Pamela Gelfert Sklavin des Schicksals Brise der Freiheit Roman ...

seinen Thron nur durch Macht und nicht durch Wissen ... Ungläubig blickte sie den Berater an. Dieser Kerl – ... drängend, sprang sie dem Berater an die Kehle.
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Pamela Gelfert

Sklavin des Schicksals Brise der Freiheit Roman freie edition © 2011 AAVAA Verlag UG (haftungsbeschränkt) Quickborner Str. 78 – 80, 13439 Berlin Alle Rechte vorbehalten eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! www.aavaa-verlag.de 1. Auflage 2011 Umschlaggestaltung: Pablo Valles Pérez Printed in Germany ISBN 978-3-86254-730-2 2

Dieser Roman wurde bewusst so belassen, wie ihn die Autorin geschaffen hat, und spiegelt deren originale Ausdruckskraft und Fantasie wider. Alle Personen und Namen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Prolog Mit gesenktem Haupt schritt sie den scheinbar endlosen, dunklen Gang entlang, umringt von vier kräftigen, bewaffneten Männern. Ihre metallenen Rüstungen klapperten bei jedem Schritt. Doch die gefangen genommene Elbin bemerkte das fast nicht, ebenso wenig wie die unsanften Stöße, die sie immer wieder zum Weiterlaufen antreiben sollten. Ein Impuls, den sie gar nicht brauchte. Wie von Geisterhand bewegten sich ihre Beine von alleine ihrem Schicksal entgegen. Nur ein Gedanke ging ihr durch den Kopf, brannte sich wie Säure in ihr Bewusstsein: »Ich habe versagt.« Und mit jeder Sekunde schien er sich tiefer einzugraben. In ihrem langen Leben – und als Elbin waren ihr einige Jahrhunderte beschert – hatte sie sich noch nie so schlecht gefühlt. Vor ihr tauchte eine große hölzerne Tür auf. Die gesamte Gruppe hielt an. Mit gemischten Gefühlen sah die Elbenherrin auf. Dahinter erwartete sie nichts Geringeres als die Hölle auf Erden, dessen war sie sich sicher. Das Urteil, was man über sie fällen würde, würde mindestens so schmerzhaft werden wie das Feuer der Unterwelt. Schließlich befand sie sich um4

ringt von Feinden und hatte keine Gnade zu erwarten. Ein mulmiges Gefühl ergriff von ihr Besitz. Würde sie je einen aus ihrem Volk wiedersehen? Sie hoffte es so sehr. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Der Krieg raubte ihr, nein nicht nur ihr, allen auf dieser Welt so viel. Wieso hatte dieser dumme Menschenkönig so ein Unheil über die Welt heraufbeschworen. Nur aus Gier? Einer der Männer öffnete die große Tür. Würdevollen Schrittes nahm sie diesen, vielleicht auch ihren letzten, Weg auf sich. Ironischerweise trat sie von dem dunklen Gang in den durch die großen Bogenfenster taghellen Raum. Dabei ließ sie in Wirklichkeit das letzte Fünkchen Hoffnungslicht vor dem Saal und bereitete sich innerlich auf eine dunkle Zukunft vor. Trotzdem zögerte sie nicht, ihr Haupt stolz zu heben. Das schuldete sie sich und ihrem Volk. Hinter ihr schloss sich das Tor. Ein Geräusch gleich dem Klang läutender Sterbeglocken, die ihre letzten Stunden ankündigten. Ihr Blick fixierte den Anführer ihrer Feinde. Der König saß aufrecht auf seinem Thron. Mit teils neugierigem, teils bösem Blick musterte er die Gefangene. Aus seinen Zügen sprach Genugtuung, weil es seinen Männern endlich gelungen war, sie, die Köni5

gin, zusammen mit vierzehn anderen Elben gefangen zu nehmen. Die Erinnerung an diese Schlacht verdrängte sie lieber sofort. Hier durfte sie keine Schwäche zeigen. Stattdessen sah sie ihm offen in die Augen. Sie fürchtete sich nicht vor diesem Herrscher, der seinen Thron nur durch Macht und nicht durch Wissen erlangt hatte. Nach einer längeren Schweigepause erhob der König sich endlich. »Evelyn Solstitia, es ist mir eine Ehre Euch persönlich in meinem Reich begrüßen zu können«, hallte seine Stimme laut durch den Raum. Dabei bemühte er sich gar nicht erst, den spöttischen Unterton aus seinen Worten verschwinden zu lassen. Die Hände im Rücken verschränkt, ging er auf sie zu. Als keine Antwort kam, schüttelte der Mensch den Kopf. »Nun seid doch nicht so unhöflich. Schöne Frauen werden hier niemals schlecht behandelt.« »Was wollt Ihr?« »Euer Volk leistet mir sehr viel Widerstand. Ihr seid ihr Kopf. Sie glauben an Euch. Wenn Ihr nicht mehr da seid, wird die Sache erheblich einfacher«, gab er als ehrliche Antwort. »Meint Ihr?« 6

Der Mann trat bedrohlich nahe an sie heran. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem triumphierenden Grinsen. »Oh ja und deswegen würde ich sagen, werdet Ihr, meine Hübsche, vor dem ganzen Volk hängen.« Die Langlebende senkte den Kopf. So endete also alles. Genau mit diesem Urteil hatte sie gerechnet. Es tat ihr Leid ihren Stamm so im Stich zu lassen, selbst wenn sie schon lange die Hoffnung auf einen Sieg verloren hatte und ein Teil in ihr sich vor der Zukunft ihres Volkes fürchtete. Die Menschen waren ihr zurzeit strategisch überlegen. Ihre Grenzen hatten sie schon erheblich erweitert. »Führt sie ab!«, befahl der Herrscher, doch gerade als die Untergebenen sie an den Armen gepackt hatten und gehen wollten, mischte sich noch eine andere Stimme ein. »Nicht so schnell!« Aus dem Halbdunkel einer Ecke trat ein junger Mann. Die Elbin drehte verwundert ihren Kopf. Sie hatte diesen Kerl schon vorher bemerkt, ihm allerdings keine Beachtung geschenkt. Seltsamerweise gehorchten die Soldaten ihm. 7

»Oh, ich vergaß Euch vorzustellen. Das ist Lukas Hiwatari, mein Berater. Er ist übrigens auch für die strategische Planung zuständig. Ihm verdanken wir unsere Siege«, vernahm sie die Stimme des Regenten. Ungläubig blickte sie den Berater an. Dieser Kerl – er konnte kaum älter als zwanzig sein - war also an allem Schuld! Die Angriffe waren seine Pläne! Ein schrecklicher Hass brannte in ihr auf. Ein Gefühl, das sie nie zuvor so intensiv gespürt hatte. Sie hatte Mühe ihn zu unterdrücken. Aber es wäre dumm hier einen Aufstand zu veranstalten. Mit geballten Fäusten lauschte sie seinen Worten. »Ich bin gegen die Todesstrafe. Das hätte keinen Sinn. Ihr Volk liebt und ehrt sie.« Seine Augen fixierten sie. Die Art, wie dieser Mensch sie ansah, gefiel ihr überhaupt nicht. Trotzdem wich sie seinem Blick nicht aus. »Ihr Volk würde neue Kräfte sammeln, nur um sie zu rächen. Noch mehr Widerstand können wir nicht gebrauchen.« Der Herrscher nickte. »Was schlägst du vor?« »Lasst sie frei. Soll sie doch den Untergang ihres Volkes miterleben. Es reicht aus, wenn wir die anderen vierzehn Gefangenen hängen.« 8

Die Langlebende holte tief Luft. »Nein, lasst den Rest in Ruhe. Ich flehe Euch an, nehmt mich.« Mit einem Schlag war ihre Beherrschung verschwunden. In einer verzweifelten Geste versuchte sie den Mann, der eigentlich das Sagen hatte, zu überzeugen. Ihre Augen hafteten flehentlich auf dem König, der tatsächlich zögerte. Scheinbar hatte er Mitleid mit ihr. Schließlich führte er wie sie ein Volk an und konnte ihre Lage bestimmt nachvollziehen. Mit dem Tod wären ihre Seelenqualen beendet. Niemand erlebte gerne den Niedergang seines eigenen Volkes mit. Und erst recht überließ niemand seine Freunde gerne der knöchernen Hand des Todes. Tausendmal lieber gab sie ihr Leben, wenn es nur einen der vierzehn anderen retten könnte. »Mein Herr, ich rate Euch wirklich davon ab.«, ergriff Lukas wieder das Wort. Der Anführer gab den Männern ein Zeichen. Damit war das Urteil gefällt. Evelyn schluckte ihre Tränen hinunter. Sie wollte ihre Kameraden nicht tot sehen, nicht wegen ihr. An ihren Füßen spürte sie den kalten Stahl einer Waffe. Die Wächter hatten ihre braunen Stiefel nicht untersucht. In einer überraschenden Bewegung riss die Frau sich 9

von ihren Haltern los und stürmte, den Dolch ziehend, auf den 20-Jährigen los. Er lächelte sie überlegen an. Sofort hatte er sein Schwert zur Hand. Klirrend landete der Dolch auf dem Boden, indes der Angegriffene seine Waffe zurück in die Hülle gleiten ließ. Die Langlebende hielt sich das blutende Handgelenk. Traurig schüttelte sie den Kopf. Sie wollte nicht so einfach aufgeben. Dieser junge Typ verstand nichts von der Verantwortung, die auf ihren Schultern lastete. Er war nur ein Kind, ihre Armeen wurden durch seine Pläne in den Tod gestürzt. Den Schmerz verdrängend, sprang sie dem Berater an die Kehle. »Warum wollt Ihr, dass mein Volk untergeht?«, schrie sie ihn an. Ihre Stimme war schrill. Doch der 20-Jährige sah sie nur stumm an. Evelyn versuchte in seinen Augen eine Antwort zu finden, aber sein kalter Blick ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Kraftlos senkte sie die Arme. Es hatte keinen Sinn. Mit zitternder Hand strich sie ihr Gewand glatt, ehe sie zurück zu den Wachen kehrte, die sich bis dahin nicht geregt hatten. »Das wirst du mir büßen, das schwöre ich dir«, flüsterte die Königin leise, mit 10

Absicht auf jegliche höfliche Anrede verzichtend, dann wurde sie abgeführt.

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1 Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff sie sich an den Kopf. Verdammte Wand! Musste dieser Raum auch so eng sein. Und so dunkel. Und vor allem so stinkend. Jedes Tier wurde besser transportiert. Leicht zuckte sie zusammen, als ihre Finger eine Beule ertasteten. So aus dem Schlaf geweckt zu werden, war nicht gerade die schönste Art. Mit einem Seufzer setzte Tanja sich aufrecht. Das Stroh, auf dem sie lag, knisterte leicht. Wie sehr ersehnte sie das Ende dieser schrecklichen Schifffahrt. Denn danach brach ein neues Leben an. Kurz schloss sie die Augen. Der Schmerz war vergessen. Vor ihr erschien eine unendliche Welt. Riesige Wiesen. Große Städte. Landschaften, die sie nur aus ihrer Fantasie kannte. Niemals zuvor hatte sie das Land jenseits der Insel kennengelernt. Als ehemalige Sklavin kannte sie nur das eine monotone Leben, das aus Arbeit, Schlafen in grauen Zellen und wieder Arbeit bestand. Von morgens bis abends, abends bis morgen, stets der 12

gleiche Trott. Es erschien ihr wie ein Traum aus diesem Fluch zu entkommen. Über ihre Freude legte sich ein schwarzer Schatten. Allerdings musste sie ohne ihre Freunde gehen. Es gab keine Chance mehr sie jemals wieder zu sehen. Dieser Abschied war endgültig. Niemand, es sei denn, er besaß ein Vermögen, durfte einfach auf diese Insel. Und so leicht würde sie sicher nicht an Geld kommen. Schnell verdrängte sie die negativen Gedanken. Erstmal wollte sie abwarten, was der nächste Morgen brachte. Vielleicht würde sie den Gönner kennenlernen, der für sie bezahlt hatte. Es musste auf jeden Fall ein gnädiger Mensch sein, denn nur selten wurde einem Sklaven die Freiheit geschenkt. Der Preis dafür war einfach zu hoch. Obgleich sie nicht von sich behaupten konnte, Ahnung über Geld zu haben. Eine Sache, die sie bestimmt demnächst lernen musste. Aber zuerst nahm sie sich vor ihre Freiheit zu genießen. Zufrieden schloss sie die Augen. Der nächste Morgen musste einfach toll werden! Lautes Rufen und Klopfen weckte das Mädchen. Müde rieb sie sich den Schlaf aus den Augen. Waren sie schon da? Wie lange hatte sie geschlafen? Die Dunkel13

heit, die sie umgab, ermöglichte es ihr nicht, Rückschlüsse auf die Tageszeit zu schließen. Abermals pochte es an der Tür, ehe diese schwungvoll aufgestoßen wurde. Ein bewaffneter Mann trat ein. Mit einem Satz war die ehemalige Sklavin auf den Beinen. Einer der Inselbewohner hatte ihr geraten, solchen Leuten stets mit Respekt zu begegnen, sonst würde sie nur Ärger am Hals haben und den wollte sie ganz bestimmt nicht. Außerdem hatte sich irgendwie der Gedanke in ihrem Kopf festgesetzt, dass jeder in einer Rüstung ein grober, unbarmherziger Mann war, der es liebte, Menschen leiden zu lassen. Dabei wusste sie nicht einmal, woher dieses Hirngespinst kam. Womöglich von den Märchen, die man sich auf der Insel untereinander erzählte. In keinem einzigen waren Kämpfer als strahlende Helden dargestellt worden. Nein, diese Menschen trugen immer die Schuld. Wegen ihnen gab es Krieg, Sklaven, Leid … eben nur Schlechtes doch entgegen ihrer Erwartungen lächelte der Krieger sie freundlich an. »Also Süße, wir sind da. Du kannst gehen, wohin du willst, aber halt dich an die Gesetze.« 14

Tanja nickte untertänig, obwohl sie kein einziges Gesetz kannte. Auf ihrer Heimat gab es nur eine Regel: Tu, was man dir sagt und überleb, solange du kannst.“ Der Mann trat zur Seite, um ihr zu demonstrieren, dass sie gehen konnte. Die ehemalige Sklavin musste sich erst überwinden, bevor sie über die Leiter auf das Deck des Schiffes kletterte. Immerhin veränderte sich ihr Leben ab heute von Grund auf. Nichts würde mehr so sein wie bisher und sie hoffte inständig mit allem, was sie erwartete, zurechtzukommen. Wie es sich wohl anfühlte, sich völlig frei zu bewegen, ohne Angst vor der Peitsche? Sie konnte es sich kaum vorstellen. Doch sie wollte es spüren, die Freiheit, das Leben in ihrer eigenen Hand. Zu lange war sie in der Dunkelheit gewesen. Es war Zeit der Welt da draußen »Hallo« zu sagen. Schnell drückte sie sich an dem Wachmann vorbei und erklomm die Leiter Richtung Deck. Die Sonne blendete sie zunächst, sodass sie nur unschlüssig auf der Stelle stehen blieb und sich mit ihrer Hand vor der Helligkeit schützte. Der Boden unter ihr schwankte von den einlaufenden Wellen an der Küste. Obwohl dieses Schaukeln keine körperlichen Beschwerden bei ihr auslöste, freute sie sich bald wieder auf festem Untergrund zu stehen. So verließ sie mit 15