Katharina von Alexandrien - Buch.de

Barbara von Nikomedien († 306) und der hl. Katharina von Alexandrien. In das Hochmittel- .... ling (Wedel) für Übersetzungen lateinischer Texte. Herrn Zdzisław ...
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Katharina von Alexandrien

Dagmar Jestrzemski

Katharina von Alexandrien Die Kreuzritter und ihre Heilige

Lukas Verlag

Abbildung auf dem Umschlag: Meister von Meßkirch: Hl. Katharina, o. J., Öl auf Fichtenholz, 60 × 20 cm, Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / 619 A bpk / Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin, Foto: Jörg P. Anders

© by Lukas Verlag Erstausgabe, 1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte Kollwitzstraße 57 D–10405 Berlin www.lukasverlag.com Reprographie, Satz und Umschlag: Lukas Verlag Druck: Elbe Druckerei Wittenberg Printed in Germany ISBN 978–3–86732–086–3

Inhalt

Vorwort

Dank

7 11

»Streite mit mir, Katharina!« Die heilige Katharina von Alexandrien – Ritterpatronin und Universalheilige

13

Warum ein Heiligenemblem als Wappenbild?

16

Das Ideal: der christliche Ritter (miles christianus)

22

Die ritterbürtige Familie von Wedel in Stormarn (Schleswig-Holstein), Pommern und der Mark Brandenburg

35

Die Ritter von Wedel und die Grafen von Holstein-Schauenburg

43

Urkunden und Ortswappen aus Brandenburg/Pommern erweisen: Das Wedelsche Wappen ist ein Katharinenrad

52

Katharina, Hausheilige der Grafen von Holstein-Schauenburg

60

Graf Adolf IV. von Holstein-Schauenburg und seine Kirchenund Klosterfundationen

69

Ein Bekenntnis in einem gleichgestimmten Umfeld: die Ritter von Cramon und die Grafen von Schwerin

72

Zur Entwicklung des Wappens: vom Feldzeichen zum Standessymbol

75

Zur Entwicklung des Wappens von Wedel

80

Die Legende der hl. Katharina von Alexandrien

87

Rad und Schwert: den Rittern zur Rechtfertigung und Ermutigung

95

Ordens- und Adelspatronin

126

Universalheilige

135

Die Rolle des Sinaiklosters

141

Rouen, bedeutendster europäischer Wallfahrtsort der heiligen Katharina im Mittelalter

154

Die Adelsreise zum Sinai im späten Mittelalter

158

Zur Forschungsgeschichte: ein Blick auf frühere Deutungsansätze zum Wappen der Ritter von Wedel

184

Anhang

Die Anfänge des Katharinenkults in Schleswig-Holstein

190



Die Sage »St. Katharinens Handschuh« von Ludwig Bechstein

192



Eine Reliquientranslation im Jahre 1378 in das Ordensschloss Brandenburg (Ostpreußen)

193



Ritterpatronat und Brauchtum: die »Hilligfahrt St. Catherinen« in Ascheberg, Kr. Lüdinghausen (Nordrhein-Westfalen)

196



Das Katharinen-Fest im Internat Ste. Catherine in Moskau im Jahr 1914 198

Literaturverzeichnis

200

Die Autorin

215

Vorwort Wie wird aus einem Aufsatz über ein ritterliches Geschlechterwappen ein Beitrag zur Mentalitätsforschung des Mittelalters? Zwangsläufig, da die Forschungen über das Wappensiegel der Ritter von Wedel in die Welt des religiösen Rittertums führten. Das Wappen stellt ein so genanntes Katharinenrad dar, das Attribut der hl. Katharina von Alexandrien († angeblich 306). Die Attribute dieser Heiligen sind ein mit Messern gespicktes Rad und ein Schwert. Ihr unverwechselbares, oftmals allein verwendetes Erkennungsmerkmal ist das Rad. Man kann davon ausgehen, dass kaum ein anderes Heiligenattribut als Heilszeichen so bekannt geworden und über lange Zeit geblieben ist wie das »Katharinenrad«. Dennoch ist das Emblem heute in Europa, außer in England, längst nahezu vollkommen in Vergessenheit geraten. Hier wird dargelegt, warum sich europäische Ritter zu Katharina bekannten und ihre Attribute für sich in Anspruch nahmen. Mit Beginn der Kreuzzüge 1095/96 griff das europäische Rittertum in den Orient aus, um das Heilige Grab Jesu Christi in Jerusalem und ganz Palästina gewaltsam »vom Joch der Sarazenen« zu befreien. In dieser kriegerischen Epoche des Mittelalters fragten die Fürsten und ihr Gefolge in erster Linie nach Heiligengestalten, die ihnen seitens der Kirche als wirkkräftige überweltliche Schlachtenhelfer und -helferinnen bekannt und empfohlen waren. Neben den geistlichen Orden waren es daher die europäischen Herrscher und ihre Vasallen, die Grafen, sowie deren Gefolgsleute, die Ritter, welche als Erste gezielt die Verehrung einiger Großmärtyrer und -märtyrerinnen der byzantinischen Kirche gefördert haben. Zu diesen gehört die hl. Katharina von Alexandrien. Die Parallelität ist nicht zu übersehen: Wie einst die Märtyrer der Alten Kirche1 sollten auch diejenigen, die unter dem Kreuzesbanner ins Feld zogen, bewusst die Möglichkeit ins Auge fassen, im Glaubenskampf zu sterben. Als Reiter- und Soldatenheilige wurden in Byzanz seit der Spätantike, im römischkatholischen Kulturkreis seit dem 10. und 11. Jahrhundert vor allem heilige Männer aus der Frühzeit der Kirche propagiert, die selbst einst Soldaten gewesen und sich zum Christentum bekehrt hatten. Wegen ihres Glaubensbekenntnisses waren sie verfolgt und ermordet worden waren. Die populärsten waren der hl. Georg († um 303) und der hl. Mauritius († zw. 280 und 300), der hl. Christophorus (Todesdatum unklar) und der hl. Laurentius († 285).2 Schon im 10. Jahrhundert war es infolge des verstärkten Pilgerstroms zwischen Europa und Jerusalem zu einer Übertragung von Heiligenkulten aus dem Osten in den Westen gekommen. Seit Beginn der Kreuzzüge 1 Die Zeit der Christenverfolgung im Römischen Reich begann unter Kaier Nero (54–68 n. Chr.) und endete mit dem Mailänder Toleranzedikt von 313. 380 erfolgte die Anerkennung der christlichen Religion als Staatsreligion im Römischen Reich. 2 Während sich die Georgsverehrung im merowingischen Frankreich im 6. Jh. durchsetzte, wurde die Mauritius-Verehrung im Heiligen Römischen Reich seitens der ottonischen Kaiser gefördert. Laurentius galt in Rom seit frühester Zeit als Heiliger, während die Christophorus-Verehrung ursprünglich von Byzanz ausging.

Vorwort

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aber wandten sich die Ritter – und das war neu – auch den jungfräulichen Erz- oder Großmärtyrerinnen der byzantinischen Kirche zu, um sie als Schlachtenhelferinnen anzurufen, vorzugsweise der hl. Margarethe von Antiochien († 307), der hl. Barbara von Nikomedien († 306) und der hl. Katharina von Alexandrien. In das Hochmittelalter fällt die Entdeckung des Weiblichen, im Kosmos der Heiligen ebenso wie in der höfischen Welt. Nach ihrer Rückkehr pflanzten und begründeten die »bewaffneten Pilger«, wie man die Kreuzritter auch bezeichnete, die neuen Kulttraditionen durch Altar- und Kirchenstiftungen nahezu überall im Heiligen Römischen Reich und anderen europäischen Staaten und Ländern. Das Volk, das die gesellschaftlich Privilegierten auch in Hinsicht ihrer religiösen Leitbilder nachahmte, verehrte diese drei heiligen Jungfrauen binnen kurzer Zeit inbrünstig. Deren Bedeutung als Universalheilige geht auf ihr Ritterpatronat zurück. Die hl. Katharina von Alexandrien galt als die Größte von ihnen. Sie wurde in Europa die nach der Jungfrau Maria bedeutendste weibliche Heilige, weil die Kreuzfahrer ihrer Propagierung durch die Ostkirche aufgeschlossen begegnet waren und ihr das Patronat für den Beistand im Kampf gegen die Heiden – so die im Mittelalter gängige Bezeichnung für die moslemische Bevölkerung des Vorderen Orients – zuerkannt hatten. Aus dem frühen Katharinenkult und mit Bezug auf die Katharinenlegende entwickelte sich im Verlauf des Mittelalters und der nachfolgenden Jahrhunderte ein überaus vielfältiges Brauchtum. Anlass und Ausgangspunkt dieses kulturhistorischen Streifzugs durch die mittelalterliche Welt des religiösen Rittertums mit ihrer stark ausgeprägten Heiligenver­eh­ rung war die Interpretation des Geschlechterwappens von Wedel als ein »Katharinen­ rad«. Das niederadelige Geschlecht von Wedel ist seit 1212 im Raum nördlich der Elbe bei Hamburg bezeugt. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts gelangten die Nachkommen eines Astes dieser Familie im brandenburgischen Pommern und darüber hinaus zu Besitz und Ansehen. Die Deutung des Wappens von Wedel wird durch Hinweise in mehreren Urkunden bestätigt. Es kristallisierten sich daher drei Themenkreise heraus: das Rittertum und die spätmittelalterliche Ritterwallfahrt, die Heraldik mit Bezug auf das Wedel-Wappen sowie die Heiligenverehrung, insbesondere Legende und Ikonographie der hl. Katharina von Alexandrien. Das Streben nach dem eigenen Seelenheil und ein unheiliger Drang nach Macht, Ehre und Besitz waren in der Mentalität der Herrscher ebenso wie der niederadeligen Ritter unentwirrbar miteinander verquickt. Der Adel berief sich auf seine jeweils bevorzugten Kirchenpatrone, da die Heiligenverehrung als eine Säule der Feudalgesellschaft eine große Bedeutung hatte; dies sowohl aus Gründen der Identitätsstiftung als auch wegen der bedeutsamen Mittlerfunktion der Heiligen zur jenseitigen Dimension, zu Gott. Auf der untersten Stufe der pyramidenförmigen gesellschaftlichen Skala befanden sich all die zahllosen Menschen, die als Individuen nirgends beschrieben oder erwähnt worden sind – doch sie waren, was den Drang nach Erlösung und Ewigem Leben betrifft, den Heiligen und ihren Bildern in gleichem Maße ergeben wie der Adel, die Geistlichkeit und die Dynasten, die stolz auf lange Geschlechterfolgen zurückblicken konnten. 8

Vorwort

In zahlreichen großen und kleinen Städten sowie auf dem Land widmeten geistliche Orden und weltliche Stifter den Heiligen – und vergleichsweise häufig der hl. Katharina von Alexandrien – Kirchen, Klöster und Hospitäler. Unübersehbar ist die Anzahl der Altäre, die allein dieser jungfräulichen Märtyrerin geweiht wurden. Im 14. und 15. Jahrhundert breitete sich die Verehrung der hl. Katharina nahezu flächendeckend in ganz Europa aus. Darüber geriet ihr Ritterpatronat immer mehr in Vergessenheit. Nicht zuletzt zeugt die bis auf den heutigen Tag anhaltende Beliebtheit des weiblichen Tauf- bzw. Vornamens Katharina von der hohen Popularität dieser Heiligen. So war der Name Katharina neben Anna – Anna war in vorindustrieller Zeit als Auftaktname zum eigentlichen Rufnamen gebräuchlich, als Beispiel seien Annegret und Annemarie angeführt; bei Männern gilt dasselbe für Johann, zum Beispiel HansJürgen – bis um 1800 in Norddeutschland am gebräuchlichsten. Vernachlässigt man in diesem Sinne »Anna«, so zeigt sich, dass der Vorname Katharina in vielen deutschsprachigen Gegenden seit dem Mittelalter jahrhundertelang einer der häufigsten weiblichen Vornamen war. Es soll weltweit über siebzig Kurzformen und Varianten davon geben. Ähnlich weit verbreitet war im alten Reich und länderübergreifend neben Anna nur der Vorname Maria, gefolgt von Margarethe, Elisabeth, Dorothea, Barbara und Magdalena – sämtlich Namen der im späten Mittelalter am meisten angerufenen weiblichen Schutzpatroninnen der Christenheit. Anhand des frühneuzeitlichen bzw. neuzeitlichen Brauchtums lässt sich ersehen, wie wichtig die hl. Katharina von Alexandrien in der römisch-katholischen Christenheit als Schutzheilige war und in einigen Ländern und Regionen bis heute noch ist.3 Einiges sei des Weiteren vorweg zum besseren Verständnis des Phänomens der mittelalterlichen Heiligenverehrung mit auf den Weg gegeben. Im Mittelalter spielte die Hinwendung zu den Heiligen im Leben der Menschen eine herausragende Rolle, weil sich mit ihnen die Hoffnung auf Wohlergehen, Gesundheit und das Ewige Leben verbindet, die durch die biblische Botschaft von der Erlösung der Christen von Sünde und Tod verheißen ist. Da die Heiligen zu Lebzeiten die schweren Anfechtungen, denen sie ausgesetzt waren, siegreich überstanden haben, stehen sie für diejenigen, die noch leben und leiden, als himmlische Helfer zur Anrufung bereit. Als Mittler zu Christus und Gott wurden und werden sie von den Gläubigen angefleht, damit den Notleidenden durch ihre Fürsprache von Gott durch Christus Hilfe zuteil wird. Im Mittelalter wurde die Zeit nicht nach den jeweiligen Tagen im Monat eingeteilt, sondern nach den kirchlichen Feiertagen, besonders nach den Festtagen der Heiligen. Ihre Gräber, auch einzelne Knochenreliquien, die zur Verehrung ausgestellt waren, hatten großen Zulauf. Wallfahrten stellten die religiösen Höhepunkte im Leben der Gläubigen dar, Pilgerwege dienten auf den Landkarten der Orientierung. Durch die Landschaften und Länder verlief ein dichtes Wegenetz von einem Pilgerort zum nächsten. 3 Vgl. im Anhang »Ritterpatronat und Brauchtum: die ›Hilligfahrt St. Catherinen‹ in Ascheberg, Kr. Lüdinghausen« und »Das Katharinen-Fest im Internat Ste. Catherine in Moskau im Jahr 1914«.

Vorwort

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Menschen trugen in allen christlichen Kulturkreisen die Namen von Heiligen, aber bekanntlich nicht nur Menschen, sondern auch Kirchen, Kapellen, Klöster und Hospitäler. Sämtliche Sakral- und zahlreiche Profanbauten wurden mit Plastiken, Gemälden und Kunstgegenständen geschmückt, die Heilige in den für sie typischen, durch ihre Legenden bekannten Situationen zeigen. Mitunter finden sich stellvertretend für die verehrten patroni und patronae lediglich ihre Attribute, die an ihr Leiden und Sterben erinnern. In diesem Sinne wurde auch das »Katharinenrad« als Geschlechterwappen gewählt. Um die sterblichen Überreste der Heiligen aufzubewahren, ließen weltliche und kirchliche Oberhäupter die kostbarsten Behältnisse anfertigen, Schreine aus Silber, Gold und Glas, verschwenderisch verziert mit Emaille, Brokat und Edelsteinen. Nichts konnte für die verehrten Mittler zu Gott schön und wertvoll genug sein, da der Glanz der äußeren Erscheinung die geläuterte menschliche Seele verkörpert. Diese Schönheit verweist daher nicht auf irdischen Prunk, sondern auf das göttliche Licht, mit dem die Heiligen umflossen sind. Sie ist eine Ausdrucksform des Heiligenscheins oder Nimbus, nämlich die Aura des wahren, erlösten Lebens, das den irdischen Versuchungen durch Macht, Reichtum und Sünde widerstanden hat. Prachtvolle Reliquienbehältnisse als Bestandteil der Kirchenschätze sind gleichzeitig ein Zeichen des Widerspruchs gegen die menschliche Eitelkeit. Es wird dadurch der Reichtum angeprangert, der, ein Grundübel der Welt, die Menschen verblendet und die Herzen verhärtet (so widersinnig diese Anprangerung aus heutiger Sicht auch erscheinen mag, da derartige Schreine häufig von wohlhabenden Stiftern in Auftrag gegeben wurden). Für die Armen und Unterdrückten aber boten die Kirchenschätze die einzige Gelegenheit, sich schon in dieser Welt an Schönheit und Überfluss zu erfreuen. Allerdings hat sich diese Symbolik zwangsläufig oftmals ins Gegenteil verkehrt, indem der materielle Reichtum der Kirchen und Klöster deren Diener und Repräsentanten zur Prunksucht verleitete und zur Demonstration von Macht benutzt wurde. Jedes Kapitel ist einzeln lesbar und verständlich.

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Vorwort

Dank

Mein Dank gilt zuerst und vor allem Frau Dr. Vita von Wedel (Hamburg) für ihre überaus freundliche und großzügige Unterstützung durch Beratung, Hinweise und Bilder. Ohne ihre Hilfsbereitschaft wäre dieses Buch nicht entstanden. Unschätzbaren Dank schulde ich auch Herrn Günther Bock (Großhansdorf), der mir seine brandneuen, seinerzeit noch nicht veröffentlichten Texte großzügig zur Auswertung überlassen hat. Weiterhin möchte ich Herrn Hauptpastor i. R. Dr. Peter Stolt und Frau Ingeborg Stolt (Hamburg) für das Lesen des ersten Manuskriptentwurfs danken. Herrn Pfarrer Wolfgang Layh (Auhausen, Landkreis Donau-Ries), Herrn Pfarrer Henryk Romanik (Koszalin, Polen) und Herrn Rolf Bernd de Groot (Obernkirchen) danke ich herzlich für Auskünfte bzw. Fotos, Herrn Peter Leißring (Lübeck) und Herrn Dr. Thies Bitterling (Wedel) für Übersetzungen lateinischer Texte. Herrn Zdzisław Pacholski, Fotograf in Koszalin, Herrn Pfarrer Gerhard Schorr (St. Sebald-Kirche, Nürnberg) und Herrn Dr. Michael Koller vom Bischöflichen Ordinariat Würzburg / Bau- und Kunstreferat danke ich vielmals für die von ihnen eigens für dieses Werk aufgenommenen Fotografien. Für die unbürokratische Weise, mit der sie freundlicherweise meiner Bitte um Bildlizenzen entgegen gekommen sind, bin ich außerdem zu Dank verpflichtet: Mrs. Jenny Beard, The Walters Art Museum (Baltimore / Maryland, USA), Mrs. Mary L. Robinson, Huntington Library (San Marino / Kalifornien, USA), Herrn Dr. Markus Hundemer vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege München, Frau Ulrike Schneiders (Breitbrunn am Chiemsee), Padre Sergio Mainoldi von der russischorthodoxen Kirche in Sanremo (Italien), Mr. Peter Houldcroft, Kurator in Royston (Hertfordshire, England), Herrn Prof. Dr. Konrad Vanja vom Museum Europäischer Kulturen (Berlin), Frau Dr. Roswitha Neu-Kock, Rheinisches Bildarchiv (Köln) und Frau Clarissa Rothacker vom Faksimile Verlag (Luzern). Wedel, im Mai 2010

Dank

Dagmar Jestrzemski

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»Streite mit mir, Katharina!« Die heilige Katharina von Alexandrien – Ritterpatronin und Universalheilige

Das Wappenbild der Ritter und Herren von Wedel ist ein sogenanntes Katharinenrad.1 Es ist ein Emblem aus der christlichen Ikonographie. Die älteste Beschreibung (Bla­ sonierung) des Wedel-Wappens findet sich in einer Wappenrolle des 15. Jahrhunderts, sie lautet: »Auf silbernem Feld ein schwarzes Kammrad.«2 Dies ist jedoch die einzige Überlieferung, die von einem silbernen Feld spricht. Spätere Darstellungen zeigen es golden. Das »Wedelsche Rad«, dessen Bedeutung in der heraldischen Fachliteratur bisher noch nicht zutreffend beschrieben wurde, haben polnische Historiker auch

Die ältesten Wappensiegel der Ritter von Wedel in Stormarn: Dreieckssiegel Hinrichs d. Ä. zu Barsbüttel und Rundsiegel Hinrichs d. J. zu Tonndorf, Sasel und Bergstedt, angehängt an eine Urkunde vom 21.12.1302. Landesarchiv Schl.-Holst., Urk.abt., Nr. 5; Abb.: Milde/Masch, Siegel des Mittelalters, H. 3/2. H., Taf. 8, 78, u. Heimatbuch Wedel 1962, Abb. S. 168.

1 Verf. dankt Frau Dr. Vita von Wedel ausdrücklich für zahlreiche Informationen und Gespräche zum Thema, besonders für Hinweise auf die richtungweisenden Urkunden. – Milde/Masch: Die Siegel des Mittelalters. – Katharinenrad: G. Oswald, Lexikon der Heraldik. – »Streite mit mir, Katharina!« ist ein Zitat aus der Schrift »Das fließende Licht der Gottheit« (II, 24) der Mystikerin Mechthild von Magdeburg (um 1212–83). – Zum Unterschied zwischen »Ritter« (lat. miles) bzw. »Herr« (lat. dominus): Die Ritterwürde musste der Angehörige eines ritterbürtigen Geschlechts erringen, »Herr« war er durch Geburt. 2 Codex Berghammar, entstanden wahrscheinlich in Burgund. – Die in der Heraldik gebräuchliche Bezeichnung »Kammrad« ist ungenau, da mit einem derart bezeichneten Schildbild sowohl ein heraldisches Mühlrad als auch ein mit Zacken bzw. Messern gespicktes Rad (Katharinenrad) gemeint sein kann.

Die heilige Katharina von Alexandrien – Ritterpatronin und Universalheilige

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als »Uhrkreis« bezeichnet. Es hat eine Nabe sowie acht in der Mitte geschwollene Felgen und trägt sechzehn Zacken auf dem Rand. Damit hat es das Aussehen eines mit Zacken oder spitzen Messern gesäumten Wagenrades. Ein solches Rad war im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit ein allgemein bekanntes Sinnbild, es war das Attribut oder Erkennungsmerkmal der Kirchenheiligen Katharina von Alexandrien (†  angeblich 306), einer jungfräulichen Märtyrerin der alten Kirche von königlicher Herkunft.3 Man nannte ihr Attribut »Katharinenrad«, da es an ihr Martyrium erinnern sollte, ein Martyrium, das aufgrund eines Wundergeschehens nicht stattfand. Das Rad mit seinem Kranz aus Zacken, die Messer darstellen, bezieht sich auf dieses Ereignis, das durch die Legende der hl. Katharina einst allgemein bekannt war und für wahr gehalten wurde.4 In der Katharinenlegende heißt es, dass die jugendliche Christin wegen ihres Glaubens verfolgt und ermordet wurde. Der qualvollen Folterung mit einem vierrädrigen Folterwerkzeug, dessen Radreifen mit spitzen Messern gespickt waren, entging sie, weil die Räder durch das Eingreifen von Engeln zersprangen. Der standhaften Glaubenszeugin geschah nichts zuleide. Ihr Peiniger, der römische Kaiser Maxentius, habe sie anschließend mit dem Schwert enthaupten lassen, so überliefert es die Legende. Katharina war seit dem Spätmittelalter nach der Jungfrau Maria die beliebteste weibliche Heilige.4 Die Häufigkeit des weiblichen Vornamens Katharina in beiden christlichen Kulturkreisen mit ihren Mittelpunkten Rom und Byzanz ist das Ergebnis dieser lange anhaltenden Popularität. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Im griechischen Urtext ihrer Legende lautet ihr Name Ækaterina und bedeutet »die allzeit Reine«. Um das Jahr 1000 bestanden im Abendland erst vereinzelte Kultzentren dieser Heiligen. Das Wappen der Ritter von Wedel liefert einen eindeutigen Hinweis auf die häufige Anrufung Katharinas durch die Wappeninhaber, gibt also Auskunft über deren spirituelle Orientierung. Dieser Hinweis wird durch mittelalterliche Urkunden gestützt. Katharina war zum Zeitpunkt der Wappenstiftung des Geschlechts von Wedel, um 1225, bereits eine große Volksheilige und eine der wichtigsten Patroninnen des Adels und der Ritter. Das Gebet zu Heiligen wegen ihrer Fürbitte zu Gott war im Mittelalter allgemeines Glaubensgut. Nicht nur die Ritter und ihre Herren, die Fürsten und Grafen, erhofften sich Beistand von ihr und anderen Kirchenheiligen, sondern die Menschen des Mittelalters waren zum überwiegenden Teil von der Wirkmächtigkeit des Heiligengebets zu Katharina überzeugt. Gläubige aus allen gesellschaftlichen

3 Frühkirchliche Märtyrer galten als Heilige, sofern eine anerkannte Autorität, etwa ein Theologe oder ein Kirchenfürst, dies beglaubigt hatte. Kanonisierungen, für die seit Mitte des 10. Jh., endgültig seit 1234, ein päpstliches Reservatrecht bestand, sind für diese Gruppe von Kirchenheiligen nicht bekannt. Der Hauptgrund für die rasche Ausbreitung des Katharinenkults im Westen und Osten war die Aufnahme St. Katharinas in die Liturgie sämtlicher Diözesen; vgl. W. Stüwer, Katharinenkult, S. 62f. Die Bischöfe hatten das Recht, in ihren Diözesen Feste einzuführen bzw. die Feiern zu verhindern. Im ehemaligen Ostpreußen besaß der Deutsche Orden dieses Privileg; vgl. E. Tidick, Deutschordenslande, S. 345f., Anm. 8, S. 408f. 4 P. Assion, K. v. A., in: Lexikon der christl. Ikonographie, VII, S. 289–297. 5 Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VI, 21967, Sp. 60f.

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»Streite mit mir, Katharina!«