Konfliktfelder und Perspektiven im Umweltschutz

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Frieder Kunz, Gerhard Roller, Karlheinz Scheffold (Hrsg.)

Konfliktfelder und Perspektiven im Umweltschutz Einstiege in ein interdisziplinäres Studienfeld von Ökologie bis Suffizienz

Dieses Buch wurde klimaneutral hergestellt. CO2-Emissionen vermeiden, reduzieren, kompensieren – nach diesem Grundsatz handelt der oekom verlag. Unvermeidbare Emissionen kompensiert der Verlag durch Investitionen in ein Gold-Standard-Projekt. Mehr Informationen finden Sie unter www.oekom.de. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2014 oekom, München oekom verlag, Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH, Waltherstraße 29, 80337 München Layout und Satz: Reihs Satzstudio, Lohmar Umschlag: Elisabeth Fürnstein, oekom Korrektur: Maike Specht, München Druck: Digital Print Group, Nürnberg Dieses Buch wurde auf 100%igem Recyclingpapier gedruckt. Alle Rechte vorbehalten. ISBN 978-3-86-581669-6 e-ISBN 978-3-86-581877-5

Frieder Kunz, Gerhard Roller, Karlheinz Scheffold (Hrsg.)

Konfliktfelder und Perspektiven im Umweltschutz Einstiege in ein interdisziplinäres Studienfeld von Ökologie bis Suffizienz

Inhaltsverzeichnis Vorwort 9 1

Bernd Deventer

Ökologie und Umweltschutz 13 2

Frieder Kunz

Lärm – das unterschätzte Problem 33 3

Ulrich Glinka

Ich brauche Luft zum Atmen – nachhaltiger Immissionsschutz 47 4

Ute Rößner

Trinkwasser – die Zukunft der Wasseraufbereitung 61 5

Karlheinz Scheffold

»Alles Abfall?« – Vom Abfall zum Rohstoff 79

6

Ralf-D. Zimmermann, Elke Blübaum-Gronau

Gesunde Umwelt = gesunde Pflanzen, gesunde Tiere, gesunde Menschen 99 7

Elke Hietel

Biodiversität 2.0 – Entwicklung und zukünftige Strategien zum Schutz der biologischen Vielfalt 115 8

Oliver Türk

Stoffliche und energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe 129 9

Thore Toews

Landwirtschaft im Spannungsfeld 149 10

Oleg Panferov

Optimales Klimamanagement 159 11

Günter Schock

Treibhausgas-Emissionshandel 179 12

Karlheinz Scheffold

Energiewende 201

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Gerhard Roller

Noch mehr Recht? Entwicklungslinien und Aussichten des Umweltschutzrechts 219 14

Birgit Hoess

Ingenieure mit Fremdsprachenkenntnissen und Auslandserfahrung 235 15

Hartmut Sommer, Emile N. Houngbo und Elie H. Montchowui

Messung von Armut und Nahrungsmittelsicherheit in Benin – Konzepte, Ergebnisse und Herausforderungen 239 16

Niko Paech

Nachhaltigkeit jenseits grüner Wachstumsillusionen: Skizzen einer Postwachstumsökonomie 261

Danksagung 277

Kurzporträts der Autoren 278

Vorwort

Der Tübinger Weltethosbegründer Hans Küng ist der Überzeugung: »Kein Überleben unseres Globus in Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit ohne ein globales Ethos, ein Menschheitsethos, ein Weltethos. […] Der Mensch muss sein menschliches Potenzial für eine möglichst humane Gesellschaft und intakte Umwelt anders ausschöpfen, als dies bisher der Fall war. […] Der Mensch ist, das ist für uns keine Frage mehr, aus dem Tierreich hervorgegangen. Er ist deshalb von seiner Evolution her immer zugleich Geistwesen und Triebwesen. Das heißt: Der Mensch musste lernen, sich menschlich zu benehmen. […] Schon die Ureinwohner verfügten über ein ungeschriebenes elementares Ethos, das ihnen ein Leben und Überleben ermöglichen half und das bis heute grundlegend ist für ein menschliches Zusammenleben. Beim Weltethos geht es um nicht weniger als um ein Engagement für eine bessere Welt.« (Küng, 2013)¹ »Der Himmel über der Ruhr soll wieder blau werden« als Wahlkampfslogan Willy Brandts und die Studie für den Club of Rome »Grenzen des Wachstums« in Verbindung mit der ersten Energiekrise haben viele Menschen in Deutschland wachgerüttelt. So wurden die Proteste gegen das Kernkraftwerk Wyhl, gegen die Startbahn Frankfurt-West, gegen die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf und vieles mehr sichtbarer Ausdruck eines Paradigmenwechsels. In solchen Atmosphären findet Evolution statt, sichtbares Zeichen war die Gründung des Studienganges Umweltschutz an der Fachhochschule Bingen aus den beiden Fachbereichen Landwirtschaft und Verfahrenstechnik in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre. Es sollte dann aber noch bis in den Beginn der 1990er-Jahre dauern, bis ein umfassendes interdisziplinäres Team berufen war. Dazu bedurfte es vieler interner und externer Anstrengungen, die schließlich zu der Gründung eines eigenständigen Fachbereiches Umweltschutz führten. Ohne das Engagement von Professor Kämpf und der ersten Studienjahrgänge 1974 bis 1989 wäre dies nicht möglich gewesen. Das Umweltthema hat heute Gesellschaft und Politik durchdrungen und ist auch für viele Unternehmen eine Selbstverständlichkeit geworden. Umfassende Gesetzeswerke wurden seit den 1970er-Jahren geschaffen und Sanierungsmaßnahmen ergrif1

Küng, H. (2013): Erlebte Menschlichkeit. Erinnerungen. Piper Verlag GmbH, München.

Vorwort

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fen, deren Erfolge messbar sind. Mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten wurde die Umweltpolitik zu einer gesamtdeutschen Aufgabe. Gleichwohl besteht kein Grund, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Der Schutz der Umwelt bedarf vielmehr ständig erneuter Begründung und entschlossenen Handelns. Die Globalisierung, das Bevölkerungswachstum und die Bedürfnisse der Menschen rufen neue Risiken hervor, und es besteht die Gefahr, die ökologische Regenerationsfähigkeit unserer Erde zu überfordern und so zu menschlichen Tragödien und Katastrophen beizutragen. Dies erfordert Antworten, die über die Grenzen einzelner Staaten hinausgehen. Die Europäische Union ist durch die Europäischen Verträge auf ein hohes Niveau des Umweltschutzes verpflichtet, und internationale Verträge sollen globale Umweltgüter wie das Klima schützen. Trotzdem besteht die Gefahr, dass sich im großen Maßstab die Erfahrung der letzten 70 Jahre in den industrialisierten Ländern wiederholt, und dies in einer dynamischen und sehr beschleunigten Art und Weise. Aufgaben der Hochschulen ist vor diesem Hintergrund, systematisch die Mechanismen zu lehren, wie Nachhaltigkeit für heutige und künftige Generationen gesichert werden kann. Lösungen in Umweltfragen bedürfen der Forschung, Entwicklung und Umsetzung. Sie müssen sensibilisieren und Akzeptanz schaffen. Um schwierige Entscheidungen im komplexen beruflichen Alltag zu treffen, bedarf es einer fundierten Ausbildung, elementarer ethischer Koordinaten und eines inneren Kompasses. Diesen Zielen fühlen sich die Fachhochschule Bingen und insbesondere der Studiengang Umweltschutz verpflichtet. Das interdisziplinäre Studium Umweltschutz an der Fachhochschule Bingen ist für Studierende eine besondere Herausforderung. Sie erhalten mit den naturwissenschaftlichen, den ingenieurwissenschaftlichen, ökologischen, rechtlichen und ökonomischen Grundlagen ein Fundament, auf das sich sehr unterschiedliche berufliche Qualifikationen aufbauen lassen. Seit Anbeginn des Studienganges zeigt sich, wie immer wieder neue berufliche Arbeitsfelder erschlossen wurden. Heute haben die Absolventinnen und Absolventen nahezu alle Arbeitsfelder des Umweltschutzes durchdrungen. Ein Drittel der Studierenden findet eine Arbeit in naturnahen Bereichen, der Landschaftsplanung, der Umweltverträglichkeitsprüfung usw. Diese »grüne« Dimension des Studiums ist häufig ein wichtiger Motivator für die Studienanfänger. Aber erst die Erfahrung mit den verschieden Fachdisziplinen führt zur beruflichen Schwerpunktbildung. Inzwischen spielt die Fluktuation, die Wiederbesetzung von Stellen, eine große Rolle, denn die ersten Absolventinnen und Absolventen gehen in den Ruhestand. Aber auch neue Stellen werden geschaffen, wie beispielsweise der Beauftragte für Klimafolgenmanagement. Auch das Feld der erneuerbaren Energien, die Steigerung der Energieeffizienz, überhaupt die finanziellen Dimensionen der Energiewende erlauben die Beschäftigung von Umweltschutzingenieuren in interessanten Berufsfeldern auch ökologisch orientierter Fakultäten. Vorwort

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Der Studiengang Umweltschutz hat frühzeitig mit der Besetzung einer Professur für Klima- und Klimafolgen auf diese Entwicklung reagiert. Im Rahmen einer Kooperation mit dem Sogn og Fjordane University College in Norwegen können Studierende im Rahmen eines Auslandssemesters Erfahrungen mit der Klimaforschung sammeln. Sie lernen so, wie komplex diese Fragestellungen sind. Aber auch Projekte im Umland zeigen Möglichkeiten auf, wie auf den Klimawandel zu reagieren ist. Es geht um dramatische Veränderungen der Rahmenbedingungen für die Industrie und Wirtschaft, wie es derzeit beim Thema Energiewende öffentlich sehr sichtbar wird. Dieses Buch ist entstanden im Rahmen der Vorbereitung der 40-Jahr-Feier des Studienganges Umweltschutz und soll allen fachlich Interessierten einen Einblick in die vielfältigen Disziplinen geben, die zu einem interdisziplinären Studiengang gehören. Auch wenn es sich um Einzelbeiträge handelt, so sind diese doch in vielerlei Hinsicht miteinander verknüpft; in den Beiträgen wird an geeigneten Stellen auf die Querbezüge verwiesen. Die Beiträge folgen weitgehend einem einheitlichen Muster: Zunächst wird eine Bestandsaufnahme des jeweiligen Faches vorgenommen, sodann ein Bezug zu den Lehrinhalten hergestellt und schließlich ein spannender Ausblick gewagt, wie sich die Herausforderungen in dem jeweiligen Fachgebiet in den nächsten 40 Jahren entwickeln werden. Es stellen sich heute grundlegende Fragen: Bedarf es neben der Effizienz auch der Suffizienz, um den »Grenzen des Wachstums« zu begegnen? Ist wirtschaftliches Wachstum an sich das Problem oder die Lösung? Darauf gibt es gewiss unterschiedliche Antworten. Unser Gastbeitrag hat hierzu eine pointierte Position, die zu weiterem Nachdenken anregen mag. In diesem Sinne wünschen wir den Leserinnen und Lesern Freude und Erkenntnisgewinn. Wenn wir den einen oder die andere von Ihnen zukünftig als Studienanfänger bei uns begrüßen dürfen, dann hat das Buch eine wichtige Aufgabe erfüllt. Sie können dann mit uns gemeinsam den Studiengang in die Zukunft führen. Bingen, den 14. Februar 2014 Karlheinz Scheffold und Gerhard Roller

Vorwort

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 Bernd Deventer

Ökologie und Umweltschutz

1.1 Einleitung »Nur die am besten angepassten Arten überleben.« Mit dieser Erkenntnis begründete Charles Robert Darwin (1809–1882) im 19. Jahrhundert nicht nur die Evolutionstheorie, sondern er legte damit auch die Grundlage für ein neues Gebiet in der Biologie: DIE ÖKOLOGIE . In der Ökologie vereinen sich viele verschiedene Fachgebiete wie zum Beispiel Botanik, Bodenkunde, Chemie, Geologie, Geografie, Meteorologie, Klimatologie, Zoologie und andere. Aber auch die Mathematik, Physik und Statistik spielen hier eine große Rolle. Zum Beispiel wenn man das Wachstum und die Regulation von Populationen durch die Populationsökologie in Ökosystemen beschreiben und erklären will. Die Ökologie setzt sich somit aus den biotischen (Arten, Lebewesen) und den abiotischen (Boden, Strahlung, Klima, Wasser) Faktoren zusammen. Diesbezüglich besteht ein Ökosystem aus der sogenannten Biozönose (Lebensgemeinschaft), dem Biotop (Lebensraum) und den abiotischen Faktoren.

1. 2 Ökologieverständnis zwischen Wissenschaft und Anwendung Die wissenschaftliche Ökologie wurde mit dem von Rossmässler (1856) geprägten Begriff der Wechselbeziehungen und des sich selbst erhaltenden Gleichgewichts begründet. Auch durch den deutschen Zoologen Ernst Haeckel fand sie 1866 ihren Niederschlag als wissenschaftliche Disziplin. Sie sollte als die Königin der Wissenschaften dastehen. Doch durch die vielen Einzelwissenschaften, die für das Verständnis notwendig waren, bekam sie nicht die Würdigung, die ihr normalerweise zustand. Ihre Ökologie und Umweltschutz

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