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Prognos Globalisierungsreport 2011 Welche Arbeitsplätze in Deutschland hängen von welchen Ländern ab?

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Global isierungsreport 2011

Vorwort Die deutsche Wirtschaft hatte bis Mitte 2011 auf ausgesprochen dynamische Art und Weise das Krisenjahr 2009 fast vergessen gemacht. Seit einigen Monaten zeichnet sich jedoch mehr und mehr ab, dass die Schuldenkrise in einigen europäischen Ländern sowie die angespannte Lage in den Vereinigten Staaten die konjunkturellen Aussichten in Deutschland eintrüben. Dies vollzieht sich über verschiedene Kanäle. Besonders durchschlagend wirkt dabei die sich wieder abschwächende Exportdynamik. Die hohe Exportabhängigkeit Deutschlands wurde uns im Jahr 2009 zuletzt schmerzhaft vor Augen geführt. Der diesjährige Globalisierungsreport widmet sich deshalb der Frage, welche Arbeitsplätze in Deutschland vom Export in welche Länder abhängig sind. Die Betrachtung nach Ländern hilft, konjunkturelle Risiken, die von anderen Volkswirtschaften ausgehen, besser einzuschätzen. Die Betrachtung nach Branchen zeigt, dass es keineswegs (nur) die vordergründig exportstarken, sogenannten Vorzeigebranchen der deutschen Industrie sind, die besonders stark von der Nachfrage aus dem Ausland abhängig sind. Produktionsprozesse verlaufen heute in langen, branchenübergreifenden Wertschöpfungsketten. Berücksichtigt man systematisch die Vorleistungen, die in die Exportgüter eingehen, sehen sich zum Teil ganz andere Branche einer besonders hohen Exportabhängigkeit ausgesetzt. Mit dem Prognos Freihandels- und Investitionsindex messen wir in mittlerweile vierter Auflage die Attraktivität der 100 größten Volkswirtschaften für deutsche Exporteure und Investoren. Im aktuellen Index für das Jahr 2011 zeigen sich deutliche Spuren der europäischen Schuldenkrise. Die besonders betroffenen Länder haben zum Teil erheblich an Attraktivität eingebüßt. Auch in den Vereinigten Staaten und in China, den beiden neben der Europäischen Union größten Volkswirtschaften der Welt, haben sich die Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen zum Teil spürbar verändert - in die eine oder die andere Richtung. In diesem Jahr betrachten wir zudem erstmals detailliert die Staaten Nordafrikas. Nach den poltischen Umwälzungen im Jahr 2011 könnten diese Länder mittelfristig stärker in den Fokus deutscher Unternehmen rücken. In unsteten Zeiten verändern sich auch die Bedingungen für ein erfolgreiches Auslandsengagement. Mit dem aktualisierten Prognos Freihandels- und Investitionsindex geben wir in diesem neuen Umfeld Orientierung. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre des Prognos Globalisierungsreports 2011 und freuen uns auf interessante Diskussionen mit Ihnen.



Das Report-Team



Basel, Dezember 2011

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Inhaltsverzeichnis

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Ökonomische Abhängigkeit vom Ausland oder: Welche Arbeitsplätze in Deutschland hängen von welchen Ländern ab?

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1.1 Einleitung

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1.2

Die weiteren Aussichten für die Weltwirtschaft: Ungünstig

1

1.3

Deutschlands Außenhandel: Konstanz in Europa, Dynamik in den Schwellenländern

4

1.4. Außenhandel und Beschäftigung: Jeder vierte Arbeitsplatz von Exporten abhängig

6

1.5

Besonders hohe Exportabhängigkeit von den alten Handelspartnern

10

1.6

Importabhängigkeit Deutschlands ebenfalls hoch

15

1.7 Fazit

17

2

Fokus und Methodik des Prognos Freihandels- und Investitionsindex

19

3

Ergebnisse des Prognos Freihandels- und Investitionsindex

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3.1

Die attraktivsten Auslandsmärkte 2011

23

3.2

Die Attraktivität ausgewählter Weltregionen und Länder 3.2.1 Europäische Union und Vereinigte Staaten trotz Krise weiter vorne 3.2.2 PIIGS-Staaten: Überhöhte Staatsverschuldung - nachlassende Attraktivität 3.2.3 BRIC-Staaten: China setzt sich weiter ab 3.3.4 Nordafrika: Eine Region im Umbruch

29 29 33 37 40

4.

Angebot für Unternehmen und Verbände

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4.1

Das Welthandelsmodell der Prognos

47

4.2

Prognos Freihandels- und Investitionsindex

48

Anhang

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Tabellenverzeichnis Tabelle 1-1: Importe aus China nach Deutschland und Welthandelsanteil, ausgewählte Branchen Tabelle 1-2: Importe aus China nach Deutschland und Welthandelsanteil, ausgewählte Vorleistungs- und Investitionsgüter in Deutschland Tabelle 2-1: Übersicht der untersuchten Volkswirtschaften Tabelle 2-2: Die Subindizes und Einzelindikatoren des Prognos Freihandels- und Investitionsindex Tabelle 3-1: Gesamtranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex Tabelle 3-2: Teilrangliste Statik des Prognos Freihandels- und Investitionsindex Tabelle 3-3: Teilrangliste Dynamik des Prognos Freihandels- und Investitionsindex Tabelle 3-4: Teilrangliste Exporte des Prognos Freihandels- und Investitionsindex Tabelle 3-5: Teilrangliste ausländische Direktinvestitionen des Prognos Freihandels- und Investitionsindex 2011 Tabelle 3-6: Gesamtranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex für die Länder der EU-27 Tabelle 3-7: Platzierung der Länder Nordafrikas in den einzelnen Ranglisten Tabelle 4-1: Unterschiedliche Relevanz einzelner Untersuchungsfelder Tabelle A-1: Quellen für die Grunddaten und Zuordnung der Einzelindikatoren in die Teilranglisten Tabelle A-2: Quellen für die Grunddaten und Zuordnung der Einzelindikatoren in die Teilranglisten

16 17 17 20 21 24 25 26 27 28 30 42 48 52 53

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1-1: Ausfuhr und Einfuhr nach Deutschland, in Relation zum BIP Abbildung 1-2: Wachstum des Bruttoinlandsprodukts und Außenbeitrag Abbildung 1-3: Anteil der deutschen Exporte nach Weltregionen Abbildung 1-4: Anteil der deutschen Exporte innerhalb Europas Abbildung 1-5: Direkte und indirekte Exporte der wichtigsten deutschen Produktionsbereiche Abbildung 1-6: Direkte und indirekte Abhängigkeit des Produzierenden Gewerbes und der Dienstleistungen von den Exporten, 2007, in Prozent des Produktionswerts Abbildung 1-7: Direkte und indirekte Exporte der wichtigsten deutschen Produktionsbereiche Abbildung 1-8: Anteil der direkt und indirekt von den deutschen Exporten abhängigen Erwerbstätigen je Produktionsbereich Abbildung 1-9: Direkte und indirekte Abhängigkeit von den Warenexporten in ausgewählte Partnerländer, in Mrd. Euro Produktionswert Abbildung 1-10: Direkte und indirekte Abhängigkeit von den Warenexporten in ausgewählte Partnerländer, in Tsd. Erwerbstätigen Abbildung 1-11: Direkte und indirekte Abhängigkeit der wichtigsten Produktionsbereiche von den Warenexporten nach Italien, in Tsd. Erwerbstätigen Abbildung 1-12: Direkte und indirekte Abhängigkeit der Produktion von Maschinen von den Exporten in ausgewählte Partnerländer, in Tsd. Erwerbstätigen Abbildung 1-13: Veränderung der Abhängigkeit von den Warenexporten in ausgewählte Partnerländer, in Tsd. Erwerbstätigen Abbildung 1-14: Anteil der deutschen Importe aus den 15 wichtigsten Partnerländern Abbildung 2-1: Aufbau des Prognos Freihandels- und Investitionsindex Abbildung 3-1: Platzierungen der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten

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Abbildung 3-2: Subindizes der Rangliste Statik für die Vereinigten Staaten und die Europäische Union Abbildung 3-3: Entwicklung der Schuldenstandsquote der PIIGS-Länder Abbildung 3-4: Gesamtranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex für die PIIGS-Länder Abbildung 3-5: Subindizes der Rangliste Statik für die PIIGS-Staaten, Abbildung 3-6: Gesamtranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex für die BRIC-Staaten Abbildung 3-7: Beiträge zum Weltwirtschaftswachstum von China, den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union Abbildung 3-8: Gesamtranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex für die Länder Nordafrikas Abbildung 3-9: Subindizes der Rangliste Statik für Tunesien und Marokko, Abbildung 3-10: Vorsprung bzw. Rückstand Tunesiens gegenüber Marokko in ausgewählten Subindizes der Rangliste Statik Abbildung 4-1: Sonderauswertung des Prognos Freihandels- und Investitionsindex

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1 Ökonomische Abhängigkeit vom Ausland oder: Welche Arbeitsplätze in Deutschland hängen von welchen Ländern ab? 1.1 Einleitung Deutschland feierte sich jahrelang als Exportweltmeister. Abgesehen davon, dass dieser Titel kaum ökonomisch sinnvolle Interpretationen zulässt und zudem statistische Unzulänglichkeiten aufweist – es wird nur die Warenausfuhr, nicht die der Dienstleistungen berücksichtigt – hat Deutschland diesen Titel im Jahr 2009 an China verloren. Gleichwohl sind die Exporte für die deutsche Wirtschaft nach wie vor von zentraler Bedeutung. Diese, meist positiv formulierte, Abhängigkeit von den Exporten birgt jedoch auch Gefahren, denn eine stete – oder besser noch: eine stetig wachsende – Nachfrage im Ausland nach deutschen Waren und Dienstleistungen ist in Zukunft keineswegs gesichert. Gerade in unruhigen Zeiten wie der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise zeigte sich die Schattenseite der außenwirtschaftlichen Abhängigkeit. Deutschland hat sich nach der Krise (zunächst) schnell wieder erholt. Da die Auswirkungen jedoch nach wie vor anhalten – nicht zuletzt durch die Schuldenkrise in Europa – sind die mittelfristigen Aussichten für die deutschen Exporte keineswegs ungetrübt. Von der europäischen Schuldenkrise ist Deutschland nicht nur durch die diversen Unterstützungsmaßnahmen tangiert, sondern ebenso durch ein gesunkenes Importnachfragepotenzial der von der Schuldenkrise unmittelbar betroffenen Länder. Der vorliegende Globalisierungsreport nimmt sich im ersten Teil deshalb der Frage an, wie stark Deutschland vom Handel mit einzelnen Ländern abhängig ist. Insbesondere untersuchen wir, wie viele Arbeitsplätze in Deutschland an der Nachfrage aus welchen Ländern hängen.

1.2

Exportabhängigkeit birgt Gefahren

Die weiteren Aussichten für die Weltwirtschaft: Ungünstig

Die deutsche Wirtschaft befand sich im Jahr 2011 noch – nach dramatischem Einbruch während der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise – auf einem dynamischen Erholungskurs. Bei einem erwarteten Wirtschaftswachstum von 2,8 % wird bereits in diesem Jahr das Vorkrisenniveau des Bruttoinlandsprodukts übertroffen. Mit der hohen Bedeutung der Exporte wird jedoch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands durch die trüben Aussichten für die Weltwirtschaft und den Welthandel gedämpft. Die übrigen Verwendungskomponenten werden diese Lücke nicht schließen können. Für das Jahr 2012 erwarten wir einen verlangsamten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um weniger als 1 %. Auch in den folgenden Jahren steigt die Investitionsquote nur langsam an und die privaten sowie öffentlichen Konsumausgaben bleiben hinter der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zurück. Langfristig wird das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland auf eine Rate von durchschnittlich 1,0 % p.a. zurückgehen.

Konjunkturelle Abschwächung in Deutschland

Die in vielen Ländern nicht tragfähige Staatsverschuldung und die weiterhin ausstehende politische Lösung dieser Probleme werden die weltwirtschaft-

Staatsschuldenkrise belastet die Weltwirtschaft

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liche Entwicklung in den nächsten Jahren entscheidend prägen. Zahlreiche europäische Länder hat die Kombination aus jahrelangen hohen Budgetdefiziten, verschlechterter Wettbewerbsfähigkeit, krisenbedingt einbrechenden Staatseinnahmen und massiven Ausgabenerhöhungen zur Krisenbekämpfung an den Rand des Staatsbankrotts getrieben. Dieser konnte bislang nur durch massive Unterstützungsmaßnahmen der Europäischen Institutionen und des IWF verhindert werden. Insbesondere die sogenannten PIIGS-Staaten – Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien – sind gegenwärtig nur unter hohen Kosten oder gar nicht mehr in der Lage, sich aus eigener Kraft am Kapitalmarkt zu finanzieren. Die negativen Ausstrahlungswirkungen auf den Euro-Raum insgesamt sowie auf die gesamte Weltwirtschaft sind ohne wirtschaftshistorisches Vorbild. Die Nebenwirkungen des Schuldenabbaus

Ohne an dieser Stelle auf länderspezifische Besonderheiten einzugehen, sind zwei Befunde unstrittig: Erstens muss die Lösung der Krise in einem substanziellen Abbau der Schuldenstandquoten liegen. Zweitens ist dieser Schuldenabbau nicht ohne Nebenwirkungen zu erzielen. Selbst wenn man annimmt, dass mit Hilfe der gegenwärtig diskutierten und der bereits umgesetzten Maßnahmen eine Lösung der Schuldenkrise und eine Stabilisierung der Währungsunion erreicht werden können, so werden sich mittel- und langfristige negative Wachstumswirkungen nicht vermeiden lassen. Allein die – notwendigen – Sparanstrengungen der betroffenen Länder in Form von Steuererhöhungen, Abbau von Sozialleistungen und Lohnanpassungen führen nachfrageseitig zu einer massiven Dämpfung der konjunkturellen Entwicklung, die in der gesamten Währungsunion spürbar ist und die Gefahr einer Rezession im Euro-Raum für das Jahr 2012 birgt. Aber auch das langfristige Wachstumspotenzial der einzelnen Länder bleibt davon nicht unberührt: Unterlassene Investitionen haben einen älteren und weniger produktiven Kapitalstock zur Folge. Die steigende Arbeitslosigkeit kann sich in Teilen verfestigen und dauerhaft auf dem Krisenniveau verharren. Darüber hinaus werden die europäischen Volkswirtschaften in den kommenden Jahren nicht nur durch fiskalische Konsolidierungsmaßnahmen belastet. In Ländern wie Spanien oder Großbritannien sehen sich auch private Haushalte mit einer stark gestiegenen Schuldenlast konfrontiert. In der Folge werden die in den letzten Jahren gesunkenen privaten Sparquoten wieder ansteigen. Bei steigenden Sparquoten und erhöhter Arbeitslosigkeit sind die Wachstumsaussichten für den privaten Konsum vor allem in diesen Ländern bescheiden.

Wirtschaftliche Lage der Vereinigten Staaten delikat

Die gegenwärtige gesamtwirtschaftliche Lage in den Vereinigten Staaten ist ebenfalls angespannt. Da das Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten immer noch mehr als einen Viertel der globalen Wirtschaftsleistung ausmacht, ist die wirtschaftspolitische Ausrichtung der größten Volkswirtschaft von besonderer Bedeutung. Die konjunkturelle Erholung der Vereinigten Staaten im Jahre 2010 basierte hauptsächlich auf bis dato beispiellosen Konjunkturprogrammen sowie Notfallmaßnahmen zur Stabilisierung der Finanzwirtschaft. Der durch diese Faktoren begünstigte Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 2,9 % fiel in Anbetracht der Tiefe des vorausgegangenen Einbruchs jedoch vergleichsweise gering aus. Stark reduzierte Nettohaushaltsvermögen, massiv gestiegene Arbeitslosigkeit, sich verschlechternde Einkommen in breiten Bevölkerungsschichten und eine kräftig gestiegene Sparquote der privaten Haushalte resultierten auch hier in einem stagnierenden privaten Konsum, der mit zwei Dritteln den weit überwiegenden Teil des Bruttoinlandsprodukts ausmacht.

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Wie im Euro-Raum werden auch in den Vereinigten Staaten die öffentlichen Finanzen in den kommenden Jahren durch weitreichende Konsolidierungsmaßnahmen geprägt sein müssen. Auch unter diesen Rahmenbedingungen trauen Investoren den Vereinigten Staaten – im Unterschied zu den ähnlich hoch verschuldeten europäischen Ländern – bislang jedoch weiterhin ein hinreichendes ökonomisches Potenzial zu, das die Tragfähigkeit dieser Schuldenlast ermöglicht. Zudem genießen die Vereinigten Staaten als Emittent der Weltleitwährung das Privileg. sich in eigener Währung verschulden zu können. Zu erwartende Kürzungen der öffentlichen Ausgaben sowie eine Stärkung der Einnahmeseite werden gleichwohl zunächst die inländische Nachfrage schwächen und die konjunkturellen Aussichten eintrüben. In der Folge werden die Vereinigten Staaten ihre traditionelle Rolle als Lokomotive der Weltwirtschaft bis auf weiteres nicht mehr spielen können.

Konsolidierungsmaßnahmen prägen die Entwicklung

Die Dynamik der Weltwirtschaft verschiebt sich mittelfristig vielmehr weiter in Richtung der aufstrebenden Schwellenländer, insbesondere Ostasiens. Die asiatischen Schwellenländer werden ihr schnelles Wachstum jedoch unter den veränderten weltwirtschaftlichen Bedingungen nur dann fortsetzen können, wenn sie ihre Binnennachfrage dauerhaft stärken, insbesondere was den privaten Konsum betrifft. Dies stellt nicht nur für China, das sich weitgehend unbeeindruckt von der Wirtschaftskrise zeigte, die entscheidende Voraussetzung für soziale und politische Stabilität dar. Auch andere asiatische Regierungen haben bereits ihre Absicht signalisiert, die Abhängigkeit ihrer Volkswirtschaften von der ausländischen Nachfrage zu verringern. Eine Verschiebung der gesamtwirtschaftlichen Verwendung in Richtung konsumgetriebenen Wachstums würde einen Strukturwandel in der Produktion einleiten, die sich stärker an den Bedürfnissen der inländischen Märkte orientiert.

Aussichten der Schwellenländer

Die mittelfristig gedämpfte weltwirtschaftliche Dynamik bedeutet für die deutsche Wirtschaft eine immense Herausforderung. Deutschen Produzenten machen die kurzfristigen konjunkturellen Probleme und langfristigen Wachstumsschwächen einiger Haupthandelspartner sowie veränderte Nachfragestrukturen zu schaffen. Das gelegentlich in Frage gestellte exportbasierte Wachstumsmodell ist zukunftsträchtig, erfordert jedoch Anpassungen hinsichtlich der Ausrichtung auf neue Länder ebenso wie auf neue Branchen und Güter.

Anpassungen der deutschen Exporte

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1.3 Tradition der deutschen Exportabhängigkeit

Deutschlands Außenhandel: Konstanz in Europa, Dynamik in den Schwellenländern

Die Abhängigkeit Deutschlands vom Außenhandel ist nicht erst in den letzten Jahren entstanden. Bereits vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges entfiel auf die Exporte rund ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts (Abbildung 1-1). Nach kriegsbedingten Einbrüchen dauerte es bis in die 1970er Jahre, bis dieser Wert wieder erreicht wurde.

Abbildung 1-1: Ausfuhr und Einfuhr nach Deutschland, in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), in Prozent, 1872 bis 2011

40 30 20 10 0 –10 –20 –30 –40 1872 1877 1882 1887 1892 1897 1902 1907 1912 1925 1930 1936 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Ex/BIP

Im/BIP

Saldo

Entwicklung der Exportquote

Zum Anstieg der Exportquote seit den 1950er Jahren hat zunächst der GATTBetritt Deutschlands im Jahr 1951 beigetragen (sowie später die Nachfolgeorganisation WTO). 1951 war zudem das bislang letzte Jahr, in dem Deutschland einen negativen Außenhandelssaldo verzeichnete; seit 60 Jahren exportiert Deutschland jedes Jahr mehr Waren als es importiert und ist entsprechend stark von der Nachfrage im Ausland abhängig. Nach Exportrückgängen im Zuge der deutschen Vereinigung hat sich die Exportquote seitdem bis zum Jahr 2008 rasant von 21 % auf 40 % beinahe verdoppelt. Nach dem starken Einbruch im Jahr 2009 haben sich die deutschen Exporte schnell wieder erholt, und Deutschland weist bereits im Jahr 2011 wieder eine höhere Exportquote auf als im Jahr 2008.

Wachstumsbeitrag des Außenhandels

Die Betrachtung der Wachstumsbeiträge aus dem Saldo der Exporte und Importe zeigt, dass der Außenhandel in den vergangenen Jahren oftmals die zentrale Stütze der deutschen Konjunktur darstellte (Abbildung 1-2). Erst in der Wirtschafts- und Finanzkrise mit dem Zusammenbruch des Welthandels trug der Außenhandel maßgeblich zur negativen Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland bei. Es zeigte sich, dass sich gerade Deutschland Krisen globaler Dimension nicht entziehen kann. Das Jahr 2009 scheint zunächst eine Episode geblieben zu sein; bereits im Jahr 2010 leistete der Außenbeitrag wieder einen positiven Beitrag zur konjunkturellen Erholung.

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BIP-Wachstum in Prozent

Wachstumsbeitrag Aussenhandel in Prozentpunkten

Statistisches Bundesamt, Berechnungen Prognos

in %

Abbildung 1-2: Wachstum des Bruttoinlandsprodukts und Außenbeitrag in Prozent und Prozentpunkten, 1971 bis 2010 in % 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 -1,0 71

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73

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-3,0 -4,0 -5,0 -6,0 BIP-Wachstum in Prozent

Wachstumsbeitrag Außenhandel in Prozentpunkten

Inwieweit die hohe Bedeutung des Exports für Deutschland tatsächlich eine Abhängigkeit darstellt, hängt nicht zuletzt von der Struktur der Abnehmerländer ab. Betrachtet man die vergangenen Jahrzehnte, so liegt der Anteil der deutschen Ausfuhr, der nach Europa geht, erstaunlicherweise seit rund 50 Jahren weitgehend konstant bei etwa 70 % (Abbildung 1-3). Außerhalb Europas konnte Asien bereits seit den 1960er Jahren seinen Anteil deutlich ausbauen. Dies geschah hauptsächlich auf Kosten der Handelspartner in Lateinamerika und Afrika. Berücksichtigt man die großen weltwirtschaftlichen Verschiebungen in den vergangenen fünf Jahrzehnten, so ist die Struktur der Abnehmerregionen der deutschen Exporte von einer überraschenden Konstanz gekennzeichnet.

Abnehmerregionen der deutschen Exporte

Abbildung 1-3: Anteil der deutschen Exporte nach Weltregionen, nominal, in Prozent, 1962 bis 2010 in % 100 90 80 70 60 50 40 20 10 0 1965 Europa

1970

Nordamerika

1975 Asien

1980

1985

Lateinamerika

1990 Afrika

1995

2000

2005

2010

Ozeanien

Innerhalb der Kontinente zeigten sich in den letzten 50 Jahren gleichwohl deutliche Veränderungen bezüglich der Abnehmer von deutschen Exporten. Die neben Deutschland übrigen fünf Gründungsländer der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft konnten nach Abschluss der Römischen Verträge im Jahr 1957 ihren Anteil auf über 50 % der innereuropäischen Exporte Deutschlands ausweiten (Abbildung 1-4). Im Zuge des Beitritts Dänemarks, Global isierungsreport 2011

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Europäische Zielländer

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Irlands und des Vereinigten Königreichs im Jahr 1973 erhöhte sich auch der auf diese Länder entfallende Anteil spürbar. Ein ähnliches Muster zeigte sich später nach den Beitritten Griechenlands, Spaniens und Portugals sowie im Zuge der Osterweiterung. Anders gewendet wurden drohende Anteilsverluste in der Europäischen Union in der jeweiligen Abgrenzung durch Erweiterungen der Gemeinschaft kompensiert. Spiegelbildlich entfallen auf die Länder Europas außerhalb der Europäischen Union seit 50 Jahren rund ein Siebtel der deutschen Exporte. Abbildung 1-4: Anteil der deutschen Exporte innerhalb Europas, nominal, in Prozent, 1962 bis 2010 in % 100 90 80 70 60 50 40 20 10 0 1965 EU-6

EU-9

1970 EU-12

1975 EU-15

1980 EU-27

1985

1990

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2010

restliches Europa

1.4. Außenhandel und Beschäftigung: Jeder vierte Arbeitsplatz von Exporten abhängig Direkte und indirekte Exportabhängigkeit

Von der hohen und steigenden Bedeutung der Exporte profitieren die verschiedenen Wirtschaftszweige in Deutschland in unterschiedlicher Weise. Während einige Branchen sehr stark auf die Exporte von Waren und Dienstleistungen angewiesen sind, konzentrieren sich andere stärker auf die Binnenwirtschaft. Diese direkten Effekte vernachlässigen jedoch, dass die Exportbranchen auch Vorleistungen aus anderen Wirtschaftszweigen beziehen, die damit indirekt von der Nachfrage aus dem Ausland profitieren. Mit Hilfe von Input-Output-Rechnungen – diese stellen systematisch die Verflechtungen zwischen den Wirtschaftszweigen sowie mit dem Ausland dar – können sowohl die direkten als auch die indirekten Effekte des Exports aufgezeigt werden.

Exporte verschiedener Produktionsbereiche

Im Jahr 2007 – dem aktuellsten Wert der Input-Output-Rechnung – exportierte Deutschland Waren und Dienstleistungen im Wert von 940 Mrd. Euro. Hinzu kamen Vorleistungen in Höhe von 824 Mrd. Euro, die unmittelbar in die Exportgüter eingingen1. 1 Der Wert dieser Vorleistungen fließt zwar in den Exportwert ein, dennoch ist es für die Berechnung der vom Export abhängigen Erwerbstätigen notwendig, die Vorleistungen zusätzlich zu betrachten. Denn sowohl die Exporte als auch die Vorleistungen werden als Produktionswert zu Herstellerpreisen ausgewiesen und nicht als Bruttowertschöpfung. Der gesamte Produktionswert eines Produktionsbereichs beinhaltet dabei sämtliche verkauften Produkte – unabhängig davon ob sie als Vorleistungen in andere Bereiche gingen oder als Endprodukt in die letzte Verwendung.

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Der exportstärkste Produktionsbereich2 ist der Wirtschaftszweig Kraftwagen und -teile mit einem Exportvolumen von 157 Mrd. Euro (Abbildung 1-5). Hinzu kamen 73 Mrd. Euro Vorleistungen aus anderen Branchen. Abbildung 1-5: Direkte und indirekte Exporte der wichtigsten deutschen Produktionsbereiche, 2007, in Mrd. Euro Produktionswert Kraftwagen und Kraftwagenteile Maschinen Unternehmensdienstleistungen Chemische Erzeugnisse Großhandel Eisen, Stahl, Rohre Metallerzeugnisse Geräte der Elektrizitätserzeugung Logistik NE-Metalle Nahrungsmittel Kunststoffwaren Kokerei- und Mineralölerzeugnisse Grundstücks- und Wohnungswesen Medizin-, Mess-, Regelungstechnik Elektrizität, Fernwärme Wasser-, Schienen-, Luftfahrzeuge Bankdienstleistungen Transportleistungen in Fernleitungen in Mrd. Euro

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direkte Exporte

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Rundfunk- und Nachrichtentechnik

indirekte Exporte

Demgegenüber werden Unternehmensbezogene Dienstleistungen in besonders geringem Maße direkt exportiert (26 Mrd. Euro). Sie sind jedoch als Vorleistungen in den Exporten zahlreicher anderer Branchen enthalten, so dass auf diesen Bereich ein indirekter Exportwert in Höhe von 113 Mrd. Euro entfällt. Allgemein zeigt sich sehr deutlich das Bild, dass die industriellen (und landwirtschaftlichen) Güter in der Regel direkt exportiert werden, während die Dienstleistungen tendenziell stärker von den indirekten Effekten als Vorleister der Industrie begünstigt werden. Diese Sichtweise relativiert die These, dass zahlreiche Dienstleistungen nicht international handelbar seien. Zwar stammt nur ein Fünftel der Exporte direkt aus dem Tertiären Sektor, bei den indirekten Effekten ist es aber fast die Hälfte. In Relation zum jeweiligen Produktionswert verdankt das Produzierende Gewerbe fast 60 % seiner Produktion den Exporten (Abbildung 1-6) – ohne das Baugewerbe und die Energie- und Wasserversorgung sind es sogar zwei Drittel. Bei den Dienstleistungen sind die indirekten Effekte doppelt so bedeutend wie die direkten Exporte.

Indirekter Export von Dienstleistungen

2 Die Input-Output-Rechnung analysiert nicht Branchen, sondern Produktionsbereiche. Diese sind durch homogene Produkte gekennzeichnet, während sich die Definition der Branchen auf eine einheitliche Herstellung konzentriert. Die Produktionsbereiche sind aber weitgehend deckungsgleich mit den Branchen. Aus diesem Grund werden nachfolgend die Begriffe Produktionsbereich, Branche und Wirtschaftszweig als Synonyme verwendet. Global isierungsreport 2011

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Abbildung 1-6: Direkte und indirekte Abhängigkeit des Produzierenden Gewerbes und der Dienstleistungen von den Exporten, 2007, in Prozent des Produktionswerts

Dienstleistungen 0% direkte Abhängigkeit

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

indirekte Abhängigkeit

Produktion und Arbeitsplätze

Die Betrachtung nach dem Produktionswert ist nur eine Perspektive, um die Exportabhängigkeit einzelner Branchen darzustellen. Mindestens ebenso wichtig ist die Frage, wie viele Arbeitsplätze an dieser Produktion hängen. Je nach Branche ist hier die Struktur sehr unterschiedlich. Für die Produktion von Exportgütern im Wert von beispielsweise einer Million Euro ist in jeder Branche eine andere Anzahl an Erwerbstätigen erforderlich. In kapitalintensiven Bereichen wie dem Kraftfahrzeugbau hängen am gleichen Exportbetrag deutlich weniger Erwerbstätige als in weniger kapitalintensiven Wirtschaftszweigen wie zum Beispiel dem Einzelhandel. Grundsätzlich gilt, dass Industriebranchen kapitalintensiver – und damit weniger beschäftigungsintensiv – produzieren als Dienstleistungsbranchen. Aber auch innerhalb der Sektoren gibt es Unterscheide. So ist das Druckgewerbe ein Beispiel für eine eher beschäftigungsintensive Industriebranche, die Schifffahrt für einen kapitalintensiven Wirtschaftszweig der Dienstleistungen.

Arbeitsplätze von Exporten abhängig

Mit Hilfe des durchschnittlichen Produktionswerts je Erwerbstätigen können die obigen Produktionswerte umgerechnet werden in die Anzahl der Erwerbstätigen, die für die jeweilige Produktion erforderlich sind3. Insgesamt haben im Jahr 2007 über 9,6 Millionen Erwerbstätige in Deutschland direkt oder indirekt rechnerisch ausschließlich für den Export produziert. Die Betrachtung nach Branchen zeigt ein überraschendes Bild: Nicht auf die klassischen Exportbranchen des Verarbeitenden Gewerbes, sondern auf die Unternehmensbezogenen Dienstleistungen entfällt die größte Anzahl der vom Export abhängigen Erwerbstätigen.

Dienstleistungen mit hoher indirekter Bedeutung

Aufgrund der hohen indirekten Bedeutung der Unternehmensbezogenen Dienstleistungen sowie der hohen Beschäftigungsintensität sind direkt und indirekt über 1,8 Millionen Personen in dieser Branche vom Export abhängig. (Abbildung 1-7). Auch im Handel sind ebenfalls besonders viele Erwerbstätige vom Export abhängig. Bei der Interpretation ist zu berücksichtigen, dass die Beschäftigung dieser Branchen unmittelbar am Exporterfolg derjenigen – meist – Industriebranchen hängt, für die sie als Vorleister agieren.

Maschinen- und Kraftfahrzeugbau

Im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes profitieren im Maschinenbau mit 580.000 Erwerbstätigen direkt am meisten Beschäftigte vom Export, hinzu kommen 150.000 Personen, die indirekt dank der Ausfuhr anderer Branchen im Maschinenbau erwerbstätig sind. Im Kraftfahrzeugbau, für den hinsichtlich des Produktionswerts die Exporte eine überragende Bedeutung haben, hängen weniger als 500.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom Export ab. 3 Dieses Vorgehen geht vereinfachend davon aus, dass eine Variation des Produktionswerts eine proportionale Variation der Beschäftigung zur Folge hat. Diese Annahme abstrahiert somit von konjunkturellen Schwankungen und unterstellt eine kurzfristig konstante Produktionsstruktur.

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Produzierendes Gewerbe

Abbildung 1-7: Direkte und indirekte Exporte der wichtigsten deutschen Produktionsbereiche, 2007, in Tsd. Erwerbstätigen Unternehmensdienstleistungen Großhandel Maschinen Metallerzeugnisse Kraftwagen und Kraftwagenteile Transportleistungen in Fernleitungen Logistik Geräte der Elektrizitätserzeugung Nahrungsmittel Kunststoffwaren Datenverarbeitung und Datenbanken Medizin-, Mess-, Regelungstechnik Landwirtschaftserzeugnisse Chemische Erzeugnisse Kraftfahrzeugdienstleistungen Bankdienstleistungen Möbel, Sportgeräte, Spielwaren Eisen, Stahl, Rohre Druckerzeugnisse, Datenträger in Tsd. Erwerbstätigen direkte Exporte

0

500

1000

1500

2000

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Hotel und Gaststätten

indirekte Exporte

Neben der absoluten Anzahl Erwerbstätiger, die vom Export begünstigt sind, liefert auch eine relative Betrachtung interessante Hinweise auf die Abhängigkeit der Branchen vom Export. Insgesamt produziert rund jeder Vierte Beschäftigte in Deutschland für den Export. Der größte Anteil ist mit 94 % aller Erwerbstätigen bei den Schifffahrtsleistungen zu beobachten – 87 % direkt und 7 % indirekt (Abbildung 1-8). Insgesamt fällt auf, dass gerade die Beschäftigten in der Produktion von Halbfertigprodukten besonders stark vom Export profitieren: So sind in den Branchen, in denen Roheisen, Stahl, Papier, Chemische Erzeugnissen, Gummiwaren, Kunststoffwaren, Leder und Glas produziert werden, jeweils mehr als 60 % der Erwerbstätigen beschäftigt, um die Exporte zu bedienen. Die 1,8 Millionen exportabhängigen Personen der Unternehmensbezogenen Dienstleistungen hingegen stellen lediglich 41 % der Beschäftigten dieses Produktionsbereichs dar. Mit weniger als 10 % der Erwerbstätigen sind das Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen, der Einzelhandel, die Erziehungs- und Unterrichtsdienstleistungen sowie die Öffentliche Verwaltung nur wenig von den Exporten betroffen.

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Jeder vierte Erwerbstätige produziert für den Export

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Abbildung 1-8: Anteil der direkt und indirekt von den deutschen Exporten abhängigen Erwerbstätigen je Produktionsbereich, 2007, in Prozent aller Erwerbstätigen des Produktionsbereichs NE-Metalle und Halbzeugnisse Schifffahrtsleistungen Eeisen, Stahl, Rohre Holzstoff, Zellstoff, Papier Chemische Erzeugnisse Gummiwaren Gießereierzeugnisse Kunststoffwaren Textilien Leder und Lederwaren Kraftwagen und Kraftwagenteile Pharmazeutische Erzeugnisse Geräte der Elektrizitätserzeugung Wasser-, Schienen-, Luftfahrzeuge Sekundärrohstoffe Maschinen Büromaschinen und DV-Geräte Papier-, Karton- und Pappewaren Metallerzeugnisse in Prozent direkte Abhängigkeit

0

20%

40%

60%

80%

100%

indirekte Abhängigkeit

NE-Metalle und Halberzeugnisse hat aufgrund von Vorratsveränderungen einen Wert von über 100 %

1.5 Besonders hohe Exportabhängigkeit von den alten Handelspartnern Analysen mit dem Prognos Welthandelsmodell

10

Die Analysen zu den Exporten und den damit verbundene Arbeitsplätzen in Deutschland, die von den ausländischen Partnerländern abhängig sind, können in einem weiteren Schritt mit dem Prognos Welthandelsmodell kombiniert werden (Box 1). Dadurch ist es möglich, die Ergebnisse auf einzelne Länder zu beziehen und im Detail die Frage zu beantworten: Welche Arbeitsplätze in Deutschland sind von welchen Ländern abhängig? Dabei werden die länderspezifisch unterschiedlichen direkten und indirekten Exportstrukturen und die damit verbundenen Beschäftigten berücksichtigt. Zu diesem Zweck können aus statistischen Gründen nur die Exporte von Waren berücksichtigt werden. Die bedeutenden indirekten Effekte der Dienstleistungen als Vorleister der Warenausfuhr sind jedoch ebenfalls in diese Rechnung integriert. Damit kann ein Produktionswert von fast 1,5 Billionen Euro an direkten und indirekten Effekten der Exporte den einzelnen Abnehmerländern zugeordnet werden. Dies entspricht 83 % der gesamten in den Export fließenden Produktion. Gleichzeitig können damit 7,1 Millionen Erwerbstätige oder 74 % aller vom Export abhängigen Erwerbstätigen erfasst werden, die übrigen Beschäftigen profitieren direkt von Dienstleistungsexporten und können hier nicht weiter verfolgt werden.

Global isierungsreport 2011

© Prognos 2011

Glas und Glaswaren

Box 1: Daten und Methodik Zur Berechnung der Exportabhängigkeit Deutschlands wird das Prognos Welthandelsmodell verwendet. Dieses umfasst für sämtliche Wirtschaftszweige des Verarbeitenden Gewerbes die Produktionswerte und Forschungsausgaben der Jahre 1991 bis 2009 in 40 Industrie- und Schwellenländern. Darüber hinaus bildet es den Handel zwischen diesen Ländern auf der Ebene von 3.121 Gütergruppen ab, die wiederum zu Branchen aggregiert werden können. Dieses äußerst umfassende Modell ermöglicht sehr detaillierte Aussagen zur globalen Produktion, der Forschung und dem Handel. Die Vorleistungsverflechtungen innerhalb Deutschlands sowie die Daten zu den Erwerbstätigen entstammen den Input-Output-Rechnungen des Statistischen Bundesamtes. Die aktuellste Ausgabe der Input-Output-Rechnung spiegelt die Verflechtungen im Jahr 2007 wider. Mit Hilfe der inversen Koeffizienten können direkte und indirekte (über Vorleistungen) Effekte einer Veränderung bei der letzten Verwendung berechnet werden. Im vorliegenden Fall wird gedanklich unterstellt, dass die Exporte insgesamt oder in einzelne Länder wegfallen. Die Kombination dieser Daten ermöglicht die Berechnung der direkten und indirekten Abhängigkeit jedes Produktionsbereichs (weitgehend kompatibel mit den Branchen des Prognos Welthandelsmodells) von jedem Partnerland. Aggregiert ergeben sich Informationen zur Anzahl Erwerbstätiger, die dank der Nachfrage jedes Landes beschäftigt sind. Diese Analyse kann nur auf gesamtwirtschaftlicher Ebene interpretiert werden. Einzelne Erwerbstätige werden meist in der Produktion von Gütern für das Inland wie für das Ausland eingesetzt.

Die länderspezifischen Berechnungen zeigen, dass Frankreich der mit Abstand wichtigste Abnehmer von deutschen Warenexporten ist. Dies entspricht qualitativ dem Ergebnis einer einfachen Auswertung der Außenhandelsstatistik. Unter Berücksichtigung aller Vorleistungen gehen Waren mit einem Produktionswert von fast 140 Mrd. Euro aus Deutschland in das Nachbarland (Abbildung 1-9). Von den zehn bedeutendsten Zielländern deutscher Exporte liegen einzig die Vereinigten Staaten außerhalb Europas. Die größte Volkswirtschaft der Welt importiert Waren im Wert von 60 Mrd. Euro (direkter Effekt). Zusätzlich gehen Waren im Wert von 56 Mrd. Euro in Form von Vorleistungen ein. Die derzeit wegen ihrer hohen öffentlichen Verschuldung im Fokus stehenden europäischen Länder sind ebenfalls wichtige Abnehmer deutscher Waren: Italien (99 Mrd. Euro direkte und indirekte Exporte), Spanien (72 Mrd. Euro), Griechenland (11 Mrd. Euro), Portugal (10 Mrd. Euro) und Irland (8 Mrd. Euro) sind gemeinsam fast doppelt so bedeutend wie die Vereinigten Staaten. Zählt man diese dazu, ist rund ein Viertel der deutschen Exporte von Ländern abhängig, deren Wachstumsaussichten für die kommenden Jahre aufgrund von (strikten) Konsolidierungsmaßnahmen getrübt sind.

Global isierungsreport 2011

Zielländer deutscher Exporte

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Abbildung 1-9: Direkte und indirekte Abhängigkeit von den Warenexporten in ausgewählte Partnerländer, 2007, in Mrd. Euro Produktionswert Frankreich Vereinigte Staaten Vereinigtes Königreich Italien Niederlande Österreich Spanien Belgien Polen Schweiz China

Griechenland Portugal Irland in Mrd. Euro direkte Abhängigkeit

Abnehmerländer und Arbeitsplätze

0

20

40

60

80

100

120

140

© Prognos 2011

Russland

indirekte Abhängigkeit

Trotz der unterschiedlichen Exportstrukturen in die verschiedenen Länder sind die wichtigsten Abnehmer deutscher Exporte auch für die Sicherstellung der meisten Arbeitsplätze verantwortlich. 680.000 Erwerbstätige in Deutschland hängen direkt (270.000) oder indirekt (410.000) an der Warenausfuhr nach Frankreich (Abbildung 1-10). Von den Lieferungen in die Europäische Union profitieren direkt 1,8 Millionen und mit 2,7 Millionen indirekt noch deutlich mehr Erwerbstätige. Dank der Exporte nach Italien, Spanien, Griechenland, Portugal und Irland sind insgesamt 375.000 Erwerbstätige direkt und 600.000 Personen indirekt in Deutschland beschäftigt. Abbildung 1-10: Direkte und indirekte Abhängigkeit von den Warenexporten in ausgewählte Partnerländer, 2007, in Tsd. Erwerbstätigen Frankreich Vereinigte Staaten Vereinigtes Königreich Italien Niederlande Österreich Spanien Belgien Schweiz Polen China

Griechenland Portugal Irland in Tsd. Erwerbstätigen direkte Abhängigkeit

12

0

100

200

300

400

500

600

indirekte Abhängigkeit

Global isierungsreport 2011

700

© Prognos 2011

Russland

Die Bedeutung einzelner Importländer für die deutsche Ausfuhr lässt sich weiter nach Warengruppen aufschlüsseln. So verteilen sich beispielsweise die 480.000 Erwerbstätigen, die direkt von den Warenexporten nach Italien und indirekt von den dafür benötigten Vorleistungen begünstigt werden, zwar über sämtliche Produktionsbereiche. Insgesamt sind die indirekten Effekte allerdings bedeutender, nicht zuletzt durch die Dienstleistungen, die für die Warenproduktion als Vorleistungen benötigt werden. So sind die Unternehmensbezogenen Dienstleistungen mit 83.000 Erwerbstätigen derjenige Wirtschaftszweig, der gemessen an der Beschäftigung absolut am stärksten von der Nachfrage aus Italien abhängig ist (Abbildung 1-11). Von den direkten Effekten der Warenexporte nach Italien profitieren die Produzenten von Maschinen mit 30.000 Beschäftigten am stärksten. Hinzu kommen nochmals 9.000 Erwerbstätige, die indirekt dank Vorleistungen für diesen Bereich tätig sind. Sucht man nach den Auswirkungen der mittelfristig erwarteten schwachen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auf Deutschland, so sind diese Bereiche als erstes in den Blick zu nehmen.

Länder und Branchen

Abbildung 1-11: Direkte und indirekte Abhängigkeit der wichtigsten Produktionsbereiche von den Warenexporten nach Italien, 2007, in Tsd. Erwerbstätigen Unternehmensdienstleistungen Kraftwagen und Kraftwagenteile Maschinen Metallerzeugnisse Nahrungsmittel Großhandel Landwirtschaftserzeugnisse Geräte der Elektrizitätserzeugung Kunststoffwaren Chemische Erzeugnisse Transportleistungen in Fernleitungen Medizin-, Mess-, Regelungstechnik Eisen, Stahl, Rohre Logistik Kraftfahrzeugdienstleistungen Möbel, Sportgeräte, Spielwaren Einzelhandel Holz, Holzwaren Bankdienstleistungen in Tsd. Erwerbstätigen direkte Abhängigkeit

0

20

40

60

80

100

© Prognos 2011

Druckerzeugnisse, Datenträger

indirekte Abhängigkeit

Die kombinierte Betrachtung von Ländern und Branchen ist auch aus der Sicht einzelner Wirtschaftszweige möglich. So zeigt sich am Beispiel des Maschinenbaus, dass in dieser Branche neben Frankreich insbesondere die Vereinigten Staaten als Abnehmer von deutschen Maschinen für viele Arbeitsplätze verantwortlich sind. Ohne die Maschinenbauexporte in die Vereinigten Staaten wären in Deutschland 66.000 Arbeitsplätze in der Produktion von Maschinen und bei entsprechenden Vorleistern in Gefahr (Abbildung 1-12). Bereits an dritter Stelle hinter den Vereinigten Staaten und Frankreich folgt China als derjenige Nachfrager von deutschen Maschinen, auf dem besonders viele Arbeitsplätze beruhen (44.000 Beschäftigte). Die Europäische Union ist agGlobal isierungsreport 2011

Beschäftigung nach Branchen und Ländern

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gregiert betrachtet gleichwohl der mit Abstand wichtigste ausländische Markt für deutsche Maschinen. 370.000 Erwerbstätige verdanken ihre Arbeit den Warenexporten in diese Länder. Abbildung 1-12: Direkte und indirekte Abhängigkeit der Produktion von Maschinen von den Exporten in ausgewählte Partnerländer, 2007, in Tsd. Erwerbstätigen Vereinigte Staaten Frankreich China Vereinigtes Königreich Italien Russland Österreich Spanien Niederlande Schweiz Polen

Griechenland Portugal Irland in Tsd. Erwerbstätigen direkte Abhängigkeit

Russland und China werden wichtiger

14

0

10

20

30

40

50

60

70

indirekte Abhängigkeit

Betrachtet man die Bedeutung der einzelnen Zielländer für die deutschen Arbeitsplätze über die Zeit, so zeigen sich deutliche Verschiebungen. Bereits die Analyse der Veränderungen innerhalb des relativ kurzen Zeitraums zwischen den Jahren 2000 und 2007 verdeutlicht, dass einige Volkswirtschaften für die Beschäftigung in Deutschland erheblich an Gewicht gewonnen haben. Sehr dynamisch hat sich die Zahl der Erwerbstätigen entwickelt, die von den deutschen Warenexporten nach Russland (von 72.000 auf 226.000 Beschäftigte) und nach China (von 86.000 auf 227.000 Arbeitsplätze) profitieren (Abbildung 1-13). In die umgekehrte Richtung verlief der Trend insbesondere hinsichtlich der Bedeutung der Vereinigten Staaten: Waren im Jahr 2000 noch 638.000 Erwerbstätige in Deutschland direkt oder indirekt dank der Warenexporte in das Land beschäftigt, sank die Zahl in den folgenden sieben Jahren auf 542.000.

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© Prognos 2011

Belgien

Abbildung 1-13: Veränderung der Abhängigkeit von den Warenexporten in ausgewählte Partnerländer 2000 bis 2007, in Tsd. Erwerbstätigen Russland China Polen Spanien Österreich Israel Taiwan Japan Vereinigte Staaten in Tsd. Erwerbstätigen

-100

-50

0

50

100

150

200

© Prognos 2011

Hong Kong

1.6 Importabhängigkeit Deutschlands ebenfalls hoch In den bisherigen Berechnungen wurde die Abhängigkeit von einzelnen Ländern lediglich an der Nachfrage von deutschen Exporten festgemacht. Diese Analyse greift mit ihrer einseitigen Betrachtung aber für viele Fragestellungen zu kurz, denn auch die Importe haben für Deutschland eine hohe Bedeutung. Während von der Einfuhr von Konsumgütern dank einem verstärkten Wettbewerb und einer größeren Auswahl hauptsächlich die Konsumenten profitieren, werden Vorleistungs- und Investitionsgüter für die in Deutschland ansässige Produktion benötigt und können somit Arbeitsplätze sichern. Die Berechnung der Personen, die dank Inputs aus anderen Ländern in Deutschland einer Beschäftigung nachgehen können, ist jedoch ungleich schwieriger als diejenige zur Exportabhängigkeit. Der Grund liegt darin, dass auf gesamtwirtschaftlicher und branchenspezifischer Ebene kaum Informationen zur detaillierten Produktionsstruktur vorliegen. Insbesondere fehlt die Information, welche Produkte bei einem Lieferausfall eines Landes wie schnell aus Drittländern oder dem Inland bezogen werden könnten und damit substituierbar sind.

Arbeitsplätze auch von Importen abhängig

Eine Annäherung an die Bedeutung einzelner Lieferländer bietet die Analyse auf der Ebene der 3.121 Gütergruppen des Prognos Welthandelsmodells. Dabei wird berechnet, wie hoch der deutsche Importanteil aus jedem Partnerland für jede Gütergruppe ist. Dieser gibt einen Hinweis auf die Abhängigkeit Deutschlands in der jeweils betrachteten Gütergruppe von dem Partnerland. Stellvertretend für die Substituierbarkeit des Partnerlandes wird zusätzlich dessen Welthandelsanteil berechnet. In einem zweiten Schritt können diese Gütergruppen zu Wirtschaftszweigen aggregiert werden. Die Kombination aus hohem deutschen Importanteil und bedeutendem Welthandelsanteil deutet darauf hin, dass in dieser Gütergruppe oder Branche eine hohe Abhängigkeit von dem betrachteten Partnerland besteht.

Berechnung der Importabhängigkeit

Insgesamt importierte Deutschland im Jahr 2010 Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 800 Mrd. Euro. Davon stammten 77 Mrd. Euro und somit fast 10 % der Importe Deutschlands aus China (Abbildung 1-14). China ist damit heute größter Handelspartner auf der Importseite. Noch im Jahr 2000 betrugen die Importe aus der Volksrepublik 19 Mrd. Euro, was damals 3,4 %

Importe aus China am höchsten

Global isierungsreport 2011

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aller deutschen Importe entsprach. Frankreich als wichtigster Importpartner des Jahres 2000 konnte seine Einfuhr nach Deutschland im selben Zeitraum lediglich von 51 Mrd. Euro auf 61 Mrd. Euro steigern. Der Anteil an sämtlichen deutschen Importen sank damit von 9,4 % im Jahr 2000 auf 7,6 % im Jahr 2010. Abbildung 1-14: Anteil der deutschen Importe aus den 15 wichtigsten Partnerländern, 2010, in Prozent China Niederlande Frankreich Vereinigte Staaten Italien Vereinigtes Königreich Belgien Österreich Schweiz Russland Tschechische Republik Japan Spanien Norwegen in Prozent

Büromaschinen und DVGeräte aus China

0

2%

4%

6%

8%

10%

© Prognos 2011

Polen

Besonders bedeutsam sind die Importe aus China in den Branchen Büromaschinen und Datenverarbeitungs-Geräte sowie Schiffsbau (Tabelle 1-1). In beiden Bereichen stammt fast die Hälfte der Einfuhr nach Deutschland aus der Volksrepublik, bei den Büromaschinen und DV-Geräten stammen außerdem mehr als zwei Drittel der weltweit gehandelten Waren aus China. Die Güter dieser Branche werden zudem oft von Unternehmen als Vorleistungen oder Investitionsgüter nachgefragt. China trägt damit stark dazu bei, dass viele Arbeitsplätze in Deutschland mit Büromaschinen und DV-Geräten ausgestattet werden können. In einem Gedankenexperiment, in dem diese Importe ausfallen, wäre die Folge, dass (teurere oder qualitativ schlechtere) Substitute eingesetzt werden müssten und unmittelbar Arbeitsplätze in Gefahr wären. Tabelle 1-1: Importe aus China nach Deutschland und Welthandelsanteil, ausgewählte Branchen Branche

Importe in Mio Anteil Importe Welthandels-



US-Dollar aus China anteil China

Büromaschinen und DV-Geräte

26‘622

46%

69%

Schiffsbau

14‘497

45%

29%

Rundfunk- und Nachrichtentechnik

46‘774

35%

38%

Textilien und Bekleidung

54‘069

31%

51%

Geräte zur Elektrizitätserzeugung

42‘450

15%

44%

9‘989

14%

47%

Glas und Keramik

China spielt zentrale Rolle aus Zulieferer

16

China nimmt nicht nur bei der Betrachtung nach Branchen, sondern auch auf Ebene von Produktgruppen einen zentralen Platz in der Wertschöpfungskette für Deutschland ein. So zeigt sich eine überaus starke Abhängigkeit Deutschlands besonders beim Import von Zwischenprodukten wie Seide, TierhaaGlobal isierungsreport 2011

© Prognos 2011

in Deutschland, in Mio. US-Dollar und in Prozent, 2010

ren und medizinisch bzw. pharmazeutischen Erzeugnissen wie Vitamin C aus China (Tabelle 1-2). Die Größenordnung der Importanteile aus China ist in diesen Produktgruppen mit jeweils über 80 % überdurchschnittlich hoch. Einen bemerkenswert hohen absoluten Wert weist die Einfuhr von Laptops aus der Volksrepublik auf. Mit einem Anteil von 75 % an den Gesamtimporten nimmt China in diesem Produktsegment eine überaus wichtige Zulieferfunktion ein. Aufgrund der zusätzlich stark ausgeprägten Weltmarktanteile Chinas würde eine Störung des Handels in diesen Produktgruppen Deutschland vor erhebliche Probleme stellen. In Anbetracht fehlender oder unzureichender Substitutionsmöglichkeiten wären sowohl ein Fertigungs- als auch ein Beschäftigungsrückgang in den von den Zwischenprodukten abhängigen Produktionsbereichen zu erwarten. China kommt somit eine essentielle Rolle als Zulieferer für Vorleistungsgüter zu, die erheblichen Einfluss auf Produktion und Beschäftigung in vielen Bereichen in Deutschland hat. Tabelle 1-2: Importe aus China nach Deutschland und Welthandelsanteil, ausgewählte Branche

Importe in Mio Anteil Importe Welthandels-



US-Dollar aus China anteil China

Seide

22

92%

75%

Tierhaare z. Herstellung v. Besen, Pinsel

25

87%

78%

Vitamin C und seine Derivate

181

86%

64%

Mangan und Waren daraus

116

80%

66%

47

77%

47%

mineral. Rohstoffe wie Baryt, Witherit u.ä. Laptops

10‘355

75%

74%

Vitamin E und seine Derivate

257

75%

39%

Karren mit Hebevorrichtung

52

75%

23%

Küpenfarbstoffe

47

77%

47%

Antibiotika wie Tetracycline u.ä.

30

73%

49%

Neben den vielen Chancen, den der Außenhandel für Deutschland mit sich bringt, birgt nicht nur die enorme Exportabhängigkeit ein Risiko für deutsche Arbeitsplätze. Ebenso spielen die betrachteten und deutlich ausgeprägten Importabhängigkeiten von Zwischen- und Investitionsprodukten aus dem Ausland eine oftmals unterschätzte, jedoch wesentliche Rolle, soweit kurzfristig keine hinreichenden Substitutionsmöglichkeiten bestehen.

© Prognos 2011

Vorleistungs- und Investitionsgüter in Deutschland, in Mio. US-Dollar und in Prozent, 2010

Chancen und Risiken des Außenhandels

1.7 Fazit Deutschland gehört zu den größten Nutznießern der Globalisierung. Kein Land vergleichbarer Größe ist international ähnlich intensiv verflochten; der Außenhandel trägt in der Regel wesentlich zum Wirtschaftswachstum in Deutschland bei. Falls sich die gesamtwirtschaftliche Dynamik in wichtigen Partnerländern aber nachhaltig abschwächt, bekommt dies Deutschland überdurchschnittlich stark zu spüren. In der aktuellen Schuldenkrise und der absehbaren längerfristigen Verringerung des Wachstums in vielen Ländern liegt deshalb für die Bundesrepublik die Gefahr, dass die Exporte sich nicht mehr so dynamisch entwickeln werden wie in der Vergangenheit. Dies gefährdet unmittelbar Wachstum und Arbeitsplätze in Deutschland.

Global isierungsreport 2011

Überdurchschnittlicher Einfluss der globalen Dynamik

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Viele Arbeitsplätze von ausländischer Nachfrage abhängig

Von der ausländischen Nachfrage sind aber nicht nur diejenigen Beschäftigten betroffen, die direkt für den Export produzieren. Über Vorleistungen profitieren auch viele Arbeitsplätze indirekt von der deutschen Ausfuhr. Im Jahr 2007 waren 4,4 Millionen Erwerbstätige direkt und 5,2 Millionen Beschäftigte indirekt vom Export abhängig. Die direkten Effekte werden dabei von der Industrie dominiert, während die indirekten Effekte zu großen Teilen in den Dienstleistungen anfallen. Von den Warenexporten in die Europäische Union profitieren direkt und indirekt 4,4 Millionen Erwerbstätige.

Importbetrachtung nicht zu unterschätzen

Nicht nur die Exporte, sondern auch die Einfuhr von Vorleistungs- und Investitionsgütern tragen einen wesentlichen Teil zur Erhaltung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit bei. Eine besonders wichtige Rolle für Deutschland spielt in diesem Zusammenhang China als wichtigstes Zulieferland. Die alleinige Betrachtung der Exportmärkte wäre eine zu einseitige Perspektive und würde die Bedeutung der Importe insbesondere auf die deutsche Produktion und Beschäftigung zu Unrecht in den Schatten stellen.

Schuldenkrise als Risiko für die Realwirtschaft

Trotz der hohen Dynamik der aufstrebenden Länder wie China und Russland hat deren Nachfrage nach deutschen Gütern nach wie vor eine untergeordnete Beschäftigungswirkung. Von den Exporten in die europäischen Länder und die Vereinigten Staaten profitieren deutlich mehr Erwerbstätige. Vor dem Hintergrund der Schuldenkrise in diesen Ländern ist deshalb große Vorsicht geboten. Eine Eskalation hätte für Deutschland nicht nur hinsichtlich der Finanzwirtschaft weitreichende Folgen, sondern über die Exporte unmittelbar auch für die Realwirtschaft.

18

Global isierungsreport 2011

2 Fokus und Methodik des Prognos Freihandels- und Investitionsindex Als zentraler Bestandteil des Prognos Globalisierungsreports messen wir mit dem Prognos Freihandels- und Investitionsindex jährlich die Attraktivität ausländischer Märkte für deutsche Unternehmen. Mit dem Index geben wir Unternehmen Orientierung bei der Entscheidungsfindung über etwaige Auslandstätigkeiten. Aufgrund der hohen Aussagekraft der im Index verwendeten Indikatoren ist dieser auch für weitere Adressaten wie Verbände oder die Politik von Interesse. So kann der Index beispielsweise bei Fragestellungen der internationalen Handelspolitik ebenfalls eine wichtige Orientierungsgröße darstellen.

Attraktivität von Auslandsmärkten

Der Index dient nicht nur der Erfassung des gesamtwirtschaftlichen Potenzials ausländischer Märkte. Mit der Berücksichtigung eines breiten Spektrums ökonomischer, institutioneller und politisch-gesellschaftlicher Indikatoren werden die relevanten Erfolgsfaktoren für ein Auslandsengagement umfassend abgedeckt. Die Darstellung als Rangliste ermöglicht zudem einen übersichtlichen Vergleich der Länder untereinander. Aussagen darüber, welche Länder und Regionen sich für ein deutsches Auslandsengagement besser eignen als andere, sind damit zentrale Ergebnisse des Prognos Freihandelsund Investitionsindex. Zum einen wird damit die offensichtliche Attraktivität wichtiger Handelspartner Deutschlands identifiziert und auf seine zentrale Bestimmungsgrößen zurückgeführt, zum anderen lassen sich Auslandsmärkte erkennen, deren Attraktivität für deutsche Unternehmen noch vielfach unterschätzt wird.

Erfolgsfaktoren für ein Auslandsengagement

Um unterschiedliche Fragestellungen berücksichtigen zu können, umfasst der Prognos Freihandels- und Investitionsindex die vier Teilranglisten Statik, Dynamik, Exporte und ausländische Direktinvestitionen sowie ein Gesamtranking (Abbildung 2-1):

Vier Teilranglisten und ein Gesamtranking

• Die Teilrangliste Statik bildet die gegenwärtige Attraktivität der ausländischen Märkte ab. • In der Teilrangliste Dynamik wird demgegenüber gezeigt, welche Märkte in den zurückliegenden Jahren am stärksten an Attraktivität gewonnen haben und wie dynamisch sich diese in Zukunft entwickeln, unabhängig vom Ausgangsniveau. • Die Teilranglisten Exporte und ausländische Direktinvestitionen (ADI) berücksichtigen unterschiedliche Arten des Auslandsengagements: Die erste Rangliste zeigt an, in welchen Ländern das größte Exportpotenzial besteht. Die zweite Rangliste verdeutlicht, in welchen Ländern es sich für deutsche Unternehmen anbietet, Direktinvestitionen zu tätigen oder auszuweiten. • Das Gesamtranking ergibt sich aus der Gesamtschau aus Statik und Dynamik. Damit wird zum einen der Tatsache Rechnung getragen, dass ein Markt – auch perspektivisch – nur dann besonders attraktiv sein kann, wenn er bereits heute ein relevantes Niveau aufweist. Zum anderen ist gewährleistet, dass die Attraktivitätsmessung nicht rückwärtsgewandt ist, Global isierungsreport 2011

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mithin solche Märkte besonders hervorstechen, die auch eine Perspektive für die Zukunft aufweisen. Vor diesem Hintergrund fließt in das Gesamtranking die Teilrangliste Statik mit deutlich höherem Gewicht ein als die Teilrangliste Dynamik. Das Gesamtranking misst dann im umfassendsten Sinne die Attraktivität der ausländischen Märkte aus der Perspektive deutscher Unternehmen. Abbildung 2-1: Aufbau des Prognos Freihandels- und Investitionsindex Gesamtranking

Statik

Länderspezifische Gegebenheiten in 34 Einzelindikatoren

© Prognos 2011

Exporte

Dynamik

ADI

Für eine angemessene Kalkulation der Chancen und Risiken eines Auslandsengagements sind umfassende Kenntnisse über länderspezifische Gegebenheiten erforderlich. Relevant sind dabei nicht nur detaillierte Informationen über einzelne Märkte, sondern insbesondere gesamtwirtschaftliche sowie institutionelle und politisch-gesellschaftliche Merkmale. Der Prognos Freihandels- und Investitionsindex trägt dieser Tatsache Rechnung, indem er auf einer Vielzahl solcher zentraler Standortfaktoren ausländischer Märkte basiert und dadurch wichtige Ansatzpunkte für die Einschätzung des Erfolges eines Auslandsengagements zur Verfügung stellt. 34 Einzelindikatoren werden zu neun Subindizes zusammengeführt und erlauben somit eine ausführliche Beschreibung der Export- und Investitionsbedingungen der untersuchten Volkswirtschaften (Tabelle 2-1).

Tabelle 2-1: Übersicht der untersuchten Volkswirtschaften Ägypten

El Salvador

Algerien

Elfenbeinküste Kasachstan

Kanada

Angola

Estland Katar Panama Syrien

Argentinien Finnland Kenia

Österreich

Sudan

Pakistan

Südkorea

Peru

Taiwan

Aserbaidschan Frankreich Kolumbien Philippinen Thailand Äthiopien

Ghana

Kroatien

Polen

Trinidad und Tobago

Australien

Griechenland

Kuwait

Portugal

Tschechische Republik

Bahrain

Guatemala Lettland Rumänien Tunesien

Bangladesch Hongkong Libanon Russland Türkei Belarus

Indien

Belgien

Indonesien Litauen

Brasilien

Iran

Luxemburg Schweiz

Bulgarien

Irland

Malaysia Serbien Uruguay

Chile

Island

Marokko Simbabwe Usbekistan

China

Israel

Mexiko Singapur Venezuela

Costa Rica

Italien

Neuseeland

Slowakei

Vereinigte Arabische Emirate

Dänemark

Japan

Niederlande

Slowenien

Vereinigtes Königreich

Deutschland

Jemen

Nigeria

Spanien

Vereinigte Staaten

Dominikanische Rep.

Jordanien

Norwegen

Sri Lanka

Vietnam

Ecuador

Kamerun Oman

20

Saudi-Arabien Turkmenistan Schweden Ukraine Ungarn

Südafrika Zypern

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© Prognos 2011

Libyen

Die Einzelindikatoren werden teilweise durch international anerkannte Indizes dargestellt. So werden etwa der Human Development Index (HDI), der Corruption Perception Index (CPI), der Ease of Doing Business Index sowie ausgewählte Indizes des World Economic Forum verwendet. Die übrigen Indikatoren werden hauptsächlich mittels Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Vereinten Nationen (UN) und der Welthandelsorganisation (WTO) berechnet, wobei jeweils der jüngste verfügbare Datenstand abgebildet wird.

Datenquellen

Aufgrund der unterschiedlichen Skalierungen der Einzelindikatoren ist eine Normierung der Daten auf einen Wertebereich zwischen 0 und 10 erforderlich. Das Land mit der besten Ausprägung des jeweiligen Indikators erhält dabei den Wert 10, das Land mit der schlechtesten Ausprägung den Wert 0. Um Verzerrungen vorzubeugen werden extreme Ausreißer mit Dämpfungsfaktoren belegt.

Normierung

Die normierten Einzelindikatoren werden zu neun Subindizes zusammengefasst. Die anschließende Gewichtung der Subindizes berücksichtigt die unterschiedlichen Zielsetzungen des Auslandsengagements deutscher Unternehmen, indem sie nach der Ausrichtung der Teilrankings variiert. So wird beispielsweise die Marktgröße, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, in der Teilrangliste Exporte stärker gewichtet als in der Teilrangliste ausländische Direktinvestitionen.

Gewichtung

Tabelle 2-2: Die Subindizes und Einzelindikatoren des Prognos Freihandels- und Investitionsindex 1. Marktgröße

6. Stabilität

1.1 Bruttoinlandsprodukt

6.1 Sovereign Credit Ranking



6.2 Inflation

2. Offenheit

6.3 Leistungsbilanzsaldo

2.1 Offenheitsgrad

6.4 Politische Stabilität

2.2 Direktinvestitionen

6.5 Wechselkursveränderungen gegenüber dem Euro

2.3 Integrationsstand 2.4 Zölle gegenüber der EU

7. Bildung, FuE, Innovationen

2.5 Nicht-tarifäre Handelshemmnisse

7.1 Sekundäre Bildung

2.6 Handelsstreitigkeiten

7.2 Tertiäre Bildung



7.3 Verfügbarkeit Naturwissenschaftler und Ingenieure

3. Entwicklungsstand

7.4 FuE-Ausgaben von Privatunternehmen

3.1 Einkommen je Einwohner 3.2 Human Development Index

8. Markteffizienz

3.3 Intra-industrieller Handel

8.1 Kapitalverkehrsrestriktionen

3.4 Urbanisierungsgrad

8.2 Kapitalmarktvollkommenheit



8.3 Lohnzusatzkosten

4. Institutionen/ Infrastruktur

8.4 Löhne und Produktivität

4.1 Eigentumsrechte

8.5 Lokaler Wettbewerb

4.2 Regulierungsdichte

8.6 Antimonopolregeln

4.3 Infrastruktur

8.7 Verbreitung ausländischer Eigentümer



9. Entfernung zu Deutschland

5. Praktische Geschäftstätigkeit

9.1 Distanz der Hauptstädte

5.1 Ease of Doing Business Index

9.2 Seeweg

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© Prognos 2011

4.4 Korruption

21

Für 100 Volkswirtschaften

22

Erstellt wird der Prognos Freihandels- und Investitionsindex für 100 Volkswirtschaften einschließlich der Europäischen Union als Aggregat (ohne Deutschland). Maßgeblich für die Länderauswahl ist die Marktgröße gemessen am Bruttoinlandsprodukt aus dem Jahr 2007, in dem der Globalisierungsreport erstmalig erschienen ist. Das Spektrum der Volkswirtschaften reicht von den Vereinigten Staaten mit einem Bruttoinlandsprodukt von 14,7 Billionen USDollar bis hin zu Simbabwe mit einer Wirtschaftsleistung in Höhe von 5,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010 (Tabelle 2-2).

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3 Ergebnisse des Prognos Freihandelsund Investitionsindex 3.1

Die attraktivsten Auslandsmärkte 2011

Nachdem die globale Finanz- und Wirtschaftskrise noch im letzten Jahr beinahe überwunden schien und sich einige Volkswirtschaften auf einem dynamischen Erholungskurs befanden, wurde die Weltwirtschaft in diesem Jahr durch die übermäßige Verschuldung zahlreicher Staaten des Euro-Raums sowie der Vereinigten Staaten deutlich beeinträchtigt. Das Ranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex trifft keine Aussagen über die absolute, sondern über die relative Attraktivität der 100 Auslandsmärkte und zeigt damit auch, in welchen Ländern die wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen stärker unter der Krise leiden als in anderen.

Die Wirkung der Schuldenkrise auf die relative Attraktivität

Die Rangfolge der attraktivsten Auslandsmärkte für deutsche Unternehmen wird einerseits durch das Gesamtranking (Tabelle 3-1) und andererseits durch vier fokusspezifische Teilranglisten (Tabellen 3-2 bis 3-5) abgebildet.

Rangfolge

Trotz der gegenwärtigen prekären Situation in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten liegen die attraktivsten Märkte für deutsche Unternehmen weiterhin in Europa und Nordamerika sowie in Asien. Innerhalb Europas belegen vor allem nord- und westeuropäische Länder vordere Ränge, während die ost- und insbesondere die südeuropäischen Länder, die am stärksten von der Schuldenkrise betroffen sind, entweder nicht weiter aufschließen konnten oder zusätzlich an Attraktivität einbüßten. Mit Singapur (Rang 2), Hong Kong (Rang 4) und Japan (Rang 11) erreichen drei asiatische Länder Platzierungen unter den ersten 15. Zudem verbesserte sich China seit dem vergangenen Jahr um 9 Positionen auf Rang 22 und nähert sich somit immer mehr der Spitze des Gesamtrankings.

Europäische, nordamerikanische und asiatische Länder am attraktivsten

Das Dynamikranking wird von den asiatischen Ländern dominiert. Gleich acht Staaten befinden sich unter den ersten zehn Nationen dieser Teilrangliste. Darunter unter anderem China (Rang 3) und Indien (Rang 6). Einige europäische Länder und die Vereinigten Staaten, die heute die attraktivsten Auslandsmärkte für deutsche Unternehmen darstellen und im Statikranking die besten Plätze belegen, weisen hingegen eine vergleichsweise geringe Dynamik auf. Dies basiert zum einen auf den aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Zum anderen sind mit fortschreitendem Entwicklungsstand einer Volkswirtschaft und insbesondere seines institutionellen Gefüges - weitere Zuwächse zum Teil nur schwer zu realisieren.

Asiatische Länder mit höchster Dynamik

Die Teilrangliste Exporte macht deutlich, dass vor allem europäische Länder – insbesondere die Nachbarländer Deutschlands – neben den Vereinigten Staaten (Rang 2) die besten Bedingungen für deutsche Exporte bieten. Die Teilrangliste ausländische Direktinvestitionen (ADI) schließlich wird angeführt von Singapur. Mit Hong Kong (Rang 6) und Japan (Rang 10) sind zwei weitere asiatische Länder weit vorne platziert. Daneben bieten sich in europäischen und nordamerikanischen Ländern die größten Chancen für ein erfolgreiches Investitionsengagement.

Teilranglisten Exporte und Investitionen

Global isierungsreport 2011

23

Tabelle 3-1: Gesamtranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex 2011 Rang Volkswirtschaft Indexwert

Rang Volkswirtschaft Indexwert

1

EU

7.10

51 Thailand

2

Singapur

7.00

52 Türkei

4.63

3

Vereinigte Staaten

6.93

53 Kroatien

4.62

4

Hongkong

6.79

54 Panama

4.57

5

Vereinigtes Königreich

6.68

55 Peru

4.56

6

Schweden

6.67

56 Marokko

4.40

7

Niederlande

6.66

57 Aserbaidschan

4.39

8

Schweiz

6.65

58 Jordanien

4.36

9

Frankreich

6.64

59 Kolumbien

4.33

10

Finnland

6.61

60 Griechenland

4.33

11

Japan

6.55

61 Brasilien

4.29 4.23

12

Dänemark

6.52

62

13

Luxemburg

6.41

63 Kasachstan

4.21

14

Belgien

6.37

64

4.09

15

Österreich

6.29

65 Uruguay

4.03

16

Norwegen

6.26

66

4.03

17

Estland

5.99

67 Ghana

4.00

18

Kanada

5.91

68 Serbien

4.00

19

Irland

5.87

69 Libanon

3.95

20

Katar

5.85

70 Vietnam

3.91

21

Spanien

5.81

71 Indien

3.85

22

China

5.67

72 Guatemala

3.84

23

Island

5.66

73 Ägypten

3.83

24

Vereinigte Arabische Emirate

5.65

74 Belarus

3.82

25

Litauen

5.59

75 Libyen

3.82

El Salvador Costa Rica

26

Slowenien

5.57

76 Indonesien

3.82

27

Südkorea

5.55

77 Russland

3.79

28

Saudi-Arabien

5.55

78

Sri Lanka

3.78

29

Australien

5.53

79

Dominikanische Republik

3.69

30

Israel

5.53

80 Algerien

3.62

31

Zypern

5.48

81 Ukraine

3.61

32

Neuseeland

5.44

82 Syrien

3.57

33

Portugal

5.44

83 Ecuador

3.54

34

Slowakische Republik

5.42

84 Kenia

3.53

35

Bahrain

5.41

85 Elfenbeinküste

3.51

36

Italien

5.41

86 Argentinien

3.50

37

Malaysia

5.38

87 Kamerun

3.45

38

Ungarn

5.36

88 Philippinen

3.34

39

Lettland

5.34

89 Bangladesch

3.34

40

Tschechische Republik

5.33

90 Nigeria

3.31

41

Taiwan

5.31

91 Turkmenistan

3.30

42

Polen

5.31

92 Pakistan

3.29

43

Chile

5.16

93 Iran

3.28

44

Oman

5.08

94 Äthiopien

3.12

45

Tunesien

5.02

95 Jemen

3.08

46

Kuwait

4.99

96 Angola

2.75

47

Bulgarien

4.99

97 Venezuela

2.74

48

Mexiko

4.75

98 Usbekistan

2.72

49

Südafrika

4.75

99 Sudan

2.55

50

Rumänien

4.69

100 Simbabwe

2.54

24

Global isierungsreport 2011

© Prognos 2011

Trinidad und Tobago

4.64

Tabelle 3-2: Teilrangliste Statik des Prognos Freihandels- und Investitionsindex 2011 Rang Volkswirtschaft Indexwert

Rang Volkswirtschaft Indexwert

1 EU

7.40

51 Kroatien

2 Singapur

7.28

52 Türkei

4.66

3

Vereinigte Staaten

7.23

53 Thailand

4.64

4

Vereinigtes Königreich

6.96

54 Peru

4.46

6.91

55 Panama

4.45

6 Schweden

6.90

56 Jordanien

4.41

7 Schweiz

6.86

57 Griechenland

4.38

8 Niederlande

6.84

58 Marokko

4.35

9 Finnland

6.84

59 Aserbaidschan

4.32

10 Japan

6.82

60 Kolumbien

4.29

11 Dänemark

6.78

61 Brasilien

4.26

12 Hongkong

6.77

62 Kasachstan

4.18

13 Luxemburg

6.66

63

Trinidad und Tobago

4.15

14 Belgien

6.59

64

El Salvador

4.08

15 Österreich

6.49

65

Costa Rica

4.02

16 Norwegen

6.48

66 Uruguay

3.94

17 Estland

6.22

67 Serbien

3.94

18 Kanada

6.12

68 Ghana

3.90

19 Irland

6.10

69 Libanon

3.83

20 Spanien

6.01

70 Guatemala

3.81

21 Katar

5.84

71 Libyen

3.78

22 Island

5.83

72 Belarus

3.77 3.77

5.75

73 Vietnam

24 Litauen

23

Vereinigte Arabische Emirate

5.68

74 Ägypten

3.76

25 Australien

5.66

75

3.75

26 China

5.65

76 Russland

3.74

27 Slowenien

5.65

77 Indonesien

3.74

28 Saudi-Arabien

5.65

78 Indien

3.67

29 Israel

5.64

79 Ukraine

3.61

30 Neuseeland

5.60

80

3.58

31 Südkorea

5.59

81 Algerien

3.52

32 Zypern

5.58

82 Syrien

3.48

33 Portugal

5.57

83 Kenia

3.46

34 Bahrain

5.56

84 Elfenbeinküste

3.43

35 Italien

5.55

85 Ecuador

3.40

36 Malaysia

5.51

86 Argentinien

3.37

37 Lettland

5.50

87 Kamerun

3.32

38

5.45

88 Philippinen

3.32

39 Ungarn

5.43

89 Iran

3.24

40

5.40

90 Pakistan

3.19

5.34

91 Nigeria

3.19

Slowakische Republik Tschechische Republik

41 Polen

Sri Lanka

Dominikanische Republik

42 Taiwan

5.32

92 Bangladesch

3.15

43 Chile

5.21

93 Turkmenistan

3.07

44 Kuwait

5.09

94 Jemen

2.97

45 Oman

5.08

95 Äthiopien

2.94

46 Bulgarien

5.03

96 Venezuela

2.73

47 Tunesien

5.01

97 Angola

2.52

48 Mexiko

4.78

98 Usbekistan

2.51

49 Südafrika

4.78

99 Simbabwe

2.46

50 Rumänien

4.74

100 Sudan

2.34

Global isierungsreport 2011

25

© Prognos 2011

5 Frankreich

4.68

Tabelle 3-3: Teilrangliste Dynamik des Prognos Freihandels- und Investitionsindex 2011 Rang Volkswirtschaft Indexwert

Rang Volkswirtschaft Indexwert

1 Hongkong

6.96

51 Israel

4.49

2 Katar

5.94

52 Serbien

4.48

3 China

5.85

53 Österreich

4.46

4 Panama

5.63

54 Sudan

4.45

5 Peru

5.52

55 Ägypten

4.45

6 Indien

5.41

56 Belgien

4.44

7 Turkmenistan

5.33

57 Australien

4.43

8 Taiwan

5.27

58 Nigeria

4.42

9 Südkorea

5.22

59 EU

4.40

10 Vietnam

5.17

60 Türkei

4.36

11

5.11

61 Portugal

4.30

12 Oman

5.09

62 Syrien

4.29

13 Libanon

5.09

63 Belarus

4.28

14 Niederlande

5.08

64 Frankreich

4.27

15 Aserbaidschan

5.06

65 Russland

4.27

16 Tunesien

5.06

66 Elfenbeinküste

4.27

17 Bangladesch

5.02

67 Norwegen

4.26

18 Polen

5.01

68 Malaysia

4.26

19

4.94

69

Vereinigte Staaten

4.25

Trinidad und Tobago

20 Ghana

4.94

70 Rumänien

4.25

21 Marokko

4.87

71

4.24

22 Angola

4.85

72 Luxemburg

4.24

23 Uruguay

4.85

73 Kuwait

4.18

24 Slowenien

4.84

74 Libyen

4.17

25 Ecuador

4.80

75 Japan

4.17

26 Schweiz

4.79

76 Pakistan

4.16

27 Litauen

4.79

77

4.16

28

Vereinigte Arabische Emirate

El Salvador

Vereinigtes Königreich

4.74

78 Kroatien

4.14

29 Äthiopien

4.74

79 Kenia

4.12

30 Ungarn

4.70

80

4.12

31 Kolumbien

4.70

81 Italien

32

4.69

82 Dänemark

4.11

33 Usbekistan

4.69

83 Bahrain

4.09

34 Chile

4.68

84 Guatemala

4.09

35 Thailand

4.67

85

4.08

36 Argentinien

4.67

86 Island

4.08

37 Saudi-Arabien

4.66

87 Jemen

4.08

38 Bulgarien

4.64

88 Kanada

4.06

39

Tschechische Republik

Costa Rica

4.11

4.62

89 Spanien

4.04

40 Schweden

4.61

90 Neuseeland

4.04

41 Finnland

4.60

91 Jordanien

3.97

42 Zypern

4.59

92 Estland

3.91

43 Kamerun

4.57

93 Lettland

3.90

44 Singapur

4.56

94 Griechenland

3.86

45 Indonesien

4.56

95 Irland

3.86

46 Brasilien

4.55

96 Ukraine

3.64

47 Kasachstan

4.54

97 Iran

3.62

48 Algerien

4.53

98 Philippinen

3.59

49 Südafrika

4.50

99 Simbabwe

3.30

50 Mexiko

4.50

100 Venezuela

2.89

26

Dominikanische Republik

Sri Lanka

Global isierungsreport 2011

© Prognos 2011

Slowakische Republik

Tabelle 3-4: Teilrangliste Exporte des Prognos Freihandels- und Investitionsindex 2011 Rang Volkswirtschaft Indexwert

Rang Volkswirtschaft Indexwert

1 EU

7.92

51 Südafrika

2

Vereinigte Staaten

7.39

52 Griechenland

4.49

3

Vereinigtes Königreich

7.06

53 Taiwan

4.45

4 Frankreich

6.95

54 Marokko

4.31

5 Niederlande

6.65

55 Peru

4.31

6 Schweden

6.57

56 Belarus

4.28

7 Japan

6.55

57 Panama

4.28

8 Dänemark

6.47

58 Thailand

4.25

9 Belgien

6.44

59 Jordanien

4.23

10 Singapur

6.37

60 Brasilien

4.23

11 Finnland

6.35

61 Libyen

4.22

12 Schweiz

6.33

62 Kolumbien

4.20

13 Luxemburg

6.32

63 Serbien

4.09

14 Österreich

6.28

64 Aserbaidschan

4.02

15 Norwegen

6.17

65 Ghana

4.00

16 Spanien

6.07

66

3.94

17 Hongkong

6.00

67 Kasachstan

3.87

18 Estland

5.98

68

3.84

19 Italien

5.78

69 Russland

3.78

20 Irland

5.71

70 Ägypten

3.77

21 Kanada

5.65

71

3.77

22 China

5.64

72 Libanon

Costa Rica

Trinidad und Tobago Dominikanische Republik

3.73

23 Litauen

5.62

73

24 Island

5.60

74 Ukraine

3.62

3.63

25 Ungarn

5.51

75 Guatemala

3.62

26 Portugal

5.50

76 Algerien

3.59

27 Slowenien

5.50

77 Indien

3.58

28 Lettland

5.49

78 Uruguay

3.58

29 Israel

5.48

79 Vietnam

3.48

30

Slowakische Republik

5.44

80

3.47

31

Vereinigte Arabische Emirate

Sri Lanka

5.41

81 Syrien

3.47

32 Polen

5.39

82 Argentinien

3.38

33 Katar

5.35

83 Indonesien

3.37

34

5.25

84 Turkmenistan

3.35

35 Bahrain

Tschechische Republik

5.21

85 Ecuador

3.34

36 Südkorea

5.20

86 Pakistan

3.33

37 Saudi-Arabien

5.19

87 Kenia

3.32

38 Bulgarien

4.99

88 Elfenbeinküste

3.31

39 Malaysia

4.95

89 Iran

3.30

40 Zypern

4.94

90 Kamerun

3.27

41 Tunesien

4.88

91 Nigeria

3.26

42 Australien

4.88

92 Venezuela

3.11

43 Türkei

4.87

93 Jemen

3.06

44 Mexiko

4.85

94 Bangladesch

3.05

45 Kuwait

4.83

95 Philippinen

3.05

46 Rumänien

4.81

96 Angola

2.84

47 Neuseeland

4.74

97 Äthiopien

2.79

48 Oman

4.64

98 Simbabwe

2.58

49 Chile

4.59

99 Sudan

2.55

50 Kroatien

4.57

100 Usbekistan

2.52

Global isierungsreport 2011

27

© Prognos 2011

El Salvador

4.54

Tabelle 3-5: Teilrangliste ausländische Direktinvestitionen des Prognos Freihandels- und Investitionsindex 2011 Rang Volkswirtschaft Indexwert

Rang Volkswirtschaft Indexwert

1 Singapur

8.06

51 Peru

4.87

2 Schweden

7.44

52 Mexiko

4.83

3 Finnland

7.39

53 Panama

4.79

4 Schweiz

7.38

54 Rumänien

4.74

5

7.38

55 Jordanien

4.71

6 Hongkong

7.34

56 Kolumbien

4.70

7 Dänemark

7.22

57 Kroatien

4.46

8

7.19

58 Marokko

4.45

9 EU

7.14

59

Sri Lanka

4.45

10 Japan

7.13

60 Griechenland

4.35

11 Frankreich

7.12

61 Aserbaidschan

4.32 4.29

Vereinigte Staaten

12 Niederlande

7.10

62

13 Luxemburg

6.90

63 Brasilien

4.28

14 Norwegen

6.85

64 Ghana

4.27

15 Österreich

6.79

65

Costa Rica

4.24

16 Belgien

6.79

66

Trinidad und Tobago

4.20

17 Neuseeland

6.64

67 Kasachstan

4.17

18 Estland

6.58

68 Vietnam

4.14

19 Kanada

6.55

69 Uruguay

4.12

20 Irland

6.44

70 Indonesien

4.09

21 Australien

6.44

71 Guatemala

4.04

22 Saudi-Arabien

6.35

72 Ägypten

4.00

23 Island

6.29

73 Indien

3.95

24 Bahrain

6.25

74 Kenia

3.87

25 Malaysia

6.23

75 Serbien

3.67

26 Katar

6.23

76

3.66

27 Südkorea

6.17

77 Pakistan

28

Vereinigte Arabische Emirate

El Salvador

Dominikanische Republik

3.65

6.16

78 Libanon

3.58

29 Taiwan

6.14

79 Philippinen

3.46

30 Spanien

6.13

80 Bangladesch

3.42

31 Israel

6.12

81 Belarus

3.37

32 Chile

5.86

82 Nigeria

3.35

33 Portugal

5.78

83 Iran

3.35

34 Litauen

5.78

84 Kamerun

3.34

35 Zypern

5.69

85 Ecuador

3.33

36 Slowenien

5.67

86 Argentinien

3.33

37 Lettland

5.62

87 Ukraine

3.32

38 China

5.54

88 Syrien

3.31

39

5.53

89 Elfenbeinküste

3.27

40 Tunesien

5.53

90 Algerien

3.12

41 Ungarn

5.50

91 Russland

3.11

42

Tschechische Republik

5.45

92 Äthiopien

3.02

43 Oman

5.44

93 Jemen

2.85

44 Polen

5.32

94 Simbabwe

2.59

45 Südafrika

5.32

95 Libyen

2.50

46 Thailand

5.24

96 Venezuela

2.36

47 Italien

5.19

97 Turkmenistan

2.35

48 Bulgarien

4.94

98 Angola

2.27

49 Türkei

4.93

99 Sudan

2.18

50 Kuwait

4.88

100 Usbekistan

1.48

28

Slowakische Republik

Global isierungsreport 2011

© Prognos 2011

Vereinigtes Königreich

3.2

Die Attraktivität ausgewählter Weltregionen und Länder

3.2.1

Europäische Union und Vereinigte Staaten trotz Krise weiter vorne

Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten gehören zu den am stärksten von der Schuldenkrise betroffenen Regionen. So verwundert es nicht, dass das politische und wirtschaftliche Geschehen derzeit vor allem durch das Krisenmanagement bestimmt wird. Die Meinungsverschiedenheiten der beiden weltweit größten Volkswirtschaften treten dabei teilweise offen zutage. So kritisierte der US-amerikanische Staatspräsident Obama anfänglich das aus seiner Sicht fehlende beherzte Vorgehen der Europäischen Union. Umgekehrt zeigt man sich in Europa aufgrund der durch immer höhere Konjunkturpakete ansteigenden Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten zumindest besorgt. Im Prognos Freihandels- und Investitionsindex schlagen sich diese Prozesse in beiden Volkswirtschaften negativ in der gesamtwirtschaftlichen Stabilität nieder. In den Vereinigten Staaten (Rang 36 in diesem Subindex) lag dies unter anderem an der rückläufigen politischen Stabilität (-12 Plätze) und an der Verschlechterung des Indikators Sovereign Credit Ranking (-14 Plätze). In der Europäischen Union fallen die Verluste bezüglich der Stabilität nicht ganz so massiv aus (Rang 25), sind jedoch auch primär auf die verminderte politische Stabilität (-8 Plätze) zurückzuführen.

Gesamtwirtschaftliche Stabilität leidet unter der Schuldenkrise

Der Prognos Freihandels- und Investitionsindex verdeutlicht jedoch auch, dass die Vereinigten Staaten und die Europäische Union aus deutscher Sicht weiterhin zu den attraktivsten Auslandsmärkten zählen. So können beide in der Teilrangliste Statik insbesondere durch ihre Marktgröße, den hohen Entwicklungsstand und die günstigen Investitionsbedingungen überzeugen. Ein ähnlich gutes Bild findet sich in den Teilranglisten Exporte und ADI, in der sich die beiden Volkswirtschaften noch unter den ersten zehn befinden. Folgerichtig belegt die Europäische Union auch im Jahr 2011 weiterhin den ersten Platz im Gesamtranking, die Vereinigten Staaten finden sich auf Rang drei (Abbildung 3-1).

Attraktivität für deutsche Unternehmen bleibt dennoch ungebrochen

Abbildung 3-1: Platzierungen der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten in den Ranglisten Rang 1 10 20 30 40 50 60 80 90 100 Gesamtranking Europäische Union

Statik

Dynamik

Exporte

ADI

© Prognos 2011

70

Vereinigte Staaten

Global isierungsreport 2011

29

Europäische Union – Heterogenität nimmt weiter zu, Marktgröße und Marktzugang bleiben Trumpf Große Heterogenität innerhalb der Europäischen Union

Trotz eines gemeinsamen Binnenmarktes sowie einer gemeinsamen Währung in gegenwärtig 17 Ländern stellt die Europäische Union - nicht erst seit dem jüngsten Aufkommen der massiven ökonomischen Ungleichgewichte - einen sehr heterogenen Wirtschaftsraum dar, der sich auch in den unterschiedlich guten Platzierungen der Mitgliedstaaten im Gesamtranking wiederspiegelt (Tabelle 3-6). So sind die nach und nach angestiegenen Leistungsbilanzungleichgewichte in weiten Teilen Ergebnis einer seit Jahren auseinanderlaufenden Produktivitätsentwicklung zwischen den einzelnen EU-Ländern. Die fehlende Möglichkeit von nominalen Wechselkursanpassungen ist insbesondere im Euro-Raum eine Ursache der aktuellen Probleme. Die Summe der Leistungsbilanzdefizite Griechenlands, Italiens, Portugals und Spaniens entsprach im Jahr 2010 in etwa der Summe des deutschen Leistungsbilanzüberschusses. Obwohl in der Folge zunächst nur die von den Ungleichgewichten betroffenen Länder in die Krise geschlittert waren, weitete sich diese immer mehr auf den gesamten Euro-Raum aus und ist mittlerweile das dominierende politische Thema in der Europäischen Union4.

Tabelle 3-6: Gesamtranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex für die Länder der EU-27 (ohne Deutschland und Malta)

2009

Indexwert 2010

2011

Platzierung 2009

2010

Rangdifferenz

2011

2009-2011

Zypern

5.39 5.83 5.48

38 22 31

Litauen

5.54 5.62 5.59

32 34 25

7 7

Schweden

6.71 6.94 6.67

10 5 6

4

Estland

5.88 6.06 5.99

20 19 17

3

Finnland

6.60 6.72 6.61

13 13 10

3

Rumänien

4.85 4.87 4.69

52 48 50

Niederlande

6.73 6.77 6.66

Luxemburg

6.38 6.74 6.41

Polen

5.21

Lettland

5.27 5.38 5.34

40 41 39

1

Irland

6.02 6.11 5.87

19 18 19

0

Bulgarien

5.01 5.13 4.99

46 46 47

-1

Österreich

6.50 6.55 6.29

14 15 15

-1

Dänemark

6.71 6.78 6.52

11 10 12

-1

5.31

2

7

2

15 12 13

2

43

1

37

42

Vereinigtes Königreich

7.01 7.02 6.68

Belgien

6.60 6.60 6.37

12 14 14

-2

Slowenien

5.69 5.79 5.57

23 26 26

-3

Frankreich

6.81 6.89 6.64

Spanien

6.10 6.04 5.81

18 20 21

-3

Ungarn

5.51 5.80 5.36

34 25 38

-4

Slowakische Republik

5.60

27

Portugal

5.63 5.66 5.44

Tschechische Republik

5.53

Italien

5.71 5.73 5.41

22 29 36

-14

Griechenland

5.01 4.79 4.33

45 51 60

-15

5.57 5.62

5.42 5.33

4 4 5

6 6 9

35

34

26 32 33 33

33

40

4 Für eine detailliertere Betrachtung der ursprünglich von der Krise betroffenen Länder sei auf Kapitel 3.2.2 verwiesen. 30

Global isierungsreport 2011

-1

-3

-7 -7 -7

© Prognos 2011

5.47

9 11

Die Krise beschränkt sich in ihren Auswirkungen auf die europäische Politik allerdings nicht nur auf deren Agenda, sondern führt auch insgesamt zu einer Verminderung der politischen Stabilität (Rang 37). Im Zusammenspiel mit den jüngsten Herabstufungen bei den Bonitätsrankings einiger Mitgliedstaaten (EU insgesamt: Rang 20) führt dies im Prognos Freihandels- und Investitionsindex zu einer deutlichen Verschlechterung der Stabilität um fünf Plätze (Rang 25)5. Weiter verbessern konnte sich der Wirtschaftsraum der Europäischen Union hingegen bei der ohnehin bereits hohen Offenheit (Rang 19). Diesbezüglich zeigt sich der Europäische Binnenmarkt, in dem keine Zölle oder nicht-tarifäre Handelshemmnisse existieren, als spürbarer Vorteil gegenüber den Vereinigten Staaten. Wie bereits in der Vergangenheit zeichnet sich die Europäische Union aus deutscher Sicht neben dem guten Marktzugang nicht zuletzt durch die geografische Nähe und die Größe der Absatzmärkte aus. Nimmt man all diese Faktoren zusammen, so belegt die Europäische Union im Gesamtranking auch weiterhin den ersten Platz.

Einfacher Marktzugang in der EU

Über den weiteren Krisenverlauf in der Europäischen Union kann derzeit nur spekuliert werden. Verschiedenste Szenarien von einer Lösung innerhalb der bestehenden Strukturen bis hin zum Austritt eines oder mehrerer Länder aus der Währungsunion sind denkbar. Entscheidend wird neben der Sanierung der Staatshaushalte vor allem sein, die Wettbewerbsfähigkeit durch eine reale Abwertung in den Krisenländern wiederherzustellen. In der Krisenbekämpfung kommt erschwerend hinzu, dass diese oftmals von divergierenden nationalen Interessen bestimmt ist und die Entschlussfähigkeit der Akteure somit weiter reduziert wird. Auch nach einer erfolgreichen - in welcher Weise auch immer erreichten - Lösung der gegenwärtigen Krise wird die Europäische Union den Charakter eines heterogenen Wirtschaftsraumes behalten. Die Frage nach geeigneten Standorten für Direktinvestitionen sowie nach geeigneten Exportdestinationen werden deutsche Unternehmen langfristig noch stärker als in der Vergangenheit anhand länderspezifischer Eigenschaften entscheiden müssen. Der Europäische Binnenmarkt ist ein gemeinsamer Markt, er ist jedoch kein einheitlicher Markt.

Länderspezifische Eigenschaften werden wichtiger

Vereinigte Staaten Im Gegensatz zur Europäischen Union liegt die Ursache der Schuldenkrise in den Vereinigten Staaten nicht an der unterschiedlichen Wettbewerbsfähigkeit einzelner Bundesstaaten. Die Schuldenlast stieg bereits vor der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 unter anderem durch die immensen Kosten des Iraksowie des Afghanistans-Kriegs stark an. Durch die als Reaktion auf die Krise verabschiedeten milliardenschweren Konjunkturpakete wurde das Problem weiter verstärkt und spitzte sich zu, als sich die US-Wirtschaft entgegen der in die Konjunkturpakete gesetzten Hoffnungen nicht entscheidend erholen konnte. Aufgrund der mittlerweile äußerst angespannten Haushaltslage und der politischen Querelen um eine weitere Erhöhung der Schuldengrenze, wurde den Vereinigten Staaten von der Ratingagentur Standard and Poor’s im August 2011 erstmals in der Geschichte das AAA-Rating entzogen.

Konjunkturpakete zeigen nicht die gewünschte Wirkung

5 Seit dem Globalisierungsreport 2010 erfuhren lediglich Tschechien, Estland, Lettland und Rumänien eine Verbesserung im Bonitätsranking. Im gleichen Zeitraum fanden hingegen Abwertungen für Griechenland, Ungarn, Irland, Italien, Portugal, Slowenien, Spanien und Zypern statt. Da weitere Rückstufungen zum derzeitigen Standpunkt jederzeit möglich erscheinen, kann ein weiterer Stabilitätsrückgang nicht ausgeschlossen werden. Global isierungsreport 2011

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Veränderungen der Rahmenbedingungen

Die Rückstufung im Bonitätsrating hat zur Folge, dass der ehemals „weltbeste Schuldner“ in dieser Kategorie nun nur noch auf Platz 15 rangiert. Unter der sich zuspitzenden Krise stieg das Leistungsbilanzdefizit zudem weiter an, was sich in Kombination mit der abnehmenden politischen Stabilität (Rang 42) negativ auf die Gesamtstabilität des Landes auswirkt (Rang 34). Weitere negative Entwicklungen zeigen sich zudem in den für Unternehmen und Institutionen wichtigen Bereichen Infrastruktur und Regulierungsdichte, bei denen die Vereinigten Staaten jeweils drei Plätze verloren. Verbessern konnten sich die Vereinigten Staaten hingegen in den Feldern, in denen sie ohnehin in den vorderen Bereichen lagen. So wurde die Markteffizienz weiter gesteigert (Rang 10), und auch beim Entwicklungsstand konnten sich die Vereinigten Staaten um zwei Plätze verbessern (Rang 7).

Attraktivität der Vereinigten Staaten bleibt hoch

Neben diesen Tendenzen zeichnet sich die weiterhin hohe Attraktivität der Vereinigten Staaten jedoch vor allem dadurch aus, dass wichtige Parameter auch in der Krise eine hohe Konstanz aufweisen. So bestechen die Vereinigten Staaten selbstverständlich weiterhin mit dem weltweit größten Markt. Auch die hervorragenden Möglichkeiten bei der praktischen Geschäftstätigkeit haben nicht gelitten (Rang 5). Traditionell schlecht aufgestellt sind die Vereinigten Staaten hingegen im Bereich der Marktoffenheit (Rang 99). Aus deutscher Sicht erweist sich dieser Aspekt sowie die Entfernung zu Deutschland vor allem im Vergleich mit der Europäischen Union als entscheidender Nachteil (Abbildung 3-2). In der Summe verlieren die Vereinigten Staaten im Gesamtranking erstmals seit 2008 den zweiten Platz und rangieren nun hinter Singapur auf Rang drei. Abbildung 3-2: Subindizes der Rangliste Statik für die Vereinigten Staaten und die Europäische Union, Wert 0 (schlechteste Ausprägung) bis 10 (beste Ausprägung)

Entfernung zu Deutschland

Marktgröße 10

Offenheit

8 6 4 Markteffizienz

2

Bildung, FuE, Innovationen

32

Praktische Geschäftstätigkeit

Europäische Union

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© Prognos 2011

Institutionen/ Infrastruktur

Stabilität

Vereinigte Staaten

Entwicklungsstand

3.2.2 PIIGS-Staaten: Überhöhte Staatsverschuldung - nachlassende Attraktivität Das Akronym PIIGS ist eine despektierliche Bezeichnung für die Länder Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien. Sie basiert darauf, dass diese Länder gegenwärtig mit besonders gravierenden Problemen hinsichtlich ihrer öffentlichen Finanzen konfrontiert sind. Aufgrund ihrer übermäßigen Verschuldung und zum Teil weiterer länderspezifischer Umstände sind diese Staaten gegenwärtig nur unter hohen Kosten oder gar nicht mehr in der Lage, sich aus eigener Kraft am Kapitalmarkt zu finanzieren. Fallweise wurden oder werden für diese Länder Staatsbankrotte und / oder ein Ausscheiden aus dem EuroRaum diskutiert. Diese Situation gefährdet nicht nur den Euro-Raum, sondern zieht die globale Wirtschaft in Mitleidenschaft.

Staatsfinanzen in Schieflage

Ursachen für die überbordende Staatsverschuldung Mit der Einführung des Euro Ende des letzten Jahrtausends verschwand das Risiko von Wechselkursanpassungen innerhalb des neu geschaffenen EuroRaums. Dies bewirkte bereits im Vorfeld, dass sich die nominalen Zinsniveaus der Euro-Länder anglichen und somit vor allem die der südeuropäischen Länder deutlich zurückgingen. Investoren waren bereit, niedrigere Zinsen zu akzeptieren, da die Währung der Südländer nicht mehr abwerten konnte. Diese Zinsreduktionen führten zu Steigerungen der Investitionen sowie des Konsums und lösten dadurch einen wirtschaftlichen Boom in diesen Ländern aus. Die erhöhte Inlandsnachfrage führte - bei allen Unterschieden zwischen den einzelnen Ländern - jedoch nicht zu einer entsprechenden Ausweitung der Produktionskapazitäten. In der Folge war zum Teil ein starker Preis- und Lohnanstieg zu beobachten. Die Inflation der PIIGS-Staaten lag folglich oftmals deutlich höher als in anderen europäischen Ländern, die bereits zuvor ein niedriges Zinsniveau aufgewiesen hatten. Dies führte kumuliert über die vergangenen zehn Jahre zu einer immer schlechter werdenden internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Die reale Aufwertung des Euro in diesen Ländern erhöhte die Attraktivität von Importen und machte es immer schwieriger, Exporte auf den Weltmärkten abzusetzen. In den Leistungsbilanzen wurden massive Defizite aufgebaut.

Geringe internationale Wettbewerbsfähigkeit

Mit dem Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise nahm der künstliche Boom der PIIGS-Staaten ein jähes Ende, die Volkswirtschaften fielen zum Teil in eine tiefe Rezession. Aufgrund der geringen Wettbewerbsfähigkeit und der nun nicht mehr vorhandenen Möglichkeit der Währungsabwertung traf die Krise die PIIGS-Staaten besonders stark. In dieser Situation stiegen die öffentlichen Defizite - die zum Teil bereits zuvor dauerhaft sehr hoch gewesen waren - sprunghaft an. Das internationale Vertrauen, dass diese Länder in der Lage seien, ihre Zinszahlungen zu leisten und auf einen tragfähigen Schuldenstand zu gelangen, war schlagartig verloren. Daraus resultierten drastische Zinsaufschläge für Staatsanleihen, was die Kapitalaufnahme deutlich verteuerte, die Staatsverschuldung weiter ansteigen ließ und internationale Stützungsmaßnahmen in bislang nicht bekanntem Ausmaß nach sich zog (Abbildung 3-3).

Vertrauensverlust erschwert Kapitalaufnahmen

Global isierungsreport 2011

33

Die Lage der PIIGS-Staaten weiterhin prekär

Die Lage der PIIGS-Staaten bleibt - ob sie akut von einem Staatsbankrott bedroht sind oder nicht - weiterhin extrem kritisch. Die massiven Verschuldungsprobleme, zum Teil gepaart mit erheblichen Defiziten in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, sind nicht über Nacht zu lösen und wirken weit über aktuelle konjunkturelle Risiken hinaus. Abbildung 3-3: Entwicklung der Schuldenstandsquote der PIIGS-Länder, 2000 bis 2011 in % 160 150 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 20 10 0 2000 Spanien

2001 Irland

2002

2003

Italien

2004

2005

Griechenland

2006

2007

2008

2009

2010

2011

Portugal

PIIGS-Staaten und die Attraktivität für deutsche Unternehmen Unterschiedliche Entwicklung der Attraktivität

34

Der Prognos Freihandels- und Investitionsindex zeigt, wie sich die Attraktivität der PIIGS-Staaten für deutsche Unternehmen seit der Finanz- und Wirtschaftskrise entwickelt hat. Die Analyse verdeutlicht, dass sich die relative Attraktivität von Irland und Spanien trotz schwieriger Umstände kaum verändert hat und die beiden Länder ihre Positionen im obersten Viertel der Gesamtrangliste verteidigen konnten. Die Rahmenbedingungen von Portugal und Italien haben sich hingegen deutlich verschlechtert, so dass beide einige Ränge in der Gesamtwertung einbüßten, sich aber immer noch im oberen Drittel halten können. Griechenland hingegen, welches am stärksten unter der Schuldenkrise leidet, fiel um 15 Positionen gegenüber dem Jahr 2008. Das ist einer der stärksten Rückgänge unter allen 100 betrachteten Ländern. Griechenland rutschte dadurch in die untere Hälfte des Rankings und zählt nun nicht mehr zu den 50 attraktivsten Auslandsmärkten für deutsche Unternehmen.

Global isierungsreport 2011

© Prognos 2011

30

Abbildung 3-4: Gesamtranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex für die PIIGS-Länder 2008 und 2011 Rang 1 10 20 30 40 50 60 80 90 100 Portugal 2008

Irland

Italien

Griechenland

Spanien

© Prognos 2011

70

2011

Veränderungen der Rahmenbedingungen

Die Subindizes der Statik-Rangliste belegen, dass die PIIGS-Staaten mit Ausnahme der praktischen Geschäftstätigkeit und der Marktgröße ähnliche Stärken und Schwächen in den ökonomischen und politischen Gegebenheiten aufweisen. Die vorherrschende Schuldenkrise hat zudem länderübergreifend in denselben Bereichen – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - zu den entscheidenden Verschlechterungen in den Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen geführt. Abbildung 3-5: Subindizes der Rangliste Statik für die PIIGS-Staaten, Wert 0 (schlechteste Ausprägung) bis 10 (beste Ausprägung) Marktgröße Entfernung zu Deutschland

Offenheit

10 8 6 4

Markteffizienz

Entwicklungsstand

2

Bildung, FuE, Innovationen

Stabilität

Spanien

Irland

Italien

Praktische Geschäftstätigkeit

Griechenland

© Prognos 2011

Institutionen/ Infrastruktur

Portugal

Stabilität und Markteffizienz verschlechtern sich deutlich in der Schuldenkrise Die wirtschaftliche Stabilität der PIIGS-Länder, die bereits seit Jahren durch hohe Leistungsbilanzdefizite negativ geprägt ist, hat seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich gelitten. Dies ist vor allem auf die wachsenden Staatsverschuldungen in Kombination mit den Herabstufungen der Kreditwürdigkeiten und dem damit verbundenen Anstieg der Zinsniveaus Global isierungsreport 2011

Realwirtschaft durch die Verschuldung stark belastet

35

zurückzuführen. Die Herabstufungen der Kreditwürdigkeit haben kurzfristig bewirkt, dass sich die Staatsschulden noch weiter erhöht haben und eine Kapitalisierung am Finanzmarkt noch stärker erschwert bzw. unmöglich wurde. Neben den angesprochenen Ursachen der hohen Staatsschulden und der geringen internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist zudem die wirtschaftliche Situation von Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien momentan nicht nur finanzwirtschaftlich, sondern auch realwirtschaftlich immer noch ausgesprochen angespannt. Während sich die Wirtschaft in Irland mit einer voraussichtlichen Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2011 in Höhe von 1,1 %, in Italien mit 0,5 % und in Spanien mit 0,8% zwar langsam wieder zu erholen scheint, schrumpft die Wirtschaftsleistung Portugals (-1,9 %) und Griechenlands (-5,5 %) auch noch in diesem Jahr. Die Aussichten für das Jahr 2012 sind für alle betrachteten Länder trüb. Erschwerte Marktbedingungen

Darüber hinaus ist neben der wirtschaftlichen Stabilität die politische Stabilität durch die Krise entscheidend geschwächt worden. Auch dadurch ist ein Investitionsengagement in diesen Ländern für deutsche Unternehmen riskanter geworden. Zudem hat sich die Markteffizienz der PIIGS-Staaten – mit Ausnahme von Italien, das bereits zuvor ein niedriges Niveau aufgewiesen hatte (Rang 72) – in der Schuldenkrise deutlich verschlechtert. Irland (Rang 32) und Spanien (Rang 30) können sich immerhin noch in der oberen Hälfte dieses Indikators positionieren, während Portugal (Rang 58) und vor allem Griechenland (Rang 76) deutlich abgerutscht sind. Die geringere Markteffizienz wird verursacht durch einen verschlechterten lokalen Wettbewerb, bei dem die betrachteten Staaten – mit Ausnahme von Italien – mindestens zehn Positionen einbüßten. Die Länder haben es zudem verpasst, ihre Antimonopolregeln zu stärken, dadurch den Wettbewerb anzukurbeln und die hohen Markteintrittshürden zu reduzieren. Zudem stehen in den südeuropäischen Ländern die Löhne oftmals in einem deutlichen Missverhältnis zur erzielten Produktivität (Portugal, Italien, Griechenland und Spanien belegen jeweils Positionen jenseits von Rang 80). Diese Werte sind ein deutlicher Indikator für die mangelnde internationale Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder. Darüber hinaus hat die Regulierungsdichte in den genannten Ländern seit 2009 teils nochmals stark zugenommen, weshalb in dieser Kategorie nur noch Ränge zwischen 65 und 93 belegt und die Bedingungen für Direktinvestitionen weiter erschwert werden. PIIGS bleiben – mit Ausnahme von Griechenland – attraktiv für deutsche Unternehmen

Entscheidende Erfolgsfaktoren bleiben bestehen

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Ein entscheidender Grund dafür, dass die PIIGS-Staaten trotz verschlechterter Rahmenbedingungen nicht deutlicher an Attraktivität für deutsche Unternehmen eingebüßt haben, ist ihre Zugehörigkeit zur Europäischen Union. Weder Zölle noch nicht-tarifäre Handelshemmnisse behindern den Güteraustausch zwischen den beteiligten EU-Mitgliedern. Die großen Absatzmärkte – vor allem in Italien und Spanien – sowie die geringe Distanz zu Deutschland festigen zudem die Attraktivität für deutsche Exporte. Die PIIGS-Länder verfügen außerdem über einen hohen Entwicklungsstand, der unter anderem in günstigen Werten des Human Development Index (Ränge zwischen 5 und 36) und des Einkommens je Einwohner (Ränge zwischen 13 und 37) zum Ausdruck kommen. In Portugal, Irland und Spanien ist ferner der Bereich Institutionen und Infrastruktur gut ausgeprägt. Irland glänzt dabei vor allem durch hervorragend gesicherte Eigentumsrechte und eine geringe KorruptiGlobal isierungsreport 2011

on, während Portugal und Spanien durch eine sehr gut ausgebaute physische Infrastruktur überzeugen. Auch in den Bereichen Bildung, Innovation, Forschung und Entwicklung stehen die PIIGS-Staaten günstig dar, vor allem die sekundäre und tertiäre Bildung sind ausgezeichnet. All dies sind Faktoren, deren Ausprägungen durch die schwierige wirtschaftliche Lage der Länder nicht belastet werden, die gleichzeitig aber ausgesprochen bedeutsam für ein erfolgreiches Engagement auf diesen Märkten sind. Erholungsaussichten für PIIGS-Staaten weiterhin trüb Die ungünstige wirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen Jahren und die Hypothek durch hohe Schulden und zum Teil geringe Wettbewerbsfähigkeit haben zur Folge, dass sich die PIIGS-Staaten im Dynamikranking allesamt in der unteren Hälfte positionieren. Die an die Rettungsschirme geknüpften Bedingungen werden in den kommenden Jahren zudem erhebliche Anpassungen und Reformanstrengungen erfordern. Sparanstrengungen in Form von Steuererhöhungen und dem Abbau von Sozialleistungen sowie Lohnanpassungen werden die mittelfristige Zukunft prägen. Zusammen mit der hohen Arbeitslosigkeit schwächen diese Maßnahmen die inländischen Verwendungskomponenten des Bruttoinlandsprodukts. Neben dem Schuldenabbau gilt folglich als oberstes Ziel für die PIIGS-Staaten, den Anschluss an den Rest Europas nicht zu verlieren. Dazu müssen die Länder vor allem ihre Markteffizienz drastische erhöhen und wieder Stabilität in Wirtschaft und Politik bringen.

Reformanstrengungen prägen die mittelfristige Zukunft

3.2.3 BRIC-Staaten: China setzt sich weiter ab BRIC oder BRI + C

Das Länderquartett Brasilien, Russland, Indien und China (BRIC) wird häufig als der exklusive Club der aufstrebenden Schwellenländer bezeichnet, da diese Länder seit Jahren hohe Wachstumsraten aufweisen und aufgrund ihrer Größe das Potenzial haben, zu den bedeutendsten Volkswirtschaften der Welt aufzurücken. Es scheint zudem so, dass die BRIC-Staaten zusammengenommen die Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich besser überstanden haben als einige entwickelte Volkswirtschaften. Dieser Befund stützt die Theorie des Vormarsches der BRIC-Länder weiter. Die Entwicklung der einzelnen Staaten verläuft jedoch zunehmend in unterschiedliche Richtungen. Die BRIC-Länder sind heute alles andere als eine homogene Gruppe. Während sich das chinesische Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren konstant um Raten von 10 % bewegt hat, haben die übrigen BRIC-Staaten Schwierigkeiten, ihre dynamische und aufstrebende Position zu bewahren. Sie können weder in der Geschwindigkeit noch in ihrer Breite mit der Entwicklung Chinas mithalten. Vor allem die Divergenz zwischen China und Russland – das unattraktivste BRIC-Land - ist in den vergangenen Jahren deutlich größer geworden. Der Prognos Freihandels- und Investitionsindex relativiert die These der aufstrebenden Ländergruppe und zeigt auf, dass es unter den betrachteten Ländern allein China in den letzten Jahren gelungen ist, deutlich an Attraktivität für deutsche Unternehmen zu gewinnen. China verbesserte sich seit 2008 kontinuierlich um insgesamt 17 Positionen und rückt gar ins obere Quartil des Gesamtrankings (Rang 22) vor. Brasilien, Russland und Indien bewegen sich hingegen konstant in der unteren Tabellenhälfte. Russland hat relativ sogar an Global isierungsreport 2011

Brasilien, Indien und Russland können mit China nicht mithalten

Nur China steigert seine Attraktivität

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Attraktivität eingebüßt. Die Unterschiede zwischen China und den übrigen mittlerweile abgehängten - BRIC-Staaten scheinen mittlerweile größer zu sein als deren Gemeinsamkeiten. Aus diesem Grund und da sich in China in Teilbereichen jüngst substanzielle Veränderungen gezeigt haben, konzentrieren wir uns in der Betrachtung auf die Attraktivität der mittlerweile zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Abbildung 3-6: Gesamtranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex für die BRIC-Staaten 2008 bis 2011 Rang 1 10 20 30 40 50 60 80 90 100 2008 China

Brasilien

Russland

2009

2010

2011

Indien

China trotzt der Wirtschaftskrise und baut seine globale Bedeutung weiter aus China übernimmt Rolle als Lokomotive des Weltwirtschaftswachstums

Exportabhängigkeit soll reduziert werden

38

Die globale Wirtschaftskrise hat die bedrohliche Schieflage der öffentlichen Finanzen in zahlreichen europäischen Staaten sowie in den Vereinigten Staaten offenbart und weiter verschärft. Die betroffenen Volkswirtschaften geraten deshalb wiederholt ins Stocken; in einzelnen Ländern droht die Gefahr, in eine Rezession abzugleiten oder vor einer länger andauernden Stagnationsphase zu stehen. China zeigt sich hingegen weitgehend unbeeindruckt von der vorherrschenden Schuldenkrise und kann mit einem Wirtschaftswachstum von beinahe 10 % im Jahr 2011 an den Erfolg vergangener Jahre anknüpfen und dadurch seine heute schon bedeutende Rolle in der Weltwirtschaft weiter stärken. Während in den letzten zehn Jahren der Anteil der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union am weltweiten Wirtschaftswachstum immer weiter zurückging, konnte China seinen Anteil stetig steigern. Auf das aufstrebende Schwellenland werden in den kommenden Jahren voraussichtlich rund 20% des globalen Wachstums entfallen. Damit fällt der Beitrag Chinas in absoluter Betrachtung größer aus als derjenige der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union. Die chinesische Regierung hat zudem als Reaktion auf die globale Wirtschaftskrise deutlich gemacht, dass sie ihre Inlandsnachfrage nachhaltig stärken wolle, wodurch die Abhängigkeit der chinesischen Wirtschaft von der Nachfrage aus den Vereinigten Staaten und anderen wichtigen Importländern reduziert werden soll. Vor allem der private Konsum Chinas soll durch verschiedene Maßnahmen gestärkt werden. Dazu zählen der Ausbau des sozialen Sicherungssystems, eine weitere Verbreitung von Mindestlöhnen, der Ausbau eines Konsumentenkreditwesens sowie die gezielte Stärkung des Global isierungsreport 2011

© Prognos 2011

70

binnenwirtschaftlich orientierten - Dienstleistungssektors. Parallel zu diesen wirtschaftspolitischen Maßnahmen wird die Mittelschicht Chinas mit steigendem Wohlstand sowohl größer als auch kaufkräftiger werden, wodurch gerade für deutsche Unternehmen relevante Marktsegmente gestärkt werden. Abbildung 3-7: Beiträge zum Weltwirtschaftswachstum von China, den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union, 1992 bis 2020, mehrjährige Durchschnitte, in Prozent

1992-1995 1996-2000 2001-2005 2006-2010

2016-2020 Wachstumsbeitrag China

USA

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

© Prognos 2011

2011-2015

EU

Großer Fortschritt in Chinas ökonomischen und institutionellen Rahmenbedingungen Chinas steigende Attraktivität für deutsche Unternehmen lässt sich nicht nur mit konstant hohem Wirtschaftswachstum begründen. Dies ist seit vielen Jahren zu beobachten. Erst seit jüngerer Vergangenheit versteht es China immer besser – im Gegensatz zu den übrigen BRIC-Staaten -, diese Dynamik auch für Verbesserungen ihrer wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen zu nutzen. Dies schlägt sich in einem Sprung auf Rang 26 (noch Rang 42 im Jahr 2008) der Statik-Rangliste nieder. Die größten Fortschritte in den Rahmenbedingungen konnte China durch die Steigerung seiner Markteffizienz erzielen. Während sich das Land im Jahr 2009 in dieser Kategorie noch klar in der unteren Tabellenhälfte auf dem 74. Rang befand, liegt es mittlerweile auf Rang 37 und lässt Länder wie Spanien und Südkorea hinter sich. Diese entscheidende Verbesserung ist vor allem auf den starken Abbau von Unvollkommenheiten am Kapitalmarkt und auf die Einführung verschiedener Antimonopolregeln zurückzuführen. Des Weiteren ist China in der Lage, eine hohe Aktivität des lokalen Wettbewerbs (Rang 20) zu gewährleisten und das Verhältnis zwischen Löhnen und Produktivität (Rang 11) aus Sicht der Unternehmen sehr vorteilhaft zu gestalten. Dadurch konnte China einige gewichtige Hürden für deutsche Unternehmen, insbesondere für Investoren, abbauen. Darüber hinaus hat China durch eine Stärkung der privaten Eigentumsrechte die Rechtssicherheit verbessert. Auch die sehr geringe Regulierungsdichte (Rang 15) ist Ausdruck attraktiver Rahmenbedingungen. Faktoren dieser Art erhöhen spürbar die Erfolgsaussichten eines deutschen Auslandsengagements in China. Mit einem weiteren Anstieg der Anzahl der Naturwissenschaftler und Ingenieure sowie den hohen Ausgaben

Global isierungsreport 2011

Verbesserung auf institutioneller Ebene

Steigerung der Markteffizienz

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privater Unternehmen für Forschung und Entwicklung hat sich die Innovationsfähigkeit chinesischer Unternehmen ebenso weiter verbessert wie die Investitionsbedingungen für deutsche Unternehmen (Rang 38 im ADI-Ranking - Verbesserung um 14 Positionen seit 2008) . Risikofaktoren in China

Durch die konstant hohe wirtschaftliche Dynamik, dem wachsenden Wohlstand der chinesischen Bevölkerung und der angekündigten Stärkung der heute noch relativ schwachen privaten Konsumnachfrage steigt auch die Attraktivität für deutsche Exporte nach China (Rang 22 im Export-Ranking - Verbesserung um 8 Positionen seit 2008). In diesem Zusammenhang gibt jedoch Anlass zur Sorge, dass sich die außenwirtschaftliche Offenheit in den vergangenen Jahren im Vergleich zu den übrigen Ländern noch weiter verringert hat und zu den geringsten aller untersuchten Volkswirtschaften (Rang 96) zählt. Dieses Bild mag angesichts der hohen chinesischen Exporte zunächst überraschen. Die Importseite ist jedoch geprägt durch starke und in den vergangenen Jahren weiter gestiegene protektionistische Tendenzen. Dies kommt in schlechten Werten für die Zölle gegenüber der Europäischen Union (Rang 77) und vor allem in massiven nicht-tarifären Handelshemmnissen (Rang 99) immer stärker zum Ausdruck. Darüber hinaus stellt die geringe politische Stabilität Chinas (Rang 70) einen weiteren Risikofaktor bei einem Engagement in China dar. Des Weiteren muss mittelfristig die Möglichkeit einer deutlichen Aufwertung des Renminbi gegenüber dem US-Dollar in das Kalkül einbezogen werden. Dies würde neben den Ungleichgewichten in den Leistungsbilanzen auch den derzeit hohen Inflationsdruck in der chinesischen Wirtschaft reduzieren. Eine weitere zu erwartende Konsequenz wären jedoch dämpfende Effekte auf das Wirtschaftswachstum Chinas. Auch im Zuge der Zunahme des Entwicklungsstandes sowie der Kapitalakkumulation wird sich die wirtschaftliche Dynamik langsam abschwächen. Zudem werden die kommenden demografischen Probleme Chinas langfristig Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich zusätzlich entgegenstehen. Wir erwarten für die Jahre 2011 bis 2020 ein jährliches durchschnittliches Wachstum in China in Höhe von 6,5 %. China auf dem Vormarsch aber ein weiter Weg bis zur Spitze

China zeichnet sich heute durch ein extrem hohes Wirtschaftswachstum und eine außergewöhnlichen Dynamik aus, die weder durch die Finanz- und Wirtschaftskrise noch durch die europäische Schuldenkrise beeinträchtigt wurde. Vor allem aber dank deutlicher Verbesserungen in den ökonomischen und institutionellen Gegebenheiten hat sich Chinas Attraktivität für deutsche Unternehmen entscheidend verbessert. Es ist davon auszugehen, dass die Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen Deutschland und China in der Zukunft weiter intensiviert werden. Damit China jedoch in den wirtschaftlichen Rahmenbedingung das hohe Niveau der attraktivsten Auslandsmärkte erreicht, müsste sich die chinesische Politik entscheidend stabilisieren, der Entwicklungsstand der Bevölkerung vermehrt gefördert und vor allem die außenwirtschaftliche Offenheit stark erhöht werden.

3.3.4 Politische Aufstände prägen Nordafrika

40

Nordafrika: Eine Region im Umbruch

Die derzeitige Situation in den nordafrikanischen Ländern Ägypten, Algerien, Libyen, Marokko, Tunesien sowie dem Sudan ist geprägt von den Ende Dezember 2010 begonnenen Unruhen und Protesten der Bevölkerung. Die Aufstände, die zunächst in Tunesien begonnen hatten, ergriffen innerhalb kürGlobal isierungsreport 2011

zester Zeit die gesamte Region Nordafrikas. Derzeit befinden sich diese vom „arabischen Frühling“ erfassten Länder in einem politischen und damit verbunden auch ökonomischen Transformationsprozess, dessen Entwicklungsstand sehr unterschiedlich ist. So hatten die Unruhen in Tunesien, Ägypten und zuletzt auch in Libyen den Sturz der bisherigen Machthaber und in Tunesien bereits erste Wahlen zur Folge. Demgegenüber fanden in Algerien und Marokko zwar auch Unruhen statt. Allerdings wurden diese in Algerien niedergeschlagen und im Falle Marokkos durch vorgezogene Parlamentswahlen beruhigt. Im Sudan werden die innenpolitischen Geschehnisse hingegen primär vom Darfur-Konflikt und der Unabhängigkeit des Südsudans bestimmt. Große Heterogenität

Auch abseits der unterschiedlichen aktuellen Situation der politischen Umwälzungen erweisen sich die nordafrikanischen Länder als heterogene Gruppe. Zwar sind im Hinblick auf die geringe Marktgröße, der vergleichsweise hohen wirtschaftlichen Dynamik sowie - selbstverständlich - die Entfernung zu Deutschland, durchaus Gemeinsamkeiten zu beobachten. Bei der Betrachtung des Gesamtrankings wird allerdings deutlich, dass sich die Länder bezüglich der Attraktivität aus deutscher Sicht deutlich unterscheiden (Abbildung 3-8). So belegt Tunesien innerhalb der Ländergruppe weiterhin den Spitzenplatz (Rang 45), während sich Marokko deutlich verbessern kann und derzeit das zweitattraktivste Land Nordafrikas darstellt (Rang 56). Libyen hingegen rutscht im Zuge der politischen Ereignisse in diesem Jahr stark ab und liegt mit Rang 75 im Gesamtranking nun im Bereich von Ägypten (Rang 72) und Algerien (Rang 80). Weit abgeschlagen findet sich der zu den ärmsten Ländern der Welt gehörende Sudan (Rang 99), der abgesehen vom DynamikRanking (Rang 54) als eines der unattraktivsten Länder überhaupt bezeichnet werden kann und in den folgenden Ausführungen somit nicht weiter berücksichtigt wird. Tunesien und Marokko setzen sich ab

Da sich die Volkswirtschaften Tunesiens und Marokkos im Gesamtranking aufeinander zubewegt haben und sich gleichzeitig von den übrigen nordafrikanischen Ländern weiter absetzen konnten, werden diese beiden Länder im Folgenden vergleichend betrachtet. Des Weiteren wird gezeigt, warum die übrigen nordafrikanischen Länder auch weiterhin nur im unteren Drittel des Gesamtrankings zu finden sind. Abbildung 3-8: Gesamtranking des Prognos Freihandels- und Investitionsindex für die Länder Nordafrikas Rang 0 10 20 30 40 50 60 70 90 100 08 09 10 11

08 09 10 11

08 09 10 11

08 09 10 11

08 09 10 11

08 09 10 11

Tunesien

Marokko

Libyen

Algerien

Ägypten

Sudan

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© Prognos 2011

80

41

Tabelle 3-7: Platzierung der Länder Nordafrikas in den einzelnen Ranglisten 2011 Gesamtranking

Statik

Dynamik

Exporte

ADI

Tunesien

45 47 16 41 40

Marokko

56 58 21 54 58

Ägypten

72 73 55 70 72

Libyen

75 72 74 61 95

Algerien

80 81 48 76 90

Sudan

99 100 54 99 99

Tunesien und Marokko sind die attraktivsten nordafrikanischen Volkswirtschaften Positive Signale aus Tunesien

Finanzkrise mit kleinem Einfluss auf Tunesien

Verschlechterung der tunesischen Rahmenbedingungen

Tunesien dennoch gut platziert

42

Neun Monate nach dem Umsturz fanden im Oktober erstmals demokratische Wahlen in Tunesien statt. Welche genauen Folgen der Wahlsieg der gemäßigt islamistischen Partei En-Nahda nach sich ziehen wird, ist noch nicht absehbar. Dennoch wird der reibungslose Wahlablauf als gutes Zeichen für die Stabilität des Landes gewertet. In jedem Fall sehen sich deutsche Exporteure und Investoren in Tunesien im Vergleich zu den übrigen nordafrikanischen Volkswirtschaften aus einer Reihe von Gründen den geringsten Risiken ausgesetzt. Zwar stellt Tunesien innerhalb der nordafrikanischen Ländergruppe den kleinsten Markt dar (Rang 76), verfügt jedoch über eine breite Mittelschicht und wurde – auch wegen der abgeschotteten Kapitalmärkte – von der Finanzkrise vergleichsweise wenig getroffen. So lag das Wirtschaftswachstum in den Jahren 2009 und 2010 bei durchschnittlich 3,1 %. Aufgrund der Unruhen und der politischen Ereignisse ist für das Jahr 2011 zwar von einer Stagnation der Wirtschaft auszugehen. Sofern weitere Unruhen ausbleiben und die Lage sich weiter normalisiert, erwarten wir jedoch, dass die Wirtschaft bereits im Jahre 2012 wieder anspringt und auf alte Wachstumspfade zurückfinden wird. Wie stark der politische Transformationsprozess die Volkswirtschaft beeinflusst hat, wird auch durch die Betrachtung der einzelnen Indikatoren des Statik-Rankings verdeutlicht. Eine Verbesserung ist dabei lediglich im Bereich der praktischen Geschäftstätigkeit zu verzeichnen (Rang 47), die Ausprägungen der übrigen Indikatoren haben sich verschlechtert. So rutschte Tunesien aufgrund der rückläufigen FuE-Ausgaben der privaten Unternehmen (Rang 39) beim Subindex Bildung, Forschung und Entwicklung ganze zehn Plätze ab (Rang 36). Auch beim Indikator Institutionen und Infrastruktur schnitt Tunesien im Vergleich zum Vorjahr deutlich schlechter ab (Rang 37). Dafür verantwortlich zeigen sich vor allem eine Schwächung der Eigentumsrechte sowie Verschlechterungen in der physischen Infrastruktur. Des Weiteren verschlechterte sich im Zuge der politischen Unruhen die Markteffizienz. In diesem Bereich musste Tunesien vor allem aufgrund eines ungünstigeren Verhältnisses zwischen Löhnen und Produktivität sowie einer Verminderung der Intensität des lokalen Wettbewerbs einen Rückgang um neun Plätze hinnehmen (Rang 49). Dass Tunesien trotz dieser Negativentwicklungen immer noch günstig positioniert ist, wird vor allem im Ländervergleich mit Marokko deutlich - obschon sich Marokko in allen Rankings deutlich verbessern konnte. (Abbildung 3-9).

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Abbildung 3-9: Subindizes der Rangliste Statik für Tunesien und Marokko, Wert 0 (schlechteste Ausprägung) bis 10 (beste Ausprägung) Marktgröße Entfernung zu Deutschland

10

Offenheit

8 6 4 Markteffizienz

2

Bildung, FuE, Innovationen

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Institutionen/ Infrastruktur

Stabilität

Marokko

Entwicklungsstand

Praktische Geschäftstätigkeit

Tunesien

Marokko und Tunesien nähern sich an

Den größten Vorteil gegenüber Marokko besitzt Tunesien im Bereich der praktischen Geschäftstätigkeit. Hier haben sich im vergangenen Jahr beide Länder in gleichem Maße verbessert. In anderen Bereichen konnte Marokko den Vorsprung Tunesiens hingegen entweder weiter verkürzen oder sogar umdrehen (Abbildung 3-10). Dies betrifft zum einen den Bereich Bildung, Forschung und Entwicklung - trotz ebenfalls ungünstiger Entwicklung der privaten FuEAusgaben. Zum anderen ist im Subindex Institutionen und Infrastruktur eine Annäherung zwischen beiden Ländern zu beobachten, bei der sich Marokko um fünf Plätze verbesserte (Rang 51) und Tunesien neun Plätze einbüßte (Rang 37). Zudem schmolz der Vorsprung Tunesiens beim Entwicklungsstand. Die größten Fortschritte erzielte Marokko jedoch bei der Steigerung der Markteffizienz (Rang 47). Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die lokale Wettbewerbsintensität verbessert werden konnte. In Tunesien verschlechterten sind hingegen alle der Markteffizienz zugeordneten Subindikatoren. Abbildung 3-10: Vorsprung (+) bzw. Rückstand (-) Tunesiens gegenüber Marokko in ausgewählten Subindizes der Rangliste Statik, 2010 und 2011

60 50 40 30 20 0 -10 Entwicklungsstand 2010

Institutionen

Stabilität

Bildung, FuE

Markteffizienz

2011

Aufgrund der deutlichen Verbesserungen in den Einzelrankings ist Marokko das einzige der nordafrikanischen Länder, das sich im Gesamtranking um immerhin sechs Plätze verbessern konnte. Doch nicht nur diese Attraktivitätsgewinne sprechen dafür, Marokko verstärkt in den Fokus zu rücken. Am 25. November dieses Jahres fanden vorgezogene Parlamentswahlen in MaGlobal isierungsreport 2011

© Prognos 2011

10

Marokkos Attraktivität steigt stetig

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rokko statt und die Reformprozesse verlaufen hier in ruhigeren Bahnen als in manchen Nachbarstaaten. Auch dies dürfte dazu beitragen, dass in Marokko gegenwärtig keine Wachstumspause zu beobachten ist. Für das Jahr 2011 erwarten wir einen dynamischen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 4,6 %. Ägypten, Libyen und Algerien bleiben dauerhaft im unteren Drittel des Gesamtrankings Libyen verliert deutlich an Attraktivität

Algerien kommt nicht zur Ruhe

Tunesien und Marokko am attraktivsten

44

Unter den drei Ländern Libyen, Ägypten und Algerien nimmt Libyen aufgrund der monatelangen Kampfhandlungen und dem Eingreifen der NATO in diesem Jahr eine Sonderstellung ein. Aufgrund der im Tode Gaddafis gipfelnden Kämpfe ist Libyen in nahezu allen Rankings im Jahr 2011 stark abgerutscht. Dem Gesamtranking (Rang 75) zu Folge liegt die Attraktivität des Landes zwar immer noch im Bereich von Ägypten und Algerien. Da einige Indikatoren nicht mehr ausgewiesen werden können ist diese Einschätzung jedoch mit starken Unsicherheiten behaftet. Zwar wuchs die libysche Wirtschaft 2010 noch um 4,1%, Daten für das Jahr 2011 sind jedoch nicht verfügbar. Wann eine politische und ökonomische Stabilisierung einsetzen wird, ist aufgrund der unübersichtlichen Situation nicht vorhersehbar. In absehbarer Zeit ist daher mit einer weiter rückläufigen Attraktivität des Landes zu rechnen. Algerien blieb im Jahr 2011 vordergründig betrachtet politisch vergleichsweise stabil. Aufkommende Proteste der Bevölkerung wurden rasch niedergeschlagen. Dieser vermeintlichen Stabilität zum Trotz lassen sich in Algerien ein starker Rückgang im Dynamik-Ranking (Rang 48) sowie eklatante Attraktivitätsverluste für ausländische Direktinvestitionen feststellen (Rang 90). Auch im Statik-Ranking bleibt das Land auf konstant schwachem Niveau (Rang 81). Zwar verzeichnete Algerien als einzige nordafrikanische Volkswirtschaft Fortschritte im Bereich der tertiären Bildung (Rang 63). Dem stehen jedoch eine abnehmende Verfügbarkeit von Wissenschaftlern und rückgängige FuEAusgaben von privaten Unternehmen gegenüber. In der Folge hat sich Algerien beim Subindex Bildung, Forschung und Entwicklung insgesamt weiter verschlechtert (Rang 74). Damit setzt das größte Land des Kontinents den seit der ersten Auflage des Prognos Freihandels- und Investitionsindex bestehenden Negativtrend fort und verliert gemessen am Gesamtranking auch weiterhin an Attraktivität (Rang 80). Nach der Absetzung des vormaligen Staatspräsidenten Mubarak und der darauf folgenden Führung des Landes durch den Militärrat begannen in Ägypten am 28. November dieses Jahres die Parlamentswahlen, deren Prozedur sich noch bis Januar 2012 hinziehen wird. Dennoch kommt das Land nicht zur Ruhe und es finden weiterhin Straßenschlachten statt. Auch für Ägypten gilt deshalb, dass die weitere politische Entwicklung aufgrund der bestehenden Unsicherheiten genau beobachtet werden muss. Dennoch erweist sich das Land - das primär vom Export fossiler Energiestoffe, der Landwirtschaft und dem Tourismus lebt - durch den im dritten Jahr in Folge belegten Rang 72 im Gesamtranking zunächst als konstant. Auf Ebene der Einzelrankings wird jedoch deutlich, dass diese durchschnittliche Konstanz das Resultat von Verbesserungen im Export-Ranking (Rang 70) auf der einen und einer abgeschwächten Dynamik des Landes (Rang 55) auf der anderen Seite ist. Im Zeitraum der Jahre 2007 bis 2010 wuchs die ägyptische Wirtschaft mit durchschnittlich 6% zwar noch kräftig. Im von politischen Umwälzungen geprägten Jahr 2011 ist das Wirtschaftswachstum allerdings auf nur noch reichlich 1% eingebrochen. Global isierungsreport 2011

Prognosen gehen für das Jahr 2012 von 1,8 % aus. Im Vergleich zu Algerien erweist sich Ägypten insbesondere aufgrund der besseren Bedingungen für die praktische Geschäftstätigkeit (Rang 66) als etwas attraktiver. Insgesamt bleibt aber innerhalb der Region Nordafrika eine Fokussierung auf die beiden Länder Tunesien und Marokko besonders erfolgversprechend.

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46

Global isierungsreport 2011

4. Angebot für Unternehmen und Verbände Die in diesem Globalisierungsreport dargestellten Ergebnisse stellen einen Ausschnitt aus den Analysemöglichkeiten dar, die die verwendeten Modelle und methodischen Ansätze bieten. Sowohl das Welthandelsmodell der Prognos als auch die Methodik des Prognos Freihandels- und Investitionsindex bieten vielfältige Möglichkeiten, weiter reichende Fragestellungen zu untersuchen.

4.1

Das Welthandelsmodell der Prognos

Die Analyse der Arbeitsplatzwirkungen der deutschen Exporte basiert auf den Daten des Prognos Welthandelsmodells. Erst die Verknüpfung dieser Datenbasis mit den Input-Output-Tabellen ermöglicht es, die Arbeitsplatzeffekte auf einzelne Handelspartner zu beziehen und gleichzeitig eine Betrachtung nach Branchen – mit direkten und indirekten Effekten – anzustellen. Die im Text aufgeführten Kombinationen von Ländern und Branchen stehen exemplarisch für alle möglichen 3.692 kombinierten Betrachtungen aus 71 Branchen und 52 Ländern. Diese Möglichkeiten können für Simulationsrechnungen genutzt werden, in denen Fragen beantwortet werden können wie beispielsweise: •

Welche Arbeitsplätze sind gefährdet, wenn die Vereinigten Staaten in einer länger anhaltenden Stagnation verharren?



Auf welche Arbeitsplätze in Deutschland wirkt es sich besonders aus, wenn die Wachstumsraten Chinas langfristig zurückgehen?



Welche Arbeitsplatzeffekte sind zu erwarten, wenn sich die die Zu- sammensetzung der ausländischen Nachfrage nach deutschen Produkten verändert?

Damit steht ein sehr detailliertes und flexibles Modell zur Verfügung, um sehr spezifische, auch einzelne Branchen betreffende Fragestellungen zu beantworten. Das Prognos Welthandelsmodell zeichnet sich durch die Verknüpfung von unterschiedlichen ökonomischen Daten aus. Ausgangspunkt für das Modell sind die Handelsströme von 40 Ländern mit den jeweils 39 anderen (Partner-) Ländern auf Basis von 3.121 Produktgruppen für den Zeitraum der Jahre 1991 bis 2009. Diese knapp 100 Millionen möglichen Handelskombinationen werden ergänzt durch Informationen zur Produktion, zur Branchenzugehörigkeit (27 Branchen), zum Verwendungszweck der Waren (Vorleistungs-, Konsumund Investitionsgüter) und mit Hilfe von zwischengelagerten Berechnungen sogar mit Daten zur Forschungsintensität und der eingesetzten Technologie (32 Technologien). Für den Globalisierungsreport wurden die Handelsdaten von 12 zusätzlichen Ländern ergänzt.

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47

4.2 Prognos Freihandels- und Investitionsindex Der Prognos Freihandels- und Investitionsindex misst die Attraktivität ausländischer Märkte für deutsche Unternehmen aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive. Es wird sowohl die Exportseite als auch die Investitionsseite betrachtet, der Status quo der Märkte ebenso wie ihre Dynamik. Für einzelne Wirtschaftszweige kann sich die Attraktivität der betrachteten Auslandsmärkte dabei durchaus von derjenigen in gesamtwirtschaftlicher Sichtweise unterscheiden (Tabelle 4-1). Beispielsweise hängt die Relevanz der Entfernung des Auslandsmarktes von der physischen Größe der Güter ab. Bei Gütern mit starker After-Sales-Komponente spielt die Verfügbarkeit von Fachpersonal im Zielland eine größere Bedeutung als bei einfacheren Produkten. Besonders evident ist die Bedeutung einer branchenspezifischen Differenzierung im Bereich der Handelshemmnisse: Tarifäre- und nicht-tarifäre Handelshemmnisse sind – außerhalb der Europäischen Union – stets auf der Ebene einzelner Produktgruppen definiert. Güter einer Branche mit freiem Marktzutritt stehen Gütern einer anderen Branche mit prohibitiven Einfuhrhemmnissen gegenüber.

Untersuchungsfeld Besonders wichtig für

Weniger wichtig für

Marktgröße

Exporteure von Konsumgütern

Logistikunternehmen

Offenheit

Güter mit Möglichkeit der Importsubstitution

Spezialisierte Güter



durch das Partnerland

Entwicklungsstand

Hochwertige Waren und Dienstleistungen

Massenware für alle Bevölkerungsgruppen

Institutionen/ Infrastruktur

Leistungen für öffentliche Auftraggeber

Reine Exporttätigkeit für lokal



konzentrierte Märkte

Praktische Geschäftstätigkeit

Etablierte Lieferbeziehungen mit

Neueintritt in den Markt



standardisierten Gütern

Stabilität

Joint Ventures und Direktinvestitionen

Kurzfristiges, reines Exportengagement

Bildung, FuE, Innovationen

Güter mit Wertschöpfungsanteil vor Ort

Technisch einfache Güter

Markteffizienz

Märkte mit etablierten inländischen Anbietern

Märkte, in denen Nischen besetzt werden

Entfernung zu Deutschland

Transportintensive Güter

Physische kleine Güter

Um diesen unterschiedlichen Schwerpunkten Rechnung zu tragen, führen wir abgestimmt auf die spezifischen Bedürfnisse einzelner Branchen und Subbranchen Sonderauswertungen des Prognos Freihandels- und Investitionsindex durch (Abbildung 4-1). Diese maßgeschneiderten Auswertungen bieten Unternehmen und Verbänden eine wichtige Unterstützung bei der individuellen Entscheidung über ihr Auslandsengagement.

48

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© Prognos 2011

Tabelle 4-1: Unterschiedliche Relevanz einzelner Untersuchungsfelder

Abbildung 4-1: Sonderauswertung des Prognos Freihandels- und Investitionsindex

Basis

Detailanalyse Ergebnis

Prognos Freihandels- und Investitionsindex

- Ranking der attraktivsten

Sonderauswertung

- Individuelle Gewichtung der

Branchenranking

- Ranking nach individuellen

Auslandsmärkte aus Indikatoren Schwerpunkte und Bedürfnisse gesamtwirtschaftlicher Sicht

- Auswertung branchenspezifischer

- Adressaten: Unternehmen und

- Status quo und Dynamik

- Berücksichtigung weiterer

© Prognos 2011

- Für Exporte und Direktinvestitionen Handelshemmnisse Wirtschaftsverbände - Unterstützung bei der Entscheidung

Indikatoren über ein Auslandsengagement

Konkret erörtern wir im gegenseitigen Austausch den genauen Fokus der Branche oder des Unternehmens. Darauf aufbauend ergeben sich drei wesentliche Stellschrauben, um das Länderranking zu individualisieren: 1. Gewichtung der Indikatoren nach Branchenbedürfnissen Die Gewichtung der Indikatoren im Globalisierungsreport trägt den gesamtwirtschaftlich relevanten Zusammenhängen Rechnung. Diese müssen sich nicht mit denen einzelner Wirtschaftszweige oder Unternehmen decken. So kann für eine Branche die Marktgröße das herausragende Kriterium eines Auslandsmarktes sein, für eine andere Branche eine gut ausgebaute Infrastruktur und für eine dritte eine verlässliche Politik und stabile Wechselkurse. 2. Branchenspezifische Handelshemmnisse Zölle und nicht-tarifäre Handelshemmnisse werden von uns detailliert auf Ebene einzelner Gütergruppen und für jedes Partnerland erfasst. Dies ermöglicht eine sehr genaue Abbildung der Handelshemmnisse, denen eine Branche oder auch ein einzelnes Unternehmen mit seinem Produktportfolio gegenübersteht. 3. Berücksichtigung weiterer Indikatoren Mit den im Prognos Freihandels- und Investitionsindex berücksichtigten Indikatoren sind die gesamtwirtschaftlichen Aspekte sehr gut abgedeckt. Auf der darunter liegenden Ebene ist es jedoch denkbar, dass einzelne Indikatoren zusätzlich von Interesse sind. Diese können in einen branchenspezifischen Index integriert werden. In die Sonderauswertung werden grundsätzlich alle Länder des Prognos Freihandels- und Investitionsindex einbezogen. Daneben ist es möglich, die Analyse auf einer Vorauswahl zu basieren. Wenn beispielsweise ein besonderes Interesse für eine Investition in Ostasien besteht, zeigen wir auf, welche Standorte in dieser Region für die jeweilige Branche besonders attraktiv sind. Ergebnis einer solchen Sonderauswertung ist ein Ranking derjenigen Länder, die gemessen an der Ausrichtung und den Bedürfnissen der betrachteten Branche oder des betrachteten Unternehmens die höchste AttraktiviGlobal isierungsreport 2011

49

tät aufweisen und damit für ein Auslandsengagement verstärkt in den Blick genommen werden sollten. Flankiert wird dieses Ranking durch eine qualitative Einordnung der betrachteten Auslandsmärkte in Form eines kurzen Branchen-Länder-Bildes. Zusammengenommen zeigen sich folgende Vorteile einer Sonderauswertung des Prognos Freihandels- und Investitionsindex: • • • • • • •

50

Maßgeschneidertes Ranking für Branchen und Unternehmen Spezifische Beratung und Begleitung von Investitionsprozessen Detaillierte Darstellung aller 34 Einzelindikatoren Qualitative Länder-Branchen-Bilder Unterstützung bei der Entscheidung über ein Auslandsengagement Aufbereitung für die interne und externe Kommunikation Präsentation und Diskussion mit Prognos-Experten

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Anhang Tabelle A-1: Quellen für die Grunddaten und Zuordnung der Einzelindikatoren in die Teilranglisten Subindizes und Einzelindikatoren

Quellen für Grunddaten

Zuordnung der Einzelindikatoren

Exporte ADI Statik Dynamik 1. Marktgröße 1.1 Bruttoinlandsprodukt

IWF

x

x

x

x

2. Offenheit 2.1 Offenheitsgrad

WHO, IWF

x

x

2.2 Direktinvestitionen

UNCTAD

x x

x

x

2.3 Integrationsstand

WHO

x

x

x

2.4 Zölle gegenüber der EU

UNCTAD/WHO, UNSD

x

x

2.5 Nicht-tarifäre Handelshemmnisse

UNCTAD/WHO

x

x

x

2.6 Handelsstreitigkeiten

WHO, IWF

x

x

x

3. Entwicklungsstand 3.1 Einkommen je Einwohner

IWF

x

x

x

3.2 Human Development Index

UNDP

x

x

x

3.3 Intra-industrieller Handel

UNSD

x

x

x

3.4 Urbanisierungsgrad

UNFPA

x

x

x

x

x

4. Institutionen/ Infrastruktur 4.1 Eigentumsrechte

WEF

x

x

4.2 Regulierungsdichte

WEF

x

x

x

4.3 Infrastruktur

WEF

x

x

x

4.4 Korruption

Transparency International

x

x

x

5. Praktische Geschäftstätigkeit 5.1 Ease of Doing Business Index

Weltbank

x

x

x

6. Stabilität 6.1 Sovereign Credit Ranking

Standard & Poor‘s

x

x

x

6.2 Inflation

IWF

x

x

x

x

6.3 Leistungsbilanz

IWF

x

x

x

x

6.4 Politische Stabilität

Weltbank

x

x

x

6.5 Wechselkursveränderungen gegenüber dem Euro

IWF, EZB

x

x

x

7.1

WEF

x

x

7.2 Tertiäre Bildung

WEF

x

x

7.3 Verfügbarkeit Naturwissenschaftler und Ingenieure

WEF

x

x

7.4 FuE-Ausgaben von Privatunternehmen

WEF

x

x

52

Sekundäre Bildung

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© Prognos 2011

7. Bildung,Forschung und Entwicklung, Innovationen

Tabelle A-2: Quellen für die Grunddaten und Zuordnung der Einzelindikatoren in die Teilranglisten Subindizes und Einzelindikatoren

Quellen für Grunddaten

Zuordnung der Einzelindikatoren

Exporte ADI Statik Dynamik 8. Markteffizienz 8.1 Kapitalverkehrsrestriktionen

-

8.2 Kapitalmarktvollkommenheit

WEF

8.3 Lohnzusatzkosten

-

8.4 Löhne und Produktivität

WEF

x

x

8.5 Lokaler Wettbewerb

WEF

x

x

x

8.6 Antimonopolregeln

WEF

x

x

x

8.7 Verbreitung ausländischer Eigentümer

WEF

x

x

x

x

x

© Prognos 2011

9. Entfernung zu Deutschland 9.1 Distanz der Hauptstädte

Google Earth

x

x

9.2 Seeweg

www.searates.com

x

x

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Die Schweizer Prognos AG berät seit 1959 europaweit Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft in Zukunftsfragen. Auf Basis neutraler Analysen und fundierter Prognosen entwickeln Experten in Basel, Berlin, Bremen, Brüssel, Düsseldorf, München und Stuttgart praxisnahe Entscheidungsgrundlagen und Zukunftsstrategien für Unternehmen, öffentliche Auftraggeber und internationale Organisationen.

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