mein gott, du bist ja meine zukunft aussagen der bibel zum alter

„Eine Krone der Alten sind ihre Kindeskinder; der Kinder Ruhm sind ihre Väter.“ (Spr 17, 6) .... Dies betrifft Arme und Reiche, Alte und Junge, Sklaven und Freie.
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MEIN GOTT, DU BIST JA MEINE ZUKUNFT AUSSAGEN DER BIBEL ZUM ALTER 1. DAS ALTE TESTAMENT Altwerden ist Gnadenerweis Gottes Im Alten Testament, in dem sich der Glaube an das Leben nach dem Tod erst langsam festigte, hat die Hoffnung auf ein langes Leben und der Wunsch, im eigenen Lebenswerk und vor allem in den Kindern und Kindeskindern fortzuleben, große Bedeutung. „Eine Krone der Alten sind ihre Kindeskinder; der Kinder Ruhm sind ihre Väter.“ (Spr 17, 6) Insbesondere der spät in Erfüllung gegangene Kinderwunsch gilt als großer Gnadenerweis Gottes, wo menschlich nichts mehr zu erhoffen war. (Gen 18, 9ff) Den alten Menschen gebühren Ehrfurcht und Sorge Der alte Mensch ist von Gott in besonderer Weise beschenkt mit Weisheit und Lebenserfahrung. Deshalb kommt ihm Autorität zu, und gerade darum sollten die Jüngeren den Alten Ehre erweisen. Symbol für würdevolles Alter sind die grauen Haare. „Graues Haar ist eine prächtige Krone, auf dem Weg der Gerechtigkeit findet man sie.“ heißt es, oder: „Der Ruhm der Jungen ist ihre Kraft, die Zier der Alten ihr graues Haar“. (Spr 16,31; Spr 20, 29) Aus diesem Loblied auf die von uns nicht so geschätzten grauen Haare spricht die Erfahrung, dass der Rückgang der körperlichen Schönheit oft mit dem Wachsen der inneren Reife eines Menschen einhergeht. Diese innere Reife (Weisheit) ist der Grund, das Alter zu schätzen und den alten Menschen Ehre zu erweisen. Diese zu verweigern, wird mit drastischen Strafen sanktioniert: “Wer seinen Vater oder seine Mutter schlägt, wird mit dem Tod bestraft.“ (Ex 21,15; Ex 21, 17) „Vater und Mutter ehren“, bedeutet die Pflicht der erwachsenen Kinder, sich um die alten Eltern zu kümmern: „Ehre deinen Vater und deine Mutter, wie es dir der Herr, dein Gott, zur Pflicht gemacht hat, damit du lange lebst und es dir gut geht in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt.“ (Ex 20,12; Dtn 5, 16) Es geht in diesem, dem vierten Gebot, in erster Linie um das Verhältnis der Erwachsenen zu den Alten, die auf die Versorgung durch die Jüngeren angewiesen sind. „Ehren“ meint zunächst eine angemessene Versorgung der alten Eltern mit Nahrung, Kleidung und Wohnung. Darüberhinaus wird ein respektvoller Umgang und eine würdige Behandlung verlangt, wie sie Eltern zukommt - auch wenn deren Lebenskraft abnimmt. Dafür haben die Eltern die Aufgabe, ihren Kindern die Gebote und Verheißungen Gottes weiterzugeben. Im Lichte einer späteren, erweiterten Interpretation des Gebotes, bedeutet „ehren“, den Vorsprung der Älteren an Erfahrung und Weisheit zu respektieren, ohne damit einen Vorrang des alten Menschen vor dem jüngeren festzuschreiben. Die Verpflichtung zur Ehrfurcht gilt nicht nur für das Verhältnis von Kindern und Eltern (Ex 20, 12), sondern der gesamten älteren Generation gegenüber: „Du sollst vor grauem Haar aufstehen, das Ansehen eines Greises ehren und deinen Gott fürchten.“ (Lev 19, 32) Die in ihrem Ansehen und in ihren Rechten stark gefährdete Gruppe der Witwen steht unter dem besonderen Schutz Gottes: „Denn der Herr, euer Gott, ist der Gott über den Göttern…Er verschafft Waisen und Witwen ihr Recht.“ (Dtn 10, 17-18) Kein Jugendkult und kein Altenkult Trotz seiner grundsätzlich positiven Einstellung zum Alter bleibt das Alte Testament realistisch und sieht auch dessen Schattenseiten. Es stellt klar und deutlich fest, wie mit fortschreitendem Alter Kräfte und Sinne schwächer werden und was dies für den Einzelnen - bis hin zur Sehnsucht nach dem Tod - bedeutet. (Koh 12; Tob 3, 6) Eng mit der Klage über die Altersbeschwerden verbunden ist die Angst, von Gott und den Menschen verlassen zu sein: „Verwirf mich nicht, wenn ich alt bin, verlass mich nicht, wenn meine Kräfte schwinden. Denn meine Feinde reden schlecht von mir… Auch wenn ich alt und grau bin, o Gott, verlass mich nicht.“ (Ps 71, 9. 10. 18) Hinter solchen Befürchtungen steckt sicher die Erfahrung, statt der gebührenden Achtung das Gegenteil erleben zu müssen oder wegen seiner Schwächen verspottet zu werden. Für Israel ist eine solche Einstellung das Zeichen eines gottfernen Volkes „das sich dem Greis nicht zuwendet und für das Kind kein Mitleid zeigt.“ (Dtn 28, 50) Die Qualität einer Gesellschaft zeigt sich also an ihrem Verhalten zu den Schwachen. Hier muss dazu gesagt sein, dass Israel keinen Jugendkult kennt und dass es das Alter um des Alters willen ebenso wenig absolut setzt. Die Bibel weiß, dass alte Menschen auch dumm, verbohrt und starrköpfig sein können. So fragt sie durchaus kritisch:

„Findet sich bei Greisen wirklich Weisheit, und ist langes Leben schon Einsicht? (Ijob 12, 12) Nicht das physische Alter allein macht den Menschen weise – ebenso wenig wie Reichtum und Erfolg an sich Zeichen eines gelungenen Lebens sind: „Besser ein junger Mann, der niedriger Herkunft, als ein König, der alt, aber ungebildet ist - weil er es nicht mehr verstand, auf Ratschläge zu hören.“ (Koh 4, 13) Realistisches Altersbild Alter ist also kein Wert an sich. Es wird wertvoll, weil es dem Menschen seine Armut und Bedürftigkeit vor Gott sichtbar macht und ihn dazu anhält, im Wissen um seine Grenzen das Entscheidende - die Vollendung seines Lebens - von Gott zu erwarten. Der Alte ist - so der Standpunkt der Weisheitsliteratur - dann wirklich weise, wenn er fähig wird, sein Leben wieder in die Hände Gottes zurückzulegen. Gerade die Weisheitsliteratur sieht manche Doppeldeutigkeit des Lebens. Beispiel dafür ist wieder Ijob, der dies am Glück des Frevlers veranschaulicht und sich fragt: „Warum bleiben Frevler am Werk, werden alt und stark an Kraft… Ihre Häuser sind in Frieden, ohne Schreck, die Rute Gottes trifft sie nicht…Sie verbrauchen ihre Tage im Glück und fahren voll Ruhe ins Totenreich. Und doch sagten sie zu Gott: Weiche von uns. Deine Wege wollen wir nicht kennen.“ (Ijob 21, 7.9.13.14) Wer rechtzeitig seine Grenzen erkennt und anerkennt, ist wirklich weise und verdient, wie etwa der achtzigjährige Barsillai, der seine altersbedingten Schwächen ohne Scheu aufzählt, höchste Achtung. (2 Sam 19, 32-41) In diesen und anderen Aussagen zeigt sich die Bibel im Blick auf das Alter nüchtern und realistisch. Altern und Sterben bedeutet augenscheinlich Scheitern. Wo es aber gelingt, sein Leben mit all seinen Gebrechen Gott zu übergeben, wird es zu einer Form des Lobes Gottes. (Ps 71, 18ff) Das Alte Testament kennt die Ambivalenz des Alters. Schwäche und Größe, Torheit und Weisheit, Eigensinn und kluge Zurückhaltung liegen dicht beieinander. Es spricht über das Alter ganz allgemein, schildert aber auch konkrete Menschen in ihrer Kraft und Stärke, aber auch in der Schwäche ihres Altseins: Jakob (Gen 48, 10), Isaak (Gen 27, 21), Mose (Dtn 34, 7), Eli (Sam 3, 2) Diese und viele andere schauen in ihrem Alter nicht rückwärts, sondern harren dem Kommenden entgegen. Erinnerungen sind ein Reichtum des alten Menschen. Doch nur in der Erinnerung an die Vergangenheit zu leben, hindert den Menschen, sich weiter zu entwickeln.

2. DAS NEUE TESTAMENT Im Licht der Auferstehung Jesu relativiert sich Alter An der Schnittstelle vom Alten zum Neuen Bund begegnen uns einige wenige alte Menschen. Elisabeth und Zacharias bleiben bis ins hohe Alter kinderlos und werden dann - wider alles Erwarten - zu Trägern einer großen göttlichen Verheißung. (Lk 1, 5ff) Hierin sind sie verwandt mit anderen alttestamentlichen Gestalten, vor allem mit Abraham und Sara. Simeon und Hanna können geradezu als Verkörperung der biblischen Heilserwartung gesehen werden. Sie sind Symbolgestalten des geduldigen, hoffnungsvollen Ausschauens nach dem Kommen Gottes, wie es für den gläubigen Menschen des Alten wie des Neuen Bundes charakteristisch sein sollte. (Lk 2, 21ff) Insgesamt spricht das Neue Testament nur selten von alten Menschen oder vom physischen Alter. Offensichtlich wird es durch das Evangelium in seiner Bedeutung relativiert. Wo alle durch die Taufe gleich geworden sind, verlieren Standes- Rassen- und Geschlechtsunterschiede und wohl auch Altersunterschiede ihre Heilsbedeutung. (Gal 3, 26-28) Das neue Leben des vom Tode auferweckten Herrn lässt alles in einem neuen Licht sehen. Wohl deshalb werden der alte Mensch und das Alter im Neuen Testament meist im übertragenen Sinn genannt: „Wir wissen doch: Unser alter Mensch wurde mit gekreuzigt, damit der von der Sünde beherrschte Leib vernichtet werde und wir nicht Sklaven der Sünde bleiben.“ (Röm 6, 6) Da die Christen durch die Taufe neu geboren sind (Tit 3, 6), ist das Altwerden der vorläufigen, irdischen Existenz zwar nicht abgewertet, aber stark relativiert. Dies entbindet die Jüngeren nicht, den Alten die ihnen zustehende Achtung zu erweisen, aber auch die Älteren nicht vom korrekten Verhalten zu den Jüngeren - wie die Ermahnungen in den Pastoralbriefen bezeugen. (1 Tim 5, 1-8; Tit 2, 2f ) Das Lebens- und Glaubenszeugnis des Paulus Schließen wir unseren Rundgang durch die Bibel mit einem Blick auf den Apostel Paulus ab. Im Brief an Philemon begegnen wir ihm, der - wie er schreibt - als alter Mann um des Glaubens willen im Gefängnis sitzt. (Phil 9) Dieses Schreiben, in dem sich der Apostel für den seinem Herrn Philemon entlaufenen Sklaven Onesimus einsetzt, zeigt ihn von einer menschlichen Seite, die in den anderen Paulusbriefen, in denen der Missionar und Verkündiger im Vordergrund steht, kaum zum Ausdruck kommt. Onesimus dürfte sich an Paulus um Fürsprache gewendet und ihm noch manche andere nützliche Dienste erwiesen haben. Zudem hat ihn der Apostel auch menschlich schät-

zen gelernt und lieb gewonnen. Nun verwendet er sich für den Sklaven mit geradezu (groß)väterlicher Sorge bei seinem Herrn. Paulus‘ Argument ist der Glaube an Jesus, den Philemon wie auch Onesimus angenommen haben. Dieser Glaube wischt Unterschiede unter den Menschen nicht weg, ist aber die Basis für ein neues Miteinander an Wertschätzung und Geschwisterlichkeit. Dies betrifft Arme und Reiche, Alte und Junge, Sklaven und Freie. Deutlicher als andere Autoren des Neuen Testaments versteht Paulus die Botschaft Jesu als eine Botschaft von der Zukunft des Menschen. Menschliches Leben bedeutet Gemeinschaft mit Gott und muss daher über den Tod hinausgehen. Paulus formuliert radikal: „Ich vergesse, was hinter mit liegt, und strecke mich aus nach dem, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Jesus Christus schenkt.“ (Phil 4, 14) Leben und damit auch Altern bedeutet für ihn, immer tiefer in die Gemeinschaft mit Gott hineinzuwachsen. Diese Gemeinschaft beginnt mit der Taufe. Sie ist der Beginn des Lebens mit Christus, eines Lebens, das Kraft seines Todes und seiner Auferstehung über den Tod hinausreicht: „Wisst ihr denn nicht, dass wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind?… Wenn wir nämlich ihm gleich geworden sind in seinem Tod, dann werden wir auch mit ihm in seiner Auferstehung vereinigt sein.“ (Röm 6, 3-5) Die Taufe aber verbindet die Menschen und macht sie als „Kinder Gottes“ gleichwertig. Aus einzelnen Menschen entsteht eine Gemeinschaft, deren Glieder einander ergänzen und sich stützen. (Gal 3, 26-29; 1 Kor 12) Diese Gemeinschaft ist Abbild Christi, des neuen Menschen, der ganz in der Gegenwart Gottes lebt. (Eph 4, 13ff; 5,1f; Gal 3, 15-18) Altern – hineinwachsen in die Zukunft, die Gott ist Aus bibeltheologischer Sicht ist Altern nicht eine Abwärtsbewegung des Lebens, und der Tod ist nicht das Ende des Lebens. Vielmehr steht das unattraktiv werdende Äußere des Menschen in Kontrast zu seinem immer vollkommener werdenden Inneren: „Wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, der innere wird Tag für Tag erneuert.“ (2 Kor 4, 16; Kol 2, 9-12.17) Älterwerden führt hin zum Ziel des Menschen, zur vollen Lebensgemeinschaft mit Gott. Der Mensch hat, - auch wenn er alt geworden ist - eine Zukunft. Diese Zukunft aber endet nie, weil Gott die Zukunft des Menschen ist.