Erinnern Sie sich an die folgende Geschichte ?

liebe und Kinderlachen, mehr als ein Netz voller Fische und der Schein der ... 2 Hinter sich lassen müssen, was Zuhause, Wohnung, soziales Umfeld usw.
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Erinnern Sie sich an die folgende Geschichte ? Zwei Menschen verlassen ihre Vergangenheit. Sie hat nichts mehr zu bieten. Sie ist selbst verlassen und lässt zwei Verlassene zurück.1 Zwei Menschen verlassen Jerusalem.2 Jetzt ist es aus, sagt der eine. Ja, sagt der andere, jetzt ist es endgültig aus. Ich habe es nicht geglaubt, sagt der eine, dass es so kommen wird; sonst hätte ich mich nicht so darauf eingestellt.3 Jetzt ist er tot, der Mann aus Nazaret, sagt der andere.4 Wäre ich bloß am See geblieben, sagt der eine, hätte ich ein stilles, unscheinbares Leben geführt; aber nachdem, was wir erlebt haben, ist dieses Ende viel schrecklicher als ein dürftiges Leben am See. Hätte es bloß nicht angefangen, sagt der eine. Und wohin wollen wir gehen, fragt der andere, wenn alles, was war, jetzt nicht mehr ist? Durch den Tod eines Menschen, der mehr war als alles in der Welt, mehr als Frauenliebe und Kinderlachen, mehr als ein Netz voller Fische und der Schein der Nachtlampe, mehr als der dampfende Teller, mehr als die hüllende Decke unter dem Strohdach. Er war mehr als alles, woran Menschen ihr Herz hängen, sagt der andere.5 Ich verstehe das nicht, sagt der eine. - Ich auch nicht, sagt der andere. Und sie verschweigen einander die Zukunft.6 Und es begibt sich, während sie miteinander reden und sich besprechen, dass ein dritter des Weges kommt und mit ihnen geht. Wohin geht ihr, fragt der dritte. Nach Norden, sagt der erste. Gegen das Meer zu, nach Emmaus, sagt der zweite. Was redet ihr da, fragt der dritte. Sagt mir, warum ihr so traurig seid. Bist du der einzige, der in Jerusalem war und nicht erfahren hat, was da in diesen Tagen geschehen ist, antwortet der erste. Ich weiß nicht; aber was ist es, fragt der dritte.7 Da fassen die beiden Vertrauen und öffnen dem dritten ihr Herz, und er hört zu, und die beiden erzählen die Geschichte von Jesus von Nazaret.8 1 2 3

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Häufig die Situation nach einer Trennung / Scheidung. Hinter sich lassen müssen, was Zuhause, Wohnung, soziales Umfeld usw. bedeuteten. Die schmerzliche Erfahrung, sich so getäuscht zu haben. Es ist alles so anders geworden, als es am Beginn der Beziehung ausgesehen hatte. Was ist doch alles versucht worden, um die Ehe / Beziehung zu beleben und zu retten - bis festgestellt werden musste, es geht nicht mehr: die Beziehung ist tot. Der schmerzliche Rückblick auf den gemeinsamen Weg. Im Schmerz und in der Traurigkeit schwindet jede Perspektive – es scheint alles sinnlos geworden, aussichtslos. Das aufmerksame, einfühlende Zuhören. Die Betroffenen möchten gehört und ernst genommen werden, wenn sie von ihrer Enttäuschung, Wut, Bitterkeit und ihrer Trauer sprechen. Viel Raum und Zeit geben, dass alles aus-gedrückt, mit-geteilt, aus-gesprochen werden kann. Wenn das Vertrauen da ist und wächst, kann viel, sehr viel hoch kommen, das vielleicht schon lange nicht wahrgenommen wurde.

Es war ein Mann aus Galiläa, der uns geholt hat, mitzugehen auf die Wanderschaft. Nehmt nichts auf den Weg, hat er gesagt, weder den Stab noch die Tasche noch Brot noch Geld. Keiner soll zwei Jacken haben, jeder nur Sandalen an den Füßen und lebt von dem, was freundliche Menschen euch geben, hat er gesagt. Und wir haben getan, was er gesagt. Wir sind unter freiem Himmel gewandert, ohne ein Dach über dem Kopf, aber voll der Gewissheit, geliebt zu werden mit einer Liebe, die stark ist wie der Tod. Wir waren dabei, erzählen die beiden, wie die Soldaten in den Garten am Ölberg eindrangen und den Mann den Hohenpriestern und den Oberen zum Todesurteil auslieferten. Wir haben die Hammerschläge auf dem Kreuzbalken gehört, und der Schrei des Sterbenden klingt uns immer noch im Ohr. Wir hofften, er sei es, der Israel erlösen sollte. Aber bei all dem ist schon der dritte Tag vergangen, seit dies geschehen ist.9 Gott hat uns alle verlassen, sagt der eine. Gott hat sich selbst verlassen, sagt der andere.10 Gott ist unter euch, sagt der dritte.11 Da neigt sich über dem Tag der Abend und Emmaus liegt vor ihnen. Der dritte will weitergehen. So scheint es den beiden. Bleib', sagt der eine. Trink mit uns, sagt der andere. Und der dritte setzt sich an den Tisch. So sitzen sie beieinander im bergenden Schein der Lampe, als der dritte das Brot in die Hand nimmt in vertrauter Weise, mit vertrauter Stimme dafür dankt.12 Er hat uns nicht verlassen, durchzuckt es den einen. Jesus lebt ! ruft der andere.13 Und da die beiden des leibhaftigen Anblicks nicht mehr bedurften, um überzeugt zu werden, entschwindet er ihren Blicken. Und sie stehen in eben der Stunde auf und kehren nach Jerusalem zurück. Sie nehmen weder einen Stock noch Tasche noch Brot noch Geld. Sie haben jeder nur eine Jacke und tragen an den Füßen Sandalen und sind gewiss, geliebt zu werden mit einer Liebe, die stark ist wie der Tod. Und sie erzählen allen, was auf dem Weg nach Emmaus geschehen und wie Jesus von ihnen beim Brechen des Brotes erkannt worden war. 9

Wie viel Hoffnung und Lebensplanung mag in der Beziehung gelebt haben? Vielleicht auch unerfüllbare Wünsche, Erwartungen… Jedenfalls erweist sich jetzt alles als eine schmerzvolle Ent-Täuschung 10 Beziehungskrisen und tiefe Enttäuschungen mit nahe stehenden Menschen sind fast immer auch bedrückende Glaubenskrisen - Zweifel und Hader mit Gott; sich wie von Gott verlassen erleben. Die Antwort kann nicht ein allzu schneller Hinweis auf Gott oder die Kraft des Gebetes etc sein. 11 Kostbar, wenn im begleitenden Gespräch – nach einer Phase, in der aufmerksam zugehört wurde und der/die Betroffene sich gehört und wahrgenommen fühlt, auch ein authentisches Wort des Vertrauens ausgedrückt werden kann. 12 Die Bedeutung von Ritualen, verständlichen Gesten und Zeichen, die auch mehr sagen können als Worte. 13 Im Schmerz und in der Traurigkeit erfahren sie, wie ihnen einer beisteht und sie begleitet; so hilft er, dass sie sich neu orientieren. Sie finden wieder einen Glauben - zuerst an andere (Menschen, Gott) und in weiterer Folge wieder an sich selbst. Die Krise birgt eben ihre Chancen: neu aufleben können. Oft heißt es: loslassen und sich trennen von (falschen) Erwartungen, beengenden Idealen etc, wie die beiden Jünger Jerusalem verlassen haben und sich von ihren Enttäuschungen, ihrer Wut „befreien“ konnten. Schließlich konnten sie sogar nach Jerusalem zurückkehren; es bleibt der Ort, an dem sie alles erlebten, was zu ihrer Enttäuschung und dem Schmerz geführt hat - aber in ihnen und in ihrer Sicht hat sich viel verändert: Pascha/Ostern, d.h. der Übergang vom Tod zum Leben. Es ist ein Geschenk und eine „Gnade“, wenn ein begleitendes Gespräch so zur therapeutischen / pastoralen Begleitung wie auf einem „Emmausweg“ wird.