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Ziel führen: „Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen ... und unser Gebet wie den jungen afrikanischen Kirchen, für die wir.
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Predigt zum Dreikönigsfest 2011 Die drei Geschenke „Gold, Weihrauch und Myrrhe“ sind drei königliche Geschenke. Und so entstand allmählich in der Volksfrömmigkeit und in der frühchristlichen Kunst das Bild von den Heiligen Drei Königen. FEST DER ERSCHEINUNG DES HERRN (Dreikönigsfest) 6. Januar 2011 Lesung: Jes 60,1-6 Evangelium: Mt 2,1-12 Liebe Schwestern und Brüder! Wer von Ihnen am 2. Weihnachtsfeiertag den Gottesdienst mitgefeiert hat, ob hier in Oberstdorf oder von unseren Gästen noch zuhause, hat sich wohl über das Evangelium gewundert: Da war doch allen Ernstes schon von der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten die Rede – und dabei waren doch die Heiligen Drei Könige noch gar nicht in Bethlehem angekommen, um dem neugeborenen König der Juden zu huldigen und ihre Geschenke zu überbringen: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Das ist doch das Festgeheimnis des heutigen Tages, dem sog. Dreikönigsfest, das eigentlich ganz offiziell: „Fest der Erscheinung des Herrn“ heißt, auf griechisch: epiphaneia oder Epiphanie. Es sind nun gerade die evangelischen Christen, die für den heutigen Tag das alte Wort „Epiphanias“ bewahrt haben. Es ist eine spannende Sache, den historischen Kern des heutigen Festes zu suchen. Den finden wir nun freilich nicht unbedingt in Köln am Rhein, obwohl dort der sog. „Dreikönigsschrein“ mit den Gebeinen der Heiligen Drei Könige verehrt wird und im Mittelalter dazu geführt

hat, den gewaltigen Kölner Dom zu bauen. Im Jahr 1248 hat man damit angefangen, aber erst 1880, also 632 Jahre später, war man mit dem Dombau fertig; d.h. ganz fertig ist man bis heute nicht. Der Dom ist vielmehr eine „ewige Baustelle“. Ja, man sagt sogar: Wenn der Dom fertig ist, dann ist auch das Weltenende nahe. So gesehen ist der Kölner Dom mit seinem Dreiköngisschrein vielleicht sogar ein Symbol für die ganze Kirche, die auch in all den Jahrhunderten eine ewige Baustelle geblieben ist und derzeit mehr denn je einige Bauschäden aufweist, aber nicht nur in Köln, sondern auch bei uns in Augsburg. Die Frage, ob nun wirklich die Gebeine der Heiligen Drei Könige im Dreiköngisschrein in Köln ruhen, stellt sich eigentlich nicht. Wir brauchen ja nur die Heilige Schrift aufschlagen. Da finden wir nichts von Heiligen, nichts von drei und nichts von Königen. Im griechischen Urtext ist vielmehr von „magói apó anatoloòn“ die Rede, wörtlich: „Magier aus dem Osten“. Martin Luther übersetzt das mit den „Weisen aus dem Morgenland“. Und in unserer katholischen Einheitsübersetzung heißt es seit dreißig Jahren: „Sterndeuter aus dem Osten“. Der Evangelist Matthäus berichtet uns also nichts von den Heiligen Drei Königen, sehr wohl aber von gebildeten Menschen, die von weither aus dem Orient gekommen sind, weil sie sich von Himmelszeichen haben bewegen lassen – und darauf kommt es an. Die „Sterndeuter aus dem Osten“ kommen nun freilich zunächst nicht nach Bethlehem, sondern in die benachbarte Hauptstadt Jerusalem und fragen dort: „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“ (Mt 2,2) Davon ist in Jerusalem nichts bekannt, das würde man wissen! Aber Jahrhunderte früher hat einmal der Prophet Micha über den Nachbarort Bethlehem gesagt: „Du Bethlehem, aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel“ (Mt 2,6; Mi 5,1.3). Deshalb schickt König Herodes die Sterndeuter nach Bethlehem weiter, nicht ohne ihnen aufzutragen, sie möchten ihm doch Kunde geben, wenn sie das gesuchte Kind gefunden hätten… Der Weg nach Jerusalem war eine falsche Fährte, der Weg nach Bethlehem erweist sich als

richtig. Sie sehen erneut den Stern und lassen sich von ihm bis zum Ziel führen: „Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm…“ (Mt 2,11) Die drei Geschenke „Gold, Weihrauch und Myrrhe“ sind drei königliche Geschenke. Und so entstand allmählich in der Volksfrömmigkeit und in der frühchristlichen Kunst das Bild von den Heiligen Drei Königen. Die Dreizahl wurde auch anderweitig symbolisch gedeutet: als die drei Generationen: ein junger, mittlerer und älterer König; später dann als die Repräsentanten der drei damals bekannten Erdteile Asien (Morgenland), Europa (Abendland) und Afrika („Mohrenland“). Jetzt war der dritte König auch noch dunkelhäutig geworden. Um nun aber auf den historisch gesicherten Kern des heutigen Festes zurück zu finden, brauchen wir die schon erwähnte biblische Geschichte von der Flucht nach Ägypten. Dorthin musste die Heilige Familie fliehen, um vor König Herodes sicher zu sein. Und von dort kehrte dann die Heilige Familie etwa zwei Jahre später nach Israel zurück, genauer gesagt nach Nazareth in Galiläa, damit sich das Schriftwort erfüllt: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“ (Hos 11,1) Das ist für den Evangelisten Matthäus der Schlüsselsatz der ganzen Perikope: Der Messias, der Retter, der Befreier kommt nicht aus Jerusalem, sondern aus der Ferne, aus Ägypten. Wie einst das Gottesvolk durch Mose aus Ägypten, dem Land der Knechtschaft, herausgeführt wurden ist und nach vierzig Jahren durch Gottes Führung im Gelobten Land ankam, so kommt nun der Retter Israels aus Ägypten. Das Zweite: Nicht das auserwählte Gottesvolk Israel hat in Jesus den Messias erkannt, sondern Sterndeuter von weither, aus dem Osten, aus dem heidnischen Ausland, finden über Umwege zum göttlichen Kind und huldigen ihm. Das Dritte: Der Messias ist von Anfang an bedroht. Ihm wird von den Mächtigen des Landes nachgestellt. König Herodes schreckt nicht einmal vor dem Kindermord in Bethlehem zurück, um den verheißenen neugeborenen König der Juden zu töten. Und das Vierte: Jesus wächst nicht im Kernland Judäa auf, sondern

in Nazareth in Galiläa. Über diese nördliche Region Galiläa hat man in Jerusalem abschätzend vom „heidnischen Galiläa“ gesprochen. Und an anderer Stelle wird es heißen: „Kann denn aus Nazareth etwas Gutes kommen?“ (Joh 1,46) „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen“ (Hos 11,1) – Natürlich hat der Prophet Hosea, der gut 700 Jahre vor Christus lebte, mit diesem Wort urspünglich nicht von Jesus gesprochen – wie sollte er auch – sondern mit dem „Sohn“ das auserwählte Volk Israel gemeint, das durch Gott von Ägypten ins Gelobte Land gerufen wurde, aber die ersten Christen haben nun viele alttestamentliche Worte als prophetische Worte auf Jesus hin gedeutet. So finden wir gerade im Matthäusevangelium immer wieder Verweise auf die Heilige Schrift und das Zeugnis der Väter im Alten Testament. Und so wurden auch die Worte des Propheten Jesaja auf Jesus hin gedeutet, die wir heute in der Lesung gehört haben, wenn dort von der Völkerwallfahrt nach Jerusalem die Rede ist: „Auf, werde licht, Jerusalem, denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir… Blick auf und schau umher: Sie alle versammeln sich und kommen zu dir: Die Schätze der Völker kommen zu dir. Zahllose Kamele bedecken dein Land, Dromedare aus Midian und Efa. Sie alle kommen von Saba, bringen Weihrauch und Gold Und verkünden die ruhmreichen Taten des Herrn!“ (Jes 60,1.4-6) Ein letzter Gedanke: Während heute bei uns das Fest der Erscheinung des Herrn gefeiert wird, feiert die ganze östliche Christenheit heute den Heilig Abend und morgen ihr Weihnachtsfest, aus dem einfachen Grund, weil sie die gregorianische Kalenderreform im Jahre 1582 nicht mitgemacht hat und deshalb die religiösen Festtage immer noch nach dem julianischen Kalender berechnet, und der ist mittlerweile 13 Tage zurück. Zur östlichen Christenheit gehören auch die Kopten in Ägypten, die bis ins zweite Jahrhundert zurück reichen. Ganz Ägypten war jahrhundertelang christlich, bevor im 7. Jahrhundert

der Islam, von Arabien kommend, das ganze Land und ganz Nordafrika überrollt hat. In Ägypten hat sich die koptische Kirche als christliche Minderheit in einem islamischen Land behaupten können, weil Ägypten biblisches Land ist, angefangen beim sog. ägyptischen Josef und seinen Brüdern bis hin zum heiligen Josef und zur Heiligen Familie. Diesen Christen gilt ebenso Solidarität und unser Gebet wie den jungen afrikanischen Kirchen, für die wir heute unsere Kollekte geben. Amen. Peter Guggenberger, 5.1.2011