IATG 02.10 Introduction to risk management principles

United Nations Office for Disarmament Affairs (UNODA) ..... oder dass (in der verneinten Form „should not“ (sollte nicht)) von einer bestimmten ..... Explosionen in Munitionsstätten) der Forschungseinrichtung Small Arms Survey. Die hier.
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IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Übersetzung aus dem Englischen

Internationale technische Leitlinie IATG für Munition 02.10 Zw eite Ausgabe 01.02.2015

Einführung in die Grundsätze und Verfahren des Risikomanagements

IATG 02.10:2015[E] © UN ODA 2015

1

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Hinweis Die Internationalen technischen Leitlinien für Munition (International Ammunition Technical Guidelines – IATG) unterliegen der regelmäßigen Überprüfung und Überarbeitung. Dieses Dokument gilt mit dem auf dem Deckblatt angegebenen Datum als aktuelle Fassung. Der Status des Dokuments kann beim IATG-Projekt der Vereinten Nationen namens SaferGuard über die Internetseite des Büros der Vereinten Nationen für Abrüstungsfragen (UNODA) geprüft werden. Die Adresse der Webseite lautet www.un.org/disarmament/un-saferguard/.

Urheberrechtserklärung Beim vorliegenden Dokument handelt es sich um eine Internationale technische Leitlinie für Munition, die durch die Vereinten Nationen urheberrechtlich geschützt ist. Weder dieses Dokument noch Auszüge daraus dürfen ohne vorherige schriftliche Genehmigung durch das Büro der Vereinten Nationen für Abrüstungsfragen (UNODA), das im Namen der Vereinten Nationen handelt, in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln für einen anderen Zweck vervielfältigt, gespeichert oder übermittelt werden. Dieses Dokument darf nicht verkauft werden. United Nations Office for Disarmament Affairs (UNODA) United Nations Headquarters, New York, NY 10017, USA E-Mail: Tel: Fax:

[email protected] +1 917 367 2904 +1 917 367 1757

© UN 2015 – Alle Rechte vorbehalten

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Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS

3

VORWORT

5

EINFÜHRUNG

7

EINFÜHRUNG IN DIE GRUNDSÄTZE UND VERFAHREN DES RISIKOMANAGEMENTS

9

1.

ZWECK

9

2.

BEZUGSDOKUMENTE

9

3.

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

9

4.

EINFÜHRUNG

11

5.

DAS SICHERHEITSKONZEPT

13

6. DAS ALLGEMEINE RISIKOMANAGEMENTVERFAHREN

14

6.1

Komponenten des Ri sikomanagements

14

6.2

Ri sikoarten

15

6.3

Die Bestimmung de s vertretbaren Ri sikos

16

6.4

Erreichen des vertretbaren Risikos

20

7.

RISIKOBEURTEILUNG (LAGERUNG VON MUNITION)

7.1

Qualitative Risikobeurteilung

20

7.2

Quantitative Ri sikobeurteilung

21

8.

RISIKOANALYSE

8.1

Identifizierung und Analyse von Gefährdungen

20

21

8.2 Ri sikoeinschätzung 8.2.1 Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen (Stufe 1) 8.2.1.1 Beispiel für ein Modell zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit (Ansatz auf Grundlage vorheriger Ereignisse) (Stufe 1) 8.2.1.2 Beispiel für ein Modell zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit (qualitativer Ansatz) (Stufe 1) 8.2.2 Einschätzung der physikalischen Folgen eines ungeplanten oder unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen (Stufe 2) 8.2.3 Einschätzung des individuellen Risikos (Stufe 2) 8.2.4 Qualitativer Risikoindex

3

21 22 22 23 24 24 25 26

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9. RISIKO- UND ALARP-BEWERTUNG

26

10. RISIKOMINDERUNG

27

11. RISIKOAKZEPTANZ (STUFE 1)

27

12. RISIKOKOMMUNIKATION (STUFE 1)

28

13.

29

VERFAHREN DER RISIKOEINSCHÄTZUNG

13.1

Prüfungen (Stufe 3)

29

13.2

Schutzabstände (Stufe 2)

29

13.3

Analyse der Auswirkungen einer Explosion (Stufe 2)

30

13.4

Sicherheitsnachweise (Stufe 2)

31

14. UNSICHERHEITEN BEI DER RISIKOEINSCHÄTZUNG

31

15. KOSTEN-NUTZEN-ANALYSE (STUFE 2)

32

15.1 Erwarteter Geldwert (Stufe 2)

32

ANHANG A (NORMATIVE) BEZUGSDOKUMENTE

35

ANHANG B (INFORMATIVE) BEZUGSDOKUMENTE

36

ANHANG C (ZUR INFORMATION) ALLGEMEINE AUSWIRKUNGEN VON EXPLOSIONEN

37

ANHANG D (INFORMATIVES) BEISPIEL FÜR EIN VERFAHREN ZUR QUALITATIVEN RISIKOBEURTEILUNG (STUFE 1 UND 2)

40

ANHANG E (ZUR INFORMATION) VERFAHREN FÜR EINE ANALYSE DER AUSWIRKUNGEN EINER EXPLOSION (STUFE 2)

47

ANHANG F (ZUR INFORMATION) RISIKOMANAGEMENT UND IATG-SOFTWARE

50

ANHANG G (ZUR INFORMATION) FORMAT FÜR EINEN SICHERHEITSNACHWEIS (STUFE 2)

51

ANHANG H (ZUR INFORMATION) SCHÄTZUNG DES ERWARTETEN GELDWERTS (STUFE 2)

53

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Vorwort

Bestände an überalterter, instabiler und überschüssiger Munition stellen die zweifache Gefahr der unrechtmäßigen Verbreitung und der unbeabsichtigten Detonation dar, durch die in allen Regionen der Welt destabilisierende Ereignisse und humanitäre Katastrophen verursacht wurden. Die Identifizierung von überschüssigen Beständen ist entscheidend für eine geeignete Lagerverwaltung. Ein Überschuss ist die Menge an Waffen und Munition, die nicht für den Einsatzbedarf vorgehalten werden muss. Werden solche Überschüsse nicht erkannt, werden die gesamten Lagerbestände möglicherweise weiterhin als einsatzwichtig betrachtet. Obwohl sie nicht benötigt werden, füllen überzählige Waffen und Munition die Lager und können so ein erhebliches Risiko für Schutz und Sicherheit darstellen. In vielen Ländern wurde festgestellt, dass eine mangelhafte Lagerverwaltung eher die Regel als die Ausnahme darstellt. Es sind oft nicht nur die überschüssigen Lagerbestände, die mehr Beachtung finden sollten, sondern auch das Fehlen geeigneter Verfahren für die Lagerverwaltung. Staatliche Behörden wissen nicht, dass Überschüsse vorliegen, ihre nationalen Lagerbestände bleiben eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, und aus den Lagern abgezweigte Waffen und Munition tragen zu Verbrechen und bewaffneter Gewalt bei. Im Jahr 2011 erarbeiteten die Vereinten Nationen die Internationalen technischen Leitlinien für Munition (IATG, International Ammunition Technical Guidelines ), um zu gewährleisten, dass die Vereinten Nationen selbst ständig hochwertige Beratung und Unterstützung in Fragen der Munitionsverwaltung leisten können. Viele Beteiligte wie internationale Organisationen, nichtstaatliche Stellen und nationale Behörden nutzen diese Leitlinien. Das SaferGuard-Programm der Vereinten Nationen verwaltet die IATG in Zusammenhang mit weiteren Angelegenheiten auf dem Gebiet der konventionellen Munition. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kapazitäten von Staaten werden in den IATG drei Stufen mit einem zunehmenden Umfang an Maßnahmen unterschieden, die als Risikoverringerungsstufen (RRPL, Risk Reduction Process Levels) bezeichnet werden. Diese Stufen werden in jeder IATG als Stufe 1 (niedrig), Stufe 2 (mittel) oder Stufe 3 (fortgeschritten) bezeichnet. Das Ziel der durchführenden Partner sollte darin bestehen, die Verfahren der Lagerverwaltung mindestens auf RRPL-Stufe 1 zu halten. Schon dadurch wird oft das Risiko entscheidend gemindert. Sobald sich die Kenntnisse der Mitarbeiter verbessern und weitere Ressourcen zur Verfügung stehen, sollten die Infrastruktur und die Verfahren zur Lagerverwaltung kontinuierlich und schrittweise verbessert werden. Diese zusätzlichen Maßnahmen würden den RRPL-Stufen 2 und 3 entsprechen.

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Die Risikoverringerungsstufen werden bestimmt, indem ein gewichteter Fragenkatalog über einen bestimmten Munitionslagerbestand ausgewertet wird. Eine Prüfliste ist im Internet verfügbar unter https://www.un.org/disarmament/un-saferguard/risk-reduction-process-levels/. Die Internationalen technischen Leitlinien für Munition werden regelmäßig überarbeitet, um neuen Normen und Verfahren der Munitionslagerverwaltung Rechnung zu tragen und Änderungen zu berücksichtigen, die sich aus veränderten internationalen Bestimmungen und Anforderungen ergeben. Die IATG sind in mehreren Sprachen erhältlich. Die aktuelle Fassung jeder Leitlinie sowie praktische Hilfsmittel zur Unterstützung der Umsetzung der IATG können unter https://www.un.org/disarmament/un-saferguard/ abgerufen werden.

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Einführung

Ein wesentlicher Bestandteil der Planung und der Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Lagerverwaltung von konventioneller Munition sollte die Einführung eines soliden, wirksamen und integrierten Risikomanagementsystems sein, das vorzugsweise in Einklang mit dem ISO Guide (Leitfaden) steht. Mit diesem System sollten organisatorische sowie verwaltungs- und arbeitstechnische Prozesse und Verfahren untersucht werden. Die Anforderungen des ISO-Leitfadens 51 wurden bei den IATG-Modulen, die selbst einen Teil des Risikomanagement-Verfahrens darstellen, berücksichtigt. Bereits die Einhaltung der Richtlinien bedeutet, dass eine Stelle, die mit der Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition beauftragt ist, viele Elemente eines integrierten Risikomanagementsystems umsetzt. Das im ISO-Leitfaden 51 beschriebene allgemeine Verfahren des Risikomanagements wird in der vorliegenden IATG erklärt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dessen Anwendung auf die Lagerung von konventioneller Munition. Die von Explosionen verursachten physikalischen Phänomene der Druckwelle, Splitterbildung und thermischen Strahlung sind ebenso wie die Mechanismen, durch die es infolge dieser Auswirkungen zu Todesfällen, Verletzungen und Schäden kommt, gut bekannt. Auf der Grundlage dieses Wissens wurde eine Reihe von Methoden und Modellen entwickelt, mit denen die Auswirkungen eingeschätzt werden können. Diese Methoden und Modelle stellen eine wichtige Komponente im Gesamtverfahren des Risikomanagements dar. Der Begriff „eingeschätzt“ ist deshalb wichtig, weil die große Anzahl der beteiligten Variablen zur Folge hat, dass eine genaue Vorhersage der schädlichen Auswirkungen unwahrscheinlich ist; daher enthalten vorbeugende Maßnahmen angemessene Sicherheitspuffer. Eine Reihe von Staaten und Organisationen haben Methoden und Modelle zur Untermauerung von Risikobeurteilungen entwickelt, mit denen die Auswirkungen und Folgen von Explosionen vorhergesagt werden sollen. Dabei handelt es sich entweder um qualitative oder quantitative Beurteilungen, und je nach dem Zweck, für den sie entwickelt wurden, sind sie unterschiedlich komplex. Während einige eine grobe Angabe von Toten, Verletzten und Schäden erlauben, ermöglichen andere präzisere Schätzungen der Auswirkungen von Explosionen. Risikobeurteilungen beruhen recht häufig auf einer Kombination von sowohl qualitativen als auch quantitativen Methoden und Instrumenten, je nachdem welche Informationen vorliegen und welche Methoden und Modelle angewandt werden. Unabhängig davon, welche Methoden und Modelle verwendet werden, um ein Risiko bzw. Auswirkungen zu bewerten, ist es wichtig, dass die Nutzer solcher Instrumente im Rahmen der Risikobeurteilung verstehen, wozu diese Instrumente dienen und wie sie funktionieren, und dass sie die mit diesen Instrumenten verbundenen Voraussetzungen und Beschränkungen kennen. Modelle und Methoden zur Bestimmung und Vorhersage von Explosionswirkungen, die relativ einfach umzusetzen sind, wurden in die IATG-Software integriert, die zur Unterstützung des Risikomanagements für Bestände an konventioneller Munition entwickelt wurde.

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Die vorliegende IATG enthält eine Reihe von Methoden für die Risikoeinschätzung, wobei der Schwerpunkt auf ihrer Anwendung für die Lagerverwaltung von Beständen an konventioneller Munition gelegt wurde. Risikobasierte Ansätze können ganz unterschiedlich aussehen und bei einer Vielzahl von Entscheidungsfindungsprozessen als Hilfsmittel eingesetzt werden. Es werden immer wieder neue Anwendungen definiert, und die vorliegende IATG enthält ebenfalls Verweise auf zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten, die nicht hier aufgeführt sind. Risikomanagement sollte von Staaten als eine grundsätzliche Präventivmaßnahme betrachtet werden, mit der eine sichere Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition gefördert wird. Entscheidungen können auf Grundlage von umfassenderen Kenntnissen getroffen werden, wenn sowohl die Wahrscheinlichkeit für einen Unfall mit Explosivstoffen als auch dessen Auswirkungen berücksichtigt werden können. Aus diesem Grund sollten die Methoden, die in der vorliegenden IATG behandelt werden oder auf die verwiesen wird, (oder entsprechende Methoden) angewendet werden.

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Einführung in die Grundsätze und Verfahren des Risikomanagements 1.

Zweck

Diese Leitlinie stellt das Konzept des Risikomanagements vor und erklärt die erforderlichen Maßnahmen für ein geeignetes Risikomanagement im Rahmen eines Verwaltungssystems für konventionelle Munition. Sie befasst sich hauptsächlich mit den Gefahren der Lagerung von Munition für die Zivilgesellschaft, stellt jedoch darüber hinaus auch Richtlinien für Verfahren zur Risikoeinschätzung bereit, die in anderen Aufgabenbereichen der Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition angewendet werden können. Es gibt verschiedene risikobasierte Ansätze, sie unterscheiden sich in ihrer Komplexität und werden beständig weiterentwickelt. Dieser Leitlinie gibt eine Einführung in die Grundsätze des Risikomanagements und stellt Richtlinien für relativ einfache Verfahren der Risikobeurteilung bereit, die unter den verschiedensten Umständen umgesetzt werden können. Komplexere Verfahren sind den informativen Bezugsdokumenten zu entnehmen.

2.

Bezugsdokumente

Die nachfolgend genannten Dokumente sind für die Anwendung der vorliegenden Leitlinie unentbehrlich. Bei datierten Bezugsdokumenten gilt nur die genannte Ausgabe. Bei nicht datierten Bezugsdokumenten ist die neueste Ausgabe (einschließlich eventueller Änderungen) maßgeblich. Anhang A enthält eine Übersicht der Bezugsdokumente. Hierbei handelt es sich um wichtige Dokumente, auf die in dieser Leitlinie Bezug genommen wird und die einen wesentlichen Teil ihrer Bestimmungen bilden. Eine weitere Liste mit informativen Referenzdokumenten befindet sich in Anhang B in Form eines Quellenverzeichnisses, in dem weitere Dokumente mit wichtigen Informationen über Grundsätze des Risikomanagements für die Anwendung auf konventionelle Munition aufgeführt sind.

3.

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Leitlinie gelten die folgenden Begriffsbestimmungen sowie die umfassenderen Begriffsbestimmungen der Leitlinie IATG 01.40:2015(E) Terms, definitions and abbreviations (Begriffe, Definitionen und Abkürzungen). 1 Der Begriff „unerwünschter Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen“ bezieht sich auf eine unerwartete und unerwünschte Zündung von Explosivstoffen in einem Munitionslager mit gravierenden oder verheerenden Auswirkungen. Der Begriff „Schaden” bezieht sich auf eine Verletzung oder gesundheitliche Schädigung von Menschen oder auf Sachschäden oder Umweltschäden. 1

Alle risikobezogenen Begriffe und Definitionen sind dem ISO-Leitfaden 51 entnommen, einem in Anhang A aufgeführten Bezugsdokument.

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Der Begriff „Gefahr” bezieht sich auf eine potentielle Schadensquelle. Der Begriff „Risiko” bezieht sich auf eine Kombination der Eintrittswahrscheinlichkeit und des Ausmaßes eines Schadens. Der Begriff „Risikoanalyse” bezieht sich auf die systematische Nutzung verfügbarer Informationen, um Gefahren zu identifizieren und das Risiko einzuschätzen. Der Begriff „Risikobeurteilung” bezieht sich auf das gesamte Verfahren, das eine Risikoanalyse und eine Risikobewertung umfasst. Der Begriff „Risikobewertung” bezieht sich auf das Verfahren, mit dem auf Grundlage einer Risikoanalyse festgestellt wird, ob ein vertretbares Risiko erreicht wurde. Der Begriff „Risikomanagement” bezieht sich auf den gesamten risikobasierten Prozess der Entscheidungsfindung. Der Begriff „Risikominderung” bezieht sich auf Maßnahmen, die getroffen werden, um die Wahrscheinlichkeit oder die negativen Auswirkungen, die mit einem konkreten Risiko verbunden sind, oder beides zu reduzieren. Der Begriff „Sicherheit” bezieht sich auf die Minderung des Risikos auf ein vertretbares Maß. Der Begriff „vertretbares Risiko” bezieht sich auf das Risiko, das in einem gegebenen Kontext auf Grundlage der aktuellen Wertvorstellungen der Gesellschaft akzeptiert wird. In allen Modulen der IATG werden die Begriffe „shall“, „should“, „may“ und „can“ verwendet, die im Einklang mit ihrer Verwendung in den ISO-Normen abgestufte Verpflichtungen beschreiben. a) „shall“ (müssen) weist auf eine Forderung hin. Der Begriff wird verwendet, um anzuzeigen, dass es sich um eine Forderung handelt, die strikt zu befolgen ist, wenn das Dokument eingehalten werden soll; es ist keine Abweichung erlaubt. b) „should“ (sollten) weist auf eine Empfehlung hin. Der Begriff wird verwendet, um anzuzeigen, dass von mehreren Möglichkeiten eine als besonders geeignet empfohlen wird, ohne dass die anderen ausgeschlossen oder nicht genannt werden, oder dass eine bestimmte Vorgehensweise bevorzugt wird, aber nicht unbedingt erforderlich ist, oder dass (in der verneinten Form „should not“ (sollte nicht)) von einer bestimmten Vorgehensweise abgeraten wird, diese aber nicht verboten ist. c) „may“ (dürfen) weist auf eine Erlaubnis hin. Der Begriff wird verwendet, um eine Vorgehensweise aufzuzeigen, die im Rahmen des Dokuments erlaubt ist. d) „can“ (können) weist auf Möglichkeiten und Fähigkeiten hin. Der Begriff wird für Aussagen bezüglich Möglichkeiten und Fähigkeiten (in Bezug auf Material, Bedingungen oder Gelegenheiten) verwendet.

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4.

Einführung

Risiko ist definiert als Risiko = Wahrscheinlichkeit x Auswirkung. Ist ein Risikomaß bestimmt, können die Begriffe Wahrscheinlichkeit und Auswirkung unter Anwendung eines anerkannten mathematischen Verfahrens erweitert werden. Ein Risikomaß (siehe Punkt 6.2) kann die Wahrscheinlichkeit sein, dass eine Person im Verlauf eines Jahres der Exposition getötet wird (jährliches individuelles Todesfallrisiko (IR Todesfall )). Die Wahrscheinlichkeit kann dann um die Wahrscheinlichkeit eines gefährlichen Zwischenfalls pro Jahr erweitert werden (W Zw ischenfall ). Daraufhin kann die Auswirkung als die Wahrscheinlichkeit definiert werden, dass die Person, die ununterbrochen einer Gefahr ausgesetzt ist, bei Eintritt eines Zwischenfalls getötet wird (W Todesfall/Zw ischenfall ). Hieraus ergibt sich: jährliches individuelles Todesfallrisiko (IR Todesfall ) → (W Zw ischenfall ) x (W Todesfall/Zw ischenfall ) Eine Person kann jedoch nur zu Schaden kommen, wenn sie während eines gefährlichen Vorgangs anwesend ist. Daher vermindert sich das Risiko (pro Jahr) im Verhältnis zu dem Anteil des Jahres, in dem die Person dem gefährlichen Vorgang bzw. der gefährlichen Situation tatsächlich ausgesetzt ist (ein dimensionsloser Wert). Wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Person anwesend oder der Gefahr ausgesetzt ist, mit (E W ) beschrieben, folgt: jährliches individuelles Todesfallrisiko (IRTodesfall ) = (W Ereignis ) x (W Todesfall/Zw ischenfall ) x

(E W )

Hieraus können weitere ähnliche Gleichungen entwickelt werden, die unterschiedliche Vorgaben berücksichtigen, und der Detaillierungsgrad kann unter Einbeziehung fundierter wissenschaftlicher und technischer Kenntnisse zu Munition und Explosivstoffen erhöht werden. Die risikobasierte Entscheidungsfindung sollte ein Grundsatz sein, der einen festen Bestandteil der Verfahren zur Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition bildet. Risikobasierte Entscheidungen werden sehr häufig routinemäßig und instinktiv getroffen und sollten je nach den vorhandenen Kenntnissen zu den in Tabelle 1 aufgeführten Parametern erfolgen.

11

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Parameter Häufigkeit

Allgemeine Risikoarten • • •

Individuelles Risiko (I(R) ) Kollektive Risiken Wahrgenommene Risiken

Physikalische Folgen

Beispiel für erforderliche Kenntnisse •

Wie häufig treten unerwünschte Zwischenfälle mit Explosivstoffen in Munitionsdepots in Land A auf?



Wie viel Explosivstoff wird in einem Depot gelagert? Wie groß sind die bei einer Explosion ausgelösten Druckund Stoßwellen in Bezug auf die Entfernung? In welcher Entfernung ist mit Toten und Verletzten zu rechnen? In welcher Entfernung ist mit Schäden an Bauwerken zu rechnen? Wie viele zivile Gebäude befinden sich innerhalb des Gefahrenbereichs und mit welchem Schadensumfang ist jeweils zu rechnen? Wie viele Zivilisten befinden sich zu einem beliebigen Zeitpunkt im Gefahrenbereich der Druckwelle und der Splitterwirkung?





Auswirkungen

• •

Exposition



Tabelle 1: Parameter für risikobasierte Entscheidungen

Das Ziel von Stellen, die mit der Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition beauftragt sind, sollte die sichere, wirksame und effiziente Lagerverwaltung von konventioneller Munition, Explosivstoffen, Treibstoffen und pyrotechnischen Mitteln sein. 2 Hierbei ergeben sich potentielle Gefahren: a) Unzureichende Lagerbedingungen für konventionelle Munition können zu unerwünschten Zwischenfällen mit Munition und Explosivstoffen während der Lagerung führen; 3 b) Ineffektive technische Prüfungen und chemische Analysen der Munition als Bestandteil eines technischen Überwachungssystems können aufgrund von Munition, die sich in schlechtem Zustand befindet, zu unerwünschten Zwischenfällen mit Munition und Explosivstoffen während der Lagerung führen; c) Unsachgemäßer Umgang mit konventioneller Munition oder ihre unsachgemäße Verarbeitung kann zum Tod oder zu Verletzungen von Arbeitskräften oder Beobachtern führen. 2 3

Im Folgenden in dieser IATG als „konventionelle Munition“ bezeichnet. Anhang C enthält eine Zusammenfassung der allgemeinen Auswirkungen von Explosionen.

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Neben diesen Gefahren gibt es eine weitere Reihe von potentiellen Ursachen für unerwünschte Zwischenfälle mit Munition und Explosivstoffen: a) Unbeabsichtigtes Feuer in einem Fahrzeug, Waren- oder Munitionslager b) Menschliches Versagen aufgrund eines Unfalls, Ermüdung oder unsachgemäßer Handhabung c) Umwelteinflüsse (z. B. Blitzschlag) d) Auslösung durch einen Eindringling (z. B. Sabotage) e) Feindeinwirkung (bei einem Konflikt) (z. B. behelfsmäßige Sprengvorrichtungen, direkter oder indirekter Beschuss) Eines der Hauptziele des Risikomanagementverfahrens in Zusammenhang mit der Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition soll darin bestehen, eine Herangehensweise zu fördern, bei der die mit der Verwaltung von Munitionsbeständen beauftragte Stelle bestrebt ist, das Ziel der Sicherheit mit folgenden Mitteln zu erreichen: a) Entwicklung und Anwendung von geeigneten Management- und Betriebsverfahren b) Verwaltung und Bewertung des Zustands von Lagerbeständen an konventioneller Munition und Ergreifen von geeigneten Maßnahmen, wenn ein gefährlicher Zustand dieser Bestände festgestellt wird c) Vermitteln und kontinuierliches Verbessern von Fähigkeiten bei Vorgesetzten und Mitarbeitern d) Sicherstellen, dass konventionelle Munition in geeigneten Bauten gelagert und verwaltet wird e) Beschaffung von sicherer, wirksamer und effizienter Ausrüstung

5.

Das Sicherheitskonzept

Sicherheit wird durch die Reduzierung des Risikos auf ein annehmbares Maß, das in dieser IATG als vertretbares Risiko definiert wird, erreicht. Eine absolute Sicherheit kann es nicht geben; ein gewisses Risiko bleibt immer bestehen. Hierbei handelt es sich um das Restrisiko [ISO-Leitfaden 15: 1999 (E)]. Aus diesem Grund können bei der Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition die Verfahren zur Lagerung, Handhabung, Vernichtung etc. nie absolut sicher sein; es lässt sich lediglich eine relative Sicherheit erreichen. Dies ist eine unabänderliche Tatsache, die jedoch nicht bedeutet, dass nicht alle Vorkehrungen getroffen werden, um Sicherheit zu gewährleisten. Sie bedeutet lediglich, dass nicht mit einhundertprozentiger Gewissheit nachgewiesen werden kann, dass eine absolute Sicherheit hergestellt wurde. Durch die in den IATG empfohlenen und von der IATG-Software verwendeten Risikomanagementsysteme soll dieses ideale einhundertprozentige Konfidenzniveau so weit wie realistisch möglich erreicht werden. Gleichzeitig soll es den Stellen, die mit der Verwaltung von Lagerbeständen beauftragt sind, möglich sein zu bestimmen, wie hoch das vertretbare Risiko ist, das sie in ihrem jeweiligen Umfeld zu akzeptieren bereit sind.

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6.

Das allgemeine Risikomanagementverfahren 4

Das Risikomanagement stellt ein komplexes Gebiet dar, über das in beträchtlichem Umfang Literatur mit entsprechenden Leitlinien existiert. Da es nicht sinnvoll ist, in dieser IATG alle unterschiedlichen Optionen und Verfahren zu behandeln, wurden nur solche Risikomanagementverfahren aufgenommen, die sich bei der Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition bewährt haben. Risiken können einer oder mehrerer von drei Kategorien zugeordnet werden: a) Risiken, für die es möglicherweise Anhaltspunkte gibt, bei denen jedoch kein Zusammenhang zwischen der Ursache und der Schädigung einer Person hergestellt werden kann. b) Risiken, für die möglicherweise Statistiken über identifizierte Geschädigte zur Verfügung stehen. c) Risiken, für die bestmögliche Wahrscheinlichkeitsschätzungen für Zwischenfälle, die sich noch nicht ereignet haben, von Fachleuten erstellt werden. Risiken, die mit der Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition verbunden sind, werden den oben genannten Kategorien b) bzw. c) zugeordnet. Statistische Daten zu früheren Zwischenfällen in Munitionslagerbereichen mit Explosivstoffen5 liegen ebenso vor wie bewährte Verfahren zur Risikoeinschätzung auf Grundlage von empirischen Modellen oder wissenschaftlichen Berechnungen. 6 6.1

Komponenten des Risikomanagements

Der Begriff des Risikomanagements ist ein mitunter missverstandener Begriff, bei dem es zum Beispiel hinsichtlich der Beziehung zwischen Risikobeurteilung und Risikoanalyse häufig zu Missverständnissen kommt. In den IATG-Leitlinien umfasst das Risikomanagement den gesamten risikobasierten Prozess der Entscheidungsfindung. In der Matrix in Tabelle 2 werden die Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Komponenten des Risikomanagements, die in der Reihe der IATG-Leitlinien verwendet werden, dargestellt:

4

Siehe ISO-Leitfaden 51. Siehe The Threat from Explosive Events in Ammunition Storage Areas (Die Gefahr von Zw ischenfällen mit Explosivstoffen in Munitionslagerbereichen). Explosive Capabilities Limited, Großbritannien, 26. September 2009. 6 Siehe IATG 01.80 Formulae for ammunition management (Formeln für die Verwaltung von Munition). 5

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Risikomanagement Risikobeurteilung Risikoanalyse Identifizierung und Analyse der Gefährdung Risikoeinschätzung Risikobewertung/ALARP 7 Risikominderung Risikoakzeptanz Risikokommunikation Tabelle 2: Matrix Risikomanagement

Weitere Erklärungen zu den einzelnen Komponenten des Risikomanagements und empfohlene Verfahren, die im Zuge des Risikomanagements für die Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition angewandt werden sollten, sind in Punkt 7 – 12 enthalten. Diese Verfahren sind außerdem in der IATG-Software enthalten, mit der viele der eher technischen Prozesse des Risikomanagements für die Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition automatisch durchgeführt werden. 6.2

Risikoarten

Es gibt zwei allgemeine Risikoarten, die beim Risikomanagement für Einrichtungen für Munition und Explosivstoffe in Betracht gezogen werden können: a) Das individuelle Risiko (IR): Hiermit wird die Wahrscheinlichkeit eines Todesfalls oder einer schweren Verletzung einer bestimmten Person an einem bestimmten Ort infolge einer versehentlichen Zündung von Explosivstoffen beschrieben. b) Gesellschaftliches Risiko (G R): Hiermit wird die Wahrscheinlichkeit ausgedrückt, mit der eine größte anzunehmende Zahl von Personen infolge eines Unfalls mit Munition und Explosivstoffen getötet oder schwer verletzt wird. Da für (IR) und (G R) unterschiedliche Kriterien zugrunde gelegt werden, sollen die im Rahmen des Risikomanagements abgeschätzten Risikoniveaus mit einem klaren Hinweis versehen werden, ob es sich um eine Einschätzung für IR oder G R handelt. Die Grenzen für das vertretbare Risiko von IR und G R sind in der Regel voneinander unabhängig. In der Praxis wird bei der Risikobeurteilung üblicherweise IR genutzt, da G R oft schwieriger einzuschätzen ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Risiken, die die Gesellschaft betreffen, häufig ein deutlich größeres Spektrum an möglichen Auswirkungen beinhalten. Es ist möglich, dass das vertretbare Risiko bei Anwendung eines bestimmten Kriterienkatalogs erreicht wird, jedoch nicht, wenn ein anderer Kriterienkatalog zugrunde gelegt wird. In einem solchen Fall sollten Maßnahmen getroffen werden um sicherzustellen, 7

As Low As Reasonably Practicable (so niedrig w ie vernünftigerweise praktikabel).

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dass beide Kriterienkataloge erfüllt werden. Ist dies nicht möglich oder praktikabel, sollte die zuständige nationale Fachbehörde nach bestem Ermessen eine Entscheidung treffen und außerdem versuchen, von der Politik eine offizielle Genehmigung für die weitere Nutzung der Einrichtung für Munition und Explosivstoffe zu erhalten. 6.3

Die Bestimmung des vertretbaren Risikos

Das vertretbare Risiko ergibt sich aus der Suche nach absoluter Sicherheit einerseits und Faktoren wie den nachfolgend genannten andererseits: a) Der Lagerung, Handhabung und Verarbeitung von Munition inhärente Explosionsgefahr b) Verfügbare Kräfte und Mittel c) Gepflogenheiten der Gesellschaft, in der die Munition gelagert wird d) Finanzielle Kosten Demzufolge ist eine kontinuierliche Überprüfung des vertretbaren Risikos, das dem Konzept für die Lagerverwaltung in einem bestimmten Umfeld zugrunde liegt, notwendig. Das vertretbare Risikoniveau muss von der zuständigen nationalen Behörde festgelegt werden, sollte jedoch nicht das vertretbare Risiko unterschreiten, das beispielsweise bei Herstellungs- oder Industrieprozessen gilt. Die in Tabelle 3 dargestellten vertretbaren Risikoniveaus (auf Grundlage individueller Risikokriterien) können als vernünftig und praktikabel gelten: Gefährdete Gruppe

Vertretbares Risikoniveau (I R )

Bemerkungen

-3

• Die Mitarbeiter sind diesem Risikoniveau unter Umständen gelegentlich ausgesetzt. • Für dieses Risikoniveau sollte eine Sonderzulassung für 9 die zulässige Explosivstoffmasse erwirkt werden. -3 • Ist IR höher als 10 , soll der nationalen Fachbehörde ein Sonderfall für die Zulassung angezeigt und dem Risiko von politischer Seite offiziell und schriftlich zugestimmt werden.

-4

• Dies sollte das höchste Risikoniveau sein, dem die Mitarbeiter regelmäßig ausgesetzt sind. • Für dieses Risikoniveau sollte eine Sonderzulassung für 10 die zulässige Explosivstoffmasse ausgestellt werden.

-6

• Dies sollte das ideale Risikoniveau sein, dem die Mitarbeiter täglich ausgesetzt sind. • Für dieses Risikoniveau sollte eine Standardzulassung für die zulässige Explosivstoffmasse ausgestellt wer11 den.

Mitarbeiter einer Einrichtung für Munition 8 und Explosivstoffe (maximal vertretbar)

1 x 10

Mitarbeiter einer Einrichtung für Munition und Explosivstoffe (Warnstufe)

1 x 10

Mitarbeiter einer Einrichtung für Munition und Explosivstoffe (vertretbare Grenze)

1 x 10

8 Hierzu gehören alle Mitarbeiter, die in einer Einrichtung für Munition und Explosivstoffe tätig sind. Es kann eine w eitere Unterteilung in Mitarbeiter vorgenommen w erden, die unmittelbar mit Munition und Explosivstoffen arbeiten, und Mitarbeiter, die Verw altungstätigkeiten ausüben. 9 Siehe IATG 02.30 Licensing of explosive storage areas (Zulassung für Einrichtungen für Munition und Explosivstoffe) 10 Ebd. 11 Ebd.

16

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Gefährdete Gruppe

Vertretbares Risikoniveau (I R )

Bemerkungen

-4

• Die Bevölkerung ist diesem Risikoniveau unter Umständen gelegentlich und in Ausnahmesituationen ausgesetzt. • Für dieses Risikoniveau sollte eine Sonderzulassung für 12 die zulässige Explosivstoffmasse ausgestellt werden. -3 • Ist IR höher als 10 , soll der nationalen Fachbehörde ein Sonderfall für die Zulassung angezeigt und dem Risiko von politischer Seite offiziell und schriftlich zugestimmt werden.

-5

• Dies sollte das höchste Risikoniveau sein, dem die Bevölkerung regelmäßig ausgesetzt ist. • Für dieses Risikoniveau sollte eine Sonderzulassung für 13 die zulässige Explosivstoffmasse ausgestellt werden.

-6

• Dies sollte das ideale Risikoniveau sein, dem die Bevölkerung täglich ausgesetzt ist. • Für dieses Risikoniveau sollte eine Standardzulassung für die zulässige Explosivstoffmasse ausgestellt wer14 den.

Bevölkerung (maximal vertretbar)

1 x 10

Bevölkerung (Warnstufe)

1 x 10

Bevölkerung (vertretbare Grenze)

1 x 10

Tabelle 3: Empfohlene vertretbare Risikoniveaus

Eine Empfehlung für das vertretbare Risikoniveau für gesellschaftliche Risiken (G R) lautet, dass die maximale Wahrscheinlichkeit eines Unfalls in einem beliebigen Jahr, bei dem es zu 50 Todesfällen oder mehr kommt, nicht geringer als 1 zu 5.000 (1 x 2-4) sein sollte. 15 Es sollte ein Protokoll erstellt werden, in dem offiziell festgehalten wird, wie das vertretbare Risiko ermittelt und von welcher Behörde es gebilligt wurde. In Tabelle 4 werden die Anforderungen an ein solches Protokoll zusammenfassend dargestellt. Allgemeiner Bereich/Maßnahme Risikomanagement

Risikoanalyse

Spezifischer Bereich/Maßnahme

Bemerkungen

Ermittlung und Bestellung eines Beauftragten für das Risikomanagement in Einrichtungen für Munition und Explosivstoffe Ermittlung von Einrichtungen für Munition und Explosivstoffe

12





Ebd. Ebd. 14 Ebd. 15 GR-Einheiten sind die Anzahl der Unfälle pro Jahr. Somit entspricht das empfohlene Risikoniveau der Wahrscheinlichkeit, dass alle 5.000 Jahre bei einem Unfall in der Einrichtung 50 Menschen oder mehr getötet w erden. 13

17

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Allgemeiner Bereich/Maßnahme

Spezifischer Bereich/Maßnahme

Bemerkungen

Risikoanalyse

Ermittlung von gefährdeten Gruppen

• Mitarbeiter in Bereichen für Munition und Explosivstoffe (nicht sachkundig) • Mitarbeiter in Bereichen für Munition und Explosivstoffe (mit Sachkunde Munition) • Bevölkerung mit Wohnsitz in der näheren Umgebung der Einrichtung für Munition und Explosivstoffe • Personen, die die nähere Umgebung der Einrichtung für Munition und Explosivstoffe durchqueren

Risikoanalyse

Festlegung des angemessenen vertretbaren Risikoniveaus in Bezug auf I R und G R

• Die Risikoniveaus sollten mit den in der Industrie üblichen Niveaus vergleichbar sein.

Risikoakzeptanz

Erhalt der schriftlichen Genehmigung für die vertretbaren Risikoniveaus durch Ministerien

• Hiermit wird gewährleistet, dass Minister über das Risiko informiert sind und wissen, dass sie dafür verantwortlich sind, angemessene Mittel für das Risikomanagement und zur Aufrechterhaltung vertretbarer Risikoniveaus zuzuweisen.

Risikokommunikation

Umfassende Kommunikation zu den vertretbaren Risikoniveaus, die für Einrichtungen für Munition und Explosivstoffe gelten

• Bevölkerungsgruppen in unmittelbarer Nähe solcher Einrichtungen sollten von ihren Politikern über die Risiken, denen sie ausgesetzt sind, informiert werden.

Tabelle 4: Protokoll zur Ermittlung des vertretbaren Risikos

Das vertretbare Risiko wird durch den wiederholten Prozess der Risikobeurteilung (Risikoanalyse und Risikobewertung) und Risikominderung erreicht, siehe Abbildung 1.

18

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Ausgangspunkt

Identif izierung der Gef ährdung

Risikoeinschätzung

Risikobeurteilung

Risikominderung

Risikoanalyse

Def inition der v orgesehen Nutzung und v orhersehbaren f alschen Nutzung

Risikobewertung

NEIN

Vertretbares Risiko erreicht?

JA

Endpunkt

Abbildung 1: Kreislauf der Risikobeurteilung

16

Eine wirksame Risikobeurteilung bietet eine Reihe von Vorteilen, u. a. folgende: a) Sie trägt dazu bei, die Bedeutung von einzelnen Risikofaktoren für das Gesamtrisiko zu gewichten. b) Sie trägt dazu bei, Risiken zu ermitteln, die mit einfachen Mitteln gemindert oder ausgeräumt werden können. c) Sie trägt zur Klärung von bekannten und unbekannten Faktoren für das potentielle Risiko bei. d) Sie kann eine objektive Entscheidungsgrundlage für die Risikokontrolle liefern, insbesondere für Risiken, denen die Bevölkerung in der Nähe von Munitionslagerbereichen ausgesetzt ist. e) Sie kann wichtige quantitative Informationen als einen Beitrag für Entscheidungen über die Zuweisung von Mitteln für die Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition bereitstellen. f) Sie ermöglicht die Gewichtung von alternativen Maßnahmen zur Minderung und Beseitigung des Risikos in Bezug auf das Risiko für die Mitarbeiter, die Umwelt und die Bevölkerung.

16

Dieser Verfahrensablauf wird bei Bedarf in leicht abgew andelter Form in anderen IATGs verwendet.

19

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g) Sie kann ein Verfahren für die Konsensbildung an die Hand geben und ein Forum für Betroffene bieten, damit diese sich an der Entwicklung des Verfahrens der Risikobeurteilung und der Ermittlung des vertretbaren Risikos beteiligen. Dies wird hoffentlich zu einer besseren Akzeptanz des Risikos führen. 6.4

Erreichen des vertretbaren Risikos

Das folgende allgemeine Verfahren sollte angewandt werden, um bei der Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition Risiken auf ein vertretbares Maß zu reduzieren: a) Ermittlung der am Verfahren zur Verwaltung an Lagerbeständen von konventioneller Munition voraussichtlich Beteiligten (d. h. Bevölkerung vor Ort, im Munitionsdepot beschäftigte Arbeiter, Verwaltungs- und Leitungspersonal etc.) b) Ermittlung der einzelnen Gefährdungen (einschließlich aller gefährlichen Situationen und schädigenden Ereignisse), die in allen Phasen der Verwaltung von Lagerbeständen entstehen c) Einschätzung und Bewertung des Risikos für jeden ermittelten Nutzer bzw. jede ermittelte Gruppe (zum Beispiel die Auswirkungen eines unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen in Bezug auf Tote, Verletzte, Sachschäden, Umweltverschmutzung und finanzielle Schäden) d) Beurteilung, ob dieses Risiko vertretbar ist (zum Beispiel durch Vergleich mit anderen Risiken für den Nutzer und mit von der Gesellschaft akzeptierten Risiken) e) Falls das Risiko nicht vertretbar ist, Minderung des Risikos auf ein vertretbares Niveau Bei der Durchführung des Risikominderungsverfahrens sollte die folgende Priorisierung eingehalten werden: a) Inhärent sichere Auslegung von Ausrüstung und Verfahren b) Einhaltung angemessener Schutzabstände zwischen Munitionslagern und möglicherweise zu schützenden Objekten c) Inhärent sichere Betriebsverfahren, bei denen das Risiko für jedes Verfahren und jede Tätigkeit auf ein vertretbares Maß gemindert wurde d) Zweckmäßige und wirksame Ausbildung der Mitarbeiter e) Ggf. Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung beim Umgang mit Munition f) Informationen für das mit der Lagerverwaltung befasste Personal und die ortsansässige Bevölkerung

7.

Risikobeurteilung (Lagerung von Munition)

7.1

Qualitative Risikobeurteilung

Qualitative Risikobeurteilungen sind eher ein beschreibendes Verfahren, bei dem kaum messbare und berechenbare Daten verwendet werden, und sie werden unter vielen verschiedenen Umständen am häufigsten zur Risikoanalyse genutzt. Wahrscheinlichkeitswerte werden nicht benötigt, und es wird lediglich der geschätzte potentielle Schaden berücksichtigt. Bei der Risikobeurteilung für die Lagerung von konventioneller Munition sollte die qualitative Risikobeurteilung selten angewandt werden, da mehrere wissenschaftlich anerkannte und bewährte Methoden für eine stärker quantitativ ausgelegte Risikobeurteilung zur Verfügung stehen. Dennoch können qualitative Risikobeurtei20

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

lungen bei bestimmten Verfahren der Munitionsverwaltung zum Einsatz kommen, wenn nur wenig quantitatives Datenmaterial vorliegt, wie beispielsweise bei technischen Verfahren für Aufgaben der Munitionsbearbeitung. Ein Beispiel für ein Verfahren der qualitativen Risikobeurteilungen ist in Anhang D dargestellt. 7.2

Quantitative Risikobeurteilung

Die quantitative Risikobeurteilung ist ein äußerst wirksames Instrument zur Untersuchung und Minderung von Risiken. Sie sollte eingesetzt werden, um die ungefähre Wahrscheinlichkeit einer versehentlichen Explosion bei der Lagerung von Munition und das Ausmaß der Toten, Verletzten, Schäden und anderer Verluste infolge einer solchen Explosion (die als Auswirkungen bezeichnet werden) einzuschätzen. Sie ermöglicht ein fundiertes Urteil, ob das Risiko die ALARP 17-Vorgaben erfüllt. Sie wird von der IATG-Software eingesetzt. Die quantitative Risikobeurteilung bietet gegenüber subjektiveren Methoden dadurch einen Vorteil, dass ein breiteres Spektrum an verfügbaren Informationen berücksichtigt wird, um das „Risiko“ als einen Parameter zu quantifizieren. Damit werden einheitliche und wiederholbare Entscheidungen ermöglicht (zum Beispiel bei einem Vergleich von Gefährdungen, die von jedem einzelnen Lagerhaus in einem Munitionsdepot ausgehen). Die wichtigste Einschränkung einiger der bei der quantitativen Risikobeurteilung (für Munition und Explosivstoffe) eingesetzten Verfahren besteht in einer gewissen Unsicherheit in Bezug auf die errechneten Parameter (siehe Punkt 14). Diese ist häufig auf die große Bandbreite an Variablen zurückzuführen. Doch auch wenn die Genauigkeit im absoluten oder allgemeinen Sinn im Bereich von Zehnerpotenzen liegt, ist eine angemessene Entscheidungsfindung möglich. Die Realitätsnähe 18 kann recht hoch sein und relative Optionen können mit einer bestimmten statistischen Sicherheit verglichen werden (Faktor 2 oder besser). Ein Beispiel für ein Verfahren einer quantitativen Risikobeurteilung ist in Anhang E aufgeführt.

8.

Risikoanalyse

8.1

Identifizierung und Analyse von Gefährdungen

Identifizierung und Analyse von Gefährdungen stellt ein recht einfaches Verfahren des Risikomanagements dar, das die Lagerung von konventioneller Munition unterstützt. Eine Gefährdung wird als potentielle Schadensquelle definiert. Folglich hängt eine Gefährdung durch zum Beispiel einzelne Munitionslagerhäuser von der Menge, der Gefahrklasse 19, dem physischen Zustand und der chemischen Stabilität der Munition in dem jeweiligen Lagerhaus ab. 17

As Low As Reasonably Practicable (so niedrig w ie vernünftigerweise praktikabel). Es ist eine Beurteilung aus fachlicher und sprengstofftechnischer Sicht erforderlich, um festzustellen, ob ein so niedrig w ie vernünftigerweise praktikables Risikoniveau erreicht w urde. 18 Realitätsnähe bedeutet in diesem Fall das Ausmaß, in dem das Modell der Risikobeurteilung mit einem realen Ereignis vergleichbar ist. 19 Siehe IATG 01.50 UN explosive hazard classification systems and codes (Das VN-System der Gefahrgutklasseneinteilung und der Gefahrkodes für Explosivstoffe).

21

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Entsprechen die Schutzabstände zwischen den Munitionslagerhäusern nicht den Empfehlungen der IATG 02.20 Quantity and Separation Distances (Schutzabstände und Einzelentfernungen), ist eine weitere Risikoanalyse erforderlich. In der Regel wird jedes einzelne Munitionslagerhaus als eigener Gefahrenherd betrachtet. Besteht jedoch aufgrund von unzureichenden Schutzabständen zwischen den Munitionslagerhäusern das Risiko einer praktisch sofortigen Ausbreitung, müssen die Munitionslagerhäuser eventuell als ein einziger Gefahrenherd behandelt und die Explosivstoffmengen zusammengefasst werden. 8.2

Risikoeinschätzung

Da „Risiko“ definiert ist als „eine Kombination der Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Schadensereignisses und der Schwere dieses Schadens“, sollten bei der Einschätzung des Risikos für unerwünschte Zwischenfälle mit Munition und Explosivstoffen in Munitionslagerbereichen folgende Aspekte bestimmt bzw. eingeschätzt werden: a) Die Wahrscheinlichkeit eines ungeplanten und unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen b) Die physikalischen Folgen einer solchen Explosion c) Die voraussichtliche Zahl der Toten und Verletzten d) Das voraussichtliche Ausmaß der Schäden Die Punkte 8.2 b) bis d) beinhalten die so genannte „Analyse der Auswirkungen“ (siehe Punkt 13.3). 8.2.1 Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen (Stufe 1) In vielen Fällen wird es schwierig sein, die Wahrscheinlichkeit eines ungeplanten und unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen in einem bestimmten Lagerbereich für Munition und Explosivstoffe zu bestimmen. Es steht jedoch Datenmaterial über die Anzahl solcher Zwischenfälle pro Jahr zur Verfügung 20 und eine mit der Verwaltung von Lagerbeständen beauftragte Stelle sollte über frühere ähnliche Zwischenfälle in ihrer Region informiert sein. Dies wird der Stelle bei der Einschätzung der Häufigkeit und damit der Wahrscheinlichkeit helfen. Ein solches Vorgehen wird als Ansatz auf Grundlage vorheriger Ereignisse bezeichnet. Punkt 8.2.1.1 enthält ein Beispielmodell für einen solchen Ansatz. Ein stärker qualitativ ausgelegter Ansatz wird unter Punkt 8.2.1.2 vorgestellt. Alternative Methoden zur Ermittlung der Häufigkeit und damit der Wahrscheinlichkeit von unerwünschten Zwischenfällen mit Munition und Explosivstoffen im Rahmen der Risikoeinschätzung sind zum Beispiel analytische Methoden wie der Versuch, alle potentiellen Szenarien, bei denen sich ein solcher Zwischenfall ereignen kann, zu definieren und quantifizieren. Häufig werden je nach Komplexität und Anzahl der vorgesehenen Szenarien für einen Zwischenfall logische Ansätze oder Fehlerbaumansätze eingesetzt. Weitere Orientierungshilfen zu diesem oftmals komplexen und aufwändigen Verfahren werden in den informativen Bezugsdokumenten in Anhang B bereitgestellt.

20

Ungefähr 20 oder mehr pro Jahr.

22

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8.2.1.1 Beispiel für ein Modell zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit (Ansatz auf Grundlage vorheriger Ereignisse) (Stufe 1) Das folgende Beispiel für ein Modell zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen aufgrund eines ungeeigneten Systems oder ungeeigneter Verfahren zur Verwaltung von Lagerbeständen kann verwendet oder angepasst werden, wenn keine anderen Daten oder Anhaltspunkte vorliegen. Den Daten für dieses einfache Modell liegen folgende Annahmen zugrunde: a) Die Vereinten Nationen haben 192 Mitgliedstaaten. Gemäß einer vorsichtigen Schätzung, dass es in jedem Mitgliedstaat im Durchschnitt 10 relativ große Munitionsdepots gibt, gibt es weltweit 1.920 relativ große Munitionslager. b) Auf Grundlage von Erkenntnissen, die internationale Beobachter bei Besuchen vor Ort gewonnen haben, wird außerdem angenommen, dass mindestens 60 % dieser Depots nicht den internationalen Standards für die Sicherheit von Munition und Explosivstoffen entsprechen. c) Es ist außerdem schriftlich dokumentiert, 21 dass sich in den vergangenen zehn Jahren (von 2004 bis einschließlich 2013) jedes Jahr im Schnitt 27,7 bekannte unerwünschte Zwischenfälle mit Munition und Explosivstoffen ereignet haben; die überwiegende Mehrheit fand in Depots statt, in denen unsachgemäße Verfahren für die Verwaltung von Lagerbeständen angewandt wurden. Somit kann die jährliche Wahrscheinlichkeit eines unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen in einem Munitionsdepot mit ungeeigneten Verwaltungssystemen oder -verfahren derzeit ungefähr wie folgt berechnet werden: W Zw ischenfall = (27,7/(1920 x 0,6) = 0,0024 = 2,4 x 10-2 (2,4 %) Diese Einschätzung der Wahrscheinlichkeit liegt sicherlich in der Größenordnung einer Zehnerpotenz und kann zu Planungszwecken verwendet werden. Eine Wahrscheinlichkeit von 2,4 x 10-2 für einen unerwarteten Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen in einem Munitionsdepot mit unsachgemäßen Verfahren zur Verwaltung von Lagerbeständen mag im Vergleich mit der in den meisten Gesellschaften als vertretbares Risiko wahrgenommenen Wahrscheinlichkeit als relativ hoch empfunden werden, insbesondere deshalb, weil es bei jedem unerwünschten Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen in einem Munitionslagerbereich (zwischen 2004 und 2013) eine durchschnittliche Todesfallrate von 9,96 22 und eine Verletztenzahl von 34,1 23 gab.

21

The Threat from Explosive Events in Ammunition Storage Areas (Die Gefahr von Explosionen in Munitionslagerbereichen), Explosive Capabilities Limited, Vereinigtes Königreich, 26. September 2009. Ist nun ein Teil des Projekts Unexpected Explosions at Munitions Sites (UES) (Unbeabsichtigte Explosionen in Munitionsstätten) der Forschungseinrichtung Small Arms Survey. Die hier veröffentlichten Daten über unbeabsichtigte Explosionen in Munitionsstätten können verwendet werden, um dieses Risikomodell regelmäßig zu aktualisieren. 22 2.760 Todesfälle zw ischen 2004 und 2013, Quelle: Ebd. 23 9.457 Verletzte zwischen 2004 und 2013, Quelle: Ebd. (Eine Explosion w urde nicht berücksichtigt, da die Zahl der Verletzten nicht bestätigt w urde). Die tatsächliche Zahl dürfte höher sein.

23

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Im Umkehrschluss besagt dieses Modell, dass sich die Wahrscheinlichkeit, dass kein unerwünschter Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen in den übrigen Munitionsdepots stattfindet, wenn sachgemäße Systeme und Verfahren für die Verwaltung von Lagerbeständen vorhanden sind und effektiv eingesetzt werden, wie folgt darstellt: W keinZw ischenfall = (1 - 0,024) = 98,76 % 24 8.2.1.2 Beispiel für ein Modell zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit (qualitativer Ansatz) (Stufe 1) In Tabelle 5 wird eine stärker qualitativ ausgerichtete Möglichkeit für die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit für einen unerwünschten Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen dargestellt: Allgemeine Beschreibung Wahrscheinlich

Wahrscheinlichkeit

Qualitative Definition • Mit dem Ereignis wird einmalig oder mehrmals gerechnet.

häufig nahezu sicher sehr wahrscheinlich wahrscheinlich

Gelegentlich

möglich

• Das Ereignis ist unwahrscheinlich, aber möglich.

Unwahrscheinlich

selten

• Es kann davon ausgegangen werden, dass das Ereignis nicht eintreten wird.

sehr selten unwahrscheinlich

Tabelle 5: Qualitative Einschätzung der Wahrscheinlichkeit für einen Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen

8.2.2 Einschätzung der physikalischen Folgen eines ungeplanten oder unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen (Stufe 2) Die physikalischen Folgen eines unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen in einem Munitionsdepot lassen sich einschätzen, indem die entsprechende in der IATG 01.80 Formulae for ammunition management (Formeln für die Verwaltung von Munition) (Punkt 6.2) aufgeführte Gleichung verwendet wird. Damit können aufgrund der bekannten Explosivstoffmasse und des Abstands von einem potentiellen Gefahrenherd zu einem zu schützenden Objekt Druck- und Stoßwelle bestimmt werden. Durch Versuche wurden Grenzwerte für den Stoßdruck hinsichtlich der Auswirkungen auf den Menschen festgelegt (Gehörschäden bei 34,5 Kilopascal, Lungenschäden bei 207 Kilopascal und Tod bei 690 Kilopascal) 25 und so lässt sich, wenn die Bevölkerungs24

Die Umrechnung der Wahrscheinlichkeit in eine „prozentuale Wahrscheinlichkeit“ stellt keine bew ährte statistische oder mathematische Vorgehensweise dar, sie ist jedoch hilfreich, w enn es darum geht, Politiker, die Bevölkerung und Entscheidungsträger ohne technischen Hintergrund über Risiken zu informieren und aufzuklären. 25 Estimate of Mans [sic!] Tolerance to the Direct Effects of Air Blast (Geschätzte menschliche Toleranz für die unmittelbaren Auswirkungen von Luftstoßwellen), Bowen, Oktober 1968.

24

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dichte innerhalb der entsprechenden Reichweiten bekannt ist, eine Schätzung der Gesamtzahl der Toten und Verletzten ableiten. Alternativ kann auch das ESTC Outdoor Blast Model (Modell des Ausschusses für Explosivstoffe, Lagerung und Transport für Explosionen im Freien) verwendet werden (beide unter Punkt 11.2 in der IATG 01.80 Formeln für die Verwaltung von Munition). Auf ähnliche Weise können die Auswirkungen von Druckwellen auf Gebäude innerhalb und außerhalb des Umkreises von Munitionsdepots geschätzt werden (Punkt 10 in der IATG 01.80 Formeln für die Verwaltung von Munition). 8.2.3 Einschätzung des individuellen Risikos (Stufe 2) Risiko ist definiert als „Wahrscheinlichkeit x Auswirkung“. Liegen nationale Daten über alle Unfallarten vor, kann das individuelle Todesfallrisiko (IR Todesfal l ) (Tabelle 6) infolge einer unerwünschten Explosion mit dem akzeptierten „vertretbaren Risiko“ bei anderen Tätigkeiten oder industriellen Prozessen verglichen werden. Unter Punkt 4 wurde das jährliche individuelle Todesfallrisiko definiert als: IRTodesfall = jährliches individuelles Todesfallrisiko IR Todesfall → (W E) x (W Todesfall/Zw ischenfall ) x E W

W E = Zwischenfälle pro Jahr W Todesfall/Zwischenfall = Wahrscheinlichkeit eines Todesfalls 26 E W = Wahrscheinlichkeit der Gefährdungsexposition

Tabelle 6: Jährliches individuelles Todesfallrisiko (IR Todesf all )

Werden zum Beispiel die geschätzten Daten von Punkt 8.2.1 auf ein zu schützendes Objekt angewendet, das sich innerhalb des entsprechenden Schutzabstands 27 für einen tödlichen Stoßdruck an einem solchen Objekt (d. h. außerhalb eines zivilen Gebäudes) befindet, wenn sich dort ein unerwünschter Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen ereignet, kann das individuelle Risiko an diesem Gebäude wie folgt eingeschätzt werden: • • • •

W E (Zwischenfälle pro Jahr) = 2,4 x 10-2 W Todesfall/Zwischenfall = Wahrscheinlichkeit eines Todesfalls = 0,99 E W = Wahrscheinlichkeit der Gefährdungsexposition = 0,0833 (bei der Annahme, dass sich eine Person zwei Stunden außerhalb ihres Hauses aufhält) 28 IRTodesfall = 2,4 x 10-2 x 0,99 x 0,0833 = 1,98 x 10-3 (0,20 %)

26

Für eine Person, die der Gefährdung ständig ausgesetzt ist. Siehe IATG 02.20 Schutzabstände und Einzelentfernungen. 28 Für Personen, die sich innerhalb des Gebäudes aufhalten, muss dieses Verfahren parallel zu den unter Punkt 10 und 11.3 der IATG 01.80 Formeln für die Verw altung von Munition angew andt werden. 27

25

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Eine andere qualitative Einstufung des Risikos wird in Tabelle 7 dargestellt: Beschreibung

Qualitative Definition

Katastrophales Ausmaß

• Unerwünschter Zwischenfall, der zu einer großen Anzahl von Toten bzw. Schwerverletzten bzw. zu erheblichen Verlusten oder Schäden an wichtiger Ausrüstung oder Infrastruktur führt

Erhebliches Ausmaß

• Unerwünschter Zwischenfall, der zu einigen Toten bzw. Schwerverletzten bzw. zu erheblichen Verlusten oder Schäden an wichtiger Ausrüstung oder Infrastruktur führt

Geringes Ausmaß

• Unerwünschter Zwischenfall, der zu leichten Verletzungen führt und geringfügige Auswirkungen auf Ausrüstung und Infrastruktur hat Tabelle 7: Qualitative Einstufung des Risikos

8.2.4 Qualitativer Risikoindex Durch eine Kombination der qualitativen Einschätzungen aus den Tabellen 5 und 7 kann ein qualitativer Risikoindex entwickelt werden, der in Tabelle 8 dargestellt ist: Wahrscheinlichkeit

Gefährdungsstufe Katastrophal

Erheblich

Gering

Wahrscheinlich

hoch

hoch

mittel

Gelegentlich

hoch

mittel

niedrig

Unwahrscheinlich

mittel

mittel

niedrig

Tabelle 8: Qualitativer Risikoindex

9. Risiko- und ALARP-Bewertung Das Ziel einer Risikobewertung besteht darin, die geschätzten Auswirkungen in Bezug auf die Anzahl der Toten und Verletzten, finanziellen Kosten und politischen Folgen eines unerwarteten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen gegen das in einer Gesellschaft hinnehmbare Maß abzuwägen. Wird das Risiko als akzeptabel beurteilt, sind keine Abhilfemaßnahmen erforderlich. Allerdings sollte auch geprüft werden, ob das Risiko so niedrig wie vernünftigerweise praktikabel ist (ALARP).

26

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Eine mögliche Methode, das geschätzte IR Todesfall im Verhältnis zum vertretbaren Risiko in einer bestimmten Gesellschaft zu bewerten, ist der Vergleich mit anderen IR Todesfall , die für andere Ereignisse vorliegen, z. B. 1. Tote durch Verkehrsunfälle, 2. Tote durch industrielle Verfahren oder 3. Tote aufgrund von Krankheiten etc. 29 Wird das Risiko nicht als akzeptabel beurteilt, sollten angemessene Abhilfemaßnahmen getroffen werden, um das Risiko zu mindern (siehe Punkt 10).

10. Risikominderung Zur Minderung des geschätzten Risikos eines ungeplanten oder unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen in einem Munitionslagerbereich sollte eine oder eine Kombination der folgenden Maßnahmen ergriffen werden: a) Eine Reduzierung der Munitionslagerbestände innerhalb des Lagerbereichs für Munition und Explosivstoffe, bis angemessene geschätzte Stoßdruckwerte am zu schützenden Objekt erreicht werden (Stufe 1) b) Eine Vergrößerung der Schutzabstände zwischen dem Gefahrenherd und dem zu schützenden Objekt, bis vertretbare Stoßdruckwerte am Objekt erreicht werden (Stufe 1) c) Verbesserungen der baulichen Infrastruktur des Munitionslagers, um vertretbare geschätzte Stoßdruckwerte am zu schützenden Objekt zu erreichen (Stufe 2 und 3) 30 d) Die Einführung von wirksamen Munitionsüberwachungs- und -nachweissystemen, damit festgestellt wird, wenn sich der Zustand von Munition und Treibladungen so verschlechtert hat, dass eine gefährliche Situation vorliegt (siehe IATG 07.20 Surveillance and Proof (Überwachung und Prüfung) (Stufe 3) e) Schließung des Munitionsdepots und Verlagerung der Bestände in ein Munitionsdepot mit freien Kapazitäten (Stufe 1) f) Die wahrscheinlichen Auswirkungen des geschätzten Risikos auf die örtliche Bevölkerung werden offiziell auf der entsprechenden politischen Ebene akzeptiert. (Stufe 1)

11. Risikoakzeptanz (Stufe 1) Kriterien für die Risikoakzeptanz ergeben sich aus drei Faktoren: a) Risikowahrnehmung in der betreffenden Gesellschaft und damit die konkrete Definition des „vertretbaren Risikos“ b) Potentielle wirtschaftliche Kosten und Verluste infolge eines unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen (darunter folgende: 1. Kosten für die Kampfmittelbeseitigung, 2. Kosten für den Wiederaufbau (von öffentlichen und zivilen Gebäuden), 3. Entschädigungszahlungen für Verletzte und 4. Kosten für Ersatzmunition). Unter Umständen ist eine Kosten-Nutzen-Analyse erforderlich,

29

Nach Ländern aufgeschlüsselte Informationen hierzu sind über die Datenbank der Informationsstatistik der Weltgesundheitsorganisation (WHO Statistical Information System, WHOSIS) erhältlich. Die erreichte Stufe hängt vom Grad der Verbesserung ab.

30

27

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bevor das Risiko von offizieller Seite akzeptiert werden kann, da eine solche Analyse einen Einfluss auf das vertretbare Risiko haben und somit eine Wiederholung des Verfahrens der Risikobeurteilung erforderlich machen könnte (siehe Punkt 15). c) Umweltbelastung Ist das vertretbare Risiko erreicht, ggf. untermauert durch eine Kosten-Nutzen-Analyse, sollten dieses Risiko und das Restrisiko offiziell von der zuständigen Stelle in der Dienststelle für die Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition akzeptiert werden. Für die Lagerung von Munition sollte dies üblicherweise durch die Erteilung einer Zulassung für Munition und Explosivstoffe für den Munitionslagerbereich erfolgen (siehe IATG 02.30 Licensing of explosive storage areas (Zulassung von Einrichtungen für Munition und Explosivstoffe)). Ist das vertretbare Risiko nicht erreicht und werden keine Mittel zur Verfügung gestellt, um das vertretbare Risiko kurzfristig zu erreichen, sollte das Restrisiko von der Stelle, die für die Zuweisung von Mitteln an die Dienststelle für die Verwaltung von Lagerbeständen zuständig ist, offiziell und schriftlich akzeptiert werden. Sofern Maßnahmen für die Erreichung des vertretbaren Risikos ermittelt wurden, handelt es sich bei der Eliminierung des Restrisikos nunmehr um eine Frage der Zuweisung von Mitteln und nicht der fehlenden Fachkenntnisse. Falls sich die für die Zuweisung von Mitteln zuständige Stelle weigert, das Risiko offiziell und schriftlich zu akzeptieren, sollte die Angelegenheit der nächsthöheren behördlichen Ebene vorgelegt werden, damit eine Einigung erzielt wird. Auf dieser Ebene handelt es sich dann um eine politische Entscheidung, entweder die erforderlichen Mittel freizugeben oder das Risiko offiziell schriftlich zu akzeptieren. Eine offizielle Akzeptanz des Risikos beinhaltet die Übernahme von persönlicher Verantwortung für den Fall, dass es in der Zukunft zu einem Zwischenfall kommt. Daher ist es wahrscheinlich, dass die Frage der Risikoakzeptanz bisweilen auf recht hoher behördlicher und politischer Ebene behandelt wird. Dadurch wird die Übernahme von Verantwortung sichergestellt, wenn sich in der Zukunft ein unerwünschter Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen ereignen sollte, da die Politiker die Folgen ihrer Entscheidung, nicht ausreichend Mittel zur Erreichung des vertretbaren Risikos bereitzustellen, akzeptiert haben sollten. Dieses Verfahren sollte jedes Jahr während der Haushaltsplanungen der Dienststelle für die Verwaltung von Lagerbeständen stattfinden.

12. Risikokommunikation (Stufe 1) Bei der Risikokommunikation handelt es sich um ein interaktives Verfahren des Austausches von Informationen und Meinungen über das Risiko unter Risikobewertern, Risikomanagern und anderen Beteiligten, zu denen auch Vertreter aus dem örtlichen zivilen Umfeld, das möglicherweise von dem Risiko betroffen ist, gehören können. Die Risikokommunikation stellt einen wesentlichen und ständigen Teil des Risikomanagementverfahrens dar, und im Idealfall sollten von Anfang an alle Beteiligten einbezogen werden. Durch die Risikokommunikation werden die Beteiligten über die Ergebnisse der Risikobeurteilung, die Logik, die der Risikoanalyse zugrunde liegt, und die ergriffenen Maßnahmen zur Beseitigung des Risikos und der Sicherstellung eines vertretbaren Risikos informiert. 28

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Die Ermittlung von bestimmten Interessengruppen und ihren Vertretern sollte Bestandteil einer Gesamtstrategie für die Risikokommunikation sein. Eine solche Strategie sollte bereits frühzeitig von Risikomanagern diskutiert und festgelegt werden, damit eine wechselseitige Kommunikation sichergestellt wird. Im Rahmen dieser Strategie sollte auch entschieden werden, durch wen und auf welche Weise die Öffentlichkeit informiert wird. Mithilfe der Risikokommunikationsstrategie sollte auch das Sicherheitsempfinden sowohl des Personals im Munitionsdepot als auch der örtlichen Bevölkerung verbessert werden.

13.

Verfahren der Risikoeinschätzung

Das zur Risikoeinschätzung verwendete Verfahren sollte leicht vermittelbar sein, auch wenn die dafür verwendeten Formeln komplex sind. Manchmal besteht Skepsis gegenüber Risikobeurteilungen, weshalb sich der Aufwand lohnen kann, leicht nachvollziehbare Erklärungen zu entwickeln. Damit ist nicht gemeint, dass einfache, aber ungenaue Methoden ausgewählt werden sollten. Stattdessen soll hervorgehoben werden, dass sich die Zeit, die für die Entwicklung einer klaren, nachvollziehbaren Analyse und Erklärung investiert wird, lohnt. Kann ein Verfahren nicht erklärt und gemäß den anerkannten Grundsätzen von Wissenschaft und Technologie der Explosivstoffe begründet werden, wird es unter Umständen nicht von allen Beteiligten akzeptiert werden. Kann kein Konsens erzielt werden, hat das Verfahren vor einem Gericht möglicherweise keinen Bestand. 13.1

Prüfungen (Stufe 3)

Gibt es nicht ausreichend leicht verfügbare Daten, sollte in großem oder kleinerem Umfang ein physikalischer Test durchgeführt werden, um spezifische Daten zu Zwischenfällen zu erhalten, die selten vorkommen oder unzulänglich erfasst wurden. Solche Tests sind in Bezug auf unerwünschte und ungeplante Zwischenfälle mit Munition und Explosivstoffen in Munitionslagerbereichen sehr kostenintensiv und sie werden selten und in der Regel auf bilateraler Basis durchgeführt. Glücklicherweise stehen die Ergebnisse früherer Tests zur Verfügung. 31 Sie bilden die Grundlage für die empfohlenen Schutzabstände, die in vielen internationalen Leitfäden32 genannt werden. 13.2

Schutzabstände (Stufe 2)

Der Einsatz von Schutzabständen, um angemessene Sicherheitsabstände zwischen potentiellen Gefahrenherden und Bereichen, die den Auswirkungen einer Explosion ausgesetzt sind (zu schützende Objekte) zu entwickeln, ist in vielen Dienststellen für die Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition gängige Praxis. Die IATG 02.20 Quantity and Separation Distances (Schutzabstände und Einzelentfernungen) enthält ausführlichere Informationen über die Anwendung dieses Verfahrens und die jeweils zu verwendenden Abstände. Die Modelle für die Bewertung von Schutzabstandskriterien sind so ausgelegt, dass sie zu sicheren Ergebnissen führen, denn so wird das Vertrauen geschaffen, dass die Auswirkungen einer Explosion nicht unterschätzt werden. Da die Auswirkungen von unbe31

Einschließlich Tests, die in großem Umfang in den vergangenen 40 Jahren in Australien im Auftrag und auf Grundlage der Zusammenarbeit von mehreren Regierungen durchgeführt wurden. NATO AASPT-1, UK MSER etc.

32

29

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absichtigten Explosionen in Munitionslagerbereichen von vielen Faktoren abhängen, die in einem Modellversuch nicht alle genau dargestellt werden können, bestehen bei der praktischen Anwendbarkeit der Kriterien für die Schutzabstände immer Einschränkungen. Auch wenn die Anwendung von Schutzabstandskriterien relativ einfach ist, kann ein angemessenes Schutzniveau nur für weit gefasste Kategorien wie Gefahrenherde und zu schützende Objekte formuliert werden. Bauweise, baulicher Zustand, Topographie etc. sind variable Faktoren, so dass anhand der Kriterien nur für Gebäudearten, für die Daten vorliegen, Schutzabstände genau eingeschätzt werden können. Es ist nicht immer möglich, die Einzelentfernungen, die gemäß der Schutzabstände gefordert werden, umzusetzen. In einem solchen Fall sollte eine Analyse der Auswirkungen einer Explosion in Betracht gezogen werden. 13.3

Analyse der Auswirkungen einer Explosion (Stufe 2)

Die Analyse der Auswirkungen einer Explosion kann definiert werden als ein strukturiertes Verfahren, bei dem mithilfe von Wissenschaft und Technologie der Explosivstoffe das potentielle Risiko für Personen und Sachwerte durch Spreng-und Splitterwirkungen bei einem unerwünschten Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen wissenschaftlich belegt wird. Eine solche Analyse kann ein wesentlicher Bestandteil der Risikoanalyse im Rahmen einer quantitativen bzw. qualitativen Risikobeurteilung sein. Hierbei sollten die entsprechenden wissenschaftlichen Formeln der IATG 01.80 Formeln für die Verwaltung von Munition verwendet werden. Eine Analyse der Auswirkungen einer Explosion sollte Folgendes zum Ziel haben: a) Betrachtung eines realistischen Szenarios einer Explosionsgefahr b) Einschätzung der Auswirkungen der Explosion auf Personen und Bauwerke in der näheren Umgebung c) Aufzeigen von besonders gefährdeten Risikobereichen, in denen besondere Schutzmaßnahmen erforderlich sein könnten Ein Beispiel für ein einfaches Verfahren zur Analyse der Auswirkungen einer Explosion befindet sich in Anhang E. In einer ausführlicheren Analyse sollten auch die folgenden äußeren Gefahren und Faktoren, die einen Einfluss auf die Häufigkeit von Zwischenfällen haben, berücksichtigt werden: a) Blitzeinschläge, wenn kein Blitzschutz gemäß IATG 05.40 Safety standards for electrical installations (Sicherheitsstandards für elektrische Anlagen) vorhanden ist b) Überschwemmungen, wenn sich die Einrichtung für Munition und Explosivstoffe in einer als Überschwemmungsgebiet bekannten Region befindet c) Flugzeugabsturz, wenn sich die Einrichtung für Munition und Explosivstoffe in der Nähe von zivilen Flugrouten oder in einem Gebiet befindet, in dem ein hohes Aufkommen von leichten Luftfahrzeugen besteht d) Nähe zu gefährlichen Anlagen, wenn sich die Einrichtung für Munition und Explosivstoffe z. B. in der Nähe von oder in Erdöllagern oder Stätten zur Entsorgung von Munition befindet

30

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

e) Mutwillige Zerstörung, wenn die Gefahr von Sabotage oder terroristischen Angriffen besteht f) Explosionsübertragung, wenn der Schutzabstand zwischen Gefahrenherden unzureichend ist und eine Explosion innerhalb eines Gefahrenherdes Explosionen in nahegelegenen Gefahrenherden auslöst Die IATG-Software enthält eine automatisierte Analyse der Auswirkungen einer Explosion, für die lediglich leicht verfügbare Eckdaten eingegeben werden müssen. 33 Nähere Informationen über die IATG-Software befinden sich in Anhang F. 13.4

Sicherheitsnachweise (Stufe 2)

Ist eine vollständige Einhaltung von äußeren und inneren Schutzabständen beim Bau von vorübergehenden Munitionslagereinrichtungen (siehe IATG 04.20) nicht möglich, ist ein Sicherheitsnachweis zu erstellen. Damit wird sichergestellt, dass das vorhandene Explosionsrisiko so niedrig wie möglich und die Einsatzfähigkeit nicht gefährdet ist und dass Schutz- und Sicherheitsanforderungen sowie die Sorgfaltspflicht angemessen berücksichtigt werden. Es gibt Fälle, insbesondere nach der Beendigung von Konflikten, in denen aufgrund der humanitären Erfordernisse viele unterschiedliche Stellen in beratenden oder betrieblichen Funktionen an der Verwaltung von Lagerbeständen an Munition beteiligt sind. Hier ist es äußerst erstrebenswert, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Format für Sicherheitsnachweise verwenden, das die Anforderungen der IATGs berücksichtigt. Ein solches Format befindet sich in Anhang G. Sicherheitsnachweise sind ausschließlich von entsprechend qualifiziertem Personal mit Erfahrung im Munitionssicherheitsmanagement zu erstellen.

14. Unsicherheiten bei der Risikoeinschätzung Bei der Risikoeinschätzung zur Vorhersage von Auswirkungen von Zwischenfällen mit Munition und Explosivstoffen sind Unsicherheiten aufgrund der Vielfalt der Variablen unvermeidbar. Annahmen, die während eines Verfahrens getroffen werden, sollten ebenso wie Datenquellen klar benannt werden. Möglicherweise können auch Fehlerwahrscheinlichkeiten und statistische Sicherheiten berücksichtigt werden, doch hierfür ist ein Zugriff auf statistische Daten erforderlich, die nicht immer verfügbar sind. Es kann sein, dass Unsicherheiten bei einer Wahrscheinlichkeit von Zwischenfällen (siehe das Beispiel unter Punkt 8.2.3) den Faktor 2 oder 3 oder sogar 10 besitzen. Aus mathematischer Sicht wäre ein solcher Faktor zum Beispiel bei einer Haushaltsplanung nicht wünschenswert, im Rahmen der Risikoeinschätzung kann er jedoch akzeptabel sein. Zur Erläuterung: Viele Länder akzeptieren für Arbeitskräfte in Industrieprozessen ein individuelles Todesfallrisiko IRTodesfall , das sich im Bereich von 1 x 10-5 bis 1 x 10-6 bewegt. Wenn also ein IR Todesfall für einen unerwünschten Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen auf 1 x 10-3 geschätzt wird, wäre dies eindeutig kein vertretbares Risiko, da es um zwei bis drei Zehnerpotenzen von dem in diesen Ländern gesellschaftlich akzeptierten Risikoniveau abweicht. 33

Verschiedene Länder haben komplexere Systeme entw ickelt. Dazu gehören AMMORISK (Norw egen und Schw eiz), AUSRISK (Australien), NOHARM (Vereinigte Staaten von Amerika), RISKWING (Großbritannien), SAFER (Vereinigte Staaten von Amerika). Betroffene Staaten sollten prüfen, ob es möglich ist, diese Systeme im Zuge bilateraler Unterstützungsmaßnahmen zu erhalten.

31

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Die Risikoeinschätzung ist ein wirksames Instrument, das genutzt werden kann, um eine sichere Lagerung von konventioneller Munition zu erreichen. Sie sollte jedoch mit Bedacht und von Personen eingesetzt werden, die die Gefahren kennen und über ausreichend fachliche Erfahrung verfügen, um beurteilen zu können, ob die Ergebnisse unwahrscheinlich sind. Das Verfahren ist nicht präzise und die Ergebnisse stellen Näherungswerte dar, doch es hat sich auf dem Gebiet der Sprengtechnik bewährt und führt zu einer erheblichen Erhöhung der Explosionssicherheit.

15. Kosten-Nutzen-Analyse (Stufe 2) 15.1 Erwarteter Geldwert (Stufe 2) Ein mögliches Verfahren der Kosten-Nutzen-Analyse, mit dem die Kosten für Abhilfemaßnahmen und die Kosten eines unerwünschten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen in einem Munitionslagerbereich gegenübergestellt werden können, ist die Berechnung des erwarteten Geldwerts (Expected Monetary Value, EMV). 34 Es handelt sich hierbei um ein Verfahren, das häufig in der Versicherungsbranche angewandt wird. In Tabelle 9 werden die voraussichtlichen Kosten, die nach einer unerwünschten Explosion in einem Munitionsdepot anfallen, beispielhaft dargestellt. Es werden die drei folgenden Szenarien betrachtet: a) Ein kleiner Brand mit den Folgen: 1. Schäden an den Munitionsbeständen und 2. begrenzte Infrastrukturschäden. b) Ein Großbrand, der kleinere Explosionen auslöst, mit den Folgen: 1. Vernichtung von Munitionsbeständen, 2. Zerstörung des Munitionslagerhauses, 3. begrenzte Schäden in anderen Depotbereichen, 4. begrenzte Kontamination des Munitionsdepots mit nicht zur Wirkung gelangten Kampfmitteln (UXOs), 5. geringfügige Personenschäden in der Zivilbevölkerung und 6. geringfügige Schäden an zivilen Sachgütern außerhalb des Munitionsdepots. c) Ein Großbrand, der schwere Explosionen auslöst, mit den Folgen: 1. Zerstörung des Munitionslagerhauses, 2. Zerstörung umliegender Munitionslagerhäuser, 3. Vernichtung eines erheblichen Teils der Munitionsvorräte des Munitionsdepots, 4. erhebliche Kontamination mit UXOs außerhalb des Munitionslagerbereichs, 5. Tote und Verletzte unter der Zivilbevölkerung, 6. Zerstörung und Beschädigung von zivilen Sachgütern außerhalb des Munitionsdepots. Da die volkswirtschaftlichen Kosten in verschiedenen Regionen der Welt sehr unterschiedlich sind, können keine konkreten Zahlen genannt werden, aber es ist möglich, die Größenordnung der Kosten darzustellen (in Tabelle 9 mit „x“).

34

Quelle für das Konzept für den Einsatz von EMV: Keeley R.: The Economics of Landmine Clearance (Die Wirtschaftlichkeit der Räumung von Landminen). www.dissertation.de. 2006.

32

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Kosten für den Zwischenfall (x €) Kostenbereich

Kleiner Brand (keine Explosion)

Kosten für Kampfmittelbeseitigung Instandsetzungskosten (Munitionsdepot) Instandsetzungskosten (zivile Gebäude) Wiederaufbaukosten (Munitionsdepot) Wiederaufbaukosten (zivile Gebäude) Entschädigungskosten Kosten für Ersatzmunition Kosten für Ausbildung von Personal (neues Personal) Gesamtkosten

Großbrand (kleinere Explosion)

Großbrand (Massenexplosion)

x

xx

xxxxx

xx

xxxx

xxxxx

x

xxxx

xxxx

xxxxx

xx

xxx

xxx

x xxxx xx

xxxx xxxxx xxxx

8x

18 x

35 x

Tabelle 9: Größenordnungen der erwarteten Geldwerte für Zwischenfälle mit Munition und Explosivstoffen

In Tabelle 10 werden beispielhafte Kosten für mögliche Maßnahmen zur Risikominderung aufgeführt, die ergriffen werden sollten, um die Wahrscheinlichkeit einer unerwarteten Explosion in einem Munitionsdepot zu verringern. Aufgrund der erheblichen Unterschiede bei den volkswirtschaftlichen Kosten in verschiedenen Regionen der Welt ist es auch hier nicht möglich, konkrete Zahlen zu nennen, allerdings kann die Größenordnung der Kosten dargestellt werden (in Tabelle 10 mit „y“).

35

Bei Ausbreitung des Feuers von einem Munitionslagerhaus zum nächsten.

33

35

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Zwischenfallbezogene Risikominderungskosten (y €) Kostenbereich

Kleiner Brand (keine Explosion)

Stabile Lagerhäuser für Munition und Explosivstoffe 37 Traversen38 Jährliche Instandhaltung von Munitionslagerhäusern und Traversen Wirksame Brandschutzausrüstung Kosten für die Beseitigung von Pflanzenbewuchs Wirksame Ausbildungsmaßnahmen für Personal Wirksame Verfahren im Munitionsdepot Wirksame Maßnahmen gegen Abzweigung Gesamtkosten

Großbrand (kleinere Explosion)

Großbrand (Massenexplosion)

yyy

yyyyy

y

yy y

yy y

y

yy

yy

y

y

y

y

yy

yyy

y

y

y

y

y

y

6y

13 y

16 y

36

Tabelle 10: Größenordnungen der erwarteten Geldwerte für Maßnahmen zur Risikominderung

Bei der Analyse des erwarteten Geldwerts wird eine Gewinn- und Verlustmatrix verwendet, um die jährlichen Kosten zu schätzen, die anfallen, wenn Abhilfemaßnahmen ergriffen oder nicht ergriffen werden. Die erwarteten Geldwerte (EMV) werden wie folgt berechnet: EMV (€) = (Kosten für ergriffene oder nicht ergriffene Abhilfemaßnahmen x W Zwischenfall ) + (Kosten für ergriffene oder nicht ergriffene Abhilfemaßnahmen x W kein Zwischenfall ) Ein Beispiel für die Verwendung von EMV-Zahlen für ein tatsächlich existierendes Munitionsdepot, in dem durch einen Brand eine Explosion ausgelöst wurde, wird in Anhang H erklärt. In diesem Beispiel wird das in den Tabellen 9 und 10 vorgestellte Szenario Großbrand/Massenexplosion behandelt.

36 37 38

Bei Ausbreitung des Feuers von einem Munitionslagerhaus zum nächsten. Kosten für Erstbeschaffung und Neubau. Kosten für Erstbeschaffung und Neubau.

34

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Anhang A (Normative) Bezugsdokumente

Die nachfolgend aufgeführten normativen Bezugsdokumente enthalten Bestimmungen, die aufgrund von Verweisen im Text auch Bestimmungen dieses Teils des Leitfadens sind. Für datierte Dokumente haben später geänderte oder überarbeitete Fassungen keine Gültigkeit. Allerdings sollten Parteien von Übereinkünften, die auf diesem Teil des Leitfadens basieren, die Möglichkeit einer Anwendung der neuesten Fassungen der unten aufgeführten normativen Bezugsdokumente prüfen. Bei undatierten Bezugsdokumenten findet die neueste Fassung des genannten Dokuments Anwendung. Mitglieder der ISO führen Verzeichnisse über derzeit geltende ISO oder EN: a) IATG 01.40:2015[E] Terms, glossary and definitions (Begriffe, Glossar und Definitionen). UNODA, 2015. b) IATG 01.80:2015[E] Formulae for ammunition management (Formeln für die Verwaltung von Munition). UNODA, 2015. c) IATG 02.20:2015[E] Quantity and separation distances (Schutzabstände und Einzelentfernungen). UNODA, 2015. d) ISO-Guide 51:2014 Safety aspects – Guidelines for their inclusion in standards (Sicherheitsaspekte – Leitlinien für deren Aufnahme in Normen). ISO, 2014. e) Selection and use of explosion effects and consequence models for explosives (Auswahl und Einsatz von Modellen zu den Auswirkungen von Explosionen von Munition und Explosivstoffen). (ISBN 07176 1791 2). Health and Safety Executive. UK, 2000. 39 Es sollte jeweils die neueste Fassung/Ausgabe dieser Referenzdokumente verwendet werden. Das Büro der Vereinten Nationen für Abrüstungsfragen (UNODA) verfügt über Kopien aller Referenzdokumente, die in diesem Leitfaden verwendet werden. 40 Das UNODA führt ein Verzeichnis der neuesten Fassung/Ausgabe der Internationalen technischen Leitlinien für Munition, welches auf der Internetseite der IATG unter www.un.org/disarmament/un-saferguard/ eingesehen werden kann. Nationale Behörden, Arbeitgeber und andere betroffene Stellen und Organisationen sollten sich Kopien beschaffen, bevor sie mit der Entwicklung eines Programms zur Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition beginnen.

39 40

Erhältlich bei http://books.hse.gov.uk. Sofern das Urheberrecht es zulässt.

35

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Anhang B (Informative) Bezugsdokumente

Die nachfolgend zu Informationszwecken aufgeführten Dokumente enthalten Regelungen, die als weitere Hintergrundinformationen zum Inhalt dieses Leitfadens ebenfalls zu Rate gezogen werden sollten: a) Explosion Hazards and Evaluation (Explosionsgefahren und Bewertung). W. E. Baker et al. Elsevier. (ISBN 0 444 42094 0). Amsterdam 1983. b) IATG 02.30:2015[E] Licensing of explosive storage areas (Zulassung von Einrichtungen für Munition und Explosivstoffe), UNODA, 2015. c) AASTP-3, Edition 1, Change 3, Manual of NATO Safety Principles for the Hazard Classification of Military Ammunition and Explosives (Handbuch der NATO-Sicherheitsgrundsätze für die Einteilung militärischer Munition und Explosivstoffe in Gefahrklassen). NATO, August 2009. d) AASTP-4, Edition 1, Change 2, Explosives Safety Risk Analysis (Risikoanalyse für die Sicherheit von Munition und Explosivstoffen), NATO, Oktober 2011 (Anmerkung: Teil 2 ist eingestuft). e) AASTP-5, Edition 1, Version 2, NATO Guidelines for the Storage, Maintenance and Transport of Ammunition on Deployed Missions or Operations (NATO-Richtlinien für die Lagerung, Materialerhaltung und den Transport von Munition bei Einsätzen oder Operationen), NATO, Oktober 2012. f) Technical Paper 14, Approved Methods and Algorithms for DoD Risk-Based Explosives Siting (Zulässige Verfahren und Algorithmen für die risikobasierte Standortwahl für Munition und Explosivstoffe durch das US-Verteidigungsministerium), Revision 4. Department of Defense Explosives Safety Board, Alexandria, Virginia, USA, 21. Juli 2009. g) Technical Paper 23, Assessing Explosives Safety Risks, Deviations, and Consequences (Beurteilung der Sicherheitsrisiken von Munition und Explosivstoffen, Abweichungen und Auswirkungen), Department of Defense Explosives Safety Board, Alexandria, Virginia, USA, 31. Juli 2009. Es sollte jeweils die neueste Fassung/Ausgabe dieser Referenzdokumente verwendet werden. Das Büro der Vereinten Nationen für Abrüstungsfragen (UNODA) verfügt über Kopien aller Referenzdokumente, die in diesem Leitfaden verwendet werden. 41 Das UNODA führt ein Verzeichnis der neuesten Fassung/Ausgabe der Internationalen technischen Leitlinien für Munition, welches auf der Internetseite der IATG unter www.un.org/disarmament/un-saferguard/ eingesehen werden kann. Nationale Behörden, Arbeitgeber und andere betroffene Stellen und Organisationen sollten sich Kopien beschaffen, bevor sie mit der Entwicklung eines Programms zur Verwaltung von Lagerbeständen an konventioneller Munition beginnen.

41

Sofern das Urheberrecht es zulässt.

36

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Anhang C (Zur Information) Allgemeine Auswirkungen von Explosionen C.1 Allgemeines Eine Explosion ist eine durch eine äußerst schnelle chemische Reaktion hervorgerufene plötzliche Freisetzung von Energie, durch die ein fester oder flüssiger Stoff in Hitze und Gas umgesetzt wird. Diese Reaktion ereignet sich in weniger als einer Millisekunde. Bei der Umsetzung eines festen oder flüssigen Stoffs in ein Gas findet eine Ausdehnung statt. Folglich wird bei einer Explosion das sich ausbreitende Gas extrem schnell erzeugt und die Umgebungsluft verdrängt, wodurch eine Druckwelle, die sogenannte Detonationswelle, entsteht. Ereignet sich eine Explosion am Boden, hat dies mehrere Auswirkungen, die zu Schäden und Verletzungen führen. Das Ausmaß dieser Auswirkungen hängt im Allgemeinen von der Sprengkraft sowie der Qualität und Quantität des eingesetzten Explosivstoffs ab. Die sechs wichtigsten Auswirkungen sind wie folgt: a) b) c) d) e) f)

Hitzestrahlung Brisanz oder Zertrümmerung Primärsplitter Detonationswelle Bodenerschütterung Sekundärsplitter

In den folgenden Abschnitten werden diese Auswirkungen zusammenfassend beschrieben. C.2 Hitzestrahlung Der thermische Effekt kann als „Feuerball“ beschrieben werden, der während der Explosion erzeugt wird. Er entsteht nur direkt am Ort der Explosion und dauert sehr kurz (einige Millisekunden). Die Hitzestrahlung ist besonders gefährlich für Personen, die sich in unmittelbarer Nähe der Explosion befinden (z. B. Personen in Schutzbauten), da die Hitze durch kleine Öffnungen im Bauwerk eindringen kann. Für Personen, die sich im Freien aufhalten, besteht eine größere Verletzungsgefahr durch die Detonationswelle und die Splitterwirkungen. C.3 Brisanz Brisanz ist die Zertrümmerungswirkung, die sehr stark auf das Zentrum der Explosion begrenzt ist und im Allgemeinen mit Sprengstoffen in Verbindung gebracht wird. Brisanzwirkungen können sehr schwerwiegend sein, wenn Explosivstoff unmittelbar an einem Gebäudeteil angebracht wird. Ein kleiner Luftspalt zwischen Explosivstoff und Gebäude verringert die durch die Brisanz verursachten zerstörerischen Auswirkungen.

37

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

C.4 Primärsplitter Hierbei handelt es sich um die Splitter des durch die Brisanzwirkung zertrümmerten Kampfmittels oder dessen Behältnisses, die mit großer Geschwindigkeit über weite Entfernungen geschleudert werden. Primärsplitter können sich schneller als die Detonationswelle vorwärts bewegen und in einer größeren Entfernung zu Verletzungen führen als die Detonationswelle. C.5 Detonationswelle Die Detonationswelle ist eine sich sehr schnell bewegende Hochdruckwelle, die durch das sich schnell ausbreitende Explosionsgas erzeugt wird und sich mit zunehmender Entfernung allmählich abschwächt. Die Detonationswelle kann von Oberflächen zurückgeworfen werden und sich dabei verstärken. Dies ist typischerweise zu beobachten, wenn große Kampfmittel in urbanem Gelände gezündet werden und die Druckwelle durch schmale Straßen „geleitet“ wird. Die Druckwelle kann Todesfälle und schwere Verletzungen verursachen, unter anderem Lungen- und Organschäden, geplatztes Trommelfell u. Ä. Verletzungen können außerdem dadurch entstehen, dass durch den Druck Personen bewegt (oder durch die Luft geschleudert) werden. C.6 Bodenerschütterung Die Bodenerschütterung wird durch die Brisanzwirkung der Explosion erzeugt, die den Boden am Ort der Explosion erschüttert und den Explosionskrater entstehen lässt. Die durch die Entstehung des Kraters erzeugte Druckwelle wird im Erdboden weitergeleitet und als Bodenerschütterung bezeichnet. Die Bodenerschütterung kann Schäden an unterirdischen Leitungen (z. B. Wasserleitungen, elektrischen Leitungen etc.) und unterirdischen Gebäudestrukturen hervorrufen. Nicht selten kommt es nach einem Autobombenanschlag zu einer Überschwemmung, die durch Wasserrohrbrüche verursacht wird. C.7 Sekundärsplitter Hierbei handelt es sich um die Splitter, die durch den Druck der Detonationswelle auf leicht brüchige Materialien, die diesem Druck nicht standhalten können, oder auf lose Gegenstände entstehen. Die bei der Explosion entstandenen Splitter können aufgrund der freigesetzten Energie mit großer Geschwindigkeit über weite Entfernungen geschleudert werden. Typische leicht brüchige Materialien, die Sekundärsplitter bilden, sind Glas, Dachziegel, Holz, Metallrahmen und dergleichen. Aufgrund der mittelmäßigen Widerstandsfähigkeit des menschlichen Körpers gegenüber den Auswirkungen der Detonationswelle ist die Verletzungsgefahr durch Sekundärsplitter in größerer Entfernung höher als durch die Detonationswelle. Aufgrund von Sekundärsplittern kann es zu Todesfällen und schweren Verletzungen kommen. C.8 Auswirkungen in geschlossenen Räumen Die Detonation von Explosivstoffen in Gebäuden hat schwerwiegendere Folgen als im Freien. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Detonationswelle mehrfach (von Wänden, Fußböden etc.) reflektiert werden kann, wodurch die Amplitude und die Dauer des Detonationsdrucks erhöht werden. Dadurch nimmt das Ausmaß der Schäden sowohl an Gebäuden als auch bei Personen zu. 38

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Ereignen sich Explosionen in Räumen mit stabilen Außenwänden, können die Auswirkungen noch größer sein. Dies ist auf den Einschluss der extrem heißen Gase zurückzuführen, die bei der Detonation erzeugt werden. Da sich die Gase nicht ausdehnen können, werden sehr starke Drücke/Kräfte auf den Raum ausgeübt. Je kleiner der Raum, desto höher der entstehende Druck.

39

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Anhang D (Informatives) Beispiel für ein Verfahren zur qualitativen Risikobeurteilung (Stufe 1 und 2) Teil A – Übersichtsblatt für eine allgemeine Risikobeurteilung 42 Dieses Blatt wird nach Bearbeitung der Teile B bis D zur Durchführung der Risikobeurteilung ausgefüllt. Anschließend wird es als Deckblatt und Überarbeitungsnachweis verwendet. Risikobeurteilung Nr.:

IATG-Beispiel 1

Aufgabenbeschreibung:

Entfernung von Zündern aus 152-mm-Artilleriegeschossen mit einem ferngesteuerten hydraulischen Werkzeug

Nr.

43

43

MunArbeitshaus 1

Datum:

25. August 2009

Erforderliche Abhilfemaßnahmen (zusätzlich zu bestehenden Kontrollmaßnahmen)

Ermittelte Restrisiken

1

Ausfall des hydraulischen Drucksystems für das ferngesteuerte Zünderentnahmesystem, infolgedessen defekte Schläuche

• Schutzvorrichtungen für Hydraulikschläuche

2

Elektrostatische Aufladung der Arbeiter im Munitionsarbeitshaus, dadurch Zündung von elektrischen Zünd- und Anzündmitteln und explosivem Staub

• Kontrollmaßnahmen wie für Risiko Nr. 5 festlegen

3

Verletzung durch das Heben von Packungen mit 152-mm-Artilleriegeschossen und das Entnehmen von einzelnen Geschossen aus der Verpackung

• Einbau von mechanischen Hebevorrichtungen prüfen

Unbeabsichtigtes Zünden des Geschosses bei Entfernung des Zünders durch auskristallisierte Rückstände der TNT-Sprengladung im Gewinde

• Maßnahmen wie bei Risiko Nr. 6 und 7

8**

42

Ort:

Die Risikobeurteilung w urde für eine Gruppe mit vier Personen erstellt, die in einem Munitionsarbeitshaus die Zünder aus Artilleriegeschossen entfernen. Aus Teil C.

40

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Teil B – Übersichtsblatt für eine allgemeine Risikobeurteilung In diesem Teil werden Gefährdungen und untergeordnete Gefährdungen ermittelt. Nähere Erläuterungen zu den hier ermittelten Gefährdungen werden in Teil C der Beurteilung aufgeführt. Gefährdungen Untergeordnete Gefährdungen

Mechanisch

Zugang und Umfeld

Elektrisch

Abnutzung

Elektrostatische Ladung

Schneiden

Explosiv- und Gefahrstoffe

Fehltritte, Stolpern etc.

Manuelle Handhabung

Piezoelektrische Ladung

Herunterfallende Gegenstände

Mechanisches Gerät

Sekundärsprengstoff

Abscheren

Funkenzündung

Höhe

Hebegeschirr

Stechen

Anschlüsse

Gräben

Schwere Gegenstände

Stoß

Beengte Platzverhältnisse

Transport von Explosivstoffen

Zerschmettern/Zerdrücken

Exponierte Bereiche

Transport von Gefahrgut

Drucksystem

1

2

Handhabung, Heben und Transport 3

4

Lärm und Druck

Initialsprengstoff

Strahlung und Umgebung

Abschuss

Hochfrequenzstrahlung

Einschlag

Radarstrahlung

Treibladung

Stationäre Zündung

Ionisierende Strahlung

Pyrotechnischer Stoff

Druckwelle

6

Nichtionisierende Strahlung

Weißer Phosphor

Splitterbildung

7

LaserKlasse 1

Chemikalie

Erschütterungsübertragung

5

LaserKlasse 2

Lärm

Augenreizstoff

LaserKlasse 3A

Werkzeugmaschinen

Erschütterung

Giftstoff

LaserKlasse 3B

Kavitation

Feuchtigkeit

Ätzstoff

LaserKlasse 4

41

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Gefährdungen

Mechanisch Abrieb

Elektrisch

Zugang und Umfeld

Handhabung, Heben und Transport

Explosiv- und Gefahrstoffe

Temperatur

Reizstoff

Wetter

Lacke und Lösungsmittel

Lärm und Druck

Strahlung und Umgebung

Staub Rauch

In Teil C werden nun die ermittelten Gefährdungen ausführlicher beschrieben, bestehende Schutzmaßnahmen bewertet und das Risiko eingestuft.

42

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Teil C – Übersichtsblatt für eine allgemeine Risikobeurteilung In diesem Teil werden die in Teil B ermittelten Gefährdungen genauer beschrieben und die ggf. vorhandenen Kontrollmaßnahmen bewertet. In Teil D wird anschließend das Risiko eingeschätzt und eingestuft. In diesem Teil werden Einstufungen festgelegt und die Restrisiken ermittelt. Risikobeurteilung Nr.:

IATG-Beispiel 1

Aufgabenbeschreibung:

Entfernung von Zündern aus 152-mm-Artilleriegeschossen mit einem ferngesteuerten hydraulischen Werkzeug

Nr.

44

Ort:

Einzelheiten zu den in Teil B ermittelten Gefährdungen

44

1

Ausfall des hydraulischen Drucksystems für das ferngesteuerte Zünderentnahmesystem, infolgedessen defekte Schläuche

2

Elektrostatische Aufladung der Arbeiter im Munitionsarbeitshaus, dadurch Zündung von elektrischen Zünd- und Anzündmitteln und explosivem Staub

3

Verletzung durch das Heben von Packungen mit 152-mm-Artilleriegeschossen und das Entnehmen von einzelnen Geschossen aus der Verpackung

4

5

MunArbeitshaus 1

Vorhandene Kontrollmaßnahmen

Datum:

Risikoeinstufung

• Wirksame Erst- und Wiederholungsausbildung des Personals • Aufsicht durch munitionsfachkundiges Personal • Regelmäßige Wartung der Hydraulikanlagen • Sicherstellen des Einsatzes eines Systems zur statischen Entladung beim Zugang zum Munitionsarbeitshaus • Einsatz von Kabeln zur statischen Entladung an den Handgelenken der Arbeiter • Sicherstellen der Ausbildung von Arbeitern in manuellen Hebetechniken

120

Explosion bei Verbringung von Explosivstoffen vom Munitionslagerhaus zum Munitionsarbeitshaus

• Gemäß IATG 08.10

Einwirken der Umgebungsluft auf Explosivstoff nach Entfernung der Zünder

• Betriebsbedingungen der Kategorie C • Verschließen der Geschosse unmittelbar nach Entfernung der Zünder

Aus Teil B.

43

25. August 2009

Restrisiko • Sehr hoch • Sofortiger Handlungsbedarf

45

• Hoch • Gegenmaßnahmen schnellstmöglich ergreifen

60

• Hoch • Gegenmaßnahmen schnellstmöglich ergreifen

0,3

• Hinnehmbar • Risiko hinnehmen und fortlaufend überprüfen

0

• Hinnehmbar • Risiko hinnehmen und fortlaufend überprüfen

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Nr.

44

Einzelheiten zu den in Teil B ermittelten Gefährdungen

Vorhandene Kontrollmaßnahmen

Risikoeinstufung

Restrisiko

6

Unbeabsichtigtes Zünden des Geschosses bei Entfernung des Zünders durch auskristallisierte Rückstände der TNT-Sprengladung im Gewinde

• Einsatz einer ferngesteuerten Hydraulikanlage zur Entfernung der Zünder • Abwischen des Geschossgewindes mit Azeton um sicherzustellen, dass beim Einschrauben der Verschlusskappe kein Explosivstoff eingeschlossen wird • Begrenzung des Personals im Munitionsarbeitshaus auf 4, bei Überschreitung wird die Arbeit eingestellt

0

• Hinnehmbar • Risiko hinnehmen und fortlaufend überprüfen

7

Splitterbildung aus der Geschosshülle bei Eintreten von Punkt 6

• Einsatz einer ferngesteuerten Hydraulikanlage zur Entfernung der Zünder • Ferngesteuerte Anlage zur Entfernung der Zünder hinter Panzerglas • Begrenzung des Personals im Munitionsarbeitshaus auf 4, bei Überschreitung wird die Arbeit eingestellt

0

• Hinnehmbar • Risiko hinnehmen und fortlaufend überprüfen

Unbeabsichtigtes Zünden des Geschosses bei Entfernung des Zünders durch auskristallisierte Rückstände der TNT-Sprengladung im Gewinde

• Keine

8

45

150

• Sehr hoch • Sofortiger Handlungsbedarf

Nun wird das Übersichtsblatt für eine allgemeine Risikobeurteilung in Teil A ausgefüllt. Dazu werden die Restrisiken übertragen und angemessene Abhilfemaßnahmen festgelegt.

45

Dieser Punkt w urde aufgenommen, um den Unterschied darzustellen, w enn keine Kontrollmaßnahmen ergriffen werden.

44

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Teil D – Übersichtsblatt für eine allgemeine Risikobeurteilung – Tabellen zur Einstufung des Risikos In diesem Teil werden Gefährdungen und untergeordnete Gefährdungen ermittelt. Nähere Erläuterungen zu den hier ermittelten Gefährdungen werden in Teil C der Beurteilung aufgeführt. In diesem Teil werden die Risiken beurteilt und eine Einstufung für die einzelnen Risiken berechnet. Die Einstufungen sollten anschließend in Teil C eingetragen werden (ggf. mit Anmerkungen). Risikobeurteilung Nr.:

IATG-Beispiel 1

Aufgabenbeschreibung:

Entfernung von Zündern aus 152-mm-Artilleriegeschossen mit einem ferngesteuerten hydraulischen Werkzeug

Gefährdung Nr. aus Teil C

Wahrscheinlichkeit der Exposition „W“

Maximaler Schaden/ Verlust „V“

15

Häufigkeit der Exposition „H“ 4

1 2

15

3

Ort:

MunArbeitshaus 1

Datum:

Risikoeinstufung WxHxVx A

2

Anzahl der dem Risiko ausgesetzten Personen „A“ 1

120

Unmöglich

0,0

2,5

0

1

45

Nahezu unmöglich

0,1

15

4

1

1

60

4

2

0,1

15

1

0,3

5

15

4

0

1

0

6

2

0,1

0

1

0

7 8**

2 2

0,1 5

0 15

1 1

0 150

25. August 2009

Bewertungstabellen „W“

Sehr unwahrscheinlich

„H“

0,5

„V“

Unregelmäßig Jährlich

0,1

Todesfall

15,0

0,2

8,0

Monatlich

1,0

Schwere bleibende Verletzung

Wöchentlich Täglich

1,5

Vorübergehende schwere Verletzung Schwerwiegender Knochenbruch oder schwere Krankheit Platzwunden oder leichte Krankheit

4,0

Kratzer oder Prellung

0,5

2,6

Unwahrscheinlich Möglich 50%-ige Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlich

1,0

Stündlich

4,0

2,0 5,0

Ständig

5,0

Sehr wahrscheinlich Sicher

10,0

45

8,0

15,0

„A“

2,0

1,0

1-2 Pers. 3-7 Pers. 8-15 Pers. 16-50 Pers. > 50 Pers.

1 2 4 8 12

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Risikoeinstufung

Risiko

Zeitplan für Maßnahmen

Risikoeinstufung

Risiko

0 – 0,9

Hinnehmbar

Risiko hinnehmen, aber beobachten

1,0 – 4,9

Sehr gering

5,0 – 9,9

Gering

10,0 – 49,9

Erheblich

Zeitplan für Maßnahmen

50 – 100

Hoch

Gegenmaßnahmen prüfen und Zeitplan für Umsetzung festlegen Gegenmaßnahmen prüfen und Zeitplan für Umsetzung festlegen

100 – 200

Sehr hoch

200 – 300

Extrem hoch

Tätigkeit ggf. einstellen – sofortiger Handlungsbedarf

Gegenmaßnahmen prüfen und so bald wie möglich umsetzen

300+

Nicht hinnehmbar

Tätigkeit einstellen

Gegenmaßnahmen schnellstmöglich durchführen Sofortiger Handlungsbedarf

Bei der Beurteilung dieser Werte sind die bereits bestehenden Kontrollmaßnahmen zu berücksichtigen. Nun wird das Übersichtsblatt in Teil C und Teil A ausgefüllt und sichergestellt, dass die Risikobeurteilung von den zuständigen Personen unterschrieben wird.

46

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Anhang E (Zur Information) Verfahren für eine Analyse der Auswirkungen einer Explosion (Stufe 2) Das in Tabelle E.1 nachfolgend dargestellte Verfahren für eine Analyse der Auswirkungen einer Explosion stellt lediglich ein beispielhaftes Konzept dafür da, wie eine solche Analyse durchgeführt werden kann. Das vorliegende Modell geht von einem einzigen Munitionslagerhaus aus und berücksichtigt ausschließlich die Auswirkungen auf die örtliche Bevölkerung; ein detaillierteres Modell sollte darüber hinaus auch den potentiellen Verlust der Betriebsfähigkeit einbeziehen. Eine Analyse der Auswirkungen einer Explosion für ein gesamtes Munitionsdepot ist zwar wesentlich komplexer, beruht aber auf den gleichen in Tabelle E.1 angewandten Prinzipien. Die einzelnen Phasen der Analyse werden in Tabelle E.1 unter Verwendung der Terminologie des Risikomanagements erläutert. Bei einer Analyse der Auswirkungen einer Explosion handelt es sich daher vor allem um ein Verfahren der Risikobeurteilung, denn hier erfolgen die fachlichen und wissenschaftlichen Analysen und Bewertungen, die es anschließend ermöglichen, risikobasierte Entscheidungen zu treffen. Die Analyse selbst dient nicht dazu, Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie Empfehlungen enthalten kann. Eine Analyse der Auswirkungen einer Explosion ist nicht erforderlich, wenn die in der IATG 02.20 Quantity and Separation Distances (Schutzabstände und Einzelentfernungen) genannten Anforderungen erfüllt werden können. Komponente der Risikobeurteilung Risikoanalyse (Gefahrenermittlung und -analyse)

Lfd. Nr.

Maßnahme im Rahmen der Analyse der Auswirkungen einer Explosion

1

Ermittlung der VN-Gefahrgutklasse der Munition

2

Ermittlung der Nettoexplosivstoffmasse (NEM) der Munition nach Gefahrgutklasse pro Munitionslagerhaus oder Zwischenlagerbereich Ggf. Zusammenfassung unter Gefahrgutklasse 1.1 Ermittlung des Schutzniveaus für das Munitionslagerhaus oder den Zwischenlagerbereich

3 4

47

Datenquelle • IATG 01.50 UN Explosive Hazard Classification System and Codes (Das VN-System der Gefahrgutklasseneinteilung und der Gefahrkodes für Explosivstoffe) • • • IATG 02.20 Schutzabstände und Einzelentfernungen (Art des Munitionslagerhauses) • IATG 04.20 Temporary Storage (Vorübergehende Lagerung)

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Komponente der Risikobeurteilung

Lfd. Nr. 5 6 7 8 9

Risikoanalyse (Risikoeinschätzung)

10 11 12

13 14

15 16

17

18

Maßnahme im Rahmen der Analyse der Auswirkungen einer Explosion Ermittlung des Abstands (in Metern) zur nächstgelegenen öffentlichen Straße Ermittlung des Abstands (in Metern) zum nächstgelegenen bewohnten Gebäude (in ziviler Nutzung) Ermittlung des Abstands (in Metern) zum nächstgelegenen gefährdeten Gebäude (Krankenhaus) Ermittlung des Abstands (in Metern) zu Nebengefahren Ermittlung des Munitionszustands und der Wahrscheinlichkeit einer Selbstzündung der Treibladung Ermittlung der physikalischen Auswirkungen (reflektierter Überdruck und Impuls) bei den jeweiligen Entfernungen auf die laufenden Nummern 5-8 Schätzen der Entfernungen bezüglich der Schwellenwerte für Auswirkungen auf Personen (nach Bowen) Ermittlung der Anzahl der Personen, die sich wahrscheinlich in der unter der Nummer 11 genannten Entfernung im Freien aufhalten (Hier wird die Zahl der Todesopfer durch Explosionswirkungen im Freien geschätzt) Festlegung der Entfernungen für die unter Punkt 2 ermittelte NEM, in denen unterschiedlich schwere Gebäudeschäden zu erwarten sind Ermittlung der Anzahl der Gebäude in jeder unter Nummer 13 festgelegten Schadenzone (Hier werden die durch die Detonationswelle verursachten Gebäudeschäden geschätzt.) Schätzung der Entfernung für die unter Nummer 2 ermittelte NEM, in der durch die Bodenerschütterung wahrscheinlich Schäden verursacht werden Ermittlung der Anzahl der Gebäude innerhalb des durch Bodenerschütterung gefährdeten Bereichs. Zur Vermeidung einer doppelten Wertung ist zu prüfen, ob diese Gebäude auch durch die Detonationsdruckwelle beschädigt würden. (Hier werden die durch die Bodenerschütterung verursachten Gebäudeschäden geschätzt.) Anwendung der Wahrscheinlichkeitswerte für sekundäre Explosionsverletzungen auf die Ergebnisse von Punkt 14 (Hier wird die Wahrscheinlichkeit für sekundäre Explosionsverletzungen für jedes Gebäude bestimmt.) Schätzung der Anzahl der Personen in den unter Punkt 16 ermittelten Häusern und der Wahrscheinlichkeit, dass sie den Auswirkungen der Explosion ausgesetzt werden, anschließend Schätzung der Zahl der Verletzten und Toten (Hier wird die Zahl der durch Explosionswirkungen verursachten Verletzten und Toten im Freien geschätzt.) 48

Datenquelle • Google Earth • Lagepläne oder Karten • Laserentfernungsmesser • Bandmaß • Mit Schritten abmessen • Historie • Überwachungsergebnisse • IATG 01.80, Punkt 6.2 (Verwendung der IATG-Software) • IATG 01.80, Punkt 11.2 •

• IATG 01.80, Punkt 10.1 •

• IATG 01.80, Punkt 10.3 •

• IATG 01.80, Punkt 11.3, Tabelle 36



IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Komponente der Risikobeurteilung

Lfd. Nr. 19

20

Risiko- und ALARPBewertung

21

22

Maßnahme im Rahmen der Analyse der Auswirkungen einer Explosion Schätzung des finanziellen Werts von Lagerbeständen, Wiederaufbau-/Reparaturkosten für Lagerinfrastruktur, Wiederaufbau-/Reparaturkosten für beschädigte Gebäude in ziviler Nutzung Einsetzen der unter Nummer 19 geschätzten Daten im Modell des erwarteten Geldwerts, um die wahrscheinlichen finanziellen Folgen eines Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen zu schätzen Vergleich der geschätzten vorausberechneten Todes- und Verletztenzahlen unter Nummer 12 und 18 mit den Werten für andere Betriebsunfälle. Sind die prognostizierten Zahlen vertretbar? Sind die unter Nummer 20 geschätzten finanziellen Folgen für die Regierung hinnehmbar? Falls nein, ist das Verteidigungsministerium bereit, geringere Lagerbestände zu akzeptieren? Wenn beide Fragen mit „ja“ beantwortet werden können, ist das Risiko vertretbar. Lautet die Antwort auf eine oder beide Fragen „nein“, ist das Risiko nicht vertretbar.

49

Datenquelle •

• Punkt 15.1





IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Anhang F (Zur Information) Risikomanagement und IATG-Software

Siehe Hilfsmittel zur Umsetzung der IATG unter www.un.org/disarmament/un-saferguard/.

50

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Anhang G (Zur Information) Format für einen Sicherheitsnachweis (Stufe 2) 1. Einführung Der Lagerbereich für Munition und Explosivstoffe ist zu erläutern, einschließlich einer Zusammenfassung der Gründe, warum die vollständige Einhaltung der IATG nicht möglich ist. Angaben zum Standort, zur Art der Infrastruktur und zur Gesamtzahl der Personen in der Einrichtung oder in der unmittelbaren Umgebung der Einrichtung sind ebenfalls erforderlich. 2. Analyse der Auswirkungen einer Explosion (ECA) Eine Analyse der Auswirkungen einer Explosion gemäß Anhang E der IATG 02.10 ist beizufügen. 3. Zusammenfassung der nicht eingehaltenen Vorgaben Es sind alle Vorgaben aufzuführen, die nicht eingehalten werden, mit Nennung der entsprechenden Punkte in den IATG, zum Beispiel: Der maximal mögliche äußere Schutzabstand beträgt nur 220 Meter. Dies sind 120 Meter weniger als der empfohlene äußere Schutzabstand gemäß IATG 04.10, Punkt 8.5.2, Tabelle 11. 4. Zusammenfassung der Maßnahmen zur Gefahrenminderung Es sind alle Maßnahmen zur Gefahrenminderung aufzuführen, die ergriffen wurden, um das Risiko zu reduzieren. Diese Maßnahmen sollten den Vorgaben, die nicht eingehalten werden können, gegenübergestellt werden. 5. Restrisiken Für jede nicht eingehaltene Vorgabe sind die Restrisiken anzugeben, zum Beispiel: Die benötigte Lagermenge von 35.000 Kilogramm der Gefahrgutklasse 1.1 bedeutet, dass die im Fall einer unerwünschten Explosion verursachte Überdruckstoßwelle in einer Entfernung von 220 Metern 41,8 Kilopascal beträgt. Dies überschreitet den Grenzwert von 34,5 Kilopascal, bei dem ein dauerhafter Hörschaden zu erwarten ist (in einer Entfernung von 249 Metern). In der Regel arbeiten 40 Personen in einer Entfernung zwischen 220 und 249 Metern, die von einem dauerhaften Hörschaden betroffen wären. 6. Wahrscheinlichkeit eines Zwischenfalls Bei der Erstellung des Sicherheitsnachweises sollte die Wahrscheinlichkeit eines Zwischenfalls in der Einrichtung ermittelt werden. Dafür können Angaben zu früheren Vorfällen im Land und die Sicherheitsbedingungen zur Zeit der Erstellung des Sicherheitsnachweises zugrunde gelegt werden. Eine Schätzung kann aber auch auf Grundlage von unerwünschten Zwischenfällen mit Munition und Explosivstoffen in Munitionslagerbereichen, die sich in der Vergangenheit weltweit ereignet haben, erfolgen (Angaben in IATG 02.10, Punkt 8.2.1.1).

51

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

7. Risikoakzeptanz (IATG 02.10, Punkt 11), (IATG 04.10, Punkt 5.2) Der Sicherheitsnachweis und das ermittelte Restrisiko sind offiziell durch den Risikoeigner zu akzeptieren. Hier sind die genauen Angaben über den Risikoeigner aufzuführen. Der Wortlaut des „Risikoakzeptanzschreibens“ ist außerordentlich wichtig und ein entsprechender Entwurf sollte durch den Ersteller des Sicherheitsnachweises als Anhang beigefügt werden. Aufgrund der großen Zahl möglicher Szenarien und Variablen ist es nicht möglich, einen Musterentwurf für ein solches Schreiben beizufügen.

Name des Erstellers des Sicherheitsnachweises:

Unterschrift des Erstellers des Sicherheitsnachweises:

Qualifikation des Erstellers des Sicherheitsnachweises:

Datum des Sicherheitsnachweises:

Organisation des Erstellers des Sicherheitsnachweises: Kontaktdaten des Erstellers des Sicherheitsnachweises:

Anhänge A. B. C. D.

Sicherheitskarte (mit Kennzeichnung der Risikobereiche) Lageplan Entwurf einer Sonderzulassung für die zulässige Explosivstoffmasse (gemäß IATG 02.30) Entwurf eines Schreibens zur Akzeptanz des Risikos

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IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Anhang H (Zur Information) Schätzung des erwarteten Geldwerts (Stufe 2) Im Folgenden wird ein Beispiel für die Berechnung des erwarteten Geldwerts mit beispielhaften Zahlen für ein tatsächlich existierendes Munitionsdepot, in dem aufgrund eines Brandes eine Explosion stattgefunden hat, erklärt. Es handelt sich um das Szenario eines Großbrands/einer Massenexplosion, das in Tabelle 5 und 6 dargestellt wurde. Dieser Zwischenfall, der sich im April 2000 ereignete, verursachte zwei Tote, zehn Verletzte und den Verlust von Munitionsbeständen im Wert von 90 Millionen US- Dollar. Im Folgenden werden die für die Analyse des erwarteten Geldwerts verwendeten Daten definiert und die Beispielkosten ermittelt: a) Die Wahrscheinlichkeit eines unerwarteten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen W z (Zwischenfälle pro Jahr) im Munitionsdepot betrug 2,78 x 10-2 (Punkt 8.2.1). Dieser Wert ist auf die unzureichende Verwaltung an Lagerbeständen von Munition zurückzuführen. b) Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen durch einen Brand verursacht würde, betrug 0,455. 46 c) Bei einer wirksamen Lagerverwaltung wird angenommen, dass die Wahrscheinlichkeit eines unerwarteten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen W z (Zwischenfälle pro Jahr) im betroffenen Munitionsdepot zwei Zehnerpotenzen kleiner ist, d. h. 2,78 x 10-4. d) Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Zwischenfall durch einen Brand ausgelöst wird, liegt nach wie vor bei 0,455, da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Ursachen für derartige Zwischenfälle einen Einfluss auf diese Wahrscheinlichkeit haben. e) Die finanziellen Aufwendungen zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit eines Zwischenfalls wurden für das 1. Jahr auf 200.000 US-Dollar geschätzt. Ab dem 2. Jahr verringern sich diese Kosten auf 50.000 US-Dollar. (Diese Zahl muss natürlich für jeden Fall separat geschätzt werden.) f) Die jährlichen finanziellen Aufwendungen für den Betrieb des Depots, ohne dass Maßnahmen zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit eines Zwischenfalls ergriffen wurden, betrugen 5.000 US-Dollar. g) Der angegebene Verlust der Munitionsbestände, die ersetzt werden müssten, beläuft sich auf 90 Millionen US-Dollar, wenn keine Abhilfemaßnahmen getroffen werden. h) Wären vor dem Zwischenfall Abhilfemaßnahmen ergriffen worden, hätte sich der prognostizierte Verlust an zu ersetzenden Munitionsbeständen auf 1 Million US-Dollar belaufen (da durch diese Maßnahmen andere Bestände im Depot geschützt worden wären). i) Die Schadenersatzzahlungen im 1. Jahr pro Todesfall werden mit 10. 000 US-Dollar veranschlagt. (Dieser Betrag ist niedrig, ist aber darauf zurückzuführen, dass sich die Explosion in einem weniger entwickelten Land ereignet hat.)

46

Gemäß den Daten aus Explosive Capabilities Limited: The Threat from Explosive Events in Ammunition Storage Areas (Die Gefahr von Explosionen in Munitionslagerbereichen), Anhang B, 01. April 2009. Bei den Daten w urden Brände, die durch instabile Treibmittel verursacht wurden, sowie äußere und innere Brände berücksichtigt.

53

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

j) Die Schadenersatzzahlungen im 1. Jahr für jede Verletzung werden mit 5.000 US-Dollar veranschlagt. k) Im 2. Jahr fallen keine Schadenersatzzahlungen an, da davon ausgegangen wird, dass die Abhilfemaßnahmen wirksam sind, selbst wenn es zu einem Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen kommen sollte. In diesem Beispiel fallen im Rahmen der Abhilfemaßnahmen einmalige finanzielle Aufwendungen für die Verbesserung der Infrastruktur des Munitionsdepots und für die Ausbildung von Mitarbeitern an. Daher sind zwei Berechnungen erforderlich, und zwar für das 1. und das 2. Jahr. Diese werden in den Tabellen G.l und G.2 dargestellt. Finanzielle Aufwendungen (in US-Dollar) Abhilfemaßnahmen

Maßnahmen ergriffen (Lager verbessert und gemäß IATG­Empfehlungen betrieben) (Bestandsverlust auf 100.000 USD verringert) Maßnahmen nicht ergriffen (Bestandsverlust von 90 Mio USD und 100.000 USD für Schadenersatzzahlungen)

Erwarteter Geldwert (in US-Dollar)

Zwischenfall tritt nicht ein

Zwischenfall tritt ein

200.000 USD

300.000 USD

201.265 USD

5.000 USD

90.080.000 USD

1.144.359 USD

Differenz des erwarteten Geldwerts

943.094 USD

Tabelle G. 1. Erwartete Geldwerte (in US-Dollar) auf Grundlage des Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen im April 2002 (im 1. Jahr)

Demzufolge ergäbe sich bei diesem Zwischenfallszenario im 1. Jahr ein positiver erwarteter Geldwert in Höhe von 943.094 US-Dollar, wenn 200.000 US-Dollar für Abhilfemaßnahmen investiert würden, um die Wahrscheinlichkeit eines durch einen Brand im Munitionsdepot ausgelösten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen zu verringern. Da der erwartete Geldwert für den Fall, dass keine Maßnahmen ergriffen werden, 1.144.359 US-Dollar beträgt, ließen sich im 1. Jahr finanzielle Aufwendungen für Ausbildungs- und Infrastrukturmaßnahmen, die zur Einhaltung der IATG-Leitlinien erforderlich sind, bis zu einem Betrag von 1.155.157 US-Dollar 47 allein aufgrund des positiven erwarteten Geldwerts rechtfertigen.

47

Diese Zahl ergibt sich bei Verwendung des in der IATG-Softw are enthaltenen Tabellenkalkulationsprogramms. Die für die finanziellen Aufwendungen verwendeten Daten (Zw ischenfall ereignet sich nicht/Abhilfemaßnahmen ergriffen) werden solange angepasst, bis die erw arteten Geldwerte für ergriffene Abhilfemaßnahmen und nicht ergriffene Abhilfemaßnahmen gleich hoch sind.

54

IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Unter der Annahme, dass Abhilfemaßnahmen für Infrastruktur und Ausbildung im 1. Jahr durchgeführt wurden, reduzieren sich die Betriebskosten für das Munitionsdepot ab dem 2. Jahr erheblich, bis Instandhaltungs- oder Modernisierungsarbeiten erforderlich sind (in der Regel nach 20 Jahren). In Tabelle G.2 liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Zwischenfall zwei Zehnerpotenzen niedriger als in Tabelle G.1. Der Verlust an Lagerbeständen bei einem Zwischenfall bleibt jedoch gleich hoch. Finanzielle Aufwendungen (in US-Dollar) Abhilfemaßnahmen

Erwarteter Geldwert (in US-Dollar)

Zwischenfall tritt nicht ein

Zwischenfall tritt ein

Maßnahmen ergriffen (Lager verbessert und gemäß IATG-Empfehlungen betrieben) (Bestandsverlust auf 100.000 USD verringert)

50.000 USD

1.000.000 USD

50.120 USD

Maßnahmen nicht ergriffen (im 1. und 2. Jahr) (Bestandsverlust von 90 Mio USD und 100.000 USD für Schadenersatzzahlungen)

5.000 USD

90.080.000 USD

1.144.359 USD 48

Differenz des erwarteten Geldwerts

1.094.239 USD

Tabelle G. 2: Erwartete Geldwerte (in US-Dollar) pro Jahr auf Grundlage des Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen im April 2002 (im 2. bis 20. Jahr)

Demnach ergäbe sich im 2. bis 20. Jahr dieses Zwischenfallszenarios pro Jahr ein positiver erwarteter Geldwert in Höhe von 1.094.239 US-Dollar, wenn für kontinuierliche Abhilfemaßnahmen 50.000 US-Dollar investiert würden, um die Wahrscheinlichkeit eines durch einen Brand im Munitionsdepot ausgelösten Zwischenfalls mit Munition und Explosivstoffen zu verringern. Da der erwartete Geldwert bei nicht ergriffenen Maßnahmen im 1. und 2. Jahr immer noch 1.144.359 US-Dollar beträgt, ließen sich im 2. bis 20. Jahr theoretisch finanzielle Aufwendungen für Ausbildungs- und Infrastrukturmaßnahmen, die zur Einhaltung der IATG-Leitlinien erforderlich sind, bis zu einem Betrag von 1.144.378 US-Dollar allein aufgrund des positiven erwarteten Geldwerts rechtfertigen. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass die Berechnung des erwarteten Geldwerts ein sinnvolles Mittel darstellt, um den für die Einhaltung der IATG-Leitlinien erforderlichen finanziellen Aufwand mit den tatsächlichen Kosten vergleicht, die bei einem Zwischenfall mit 48 Die Wahrscheinlichkeit für diesen erw arteten Geldwert bleibt bei 1,11 x 10-2, da im 1. und 2. Jahr keine Abhilfemaßnahmen durchgeführt w urden.

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IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Munition und Explosivstoffen in einem Munitionsdepot anfallen. Für jede Art von Szenario, das wahrscheinlich zu einem Zwischenfall mit Munition und Explosivstoffen führt, sollte eine Analyse des erwarteten Geldwerts erstellt und mit den finanziellen Aufwendungen für Abhilfemaßnahmen verglichen werden, die erforderlich sind, um die Wahrscheinlichkeit und die Auswirkungen eines solchen Zwischenfalls auf ein vertretbares Risikoniveau zu verringern (in Bezug auf finanzielle Aufwendungen, eine verminderte Verteidigungsfähigkeit, Kosten aufgrund von Personenschäden und politische Kosten).

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IATG 02.10:2015(E) 2. Ausgabe (01.02.2015)

Änderungsnachweis Nachweis der Änderungen zu den IATG Die Internationalen technischen Leitlinien für Munition werden alle fünf Jahre einer offiziellen Überprüfung unterzogen. Dies schließt allerdings nicht aus, dass innerhalb dieses Fünfjahreszeitraums aus Gründen der Betriebssicherheit und der Effizienz oder aus redaktionellen Gründen Änderungen an den IATG vorgenommen werden. Bei einer Änderung einer IATG wird diese Änderung mit einer Nummer versehen und die allgemeinen Details und das Datum werden in nachfolgender Tabelle aufgeführt. Die Änderung wird außerdem auf dem Deckblatt der IATG dadurch angezeigt, dass unter dem Ausgabedatum der Satz „incorporating amendment number(s) 1 etc.“ (einschließlich Änderung Nummer 1 usw.) erscheint. Ist die offizielle Überprüfung einer IATG abgeschlossen, kann eine neue Fassung herausgegeben werden. Bis zum Datum der neuen Ausgabe vorgenommene Änderungen werden in die neue Fassung eingearbeitet und der Änderungsnachweis wird gelöscht. Dann beginnt die Erfassung der Änderungen von neuem, bis eine erneute Überprüfung durchgeführt wird. Die zuletzt geänderten und damit gültigen Fassungen sind die Versionen, die auf der SaferGuard-IATG-Internetseite der Vereinten Nationen unter www.un.org/ disarmament/un-saferguard eingestellt sind. Nummer

Datum

0

01.02.2015

Angaben zur Änderung Veröffentlichung der Ausgabe 2 der IATG

57