Fondsanbieter geraten unter Druck

14.10.2017 - menden Marktdominanz von Online-. Giganten wie Amazon. .... Chef der Region Emea bei J.P. Morgan AM. Bereits heute müsse man genauer.
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Samstag, 14. Oktober 2017  ·  Nr. 81

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Fondsanbieter geraten unter Druck

Hot Corner

INTERNATIONAL  Traditionelle Vermögensverwalter suchen ihr Heil in passiven Produkten und neuen Gebührenmodellen. PASCAL MEISSER, London

E

Charakterlos

BILD: UWE KRAFT/IMAGEBROKER/KEYSTONE

s war ein Kniefall. Vor einigen Tagen gab der Fondsanbieter Fidelity bekannt, ab Januar bei einigen Produkten ein neues Gebührenmodell einzuführen. So sollen aktiv geführte Fonds nur noch eine geringe Basisgebühr kosten. Sollte der Vergleichsindex geschlagen werden, wird eine Performancegebühr fällig. Mit dieser Ankündigung reagiert Fidelity auf die Popularität von passiv verwalteten Fonds, die an der Börse gehandelt werden (Exchange Traded Funds; ETF). Der US-Vermögensverwalter ist nicht der einzige Anbieter, der diesen Weg einschlägt. Bereits im September hatte Allianz Global Investors angekündigt, in den USA drei Discount-Fonds auf den Markt zu bringen – ebenfalls basierend auf einem Performance-Gebührenmodell.

Starkes ETF-Wachstum Die neue Kreativität ist Folge des zunehmenden Wachstums passiver Anlageprodukte. Seit dem Jahr 2000 hat sich das von ETF verwaltete Vermögen fast versechzigfacht (vgl. Grafik 1). Vor allem in den vergangenen sechs Jahren hat sich das Wachstum akzentuiert. Derzeit stecken rund 4,5 Bio. $ in passiven Fonds. Gleichzeitig haben Vermögensverwalter, die auf aktive Strategien setzen, einen teils erheblichen Geldabfluss registrieren müssen. Wie der Vermögensverwalter J.P. Morgan Asset Management diese Woche an einer Konferenz in London aufzeigte, fliessen monatlich bis zu 200 Mrd. $ Investorengelder ab. Im Gegenzug profitiert die passive Industrie kontinuierlich von Mittelzuflüssen. Der Grund dafür ist simpel: Passive Anlagen sind kostengünstig und liefern eine marktgerechte Rendite, aktive Fonds hingegen sind teurer und können oft das Versprechen, eine Mehrrendite zu erbringen, nicht einlösen. Die Verlagerung wirkt sich auf die Wachstumsambitionen der aktiv ausgerichteten Fondsanbieter aus. Ob eine nach der Performance ausgerichtete Gebühr eine gute Lösung ist, bleibt selbst innerhalb der Branche umstritten. So sagt Markus Fuchs, Geschäftsführer des Schweizer Fondsverbandes (Sfama): «Für Privatanleger sind solche Modelle oft kaum verständlich und schwierig nachzuvollziehen.» Wie kann dem Kunden erklärt werden, dass ein Fondsmanager höher entschädigt werde, wenn sein Fonds beispielsweise nicht 50% verliere wie der Vergleichsindex, sondern nur 30%? Zudem stellt sich auch ein Anreizproblem. Fondsmanager könnten bei Erfolglosigkeit dazu getrieben werden, auf Ende Jahr hin mit riskanteren Wetten zu versuchen, den Vergleichsindex zu schlagen. «Der langfristige Anlageblick interessiert nur noch bedingt», sagt Fuchs. Die Einführung performanceabhängiger Gebühren ist nur ein Weg, welcher die Fondsindustrie probiert. Immer wieder versuchen Vermögensverwalter, ihre Produktpalette mit passiven Produkten zu ergänzen. Ein Vorreiter in diesem Bereich

Die Anleger strömen zu den passiv verwalteten Fonds und kehren den aktiven Fondsmanagern tendenziell den Rücken.

war Invesco, die 2006 den ETF-Anbieter Powershares übernahm. BlackRock, mit 5,7 Bio. $ grösster Vermögensverwalter der Welt, stieg 2009 ins passive Geschäft ein, als sie die damalige Barclays-Tochter iShares kauften. Invesco sieht sich in seiner Pionierrolle bestätigt. «Es war eine strategische Entscheidung, aber eine aus heutiger Sicht sinnvolle», sagt Thibaud de Cherisey, der bei Invesco das europäische ETF-Geschäft verantwortet.

De Cherisey geht davon aus, dass noch weitere Anbieter, die bislang ausschliesslich auf aktiv gemanagte Fonds gesetzt haben, auf den ETF-Zug aufspringen werden. «Für grosse unabhängige Vermögensverwalter wird es immer wichtiger, ihren Kunden auch passive Instrumente anzubieten», sagt de Cherisey. Denn die Treiber für das Wachstum des passiven Anlagegeschäfts – eine gute Rendite bei tiefen Kosten – seien weiterhin gegeben.

Zuletzt hat mit Franklin Templeton ein weiterer Vermögensverwalter diesen Tabubruch gewagt. Der SchwellenländerSpezialist bietet neu auch in Europa ein paar passive Anlagefonds an. Diese als «Smart Beta» bezeichneten Fonds kopieren allerdings keine gängigen Indizes, sondern basieren auf eigenen Vorgaben und selbst kreierten Indizes. «Wir bieten unseren Kunden nun die Entscheidungsfreiheit, jenseits traditionell aktivgesteuerter Fondslösungen auf einen Korb rein quantitativ gesteuerter ETF zuzugreifen», kommentierte Reinhard Berben, Geschäftsführer Deutschland bei Franklin Templeton, diesen Schritt. Auch in der Schweiz haben 2016 zwei grössere Fondsanbieter auf die passive Popularität reagiert. Sowohl Credit Suisse (die 2013 ihr ETF-Geschäft an iShares verkauft hatten) als auch Swisscanto öffneten ihre passiven Indexfonds für Privatanleger. Zuvor waren diese kostengünstigen Anlagemöglichkeiten ausschliesslich institutionellen Anlegern zugänglich.

1 Passive Fonds ziehen immer mehr Gelder an

2 Zuflüsse in aktive und passive Anlagefonds

Geringe Kosten als Treiber

von ETF verwalteten Vermögen

Legende Zeile 1

Total passive und aktive Fonds Aktive Fonds

in Mrd. $

Passive Fonds

Mrd. $

4000

800 600

3000

400 2000

200 0

1000 0

–200 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 1617 1

1) bis Ende September Quelle: BlackRock / Grafik: FuW, ls

–400

2014

2015

2016

17

Quelle: J.P. Morgan AM / Grafik: FuW, ls

Nicht alle Branchenvertreter sind jedoch überzeugt, dass die passive Welle noch über eine längere Zeit die Investoren mitreisst. So fällt zum Beispiel auf, dass immer mehr komplexere Produkte auf der Passivseite auf den Markt kommen, die sich vom ursprünglichen Konzept der ETF – Transparenz und einfache Verständlichkeit – entfernen.

«Kein Allheilmittel» Zudem dürfte die Marktsituation künftig aktive Strategien eher bevorteilen. «Wenn Aktienmärkte in ihrer Breite haussieren, die Korrelation hoch ist und die Volatilität tief, dann hat aktives Management Mühe, Mehrwert zu bieten», sagte Mike O’Brien, Chef der Region Emea bei J.P. Morgan AM. Bereits heute müsse man genauer schauen, auf welche Aktien man setze, weil der Markt nicht mehr von allen Titeln getragen werde. «In den kommenden Jahren wird aktives Management wieder gefragter sein», so O’Brien. Auch Sfama-Geschäftsführer Fuchs sagt: «Wenn der breite Markt steigt, spielt die Aktienauswahl keine entscheidende Rolle.» Es sei aber kein Allheilmittel, wenn die Fondsindustrie versuche, sich vom Kuchen der passiven Seite ein Stück abzuschneiden. Diese Aussichten würde jenen Vermögensverwaltern recht geben, die ihre Rettung in Fusionen gesucht haben. Zuletzt haben sich Aberdeen und Standard Life, Amundi und Pioneer sowie Janus und Henderson zusammengeschlossen, um ihre Kosten und ihr Produktportfolio zu optimieren. Deren Fokus liegt aber weiterhin darauf, mit aktivem Management der Anlagen ihre Wette auf eine langfristige Mehrrendite einzulösen.

Skandal um gefälschte Produktdaten von Kobe Steel weitet sich aus JAPAN 

Der japanische Stahlhersteller räumt immer mehr Verfehlungen ein. Von den Produkten sind rund dreissig ausländische Unternehmen betroffen.

Der Skandal um die Fälschungen von Produktdaten beim japanischen Stahl2000 konzern Kobe Steel 1600 hat bei Firmen welt1200 weit Besorgnis aus800 gelöst. CEO Hiroya 400 Kawasaki räumte am 14 15 16 17 Freitag ein, dass Quelle: Thomson Reuters / FuW nicht nur Aluminium- und Kupferprodukte betroffen seien, sondern auch Stahlwaren wie Draht. Insgesamt seien rund 500 Firmen beliefert worden. Zu den Kunden des drittgrössten japanischen Stahlherstellers gehören Autokonzerne, die Luft- und Raumfahrtindustrie, Rüstungsunternehmen oder der AKW-Betreiber Tepco, bei

Kobe Steel

Kurs: 805 Yen Nikkei 225 angeglichen

dem es 2011 in Fukushima zur Reaktor­ katastrophe gekommen war. Die Tageszeitung «Nikkei» berichtete von über 30 betroffenen nicht-japanischen Kunden, darunter Airbus. Airbus beziehe direkt keine Kobe-Produkte, will jedoch seine Zulieferkette überprüfen, sagte ein Sprecher. Bislang sei dabei aber keiner ausgemacht worden, der von Kobe Steel Material beziehe, das bei Airbus ­verwendet werde. Der Konzern bezieht jedoch für sein Modell A350 Teile für Fahrgestelle beim französischen Konzern Safran, die vom japanischen Konzern Japan Aeroforge hergestellt werden – einem Gemeinschaftsunternehmen von Kobe Steel und Hitachi Metals. Ein Kobe-Sprecher sagte, Produkte des Joint Ventures stünden derzeit nicht unter Verdacht.

US-Rivale Boeing habe falsch deklarierte Produkte von Kobe Steel verwendet, sehe aber keine Sicherheitsprobleme, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Boeing hatte nach Bekanntwerden des Skandals angekündigt, sich mit den Zulieferern eng abzusprechen. Betroffen sind auch die Autobauer Toyota, Nissan und Honda, die Stahlprodukte von Kobe für Autotüren und -hauben verwenden. Kobe-Steel-Chef Kawasaki sagte auf einer Pressekonferenz, es sei noch nicht klar, wie es zu den Vorfällen gekommen sei. Schadenersatzforderungen gebe es bislang nicht. Die Kunden sollten aber Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit dem Skandal entstanden seien, erstattet bekommen. «Die Glaubwürdigkeit von

Kobe Steel ist auf null eingebrochen», hatte er zuvor eingeräumt. Die Aktien von Kobe Steel verloren am Freitag fast 9%. Seit Bekanntwerden des Skandals haben sie mehr als 40% eingebüsst. Kobe Steel hatte die Produktdatenfälschung vor einer Woche eingeräumt. Die Vorfälle könnten bis zu zehn Jahre zurückreichen, zahlreiche Mitarbeiter seien beteiligt. Das 1905 gegründete Unternehmen gehört zu den wirtschaftlichen Aushängeschildern des Landes. In Japan machten zuletzt einige Konzerne negative Schlagzeilen: So rief Nissan mehr als 1,2 Mio. Fahrzeuge wegen unzulänglicher Sicherheitsüberprüfungen zurück. Der Autozulieferer Takata musste im Sommer erneut Millionen von Airbags aus dem Verkehr ziehen. (Reuters)

«Hinter ­ den Hügeln und keinem bekannt, hier liegt das Teletubby-Land.» So beginnt jede Folge der kultver­ dächtigen Kinderserie, deren vier quietschbunte Protagonisten direkt einem schlechten LSD-Trip zu entstammen scheinen. Das Markenzeichen von Tinky Winky, Dipsy, Laa-Laa und Po (ihr charakteristisches «Oh-oh!») dürfte diese Woche auch den Aktionären von Character Group (London: CCT, 407,5 p am Freitag, 86 Mio. £ Marktkapitalisierung) entfahren sein. Eine fette Gewinnwarnung hatte die Valoren des Produzenten von Teletubby-Spielsachen zeitweise 20% in die Tiefe geschickt. Der Grund der Gewinnwarnung: Der Konkurs eines wichtigen Kunden habe den internationalen Absatz belastet. Obschon nicht spezifisch genannt, war schnell klar, um welchen Schuldigen es sich handelt – die US-Spielwarenkette Toys R Us, die jüngst einen Antrag auf Gläubigerschutz unter dem US-Konkursrecht einreichen musste. Toys R Us litt seit geraumer Zeit unter der zunehmenden Marktdominanz von OnlineGiganten wie Amazon.

Nicht das einzige Problem Die 1991 gegründete Character Group ist in der Lizenzierung, dem Design und dem Vertrieb von Spielwaren tätig. Die Produkte basieren in der Regel auf bekannten Figuren aus Film und Fernsehen, darunter beispielsweise Peppa Pig und Scooby Doo. Die eigentliche Fertigung wird an zumeist in China ansässige Subunternehmer ausgelagert. Der aktuellen Schwierigkeiten nicht genug, hatte Character Group bereits im September mit internen Querelen zu kämpfen: Die Meldung, man trenne sich per sofort von Finanzchef Mark Dowding, warf einige Fragen auf und sorgte für sinkende Kurse. Als Grund nannte das Management den «fundamentalen Verlust gegenseitigen Vertrauens» – was auch immer das bedeuten mag. Zumindest wurde kategorisch verneint, dass es sich beim Entlassungsgrund um illegale Aktivitäten Dowdings gehandelt habe.

Management optimistisch Im Anschluss an die jüngste Profitwarnung hat die Analystengilde die Gewinnprognose für das laufende Fiskaljahr 2017/18 um rund 30% verringert. Auf Basis der angepassten Erwartungen weisen die Titel nun ein moderates Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11 auf, das einiges der Unsicherheit vorwegnimmt. Risikofreudige Anleger können darauf spekulieren, dass sich die Valoren rasch von der Schlappe erholen. Trotz der jüngsten Schwierigkeiten zeigt sich das Unternehmen optimistisch – und verweist auf die attraktive Produkte­ pipeline. So konnte man im Juli die ­Teletubby-Lizenz um weitere drei Jahre verlängern. Zudem wird die Character Group in Grossbritannien und Irland neu zum Hauptvertreiber von Pokemon-Spielwaren. Laut Management soll der Cashflow positiv bleiben und die Dividendenpolitik beibehalten werden. Gemessen an den Ausschüttungen der vergangenen zwölf Monate beträgt die Dividendenrendite attraktive 4,2%.FH

Character Group Kurs: 407,5 p | ISIN-Nr. : GB0008976119 FTSE-250-Index angeglichen 500 400 300 200

100 2014

2015

2016

2017

Quelle: Thomson Reuters / FuW