 136 III 142 E. 3.2; BGE 135 III 562 E. 3.2; BGE 131 III 153 E. 3). Dazu muss auf das internationale Privatrecht des Forums verwiesen und das Rechtsverhältnis aufgrund der lex fori qualifiziert werden (BGE 136 III 142 E. 3.2; BGE 135 III 562 E. 3.2). Im vorliegenden Fall ist somit das Bundesgesetz über das Interna­tionale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (IPRG, SR 291) massgebend. Gemäss Art. 92 Abs. 2 IPRG richten sich die sichernden Massnahmen, welche von den dafür zu­ ständigen schweizerischen Behörden am letzten Wohnsitz des Verstorbenen (Art. 86 Abs. 1 IPRG) verhängt worden sind, nach schweizerischem Recht; dies trotz der professio juris zugunsten des englischen Rechts im Testament vom 7. April 1997 (Art. 90 Abs. 2 IPRG). 3.2 3.2.1 Nach dem Wortlaut von Art. 553 ZGB ordnet die Be­ hörde die Aufnahme eines Inventars an, wenn ein minder­ jähriger Erbe unter Vormundschaft steht oder zu stellen ist, ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist oder einer der Erben es verlangt (Abs. 1). Sie erfolgt nach den Vorschriften des kantonalen Rechtes und ist in der Regel

binnen zweier Monate seit dem Tod des Erblassers durch­ zuführen. Die Aufnahme eines Inventars kann durch die kantonale Gesetzgebung für weitere Fälle vorgeschrieben werden (Abs. 2 und 3). Gemäss Art. 73 Abs. 1 lit. a und b LaCC/GE beinhal­ tet das Inventar das Eröffnungsprotokoll, welches die Orte der Inventaraufnahme erwähnt, sowie ein Schlussprotokoll: 1. die Beschreibung und den Wert der Wertgegenstände, 2. den Stand der bekannten Schulden, 3. die formgebunde­ ne Erklärung der Erschienenen und der Personen, die zum Zeitpunkt des Todes mit dem Erblasser in einem Haushalt lebten, dass sie nichts entwendet haben, nicht gesehen ha­ ben, dass etwas entwendet wurde, sowie keine Kenntnis einer Entwendung von Vermögenswerten haben, welche im Zusammenhang mit dem Nachlass stehen, 4. die Er­ wähnung der Personen, in deren Besitz sich die im Inventar aufgeführten Gegenstände befinden, sowie 5. die Aussagen, Anforderungen, Beobachtungen und Beanstandungen der Parteien. 3.2.2 Gemäss Rechtsprechung ist das Nachlassinventar nach Art. 553 Abs. 1 ZGB eine Sicherungsmassnahme mit vorsorglichem Charakter, welche nicht den Hintergrund der Klage prüft (BGE 94 II 55 E. 3). Seine Aufnahme bezweckt die Feststellung des Umfangs des Vermögens des Erblassers bei Eröffnung des Erbgangs; das Inventar gemäss Art. 553 ZGB hat folglich auch eine Beweisfunktion und sichert den Erbgang. Das heisst, es soll verhindert werden, dass Ver­ mögenswerte zwischen der Eröffnung des Erbgangs und der Erbteilung verschwinden (Urteile 5A_892/2011 vom 21. Juni 2012 E. 5.1.2; 5A_686/2011 vom 28. November 2011 E. 2; 5P.400/1999 vom 25. Mai 2000 E. 5). Es ist folg­ lich nicht nötig, dass das Inventar eine Liste der Passiven des Erblassers, eine detaillierte Beschreibung der Vermö­ genswerte, eine Schätzung der letzteren beiden (es sei denn, dass das kantonale Recht dies gestützt auf den Vorbehalt in Art. 553 Abs. 2 ZGB verlangt) oder eine Liste der erfassba­ ren Schenkungen enthält (BGE 120 II 293 E. 2; BGE 118 II 264 E. 4b/bb). Das Inventar muss jedoch alle vorhandenen Vermögenswerte enthalten, inklusive denjenigen, die sich im Ausland befinden […], und denjenigen, die nicht im Be­ sitz des Erblassers waren […]. Es genügt nicht, diejenigen Vermögenswerte und Guthaben ins Inventar aufzunehmen, die aus dem Grundbuch und aus den Konto- und Bankde­ potauszügen ersichtlich sind. Vielmehr sind alle anderen Forderungen gegen Dritte ins Inventar aufzunehmen […]. Die Aktiven, deren Zugehörigkeit zum Nachlass bestritten wird, müssen ebenfalls, mit den entsprechenden Vorbehal­ ten, im Inventar aufgeführt sein (BGE 118 II 264 E. 4b/bb […]). Soweit das Sicherungsinventar gemäss Art. 553 ZGB keine materiellen Wirkungen entfaltet (Urteile

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5A_184/2012 vom 6. Juli 2012 E. 1.2; 5A_686/2011 vom 28. November 2011 E. 2), kann es jederzeit abgeändert oder ergänzt werden, wenn es sich als falsch oder unvollständig erweist […]. 3.2.3 Das Sicherungsinventar gemäss Art. 553 ZGB gehört zur freiwilligen Gerichtsbarkeit (Urteile 5A_892/2011 vom 21. Juni 2012 E. 1; 5A_171/2010 vom 19. April 2010 E. 1). Gemäss Rechtsprechung bedeutet freiwillige Gerichts­ barkeit die Mitwirkung von staatlichen Organen bei der Be­ gründung, Änderung oder Aufhebung von Privatrechtsver­ hältnissen (BGE 136 III 178 E. 5.2; […]). In der Regel tritt nur eine einzige Partei als Gesuchsteller auf. Das Vorliegen eines Ein- oder Mehrparteienverfahrens bildet dennoch nicht das entscheidende Abgrenzungskriterium; die betrof­ fene Behörde kann auch in einem Verfahren intervenieren, in dem sich unter Umständen zwei Parteien gegenüberste­ hen können, aber nicht notwendigerweise gegenüberstehen müssen (BGE 136 III 178 E. 5.2; […]). Im Gegenzug han­ delt es sich um streitige Gerichtsbarkeit, wenn es im Ver­ fahren darum geht, in Rechtsverhältnissen des Zivilrechts eine endgültige Entscheidung herbeizuführen, welche in materieller Rechtskraft erwächst. Zudem findet das Gan­ ze in einem kontradiktorischen Verfahren statt, vor einem Richter oder einer anderen Behörde, welche über zwei oder mehrere natürliche oder juristische Personen, welche als Inhaber von Privatrechten auftreten, oder zwischen einer solchen Person und einer Behörde, welcher das Zivilrecht die Eigenschaft als Partei zuspricht, Entscheidhoheit hat (BGE 124 III 463 E. 3a; BGE 112 II 145 E. 1; BGE 106 II 365 E. 1; […]). 3.3 Im vorliegenden Fall machen die Beschwerdeführerin­ nen einerseits die Unwirksamkeit der durch den Erblasser errichteten Struktur des Trusts und der Offshore-Gesell­ schaften geltend, welche im Verfahren gegen C. festgestellt wurde, und andererseits die Urteilsunfähigkeit des Erblas­ sers während der letzten Jahre seines Lebens. Sie leiten daraus ab, dass der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes wegen der Nichtigkeit von allfälligen aus Vermögenswer­ ten der genannten Struktur zugunsten Dritter erfolgten Be­ zügen über Forderungen auf Rückerstattung verfügte, For­ derungen, über welche die Beschwerdeführerinnen nicht informiert sind. Sie verlangen, diese Forderungen gemäss Art. 553 ZGB ins Inventar aufzunehmen. Um dies tun zu können, müsste die zuständige Behörde von Seiten der ge­ nannten Struktur, ihres Intermediärs in der Schweiz, G., oder aber von allfälligen Begünstigten Auskünfte erhalten. Zudem empfiehlt es sich zu prüfen, ob die genannte Behör­ de berechtigt ist, diese Informationen zu erhalten (vgl. infra E. 3.3.2). Vorher muss aber noch ermittelt werden, ob – um über die Existenz dieser Berechtigung bestimmen zu kön­

nen – es nötig ist, sich auf die Tatsachenfeststellungen und die rechtlichen Schlussfolgerungen zu stützen, welche sich aus dem Verfahren, in welchem sich die Beschwerdeführe­ rinnen und C. gegenüberstanden, ergeben haben (vgl. infra E. 3.3.1). 3.3.1 3.3.1.1 Die Rechtskraft eines Urteils bleibt auf die Parteien des betreffenden Verfahrens sowie auf deren Rechtsnach­ folger beschränkt (BGE 125 III 8 E. 3a; BGE 93 II 329 E. 3). Mit anderen Worten gilt das Urteil nur inter partes, gemäss dem Grundsatz «res judicata jus facit nisi inter par­ tes» […]. 3.3.1.2 Im vorliegenden Fall machen es sich die Beschwer­ deführerinnen zu Nutze, dass der Trust im Verfahren, in dem sie C. gegenübergestanden haben, als Scheintrust («sham trust») qualifiziert und das Prinzip des Durchgriffs auf die Offshore-Gesellschaften angewendet worden ist, um die Begründetheit der Forderungen zu rechtfertigen, welche sie ins Inventar aufnehmen lassen wollen. Sie stützen sich folglich auf die Tatsachenfeststellungen und die rechtlichen Schlussfolgerungen, welche aus einem Verfahren resultie­ ren, bei dem weder die ganze betreffende Struktur noch ihr Intermediär in der Schweiz, G., Partei waren. Aufgrund der Wirkung inter partes des Urteils (vgl. supra E. 3.3.1.1) kann der Ausgang dieses Verfahrens ihnen jedoch nicht entge­ gengehalten werden. Betreffend das vorliegende Verfahren hat G. stets bekräftigt, keine Gegenstände, Titel oder andere den Nachlass betreffende Vermögenswerte zu halten; die Unwirksamkeit der Struktur des Trusts und der OffshoreGesellschaften wird folglich bestritten. Daraus folgt, dass betreffend das Inventar gemäss Art. 553 ZGB die Guthaben der genannten Struktur höchs­ tens Vermögenswerte darstellen, von denen der Erblasser angeblich der wirtschaftlich Berechtigte war. 3.3.2 Es bleibt zu prüfen, ob unter diesen Umständen die zuständige Behörde Auskünfte betreffend die Forderungen auf Rückerstattung, welche dem Erblasser bei seinem Tod zustanden, erhalten kann. 3.3.2.1 Gemäss Rechtsprechung muss die zuständige Behörde, um in der Lage zu sein, das Inventar aufzuneh­ men, von Seiten der Erben und Dritten Auskünfte erhalten können über das Vermögen des Erblassers zur Zeit seines Todes, aber nicht über das, was davor geschehen ist […]. Die Aufforderung zur Auskunftserteilung kann mit einer Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB verbunden werden (BGE 118 II 264 E. 4b/aa). 3.3.2.2 Im Rahmen der Aufnahme des Inventars gemäss Art. 553 ZGB, dessen Ziel es ist, den Erbgang zu sichern und insbesondere zu verhindern, dass Vermögenswerte zwischen der Eröffnung des Erbgangs und der Erbteilung

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verschwinden (vgl. supra E. 3.2.2), erstreckt sich die Er­ mächtigung zur Einholung von Auskünften Dritter, mangels ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage, nicht über das Si­ cherungsziel des Inventars hinaus […]. Das Recht, Informa­ tionen zu erhalten, wird in der Tat durch andere Bestimmun­ gen garantiert, namentlich durch Art. 607 Abs. 3 und 610 Abs. 2 ZGB betreffend das Informationsrecht gegenüber Miterben und gegenüber Dritten (BGE 132 III 677 E. 4.2.4) sowie durch Art. 581 Abs. 2 ZGB im Fall eines öffentlichen Inventars. Zudem wird es auch durch vertragliche Normen garantiert, soweit das Recht aufgrund von Art. 560 ZGB an­ gewendet wurde, z.B. gegenüber einer Bank (BGE 133 III 664 E. 2.5). Daraus folgt, dass Dritte nicht angehalten sind, den zuständigen Behörden zum Zwecke der Aufnahme des Inventars gemäss Art. 553 ZGB Auskunft zu erteilen, es sei denn, das Recht auf Erhalt einer Auskunft sei ohne Weiteres offensichtlich, und zwar wenn der Verstorbene Kontoinha­ ber bei einem Bankinstitut gewesen oder Eigentümer eines Vermögenswertes im Besitz eines Dritten war. Im Gegen­ zug wird die Behörde – auf diesem Umweg – in einem Ver­ fahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Informationen erhalten über die Vermögenswerte, von denen der Erblasser nur wirtschaftlich Berechtigter war und wenn das Recht auf Information bestritten ist […]. In der Tat kann die Behörde, welche mit der Aufnahme des Sicherungsinventars gemäss Art. 553 ZGB beauftragt ist, im Rahmen eines Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht abschliessend über die Frage der Existenz und des Umfangs des Rechts auf Information befinden, da sie die Parteien, von welchen Aus­ kunft verlangt wird, um ein kontradiktorisches Verfahren bringen würde. Auch wenn das Inventar keine materiellen Wirkungen entfaltet (vgl. supra E. 3.2.2), macht der Erhalt von Informationen durch die Behörde jegliche Zivilstrei­ tigkeiten betreffend das Recht auf Information überflüssig. Nun aber muss eine abschliessende Entscheidung über die Existenz und den Umfang eines solchen Rechts notwendi­ gerweise in einem kontradiktorischen Verfahren erfolgen (vgl. supra E. 3.2.3). 3.3.2.3 Dementsprechend ist die Behörde, welche mit der Aufnahme des Inventars gemäss Art. 553 ZGB beauftragt ist, nicht berechtigt, diesbezüglich Informationen zu erhal­ ten, weder seitens der genannten Struktur noch seitens ihres Intermediärs in der Schweiz, G., da die Vermögenswerte der durch den Erblasser errichteten Struktur des Trusts und der Offshore-Gesellschaften im vorliegenden Fall höchs­ tens Vermögenswerte darstellen, von denen der Erblasser wirtschaftlich Berechtigter war und da das Recht auf dies­ bezügliche Informationen bestritten ist (vgl. supra E. 3.3.1). 3.4 Daraus folgt, dass allfällige Forderungen auf Rücker­ stattung, über welche die Beschwerdeführerinnen nichts wissen und über welche die zuständige Behörde nicht be­

rechtigt ist, Informationen zu erhalten, nicht im Inventar gemäss Art. 553 ZGB aufgeführt sein können. Folglich ge­ nügt der im Jahr 2008 erfolgte Vermerk, gemäss welchem keine präzisen Elemente haben zusammengetragen werden können, da es sich um allfällige Vermögenswerte des Ver­ storbenen bei G. gehandelt habe, und muss nicht ergänzt werden. Auch lehnt der angefochtene Entscheid im Ergeb­ nis ohne Willkür den Antrag der Beschwerdeführerinnen ab, welcher darauf zielt, die genannten Forderungen ins Inventar aufnehmen zu lassen. Die Beschwerde ist folglich betreffend diesen Punkt unbegründet. Die Frage betreffend die Aufnahme der Vermögenswer­ te der Struktur des Trusts und der Offshore-Gesellschaften zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers ins Inventar sowie diejenige betreffend die Möglichkeit des Erhalts von Aus­ künften im Hinblick auf ihre Schätzung sind vor Bundesge­ richt nicht strittig. 4. Da das Inventar die allfälligen Forderungen auf Rücker­ stattung, worauf sich die Beschwerdeführerinnen berufen, nicht aufführen muss, spielt es keine Rolle, ob diese glaub­ haft machen können, dass C. oder andere Dritte zwischen dem 1. Januar 1999 und dem 13. Februar 2003 unberechtig­ terweise von Auszahlungen zulasten des Guthabens der be­ treffenden Struktur aus anderen Gründen als den hier bisher behandelten profitiert haben. […]. 5. Die Beschwerde wird daher abgewiesen. III. Bemerkungen 1.

Erbrechtliche Sicherungsmassregeln

Zur Sicherung des Erbgangs bestehen diverse Sicherungs­ massregeln, etwa die Siegelung (Art. 552 ZGB), die Auf­ nahme eines Inventars (Art. 553 ZGB), die Erbschaftsver­ waltung (Art. 554 ZGB), der Erbenruf (Art. 555 ZGB), die Bekanntmachung erbrechtlicher Anordnungen (sog. Testamentseröffnung, Art. 556 ff. ZGB) und die Ausliefe­ rung der Erbschaft mittels Erbenschein (Art. 559 ZGB). Zum Ganzen etwa Stephan Wolf, Die Sicherungsmassre­ geln im Erbgang (Art. 551–559 ZGB), ZBJV 1999, 181 ff.; ­Peter Breitschmid, Vorsorgliche Massnahmen im Erbrecht (Art. 551–559 ZGB) (Sicherungsmassregeln) und weitere Implikationen, successio 2009, 102 ff.; Sibylle PestalozziFrüh, Vorsorgliche Massnahmen und besondere Vorkeh­ rungen im Erbrecht, AJP/PJA 2011, 599 ff.; René Strazzer, Überblick über die erbrechtlichen Sicherungsmassnahmen, Anwaltsrevue 2011, 471 ff. 2. Erbschaftsinventar

Gemäss Art. 553 Abs. 1 ZGB wird die Aufnahme eines In­ ventars angeordnet, wenn (I) ein minderjähriger Erbe unter

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Vormundschaft steht oder zu stellen ist, (II) ein Erbe dau­ ernd und ohne Vertretung abwesend ist, (III) einer der Er­ ben oder die Erwachsenenschutzbehörde es verlangt oder (IV) ein volljähriger Erbe unter umfassender Beistandschaft steht oder unter sie zu stellen ist. Die Aufnahme des Inventars erfolgt nach den Vorschriften des kantonalen Rechtes und ist in der Regel binnen zweier Monate seit dem Tod des Erblassers durchzuführen (Art 553 Abs. 2 ZGB). 3.

Erfassen der Nachlassaktiven

Um zu verhindern, dass Vermögenswerte zwischen der Er­ öffnung des Erbgangs und der Erbteilung verschwinden, wird mittels Erbschaftsinventar der Umfang des Vermögens des Erblassers bei Eröffnung des Erbgangs festgestellt. Die­ sem Zweck entsprechend sind ins Erbschaftsinventar (im Gegensatz zum öffentlichen Inventar nach Art. 581 ZGB oder zum Steuerinventar) einzig die Aktiven des Nachlasses aufzunehmen, ohne dass diese – vorbehältlich anderslau­ tender kantonaler Bestimmungen – detailliert zu beschrei­ ben, zu bewerten oder zu schätzen wären. Das Sicherungsinventar dient nicht der Berechnung der Erb- oder Pflichtteile und kann nicht Grundlage für die Erb­ teilung bilden (BGE 118 II 264 ff., 270 E. 4.b.b). 4. Auskunftspflicht 4.1. Allgemeines

Damit inventarisiert werden kann, benötigt die Inventur­ behörde Informationen. Wer und in welchem Umfang zur Auskunft verpflichtet ist, wird gesetzlich nicht bestimmt. Sowohl Erben als auch Dritte, allerdings in unterschiedli­ chem Umfang, sind verpflichtet, Auskünfte über das Vermögen des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes, aber nicht über das, was davor geschehen ist (also etwa nicht über lebzeitige Vorgänge wie inter vivos ausgerichtete Schenkungen und Vorempfänge), zu erteilen. 4.2. Auskunftspflicht der Erben

Gegenüber den Erben hat die Inventurbehörde die glei­ chen Auskunftsrechte, welche Erben untereinander haben (Art. 607 Abs. 3 ZGB und Art. 610 Abs. 2 ZGB). Gegen­ über Dritten ist das Auskunftsrecht der Inventurbehörde beschränkt und orientiert sich am Sicherungszweck des Inventars (anders als etwa beim öffentlichen Inventar ge­ mäss Art. 580 ZGB, wo die Auskunftspflicht durch Art. 581 Abs. 2 ZGB weit gefasst wird).

kontos war, nicht aber wenn der Erblasser allenfalls an Vermögenswerten bei einer Bank «irgendwie» «wirtschaft­ lich berechtigt» war, denn es ist – in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – nicht an der Inventurbehörde zu klären, ob in solchen Fällen überhaupt Auskunftsrechte bestehen (Zu Auskunftsrechten der Erben «wirtschaftlich Berechtigter» vgl. die Kommentierung zu einem Entscheid des Kassationsgerichtes des Kantons Zürich, Zirkulations­ beschluss vom 12. April 2012, Kass.-Nr. AA100129-P/U/ys, mit Anmerkungen von Oliver Arter/Stephanie Walter, AJP/PJA 2013, 1103 ff., und zum «wirtschaftlich Berech­ tigten» bei Trusts Oliver Arter, Trusts und Bankbezie­ hungen – Wer ist «Wirtschaftlich Berechtigter»?, AJP/PJA 2012, 506 ff.). Den Erben steht gegenüber Dritten die Mög­ lichkeit offen, den allfälligen Bestand und Umfang von Auskunftsrechten in einem kontradiktorischen Verfahren selber zu klären. 5.

Zu inventarisierende Nachlassaktiven

5.1. Vorhandene Vermögenswerte

Vorliegendes Urteil präzisiert, dass das Sicherungsinventar alle vorhandenen Vermögenswerte, inklusive den sich im Ausland oder nicht im Besitz des Erblassers befindlichen Vermögenswerte, zu enthalten hat. Das Sicherungsinven­ tar soll den genauen Erbschaftsstand, also vor allem die Zahl und Art der hinterlassenen Vermögensstücke, für den Zeitpunkt des Erbganges feststellen (Kantonsgerichtspräsi­ dium Graubünden, Urteil vom 21. November 1988, S. 58, PF 16/88, PKG 1988, S. 185 ff. E. 1). Für die Ermittlung der Nachlassaktiven genügt es nicht, nur Vermögenswerte und Guthaben ins Inventar aufzunehmen, welche aus dem Grundbuch und aus Konto- und Bankdepotauszügen er­ sichtlich sind, sondern es sind auch sämtliche Forderungen gegen Dritte zu inventarisieren. 5.2. Vermögenswerte, deren Zugehörigkeit zum Nachlass bestritten ist

Vermögenswerte, deren Zugehörigkeit zum Nachlass bestritten ist, sind mit entsprechenden Vorbehalten ebenfalls im Inventar aufzuführen (vgl. BGE 118 II 264 ff., 272 E. 4.b.b). Deshalb sind auch Vermögenswerte im Inven­ tar aufzuführen, bei denen streitig ist, ob der Erblasser sie durch Verfügung unter Lebenden veräussert oder ob er sie durch eine Verfügung von Todes wegen jemandem zuge­ wendet hat (BGE 118 II 264 ff., 272 E. 4.b.b).

4.3. Auskunftspflicht Dritter

5.3. Behauptete Vermögenswerte und lebzeitig erfolgte Schenkungen

Dritte sind nur insoweit verpflichtet, Auskunft zu erteilen, als das Auskunftsrecht ohne weiteres offensichtlich ist, etwa wenn der Erblasser Inhaber eines auf ihn lautenden Bank­

Behauptete Forderungen, über welche kein konkretes Wissen vorhanden ist, sind nicht im Inventar aufzufüh­ ren. Ebenfalls nicht ins Inventar aufzunehmen sind lebzei-

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tig erfolgte Schenkungen, Erbvorempfänge (vgl. explizit BGE 118 II 264 ff., 270 ff. E. 4.b.b) oder Nachlasspassiven (zu den Passiven präzisierend vorliegendes Urteil, E. 3.2.2, sowie schon Wolf, a.a.O., 93, m.w.H.). 6.

Wirkung des Sicherungsinventars

Der Zweck des Inventars nach Art. 553 ZGB ist auf die Si­ cherung des Bestandes des Nachlasses beschränkt, weshalb ihm keinerlei materiellrechtliche Wirkungen zukommt und es für die Rechtslage zwischen den Erben selbst und ge­ genüber Gläubigern bedeutungslos ist (Wolf, a.a.O., 198). Ein Sicherungsinventar begründet weder die Vermutung, dass die darin aufgeführten Aktiven zum Nachlass gehören, noch dass nicht aufgeführte Aktiven nicht zum Nachlass gehören (Wolf, a.a.O., 198). Ein erstelltes Inventar kann durch die inventarisierende Behörde jederzeit abgeändert oder ergänzt werden (Wolf, a.a.O., 198). Allerdings löst die Aufnahme eines Sicherungsinven­ tars die Frist zur Ausschlagung für alle Erben (sofern diese nicht bereits zu Beginn der Inventaraufnahme abgelaufen ist) mit dem Tage, an dem ihnen vom Abschluss des Inven­ tars Kenntnis gegeben wird, aus (Art. 568 ZGB). 7.

Trusts und Erbschaftsinventar

Vorliegend war nicht strittig, ob Vermögenswerte, welche zu Lebzeiten auf einen Trust übertragen wurden, ebenfalls in das Inventar aufzunehmen sind oder nicht. Über die Qualifikation des Trusts als Schein-Trust («Sham Trust») mit der Folge, dass die Vermögenswerte des Trusts in die Erbmasse gehören, wurde nämlich bereits in einem anderen Verfahren zwischen denselben Parteien entschieden (BGer., Urteil vom 12. April 2012, 5A_436/2011, 5A_443/2011). Betreffend Inventarisierung gilt bei Trusts folgendes: Ist ein Trust gültig errichtet worden und wird dessen recht­ mässige Existenz nicht bestritten, sind die Vermögenswerte des Trusts im Erbschaftsinventar nicht aufzuführen. Wird die Gültigkeit eines Trusts dagegen bestritten, sind dessen Aktiven, soweit bekannt, im Erbschaftsinventar mit Vor­ behalten aufzuführen (vgl. etwa BGE 118 II 264 ff., 270 f. E. 4.b.b). Ist das Trustvermögen den Erben nicht bekannt, kann eine Aufnahme desselben im Erbschaftsinventar nicht erfolgen, denn die Inventarbehörde ist weder verpflich­ tet noch berechtigt, in solchen Fällen von Dritten über die Aktiven des Trusts Auskunft zu erhalten (vgl. auch Arter/ Walter, a.a.O., 1103 ff.). Bereits erfolgte Ausschüttungen aus dem Trustvermögen an Begünstigte sind nicht im Erb­ schaftsinventar aufzuführen (vgl. auch BGE 118 II 264 ff., 270 ff. E. 4.b.b)

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