Mit Bauklötzen - NTT DATA

06.11.2017 - Am Anfang, das gibt Swen Rehders gern zu, war er skeptisch. Der 55 Jahre alte Ham- burger hatte ja schon viel gesehen, war viel unterwegs gewesen in der Welt als Ange- stellter von Firmen wie IBM, Siemens oder. Atos. Und dann kam da dieser Kerl mit ei- nem Koffer voller – Legosteine. Okay, es.
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Süddeutsche Zeitung

WIRTSCHAFT

Montag, 6. November 2017

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NAHAUFNAHME

„Jeder Mitarbeiter, der unerwünscht kündigt, kostet mich 40 000 Euro.“ Swen Rehders FOTO: C. VOHLER

Mit Bauklötzen IT-Manager Swen Rehders zeigt, wie man Mitarbeiter begeistert Am Anfang, das gibt Swen Rehders gern zu, war er skeptisch. Der 55 Jahre alte Hamburger hatte ja schon viel gesehen, war viel unterwegs gewesen in der Welt als Angestellter von Firmen wie IBM, Siemens oder Atos. Und dann kam da dieser Kerl mit einem Koffer voller – Legosteine. Okay, es waren keine gewöhnlichen Legos, mit denen Kinder spielen. Aber eben doch bunte Plastikdinger. Und das in einem BusinessMeeting? „Ich habe das vorher für Unsinn gehalten“, sagt Rehders heute, „habe mich aber überzeugen lassen.“ Ein Modell erst in einer Gruppe zu bauen, dann einer anderen zu erklären, „das ist ganz etwas anderes, als über eine Powerpoint-Präsentation zu sprechen“. Kreativität kann Rehders in seinem Geschäft gut gebrauchen. Er leitet das Deutschlandgeschäft von NTT Data, also dem Unternehmensberatungszweig des japanischen Telekom-Riesen NTT Docomo. „Das ist ein reines Dienstleistungsgeschäft“, sagt er, „das geht nur über die Menschen.“ Und damit über deren Kreativität. Doch wie kriegt man die Kreativen als Firma, die kaum einer kennt? NTT Data bietet duale Studiengänge an, bei denen die Studenten die vorlesungsfreie Zeit über in der Firma arbeiten. Außerdem nehmen sie auch Werkstudenten auf. „Am wichtigsten für uns aber ist das Programm ‚Mitarbeiter werben Mitarbeiter‘“, sagt Rehders. Damit aber ein Mitarbeiter andere davon überzeugt, bei seiner Firma anzufangen, muss sich der auch selber wohlfühlen. Das liegt Rehders denn auch sehr am Herzen. Seine Personalabteilung und auch er selbst haben daher ständig ein Auge auf Plattformen wie Kununu, auf der Beschäftigte anonym mitteilen können, wie zufrieden oder unzufrieden sie mit ihrem Job sind. Sehr negativen Bewertungen werde sofort nachgegangen. Um zu erfahren, wie es um die Stimmung in der Firma steht, macht NTT auch

vierteljährlich sogenannte Puls-Umfragen. Etwa 70 Prozent der Belegschaft würden auch antworten, sagt Rehders. Bei den ersten solchen Umfragen habe er „die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen“, sagt er, „viele Kollegen fühlten sich zu wenig wertgeschätzt“. Rehders setzte sich sehr dafür ein, dagegen anzukämpfen, auch wenn das anstrengend sei: „Das ist mehr Arbeit, als gute Zahlen zu machen“, sagt er. Aber: „Die Zahlen folgen der Stimmung und wie man miteinander umgeht.“ Seit zweieinhalb Jahren ist Rehders nun bei NTT Data an Bord, die Fluktuation in der Firma hat sich seither von 13 auf unter zehn Prozent verringert – ein Erfolg, der auch direkt auf die Kosten durchschlägt. Denn „jeder Mitarbeiter, der unerwünscht kündigt, kostet mich 40 000 Euro“. Im selben Zeitraum wuchs die deutsche Tochter von 1100 auf 1600 Beschäftigte, der Umsatz kletterte von 200 auf 300 Millionen Euro. Vier Mitarbeiter pro Jahr dürfen insgesamt vier Monate ihren Job in fernen Ländern ausüben, jeden Monat in einem anderen. Einzige Voraussetzung: Ihr Job muss aus der Ferne machbar sein. Zu den Kunden zählen viele kleinere Unternehmen, aber auch Branchengrößen wie BMW, Siemens oder Telefónica. Eigentlich, sagt der 55-Jährige nicht ohne Stolz, sei vorher schon alles da gewesen, „aber ich habe es entfesselt“. Dass ihm die japanische Konzernmutter die Möglichkeit gibt, das eigenständig zu tun, hat ihn überhaupt erst bewogen, das Angebot anzunehmen. „Die Japaner sind sehr dezentral eingestellt, da bleibt viel Raum für Unternehmertum“, lobt er. So war es für ihn auch kein Problem, das europäische Forschungslabor Ensō, das NTT einrichten wollte, nach München zu holen. Als Kreativzentrum liebevoll eingerichtet, ist es der Ort, an dem Kunden und Berater Ideen entwickeln. Wenn es sein muss, auch mit Legosteinen. helmut martin-jung

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