EnviroInfo 2012: Einsatz der Umweltkennzahlen ... - Semantic Scholar

Damit das Defizit re- duziert werden kann, wird in diesem Beitrag die Wichtigkeit der Kennzahlen bzw. Umweltkennzahlen im Öko-. Controlling vorgestellt, um ...
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EnviroInfo 2012: EnviroInfo Dessau 2012, Part 2: Open Data and Industrial Ecological Management Copyright 2012 Shaker Verlag Aachen, ISBN: 978-3-8440-1248-4

Einsatz der Umweltkennzahlen zur Unterstützung des strategischen Öko-Controllings in der Produktion

Miada Naana 1, Horst Junker 2

Abstract Die Auswirkung von wirtschaftlichem Handeln auf die Umwelt führte zu ökologischen und finanziellen Problemen. Beispielsweise führt das ökonomische Unternehmensziel zu erhöhten Gewinnen und geringeren Kosten. Dagegen führt die Umweltschutzstrategie als ökologisches Ziel zu zusätzlichen Umweltkosten. Es sollte daher ein ökologisches und wirtschaftliches Gleichgewicht in Unternehmen erreicht werden. Durch diese Situation hat sich das Bedürfnis ergeben, negative Umwelteinwirkungen von Unternehmensaktivitäten frühzeitig zu erkennen, Schwachstellen zu ermitteln sowie die Umweltleistung der Unternehmen zu verbessern. Darüber hinaus wird Öko-Controlling auf der operativen und strategischen Ebene eingesetzt, um soziale, ökologische und ökonomische Unternehmensziele zu fördern. Die Defizite in der umweltorientierten Dimension innerhalb des Führungssystems verringern aber die Möglichkeit, geeignete Entscheidungen zu finden und gleichzeitig Umweltziele zu realisieren. Damit das Defizit reduziert werden kann, wird in diesem Beitrag die Wichtigkeit der Kennzahlen bzw. Umweltkennzahlen im ÖkoControlling vorgestellt, um eine nachhaltige Produktion zu erreichen.

1.

Einführung

Wegen des vielfältigen Interesses am Schutz natürlicher Ressourcen und an der Erhöhung der Wertschöpfungspotentiale wurde in den letzten Jahren das Konzept „environment-oriented enterprise management” entwickelt. So soll die Unternehmensführung den Zusammenhang zwischen ökonomischen Aktivitäten und ökologischen Auswirkungen betrachten. Im Kern geht es darum, dass „die Erweiterung der betriebswirtschaftlichen Zielkonzeption um ökologische Zielgrößen als Voraussetzung dafür angesehen wird, um bei Planung, Durchsetzung und Kontrolle ökonomischer Tätigkeiten eine Vermeidung und Verminderung von Umweltbelastungen sicherzustellen“ (Meffert, 1997, S. 3). Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, die Umweltbelastungen infolge der Produktion durch Einflussnahme auf unerwünschte Outputmengen zu reduzieren. Hierbei müssen einerseits die Belastungsgrenzen der Ökosysteme für die natürlichen Ressourcen und andererseits die Erhöhung der wirtschaftlichen Gewinne berücksichtigt werden. Aus dieser Situation resultiert Bedürfnis, negative Umwelteinwirkungen von Unternehmensaktivitäten zu erkennen, Schwachstellen zu ermitteln sowie die Umweltleistung der Unternehmen zu verbessern. Das Defizit in der umweltorientierten Dimension innerhalb des Führungssystems verringert aber die Möglichkeit, geeignete langfristige Entscheidungen zu finden und gleichzeitig strategische Umweltziele zu realisieren. Dies führt zum Einsatz des strategischen Öko-Controlling-Systems, welches die Aufgaben hat, die Herstellung von Produkten langfristig zu planen und anschließend die Ergebnisse zu kontrollieren und auszuwerten. Dieses System kann insbesondere eingesetzt werden, um soziale, ökologische und ökonomi1

Carl von Ossietzky University Oldenburg, Ammerländer Heerstr. 114-118-26129 Oldenburg, Deutschland email: [email protected]

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IMBC GmbH. Chausseestraße 84, 10115 Berlin, Email: [email protected]

sche Unternehmensziele zu fördern (vgl. Naana & Junker 2011). Ferner ermöglicht dieses System, umweltbezogene Informationen zu erfassen, langfristige Entscheidungen des Unternehmens bzw. des Umweltmanagements zu treffen und somit zukünftige Tätigkeiten des Umweltmanagements zu berücksichtigen (vgl. Naana & Junker, 2011, S. 467). Um die ökologische Verantwortung des strategischen ÖkoControllings im Zuge von produzierenden Aktivitäten umzusetzen, benötigt das strategische ÖkoControlling entsprechende Instrumente. Ein solches Instrument ist der Einsatz von Umweltkennzahlen

2.

Umweltkennzahlen

„Kennzahlen sind hochverdichtete Messgrößen, die in präziser, konzentrierter und dokumentierter Form als Verhältniszahlen oder absolute Zahlen über einen zahlenmäßig erfassbaren Sachverhalt berichten, über Entwicklungen einer Unternehmung informieren und strategische Erfolgsfaktoren bilden“ (Preißler, 2008, S. 11). Sie versuchen in der Betriebswirtschaft vor allem, die Unternehmensentwicklung im zeitlichen Ablauf offen zu legen und dienen dazu, quantitativ erfassbare Sachverhalte in verdichteter Form abbilden zu können. Dazu zeigen Kennzahlen Schwachstellen auf, signalisieren Abweichungen und erfüllen somit die Funktion der Entscheidungsunterstützung. Sie sind in der Lage, die Situation eines Unternehmens objektiver und realistischer zu erfassen. Auf der Grundlage der „Umweltschutzstrategien und nachhaltigen Entwicklung“ hat sich die Notwendigkeit des Einsatzes von umweltrelevanten Kennzahlen erhöht, um betriebliche Umweltbelastungen und Umweltprobleme im Unternehmen zu kontrollieren und zu lösen. Umweltkennzahlen können eingesetzt werden, um eine laufende Verbesserung umweltschutzrelevanter Produktionsprozesse und -verfahren zu ermöglichen. Diese Kennzahlen helfen grundsätzlich dem Produktionsmanagement, den Energie- und Rohstoffeinsatz bei gleichbleibender Qualität der Produkte weiter zu reduzieren. Außerdem berücksichtigen sie die gegenwärtige und künftige Nutzung mit der Forderung sowohl nach betriebswirtschaftlicher als auch nach umweltbezogener Unternehmensleistung. Hierbei erfordert das strategische Öko-Controlling insbesondere die Verwendung der umweltorientierten Kennzahlen. Sie werden für die Verdichtung umfassender Stoff- und Energieflussdaten verwendet, um den operativen und strategischen Managementebenen eine kontinuierliche Analyse über Energie- und Stoffströme zu bieten. Umweltkennzahlen betrachten die Bewertung der ökologischen Unternehmensleistung. Beispielsweise ergeben sich diese Kennzahlen (Abwasserkosten je Produkt oder Prozess, Emissionskosten in einem Produktionsprozess, durchschnittlicher Materialverbrauch, durchschnittlicher Energieeinsatz, usw.) zur messbaren Bewertung für die operative Ebene im Umweltmanagement und können zukunfts- und umweltbezogene Aussagen für die strategische Ebene ermitteln, um eine nachhaltige Perspektive im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung der Produktionsprozesse sowie der Verdichtung umfangreicher Stoff- und Energieflussdaten zu berücksichtigen.

3.

Entwicklung der Produktion durch ein ökologieorientiertes Balanced Scorecard

Das Balanced-Scorecard-Konzept wurde Anfang der Neunzigerjahre entwickelt. Es zeigt ein Gleichgewicht zwischen verschiedenen Perspektiven (Mehrdimensionalität) auf einer überschaubaren und transparenten Anzeigetafel. Es ist „…in erster Linie ein Mechanismus zur Strategieumsetzung, nicht zur Strategieformulierung“ (Kaplan & Norton, 1997, S. 36). Das Hauptziel des Balanced Scorecards (BSC) ist darüber hinaus die Weiterentwicklung und Verbesserung von traditionellen Kennzahlensystemen (vgl. (Mahammadzadeh, 2008, S. 178) und daher als ein strategisches und ganzheitliches Instrument im Management und Controlling anzusehen (Kaplan & Norton, 1997). Im Rahmen der Umweltschutzstrategie wird das klassische Konzept der BSC entsprechend angepasst und modifiziert, um die Nachhaltigkeitsstrategie umzusetzen und zu implementieren (vgl. Mahammadzadeh, 2008, S. 178). Durch die Ableitung einer BSC für die nachhaltige Entwicklung sollen

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die Verständnisse dieser Bedürfnisse zu den strategischen Unternehmensaktivitäten und den entsprechenden und spezifischen Scorecard geregelt und nicht für alle Umweltaspekte des Umweltmanagements in der entwickelten Scorecard abgebildet werden. In diesem Kontext wird darauf die Eignung der „Sustainability Balanced Scorecard“ als ein Instrument für die Umsetzung von nachhaltiger Entwicklung eingesetzt. SBSC ist „ein viel versprechendes Instrument zur besseren Integration von ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten betrieblicher Nachhaltigkeit sowie von deren Messung und Management“ (Schaltegger & Wagner, 2006, S. 162). Im Zusammenhang mit der produktionsorientierten nachhaltigen Entwicklung wird die Produktionsperspektive in einer BSC abgebildet und mit ökologischen und ökonomischen Aspekten verbunden. Hierbei wird die Integration von ökologischen und ökonomischen Aspekten ausgewählt, weil sie für das Unternehmen bereits einen besonderen Stellenwert haben. Das oberste Ziel dieser Scorecard ist somit die frühzeitige Erkennung von Stärken und Schwächen der produktionsorientierten Umweltleistung. Entsprechend dieser Zielsetzung wird die SBSC als ein strategisches Instrument eingesetzt, um die Umweltaspekte des Umweltmanagements in das Produktionsmanagement zu integrieren. In diesem Fall werden zur Sicherstellung von Übersichtlichkeit der produktionsorientierten nachhaltigen Entwicklung vier Perspektiven zusammengestellt, um bestimmte Aufgaben berücksichtigen zu können. Diese vier Perspektiven, die Produkt-, Ressourcen-, Produktionsprozess- und die Investment- und Entwicklungsperspektive werden gemäß der genannten Integrationsform in eine spezielle Scorecard formuliert. Die formulierte Scorecard definiert Ziele, bildet relevante Kennzahlen für die Messung der Zielerreichung und stellt zielorientierte Maßnahmen fest, damit nachhaltigkeitsorientierte Entscheidungen und Handlungen einen konstitutiven Charakter aufweisen. Des Weiteren kann durch die Kennzahlen dieser Perspektive der langfristige Unternehmenserfolg ausgerichtet werden. Die Perspektiven lassen sich wie folgt charakterisieren und in vier Schritten abbilden (vgl. Abbildung 1): Ressourcenperspektive: Diese Perspektive zeigt, was natürliche Ressourcen für eine erfolgreiche Umsetzung umweltschutzorientierter Unternehmensstrategie leisten können. Bezüglich der ökologischen Auswertung des natürlichen Ressourceneinsatzes im Unternehmen werden die Umweltkennzahlen verwendet. Diese Kennzahlen beinhalten Ziele und Messgrößen und messen das Ergebnis der Strategieumsetzung des Ressourcenschutzes (z.B. Umweltschutzausgaben bzw. Ressourcenauslastung und Ressourcenkosten). Produktperspektive: Für diese Perspektive werden produktivitäts- und entsorgungsrelevante Aspekte identifiziert, welche zur Realisierung der ökonomischen und ökologischen Ziele des Unternehmens bzw. des Umweltmanagements beitragen. Die Ermittlung dieser Aspekte wird durch entsprechende Umweltkennzahlen (Produktverantwortung, Recyclebarkeit) befriedigt. Produktionsprozessperspektive: Zur Realisierung der Ziele der Ressourcen- und Produktperspektive wird die Produktionsprozessperspektive abgebildet. Die Produktionsprozesse lassen sich im Hinblick auf die Implementierung der nachhaltigen Strategie der Kernprozesse identifizieren und weiter verbessern, damit die natürlichen Rohressourcen und Energie am besten eingesetzt und geschützt sowie die Produkte am Wettbewerb und Umweltschutz orientiert werden. Hierbei sind die betriebliche Produktionsprozesse und deren Verbesserung und Entwicklung durch eine Vielzahl von Kennzahlen zu erfassen. Mögliche Umweltkennzahlen sind z.B. Ressourcen- und Energieeffizienz und -einfluss in einem Prozess. Investment- und Entwicklungsperspektive: Diese Perspektive erfasst die Unterstützung der vorherigen drei Produktionsperspektiven. Hierbei werden Ziele und Kennzahlen erarbeitet, die für die Entwicklung und Verbesserung der nachhaltigen Produktion erforderlich sind. Die Kennzahlen (z.B. über Innovationsfähigkeit, ökologieorientierte Verbesserungsvorschläge) beschreiben die notwendigen Aspekte im Unternehmen zur Erreichung der Ziele der vorhergenannten drei Perspektiven. Ferner ermöglicht diese Perspektive, die Leistungsfähigkeit der Produktivität, Rentabilität, Recyclebarkeit und Umweltauslastung zu berücksichtigen und weiterzubilden.

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Durch den Zusammenhang zwischen den vorhergenannten Perspektiven lässt sich die grundsätzliche Eignung der SBSC für die Umweltschutzstrategie bzw. nachhaltige Produktion ableiten, der dadurch eine wichtige Rolle im strategischen Öko-Controlling zukommt, zumal da sie „Ursache-WirkungsBeziehungen“ verbinden und damit ökologische Stärken und Schwächen frühzeitig ermitteln und erkennen kann.

Abbildung 1

Sustainability Balanced Scorecard für die Produktionsperspektive Quelle: Eigene Darstellung

4.

Zusammenfassung

Einsatz der Umweltkennzahlen in einem ökologieorientierten Balanced Scorecard geben dem strategischen Öko-Controlling unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten, um die folgenden Umweltaktivitäten in der Produktion zu verbessern und weiterzuentwickeln: • Reduzierung des Einsatzes von Rohstoffen durch Sekundärrohstoffe. • Erzeugung von Energie und Strom durch Abfälle einer Produktion. • Wiederverwendung von Abfällen und Restprodukten (Recycling). • Verminderung der Emissionen eines Produkts durch den Einsatz einer Lüftungsanlage. • Investition neuer Produkte. • Abwasserreinigung einer Produktion durch den Einsatz einer Kläranlage. Des Weiteren sind Umweltkennzahlen in der Lage, Schwächen und Stärken der Produktherstellung mit der ökologischen Unternehmensleistung zu verbinden und somit strategische Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und zu steuern.

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Literatur Kaplan, R.; Norton, D. (1997): Balanced Scorecard. Stuttgart. Mahammadzadeh, M. (2008): Sustainability Balanced Scorecard. in: Baumast, A.; Pape, J. (Hrsg.): Betriebliches Umweltmanagement -Nachhaltiges Wirtschaften im Unternehmen , 3. Aufl., S. 177-190. Stuttgart: Verlag Ulmer. Meffert, H. (1997): Stand und Perspektiven des Umweltmanagements in der betriebswirtschaftlichen Forschung und Lehre. in: Weber, J. (Hrsg.): Umweltmanagement (Aspekte einer umweltbezogenen Unternehmensführung). Stuttgart. Naana, M.; Junker, H. (2011): Introduction to strategic Eco-Controlling to Support strategic Decision Making. in: Golinska, P.; Fertsch, M.; Marx-Gómez, J. (Hrsg.): Information Technologies in Environmental Engineering, New Trends and Challenges , Verlag Springer, Heidelberg: Berlin/ Heidelberg. S. 461-471. Preißler, P. (2008): Betriebswirtschaftliche Kennzahlen (Formeln, Aussagekraft, Sollwerte, Ermittlungsintervalle). Verlag Oldenbourg, München. Schaltegger, S.; Wagner, M. (2006): Management unternehmerischer Nachhaltigkeitsleistungen. Die Sustainability Balanced Scorecard zur Integration wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Verantwortung. in Göttinger, T. (Hrsg.), Bausteine einer nachhaltigkeitsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Marburg, S. 157-176.

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