Gute Nacht, Severin - Geschichtenbox

Brüder und zwei Schwestern, einen riesigen Spielplatz, einen noch riesigeren. Fußballplatz, ein Rennpferd, einen Hund, ein Krokodil in der Badewanne, einen.
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Art: Lustige Geschichten Themen: Familie, Schlafen Kategorien: Alltag Altersgruppen: ab 3, 5 bis 6

Gute Nacht, Severin von Jutta Treiber Severin sitzt in der Badewanne. In der moosgrünen Badewanne von Oma und Opa. Severin will die Wassertropfen fangen. Er greift ins Wasser, schöpft eine Handvoll heraus, aber die Tropfen gleiten zwischen seinen Fingern durch. „Blödes Wasser!“, sagt Severin und klatscht mit der flachen Hand darauf. Das Wasser spritzt aus der Wanne. „Hei, Severin!“, sagt Opa, „ich will keine Überschwemmung im Badezimmer.“ „Aber ich!“, sagt Severin. Und er steht auf und rutscht vom Rand der Badewanne wieder ins Wasser hinein. Er plumpst eher hinein, das Wasser spritzt hoch. Und weil es so lustig ist, macht Severin das Ganze gleich noch zehn Mal. Auf dem Fußboden hat sich schon eine große Pfütze gebildet. Opa versucht ein strenges Gesicht zu machen, aber es gelingt ihm nicht. Bei Severin gelingt ihm das nie. Severin hat ein rundes Gesicht und Augen, aus denen so viel Schalk blitzt, dass es für drei Severins reichen würde. „Genug geplantscht“, sagt Opa. „Ich will aber rutschen“, sagt Severin. „Nur noch ein einziges Mal“, sagt Opa. „Nein, zehn Mal“, sagt Severin. „Machen wir einen Kompromiss“, schlägt Opa vor. „Du gibst ein wenig nach und ich gebe ein wenig nach, also sagen wir - noch drei Mal.“ „Ich mag aber keinen Kompomist“, sagt Severin. Und rutscht noch zehn Mal. Aber dann holt Opa ihn endgültig aus der Wanne, trocknet Severin ab und zieht ihm den Pyjama an. Den roten, weichen. Opa weiß, jetzt kommt der schwierigste Teil des Abends. Das Zähneputzen. Severin hasst Zähne putzen. Zuerst macht er den Mund nicht auf. Nach langem Zureden öffnet er ihn endlich, beißt aber gleich wieder zu, sodass die Zahnbürste in seinem Mund steckt und Opa sie nicht bewegen kann. Dann fängt Severin zu spucken an, und irgendwann gibt Opa auf. Gut, dass Severins Mama das alles nicht sieht. Sie würde mit Opa schimpfen, weil er Severin alles durchgehen lässt. Opa grinst sich eins. „So, jetzt sagen wir der Oma gute Nacht“, sagt er. „Nein, ich will reiten“, sagt Severin. Er steht breitbeinig da und schaut drein, als wäre er Zorro. Opa seufzt, geht auf die Knie, stützt die Hände am Boden auf, Severin setzt sich auf Opas Rücken und Opa kriecht durchs Vorzimmer. Severin treibt ihn mit den Fersen an. „Schneller, schneller, du lahmes Pferd, sagt er. Opa schnauft. „Genug, sonst bricht dein Pferd zusammen. Und du willst ja morgen auch noch auf mir reiten, oder?“ Severin steigt ab.

aus "Das Sternenbuch" erschienen: G&G Verlag © Jutta Treiber geladen von [email protected]

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Art: Lustige Geschichten Themen: Familie, Schlafen Kategorien: Alltag Altersgruppen: ab 3, 5 bis 6

Oma sitzt vor dem Computer. „Gute Nacht, mein Schatz“, sagt sie und gibt Severin einen Kuss. „Schlaf gut und träum was Schönes.“ Opa bringt Severin ins Bett. Er weiß, Severin wird noch dreimal aufstehen. Einmal um aufs Klo zu gehen, einmal um Wasser zu trinken. Und einmal, weil er Omas Gutenachtkuss nicht mehr spürt und sich einen zweiten holen muss. Aber zunächst kommt die Gutenachtgeschichte. Opa erzählt Severin von einem Land, wo es alles gibt, was Severin sich wünscht: zwei Brüder und zwei Schwestern, einen riesigen Spielplatz, einen noch riesigeren Fußballplatz, ein Rennpferd, einen Hund, ein Krokodil in der Badewanne, einen sprechenden Traktor, eine Wiese, auf der immer die Sonne scheint, ein Spielzeuggeschäft und eine Schokoladefabrik. „So und jetzt schlaf schön!“ „Ich muss aufs Klo.“ Opa nickt. „Trink auch gleich ein Glas Wasser und hol dir den zweiten Gutenachtkuss von Oma“, sagt er. Severin schaut ihn strafend an. Als alles erledigt ist, legt er sich wieder ins Bett. „Du musst auch schlafen“, sagt er zu Opa. „Ich will aber noch nicht schlafen“, sagt Opa und gähnt. „Machen wir einen Kompomist“, sagt Severin. „Du legst dich zu mir ins Bett und du musst nicht wirklich schlafen, du musst nur so tun ...“ Opa seufzt. Die Nachrichten im Fernsehen wird er heute wieder nicht sehen. Er legt sich zu Severin ins Bett. „Gute Nacht, Opa“, sagt Severin. „Gute Nacht, mein Kleiner“, sagt Opa und macht die Augen zu, so wie Severin es ihm aufgetragen hat. Der macht auch die Augen zu, aber den Mund nicht. „Du, Opa ..., bringst du mich morgen in den Kindergarten?“ „Natürlich“, sagt Opa leise. Und kaufst du mir dann eine Wurstsemmel für die Jause?“ „Mhm“, brummelt Opa, sehr leise. „Mit Schinkenwurst“, sagt Severin. Opa gibt keine Antwort. Severin horcht. Opa atmet ruhig, das Atmen wird immer lauter und immer noch lauter, dann kommt ein Rasseln aus Opas Nase und ein Pfauchen aus dem Mund. Severin schleicht sich aus dem Bett und öffnet die Tür zu Omas Zimmer. Oma sitzt noch immer vor dem Computer. Sie schaut gar nicht auf, als Severin ins Zimmer kommt. „Schläft er endlich?“, fragt sie. „Ja, er schläft schon“, sagt Severin.

aus "Das Sternenbuch" erschienen: G&G Verlag © Jutta Treiber geladen von [email protected]

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