Mars macht mobil - Neues Deutschland

24.12.2013 - Foto: Jonas Ludwig Walter. Foto: 123rf/Imagehit Limited ... die Konkurrenz schloss mit er- heblich günstigeren Produkten auf oder überholte ...
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Weihnachtsfeier ausgespäht

Sisyphos in Stendal

Der Verfassungsschutz spitzelt in der linken Szene Potsdams. Seite 11

Fotoreportage über das Leben in der Bauruine eines DDR-Atomkraftwerks. Seiten 21 bis 24

Foto: 123rf/Imagehit Limited

Foto: Jonas Ludwig Walter

Dienstag, 24. Dezember 2013

68. Jahrgang/Nr. 299

Berlinausgabe 1,60 €

www.neues-deutschland.de

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STANDPUNKT

Apples Problem Kurt Stenger zählt Apple zum überreifen Elektronik-Obst Innovativ, cool und etwas elitär – dank dieses intensiv gepflegten Images hat sich Apple zum wertvollsten Privatkonzern der Welt gemausert. Für den Hersteller hochpreisiger Elektronikprodukte schienen lange Zeit die Gesetze des kapitalistischen Marktes ebenso wenig zu gelten wie Grenzen beim Wachstum. Damit ist es längst vorbei: Technische Neuerungen gelingen den Entwicklern praktisch nicht mehr – die Konkurrenz schloss mit erheblich günstigeren Produkten auf oder überholte Apple gar mit technischen Ideen. Und das Image hat unter zahlreichen Berichten über miserable Arbeitsbedingungen in chinesischen Zulieferfirmen und über dubiose Steuerpraktiken stark gelitten. Wie bei anderen Konzernen auch können es nur noch die Wachstumsmärkte richten, allen voran der chinesische. Hier war Apple wegen seiner Vertriebsstruktur – gerade mal acht AppleStores gibt es in dem Riesenreich – ins Hintertreffen geraten. Der jetzt geschlossene Deal mit dem staatlichen Marktführer China Mobile ist ein großer Schritt. Wohl um den Weg dafür zu bereiten, entfernte man schon vor Monaten stillschweigend eine Anti-Zensur-Anwendung aus dem chinesischen App-Store. Das eigentliche Hindernis ist aber nicht behoben: Die schlicht designten iPhones kosten ein Vielfaches im Vergleich zu den knallbunten, blinkenden Smartphones der jungen chinesischen Kultmarke Xiaomi. Will Apple in China wirklich punkten, müsste man das bisherige Image ganz aufgeben. Doch genau das ist Apples wichtigstes Kapital.

UNTEN LINKS Heiligabend

Lieber guter Weihnachtsmann, siehst du mir den Wahnsinn an? Der mich jedes Mal ergreift, wenn im Himmel Christkind keift. Weil ich denk’, es fällt herunter. Dabei ist es froh und munter, kommt am Abend auch zu mir wie ein altes treues Tier. Und dann tanzen wir ’ne Samba, machen tüchtig Rambazamba, hauen auf den Gabentisch. Das hält unser Leben frisch. Heiligabend, völlig klar, ist der Höhepunkt im Jahr. Und die Engel machen Siesta bis zum großen Krach Silvester. Darum, lieber Weihnachtsmann, grins’ mich nicht so blöde an. Stecke deine Tute ein, heute soll mal Ruhe sein. Nur der Weihnacht holder Geist leise in den Adern kreist. ibo

Einzelpreis Tschechien 67/77 CZK ISSN 0323-4940

Apple macht Megageschäft mit China Mobile

Mars macht mobil

Smartphone-Hersteller hofft auf Absatzboom im Reich der Mitte

Freiwillige Astronauten wollen ab 2023 den Roten Planeten besiedeln

Grafik: 123rf/Benoit Chartron

Berlin. »Bis zum Jahr 2020 könnten wir auf dem Mars landen«, hat der Mondpionier Buzz Aldrin einmal gesagt. Ganz so schnell wird es mit einer bemannten Expedition auf den Roten Planeten wohl nichts – aber viel länger soll es nach den Plänen des niederländischen Projekts »Mars One« nicht dauern. Schon 2023 will man die ersten Astronauten auf dem 228 Millionen Kilometer entfernten Planeten absetzen. Rund 200 000 Menschen haben sich

für den sieben Monate dauernden Flug ohne Rückkehr beworben – ihr Ziel: die Errichtung einer Kolonie. Eine kalte Angelegenheit: Wer sicher auf dem Mars landet, müsste es sich bei durchschnittlichen 55 Grad minus einrichten. Aber wer weiß, wozu ein solcher Außenposten gut sein könnte. Der Mars muss ja nicht zum »Elysium« für Reiche werden, die den Verhältnissen auf der Erde entfliehen. Vielleicht wird er stattdessen seinem Namen gerecht –

und auch politisch ein roter Planet? Alles nur Science Fiction, mag mancher nun einwenden. Ach was. Der große britische Autor Arhur C. Clarke schätzte einmal, dass es schon 2050 »auf dem Mars eine permanent bemannte Station« geben werde. Der 2008 verstorbene Brite musste es wissen. Auf der Basis einer Kurzgeschichte von Clarke drehte Stanley Kubrick seinen Film »2001: Odyssee im Weltraum«. Die Reise kann beginnen! nd Seiten 2 und 3

Bundesregierung stellt sich blind: Millionenfache NSA-Daten-Spionage ist durch US-Gesetze gedeckt

Von René Heilig Die Bundesregierung habe »unmittelbar nach den ersten Medienberichten« zum NSA-Spionageskandal – das war im Juni – »mit ihrer Sachverhaltsaufklärung begonnen und führt diesen Prozess angesichts weiterer neuer Veröffentlichungen ... intensiv fort«, ließ das Innenministerium den Vizechef der Linksfraktion Jan Korte wissen. Der hatte bezweifelt, dass man dabei mit dem gebührenden Ernst zu Werke geht. Die »Aufklärer« wollten das nicht auf sich sitzen lassen und betonten, dass man wesentlich auf den Austausch mit ausländischen Partnern angewiesen sei. Dummerweise habe die US-Regierung zu bestimmten Aspekten – insbe-

sondere zu konkreten Programmen und Maßnahmen der amerikanischen Nachrichtendienste – »bislang nicht oder nicht abschließend Stellung genommen«. Sicher ist sich die Regierung aber in einer Frage: Alles, was die NSA unternahm, beruhe »auf einschlägigen Grundlagen des USRechts«. Zudem finde das Datensammeln nach Ansicht der Bundesregierung »lediglich zu Zwecken der Bekämpfung des Terrorismus, der Proliferation und der organisierten Kriminalität« statt. Es finde nicht »wie verschiedentlich berichtet, flächendeckend und anlasslos statt«. Die Antwort empört den LINKE-Innenexperten, denn sie mache erstens deutlich, dass die deutsche Regierung, deren Chefin sogar von der NSA abgehört worden ist, »nichts, aber auch gar nichts selbst ermittelt«. Mehr noch: Während ein US-Bundesgericht die millionenfache NSA-Datenüberwachung in den USA als verfas-

sungswidrig bezeichnet, weil sie gegen den Schutz vor unbegründeten Durchsuchungen verstoße, erlaube sich die deutsche Regierung »den unverschämten Dreh, mit angeblichem US-Recht zu wedeln, wenn es um die Grundrechte deutscher und europäischer Bürgerinnen und Bürger geht«.

»Die Regierung setzt auf erlahmendes Interesse und scheut dabei nicht, sich selbst als Deppen darzustellen.« Jan Korte (LINKE) Nun wird die Regierung ja vom Parlament kontrolliert. Für Geheimdienstdinge zuständig ist das Parlamentarische Kontrollgremium. Laut aktuellem Arbeitsbericht kam die geheime Runde zwischen

KURZ Nach Sturm ohne Strom Toronto. Über den Osten Kanadas ist ein Wintersturm hinweg gefegt. Allein in Toronto in der Provinz Ontario mussten am Sonntagabend mehr als 250 000 Menschen ohne Strom auskommen. dpa/nd

Lieber Depp als informiert Putin-Gegner Chodorkowski bekam ein deutsches Visum. Nun solle man auch NSA-Whistleblower Snowden aufnehmen, fordert nun die Linkspartei.

New York. Mit einem Schlag Zugang zu rund 760 Millionen Kunden: Apple hat sich mit dem weltgrößten Mobilfunkanbieter China Mobile auf den Vertrieb seiner iPhones geeinigt. Ab dem 17. Januar sollen die neuesten Modelle – iPhone 5s und 5c – in den Filialen von China Mobile erhältlich sein, wie Apple am Sonntag ankündigte. Das mehrjährige Abkommen gilt als Goldgrube für den US-Konzern. »China ist ein enorm wichtiger Markt für uns«, erklärte Apple-Chef Tim Cook. Die Partnerschaft mit China Mobile gebe dem USKonzern die Chance, den Kunden des größten Mobilfunknetzes der Welt das iPhone anzubieten. »Die Nutzer des iPhones in China sind eine enthusiastische Gruppe – und eine rapide wachsende«, fügte Cook hinzu. Bislang verkaufte Apple seine Smartphones in China über zwei kleinere Mobilfunkanbieter. Die Verhandlungen mit China Mobile zogen sich über Jahre hin. Streitpunkt war vor allem die Apple-Forderung nach einer Mindestgarantie für die Zahl verkaufter Smartphones. Finanzielle Details des nun erzielten Deals gaben die beiden Unternehmen nicht bekannt. China Mobile werden durch die Vereinbarung mit Apple bessere Chancen eingeräumt, sich gegen kleinere Rivalen zu behaupten. Derzeit hat der Marktführer einen eigenen 3GMobilfunkstandard, der nicht mit iPhone-Modellen kompatibel ist. Anfang Dezember genehmigte die Regierung in Peking den drei staatlichen Mobilfunkbetreibern Lizenzen für das schnellere und bessere Netz 4G, wodurch die technischen Hindernisse für einen Deal mit Apple beseitigt werden. Für Apple ist China der wichtigste Markt nach den USA. In diesen beiden Ländern macht der Konzern jeweils mehr als zehn Prozent seines Umsatzes. In der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres 2013 allerdings waren die Umsätze in der Volksrepublik um vier Prozent gesunken. Auf dem chinesischen Smartphone-Markt liegt Apple lediglich auf Platz fünf. AFP/nd Seite 17

November 2011 und Oktober 2013 insgesamt 31 Mal zusammen. Man ließ sich über Ermittlungen zum NSU-Terror informieren, traf sich zur Klausur beim BND in Pullach und besichtigte den Neubau des Auslandsgeheimdienstes in Berlin. Unter Punkt 15 des aktuellen Gremiumsbericht werden »Überwachungssysteme ausländischer Nachrichtendienste« angesprochen. Die parlamentarischen Kontrolleure notieren da lediglich, dass die Bundesregierung »mit weiteren Informationen der US-Dienste« rechnet, und bitten um Prüfung, ob eine Vernehmung Snowdens in Moskau möglich sei. Weil er – außer bei dem Grünen Christian Ströbele und der Linkspartei – nicht willkommen scheint in Deutschland, schaut sich Snowden nach anderen Gastgebern um. Er sagte am Sonntag: »Wenn die brasilianische Regierung die Menschenrechte verteidigen will, wäre es mir eine Ehre, daran mitzuwirken.« Kommentar Seite 4

Lkw für Chemiewaffenzerstörung Moskau. Russland hat 75 Lastwagen und weitere Ausrüstung nach Syrien gebracht, um bei der Operation zur Zerstörung der syrischen Chemiewaffen zu helfen. Das teilte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu in einer Videokonferenz mit Präsident Wladimir Putin. AFP/nd

Kalaschnikow tot Moskau. Michail Kalaschnikow, Erfinder der gleichnamigen Maschinenpistole, ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Das von ihm entwickelte Gewehr wurde weltweit rund hundert Millionen Mal hergestellt. AFP/nd

In eigener Sache In die Kolumne vom Samstag hat sich ein bedauerlicher Fehler eingeschlichen: Die Kontoverbindung unseres Unterstützerkontos, über das wir Freiabos für Bedürftige und Recherchen finanzieren, lautet korrekt: nd-Unterstützerkonto Berliner Bank Kto.-Nr. 52 59 50 204 BLZ 100 708 48. Allen ein Frohes Fest! Olaf Koppe, nd-Geschäftsführer