Prima Klima

der Technischen Universität Wien. Die Arbeit der ... drucksvoll an einem Schulgebäude in Wien-Neubau. Dort wurden der ... der Wiener Stadtwerke. Weil im.
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Dächer lassen sich sehr unterschiedlich nutzen: Dachgärten (links) können Häuser auch kühlen, tragen aber mehr zum Stadtklima bei als Klimaanlagen

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Prima Klima Klimaanlage? Es gibt nachhaltige Alternativen. Zum Beispiel Dach- oder Fassadenbegrünung. Und ein paar Verhaltenstipps für heiße Tage Von Claudia Aschour giefresser. Sie wirken sich deshalb auch langfristig negativ auf CO2-Bilanz und Klima aus. Die gute Nachricht: Es geht auch ohne.

Kälte kostet Energie Mit der Erforschung von nachhaltigem Hitzeschutz für den Wohnbereich befasst sich Azra Korjenic von der Technischen Universität Wien. Die Arbeit der Bauingenieurin bestätigt die Aufzeichnungen der Meteorologen. „Aus unseren Untersuchungen geht hervor, dass der Heizwärmebedarf in Österreich sinkt und demgegenüber der Kühlbedarf steigt“, sagt sie. In Summe würde deshalb noch mehr Energie benötigt. Weil konventionelle Klimageräte überwiegend sogenannte Kompressionskältemaschinen sind, wirkt sich der Anstieg an Kühlleistung auch direkt proportional auf den Anstieg beim Stromverbrauch aus. Um die Wohnung effizient vor Überhitzung zu schützen, orientiert man sich an wenigen einfachen

Fotos: Getty Images, mauritius images / imageBROKER / Jim West

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as mit der Wohlfühltemperatur ist so eine Sache. Die Durchschnittsraumtemperatur ist bei 20 Grad angesetzt. Wintermenschen neigen in diesem Bereich zu unkontrollierten Schweißausbrüchen, Sommermenschen zu beginnender Erfrierungssymptomatik. Eines jedoch steht fest: Geeichte Messgeräte liefern frei von menschlicher Befindlichkeit Ist-Temperaturen. Messungen belegen, dass kaum eine Saison vergeht, in der nicht erneut Temperaturrekorde purzeln. 2015 war das zweitwärmste Jahr in der fast 250-jährigen Messgeschichte, 2014 das wärmste. Eine erste kurze Hitzeperiode mit Werten jenseits der 30 Grad hätten wir auch heuer schon wieder geschafft. Aber es wird wärmer, und wenn es wieder einmal richtig heiß wird in der Stadt, erwägen immer mehr Menschen die Anschaffung einer Klimaanlage. Die schlechte Nachricht: Klimaanlagen sind echte Ener-

Grundregeln. Fenster und Türen sollten geschlossen bleiben, solange die Sonne scheint und es draußen wärmer ist als drinnen. „Leider machen das viele falsch und lassen die Fenster offen, auch wenn die Raumtemperatur unter der Außentemperatur liegt“, ortet Azra Korjenic große Verhaltensdefizite. Entscheidend für den Hitzeschutz sei, die Raumtemperatur unter der Außentemperatur zu halten. An trocken-heißen Tagen wird es helfen, nasse Leintücher vor die Fenster zu hängen, weil man so die Verdunstungskälte zusätzlich zum Luftaustausch nutzt. Wird die Luft stickig, kann der kurzzeitige Einsatz eines Ventilators beim Umwälzen hilfreich sein. Aber: Auch Ventilatoren sind Stromfresser, ihre Motoren produzieren im Betrieb viel Abwärme. „Wärmequellen in der Wohnung meiden“, empfiehlt Korjenic als weitere Maßnahme zum Hitzeschutz. Elektrogeräte und Lampen produzieren Wärme, je weniger man sie nutzt, desto besser. Die Expertin emp-

fiehlt, bei einer Hitzewelle auf Backen oder exzessives Kochen zu verzichten. Apropos Elektrogeräte: Gerade hinsichtlich der Wärmevermeidung kann sich der Austausch alter Geräte auszahlen. Steigt nämlich die Raumtemperatur, steigt auch die Abwärme des Kühlschranks. Ein Phänomen, das sich mit neuen Geräten der Energiesparklassen „A+“ oder „A++“ umgehen lässt.

Schatten spenden Die aufwendigste und nachhaltigste Lösung zur Hitzeminderung ist allerdings, den sogenannten „Wärmeeintrag“ in die Wohnung oder das Haus zu minimieren, also die Hitze erst gar nicht bis ins Gebäude zu lassen. Mit einer gezielt gewählten Fassade und Fassadenfarbe lassen sich bis zu 80 Prozent der Strahlung reflektieren. Sonnenschutz ist wichtig, damit das heiße Sonnenlicht nicht in den Raum eindringen oder die Fassade erwärmen kann. In Mietwohnungen ‣ 28 | 2016

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Fernkälte – vorerst nur für Büros

So funktioniert’s

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ürokomplexe, Krankenhäuser, Unternehmen sind im Tagesbetrieb von geregeltem Klima abhängig. Auch Serverräume müssen gekühlt werden. Eine Form der Kühlung, die Ressourcen besser nutzt als die konventionelle Klimaanlage, ist die Fernkälte der Wiener Stadtwerke. Weil im Sommer nicht geheizt wird, gibt es überschüssige Abwärme aus der Kraft-Wärme-Kopplung der Müllverbrennungsanlage. Diese wird in Kältezentralen geleitet, wo sie Absorptionskältemaschinen antreibt. Die Nachfrage ist groß. „Der jährliche Zuwachs an Verrechnungsanschlusswerten beträgt bis zu 20 Megawatt – dies entspricht bis zu etwa 400.000 Quadratmetern klimatisierter Fläche“, sagt Boris Kaspar von Wien Energie. Bis 2020 sei der Ausbau der Fernkälteleistung auf 200 Megawatt geplant. Das entspricht der Kühlleistung von weit über 1,2 Millionen herkömmlichen Kühlschränken. Einziges Manko: Die Versorgung von Privatkunden mit Fernkälte ist vorerst nicht vorgesehen. Fernkälte könne in einem normalen Wohnbau nicht genutzt werden, weil es ein Lüftungssystem mit speziellen Kühl- und Heizregistern bräuchte, die Temperatur und Luftfeuchtigkeit regelten.

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muss man sich da oft mit innen liegenden Lösungen wie Vorhängen oder Rollos begnügen. Verbessert wird die Schutzleistung durch helle Farben, weil sie Licht reflektieren. Eine nicht invasive und zudem günstige Alternative an Glasfassaden und Fensterscheiben bieten Hitzeschutzfolien, die die UV-Strahlung filtern und das Aufwärmen der Scheibe um etwa die Hälfte reduzieren. Besonders wirkungsvoll ist Sonnenschutz außen, das heißt vor der Fassade oder dem Fenster, eben weil er das Aufheizen der Wand oder des Fensters verhindert. Wie effizient hier eine grüne Fassade sein kann, beweist Azra Korjenic mit ihrem Team derzeit eindrucksvoll an einem Schulgebäude in Wien-Neubau. Dort wurden der Südfassade vorgelagerte Grünsysteme mit schattenspendenden Pflanzen installiert. Die Messwerte der ersten Hitzetage Ende Juni weisen an dieser Fassade ohne Begrünung Spitzenwerte von knapp 38 Grad aus. Der Höchstwert hinter dem Grünsystem lag knapp zehn Grad darunter. Fassadenbegrünung schafft aufgrund ihrer beschattenden Wirkung und der Verdunstungskälte zudem ein gutes Mikroklima – fast wie eine grüne Klimaanlage. „Sind mehr Fassaden und Dächer in der Stadt begrünt, lässt sich die Temperaturdifferenz von Stadt und Umland verringern“, sagt Korjenic. Je weniger stark sich Ballungsräume aufheizen, desto angenehmer bleibt das Klima und desto einfacher wird ein Haushalten ohne Klimageräte. Für Wien ortet die Bauforscherin jede Menge Potenzial. Ihre Schätzung geht von fünf Grad Senkung der Durchschnittstemperatur im städtischen Ballungsraum aus. Korjenics Resümee für hitzegeplagte Stadtmenschen: konsequenter Sonnenschutz, Wärmevermeidung und nächtliche Lüftung optimieren das Raumklima auch ohne Klimaanlage. Wo immer möglich, helfen Pflanzen, das Mikroklima zu verbessern. „Alles bringt ein bisschen, und je mehr, desto besser.“

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Pflanzenbewuchs fürs gute Mikroklima: Zehn Grad kühler ist so eine begrünte Fassade an heißen Sommertagen

„Begrünte Fassaden und Dächer senken die Temperatur in der Stadt“ Azra Korjenic Bauphysik-Professorin an der TU Wien

Fotos: Wien Energie/Ian Ehm, TU, Privat

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