Kommunikation mit dem Hundehalter - Buch.de

Ihre Mitmenschen bemer ken, wenn zu viel theoretische Psychologie und Kommunikationsmodelle verwendet wer den und reagieren eventuell empfindlich.
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Als guter Hundeausbilder benötigen Sie nicht nur Fachkompetenz und „Hundeverstand“, sondern auch Fingerspitzengefühl im Umgang mit Vier- und Zweibeinern. Dieses Buch vermittelt Ihnen die Grundlagen der Kommunikation – anschaulich und praxisbezogen. Damit bei Ihren Kunden ankommt, was Sie ihnen mitteilen möchten. Aus dem Inhalt: > Wissen verständlich vermitteln > Missverständnisse vermeiden > Konfliktgespräche konstruktiv führen > Verbal und nonverbal kommunizieren > Schwierige Kunden managen Mit konkreten Praxistipps zur Gesprächsführung im Praxis- und Theorie-Teil eines Hundetrainings!

Monika Schaal berät in einer tierärztlichen Praxis für Verhaltensstörungen und -therapie und ist Hundeausbilderin.

Ursula Daugschieß-Thumm, hauptberuflich im pädagogischen Bereich tätig, hat jahrelange Erfahrung in der Ausbildung von Welpen- und Junghundegruppen.

www.ulmer.de 9

783800 167180

€ (D) 19,90 € (A) 20,50

ISBN 978-3-8001-6718-0

Kommunikation mit dem Hundehalter

Richtig anleiten, richtig loben, richtig kritisieren – erfahren Sie, worauf es ankommt.

Schaal Daugschieß-Thumm

Wie sag’ ich’s meinen Kunden?

Monika Schaal | Ursula Daugschieß-Thumm

Kommunikation mit dem Hundehalter

Monika Schaal Ursula Daugschieß-Thumm

Kommunikation mit dem Hundehalter 50 Fotos   8 Zeichnungen

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Inhalt 4 Die Grundlagen der ­Kommunikation

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Kommunikation Verbale und nonverbale Kommuni­kation Kommunikation ist keine Einbahnstraße Merkmale von Kommunikation Zwischen den Zeilen lesen



8 Theorie und Praxis 9 Hundeausbildung hat ihre eigenen ­Gesetze 10 Kommunikation per Telefon und E-Mail 12 Konfliktgespräch

14 Der Ausbilder – ein Multitalent 14 Warum bin ich Trainer ?

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Ihr Handwerkszeug Selbstkritisch sein Souverän in jeder Lebenslage ? Glaubwürdig und fair

22 Erfahrung: Ja – Nachlässigkeit: Nein

25 Der Hundebesitzer 25 Vom unbekannten zum vertrauten Gegenüber 26 Sich kennenlernen 29 Was erwartet man von Ihnen ? 30 Wieder die Schulbank drücken … 31 Eigenverantwortung entwickeln 33 Unter Beobachtung Neues lernen

35 Umgang mit Eigenarten 35 „Mitteilungsfreudige“ Teilnehmer 38 Aufgeregte und unkonzentrierte Teilnehmer 41 Ablehnende, zurückhaltende ­Teilnehmer 42 Unselbstständige oder hilflose ­Teilnehmer 43 Aufgebrachte oder unhöfliche T­ eilnehmer

45 Richtig anleiten 45 Kreativ alle Sinne ansprechen 45 Wahrnehmung und Lerntypen 46 Anschaulich machen, aber wie ?

48 49 51 53

Erklärungen – hilfreiche Informationen ? So wird es verständlich Zum richtigen Zeitpunkt Der W-Leitfaden

55 Hilfestellung und Korrekturen 58 Wann und wie korrigieren ? 58 Viele Wege führen zum Ziel

Inhalt

62 Kompetentes Gruppen­ management

95 Theoriestunden – interessant und gut vorbereitet

63 Die Zutaten fürs Gelingen 63 Individuelle Betreuung, ohne die Gruppe zu vernachlässigen 64 Klare Aussagen erleichtern die ­Verständigung 67 Ein Gespür für Situationen

96 Was und wann ?

69 Kinder in der Kursgruppe

71 71 73 75 76 80

Das kommt in jedem Kurs vor Einfach ein schlechter Tag Zu spät kommen Ausreden Erklären, aber nicht diskutieren Hilfe, Prüfung !



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Wie präsentiere ich mein Wissen ? Warm up ! Aufbau und Gliederung der P­ räsentation Referieren Technisches

103 Das Wichtigste auf einen Blick

104 Präsentation nach außen 104 Nomen est omen 104 Bekannt werden 105 Im Gespräch bleiben

82 Und wenn der Hund Probleme macht ?

107 Was würden Sie tun ?



108 Schlusswort

82 82 85 87

Wo ist das Problem ? Das erste Gespräch Wirklich wichtige Infos Familienprobleme

88 Hilfe aufzeigen, nicht aufdrängen 89 Gemeinsam zum Erfolg 92 „Akzeptieren Sie doch, dass …“

109 Service 109 Lesetipps 109 Linktipps 110 Register

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Die Grundlagen der Kommunikation Viele Trainer in der Hundeausbildung sind kompetente Fachleute mit einer Menge „Hun­ deverstand“, Sachwissen und Engagement. Ihr Wissen haben sie meist durch die Arbeit mit dem eigenen Hund erworben und dann in zahlreichen Seminaren und Kursen erweitert und vertieft. Die Ausbildung für Hundetrainer verläuft noch recht unterschiedlich und oft­ mals werden zwar viele Kenntnisse über Hunde vermittelt, aber nur wenige über das andere Ende der Leine: die Hundebesitzer. Häufig wird stillschweigend erwartet und vor­ ausgesetzt, dass die Übungsleiter ihr Wissen ihren Kunden schon in geeigneter Form ver­ mitteln werden. Dies gelingt sicher einigen Naturtalenten unter den Hundetrainern sehr gut, doch wie können sich andere diese Fähig­ keiten aneignen ? Kommunikation scheint uns zwar die selbstverständlichste Sache der Welt zu sein, sie ist jedoch auch sehr kompliziert. Unter­ schiedlichste Probleme haben ihre Ursache in einer Kommunikation, die schiefgelaufen ist. Nicht immer erreichen unsere Worte

den anderen so, wie wir sie meinen – und ­häufig verstehen wir falsch, was andere zu uns sagen.

Kommunikation Der Begriff Kommunikation ist in aller Munde, doch er wird sehr unterschiedlich verwendet. Kommunikation ist bei weitem mehr als ein Gespräch. Unter Kommunikation verstehen wir einen Austausch von Informationen zwi­ schen mindestens zwei Personen, man könnte auch sagen: einen Austausch von Botschaften. Ein Sender sendet Botschaften auf akusti­ schem, visuellem oder taktilem Kanal aus. Der Empfänger nimmt mit seinen Sinnesorganen diese Botschaften entgegen. Das Problem dabei ist, dass wir Botschaften nicht wertfrei aussenden können und dass andererseits Bot­ schaften vom Empfänger ebenfalls sofort gewertet werden. Aber untersuchen wir das Ganze etwas genauer. Von den Erklärungen der Ausbilderin wird jeder Zuhörer etwas anderes im Gedächtnis behalten.

Kommunikation

Es kommt nicht nur auf den Inhalt Ihrer Erklärungen an, sondern darauf, wie sicher Sie sich vor der Gruppe ­präsentieren.

Verbale und nonverbale ­Kommuni­kation Auf der reinen Sachebene werden Botschaften auf unterschiedlichen Wegen weitergegeben.

akustisch

visuell

taktil

Sprache Töne Musik Geräusche Radio Telefon

Bilder Plakate Stummfilme Körperbewegungen Handzeichen

Berührungen Blindenschrift

Empfangen über das Ohr

Empfangen über das Auge

Empfangen über die Haut

Für eine Verständigung ist notwendig, dass Sender und Empfänger dieselbe „Übersetzung“ haben, denselben Code teilen. Spricht der Sen­ der japanisch, wird der Empfänger ihn nicht verstehen, wenn er diese Sprache nicht beherrscht. Bei Fachbegriffen passiert häufig Folgen­ des: Wenn der Begriff dem Empfänger nicht

geläufig ist oder er sich etwas anderes darun­ ter vorstellt, kann er den Sender nicht verste­ hen. (Nebenbei bemerkt: Dies gilt auch für unsere Hunde ! Sagen wir beispielsweise „Sitz“, ohne dass unser Hund die Bedeutung dieses Wortes gelernt hat, dann wird er uns nicht verstehen.) Interessanterweise verstehen wir dennoch eine ganze Menge, wenn die entsprechende Körpersprache eingesetzt wird. Wenn sich uns in einem fremden Land ein Mensch in den Weg stellt, die Arme ausbreitet, sich groß vor uns aufbaut und dabei in einer fremden Spra­ che auf uns einredet, von der wir kein Wort übersetzen können, werden wir dennoch schnell verstehen, dass wir diesen Weg nicht weiter gehen sollen. Wir kommunizieren also nicht nur verbal, sondern zu einem weit größeren Anteil ­nonverbal, also mit unserer Körpersprache. Häufig ist uns das gar nicht bewusst. Man nimmt an, dass 55 % der Kommu­ nikation über Körpersprache, Mimik und ­Gestik ablaufen, 38 % über Ton oder die Art des Sprechens und lediglich 7 % über Worte.

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Die Grundlagen der Kommunikation

Nonverbale Kommunikationswege: Akustisch

Visuell

Taktil

Tonfall Lautstärke

Mimik Berührungen Gestik Händedruck Körperbewegungen Körperhaltung

„Auch wenn wir schweigen, findet Kommunikation statt. Es ist unmöglich, nicht zu kommunizieren !“ (Paul Watzlawick) Selbst wenn sich unser Gegenüber schweigend abwendet – uns also nicht ansieht, nichts sagt und uns nicht berührt –, signalisiert er den­ noch eine Botschaft: Wir verstehen, dass er nichts mit uns zu tun haben möchte. Ankommende Botschaften werden vom Empfänger immer bewertet. Unser Gehirn ver­ bindet die ankommende Botschaft mit der eigenen Erfahrung, vorhandenem Wissen oder Erwartungen. Die gesendeten nonverbalen Botschaften spielen dabei eine große Rolle. Ein Ausbilder, der schüchtern vor seiner Gruppe steht, mag fachlich ein noch so großer Könner sein – er wird es schwer haben, sein Wissen zu vermitteln.

Kommunikation ist keine Einbahnstraße Sender und Empfänger beeinflussen sich in den meisten Fällen gegenseitig – allerdings nicht immer bewusst. Nur selten läuft die Kommunikation einseitig ab, das gibt es nur dann, wenn ein Sprecher, also ein Sender von Botschaften, von seinen Empfängern getrennt ist, beispielsweise im Radio oder Fernsehen. Ein Nachrichtensprecher, der Informationen vorliest, kennt die Reaktion sei­ nes Publikums nicht. Säßen diese Zuschauer jedoch im Studio, dann würden sie ihn mit

ihrer Reaktion auf seine Nachrichten beein­ flussen. Angenommen, Sie erklären Ihren Kursteil­ nehmern ein Erziehungsproblem beim Hund. Alle schauen Sie skeptisch an und Sie haben das Gefühl, Ihre Zuhörer haben nicht verstan­ den, worum es Ihnen geht. Was tun Sie ? Reden Sie weiter ? Nein, wahrscheinlich ver­ suchen Sie, diese Unsicherheiten auszuräu­ men oder das Ganze noch einmal anders zu erklären. Nehmen Sie jetzt an, Sie würden dasselbe Problem in einem Videofilm erklären, der als Ausbildungsfilm dienen soll: Sie haben kein Publikum und damit kein Feedback, also belassen Sie es bei Ihrer ersten Erklärung. Jede Botschaft muss auch in ihrem Ge­­ samtzusammenhang gesehen werden, das heißt in der Situation, in der sie vermittelt wird. Dieselbe Botschaft, die unter vier Augen an- und aufgenommen wird, kann eventuell abgelehnt oder sehr zurückhaltend betrachtet werden, wenn sie vor einer großen Zuhörer­ schaft gegeben wird. Auch spielt es eine Rolle, in welcher Beziehung Sender und Empfänger zueinander stehen. Besteht ein Vertrauensver­ hältnis, indem sich beide austauschen können, oder wird die Kommunikation zum Ausdruck von Machtverhältnissen ? Ein Teilnehmer einer Kursgruppe wird sich vielleicht nichts vom Ausbilder sagen lassen, wenn er annimmt, der Ausbilder sei ein Besserwisser“, ein von sich selbst überzeugter Typ, der alle anderen für dumm hält. Das Vertrackte an der Situation ist, dass es gar nicht so sein muss. Darauf angesprochen, würde der Ausbilder wahrscheinlich vollkom­ men entgeistert reagieren: „Wie kommen Sie denn darauf ?“, weil er von sich selbst ein gänzlich anderes Bild hat. So können schnell Missverständnisse entstehen.

Kommunikation

Merkmale von Kommunikation Kommunikation verläuft gut, wenn Botschaf­ ten verständlich, klar und ohne Widersprüche vermittelt werden. D. h. nonverbale und ver­ bale Signale sind dann eindeutig und passen zueinander, Blickkontakt und Mimik stimmen. Stellt man einen Widerspruch zwischen verba­ len und nonverbalen Signalen fest, dann wird nachgefragt. Dazu gehört auch, dass Gefühle ausgespro­ chen werden und die eigene Meinung klar ausgedrückt wird: Man redet nicht „um den heißen Brei herum“. Der Sender wirkt authen­ tisch. Wichtig ist, dass man wirklich – und nicht nur vordergründig – auf die Aussage des Gegenübers gespannt ist. Echtes Zuhören gehört damit auch zu einer guten Kommunika­ tion. Dies schließt ein, den anderen zu akzep­ tieren und ihn mit seinen Fragen, seinen Prob­ lemen und seiner Meinung ernst zu nehmen. Bei einer gestörten Kommunikation bleiben die Botschaften oft undeutlich, vage oder sie enthalten Verallgemeinerungen, die nicht hin­ terfragt werden. Kennt man jemand gut (z. B. innerhalb einer Familie oder Partnerschaft), dann weiß man häufig, wie der andere auf bestimmte Aussagen, Formulierungen oder die gezeigte Mimik und Gestik reagieren wird. In einem Hundekurs treffen jedoch Fremde aufeinan­ der, die sich erst im Laufe der Zeit kennen­ lernen. Dies führt dazu, dass verschiedene Interaktionsmuster aufeinandertreffen und Menschen sich zunächst falsch verstehen. Beispiel: Hat eine Teilnehmerin ihren Vater als poltrigen, lauten Menschen erlebt, der sich ihr gegenüber rechthaberisch und bestimmend aufgeführt hat, dann wird sie dieses Schema eventuell auf den Kursleiter übertragen und seine Ratschläge eher skeptisch und zurück­ haltend betrachten, wenn dieser ein ähnliches lautes Auftreten hat, obwohl er weder recht­ haberisch noch bestimmend sein möchte.

Häufig passen verbale und nonverbale Sig­ nale nicht zusammen, es gibt einen Wider­ spruch zwischen dem, was man sagt, und der Körpersprache und Mimik. Sagen Sie Ihren Teilnehmern im Kurs beispielsweise: „Sie kön­ nen mir ruhig sagen, was Ihnen unter den Nägeln brennt, ich habe Zeit“, drehen sich aber gleichzeitig zum Parkplatz um oder schauen demonstrativ auf die Uhr, dann stim­ men Ihre Botschaften nicht überein. Ihre Teil­ nehmer werden Ihnen Ihre verbale Aussage nicht abnehmen, denn mit Ihrer Körperspra­ che signalisieren Sie deutlich, dass Sie gerade gar keine Zeit für ein Gespräch haben. Zu solch mehrdeutigen Signalen kommt es oft, wenn jemand einer Kritik aus dem Weg gehen möchte oder Angst hat, den Empfänger zu verletzen oder irgendwelche Sanktionen befürchtet. Wenn Sie kein klares Feedback geben können oder wollen, wird sich Ihre Kör­ persprache entsprechend verändern, Sie win­ den sich heraus – und das sieht man.

Ein unpassender Moment für eine wichtige Frage. So kann man sich nicht aufeinander konzentrieren.

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Die Grundlagen der Kommunikation

Auch Zuhören macht Probleme. Oft ist man mit sich selbst beschäftigt oder hat bereits eine Antwort parat, sodass man gar nicht mehr genau auf die Aussagen des anderen hört. In diese Falle tappen oft erfahrene Ausbil­ der, die ein Problem schnell in eine Schublade stecken, weil es in ein Muster passt, und dann schnell eine Musterlösung anbieten. Sie neh­ men sich nicht die Zeit, genau zuzuhören und differenzierter wahrzunehmen. Manchmal werden Aussagen mit Sarkasmus quittiert oder mit einem Lächeln abgewertet. Beispiel: Ein Hundebesitzer hat immer wie­ der dasselbe Problem und traut sich auch mehrfach, nachzufragen. Der Ausbilder beant­ wortet die Frage, schaut aber immer wieder mit einem abwertenden Lächeln zu der restli­ chen Kursgruppe, nach dem Motto: „Der schon wieder, der wird das niemals begreifen !“

Zwischen den Zeilen lesen Der Hamburger Kommunikationswissenschaft­ ler Friedemann Schulz von Thun hat das soge­ nannte Kommunikations-Quadrat entwickelt. Dies veranschaulicht, dass ein Satz nicht ein­ fach ein Satz ist, sondern jede Botschaft immer mehrere Seiten hat. Sachaspekt: Wenn wir uns äußern, enthält unsere Botschaft immer Fakten, die wir dem anderen mitteilen wollen. Beispiel: „Mein Hund zieht immer noch an der Leine.“ Beziehungsaspekt: Je nachdem, wie ich etwas sage, bringe ich zum Ausdruck, was ich von meinem Gegenüber halte. Entsprechend fühlt sich der andere entweder akzeptiert und geschätzt oder aber bevormundet und nicht ernst genommen. In unserem Beispiel: Mache ich dem Aus­ bilder Vorwürfe, weil mein Hund auch nach fünf Kursstunden immer noch nicht gelernt hat, an lockerer Leine zu gehen oder sehe ich den Ausbilder als letzte Rettung an, dem ich zutraue, mir zu helfen, dieses Problem zu lösen ?

Selbstoffenbarungsaspekt: Wenn jemand etwas sagt, gibt er auch etwas von sich preis. In dem Satz „Mein Hund zieht immer noch an der Leine“ schwingt vielleicht mit: „Ich bin genervt, weil ich es einfach nicht schaffe, mei­ nem Hund das Leineziehen abzugewöhnen.“ Oder aber: „Ich habe einen starken Hund, der hat eine solche Kraft, ich bewundere ihn ins­ geheim dafür !“ Appellaspekt: Wenn jemand etwas sagt, möchte er damit in der Regel etwas bewirken. Zum Beispiel könnte das mit oben genann­ tem Satz sein: „Bring mir bitte bei, wie ich es schaffen kann, dass mein Hund nicht mehr an der Leine zieht !“ Aber nicht nur die ausgesendeten Botschaf­ ten enthalten verschiedene Aspekte – wir hören sozusagen auch mit vier Ohren. Und dies stimmt nicht immer mit der gesendeten Botschaft überein. Botschaften, die auf der Sachebene ausgesendet werden, werden oft auf dem „Beziehungsohr“ gehört und deshalb häufig falsch interpretiert. Beispiel: Ein Teilnehmer hat Probleme mit der verknoteten Schleppleine. Sie nehmen ihm die Leine aus der Hand und sagen zu ihm: „Lass mich das schnell machen.“ Wahrscheinlich kommt bei Ihrem Teilnehmer an: „Der hält mich für blöd und traut mir das nicht zu.“ Sie haben aber lediglich den zeitlichen Aspekt im Auge und wollten, dass das Problem schnell behoben wird.

Theorie und Praxis Es gibt unzählige Bücher über Kommunika­ tion, Seminare zum überlegten Einsatz der Körpersprache und Lehrgänge für Kommuni­ kation im Rahmen der Erwachsenenbildung sowie der beruflichen Fortbildung. Die dort vermittelten Informationen lassen sich jedoch nicht 1:1 auf die Hundeausbildung übertra­ gen, denn hier gelten oftmals andere Bedin­ gungen.

Theorie und Praxis

Erschwerte Bedingungen: nicht für diesen Hund, aber für die Hundebesitzer und den Ausbilder. Wer friert, mag nicht lange herumstehen und zuhören.

Das theoretische Wissen kann eine gute Basis sein, es hilft Ihnen mit manchen Situa­ tio­nen geschickter umzugehen oder sich selbst besser einzuschätzen. Aber wandeln Sie dieses Wissen auf die Bedürfnisse der Ausbildungs­ situation, des Hundebesitzers und auf Ihre eigene Person ab. Ihre Mitmenschen bemer­ ken, wenn zu viel theoretische Psychologieund Kommunikationsmodelle verwendet wer­ den und reagieren eventuell empfindlich.

Hundeausbildung hat ihre eigenen ­Gesetze Die äußeren Gegebenheiten: Mit Ausnahme der Theoriestunden findet die Ausbildung in aller Regel auf dem Übungsplatz oder im Gelände statt. Die Teilnehmer sitzen nicht in einer gemütlichen Tischrunde, sondern stehen mit ihrem Hund in unterschiedlichen Gruppie­ rungen zusammen. Das Umfeld muss also viel mehr beachtet werden. Manchmal scheitert eine verständliche Kommunikation schon an der Lautstärke der Umgebung, manchmal macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Die Motivation, konzentriert mit

dem Hund zu arbeiten, ist sicher höher, wenn wir in der warmen Frühlingssonne üben, als wenn wir im Dauerregen stehen und gegen Wind und Kälte ankämpfen. Die Gesprächspartner: Im Gegensatz zu beruf­ lich orientierten Kommunikationsseminaren kommen die Teilnehmer und Kunden freiwil­ lig in ihrer Freizeit und es besteht kein ChefMitarbeiter-Verhältnis. Hundeausbildung ist auch nicht ganz vergleichbar mit freiwillig besuchten Sport- oder Weiterbildungs-Kursen, denn es spielt immer die dritte Komponente „Hund“ mit hinein. Dadurch wird die Kommu­ nikation deutlich schwieriger, der Hundebesit­ zer fühlt sich nicht nur für sich und seine Leis­ tung verantwortlich, sondern auch für die Fähigkeiten seines Hundes. Äußerungen, die der Ausbilder auf der Sachebene gemacht hat, empfindet der Hundebesitzer daher oft auch als Wertung seiner eigenen Person und seines eigenen Tuns. Nur wenige Hundebesitzer können die Leistung ihres Hundes eigenständig und losge­ löst von der eigenen Person betrachten. Die meisten empfinden bei einer guten Leistung ihres Hundes neben Freude über das Gelun­

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gene auch eine innere Aufwertung ihrer eige­ nen Fähigkeiten. Andersherum fühlen sie sich persönlich getroffen, wenn ihr Hund etwas nicht so gut kann oder negativ auffällt. Vom Lehrenden, in diesem Falle dem Aus­ bilder, werden viele unterschiedliche Fähig­ keiten gleichzeitig verlangt. Er kann sich nicht nur auf die theoretische Vermittlung von Unterrichtsstoff beschränken, er muss gleich­ zeitig auch praktisch anleiten, die Interaktio­ nen zwischen Hundeführer und Hund beob­ achten und insgesamt ein gutes Situationsma­ nagement haben, damit er seiner Aufgabe gerecht wird.

Kommunikation per Telefon und E-Mail Im Kontakt zwischen Ausbilder und Hundebe­ sitzer werden inzwischen häufig die modernen Kommunikationsmöglichkeiten genutzt. Man­ chen Menschen fällt es leichter, am Telefon (oder auch per E-Mail) über Probleme zu reden als im direkten Gespräch. Sie fühlen sich nicht so beobachtet und haben eher die Kontrolle, weil sie die Kommunikation leichter abbrechen können. Im Notfall, wenn jemand schnelle Hilfe oder Unterstützung braucht, greift man gerne zum Telefon, weil sich ein persönliches Tref­ fen meist nicht zeitnah organisieren lässt. Ein großer Vorteil der E-Mail ist es, dass der Adressat nicht gleichzeitig Zeit haben muss. Er bekommt alle wichtigen Informatio­ nen und kann sie abrufen, wenn es in seinen Tagesablauf passt. Per E-Mail lassen sich reine Informationen und Fakten prima übermitteln. Es ist ganz prak­ tisch, wenn man eine Mitteilung zur Organisa­ tion (Wegbeschreibung, Terminänderungen usw.) schnell verschicken kann. Sinnvoll ist der E-Mail-Versand auch für Übungsprotokolle, gerade beim Training mit problematischen Hunden, wenn man sich nicht ständig treffen kann. Der Hundebesitzer

kann sein Protokoll an den Ausbilder schicken, dieser ist über den derzeitigen Stand infor­ miert und kann kurze Änderungen oder Kor­ rekturen anfügen. Schwieriger wird es bei Beratungen, Prob­ lemen oder Fragen zur Ausbildung. Wenn der Hundebesitzer eine Situation schildert, kann er nur seine Sicht der Dinge darstellen, seine Wahrnehmungen und Beobachtungen. Diese decken oft nur einen Teil des Gesamtbildes ab. Vielleicht berichtet der Besitzer sehr ausführ­ lich über das Verhalten seines Hundes, kann aber sein eigenes Verhalten in der bestimmten Situation nicht neutral wahrnehmen oder dar­ stellen. Beim persönlichen Kontakt oder beim direkten Beobachten des geschilderten Prob­ lems könnte sich eine ganz andere Sachlage ergeben. Deshalb sind Beratungen und Anlei­ tungen per E-Mail meist nicht ausreichend, sondern können nur eine erste Orientierung sein, mit der Folge, sich zu einem persönlichen Termin zu treffen. Anders sieht es aus, wenn Sie den Hundebesitzer und seinen Vierbeiner bereits gut kennen und schon mehrmals mit ihnen trainiert haben. Dann wird es einfacher für Sie, das per E-Mail geschilderte Hundever­ halten und die Reak­tionen des Besitzers einzu­ schätzen. Wenn Sie per E-Mail kommunizieren, sind einige grundlegende Aspekte wichtig. Der Empfänger liest nur den reinen Text. Alle Betonungen und alle Gefühle, die dahinter lie­ gen, sind nicht aus dem Text heraus lesbar. Daher verwenden viele in den E-Mails soge­ nannte Smilies oder bestimmte Abkürzungen, mit denen man ausdrücken kann, ob etwas ironisch, traurig, lustig, augenzwinkernd oder entrüstet gemeint ist. Oft kommt es zu Miss­ verständnissen, weil der Sender etwas eigent­ lich augenzwinkernd mit einem Lächeln meint, aber der Empfänger diese Botschaft ernst nimmt. Es gilt als unhöflich, wenn man Sätze oder längere Satzabschnitte in Großbuchstaben schreibt, weil dies in der E-Mail-Sprache sozu­