Jenseits aller Zeit - 2 - PDFDOKUMENT.COM

4. Für uns gläubige Physiker hat die Scheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und. Zukunft nur die Bedeutung einer, wenn auch hartnäckigen Illusion. (Albert Einstein) ...
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Peter Jungk

Jenseits aller Zeit Zielpunkt Zenit Band 2 Roman

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© 2016 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2016 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: Bernd Stegmann Printed in Germany Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck

ISBN 978-3-8459-1988-1 ISBN 978-3-8459-1989-8 ISBN 978-3-8459-1990-4 ISBN 978-3-8459-1991-1 Mini-Buch ohne ISBN

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Für uns gläubige Physiker hat die Scheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nur die Bedeutung einer, wenn auch hartnäckigen Illusion. (Albert Einstein)

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Con Erst als sich die Schleuse hinter Werner schloss, ließen ihn die beiden Androiden los. Überwältigt von dem, was draußen geschehen war und noch geschah, ließ er sich auf den Boden fallen, und es stieg eine vernichtende Übelkeit in ihm auf. Noch bevor er damit kämpfen konnte, setze heftiges Erbrechen ein. Das dauerte so lange, bis nur noch bittere Galle in seinem Mund war. Der Boden wurde weich und passte sich Werners Körperform an. Das Erbrochene verschwand mit einem schlürfenden Geräusch über unsichtbare Poren ins Innere des Schiffes. Die Oberfläche regenerierte sich in Sekundenschnelle und sah schließlich genauso aus wie immer. Schweiß kühlte Werners Stirn. Sein Herz schlug weiter so wild in seiner Brust, dass es ihm schwerfiel, normal zu atmen.

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„Was war das jetzt?“, fragte er. Dabei schaute er zu Boden, ohne ihn zu sehen. „Was hast du dir nur dabei gedacht?“ „Wir müssen auf Sauberkeit in Unserem Inneren achten. Die Aggressivität dieser Substanz entspricht der konzentrierter Salzsäure.“ Werner wiegte den Kopf vor und zurück, und atmete mehrmals tief ein. Die Hoffnung, dadurch die immer wieder aufsteigende Übelkeit loszuwerden, erfüllte sich nicht. "Das habe ich nicht gemeint!" Irgendwo tief in seinem Inneren brodelte Zorn hoch, kam aber nicht bis zur Oberfläche, da er seine Energie an eine lähmende Hilflosigkeit verlor. Er konnte sich das Verhalten des Schiffes nicht erklären, und das nahm ihm jede Hoffnung, seinem Dasein auf diesem verfluchten Planeten noch einen Sinn abzugewinnen. „Draußen sterben Menschen, und du sorgst dich um deine Hygiene!“ 6

Titan sagte eine ganze Weile nichts, doch Werner war es egal, wie es darauf reagieren würde. Er konnte es einfach nicht fassen, dass das Schiff ihn gerettet und die anderen ihrem Schicksal überlassen hatte. Als er schon gar nicht mehr mit einer Antwort rechnete, meldete sich das Schiff. „Dein Entsetzen ist für Uns nachvollziehbar und deine Worte zeigen, wie sehr du darunter leidest. Es ist allerdings vollkommen überflüssig, Uns die Schuld dafür zu geben. Auch Con hat daran keine Schuld, solltest du dich für diese Argumentation entscheiden. Es gibt überhaupt keine irgendwie geartete Schuld und auch niemanden, der für das, was draußen geschieht, verantwortlich ist ...“ Er sah auf. "Wird das jetzt ein Vortrag?" "Wenn du es so nennen willst: Ja! Unterbrich Uns aber nicht wieder, auch wenn es dir schwerfällt. Du hast dort Menschen gesehen. Das stimmt. Sie entstammen den unterschiedlichsten Epochen der Geschichte auf der Erde. 7

Es waren, rein biologisch gesehen, tatsächlich Menschen. Trotzdem haben sie nichts mit dem zu tun, was du kennst. Gar nichts. Du bist Individuen begegnet, die nichts weiter sind als durch Con materialisierte Memos aus der Universalinformation. Da er sie gewissermaßen geborgt hat, müssen sie auch wieder dorthin zurück. Es ist wie mit den Elementarteilchen, die sich das Vakuum aus der virtuellen Welt borgt, wenn es gestört wird. Sie verschwinden auch wieder dorthin, weil die Energieerhaltung es so verlangt. Wie das funktioniert und wie Con das macht, wissen Wir nicht. Er kann es Uns auch nicht erklären, denn es ist keine Technologie, die er dafür nutzt, sondern diese Fähigkeit ergibt sich aus seiner Komplexität. Er wollte dir etwas sagen damit. Er wollte mit dir auf diese Weise kommunizieren, weil er es über die menschliche Sprache nicht vermag. Sie ist ganz einfach zu schlicht und anspruchslos für diese Art Informationsaustausch. Wir haben es da einfacher, da er komplexe Sachverhalte 8

in Datenpaketen vermittelt, die dem Verstand eines einzelnen Menschen nicht zugänglich sind, aber Uns. Es wäre etwas anders, würde die Schwarmintelligenz Menschheit als Gesprächspartner zur Verfügung stehen. Doch das liegt noch in weiter Ferne und hängt auch entscheidend davon ab, wie das alles hier ausgeht. Wir können dir bei der Entschlüsselung seiner Botschaft nicht helfen, denn selbst wenn sie durch eine von Uns vorgenommene Übersetzung gelänge, hättest du nichts davon. Du musst selbst erkennen, was Con dir sagen will. Alles andere würde nur Vermutungen generieren, die wieder nur Vermutungen hervorbringen. Überzeugungen, die du ganz für dich allein entwickelst, werden niemals daraus. Du musst Geduld haben, Werner. Vertraue Con. Einen anderen Rat können Wir dir nicht geben. Wenn du deinen inneren Frieden wieder finden willst, musst du erneut rausgehen und dich weiteren Kommunikationsversuchen Cons stellen. Er hat mir signalisiert, dass er alle Hoffnung in 9

dich setzt. Du bist der einzige Mensch auf Terra Scorpii, und auf dir lastet eine große Verantwortung. Wenn es dir nicht gelingt, ist unsere gesamte Mission gescheitert. Noch gibt es keine Möglichkeit eines direkten Informationsaustauschs zwischen Con und dem Wesen Menschheit. Diane und Herman haben den Anfang gemacht, dafür die Voraussetzungen zu schaffen. Nun hängt alles von Dir ab." Es war Werner unmöglich, dem Gedankengang Titans ohne inneren Protest zu folgen, denn eines war für ihn ohne Zweifel: Das Schiff hatte aus der Vermutung eines Planetenwesens eine Wissenschaft konstruiert und war nicht mehr in der Lage, auf den Boden der Tatsache einer Zivilisation mit Schwarmintelligenz zurückzukehren. Für einen Kontakt war das zwar unwichtig, denn man hätte es so oder so mit einer einheitlichen Entität zu tun. Die Gefahren lauerten in der Natur des Planeten und in den Konflikten, die es zwischen den unterschiedlichen Wesen und 10

der Zivilisation gab. Die Kostprobe nach der misslungenen Landung hatte eigentlich genügt, und Werner verstand nicht, wieso Titan das ignorieren konnte. Er hatte die letzten Worte des Schiffs gar nicht mehr mitbekommen, denn er dachte immer wieder an die Frau, die von ihm verlangt hatte, dass er ihr Gott erklärte. Sie hatte ihn an Helen erinnert und etwas in ihm zum Klingen gebracht, von dem er schon gedacht hatte, es sei nach all den überstandenen Katastrophen vollkommen in Vergessenheit geraten. Er konnte einfach nicht akzeptieren, was Titan da eben gesagt hatte. Es drängte ihn wieder nach draußen. Er wollte die Frau wiedersehen. Wollte das Gespräch mit ihr fortsetzen. Egal worüber. Es war eine Illusion. Schön wie die Erinnerung an Helen, so entsetzlich wie ein Albtraum. Nein, es war noch schlimmer, denn er wusste, dass Titan in Einem recht hatte: Auf Terra Scorpii gab es keinen Menschen außer ihn. Es war ihm allerdings unmöglich, sich ein 11

Verfahren vorzustellen, das Menschen aus Fleisch und Blut generieren konnte. Wie weit musste diese Zivilisation sein, wenn sie bis in die Tiefen der menschlichen Vergangenheit blicken konnte und daraus reale Akteure zu konstruieren in der Lage war? Sie müsste unbegrenzten Zugang zur Universalinformation haben und wissen, wie die Genese im Ganzen funktioniert. Sie musste sozusagen nicht nur die Weltformel kennen, sondern über die Mittel verfügen, aus der virtuellen eine reale Welt zu schaffen. Das war einfach zu verrückt, um Wahrheit zu sein. Die Alten würden das Wesen Con als Gott verehren. Und sich vielleicht sogar dafür umbringen lassen wie die Leute auf der Ebene. Auch wenn Werner der Überzeugung war, damit selbst Titan zu überfordern, fragte er: "Wenn Con diese Wesen generiert hat und es, wie du sagst, trotzdem so etwas wie Menschen sind, empfinden sie dann nicht genauso wie ich?" "Du sagst es!", antwortete Titan schnell, um nicht noch mehr Fragen gestellt zu 12

bekommen, vor deren Antwort es sich fürchtete. "Nicht nur die Befindlichkeiten sind die gleichen", sagte es. "Die Wesen sind, rein biologisch gesehen, die gleichen Organismen wie ihre irdischen Pendants. In dieser Beziehung gibt es keinen Unterschied. Einzige Besonderheit ist, dass Con sie aus seiner eigenen Substanz generiert hat. Die Moleküle haben sich nach den Memos, die er sich aus der Universalinformation borgte, in einem Stoffwechsel organisiert, der hundertprozentig dem der irdischen Vorbilder entspricht. Der Unterschied besteht tatsächlich und ausschließlich in der Umgebung, in die Con sie gesetzt hat und in der Notwendigkeit, diese Strukturen wieder aufzuheben, sobald die Memos sich wieder zurückziehen. Die schwarze Substanz, die du gesehen hast, nimmt das, woraus sie bestanden, auf und integriert es wieder in den Stoffwechsel Cons. Diese Beschreibung ist allerdings auch nur ein Gleichnis, welches die wahren Verhältnisse sehr unzureichend wiedergibt. Alles hier ist 13

Con. Es gibt keinen strukturellen Unterschied, sondern einen generellen. Con hat einen grundsätzlich anderen Zugang zur Universalinformation. Wir und lediglich einige wenige Menschen sind in der Lage, daraus unbegrenzt Wissen zu schöpfen, ohne dass ihnen die Lebensenergie dabei ausgeht. Con kann dieses Wissen auch materialisieren. Allerdings nicht so total, wie es die Natur als Ganzes mit dem Operator Zeit vermag. Daher gelingt es ihm auch nicht, deine Befindlichkeiten in richtiger Weise vorauszusehen. Er verspricht, sich künftig mehr Mühe zu geben ..." "Er will sich künftig mehr Mühe geben?" Werner schüttelte den Kopf. "Dieser Con gleicht Kronos, dem Ungeheuer der griechischen Sage, das seine eigenen Kinder frisst! Ich habe einmal gelernt, dass die Menschheit nur überlebte, weil sie ihre inneren Konflikte lösen konnte und das Streben nach Macht aufgegeben hat. Was ist dann mit der Zivilisation auf Terra Scorpii 14

geschehen, die sich Con nennt? Was hier nicht pariert, wird dahin gemetzelt. Da kommt wer aus dem All, und es gibt sofort Konfrontationen, bei denen nicht verteidigt, sondern aus allen Rohren gefeuert wird. Es war bestimmt nicht nötig, sämtliche Dschungelwesen vom Plateau weg zu pusten, weil wir von ihnen angegriffen wurden. Und dann die Leute? Warum wurden sie..." Es fehlten Worte, um ihr Entstehen zu beschreiben, und es fehlten Worte, ihr Sterben zu kommentieren. Werner konnte nicht auf die Lautsensoren oder die Kameraaugen Titans sehen, ohne dabei gleichzeitig an Helen und die Frau auf dem Plateau zu denken. "Haben sie gelitten?" "Ja!", antwortete das Schiff, und Werner schien es, als würde es langsam die Geduld mit ihm verlieren. Trotzdem fragte er weiter: "Und warum hast du es dann zugelassen, dass sie leiden mussten? Du hättest sie rein lassen sollen! Dann hätte sich Con etwas einfallen lassen müssen, wie er die Memos, wie du sie 15