Mit Wissen bewegen! - Buch.de

6.2 Das Projekt: Optionen für die Wiener Landwirtschaft ................ 104 .... zum Handeln motivieren, zum Umdenken und zur Neuausrichtung in der Pra- xis?
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Michael Böcher, Max Krott

Mit Wissen bewegen! Erfolgsfaktoren für Wissenstransfer in den Umweltwissenschaften

Dieses Buch wurde klimaneutral hergestellt. CO2-Emissionen vermeiden, reduzieren, kompensieren – nach diesem Grundsatz handelt der oekom verlag. Unvermeidbare Emissionen kompensiert der Verlag durch Investitionen in ein Gold-Standard-Projekt. Mehr Informationen finden Sie unter: www.oekom.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2014 oekom, München oekom verlag, Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH Waltherstraße 29, 80337 München Umschlaggestaltung: Elisabeth Fürnstein, oekom verlag Umschlagabbildung: © Irina Krott-Rykunina Druck: Digital Print Group, Nürnberg Dieses Buch wurde auf 100%igem Recyclingpapier gedruckt. Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-86581-472-2 e-ISBN 978-3-86581-595-5

MichaelBöcher MaxKrott  

MitWissenbewegen! 

ErfolgsfaktorenfürWissenstransfer indenUmweltwissenschaften 

                               …hervorgegangenauseinemProjektdesProgrammsproVISION, gefördertvom(österreichischen)Bundesministerium fürWissenschaftundForschung.

Inhalt VorwortausderForschung:AbschiedvomElfenbeinturm.............................9 VorwortausderPraxis:SpannendeBegegnungmitderWissenschaft.........10 1

2

3

4

MitWissenbewegen!Wiegehtdas?.........................................................11 1.1

Forschung,IntegrationundVerwertung.......................................12

1.2

ChecklistefürerfolgreichenWissenstransfer................................15

HandinHand–Leben2014imPinzgau....................................................21 2.1

VomKirchturmdenkenzurregionalenKooperation.....................22

2.2

DasProjekt„Leben2014“...............................................................25

2.3

DerHaupteffekt:vomPapiertigerzumHandelndenfürdie Region.............................................................................................28

2.4

HandelnderRegionalverbandfüreineechteregionale Zusammenarbeit............................................................................30

2.5

FaktorenfürdenErfolgdesWissenstransfers..............................35

SkisportimKlimawandel..........................................................................43 3.1

WintersportundKlimawandel:dasProjektSTRATEGEin Schladming.....................................................................................44

3.2

InhaltedesForschungsprojekts....................................................46

3.3

DerHaupteffekt:begründeteregionaleKlimaanpassung stattPanikmache!............................................................................51

3.4

FaktorenfürdenErfolgdesWissenstransfers.............................54

IndikatorenfürdenEinflussdesMenschenaufUmweltund Nachhaltigkeit............................................................................................61 4.1

ErsteAuskunftüberZuständevonSystemen..............................62

4.2

AnstoßausderPolitik:„NeueWegezurMessungdes Sozialprodukts“..............................................................................64

5

6

7

8

4.3

DieProjekte:UmweltindikatorenundKolonisierungder Landschaft......................................................................................67

4.4

DieEffekte......................................................................................74

4.5

FaktorenfürdenErfolgdesWissenstransfers..............................80

VerbesserungdesVerstehenszwischenWissenschaftundPraxis........85 5.1

SprachearbeitinderWissenschaft................................................86

5.2

DieProjekte:SprachearbeitinderKLFund„Textund SpracheinproVISION“...................................................................88

5.3

EffektederProjektezurSprachearbeit.........................................92

5.4

FaktorenfürdenErfolgdesWissenstransfers..............................95

OptionenfürdieWienerLandwirtschaft................................................101 6.1

MangelndeKenntnisseundfehlendeStrategienüber Landwirtschaft...............................................................................102

6.2

DasProjekt:OptionenfürdieWienerLandwirtschaft................104

6.3

DerHaupteffekt:AufwertungderLandwirtschaftdurch Integration......................................................................................112

6.4

FaktorenfürdenErfolgdesWissenstransfers.............................118

InRechtumgesetzt:WasserrahmenrichtliniederEU............................127 7.1

WissenfürdieUmsetzungderEUǦWasserrahmenrichtlinie inÖsterreich...................................................................................128

7.2

DieProjekte....................................................................................134

7.3

DieEffekte.....................................................................................139

7.4

FaktorenfürdenErfolgdesWissenstransfers.............................142

NationalparkNeusiedlerSee–Seewinkel..............................................147 8.1

ForschungenanlangebestehendenProzessenandocken!........148

8.2

DieRegionNeusiedlerSee–Seewinkel........................................151

8.3

ForschungsschwerpunktedesNationalparks..............................152

9

8.4

DieEffekte.....................................................................................158

8.5

FaktorenfürdenErfolgdesWissenstransfers............................159

Forschung–Integration–Verwertung:dasFIVǦModelldes Wissenstransfers......................................................................................167 9.1

GrundlagendesFIVǦModells.........................................................167

9.2

DasFIVǦModelldesWissenstransfers...........................................172

9.3

BündnispartnerInnenfüreinenerfolgreichen Wissenstransfer.............................................................................178

9.4

TeilaufgabenerfolgreicherProgrammforschung........................183

9.5

FIVǦModellzurGestaltungerfolgreicher Wissenstransferprozesse..............................................................195

Literaturverzeichnis.........................................................................................197 Abbildungsverzeichnis....................................................................................207 Tabellenverzeichnis..........................................................................................211 

VorwortausderForschung:AbschiedvomElfenbeinturm

9

VorwortausderForschung: AbschiedvomElfenbeinturm Wenn ich das Wissenschaftsprogramm proVISION mit nur drei Worten beschreiben müsste, dann als „Abschied vom Elfenbeinturm“. Das Bild vom Elfenbeinturm beschreibt einen Ort der Abgeschiedenheit und der Unberührtheit von der Welt, an dem Wissenschaft stattfindet, die den Bezug zur Praxis verloren hat oder deren Ergebnisse nicht darauf ausgerichtet sind, eine Relevanz in der Praxis zu erreichen. Das Programm proVISION hatte hier entgegengesetzte Ansprüche: Wie kann man erreichen, dass gar keine Türme mehr entstehen, weil die Praxis bei der Entwicklung der Forschungsfragen eingebunden und die Forschung auf Praxisprobleme ausgerichtet wird? Wie können wissenschaftliche Erkenntnisse zum Handeln motivieren, zum Umdenken und zur Neuausrichtung in der Praxis? Die vorliegende Dokumentation und Bewertung von Projekten aus diesem und artverwandten Forschungsprogrammen verdeutlichen, was erreicht werden kann, wenn man sich auf transdisziplinäre Forschung einlässt. Sie zeigen, wie dieser Transfer aus der Wissenschaft funktioniert. Qualitativ hochwertige wissenschaftliche Erkenntnisse alleine genügen offensichtlich nicht. Es müssen auch Wege gefunden werden, die zielgerichteten, problemorientierten Ergebnisse zu vermitteln, damit sie anschließend in der Praxis Anwendung finden. Transdisziplinäre Forschung erfordert ein neues Verständnis von Wissenschaft: Einer Wissenschaft, die sich mit der Gesellschaft und ihren Fragen auseinandersetzt, die relevant sein will, die Einfluss nehmen will und die hierfür von der Gesellschaft Wertschätzung erfährt. Im Rückblick auf unsere Arbeiten hoffe ich, dass bei der Durchsicht der in diesem Buch dargestellten Projekte auch die Freude und Begeisterung „rüberkommt“, die diese Arbeiten auf der wissenschaftlichen Seite besonders geprägt haben. Ulrike Pröbstl-Haider Universitätsprofessorin für Landschaftsentwicklung, Erholung und Tourismus, Universität für Bodenkultur, Wien





10

VorwortausderPraxis:SpannendeBegegnungmitderWissenschaft

VorwortausderPraxis: SpannendeBegegnungmitderWissenschaft Anfangs war die Skepsis groß, ob das geplante Forschungsprojekt „Leben 2014“ die Lebensverhältnisse im Pinzgau wird verbessern können. Allzu viele Versprechungen engagierter Forschung haben bisher in der Praxis keine Spuren hinterlassen. Aber wir alle wurden positiv überrascht! Das Lehrforschungsprojekt startete in einer – zum damaligen Zeitpunkt noch benachteiligten Region des Salzburger Pinzgaus – dem Oberpinzgau. Doch alle Vorbehalte wurden entkräftet, das Projekt „Leben 2014“ entwickelte sich hervorragend und wurde von der Bevölkerung sehr gut aufgenommen. Regionale Entscheidungsträger haben sich engagiert eingebracht und gemeinsam konnte – rückblickend betrachtet – sehr viel erreicht werden. Aufgrund dieses Kooperationsprojektes der Universitäten Wien und Salzburg und der Region nahm im darauffolgenden Jahr ein Projektmanager im Oberpinzgau seine Tätigkeit auf. Dieser aktiviert und koordiniert die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden, ein Grundstein für die erfolgreiche Entwicklung der Region. So etwa konnte im Oberpinzgau ein interkommunaler Steuerausgleich umgesetzt werden, ein österreichisches Pilotprojekt. Diese Fallstudie – unter der Leitung von ao.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Andreas Muhar und Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Bernhard Freyer – konnte einen belebenden Impuls für die Gestaltung des Lebens- und Wirtschaftsraumes Oberpinzgau setzen und stellt für mich einen erfolgreichen Weg dar, um Wissenschaft und regionales Erfahrungswissen projektorientiert zusammenzuführen. Es war eine interessante Begegnung und Zusammenarbeit zwischen Lehrenden, Studierenden und Ortsansässigen über einen längeren Zeitraum hinweg, welche maßgeblich dazu beigetragen hat, die Lebensqualität im Oberpinzgau nachhaltig zu verbessern. Das vorliegende Buch ist voll von solchen Positivbeispielen und macht damit der Praxis Mut, mit der Forschung als Partnerin ernsthaft auch in schwierigen Situationen um Lösungen zu ringen. Wissenschaftliches Wissen kann helfen, die Praxis zu bewegen. Michael Payer Regionalmanager, Geschäftsführer des Vereines Regionalentwicklung Pinzgau und Geschäftsführer des Regionalverbandes Pinzgau



1 MitWissenbewegen!Wiegehtdas?

Die diesem Buch vorangestellten einführenden Worte aus der Wissenschaft von Ulrike Pröbstl-Haider und der Praxis von Michael Payer zeigen, dass es wissenschaftliche Projekte gibt, die tatsächlich zu konkreten und nachvollziehbaren Wirkungen in der (politischen) Praxis geführt haben. Wissenschaftliches Wissen hat die Praxis bewegt! Uns interessiert dabei, wie solche Erfolge des Transfers wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis zustande kommen. Gibt es verallgemeinerbare Faktoren für einen erfolgreichen Praxistransfer wissenschaftlicher Erkenntnisse? Können diese Erfolgsfaktoren an konkreten Beispielen belegt werden? Können diese Erfolgsfaktoren nachvollziehbar beschrieben werden, damit auch andere WissenschafterInnen und PraktikerInnen auf ihrer Grundlage Prozesse des Wissenstransfers besser organisieren können? Und gelingt es, diese Erfolgsfaktoren auch anschlussfähig an den wissenschaftlichen Forschungsstand zu Wissenstransfer und Politikberatung wissenschaftlich zu beschreiben? Letzteres steht zwar nicht im Mittelpunkt dieses Buches – wir haben jedoch für Interessierte die wissenschaftlichen Grundlagen unseres FIV-Wissenstransfermodells als abschließendes Kapitel 9 in dieses Buch aufgenommen. Wir folgen den Spuren, die einzelne erfolgreiche Projekte und ihre Ergebnisse in der Praxis hinterlassen haben. Als Erfolge mit kurz- oder langfristiger Praxiswirkung gelten dabei unterschiedliche Maßnahmen von öffentlichen Institutionen, der Wirtschaft oder der BürgerInnen, die durch Forschungsergebnisse angeregt wurden und dem Ziel dienen, die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen zu fördern. Erfolg in der Praxisumsetzung heißt für uns zum Beispiel: x Gesetze oder Richtlinien (z. B. eines Ministeriums) wurden unter Einfluss von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen entwickelt oder verändert x Öffentliche oder private Akteurinnen und Akteure haben Forschungsergebnisse (Empfehlungen) übernommen

12

MitWissenbewegen!Wiegehtdas?

x Wirtschaftsakteurinnen und -akteure haben ihre Position aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnis geändert oder angepasst x Gemeindepolitiken haben sich aufgrund von Ergebnissen der Forschung verändert x BürgerInnen konnten ihre Anliegen mit Hilfe der Forschungsergebnisse besser einbringen x Politische Akteurinnen und Akteure veränderten ihr Handeln x Ein in der Forschung entwickelter Indikator wurde Bestandteil nationaler oder internationaler Monitoring-Systeme x Entwickelte Verfahren wurden verbindlicher Bestandteil bestimmter Politiken x Regionale Entwicklungsstrategien wurden auf der Basis von Projektergebnissen initiiert und durch Folgeprojekte z. B. durch die EU gefördert

1.1

1.1

Forschung,IntegrationundVerwertung

Forschung,IntegrationundVerwertungalsSchlüssel erfolgreichenWissenstransfers

Forschung Für einen erfolgreichen Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis ist eine exzellente Wissensbasis Voraussetzung: Nur qualitativ hochwertige Forschung, die den „State of the Art“ des Wissensstandes in einem bestimmten Thema repräsentiert und auch ohne Synthese mit Ergebnissen anderer Forschungsprojekte für sich allein empirisch aussagekräftig ist, kann einen Beitrag zur Erfüllung aktueller gesellschaftlicher Aufgaben, wie dem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, leisten. Forschungsergebnisse müssen durch die Anwendung anerkannter wissenschaftlicher Methoden und Standards erzeugt werden, damit sie einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beanspruchen können. Der Wissenstransfer in der Umweltforschung hat das Ziel, konkrete Praxislösungen für gesellschaftliche Akteurinnen und Akteure wie PolitikerInnen oder BürgerInnen zu entwickeln. Daher reicht es nicht aus, dass wissenschaftlich exzellente Ergebnisse vorliegen: Sie müssen noch auf die Anforderungen der politischen Akteurinnen und Akteure angesichts der von ihnen in der Praxis benötigten Problemlösungen zugeschnitten werden. Diese Ansprüche

Forschung,IntegrationundVerwertung

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führen – neben der Qualität der Forschung – zu unseren weiteren Faktoren für den Erfolg wissenschaftlichen Wissenstransfers. Denn die Ansprüche der Praxis an politische Problemlösungen liefern Maßstäbe für deren Integration und Verwertung (Böcher/Krott 2012a). Integration Integration definieren wir als die Ausrichtung der Forschung auf ein Praxisproblem. Das Ziel lautet, dieses erfolgreich zu lösen, nur dafür wird wissenschaftliches Wissen benötigt. Die Integration funktioniert in zwei Richtungen: Forschungsprozesse und -ergebnisse werden so ausgestaltet, dass sie wissenschaftlich-fundierte Lösungen erarbeiten, die wirklich den Ansprüchen der PraktikerInnen an Problemlösungen genügen. Sie müssen relevant für die Praxis sein. Dabei kann diese Ausrichtung auf die Praxis durch mutmaßliche Annahmen der WissenschafterInnen über Praxisprobleme erfolgen. Die Ausrichtung der Forschung auf Praxisprobleme kann jedoch auch über den aktiven Einbezug der gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure in den Forschungsprozess vonstattengehen. Dies ist bei der transdisziplinären Forschung der Fall, wenn PraktikerInnen aktiv im Forschungsprozess mitarbeiten und ihre Ansprüche an Problemlösungen gegenüber den WissenschafterInnen direkt äußern können. Im Prozess der Integration ist auch die andere Richtung denkbar: Praxisprobleme führen zu speziellen wissenschaftlichen Fragestellungen, die dann durch Forschungsprozesse bearbeitet werden. In der Integration werden nicht alle verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse auf die Ansprüche der Praxis ausgerichtet: Es findet eine Selektion derjenigen Wissensbausteine statt, die wirklich relevant für politische Prozesse und BündnispartnerInnen der Praxis sind. Diese BündnispartnerInnen sind für uns ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor für den Wissenstransfer: BündnispartnerInnen sind diejenigen politischen Akteurinnen und Akteure, die durch ihre Machtposition in der Gesellschaft in der Lage sind, die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse voranzutreiben. Interne BündnispartnerInnen sind solche Akteurinnen und Akteure der Praxis, die sich selbst am Forschungsprozess und dessen Ergebnisverwertung beteiligen. Sie übernehmen die wissenschaftliche Lösung, weil diese ihnen Vorteile gegenüber anderen Akteurinnen und Akteuren verspricht. Die internen BündnispartnerInnen setzen alle ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen