Erdbebenlasten Eurocode 8

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Herbert Friedl Suikai Lu Marian Ralbovsky

Erdbebenlasten Eurocode 8

Das Buch verarbeitet praxisgerecht die langjährigen Erfahrungen und profunden Kenntnisse der Autoren, die Top-Experten der Materie sind, und gibt wertvolle Empfehlungen für den Planungsund Bemessungsingenieur. Es gibt einen Vergleich über die im Eurocode 8 vorgegeben Berechnungsverfahren und zeigt neben linear elastischen Berechnungsverfahren auch das Potenzial von nichtlinearen statischen Berechnungsverfahren wie der PushoverBerechnung.

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HE R BE RT F R IE DL / SU KAI LU / MARIAN RALBOVSKY

Im vorliegenden Band wird die Anwendung des Eurocodes 8 für drei Praxisbeispiele – einen Hochbau aus Stahlbeton, eine Stahlhalle und einen Hochbau aus Mauerwerk – demonstriert. Besonderes Augenmerk wurde auf die detaillierte Aufarbeitung und Angabe aller Berechnungsschritte sowie Verweise auf die zugehörigen Abschnitte der ÖNORM EN 1998-1 (2013 06 15) und die nationale ÖNORM B 1998-1 (2011 06 15) gelegt.

Erdbebenlasten Eurocode 8

Mit der Einführung des Eurocodes 8 »Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben« wurde eine neue Normengeneration hinsichtlich Entwurf und Bemessung von Bauwerken für den Lastfall Erdbebeneinwirkung eingeführt. Im Vergleich zu älteren Normengenerationen gibt der Eurocode 8 eine Vielzahl von ergänzenden Bestimmungen und Anforderungen für die Tragwerksauslegung und Nachweisführung für den Grenzzustand der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit vor.

Praxisbeispiele Hochbau aus Stahlbeton, Stahlbau-Halle und Hochbau aus Mauerwerk

1. Auflage 2014

bau

AST Eurocode Erdbeben_Kern 07.01.14 13:35 Seite 1

Herbert Friedl Suikai Lu Marian Ralbovsky

Erdbebenlasten Eurocode 8 Praxisbeispiele Hochbau aus Stahlbeton, Stahlbau-Halle und Hochbau aus Mauerwerk

1. Auflage 2014

Austrian Standards plus Publishing

bau

AST Eurocode Erdbeben_Kern 07.01.14 13:35 Seite 2

Impressum 1. Auflage 2014 ISBN 978-3-85402-29ĺ-ĽĖvā€€|ė Auch als †ty verfügbar: ISBN 978-3-85402-29Ĺ-Ķ Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Vervielfältigung, Aufnahme auf oder in sonstige Medien oder Datenträger, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Austrian Standards plus GmbH gestattet. Alle Angaben in diesem Fachbuch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr und eine Haftung der Autoren oder des Verlages ist ausgeschlossen. © Austrian Standards plus GmbH, Wien 201ĺ Die †„…ƒzr…rurƒu„}†„~s ist ein …vƒvy~vdes Austrian Standards Institutes. AUSTRIAN STANDARDS PLUS PUB L I S H I N G

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Gertraud Reznicek COVER – FOTOCREDIT

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Inhalt

Inhalt Vorwort ............................................................................................................................................................... 5 V.1 Allgemeines ........................................................................................................................................... 5 V.2 Danksagung ........................................................................................................................................... 6 V.3 Berechnungsverfahren nach Eurocode 8 ........................................................................................... 7 V.3.1 Allgemeines ........................................................................................................................................... 7 V.3.2 Vereinfachtes Antwortspektrumverfahren ......................................................................................... 7 Allgemeines ....................................................................................................................................................... 7 V.3.3 Modales Antwortspektrumverfahren................................................................................................... 8 Allgemeines ....................................................................................................................................................... 8 Kombination der Modalbeiträge ...................................................................................................................... 8 V.3.4 Nichtlineare statische Berechnung („pushover“-Berechnung) ....................................................... 8 Allgemeines ....................................................................................................................................................... 8 Kapazitätskurve ................................................................................................................................................. 9 V.3.5 Nichtlineare Zeitverlaufsberechnung .................................................................................................. 9 V.3.6 Vergleich der Berechnungsverfahren ................................................................................................. 9 1 Hochbau aus Stahlbeton .................................................................................................................... 11 1.1 Kurzbeschreibung des Praxisbeispiels ............................................................................................ 11 1.2 Überlegungen zur erforderlichen Modellierungsgenauigkeit ......................................................... 11 1.3 Duktilität ............................................................................................................................................... 12 1.4 Allgemeines ......................................................................................................................................... 13 1.4.1 Grundlagen .......................................................................................................................................... 13 1.4.2 Materialkenndaten ............................................................................................................................... 13 1.4.3 Geometrie ............................................................................................................................................. 13 1.5 Lasten ................................................................................................................................................... 17 1.5.1 Lastaufstellung .................................................................................................................................... 17 1.5.2 Kombinationsregel .............................................................................................................................. 18 1.6 Geometrische Kenndaten ................................................................................................................... 21 1.6.1 Allgemeines ......................................................................................................................................... 21 1.6.2 Geometrische Kenndaten des Gebäudes ......................................................................................... 24 1.6.3 Kriterien für konstruktive Regelmäßigkeit ....................................................................................... 34 1.7 Erdbebeneinwirkung ........................................................................................................................... 36 1.8 Verschiedene Analyseverfahren........................................................................................................ 39 1.8.1 Vereinfachtes Antwortspektrumverfahren ....................................................................................... 39 1.8.2 Modales Antwortspektrumverfahren................................................................................................. 49 1.8.3 Modale Antwortspektrumverfahrensanalyse in x-Richtung ........................................................... 57 1.8.4 Räumliche Berechnung mit 3D-Finite Elemente Modell.................................................................. 61 1.9 Vergleich der Resultate ...................................................................................................................... 73 1.10 Schlussfolgerungen ............................................................................................................................ 74 2 Stahlbauhalle ....................................................................................................................................... 75 2.1 Kurzbeschreibung des Praxibeispiels .............................................................................................. 75 2.2 Duktilität ............................................................................................................................................... 75 2.3 Allgemeines ......................................................................................................................................... 76 2.3.1 Materialkenndaten ............................................................................................................................... 76 2.3.2 Geometrie ............................................................................................................................................. 77 2.3.3 Statisches System .............................................................................................................................. 78 2.4 Lasten ................................................................................................................................................... 79 2.4.1 Lastaufstellung .................................................................................................................................... 79 2.5 Geometrische Kenndaten ................................................................................................................... 80 2.5.1 Kriterien für konstruktive Regelmäßigkeit ....................................................................................... 80 2.6 Erdbebeneinwirkung ........................................................................................................................... 81 2.6.1 Allgemeines ......................................................................................................................................... 81 2.6.2 Auslegungskonzept ............................................................................................................................ 83 2.6.3 Bemessungsspektrum ........................................................................................................................ 83 2.6.4 Kombinationsregel .............................................................................................................................. 84 2.7 Bemessung nach der Grundkombination ........................................................................................ 84

3

Inhalt

2.7.1 2.7.2 2.7.3 2.8 2.8.1 2.8.2 2.8.3 2.8.4 2.8.5 2.9 2.9.1 2.9.2 2.9.3 2.9.4 2.9.5 2.9.6 2.10 3 3.1 3.2 3.2.1 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.4 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.7 3.8 3.8.1 3.8.2 3.8.3 3.9 3.10 3.10.1 3.10.2 3.10.3 3.11 3.12 3.12.1 3.12.2 3.12.3 3.12.4 3.13 4 5

4

Allgemeines......................................................................................................................................... 84 Querrahmen in x-Richtung ................................................................................................................ 85 Längsrahmen in y-Richtung .............................................................................................................. 92 Erdbebenanalyse nach dem modalen Antwortspektrumverfahren............................................... 94 Allgemeines......................................................................................................................................... 94 Analyse in x-Richtung ........................................................................................................................ 95 Sicherheitsnachweise für Querrahmen .......................................................................................... 108 Analyse in y-Richtung ...................................................................................................................... 111 Sicherheitsnachweise für Längsrahmen ....................................................................................... 120 Erdbebenanalyse mit der „pushover“-Berechnung...................................................................... 123 Werkstoffeigenschaften ................................................................................................................... 123 Rahmen in x-Richtung ...................................................................................................................... 124 Rahmen in y-Richtung, Variante 2................................................................................................... 126 Rahmen in x-Richtung, Variante 2 .................................................................................................. 133 Rahmen in x-Richtung, Variante 3 .................................................................................................. 139 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................................................................ 141 Schlussfolgerungen ......................................................................................................................... 142 Mauerwerk ......................................................................................................................................... 145 Kurzbeschreibung des Praxisbeispiels ......................................................................................... 145 Allgemeines....................................................................................................................................... 145 Grundlagen........................................................................................................................................ 145 Materialkenndaten ............................................................................................................................ 146 Tragende Wände – Außenwände .................................................................................................... 146 Tragende Wände – Innenwände ...................................................................................................... 147 Decken ............................................................................................................................................... 147 Abmessungen ................................................................................................................................... 148 Lasten ................................................................................................................................................ 151 Lastaufstellung ................................................................................................................................. 151 Kombinationsregel ........................................................................................................................... 152 Massenermittlung ............................................................................................................................. 153 Besondere Regeln für Mauerwerksbauten .................................................................................... 154 Baustoffe und Ausführung .............................................................................................................. 154 Kriterien für die Ausführung von unbewehrten Mauerwerkshochbauten .................................. 155 Auslegungskriterien und Konstruktionskriterien ......................................................................... 155 Regeln für „einfache Mauerwerksbauten“ ..................................................................................... 157 Geometrische Kenndaten ................................................................................................................ 161 Allgemeines....................................................................................................................................... 161 Geometrische Kenndaten des Bauwerks ....................................................................................... 162 Kriterien für konstruktive Regelmäßigkeit ..................................................................................... 171 Erdbebeneinwirkung ........................................................................................................................ 172 Verschiedene Analyseverfahren ..................................................................................................... 174 Vereinfachtes Antwortspektrumverfahren ..................................................................................... 174 Multimodales Antwortspektrumverfahren ..................................................................................... 188 Räumliches Modell mit „pushover“-Verfahren.............................................................................. 197 Vergleich der Resultate .................................................................................................................... 208 Tragsicherheitsnachweise............................................................................................................... 210 Allgemeines....................................................................................................................................... 210 Tragsicherheitsnachweise der Wand W1 aus der Wandgruppe Gr1Y (=analog W5 aus Gr2Y) .. 216 Tragsicherheitsnachweise der Wand W2 (=analog W4) aus Wandgruppe Gr3Y ....................... 227 Tragsicherheitsnachweise der Wand W3 aus Wandgruppe Gr3Y............................................... 232 Schlussfolgerungen ......................................................................................................................... 235 Literaturhinweise .............................................................................................................................. 239 Die Autoren ....................................................................................................................................... 241

Vorwort

Vorwort V.1 Allgemeines Die Praxisbeispiele umfassen folgende Bauwerke: –

Stahlbeton-Hochbau,



Stahlbau-Halle und



Mauerwerksbau.

Um die Lesbarkeit der Unterscheidung zwischen den nationalen Festlegungen, die in den entsprechenden nationalen Anhängen zum Eurocode enthalten sind (z. B. ÖNORM B 1998-1), und dem Eurocode selbst (z. B. ÖNORM EN 1998-1) zu erleichtern, wurde bei der Erstellung der Beispiele die nationalen Festlegungen grau hinterlegt. Weiters wird das Wort „Abschnitt“ verwendet, um auf diverse Abschnitte in den normativen Festlegungen zu verweisen. Das Wort „Kapitel“ wird verwendet, um auf Kapitel des vorliegenden Beispiels zu verweisen. Verweise auf Literatur sind in eckigen Klammern abgebildet, z. B.: [1], und im Literaturverzeichnis am Ende des Buches auffindbar. Nachstehend angeführt sind die relevanten Änderungen der ÖNORM B 1998-1:2011 zur Vorversion ÖNORM B 1998-1:2006 sowie die wesentlichen Überarbeitungen zu den Bänden 1-3 aus der Serie „Erdbebenlasten Eurocode 8“, Austrian Standards plus Publishing, 1. Auflage 2008: 

Die Formel zur Berechnung der schubwirksame Querschnittsfläche nach ÖNORM EN 1998-1:2011, Abschnitt 4.3.3.2.2 (4) wurde berichtigt.



Anpassungen an die Empfehlungen der ÖNORM EN 1998-1 erfolgten in den Bereichen der Bedeutungsbeiwerte, der Teilsicherheitsbeiwerte der Widerstände für Betonbauwerke (Beton, Betonstahl und Spannstahl) sowie der Widerstände für Mauerwerksbauten.



Verhaltensbeiwerte für Mauerwerksbauten, Mindestmaterialanforderungen für Mauerwerksbauten sowie der Regelungen für einfache Mauerwerksbauten in ÖNORM B 1998-1:2011 Abschnitt 13.



Anpassung der Definitionen der geringen sowie der sehr geringen Seismizität in ÖNORM B 1998-1:2011 Abschnitt 7.2.3 und Abschnitt 7.2.4.



Erdbebenlasten Eurocode 8 – Praxisbeispiel Hochbau aus Stahlbeton. Autoren: Friedl und Ralbovsky





o

Technische Überarbeitung

o

Änderung des Gebäudestandorts in Zone 3 mit agR = 0,76m/s²

Erdbebenlasten Eurocode 8 – Praxisbeispiel Stahlbau-Halle. Autoren: Friedl und Ralbovsky o

Technische Überarbeitung

o

Nichtlineare statische (pushover) Berechnung

Erdbebenlasten Eurocode 8 – Praxisbeispiel Hochbau aus Mauerwerk. Autor: Lu o

Technische Überarbeitung

o

Nichtlineare statische (pushover) Berechnung

o

Tragsicherheitsnachweise und Analyse mit unterschiedlichen Innen- und Außenwänden

5

Vorwort

V.2 Danksagung Das vorliegende Buch entstand auf der Grundlage der Publikationsserie „Erdbebenlasten Eurocode 8“, Ausgabe 2008: 

Erdbebenlasten Eurocode 8 – Praxisbeispiel Hochbau aus Stahlbeton. Band 1



Erdbebenlasten Eurocode 8 – Praxisbeispiel Stahlbau-Halle. Band 2



Erdbebenlasten Eurocode 8 – Praxisbeispiel Hochbau aus Mauerwerk. Band 3

Es verarbeitet die Erfahrung und Kenntnisse der Autoren über die Anwendung des Eurocodes 8 für verschiedene Gebäudetypen im Hochbau bei Ausführung mit unterschiedlichen Baumaterialien. Viele Kollegen und Mitglieder der Arbeitsgruppe AG 176.02 „Erdbebenkräfte“ im Austrian Standards Institute haben durch Anregungen und konstruktive Kritik zum Gelingen dieses Buches beigetragen. Ihnen sei an dieser Stelle sehr herzlich gedankt. Spezieller Dank gebührt Herrn Univ. Prof. DI Dr. techn. Rainer Flesch, der gemeinsam mit dem Austrian Standards Institute die Initiative für die Erstausgabe 2008 ergriffen hat. Besonderer Dank gebührt Herrn DI Arno Seltenhammer für seinen Beitrag zur Erstausgabe 2008 und Herrn Dipl.Ing.Dr.techn. Andreas Jäger der Wienerberger AG, der durch fachliche Beratung und der Push-Over Analyse im Bereich Mauerwerk zum Inhalt dieses Werkes beigetragen hat.

Wien, im -lQQer 201 Dipl.-Ing. Herbert Friedl Dipl.-Ing. Dr. techn. Suikai Lu MSc, MBA Dipl.-Ing. Marian Ralbovsky, PhD

6

Vorwort

V.3 Berechnungsverfahren nach Eurocode 8 V.3.1 Allgemeines Die Referenzmethode für die Bestimmung der Beanspruchungsgrößen infolge von Erdbeben ist auf der Grundlage eines linear-elastischen Modells des Bauwerks und des angegebenen Bemessungsspektrums das modale Antwortspektrenverfahren. In Abhängigkeit von den konstruktiven Eigenschaften des Bauwerks darf eine der beiden folgenden linearelastischen Berechnungsmethoden verwendet werden: 

Das Vereinfachte Antwortspektrumverfahren



Das Multimodale Antwortspektrumverfahren

Als Alternative zu einer linearen Methode dürfen auch nichtlineare Methoden verwendet werden. Hierfür werden meist bilineare elasto-plastische Modelle des Bauwerks verwendet: 

Nichtlineare statische (pushover) Berechnung,



Nichtlineare Zeitverlaufsberechnung (dynamisch)

V.3.2 Vereinfachtes Antwortspektrumverfahren Allgemeines Diese Methode darf bei Hochbauten angewandt werden, falls der erste Eigenschwingzustand die Schwingungsantwort dominiert. Das heißt, die höheren Schwingungsformen beeinflussen die Antwort der Grundeigenform nicht wesentlich. Diese Anforderung wird als erfüllt angesehen, wenn die Bedingung in folgender Gleichung eingehalten wird.

4  TC T1   2,0s Eine weitere Anforderung wird an die Regelmäßigkeiten im Aufriss gestellt. Damit ein Gebäude als im Aufriss regelmäßig klassifiziert werden kann, muss es nach ÖNORM EN 1998-1:2013 Abschnitt 4.2.3.3 folgende Bedingungen erfüllen: 

Horizontale Aussteifungssysteme wie Kerne, tragende Wände oder Rahmen müssen ohne Unterbrechung von ihrer Gründung bis zur Oberkante des Gebäudes verlaufen.



Die Horizontalsteifigkeit sowie die Masse der einzelnen Geschosse müssen konstant sein oder allmählich ohne sprunghafte Änderung vom Fundament bis zur Spitze eines Gebäudes abnehmen.



In Rahmentragwerken soll das Verhältnis der tatsächlichen Geschossbeanspruchbarkeit zu der laut Berechnung erforderlichen Beanspruchbarkeit nicht unverhältnismäßig stark zwischen benachbarten Geschossen variieren.



Für allmähliche Rücksprünge unter Wahrung der axialen Symmetrie darf der Rücksprung nicht größer sein als 20 % der vorhergehenden Grundrissabmessung in Richtung des Rücksprungs.

7

Vorwort



Für einen einzelnen Rücksprung innerhalb der unteren 15 % der Gesamthöhe des Haupttragsystems darf der Rücksprung nicht größer als 50 % der vorhergehenden Grundrissabmessungen sein. In diesem Fall soll die Tragkonstruktion des unteren Bereichs innerhalb der Vertikalprojektion des Umrisses der oberen Stockwerke derart ausgelegt werden, dass sie mindestens 75 % der horizontalen Schubkräfte aufnehmen kann, die in diesem Bereich eines ähnlichen Gebäudes ohne Vergrößerung der Basis entstehen würden.



Wenn die Rücksprünge die Symmetrie verletzen, darf in jeder Seitenansicht die Summe der Rücksprünge von allen Geschossen nicht größer als 30 % der Grundrissabmessung des ersten Geschosses oberhalb der Gründung oder oberhalb eines starren Kellergeschosses sein, und die Rücksprünge dürfen nicht größer als 10 % der vorhergehenden Grundrissabmessung sein.

V.3.3 Modales Antwortspektrumverfahren Allgemeines Das Modale Antwortspektrumverfahren muss nach ÖNORM EN 1998-1:2013 Abschnitt 4.3.3.3 bei Hochbauten angewandt werden, wenn die Bedingungen zur Anwendung des vereinfachten Antwortspektrumverfahrens nicht erfüllt werden und auch höhere Schwingungsformen einen wesentlichen Beitrag zur Gesamtantwort liefern. Die Antwort aller Modalformen die wesentlich zur Gesamtantwort beitragen muss berücksichtigt werden, wenn einer der folgenden Punkte erfüllt ist: 

Die Summe der effektiven Modalmassen der berücksichtigten Modalbeiträge erreicht mindestens 90 Prozent der Gesamtmasse des Bauwerks.



Alle Modalbeiträge, deren effektive Modalmassen größer sind als fünf Prozent der Gesamtmasse, wurden berücksichtigt.

Kombination der Modalbeiträge Die Überlagerung der Anteile der einzelnen Eigenformen wird unter der Verwendung von Näherungsbeziehungen durchgeführt. Dabei ist darauf zu achten, dass die einzelnen Eigenformen unabhängig voneinander angeregt werden. Die Antworten in zwei Modalformen i und j dürfen als voneinander unabhängig betrachtet werden, wenn ihre Perioden Ti und Tj (Tj≤Ti) die Bedingung gemäß ÖNORM EN 1998-1:2013 Abschnitt 4.3.3.3.2 (1) erfüllen. Zur Bestimmung der seismischen Beanspruchungsgröße darf nach Einhaltung von ÖNORM EN 1998-1:2013 Abschnitt 4.3.3.3.2 (2) folgende Überlagerungsformel verwendet werden:

EE 

E

2 Ei

EE

Die betrachtete seismische Beanspruchungsgröße (Kraft, Verschiebung usw.)

EEi

Wert dieser seismischen Beanspruchungsgröße im Modalbeitrag i

Die Überlagerung der Modalbeiträge mittels SRSS „Square-Root-of-Sum-of-Squares“ liefert wahrscheinliche Größtwerte. Wahrscheinliche Größtwerte deshalb, da die Maximalwerte der einzelnen Antworten zeitlich versetzt auftreten und keine Information betreffend ihrer Phasenverschiebung vorliegen. Ist die Bedingung von ÖNORM EN 1998-1:2013 Abschnitt 4.3.3.3.2 (1) nicht erfüllt, müssen genauere Verfahren für die Kombination der modalen Größtwerte, wie z. B. die „vollständige Quadratische Kombination“ (CQC – Complete-QuadraticCombination), verwendet werden.

V.3.4 Nichtlineare statische Berechnung („pushover“-Berechnung) Allgemeines Nichtlineare statische Untersuchungen unter monoton wachsenden Horizontallasten bei konstant gehaltenen Vertikallasten können mit Vorteil zur Beurteilung des Verhaltens seismisch beanspruchter Konstruktionen

8

Vorwort

herangezogen werden. Gemäß ÖNORM EN 1998-1:2013, Abschnitt 4.3.3.4.2 darf eine „pushover“Berechnung sowohl für die Auslegung neuer als auch bei bereits bestehenden Hochbauten für folgende Zwecke zur Überprüfung des Tragverhaltens angewendet werden: 

um die Werte des Überfestigkeitsverhältnisses



um die erwarteten plastischen Mechanismen und die Schädigungsverteilung abzuschätzen,



um das Tragverhalten bestehender oder ertüchtigter Hochbauten für die Zwecke von ÖNORM EN 1998-3:2013 zu erfassen,



als eine Alternative zur Auslegung auf der Grundlage linear-elastischer Berechnungen unter Verwendung des Verhaltensbeiwertes q.

zu bestätigen oder zu korrigieren,

Bei der „pushover“-Berechnung wird die Konstruktion einer monoton ansteigenden Horizontalbelastung unterworfen, die aus mindestens zwei Lastfällen besteht. Im ersten Lastfall wird die Verteilung der Horizontallasten proportional den Stockwerksmassen angenommen. Beim zweiten Lastfall entspricht die vertikale Verteilung der Lasten der Grundeigenform. Die Horizontalkräfte müssen an den Massepunkten des Modells angreifen und auch die zufällige Ausmittigkeit gemäß ÖNORM EN 1998-1:2013, Abschnitt 4.3.2 (1) muss berücksichtigt werden. Kapazitätskurve Die Beziehung zwischen der Gesamterdbebenkraft und der Kontrollverschiebung („Kapazitätskurve“) sollte, für Werte der Kontrollverschiebung zwischen Null und 150 Prozent der Zielverschiebung, durch eine „pushover“-Berechnung ermittelt werden. In ÖNORM EN 1998-1:2013, Abschnitt 4.3.3.4.2.6 wird ein Verfahren zur Bestimmung der Zielverschiebung aus dem elastischen Antwortspektrum angegeben.

V.3.5 Nichtlineare Zeitverlaufsberechnung Nichtlineare Zeitverlaufsberechnungen können ebenfalls zur Ermittlung der zeitabhängigen Bauwerksantwort verwendet werden. Die Beschleunigungszeitverläufe zur Beschreibung der Bodenbewegungen sind gemäß ÖNORM EN 1998-1:2013, Abschnitt 3.2.3.1 zu verwenden. Sind mindestens sieben Berechnungen mit Beschleunigungszeitverläufen gemäß ÖNORM EN 1998-1:2013, Abschnitt 3.2.3.1 durchgeführt worden, dürfen die Mittelwerte der Schnittkräfte den Nachweisen als Bemessungswerte der Einwirkungen Ed dem Tragfähigkeitsnachweis Ed  Rd zugrunde gelegt werden, ansonsten ist der ungünstigste Wert maßgebend.

V.3.6 Vergleich der Berechnungsverfahren Die wesentlichen Merkmale der vier beschriebenen Berechnungsverfahren sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Das vereinfachte Antwortspektrumverfahren und das Modale Antwortspektrumverfahren werden vor allem für Bemessungszwecke eingesetzt. Nichtlineare dynamische Berechnungen werden aufgrund des hohen Berechnungsaufwandes in der Regel für Forschungszwecke oder zum Nachweis von bedeutenden Bauwerken eingesetzt. Nichtlineare statische Berechnungen gewinnen immer mehr an Interesse, da mit diesen Verfahren eine auf Verformungen basierende Erdbebenanalyse durchgeführt werden kann, welche in der Regel softwareunterstützt abläuft.

9

Vorwort

Tabelle 1 ― Vergleich der Berechnungsverfahren

10

Vereinfachtes Antwortspektrum verfahren

Modales Antwortspektrumverfahren

Nichtlineare statische Berechnung

Nichtlineare dynamische Berechung

dynamisches Modell

linearer Einmassenschwinger

linearer Einmassenschwinger

nichtlinearer Einmassenschwinger

nichtlinearer Mehrmassenschwinger

geometrisches Modell

zweidimensional

zwei- oder dreidimensional

zweidimensional

zwei- oder dreidimensional

Materialmodell

linear

linear

nichtlinear

nichtlinear

Dämpfungs-modell

viskos

viskos

viskos oder hysteretisch

viskos oder hysteretisch

Berücksichtigte Eigenschwingungsformen

nur Grundschwingungsform

Grund- und höhere Eigenschwingungsformen

nur Grundschwingungsform

nicht relevant

Berücksichtigung der Torsion

Vergrößerungsfaktor

linear

Vergrößerungsfaktor

nichtlinear

Berücksichtigung von Materialnichtlinearitäten

pauschaler Reduktionsfaktor (Verhaltensfaktor)

pauschaler Reduktionsfaktor (Verhaltensfaktor)

Nichtlineares Materialmodell

nichtlineares Materialmodell

Erdbebenanregung

Antwortspektrum

Antwortspektrum

transformiertes Antwortspektrum

Zeitverlauf

Resultatgrößen

Schnittkräfte und Verformungen

Schnittkräfte und Verformungen

lokaler Duktilitätsbedarf; Schnittkräfte und Verformungen

lokaler Duktilitätsbedarf; Schnittkräfte und Verformungen

Begrenzung des Einsatzbereiches

regelmäßige Bauwerke

alle Bauwerke

Grundschwingungsform dominierend

alle Bauwerke

Typische Anwendungen

Bemessung

Bemessung

Bemessung und Nachrechnung von Bauwerken

Nachweis von bedeutenden Bauwerken; Nachrechnung von Versuchen

Berechnungsaufwand

klein

mittel

groß

sehr groß

Hochbau aus Stahlbeton

1 1.1

Hochbau aus Stahlbeton Kurzbeschreibung des Praxisbeispiels

In diesem Beispiel wird der Erdbebennachweis für einen Hochbau aus Stahlbeton erläutert. Es wird ein fünfgeschossiges Bauwerk mit den Grundrissabmessungen 24,2 m  16,2 m gewählt. An der Basis wird eine starre Einspannung angenommen. Die horizontalen Kräfte werden durch den Kern und einige Schubwände aufgenommen. Das Hauptziel des Beispiels ist die Demonstration der praktischen Vorgangsweise, von der Aufstellung der Erdbebenkräfte bis zur Ermittlung der Schnittkräfte und der Verformungen. Die konstruktive Umsetzung der Ergebnisse hingegen wird nicht vorgeführt. Die Fundierung wird nicht bemessen. Es wird die Anwendung des Vereinfachten- und des Multimodalen Antwortspektrumverfahrens vorgeführt. In beiden Fällen werden ebene Modelle (Ersatzstabmodelle) für beide Hauptrichtungen verwendet. Zusätzlich wird ein räumliches Finite Elemente Modell erarbeitet und mittels des Multimodalen Antwortspektrum-verfahrens untersucht. Für jede Vorgangsweise wird versucht, das Verhältnis der erzielbaren Qualität der Ergebnisse zum erforderlichen Aufwand herauszustreichen, um so für den Praktiker eine Orientierungshilfe zu schaffen.

1.2

Überlegungen zur erforderlichen Modellierungsgenauigkeit

Es wird sich bereits im Kapitel 1.6 des Praxisbeispiels zeigen, dass relativ aufwendige Berechnungen erforderlich sind, um die konstruktive Regelmäßigkeit im Grundriss zu beurteilen und auf diese Weise festzustellen, welches Rechenmodell (eben oder räumlich) und welche Berechnungsmethode (Vereinfachtes- oder Multimodales Antwortspektrumverfahren) verwendet werden muss. Selbstverständlich kann für den Nachweis stets auch eine genauere Vorgangsweise angewendet werden, die über die Mindestforderung hinausgeht. Falls man sich die oben erwähnten Berechnungen und ggf. später auch die näherungsweise Berücksichtigung von Torsionswirkungen (z. B. mit Excel-Tabellen) ersparen will, kann von Anfang an ein räumliches Rechenmodell gewählt werden. Bei der Ermittlung der elastischen Steifigkeiten werden die Öffnungen in Wänden durch den Ansatz von Völligkeitsbeiwerten berücksichtigt. Es werden Wände zu Wandgruppen zusammengefasst und mittragende Breiten ermittelt, um Gurte ansetzen zu können. Es wird hierbei ein großer Aufwand für den elastischen Fall betrieben. Für den gerissenen Zustand werden – dies ist zwar im Einklang mit ÖNORM EN 1998-1:2013, Abschnitt 4.3.1(7), gegenüber der vorangegangenen Vorgangsweise „sehr großzügig“ und ungenau – 50 % der Steifigkeit des ungerissenen Zustandes angesetzt. Es erscheint sehr sinnvoll, stets Berechnungen für den ungerissenen und den gerissenen Zustand durchzuführen und auf diese Weise eine Bandbreite der möglichen Ergebnisse zu ermitteln. Es sei auch darauf verwiesen, dass der Verformungsnachweis für den gerissenen Zustand stets den konservativeren Fall darstellt. Zur Optimierung des Berechnungsaufwandes ist stets das „Gesamtverfahren“ vor Augen zu halten. Falls Eigenperioden deutlich in den Plateaubereich des Antwortspektrums fallen, ist eine „exakte“ Ermittlung derselben weniger wichtig, da sich in der näheren Umgebung auf der Periodenachse überall die gleiche Erdbebenkraft ergibt. Die Situation ist jedoch anders, wenn sich maßgebliche Eigenperioden im Nahbereich der Eckperioden TB und TC befinden. Eine „exakte“ Bestimmung der Perioden ist dann häufig sinnvoll. Es kann dann auch die Bodensteifigkeit einen wesentlichen Einfluss besitzen. In diesen Fällen werden Parameterstudien mit einer realistischen Ober- und Untergrenze für die Steifigkeit des vorliegenden Bodens angeraten. Beim Vereinfachten Antwortspektrumverfahren wird von der Verwendung der ÖNORM EN 1998-1:2013, Näherungsformel (4.6) zur Bestimmung der ersten Eigenperiode abgeraten. Gleichung (4.9) hingegen, die einen baudynamischen Hintergrund besitzt, liefert brauchbare Ergebnisse. Eine rasche, konservative Vorgangsweise besteht jedoch darin, den Plateauwert des Antwortspektrums heranzuziehen. Zu beachten ist, dass bei Vorliegen einer „geringen Seismizität“ in jedem Fall zwei getrennte, ebene Modelle für die beiden Hauptrichtungen verwendet werden können und der Torsionsnachweis gemäß ÖNORM B 1998-1:2011, Anhang B erfolgen darf. Bei einer räumlichen Modellierung muss stets eine größere Zahl von Eigenformen berechnet werden, um sicherzustellen, dass die Summe der effektiven Modalmassen der berücksichtigten Modalbeiträge für beide Hauptrichtungen mindestens 90 % der Gesamtmasse des Bauwerks beträgt. Zwischen den wesentlichen

11

Hochbau aus Stahlbeton

Eigenschwingzuständen treten nämlich zahlreiche lokale Eigenschwingzustände auf, die für die eigentliche Problemstellung nicht relevant sind. Das gegenständliche Praxiseispiel veranschaulicht, dass eine ingenieurmäßige Nachweisführung ohne Verwendung von komplexen Finite Elemente Programme möglich ist. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass in vielen Fällen die „Kosten-Nutzen-Bilanz“ zugunsten einer räumlichen „realitätsnäheren“ Modellierung ausgehen wird.

1.3

Duktilität

Die Referenzmethode der ÖNORM EN 1998-1 zur Bestimmung der Beanspruchungsgrößen infolge Erdbeben basiert auf der Verwendung eines linear-elastischen Modells des Bauwerks. Das tatsächliche nichtlineare Verhalten bei Einwirkung des Bemessungserdbebens darf hierbei näherungsweise durch die in ÖNORM EN 1998-1:2013, Abschnitt 5 bis 9 sowie in den weiteren Teilen des Eurocodes 8 enthaltenen Verhaltensbeiwerte, die aus heutiger Sicht nach bestem Wissen und Gewissen ermittelt wurden, berücksichtigt werden. Mit diesen Werten werden die Beanspruchungsgrößen, die sich für den elastischen Fall ergeben, abgemindert. Grundsätzlich dürfen diese Verhaltensbeiwerte angewendet werden, wenn gleichzeitig die Grundsätze der Kapazitätsbemessung eingehalten werden. Hierdurch muss sichergestellt sein, dass auch bei Überfestigkeiten (späteres Einsetzen des Fließens) in den dissipativen Bereichen (Fließgelenkbereichen) die restlichen Tragwerksbereiche weiterhin elastisch verbleiben. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die Gewährleistung eines elastischen Verhaltens der Gründungen (siehe ÖNORM EN 1998-1:2013, Abschnitt 4.4.2.6). Bei Anwendung der obigen Referenzmethode müssen im Regelfall nicht – wie eventuell aus ÖNORM EN 1998-1:2013, Abschnitt 4.4.2.3(8) herausgelesen werden könnte – weitere Nachweise mittels „pushover“Berechnung geführt werden. Das würde nämlich die Referenzmethode insgesamt in Frage stellen. Die lineare Vorgangsweise muss unbedingt die Standardmethode bleiben, da es dem Praktiker nicht zumutbar ist, im Normalfall aufwendige nichtlineare Berechnungen durchzuführen. Bei Betonbauten lassen sich dissipative Bereiche am leichtesten bei Tragwerken verwirklichen, die aus Stützen und Riegeln bestehen. Bei Wandsystemen bzw. Mischsystemen aus Rahmen und Wänden ist die Verwirklichung dissipativer Bereiche wesentlich problematischer. Nur bei hohen, schlanken Wandscheiben kann an der Basis die Ausbildung von Fließgelenken erzielt werden. Es ist deshalb gemäß ÖNORM EN 19981:2013, Abschnitt 5.2.3.4(3) zu überprüfen, ob im betroffenen dissipativen Bereich eine Krümmungsduktilität gemäß ÖNORM EN 1998-1:2013, Gleichung (5.4) bzw. (5.5) erzielt werden kann. Bei duktilen Wänden ist hierfür gemäß ÖNORM EN 1998-1:2013, Abschnitt 5.4.3.4.2(2) vorzugehen. Wenn die Grundsätze der Kapazitätsbemessung strikt eingehalten werden, ist das gesamte Tragwerk auch bei Auftreten von unplanmäßigen, bei der Bemessung nicht berücksichtigten Überfestigkeiten im Fließgelenkbereich standsicher, wobei allerdings bei Auftreten der Entwurfsbeschleunigung die angesetzte Duktilität nur teilweise aktiviert werden kann. Das Tragwerk wird dann erst bei einer entsprechend höheren Beschleunigung die vorhandene Duktilität voll ausschöpfen, was aber sogar eine zusätzliche Sicherheit bedeutet, falls nicht doch wegen einer ungenau geführten Kapazitätsbemessung bei der Entwurfsbeschleunigung in nichtdissipativen Bereichen (z. B. der Gründung) unzulässiges Fließen auftritt. Zunächst wurde im vorliegenden Beispiel eine mittlere Duktilität angestrebt, wobei sich für den gegenständlichen Fall der Verhaltensbeiwert q = 3,3 ergibt. Zu Beginn der Berechnungsarbeiten dieses Buches wurde mit diesem Wert gerechnet. Bei der versuchten Berechnung der Krümmungsduktilität (ÖNORM EN 1998-1:2013, Gleichung (5.5)) wurde jedoch klar, dass die erforderlichen Fließmechanismen unter der gegebenen Erdbebenbelastung nicht aktivierbar sind und somit der Verhaltensbeiwert q = 3,3 nicht erzielt werden kann. Diese Erkenntnis ist vermutlich in vielen Fällen zutreffend und somit für die praktische Anwendung besonders wichtig. Somit wurde letztlich der Hochbau aus Stahlbeton auf eine niedrige Duktilität mit dem Verhaltensbeiwert q = 1,5 bemessen, was bei Vorliegen des Zustandes „geringe Seismizität“ in jedem Fall zulässig ist.

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Hochbau aus Stahlbeton

1.4

Allgemeines

1.4.1

Grundlagen

Im vorliegenden Praxisbeispiel wird ein Hochbau aus Stahlbeton anhand von verschiedenen Methoden mittels ÖNORM EN 1998-1 und ÖNORM B 1998-1 analysiert. Der Rohbau und die tragenden Elemente werden zur Gänze aus Stahlbeton unter Verwendung der Betongüte C25/30 nach ÖNORM EN 1992-1-1 bzw. ÖNORM B 1992-1-1 und der in Österreich üblichen Betonstahlgüte BSt 550 projektiert. Das Gebäude wird auf kiesigem Boden gegründet. Als Standort wurde der Ort Knittelfeld in der Steiermark gewählt. Dies bedeutet eine Erdbebenzone 3 nach ÖNORM B 1998-1:2011, Abschnitt A.3 und somit ergibt sich eine Referenzbodenbeschleunigung agR =0,76 m/s². 1.4.2 1.4.2.1

Materialkenndaten Beton

Dichte:

= 25 kN/m³ entspricht 2 548,42 kg/m³

Elastizitätsmodul:

E = 3,05  1010 N/m²

Querdehnzahl:

0,2

Schubmodul:

G

1.4.3

10 E 3,05  10   1,2708  1010 N/m² 21    21  0,2

Geometrie

Der Grundriss des Gebäudes ist in Bild 1 abgebildet, die vier Ansichten des Gebäudes jeweils in Bild 2, Bild 3, Bild 4 und Bild 5.

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