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überzeugen, beim Kaufen zu handeln, vielleicht auch in einer kommunikativen Gemengelage sich persönlich durchzuset- zen. Dies kann in der Ausübung z.B. ...
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Harald Mack

RHETORIK Variationen der Redekunst an Text- und Wortbeispielen Sachbuch

Inhalt 1. Zur Einführung ................................................................... 6 1.1. Wem könnte dieses kleine Buch nützlich sein? ............ 6 1.2. Zur Vorgehensweise ................................................... 7 2. Was ist ›Rhetorik‹? ............................................................. 9 2.1. Bedingtheiten und Aufgabe der Rhetorik: Botschaften vermitteln ........................................................................ 11 2.2. Herausragende Rhetoriker – Bedeutung der Rhetorik ........................................................................... 14 2.3. Rhetorik in der Kommunikation ................................ 15 3. Wie ›funktioniert‹ Rhetorik? ............................................. 17 3.1. Am Anfang steht das ›Erfinden‹ (inventio) ................ 18 3.2. Schrittfolgen ............................................................. 21 4. Exkurs: Zum Erkennen des Redegegenstands (intellectio) 36 4.1. Rede-(Schreibe-)Gegenstände .................................. 37 4.2. Gliedern der Rede-(Schreibe-)Gegenstände .............. 38 4.2.1. Gliedern der Rede-(Schreibe-)Gegenstände nach Fragen ................................................................. 38 4.2.2. Gliedern der Redegegenstände nach dem Verhältnis Redegegenstand/Zuhörer ............................................ 41 4.2.3. Gliedern der Redegegenstände nach dem Verhältnis Zuhörer/Redegegenstand ............................................ 43 4.3. Das Anordnen (dispositio) ......................................... 44 4.4. Die beiden Ordnungssysteme der Rhetorik: natürliche (ordre naturalis) und künstliche (ordo artificialis) Ordnung46 4.5. Redeabfolgen bilden: Teile der Rede (Schreibe) ........ 49 4.5.1. Der Redeanfang (exordium) ............................... 50 5. Die Erzählung (narratio) ................................................... 57 5.1. Die Tugenden der Erzählung (virtutes) ...................... 58 5.1.1. Zum Gebrauch der narratio ................................ 59

6. Die Beweise (Darlegung der thematischen Argumentation) (propositio) .......................................................................... 63 6.1. Die Beweisführung (begründende Argumentation/argumentatio) .................. 63 6.2. Gliedern als Eingang der argumentatio (partitio) ........................................................................... 64 6.3. Die Teile der ›Sowohl-als-auch-Beweisführung‹ (argumentatio) ................................................................. 66 6.4. Allgemeine Merkmale der kunstgemäßen Beweise (probationes artificiales) ................................................... 66 6.5. Zeichen, Beweisgründe und Beispiele (signa, argumenta und exempla) ................................................................... 68 6.5.1. Die Beweisgründe (argumanta) .......................... 69 7. Rhetorische Konsequenzen erschließen ............................ 70 7.1. Das Beispiel (exemplum) ........................................... 72 8. Rede schließen ................................................................. 74 9. Grundvoraussetzungen der rhetorischen Darstellung .......................................................................... 76 10. Der ›Fünfsatz‹ als besondere, schwergewichtige rhetorische Stilfigur ................................................................................ 87 11. Ein weiteres besonderes, schwergewichtiges, rhetorisches Stilmittel: Die ›Häufung‹ (Amplifikation) .............................. 97 12. Feinere rhetorische Stilmittel .......................................... 98 13.1. Rhetorische Figuren von A bis Z ............................ 100 13. Rhetorische Zielführungen ........................................... 121 13.1. Weitere zielführende, rhetorische Stilmittel ........... 123 13.2. Kalkulierte Fragen ................................................. 124 14. Die Ironie ..................................................................... 127 15. Stimmliches .................................................................. 129 16. ›Körpersprache‹ ............................................................ 131

16.1. Grundelemente der ›Körpersprache‹ ..................... 133 17. Die ›Bewährungssituation‹ – eine Rede halten .............. 137 17.1. ›Foliennormen‹ (Vorschläge) und Vortragstipps ................................................................. 141 18. Anordnung in der Kommunikationssituation ................ 143 Literatur ............................................................................. 144

1. ZUR EINFÜHRUNG Wer seine Sprache kultiviert beherrscht, ist im Vorteil. Er kann sich verständigen, nimmt weniger eingeschränkt am sozialen Leben teil, kann sich mitteilen, informieren – kommunizieren. Wer seine Sprache beredt beherrscht, besitzt ein Mittel, um seine Interessen sowohl überzeugend wahrzunehmen als auch, Ziele zu erreichen. Wen geht das im Besonderen an? Schließlich will jeder, gleichgültig in welcher Verfassung er ist und in welcher Situation er sich befindet, seine kommunikativen Ziele erreichen. Ein Hilfsbedürftiger z.B. hat andere kommunikative Ziele als ein Fußballtrainer. Eine Krankenschwester hat andere kommunikative Ziele als eine Werbetexterin. Derartige Beispiele gibt es viele.

1.1. Wem könnte dieses kleine Buch nützlich sein? Mit seiner Überschrift ist es vornehmlich gedacht für Menschen, die in der Hauptsache Informationen argumentativ vermitteln wollen oder müssen, um dabei z.B. Lerninhalte, Wissen, Verbesserungen, Nützlichkeiten, Umsetzungen u.a. zu präsentieren, dabei zu überzeugen, gegebenenfalls dadurch ideell und auch materiell zu profitieren: Zum Beispiel möchte ein Schüler oder ein Student in einer

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mündlichen Prüfung bestehen, eine Referentin mit ihrer Präsentation überzeugen, ein Abgeordneter mit seinen Argumenten durchdringen, ein Entwickler seine Neuerung präsentieren, ein Lehrer die Unterrichtsinhalte vermitteln, optimieren. Jeder, der ›als Amateur‹ oder professionell, zeitweilig oder dauerhaft als ›Kommunikator‹ tätig wird, kann mithilfe der Rhetorik sprachliche und nichtsprachliche Mittel und Wege benutzen, um seine kommunikativen Ziele besser zu erreichen. Das geht durch einen Redebeitrag in einem Meeting, durch ein Referat, einen Vortrag, eine Rede, einer Examensarbeit u.a. Oft hilft auch ein geistreicher, ›lockerer Spruch‹ dabei, eine Kommunikationssituation zu entkrampfen, ihr die Angespanntheit zu nehmen oder einen ›Verständigungsknoten‹ aufzulösen. Dazu tragen nicht unwesentlich die aufgelisteten ›Feineren rhetorischen Stilfiguren‹ bei. Bis dahin ist eine kleine Vertiefung in Inhalte und Methoden der Rhetorik ganz aufschlussreich.

1.2. Zur Vorgehensweise Es ist sehr hilfreich und zweckmäßig, sich mit Inhalten der Jahrtausende alten Rede(-Schreib-)Kunst (Rhetorik) bekannt zu machen. Bereits der Aufsatzunterricht in den Schulen benutzt rhetorische Techniken. So ist es nur sinnvoll, an die alten Quellen der Redekunst zu erinnern, um zu versuchen, sie für die ›modernen‹ Verhältnisse unserer Zeit nutzbar zu machen. 7

Die Aussagen der großen antiken Rhetoren und Rhetoriklehrer habe ich aus ›zweiter Hand‹, nämlich dem Werk von Gert Ueding: ›Einführung in die Rhetorik‹, Geschichte/Technik/Methoden. J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1976 entnommen. Dabei wurde sehr viel daraus in diesen Text eingearbeitet, die entnommenen Passagen aber nicht ausdrücklich gekennzeichnet. Sie können nachgelesen werden. Da wo ein anderer Sprachgebrauch besser erschien, wurden die Originalformulierungen verschmelzend angepasst, einiges Wenige z.T. vereinfacht und in die Anlage meines Entwurfs eingearbeitet. So erscheint es, als wäre alles meine Recherche – das ist es jedoch nicht. Das Buch Mangold, Dr. Renate (Chefredakteurin des Ressorts Buch) ›Gutes Deutsch‹ aus dem Reader’s Digest Verlag, Stuttgart, Wien Zürich 2014, hat mich zuerst angestoßen, mich mit den Grundlagen der Rhetorik und ihren Techniken zu beschäftigen. Die ›Liste rhetorischer Mittel‹ bei Wikipedia ergänzte die inhaltlichen Informationen. Dem Buch von Helmut Geißner ›Rhetorik‹ aus dem Bayerischen Schulbuchverlag, 2. Durchgesehene Aufl., München 1974, verdanke ich Erkenntnisse zum ›Fünfsatz‹, genauso wie dem Buch von Joachim Dyck (Herausgeber): ›Rhetorik in der Schule‹ aus dem Scriptor Verlag, Literatur + Sprache + Didaktik. Kronsberg/Ts. 1974. So ist das vorliegende Werk etwas, das versucht, für den Alltag, die Nähe zur praktischen Umsetzung der Erkenntnisse und Techniken der Rhetorik aufzuzeigen, um sie nutzbarer zu machen.

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2. WAS IST ›RHETORIK‹? Rhetorik ist eine alte Kunst. Das Wort geht auf das griechische rhetorik techne (eingedeutscht) zurück, gemeinhin übersetzt mit ›Redekunst‹.

Der zweite Bestandteil, techne, von dem auch unser Wort Technik abstammt, zeigt dabei auf, dass ›Kunst‹ ganz anwendungsbezogen (pragmatisch) zu verstehen ist: Es geht darum, mit gelernten Mitteln Beredtheit zu erwerben, um eben kommunikative Ziele zu erreichen, nicht nur für sich selber, sondern – wenn angebracht – gemeinsam, d.h. z.B. beim Erinnern zu helfen, beim Trauern zu trösten, beim Frohsinn zu ›bespaßen‹, aber auch beim Geldanlegen beratend zu 9

überzeugen, beim Kaufen zu handeln, vielleicht auch in einer kommunikativen Gemengelage sich persönlich durchzusetzen. Dies kann in der Ausübung z.B. darin bestehen, Informationen in einem Vortrag zu vermitteln, einen Standpunkt zu verteidigen, Kritik konstruktiv zu üben, in einer Diskussion zu überzeugen, in einer Festrede jemanden zu ehren oder seiner zu gedenken, beibringen, wie man Textaufgaben zielgerichtet löst oder für Unterhaltung eines Publikums zu sorgen. Rhetorik als Kunst – sauber und gutmeinend eingesetzt – weitet das wechselseitige Verstehen und schärft vor allem den kultivierten Einsatz der eigenen Sprache. Andererseits kann sie, wie vieles andere auch, was ursprünglich zum guten Nutzen sein wollte, ins Gegenteil verkehrt werden, um zu verführen, mächtig zu werden oder Macht zu sichern. Dabei kann sie meinungsbeeinflussend sein, als kritisches ›Ventil‹ benutzt werden. Sie kann etwas ›schönreden‹, beschwichtigen, unsicher machen, Angst einflößen, hetzen, eine Gegnerschaft begründen, überreden, überzeugen. Sie kann aber auch Brücken bauen, befrieden, versöhnen, Schönes herausstellen, und letztlich Verhaltensänderungen bewirken. Schließlich bleibt sie mit ihren Stilfiguren eine Kunstform der menschlichen Sprache und trotz aller modernen visuellen Verständigungsmittel der Medien der universale Bestandteil der menschlichen Kommunikation. Wer ein wenig davon beherrscht, es angemessen und behutsam gebraucht, kann mehr verstehen und sich angemessener verständigen. Diejenigen, denen es aus unterschiedlichen Gründen versagt ist, dieses geschliffene Instrument ›spielen‹ zu lernen, benutzen mit ihrer eigenen, ›natürlichen‹ 10

Sprache von selbst rhetorische Stilfiguren. Sie sind ihnen gegeben und irgendwie erlernt.

2.1. Bedingtheiten und Aufgabe der Rhetorik: Botschaften vermitteln Es gibt Naturtalente, bei denen die kommunikative Umsetzung wie von selbst geht; andere müssen sich erst mühsam, mehr oder weniger perfekt, lange darin üben. Hinzu kommt, dass das persönliche Alter und die jeweilige gesundheitliche Verfassung absolute Faktoren sind, wie weit der Einzelne dabei kommt – oder auch nicht. Dann ist die kommunikative Umsetzung halt ›natürlich‹; so ›wie der Schnabel gewachsen‹ ist; etwas wird immer verstanden; nur können dabei sozusagen ›Reibungsverluste‹ auftreten, die eine gelingende Botschaft schmälern. Eine Botschaft ist ein Zusammenspiel von stimmlichen (vokalen), wortsprachlichen und körpersprachlichen Hinweisen. Soll sie vollständig gelingen, d.h. ankommen und verstanden werden, müssen mindestens diese drei Komponenten erfüllt sein.

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In der zwischenmenschlichen Verständigung im Besonderen und in der Kommunikation im Allgemeinen geht es zuerst um die Vermittlung von Botschaften, dann aber auch um das Erreichen von kommunikativen Zielen wie z.B. Freude vermitteln, ermuntern, Freude dämpfen, nachdenklich machen, zusammenbringen, Einwände vorbringen, zu bedenken geben, eine Zustimmung erzielen, eine Entscheidung herbeiführen usw. Eine Botschaft kann als ›gelungen‹ angesehen werden, wenn sie aus folgenden Elementen besteht: • der Sache selbst, • einem Appell an das oder die Gegenüber • Einhalten der Beziehungsebene • und der eigenen Beteiligung, d.h. das absolute Fehlen von Gleichgültigkeit. Ein ›Lehrerbeispiel‹: Ein(e) Lehrer(in) gibt, bevor er die bewertete Klassenarbeit austeilt, eine allgemeine Einschätzung ab: »Wir haben uns in 12 Deutschstunden mit dem Thema ›Fabeln‹ beschäftigt. Wir haben einige gelesen, Inhaltsangaben gemacht und uns mit den jeweiligen Lehrsprüchen beschäftigt. Dann solltet ihr versuchen, ähnliche Fabeln zu vergleichen, um die Unterschiede herauszuarbeiten. So war auch die Aufgabenstellung in der Klassenarbeit angelegt. Jeder einzelne von Euch hat sich daran versucht. Allgemein muss ich sagen, dass ihr die Aufgabe ziemlich ordentlich gelöst habt; inhaltlich. Aber formal liegt einiges im Argen: 12

a) Ihr macht zu viele Rechtschreib- und Zeichenfehler. b) Es fehlt dem einen oder dem anderen an dem genauen Ausdruck. c) Der Satzbau lässt allgemein zu wünschen übrig. Was ist zu tun? Wir werden im Unterricht natürlich daran arbeiten. Aber ihr müsst auch zu Hause extra üben. Das heißt: Vorschlag: Sucht euch einen kürzeren Text aus dem Lesebuch oder Sprachbuch und schreibt ihn sorgfältig ab. Das macht ihr regelmäßig; nicht länger als 20 Minuten vielleicht. Den geschriebenen Text kontrolliert ihr selber. Dann heftet ihr ihn weg. Das ist wie regelmäßiges Training im Sport. Ihr werdet sehen, dass die drei Fehlerpunkte, die ich genannt habe, kleiner werden. Hier werden die vier Elemente einer gelingen könnenden Botschaft gut umgesetzt, Gleichzeitig ist hier die Fünfsatzstruktur-›Kette‹ verwirklicht (Dazu aber weiter unten!)

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2.2.

Herausragende Rhetoriker – Bedeutung der Rhetorik

Im Altertum (etwa 400 vor Christus bis weit ins Mittelalter) war die Rhetorik besonders bei Griechen und Römer wichtiger Bestandteil der Schulbildung. Sie umfasste eine sorgfältige sprachliche Ausbildung, vermittelte Kenntnisse in Logik (später auch der Dialektik) und Psychologie, und außersprachliche Aspekte wie Gestik oder Mnemotechnik (›Gedächtniskunst‹). In der langen Geschichte der Rhetorik gab es immer wieder Zeiten, in der herausragende Geistesgrößen mit begnadeter Beredsamkeit lebten wie z.B. Cicero (106 v. Chr. – 44 v. Chr.)

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