Nachhaltigkeit - Libreka

Von der forstlichen Nachhaltigkeit zur Nachhaltigen Entwicklung . . 41. Harald Thomasius ... Zur Karriere und zum Missbrauch des Nachhaltigkeitsbegriffs .
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Die Sächsische Hans-Carl-von-Carlowitz-Gesellschaft e.V. zur Förderung der Nachhaltigkeit mit Sitz in Chemnitz widmet sich der Erschließung, Bewahrung und Weitergabe des Erbes des in Sachsen geborenen und wirkenden Begründers des Nachhaltigkeitsbegriffes. Erklärtes Ziel der Gesellschaft ist es, dieses Erbe in den aktuellen Nachhaltigkeitsdiskurs einzubringen sowie nationale und internationale Nachhaltigkeitsakteure zu fördern und miteinander zu vernetzen.

24,95 Euro www.oekom.de

Die Erfindung der Nachhaltigkeit Sächsische Carlowitz-Gesellschaft e.V. (Hrsg.)

Vor 300 Jahren formulierte der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz als erster das Prinzip der Nachhaltigkeit. Auf Basis des Wissens seiner Vorfahren und mit erstaunlichem Weitblick entwickelte er darin bemerkenswert moderne Auffassungen zum Ausgleich zwischen Natur und Wirtschaft, zwischen Gegenwart und Zukunft. 1713 veröffentlichte er diese in seinem berühmten Werk Sylvicultura oeconomica. Ursprünglich angelegt als forstliches Konzept entwickelte sich aus seinen Gedanken das heute weltweit diskutierte Leitbild der Nachhaltigkeit. Im vorliegenden Buch würdigen fünfzehn anerkannte Autoren verschiedenster Fachrichtungen das Werk des Hans Carl von Carlowitz und schlagen eine Brücke ins 21. Jahrhundert. Sie erläutern den Stellenwert der Idee einer nachhaltigen Entwicklung im Verlauf der Jahrhunderte. Sie skizzieren, wie eine leistungsfähige Wirtschaft mit ökologischer Verantwortung und sozialer Gerechtigkeit gestaltbar ist. Und sie zeigen praktische Wege auf, wie wir heute Verantwortung für künftige Generationen übernehmen können – ganz im Sinne von Hans Carl von Carlowitz.

Sächsische Carlowitz-Gesellschaft (Hrsg.)

Die Erfindung der

Nachhaltigkeit Leben, Werk und Wirkung des Hans Carl von Carlowitz

oekom verlag

Dieses Buch wurde klimaneutral hergestellt. CO2-Emissionen vermeiden, reduzieren, kompensieren – nach diesem Grundsatz handelt der oekom verlag. Unvermeidbare Emissionen kompensiert der Verlag durch Investitionen in ein Gold-Standard-Projekt. Mehr Informationen finden Sie unter www.oekom.de. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2013 oekom Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH, München Konzeption und Redaktion: Gerhard Albert Jahn Satz und Layout: Reihs Satzstudio, Lohmar Korrektorat: Silvia Stammen, München Umschlaggestaltung: Büro Jorge Schmidt, München Umschlagabbildung: ullstein bild – CARO/Andreas Riedmiller Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Dieses Buch wurde auf 100%igem Recyclingpapier gedruckt. Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-86581-415-9

Sächsische Hans-Carl-von-Carlowitz-Gesellschaft e. V. zur Förderung der Nachhaltigkeit, Chemnitz (Hrsg.)

Die Erfindung der Nachhaltigkeit Leben, Werk und Wirkung des Hans Carl von Carlowitz

Inhalt



1

Vorwort des Herausgebers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Hans Carl von Carlowitz und die historische Begründung der Nachhaltigkeit Ulrich Grober



Von Freiberg nach Rio – Carlowitz und die Bildung des Begriffs ›Nachhaltigkeit‹  . . . . . .  13 Günther Bachmann



Die historischen Wurzeln des Leitbildes Nachhaltigkeit und das 21. Jahrhundert  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  31 Ernst Ulrich Köpf



Von der forstlichen Nachhaltigkeit zur Nachhaltigen Entwicklung  .  41 Harald Thomasius



Die Sylvicultura oeconomica – eine Rezension aus heutiger Sicht  . . . . . . . . . . . . . . . . .  61

2

Nachhaltigkeit – ein Leitbild im Diskurs Wolfgang Haber



Nachhaltige Entwicklung zwischen Notwendigkeit, Tugend und Illusion  . . . . . . . . . . . .  83 Roderich von Detten



Einer für alles? Zur Karriere und zum Missbrauch des Nachhaltigkeitsbegriffs   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Joachim Hamberger



Nachhaltigkeit: Die Vermessung eines Begriffs  . . . . . . . . . . .  127 Franz Josef Radermacher, Club of Rome



Die Ressourcen der Erde setzen uns Grenzen – vom sächsischen Bergmann Hans Carl von Carlowitz 1713 bis zum neuen Report an den Club of Rome 2052  . . . . . . . .  141 Felix Ekardt



Problemebenen des modernen Diskurses um das Carlowitz-Konzept ›Nachhaltigkeit‹  . . . . . . . . . . . .  157

3

Von Sachsen nach Rio – und zurück Bernd Bendix



Zur Biografie eines Vordenkers der Nachhaltigkeit, Hans Carl von Carlowitz (1645–1714)  . . . . . . . . . . . . . .  175 Georg Heinrich von Carlowitz



Virtuti nulla in via est via – Die Familie v. Carlowitz  . . . . . . . .  225 Reinhard Schmidt



Würdigung meines Amtsvorgängers Hans Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann Sachsens  . . . . . . . . . . . . . . . . . .  233 Dieter Füsslein



Zum großen Atem der Nachhaltigkeit – Ein persönlicher Erfahrungsbericht aus Sachsen  . . . . . . . . . .  243 Bernd Meyer





»Es ist fünf vor zwölf« – Das Freiberger Weltforum zur nachhaltigen Nutzung der Rohstoffressourcen der Erde – ein Carlowitz’sches Erbe  . . .  257



Bilder einer Ausstellung: »Nachhaltigkeit – ein Leitbild aus Sachsen«

. . . . . . . . . . . .  266

Anhang

Zu den Autoren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

Bildnachweis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  283

Dank des Herausgebers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  284

Vorwort des Herausgebers

Vor 300 Jahren hat der in Chemnitz/Rabenstein geborene Hans Carl von Carlowitz sein Lebenswerk Sylvicultura oeconomica, oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden Baum-Zucht herausgegeben. Mit der Frage danach, wie mit Ressourcen umzugehen sei, und mit seiner Aussage, »daß es eine continuir­ liche beständige und nachhaltende Nutzung« brauche, hat Carlowitz den Begriff der forstlichen Nachhaltigkeit wesentlich geprägt – und zugleich die Blaupause unseres modernen Nachhaltigkeitsbegriffs entworfen. Carlowitz warnte dringend davor, mehr Holz zu konsumieren, »als der Waldraum zu zeugen und tragen vermag«, und er wusste, dass der Mensch »mit ihr (der Natur) agieren« und nicht »wider die Natur handeln« solle. In seiner barocken Sprache rief dieser sächsische Oberberghauptmann zur Verantwortung für die »armen Unterthanen und die liebe Posterität«, also für die Mitwelt und die nachfolgenden Generationen auf. Dieses Buch würdigt Hans Carl von Carlowitz als starken Impulsgeber, ja als Schöpfer des heute weltweit diskutierten Leitbilds der Nachhaltigkeit. Diesen Zusammenhang wollen wir mit der Wortwahl ›Erfindung der Nachhaltigkeit‹ im Titel dieses Buches sichtbar machen. Mit Carlowitz gelangen wir zu den Wurzeln und zu den grundlegenden Dimensionen der ›Nachhaltigkeit‹, welche angesichts der akuten Gefährdung unserer natürlichen Lebensgrundlagen während des ›Erdgipfels‹ der Vereinten Nationen 1992 zum Leitbild erkoren wurde. Während die Konturen dieses Konzepts immer komplexer werden, ist es – um mit dem hervorragenden Carlowitz-Kenner Ulrich Grober zu sprechen – »erhellend, einmal zurück zu den Wurzeln zu gehen und Hans Carl von Carlowitz bei seinem tastenden Suchen nach dem prägnanten Wort über die Schulter zu schauen«. Mit dem deutschen Terminus ›Nachhaltigkeit‹ (nachhaltend) begründete Carlo­ witz einen ethischen Trend, ein Leitbild von universeller Geltung – und einen Exportschlager ›made in Germany‹. Begeben Sie sich mit diesem Buch auf Carlo­ witz’ Spuren: Lernen Sie den ›Erfinder‹ der Nachhaltigkeit (neu) kennen, gewinnen Sie Einsichten in die aktuelle Forschung zu Leben, Werk und Wirkung des Hans Carl von Carlowitz und begleiten Sie den Diskurs zum Begriff der Nachhaltigkeit

10

Vorwor t des Herausgebers

sowie die aktuellen Debatten um eine nachhaltige Entwicklung im 21. Jahrhundert. Ihre Weggefährten und Führer sind renommierte Autoren ganz unterschiedlicher Wissenschaftsgebiete. Diese Vielfalt bildet zugleich den transdisziplinären Ansatz der Nachhaltigkeitsforschung ab. Allen Autoren dieses Buches einen herzlichen Dank für ihre Mitarbeit! Auf einen besonders glücklichen Umstand möchten wir Sie an dieser Stelle noch hinweisen: Zeitgleich mit dem vorliegenden Band erscheint im oekom verlag eine aktuelle wissenschaftliche Edition der Sylvicultura oeconomica des Hans Carl von Carlowitz. Erstmalig ist es damit dem interessierten Leser möglich, die Ganzheit des Carlowitz’schen Erbes und seine Adaption in die Gegenwart zu erschließen. Ein herzlicher Dank gilt unserem Mitglied Herrn Gerhard A. Jahn für die intensive sowohl konzeptionelle als auch redaktionelle Arbeit in Vorbereitung der Herausgabe dieses Buches. Bedanken möchten wir uns auch beim oekom verlag, der uns die Herausgabe ermöglichte. Wir verstehen diesen Band als Beitrag für das nationale und internationale Streben nach Nachhaltigkeit und den zugehörigen Diskurs und wünschen Ihnen eine anregende Lektüre. Glück auf! Dr. oec. habil. Dieter Füsslein Vorstandsvorsitzender der Sächsischen Hans-Carl-von-Carlowitz-Gesellschaft e.V. zur Förderung der Nachhaltigkeit

1 Hans Carl von Carlowitz und die historische Begründung der Nachhaltigkeit

Ulrich Grober

Von Freiberg nach Rio – Carlowitz und die Bildung des Begriffs ›Nachhaltigkeit‹

Wer sich heute für Nachhaltigkeit engagiert, ist nicht nur Teil einer großen und wachsenden globalen Suchbewegung. Er ist auch Teil einer reichen Geschichte. Und diese Geschichte beginnt nicht erst in unserer Gegenwart, nicht erst in den ›think tanks‹, den Denkfabriken der UNO oder des Club of Rome. Dieses Denken ist uralt. Es hat tiefe Wurzeln in den Kulturen der Welt. Es ist ein geistiges Weltkulturerbe. Aber die Geschichte des Begriffs beginnt mit einem Buch, das in Freiberg geschrieben wurde – hinter den wuchtigen Mauern des spätgotischen Ge­bäudes unweit des Domes, in dem seit 350 Jahren fast ununterbrochen das sächsische Oberbergamt seinen Sitz hat. Erschienen ist das Buch 1713, vor 300 Jahren, in Leipzig. Der Titel klingt sperrig: Sylvicultura oeconomica – Anweisung zur wilden Baumzucht. Der Autor, Hans Carl von Carlowitz, amtierte 1713 als sächsischer Oberberghauptmann in Freiberg. Sein Buch hat es in sich. Es schenkte uns eine semantische Innovation, die bis heute nachwirkt, ja erst heute ihr volles Potenzial entfaltet. Wenn es in barocker Sprache, in immer neuen Anläufen, in weitschweifigen, kreisenden und tastenden Denkbewegungen die »nachhaltende Nutzung«1 der Ressource Holz im Dienste des »gemeinen Wesens« (= des Gemeinwesens) und der »lieben Posterität« (Nachkommenschaft) einfordert, erlebt der Leser die Verknüpfung eines spezifischen Wortes mit einer klar umrissenen Idee. Mit diesem Buch begann die Ausprägung dieses Wortes zu einem Begriff, die Begriffsbildung von Nachhaltigkeit. Das Buch liefert uns die Blaupause für unser Leitbild. Gewiss hat der moderne Begriff einen wesentlich größeren Umfang. Er zielt auf das große Ganze. ›Sustainability‹ gilt als universelles Prinzip für den Umgang mit allen Ressourcen, ja sogar für eine Transformation unserer gesamten Lebensweise, also der Muster, wie wir produzieren, konsumieren und zusammenleben. 1 Sylvicultura oeconomica, S. 105. Folgende, nicht weiter gekennzeichnete Seitenangaben beziehen sich alle auf dieses Buch.