Employer Branding - HdM Stuttgart

Der demografische Wandel stellt für viele Unternehmen heute eine der größten ... Unternehmen haben demnach zunehmend Mühe, ..... Strategieentwicklung.
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Stuttgarter Schriften zur empirischen Medien- und Kommunikationsforschung Bd. 3

Employer Branding – Zukunftssicherung für Zeitungsverlage Eine empirische Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen zum Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke

Prof. Christof Seeger

Herausgegeben von Prof. Christof Seeger Hochschule der Medien Stuttgart

Stuttgarter Schriften zur empirischen Medien- und Kommunikationsforschung Bd. 3 Employer Branding – Zukunftssicherung für Zeitungsverlage Eine empirische Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen zum Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke ISBN 978-3-938887-22-6 Die Schriftenreihe erscheint im Institut für angewandte Forschung der HdM im Forschungsschwerpunkt „Empirische Medien- und Kommunikationsforschung“ Herausgeber: Prof. Christof Seeger Hochschule der Medien Institut für angewandte Forschung Nobelstraße 10 70569 Stuttgart Tel. (07 11) 89 23 - 21 43 Fax (07 11) 89 23 - 21 84 [email protected] www.print-publishing.de

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung......................................................................................................................................... 5 2  Auswirkungen des Wandels auf Presseunternehmen................................................................ 6

2.1  Allgemeine Veränderungen................................................................................................. 6



2.2  Die neue Rolle des Personalmanagements im Presseverlag............................................ 8

3  Empirische Studie........................................................................................................................... 9 4  Auswertung und Ergebnisse des Fragebogens.......................................................................... 10

4.1  Beschreibung und Charakterisierung der teilnehmenden Verlage.............................. 10



4.2  Die Altersstruktur in deutschen Tageszeitungsverlagen................................................ 11



4.3  Selbsteinschätzung der Verlage: Qualifikation der eigenen Mitarbeiter .................... 11



4.4  Organisation und Dauer von Weiterbildungsmaßnahmen........................................... 14

5  Analyse und Auswertung offener Stellenangebote................................................................... 16

5.1  Art der ausgeschriebenen Stellen und Stellenangebote nach Abteilungen................. 16

5.2 Eingangsqualifikationen..................................................................................................... 18

5.3  Anzeigenabteilung: Berufsbilder und Qualifikation...................................................... 19



5.4  Redaktion: Berufsbildung und Qualifikation ................................................................. 20

5.5 Ausbildungssituation.......................................................................................................... 20 6  Employer Branding – Investition in die Zukunft .................................................................... 22

6.1  Die drei Zieldimensionen des Employer Branding........................................................ 22



6.2  Prozess der Entscheidungswege in der Arbeitgeberwahl.............................................. 23



6.3  Analyse im Unternehmen.................................................................................................. 24



6.4  Employer Value Proposition (EVP).................................................................................. 24



6.5  Operatives Employer Branding......................................................................................... 24



6.6  Beispiel: Die Bertelsmann AG........................................................................................... 25



6.7  Generation Y als Talentpool für Medienunternehmen ................................................. 25



6.8  Rekrutierung von High Potentials ................................................................................... 26

7  Fazit................................................................................................................................................ 27 8 Literaturverzeichnis...................................................................................................................... 28

Seeger, Christof

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1  Einleitung Der demografische Wandel stellt für viele Unternehmen heute eine der größten Herausforderungen dar. Gerade die deutsche Gesellschaft befindet sich in einem extremen Wandel. Dieser Wandel ist durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und das statistische Bundesamt verlässlich dokumentiert und lässt, in der Tendenz betrachtet, den Schluss zu, dass wir zunächst älter und dann weniger werden. Gerade der lang anhaltende Geburtenrückgang führt zu einer Abnahme der Bevölkerung. In den 60er Jahren lag die Geburtenrate in Deutschland noch bei etwas mehr als 2,5 Kindern. Derzeit liegt die Geburtenrate zwischen 1,3 und 1,4 Kindern. Jede neue Generation ist heute dadurch um etwa ein Drittel kleiner als die vorherige. Selbst bei einer drastischen Zunahme der Geburtenrate ist eine Reproduktion der Bevölkerung in Zukunft nicht mehr realisierbar (vgl. Pötzsch 2012: 15). Nur durch Migrationsbewegungen kann somit die Bevölkerungszahl konstant gehalten werden. Auch das zunehmende Alter der Menschen macht sich auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Die Lebenserwartung steigt stetig. Diese Punkte haben Auswirkungen auf die Wirtschaft, denn die Anzahl der erwerbsfähigen Personen sinkt. Unternehmen haben demnach zunehmend Mühe, geeigneten Nachwuchs für offene Fach- und Führungspositionen zu finden (vgl. Prezewowsky, 2007: 20). Die Zeitungsbranche, vor allem kleinere Lokalverlage, hat in den vergangenen Jahren auf eine systematische Personalrekrutierung und -entwicklung verzichtet. Das wurde häufig damit begründet, dass sich die Branche in einem extremen Umwälzungsprozess befindet. Zudem konnten Arbeitsprozesse durch Automatisierung und Digitalisierung vereinfacht werden. Neben den strukturellen Veränderungen in den Presseverlagen erschweren auch die zum Teil unattraktiven Standorte in den ländlichen Gebieten die Personalakquise. Obwohl es nach wie vor einen „Run“ auf Medienberufe gibt, können die Zeitungsverlage offensichtlich nicht in großem Maße davon profitieren, da sie nicht mehr „per se“ als attraktive Arbeitgeber angesehen werden. Mit der vorliegenden Studie soll zum einen eine Bestandsaufnahme gemacht werden, die den Status Quo beschreibt, es sollen aber auch wichtige Eckpunkte zum Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke aufgezeigt werden. „Employer Branding“, also die Positionierung einer attraktiven Arbeitgebermarke, ist neben den technischen Herausforderungen das Zukunftsthema für die Zeitungsbranche. Denn wo niemand ist, kann auch keine Zukunft entstehen.

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2  Auswirkungen des Wandels auf Presseunternehmen Presseunternehmen müssen sich den neuen Herausforderungen des Fachkräftemangels sowie der Überalterung der Belegschaft und den damit einhergehenden Fragen der Qualifizierung genauso stellen wie andere Unternehmen. Die bevorstehenden Veränderungen in der Gesellschaft durch den demografischen Wandel werden auch den Arbeitsmarkt nachhaltig verändern. 2.1  Allgemeine Veränderungen Für Presseverlage gibt es einige zusätzliche Besonderheiten, die durch die Digitalisierung und das sich verändernde Mediennutzungsverhalten begründet sind. Internet, Mobile Media und Social Media verdeutlichen die dynamischen und rasanten Veränderungen. Die Unternehmen der Pressebranche müssen sich immer schneller an die sich ständig wandelnden Rahmenbedingungen anpassen. Genau darin liegt auch eine wesentliche Herausforderung: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Unternehmen den technologischen Wandel beherrschen. Dazu wird gut qualifiziertes Personal benötigt. Demnach ist die Rekrutierung und die Qualifizierung von Mitarbeitern eine zentrale, zukunftsgerichtete Aufgabe, deren Bedeutung zunehmen wird. Allgemein muss in den kommenden 20 Jahren mit einem Rückgang der erwerbstätigen Bevölkerung um 15 Prozent gerechnet werden. Besonders dramatisch dürfte, aufgrund des technologischen Wandels, der Rückgang der 20- bis 34-Jährigen für die Presseverlage sein. Wie können sich Presseverlage auf die Veränderungen im Arbeitsmarkt vorbereiten? ■■ Die Arbeitsfähigkeit und -motivation der vorhandenen Mitarbeiter erhalten. ■■ Vereinbarkeit von Familie und Beruf berücksichtigen. ■■ Jungen Mitarbeitern Aufstiegsmöglichkeiten aufzeigen, um sie auch langfristig zu motivieren. ■■ Sich als attraktiver Arbeitgeber positionieren, indem über besondere Erfolge berichtet und systematisch Employer Branding (Kap. 4) betrieben wird. ■■ Förderung von Innovationen durch ein systematisches Wissens- und Ideen- management (Förderung des internen Austausches).

Dabei sind die Mitarbeiter dieser Altersgruppe besonders wertvoll, weil sie einerseits mit den technischen Entwicklungen aufgewachsen sind, andererseits aber auch das Mediennutzungsverhalten der jüngeren Bevölkerung verstehen und repräsentieren. Bereits heute sind Entwicklungen erkennbar, die den Wandel der Demografie in der deutschen Wirtschaft verdeutlichen: 42 Prozent der Personalleiter haben Probleme, qualifizierte Mitarbeiter zu finden; weitere 63 Prozent sind sich sicher, dass dies in Zukunft noch schwieri-

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ger werden wird. Erst ein Fünftel der Unternehmen hat allerdings damit begonnen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen (vgl. Düthmann, 2011a). Auch für die Zeitungsunternehmen bedeutet dieser Wandel eine Verschiebung weg vom Angebotsmarkt hin zum Nachfragemarkt. Der Wettbewerb unter den Presseunternehmen wird sich zukünftig auch auf die Gunst von potenziellen Arbeitnehmern ausweiten. Die Aufgaben des Personalmanagements werden sich dadurch verändern. Neben den verwaltungsrelevanten Fragen werden die Aufgaben des Personalmanagements zukünftig eine erweiterte strategische Dimension erhalten. Verlage müssen sich mehr als je zuvor als attraktive Arbeitgeber präsentieren. Diese Aufgabe des „Employer Branding“ wird in Kapitel 4 näher beschrieben. Durch die starke Abhängigkeit von technologischen Entwicklungen besteht in den Presseverlagen immer häufiger kurzfristiger Bedarf an Spezialisten, deren Wissen zum Teil nur eine kurze Halbwertszeit hat. Diese besonderen Qualifikationen werden auf dem Arbeitsmarkt nicht vollständig zu beschaffen sein. Aus diesem Grund wird die innerbetriebliche Qualifikation von vorhandenen Mitarbeitern ebenfalls an Bedeutung gewinnen. Andere Branchen haben in den vergangenen Jahren durch eine gezielte Verjüngung ihrer Belegschaft versucht, ihre Innovationskraft zu stärken. Aufgrund der teilweise schwierigen wirtschaftlichen Situation von Zeitungsunternehmen war eine Einstellungsoffensive nicht erkennbar. Eine systematische Nachwuchsrekrutierung – wie beispielsweise im Handwerk – gab es in der Pressebranche nicht. Das hat nun zur Folge, dass die Tageszeitungsverlage deutlich weniger Mitarbeiter in jüngeren Alterskohorten aufweisen. Das muss zunächst kein ausgesprochener Nachteil sein. Gerade für ein Traditionsunternehmen wie einen Zeitungsverlag ist nicht nur aktuelles Wissen von Bedeutung, sondern genauso sehr Erfahrung und Routine. Untersuchungen haben gezeigt, dass für ein innovativ arbeitendes Unternehmen eine ausgeglichene Altersstruktur eher von Vorteil ist (vgl. Prezewowsky 2007: 37). Ältere Mitarbeiter leisten mit ihrer Erfahrung einen wertvollen Beitrag; junge Mitarbeiter haben ihren Mehrwert im aktuellen Wissen sowie in einer erhöhten Risikobereitschaft. Aufgrund der bereits erläuterten erschwerten Rahmenbedingungen wird es in Zukunft noch schwieriger sein, eine ausgeglichene Mitarbeiterstruktur im Unternehmen zu erhalten. Deswegen gilt es neben der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern auch, die Arbeitskraft der eigenen, älteren Mitarbeiter zu sichern; beispielsweise durch zusätzliche Qualifikation und präventive Maßnahmen, wie zum Beispiel ein Gesundheitsmanagement. Ebenso sind sinnvolle Übergangslösungen beim Ausscheiden älterer Mitarbeiter zu etablie­ ren – denn ein Mitarbeiter, der viele Jahre in ein und demselben Unternehmen gearbeitet hat, verfügt über wertvolles Wissen, Informationen und Kontakte. Wenn keine Vorbereitungen für den Übergang getroffen werden, fließt dieses Wissen ab und der Unternehmenswert sinkt (vgl. Koch 2008: 19). Das wird zum Beispiel dann deutlich, wenn ein langjähriger Medienberater in den Ruhestand geht und das Verkaufsgebiet von einem jüngeren Mitarbeiter übernommen werden soll. Ohne eine gute Einarbeitung des ausscheidenden Mitarbeiters wird es dem jüngeren Kollegen schwerfallen, die Stammkunden gut zu betreuen. „Durch einen strukturierten Erfahrungsaustausch beziehungsweise -transfer zwischen den Generationen können aufgebaute, persönliche Netzwerke übernommen, Wissen über Arbeits- und Entscheidungsprozesse weitergegeben und die ansonsten bedrohte Produktivität des Unternehmens auch bei personellen Veränderungen erhalten werden.“ (Koch 2008: 19). Es ist jedoch eine Tatsache, dass mit dem Ausscheiden der 60er-Jahre-Generation aus dem aktiven Arbeitsleben eine große (Wissens-)Lücke in den Unternehmen zu erwarten ist. Das betrifft auch oder vor allem die Zeitungsverlage, deren Altersstruktur der Mitarbeiter im Vergleich zu anderen Unternehmen

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eine deutliche Überalterung aufweist (vgl. Deutsche Bank Research). Wie kommen die Zeitungsverlage nun an den begehrten Nachwuchs? Die Rekrutierung von neuen Mitarbeitern ist ja kein neues Aufgabenfeld. Doch mit steigendem Fachkräftemangel wächst die Konkurrenz zwischen den Arbeitgebern auf dem Arbeitsmarkt. Deshalb werden ein zielgerichtetes Recruitment und eine zielgruppenadäquate Ansprache von potenziellen Arbeitnehmern wichtiger. Durch den Einsatz von Social Media kann der Arbeitgeber zum Beispiel in einer speziellen Altersgruppe präsentiert und die Möglichkeiten im Unternehmen aufgezeigt werden. Ein Beispiel ist die Lufthansa AG mit ihrer Kampagne „Be Lufthansa“, in der die Berufsfelder vorgestellt werden.

2.2  Die neue Rolle des Personalmanagements im Presseverlag Aber nicht nur das Recruiting von Mitarbeitern stellt eine Herausforderung dar, die Unternehmen verstärkt zu bewältigen haben, sondern auch die möglichst langfristige Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen. Um die Wechselbereitschaft zu minimieren, muss die Loyalität und Bindung des Mitarbeiters zum Unternehmen gefördert werden. Das kann zum Beispiel geschehen, indem „neben den betrieblichen Notwendigkeiten die Interessen, Ziele und Werte der Mitarbeiter in Verbindung mit ihren Lebensphasen und ihrer individuellen Lebenssituation Beachtung finden.“ (Krieg/Fritz, 2009: 14). Man kennt diese Notwendigkeit auch unter dem Begriff „Work-Life-Balance“; also der Ausbalancierung von beruflichen Anforderungen und privaten Wünschen und Bedürfnissen. Aber auch die persönliche Entwicklung, Karriereplanung und Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens spielen eine zunehmend wichtige Rolle. Darüber hinaus sind die Qualifizierung und das persönliche Weiterkommen wichtige Bausteine zur Mitarbeitermotivation. Verfügt ein Unternehmen über Karrieremöglichkeiten, steigen einerseits die Wechselbarrieren, andererseits wird eine gute Basis zum Aufbau einer starken Mitarbeiterbindung geschaffen. In einer Umfrage der Hochschule der Medien (HdM) unter jungen Nachwuchskräften erwiesen sich transparente Entwicklungsmöglichkeiten als eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Der Mediensektor allgemein ist und bleibt auch in Zukunft sehr personalintensiv, da bestimmte Leistungen (wie beispielsweise die Erstellung von Content oder der Verkauf) nicht automatisierbar sind. Durch technologische Neuerungen und die Konvergenz am Markt verschmelzen Berufsbilder und die Anforderungen an Stellen verändern sich vielleicht rasanter als in anderen Branchen. Auch aus diesem Grund sind die Presseunternehmen vielleicht mehr als je zuvor auf qualifiziertes Personal angewiesen.

■■ Personalmanagement nimmt eine zunehmend strategische Funktion in der Unternehmensentwicklung ein. ■■ Die Personalpolitik sollte Lebensereignis-orientiert gestaltet werden. ■■ Die Konsequenzen des Web 2.0 gilt es in der Personalarbeit zu berücksichtigen. ■■ Personalthemen müssen im Unternehmen systematisch kommuniziert werden.

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3  Empirische Studie Die deutschen Tageszeitungsverlage befinden sich in der größten Umbruchphase seit ihrem Bestehen. Geändertes Mediennutzungsverhalten, neue Kommunikations- und Werbekanäle sowie neue digitale und mobile Ausgabekanäle lassen die traditionellen Geschäftsmodelle zunehmend unter Druck geraten. Wie begegnen die Tageszeitungsverlage in Deutschland diesen Herausforderungen? Mit welchen Mitarbeitern sollen in Zukunft diese neue Wege beschritten werden? Welche Qualifikationen erwarten die Medienunternehmen von ihren Mitarbeitern und wo ist der größte Bedarf? Die vorliegende Untersuchung wurde als Mehrmethodenuntersuchung in zwei Teilen angelegt. Die Studie entstand als Kooperationsprojekt zwischen dem Bundesverband der deutschen Zeitungsverleger und der Hochschule der Medien.

Studienübersicht und methodisches Vorgehen 1. Teil: Sekundäranalyse Im Zeitraum vom 16.5.2012 bis 13.6.2012 wurden alle online verfügbaren Stellenangebote der Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes der deutschen Zeitungsverleger nach einheitlichen Kriterien analysiert und ausgewertet. Insgesamt wurden 258 Webseiten von 181 Medienunternehmen untersucht. 110 hatten keine Stellenanzeigen. Insgesamt hatten im Untersuchungszeitraum 71 Medienunternehmen 364 Stellenanzeigen ausgeschrieben. Dabei wurden alle Angebote ohne Zusteller/Austräger erfasst und immer dem dazugehörigen Mutterkonzern (beispielsweise WAZ) zugeordnet. 2. Teil: Fragebogen Ergänzend zur Analyse der bestehenden Stellenangebote der Verlage wurden die deutschen Tageszeitungsverlage in einem schriftlichen Fragebogen nach dem Qualifizierungsstand der Mitarbeiter und gewünschten Weiterbildungsangeboten befragt. Dazu wurde ein Fragebogen an alle Mitgliedsverlage des Bundesverbandes der deutschen Zeitungsverleger verschickt. Bis zum 15.10.2012 sind 70 ausgefüllte Fragebogen an die Hochschule der Medien zurück geschickt worden. Aussagekraft der Ergebnisse Durch die Analyse aller verfügbaren Stellenanzeigen auf den Verlagsportalen gab es zum Untersuchungszeitpunkt eine Vollerhebung und damit eine hohe Repräsentativität. Der Rücklauf von 70 Fragebögen aus der Primärstudie lässt ebenfalls ein aussagekräftiges Untersuchungsergebnis zu.

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4  Auswertung und Ergebnisse des Fragebogens 4.1  Beschreibung und Charakterisierung der teilnehmenden Verlage Aufgrund der Tatsache, dass die meisten Mitgliedsverlage des BDZV in den alten BunSchleswigdesländern ansässig sind, ist es nicht überraHolstein schend, dass auch die überwiegende Mecklenburg-Vorpommern 14% 17% Anzahl der an der Studie teilneh2% 1% mendenVerlage aus diesem Gebiet Bremen stammt. Sehr interessant ist die doch recht große Korrelation zwischen Berlin Niedersachsen der Anzahl der Mitgliedsverlage im jeweiligen Bundesland und 18% 17% der Anzahl der ausgefüllten Brandenburg SachsenFragebögen. Insgesamt kann NordrheinAnhalt Westfalen also von einem sehr guten Abbild der tatsächlichen Ver16% 16% teilung der Antworten ausSachsen Thüringen gegangen werden. Einzig Hessen 2% 1% Baden-Württemberg ist etwas überrepräsentiert. Insgesamt 15% 11% RheinlandBundesland nicht haben 70 TageszeitungsverlaPfalz zuzuordnen ge an der schriftlichen Befragung teilgenommen. 2% 3% 3% Bayern

Abbildung 2 zeigt die prozentu16% 12% ale Verteilung der unterschiedlichen BadenWürttemberg Verlagsgrößen. Die größte Gruppe bilden die Verlage mit bis zu 99 Mitar20% 29% Legende: beitern (44 Prozent). Die zweitgrößte %-Anteil Antworten Gruppe sind die Verlage mit über 250 aus dem Bundesland Mitarbeitern. Der größte Medien14% 17% konzern gibt an, 2.400 Mitarbeiter zu %-Anteil Mitgliedersverlage beschäftigen; der kleinste Verlag beschäftigt eiim Bundesland genen Angaben zufolge gerade einmal 24 Mitarbeiter. Zu berücksichtigen ist dabei, dass explizit Abbildung 1: Verteilung der teilnehmenden Verlage nur nach Verlagsmitarbeitern (ohne Druckerei, nach Bundesland Zusteller, freie Mitarbeiter) gefragt wurde. Das heißt, die Anzahl der Mitarbeiter bezieht sich tatsächlich nur auf das reine Verlagsgeschäft.

Anzahl der Mitarbeiter im Verlag

19% < 50

25% 50 bis 99

15% 100 bis 149

10% 150 bis 249

22% 250 bis 499

8% >500

Abbildung 2: Verlagsgrößen nach Mitarbeiteranzahl

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4.2

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Die Altersstruktur in deutschen Tageszeitungsverlagen Altersverteilung nach Unternehmensgröße

50%

40%

über 50 Jahre

36 - 49 Jahre

26 - 35 Jahre 30% 16 - 25 Jahre 20%

10%

0%

unter 50 MA

50 - 99 MA

100 - 149 MA 150 - 249 MA 250 - 499 MA über 500 MA

Abbildung 3: Altersverteilung nach Unternehmensgröße

Wie Abbildung 3 zeigt, ist die Zusammensetzung der Altersstruktur in den deutschen Tageszeitungsverlagen nicht optimal: Sie weist eine deutliche Tendenz zur Überalterung auf. Das ist besonders am Anteil der über 50-jährigen Mitarbeiter an der gesamten Belegschaft zu erkennen. Die Altersstrukturanalyse im Vergleich zum deutschen Mittelstand (Rote Benchmark zit. nach Deutsche Bank Research; Mittelstand und Demografie; März 2013) zeigt deutlich, wo die Presseverlage zu wenige Mitarbeiter in bestimmten Alterskohorten haben (rot-gestrichelt) und wo der Anteil der Alterskohorten im Vergleich zum deutschen Mittelstand zu hoch ausgeprägt ist (rot-solid). Das sind die sichtbaren Folgen der verhaltenen Personalpolitik in den vergangenen zehn Jahren. Gerade in dieser Zeit war die Verlagsbranche stark von Umstrukturierungsmaßnahmen und unsicheren Märkten gekennzeichnet. Es besteht also akuter Handlungsbedarf hinsichtlich der Verjüngung der Belegschaft. Die ältesten Mitarbeiter sind in Schleswig-Holstein beschäftigt, sonst gibt es keine signifikanten Unterschiede in den einzelnen Bundesländern. 4.3

Selbsteinschätzung der Verlage: Qualifikation der eigenen Mitarbeitern

Die Antworten auf die Frage, wie die Verlage selbst den Stand der Qualifikation ihrer Mitarbeiter in den Bereichen Vertriebsmarketing und -logistik, Anzeigenverkauf, Digital/Multimedia, Redaktion, Neue Produkte (Print- und Digital) sowie neue Geschäftsfelder (Events) und Informationstechnologien einschätzen, zeigen: Vor allem in den Innovations- und Zukunftsfeldern wird die Qualifikation der Mitarbeiter als nicht ausreichend eingestuft. In den klassischen Funktionen hingegen ist die Einschätzung der Verlage besser. Das Meinungsbild zeigt, dass die Mitarbeiter für die Anforderung im Großen und Ganzen ausreichend qualifiziert sind, wobei die mittelgroßen Häuser die Gesamtsituation etwas positiver einschätzen.

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Die Qualifikation der Mitarbeiter im Bereich X entspricht den erwarteten Anforderungen Vertriebsmarketing

25,4%

47,8%

Vertriebslogistik

31,8%

Anzeigenverkauf

30,9%

Digital/Multimedia Neue Produkte - Print-Digital Neue Geschäftsfelder (z.B. Events) Informationstechnologien

51,5%

25%

32,3%

26,5%

4,6%

46,2% 57,4%

16,4% 13,6%

15,2%

44,1%

16,9%

Redaktion

23,9%

16,2%

28,4%

52,2%

25,8%

23,4%

43,9% 56,3%

trifft voll zu trifft eher zu

16,7% 18,8%

trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu Abbildung 4: Qualifikation der Mitarbeiter

Die quantitativen Aussagen der Verlage wurden in eine Qualifikationsmatrix nach Verlagsgröße überführt. Dieses Ergebnis lässt den Schluss zu, dass vor allem Verlage in der Größe 100 bis 149 Mitarbeiter mit dem Qualifikationsstand ihres Personals am zufriedensten sind – obwohl auch hier die zukunftsweisenden Aufgabenstellungen als weniger ausreichend bewertet werden. Bei den Unternehmen mit 250 bis 499 Mitarbeitern existiert ein uneinheitliches Bild. Während einige Unternehmen offensichtlich mit dem Qualifikationsstand der Mitarbeiter in einigen klassischen Bereichen sehr zufrieden sind, haben andere Verlage eine gegensätzlich Meinung dazu. Die Qualifikation der Mitarbeiter nach Verlagsgröße Vertriebsmarketing Vertriebslogistik Anzeigenverkauf Digital/Multimedia Redaktion Neue Produkte - Print-Digital Neue Geschäftsfelder (z.B. Events) Informationstechnologien unter 50 MA

50 - 99 MA

100 - 149 MA 150 - 249 MA 250 - 499 MA über 500 MA

gute Qualifikation

ausreichende Qualifikation

nicht ausreichende Qualifikation

teils gute Qualifizierung, aber auch viele Verlage mit gegensätzlicher Antwort

teils gute Qualifikation, mit Tendenz zur ausreichender Qualifikation

ausreichende Qualifikation, mit Tendenz zu nicht ausreichender Qualifikation.

Abbildung 5: Qualifikation nach Verlagsgröße

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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl die kleineren Verlage als auch die größten Verlage (gemessen an der Anzahl der Mitarbeiter), die an der Studie teilgenommen haben, mit dem Qualifizierungsstand der Mitarbeiter weniger zufrieden sind. Wie auch in der Gesamtbetrachtung, sind vor allem die zukunftsweisenden Bereiche Digital/Multimedia und die Entwicklung neuer Produkte und Geschäftsfelder unterdurchschnittlich gut bewertet. Interessant ist die Betrachtung des gewünschten Weiterbildungsbedarfs in den Verlagsunternehmen. Wie aus Abbildung 6 ersichtlich wird, scheinen sich die Weiterbildungsbedarfe sehr nach den Unternehmensgrößen zu unterscheiden. Je größer ein Verlag ist, desto häufiger werden Führungsaufgaben als notwendige Qualifizierungsmaßnahmen benannt. Diese Tatsache ist sicherlich mit den zunehmenden administrativen Aufgaben innerhalb größerer Organisationen zu erklären. Allen Verlagen gemein ist eine nachvollziehbare Dringlichkeit im Bereich der Verkaufsqualifikation, um die Umsatzquellen zu halten und eventuell auch neue Erlös-

100,00%   90,00%   80,00%   70,00%   60,00%   50,00%   40,00%   30,00%   20,00%   10,00%   0,00%  

unter  50   55-­‐99  MA   100-­‐149  MA   250-­‐499  MA  

150-­‐249  MA   250-­‐499  MA  

n  

>500  MA  

ite be

ick

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unter  50  

 

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100-­‐149  MA  

100,00%   90,00%   80,00%   70,00%   60,00%   50,00%   40,00%   30,00%   20,00%   10,00%   0,00%  

unter  50   55-­‐99  MA   250-­‐499  MA   in g   l  M nd ed  In ia, ... no   va Ko ne n   Re ch t  

100-­‐149  MA  

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150-­‐249  MA  

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unter  50  

100-­‐149  MA  

Abbildung 6: Weiterbildungsbedarf nach Verlagsgröße

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quellen und Kundenkreise zu erschließen. Interessant ist, dass vor allem die kleineren Verlage offensichtlich wenig Qualifikationsbedarf in Digitalen Märkten, Social Media und Produktentwicklung genannt haben. 4.4  Organisation und Dauer von Weiterbildungsmaßnahmen In der Studie wurde auch untersucht, wie die Verlage Weiterbildungsangebote für ihre Mitarbeiter organisieren, woher die Initiative dafür stammt und wer letztlich über die eigentlichen Schulungsmaßnahmen entscheidet. Darüber hinaus war es interessant zu wisssen, wie aus Sicht der Verlage Weiterbildungsmaßnahmen am besten organisiert sein sollten, beziehungsweise welche Dauer Qualifizierungsmaßnahmen haben sollten. Auf die Frage nach den Initiatoren zeigt sich, dass offensichtlich die Mitarbeiter eher seltener von sich aus die Initiative ergreifen, um sich weiterzubilden (vgl. Abbildung 7). Woran das liegen könnte, wurde in der Studie nicht untersucht. Bemerkenswert ist jedoch, dass, je kleiner das Unternehmen ist, die Rolle der Geschäftsführung in Qualifizierungsfragen steigt. Werden die Unternehmen größer, erhält die Personalabteilung, über die kleine Häuser nicht verfügen, mehr Einfluss. Mit wachsender Unternehmensgröße steigt zudem der Einfluss der Abteilungsbeziehungsweise Ressortleiter. Abbildung 8 zeigt, wer letztlich über die Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen im Unternehmen entscheidet. Die Entscheidungsgewalt liegt in Unternehmen bis 149 Mitarbeiter überwiegend beim Geschäftsführer; das heißt: Abteilungsleiter beispielsweise machen oft nur Vorschläge, entscheiden letztlich aber nicht selbst. Dort, wo es keine Personalabteilung gibt, die über die Qualifizierungsmaßnahmen im Sinne der strategischen Unternehmensenwicklung entscheidet, könnte den Abteilungs- oder Ressortleitungen ein gewisses Qualifizierungsbudget direkt eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. So könnten sie regelmäßig Qualifizierungsmaßnahmen anbieten und organisieren.

Wer initiiert Weiterbildungsmaßnahmen?

70%

Mitarbeiter

60% Personalabteilung 50% Chefredakteur 40% Abteilungsleiter/Ressortleiter 30% Geschäftsführer 20%

10%

0%

unter 50 MA

50 - 99 MA

100 - 149 MA 150 - 249 MA 250 - 499 MA über 500 MA

Abbildung 7: Initiatoren von Weiterbildungsmaßnahmen im Verlag

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Wer entscheidet über Weiterbildungsmaßnahmen?

70%

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Personalabteilung

60% Chefredakteur 50% Abteilungsleiter/Ressortleiter 40% Geschäftsführer 30%

20%

10%

0%

unter 50 MA

50 - 99 MA

100 - 149 MA 150 - 249 MA 250 - 499 MA über 500 MA

Abbildung 8: Wer entscheidet über die Weiterbildungsmaßnahmen?

Das Thema „Qualifizierung“ könnte so zudem als Bestandteil der Zielvereinbarungen integriert werden. Bei der Frage nach der optimalen Dauer von Seminaren zeigt sich, dass die klassischen Seminarformate von ein- bis zweitägiger Dauer von den Verlage deutlich präferiert werden. Ein berufsbegleitendes Studium ist für viele nicht vorstellbar. Auch zu lange Abwesenheit vom Arbeitsplatz führt bei einer dünnen Personaldecke unweigerlich zu Problemen und ist daher weniger akzeptiert.

Gewünsche Dauer von Weiterbildungsmaßnahmen

22% 1 Tag

9%

4% 68% 2 Tage

1 Arbeitswoche als Blockveranstaltung

1 Arbeitswoche verteilt auf mehrere Termine

9% berufsbegleitendes Studium

Abbildung 9: Gewünschte Dauer von Weiterbildungsmaßnahmen

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5  Analyse und Auswertung offener Stellenangebote Im Zeitraum von 16.5.2012 bis 13.6.2012 wurden alle verfügbaren offenen Stellenangebote der deutschen Tageszeitungsverlage untersucht. Es ist dem Autor durchaus bewusst, dass es sich hier um eine Querschnittsbetrachtung innerhalb eines bestimmten Zeitraums handelt und sich Nordrheindie Situation Westfalen im Laufe der Zeit insgesamt verändern wird. RheinlandDie aufgePfalz stellten Thesen sind so geSaarland wählt, dass sich die dargestellten Erkenntnisse bei einer erneuten Untersuchung einfach überprüfen lassen.

SchleswigHolstein Hamburg Mecklenburg-Vorpommern Bremen Berlin

Niedersachsen

SachsenAnhalt

Brandenburg

Sachsen Thüringen Hessen

< 3% 4 – 8% 9 – 15% 16 – 20% > 20%

BadenWürttemberg

Im II. Quartal 2012 waren vor allem im Süden der Bundesrepublik viele offene Stellen in den Verlagen ausgeschrieben.

Bayern

Abbildung 10: Verteilung der offenen Stellen nach Bundesland zum Untersuchungszeitpunkt

In Bayern waren zum Untersuchungszeitpunkt über 20 Prozent der Stellen ausgeschrieben, darunter viele Stellen bei der Süddeutschen Zeitung, der Mediengruppe Oberfranken und bei Unternehmen der Augsburger Allgemeinen Zeitung. In Nordrhein-Westfalen wurden die meisten Stellen für die WAZ Mediengruppe ausgeschrieben. 5.1  Art der ausgeschriebenen Stellen und Stellenangebote nach Abteilungen Auf die Frage, wo die Verlage ihre Mitarbeiter vor allem für die neuen Bereiche rekrutieren und suchen, geben drei von vier Verlagen an, dass sie auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind und sich die notwendigen Qualifikationen von dort in das Unternehmen holen. Erstaunlich dabei ist: Über 85 Prozent der Verlage geben an, ihre Mitarbeiter auch selbst zu qualifizieren. Bei der Analyse der ausgeschriebenen Stellen fällt auf, dass sich gerade einmal 39 Prozent der Stel-

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lenangebote auf reguläre und qualifizierte Stellen innerhalb der Verlage beziehen. 40 Prozent der analysierten Stellenausschreibungen hatten Ausbildungschrakter oder waren Volontariate. Ebenfalls auffällig ist die recht hohe Anzahl an Praktikantenstellen beziehungsweise Stellen für Werkstudenten.

reguläre Stellenangebote 39%

Ausbildung/Volontariat 40%

Praktikum/Werkstudent 21%

Abbildung 11: Verteilung der Stellenangebote nach Art.

Wie sich die Stellensituation (ohne ausbildungsähnliche Verhältnisse) je nach Abteilung verhält, zeigt die Abbildung 12. In den Anzeigenabteilungen werden die meisten Stellen angeboten. Die Erklärung dafür liegt nahe. Viele Verlage versuchen, den Rückgang der Anzeigenerlöse durch eine effizientere Marktbearbeitung im Bereich der Anzeigenkunden zu kompensieren. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, Mitarbeiter für den Verkauf zu begeistern. Die Bedeutung der IT-Infrastruktur wird in den Unternehmen deshalb immer wichtiger. Dabei ist zu beachten, dass diese Stellen oft wenig mit der direkten Wertschöpfung zu tun haben und in den Bereich der administrativen Kosten fallen. Bemerkenswert ist, dass es nur sehr wenige Stellen gibt, für die in der Ausschreibung bereits explizit der Umgang mit digitalen oder multimedialen Produkten gefordert wird. Nur 5 Prozent

Stellenangebote nach Abteilungen

26% Anzeigenabteilung

20% IT-Abteilung

14% Redaktion

10%

8%

Verwaltung

Vertrieb

7% Marketing

5%

Digital/ Multimedia

Abbildung 12: Stellenangebote nach Abteilungen.

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der ausgeschriebenen Stellen können direkt in diesem Bereich verortet werden. Der Trend, vor allem in den Redaktionen zu sparen, zeigt sich auch in den Stellenausschreibungen, obwohl mittlerweile redaktionelle Inhalte als die wichtigsten Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches Medienunternehmen gelten. 5.2  Eingangsqualifikationen Die Analyse der geforderten Eingangsqualifikationen aus den Stellenbeschreibungen für die unterschiedlichen Arbeitsbereiche hat ergeben, dass die Ansprüche der Abteilungen relativ unterschiedlich sind. Das klingt durchaus nachvollziehbar. In den Bereichen Digital/Multimedia, IT, Marketing, Vertrieb und Verwaltung ist in über 50 Prozent der ausgeschriebenen Stellen ein abgeschlossenes Studium Voraussetzung. Bei den Stellen in Anzeigenabteilungen und den Redaktionen liegt dieser Wert unter der Hälfte. Bei der Analyse der Erfahrungen, die sich die Verlage wünschen, wird die „Erfahrung mit Neuen Medien“ häufig genannt. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass diese Anforderung in jeder dritten Stellenausschreibung auf eine nicht näher definierte „Online-Affinität“ beschränkt ist. Nach expliziten Erfahrungswerten hingegen wird kaum gefragt.

40%

Geforderte Kenntnisse in „Neue Medien“

30%

20%

10%

In Abbildung 13 wird die 0% XML HTML Java SEM/SEO Programming IT Verteilung der spezifischen CSS Apps Online-Affinität CMS Flash Socia Networking Kenntnisse im Bereich der „Neuen Medien“ nochmals Abbildung 13: Geforderte Kenntnisse im Bereich „Neue Medien.“ aufgezeigt. Die Forderung nach Kenntnissen in Bezug auf „Neue Medien“ sind erwartungsgemäß stark in Ausschreibungen der IT-Abteilungen und im Bereich Digital/Multimedia vertreten.

Zwischenfazit ■■ Ausgeschriebene Stellen sind, wenn es sich nicht um Ausbildungsstellen handelt, eher in klassischen Tätigkeitsbereichen angesiedelt. ■■ Neue Qualifikationen, vor allem im Bereich digitaler/neuer Medien, werden unterdurchschnittlich oft explizit erwähnt. ■■ „Online-Affinität“ ist eine zu vage formulierte Qualifikation, mit der Bewerber unter Umständen wenig anzufangen wissen.

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5.3  Anzeigenabteilung: Berufsbilder und Qualifikation Ausgeschriebene Stellen für die Anzeigenabteilung haben hauptsächlich Medienberater als Zielgruppe. Bestimmte persönliche Fähigkeiten wie Kommunikationsbereitschaft und Offenheit sind dabei die Fähigkeiten, die am meisten gewünscht werden. Ebenso häufig wird nach Berufserfahrung im verkäuferischen Umfeld gesucht; allerdings nicht zwingend gekoppelt an Erfahrung in einem Verlag. EDV- und Online-Affinität hingegen werden eher selten nachgefragt. In Anbetracht der Veränderungen im Bereich des Medienverkaufs ist zu überprüfen, ob dem in Zukunft nicht deutlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Denn: Kundenzufriedenheitsstudien haben längst belegt, dass gerade Anzeigenkunden verstärkt auf crossmediale Kompetenzen ihres Medienberaters Wert legen. Berufsbilder in der Anzeigenabteilung Auftragsbearbeiter

1

Junior-Verkäufer

3

Telefonkraft

2

Key Account Manager

3

Online-Sales-Manager

1

Medienberater

26

0

5

10

15

20

25

30

Abbildung 14: Ausgeschriebene Stellen für die Anzeigenabteilung

Summary Anzeigenabteilung ■■ Anforderungen an Medienberater sind zu wenig in Richtung crossmediale Beratungskompetenz formuliert. ■■ Kunden erwarten Beratung in unterschiedlichen Medienkanälen, bei Gestaltung und Werbeplanung. ■■ In den Stellenausschreibungen muss die geforderte Online-Kompetenz stärker herausgestellt werden.

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5.4  Redaktion: Berufsbildung und Qualifikation Bei der Analyse der Redaktionsstellen fällt auf, dass für die Redaktion selbst nur acht reguläre Stellen ausgeschrieben sind. Für Werkstudenten in einer Redaktion hingegen sind 24 Stellen ausgeschrieben. Sollte dies einen Trend darstellen, dann sparen die Zeitungsverlage sicherlich an der falschen Stelle. Die Qualität der redaktionellen Leistungen sollte im Fokus der Betrachtung liegen. Berufsbilder erufsb der in n der Redaktion eda t on Freie Mitarbeiter/Journalisten

3

Fotoscout

1

Sekretär/Assistent

2

Manager/Leitung

3

Redakteur/Lektorat (on- und offline)

8

Zeitungs-Layouter

1

Sachbearbeiter

2

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Abbildung 15: Anzahl der ausgeschriebenen Stellen für die Redaktion

Summary Redaktion ■■ Viele Redaktionsstellen sind als temporäre Stellen für Studierende ausgeschrieben. ■■ Explizite Online-Fähigkeiten werden nicht in großem Umfang gefordert. ■■ Organisationstalent und Belastungsfähigkeit werden beide explizit genannt.

5.5  Ausbildungssituation Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, waren 40 Prozent der ausgeschriebenen Stellen Ausbildungsverhältnisse. In Abbildung 16 sind nur diejenigen abgebildet, die direkt den Kerngebieten eines Verlages zuzuordnen sind. Dementsprechend wurden Ausschreibungen für beispielsweise einen Mechatroniker nicht berücksichtigt. Ruft man sich an dieser Stelle die Aussage der Verlage ins Gedächtnis, sie qualifizierten 85 Prozent ihrer Mitarbeiter selbst, wird deutlich, dass die klassischen Ausbildungsberufe deut-

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lich überwiegen: 51 Ausbildungsplätze sind dem kaufmännischen Bereich zuzuordnen. Auch Volontärsstellen sind relativ häufig vertreten, gefolgt von solchen für Mediengestalter. Als Ausgangsqualifikation ist mindestens ein Realschulabschluss gefordert (in 73 Fällen); in 80 Fällen wird das Abitur oder Fachabitur vorausgesetzt. 31 Stellenbeschreibungen verlangen sogar ein bereits abgeschlossenes Studium – traditionsgemäß meist im Bereich der Volontariate. Bemerkenswert ist, dass für 33 der insgesamt 145 Ausbildungsstellen Berufserfahrung oder sonstige Vorkenntnisse gewünscht sind. Im Bereich der gesuchten Werkstudenten sind die meisten Stellen in der Redaktion ausgeschrieben und dabei wird häufiger Web-Affinität gefordert ist als bei anderen Ausbildungsstellen. Was wird ausgebildet? 4

Redaktion

10

Medientechnologie

16

Mediengestalter

10

Fachinformatiker

24

Volontäre

51

Kaufleute 0

10

20

30

40

50

60

Abbildung 16: Art und Anzahl der ausgeschriebenen Ausbildungsstellen

Summary Ausbildungssituation ■■ 40 Prozent der ausgeschriebenen Stellen sind Ausbildungsplätze. ■■ In weiteren 21 Prozent der Fälle werden Werkstudenten oder Praktikanten gesucht. ■■ Es wird überwiegend in klassischen Berufsfeldern ausgebildet, obwohl Verlage durch eigene Qualifikation die Innovationsfähigkeit erhalten wollen.

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6  Employer Branding – Investition in die Zukunft Employer Branding wird in der einschlägigen Literatur immer als Teil des gesamten Corporate Brandings gesehen. Damit gehört es zum strategischen Gesamtmarketing eines Unternehmens, das die Eigenschaften und Fähigkeiten einer Organisation repräsentiert. In den vergangenen Jahren lag noch überwiegend der Absatzmarkt im Fokus des Marketings. Durch die im ersten Kapitel beschriebenen demographischen Veränderungen rückt mittlerweile der Arbeitnehmermarkt zunehmend in den Mittelpunkt. Ziel des sogenannten Employer Brandings ist es, das Unternehmen als Arbeitgeber in seiner Qualität und seinen Eigenschaften zu positionieren. Der künftige Arbeitnehmer soll durch Employer Branding mit dem Namen des Unternehmens positive Eigenschaften und Vorstellungen verbinden, um sich im Bewerbungsfall für das eigene Unternehmen zu entscheiden. Diese gewünschten Assoziationen basieren auf der identitätsorientierten Markenführung und müssen strategisch im Unternehmen verankert sein. In der Praxis überschneiden sich Personalmarketing und Employer Branding häufig. Theoretisch ist das Personalmarketing dem Employer Branding untergeordnet. Maßnahmen des Personalmarketings leiten sich aus strategischen Employer-Branding-Zielsetzungen ab und dienen als Kommunikations- und Entscheidungsinstrument auf operativer Ebene. Das Employer Branding beschreibt den aktiven, strategisch-planerischen Prozess und unterscheidet sich damit von der Employer Brand, das eher das Ergebnis von Maßnahmen ist – also das, was im Endeffekt auf den Rekrutierungsmärkten bei den potenziellen und tatsächlichen Bewerbern ankommt. Arbeitnehmer auf dem freien Arbeitsmarkt sind aber nicht die einzige Zielgruppe von Employer Branding, sondern auch interne und ehemalige Mitarbeiter. Denn die sind häufig auch in einer Multiplikatorrolle und vertreten das Unternehmen durch individuelle Kommunikation zwangsläufig nach außen. Im Endeffekt geht es bei potenziellen Arbeitnehmern darum, sich eine Präferenz bei der Arbeitgeberwahl herauszubilden. Diese Präferenzbildung wird durch das Employer Branding unterstützt, so dass die Arbeitnehmer, die sich heute mit immer mehr Wahlmöglichkeiten konfrontiert sehen, zugunsten des eigenen Unternehmens entscheiden.

6.1  Die drei Zieldimensionen des Employer Branding (nach Petkovic) ■■ Konative Zieldimension: Schaffung einer Arbeitgeberpräferenz, die sich idealerweise in Form einer Bewerbung oder einer Weiterempfehlung äußert. ■■ Kognitive Zieldimension: Das Ziel ist hier die reine Bekanntheitssteigerung der Unternehmensmarke als Arbeitgeber mit dem Unterziel der Differenzierung zu anderen Arbeitgebern. ■■ Affektive Zieldimension: Die Schaffung von Emotionalität in Bezug auf die Arbeitgebermarke. Das wird beispielsweise durch Identifikation, Vetrauen und Verlässlichkeit geschaffen.

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6.2  Prozess der Entscheidungswege in der Arbeitgeberwahl Man geht heute von fünf Phasen in der Entscheidungsfindung für einen Arbeitgeber aus (vgl. Beck 2008).

Die fünf Phasen der Arbeitgeberwahl ■■ Assoziationsphase ■■ Orientierungsphase ■■ Matchingphase ■■ Bindungsphase ■■ Ex-Post-Phase Die Assoziationsphase stellt die erste Phase dar. In dieser Phase läuft der Erkenntnisprozess über Fähigkeiten und Neigungen einer Person ab. Die Schul-, Ausbildungs- und Studienzeit prägt diese Phase und dient der Findung eines geeigneten Berufsfelds. Studenten, Auszubildende oder auch Schüler haben bereits jetzt Berührungspunkte mit Unternehmen und erhalten Informationen über Branchen und Arbeitgeber. Am Ende dieser Phase steht eine grobe Präferenzentscheidung für ein Berufsfeld. Die Person ist zu diesem Zeitpunkt noch stark durch das eigene Umfeld beeinflussbar. Zwar ist die Entscheidung für ein Unternehmen noch nicht konkret, aber ein ansprechendes Bild des Unternehmens kann sich durchaus positiv auswirken. Bereits in dieser Phase kann eine Employer Brand also schon Einfluss auf die Person ausüben. Die nächste Phase ist die Orientierungsphase, die die Präferenzentscheidung hinsichtlich der Realisierungschancen prüft. In dieser Phase wird versucht, Unsicherheit abzubauen, offene Fragen zu klären und verschiedene Handlungsoptionen zu konkretisieren. In dieser Phase geht es bereits um konkretere Tätigkeitsfelder in bestimmten Branchen, möglicherweise auch schon in bestimmten Unternehmen. Eine gut geführte Unternehmensmarke ist in der Lage, in dieser Phase Informationen an die jeweilige Person zu geben, um das Interesse für das Tätigkeitsfeld weiter zu entwickeln – am besten verknüpft mit konkreten Optionen im eigenen Unternehmen, also quasi den potenziellen Arbeitnehmer „an die Hand zu nehmen.“ Kurz vor der eigentlichen Entscheidung tritt der potenzielle Mitarbeiter in die Matchingphase ein. Er hat im optimalen Fall die Auswahl zwischen mehreren unterschiedlichen Unternehmen. Am Ende dieser Phase entscheidet sich die Person konkret für oder gegen ein Unternehmen bzw. einen Arbeitsplatz, genauso trifft das Unternehmen eine Entscheidung über eine Zusammenarbeit. Wenn die Employer Brand nicht schon in den vorherigen Phasen signifikant zu einer Präferenzbildung für das eigene Unternehmen beigetragen hat, muss das spätestens an dieser Stelle erfolgen. Die Employer Brand gibt dem potentiellen Arbeitnehmer die Möglichkeit, das Unternehmen von anderen Konkurrenzunternehmen eindeutig zu unterscheiden und vereinfacht damit die Präferenzbildung. In der Bindungsphase ist der Mitarbeiter bereits im Unternehmen. Dennoch prüft er weiter, ob seine Entscheidung richtig war. Sollte das nicht der Fall sein (beispielsweise weil der

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Arbeitgeber Versprechungen nicht einhält), so kann sich der Mitarbeiter wieder vom Unternehmen abwenden. Das ist natürlich eine schwierige Situation, da vor allem der Weggang von Leistungsträgern aus einem Unternehmen nicht nur einen fachlichen Rückschlag bedeutet, sondern auch innerhalb der Belegschaft diskutiert wird, warum ein guter Mitarbeiter das Unternehmen verlässt. Ist ein Unternehmen einmal für seine hohe Fluktuation bekannt, kann das zu einem nachhaltigen Imageproblem führen. Die Folgen sind dann direkte Auswirkungen auf die Rekrutierungsmärkte und damit auch auf die Orientierungsphase von potenziellen Mitarbeitern. Auch aus diesem Grund ist die letzte Phase, die Ex-Post-Phase, ein sehr wichtiger Bestandteil des Employer Brandings. Es gilt stets zu beachten, dass auch ausgeschiedene Mitarbeiter über das Unternehmen und die eigenen Erfahrungen kommunizieren. 6.3  Analyse im Unternehmen Wie auch hinsichtlich aller anderen strategischen Maßnahmen gilt auch für das Employer Branding, dass eine interne Auseinandersetzung und Analyse der Bedarfe im Unternehmen stattfinden muss. Gerade bei der Personalbedarfsplanung sollte nicht nur die Anzahl von Mitarbeitern beschlossen, sondern auch die qualitativen Anforderungen in Fach- und Führungskompetenz bestimmt werden. In Anlehnung an die bekannte Unique Selling Proposition aus dem Marketing kann für das Recruiting eine so genannte Employer Value Proposition (EVP) definiert werden. 6.4  Employer Value Proposition (EVP) Die EVP bildet den Kern der Employer-Branding-Strategie und ist dabei sehr konkret und eindeutig: „Warum soll sich ein talentierter, qualifizierter und motivierter Mensch für uns als Arbeitgeber interessieren?“ Mit der EVP formuliert das Unternehmen ganz konkret sein Arbeitgeberversprechen an bestehende und potenzielle Mitarbeiter. Sie ist das ausformulierte Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens. Neben den Imagefaktoren ist es dabei wichtig, klar und deutlich darzustellen, auf welche Qualifikationen Wert gelegt wird, damit sich auch entsprechende Bewerber damit identifizieren können und sich schließlich bewerben. Die Kommunikation und Positionierung der EVP ist eine strategische Fragestellung und stellt den optimalen SOLL-Zustand dar, der durchaus auch als Teil der Unternehmensstrategie definiert werden kann. Beides ist somit auch veränderlich. 6.5  Operatives Employer Branding Aus der strategischen Dimension heraus gilt es, auch im Employer Branding geeignete Maßnahmen zu definieren und konkret umzusetzen. Intern findet also zunächst eine Art Markenbildungsprozess statt. Das heißt es gilt festzulegen, für welche Werte und Attribute die Arbeitgebermarke stehen soll. Dabei sind Fragen zu beantworten wie beispielsweise Qualifizierungsprogramme gestaltet sein sollen, welche Sozial­ leistungen es geben soll oder Ähnliches.

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Im Wesentlichen geht es dabei um das nach extern gerichtete Employer Branding, also darum, wie potenzielle Arbeitnehmer auf das eigene Unternehmen aufmerksam werden.

Typische Elemente des externen Employer Brandings ■■ Unternehmens-Karriereseiten, ■■ Recruitingevents, ■■ Messeauftritte, ■■ Hochschulmarketing und Hochschulkooperationen, ■■ klassische Medien (zum Beispiel Jobbörsen), ■■ Bannerschaltungen in einschlägigen Online-Foren, ■■ oder Pressearbeit. Hier spielt vor allem eine authentische und markenkonforme Kommunikation eine erfolgskritische Rolle. Zielgruppenspezifisch muss entschieden werden, welche Botschaft in welcher Form über welchen Kommunikationskanal übermittelt werden soll (vgl. Siebrecht DGFP 2012: 55). 6.6  Beispiel: Die Bertelsmann AG Wie Industrieunternehmen es längst tun, nutzen mittlerweile auch immer mehr Medienunternehmen Employer Branding als effektives Instrument, um junge Talente zu werben. Die Bertelsmann AG hat zum Beispiel bereits 2007 mittels einer Zielgruppenanalyse (interne und externe) herausgefunden, dass sie keine zufriedenstellende Attraktivität als Arbeitgeber aufweist. Dabei stellte sie zudem auch sinkende Bewerberzahlen bei Nachwuchsführungskräften fest. Aufgrund dessen beschloss das Unternehmen, eine Neudefinition des Talentmanagements in Form einer Employer Brand umzusetzen. Im Zuge des Employer Brandings ermittelte Bertelsmann Soll-Kennzahlen; zudem wurden Interviews mit internen Führungsnachwuchskräften geführt, um die Treiber der Arbeitgeberwahl zu identifizieren. Die Stärken wurden dann hinsichtlich der Zielgruppenrelevanz und Wettbewerbsdifferenzierung analysiert und in eine EVP gewandelt. 6.7  Generation Y als Talentpool für Medienunternehmen Die Generation Y bezeichnet die von 1980 bis 2000 geborenen Personen, die heute ihre Abschlüsse machen und in das Berufsleben einsteigen oder bereits eingestiegen sind. Zwischen 20 und 34 Jahre alt, sind sie eine sehr bedeutsame Personengruppe auf dem Arbeitsmarkt. Anders Parment verfasste im Jahr 2009 das Buch „Die Generation Y – Mitarbeiter der Zukunft. Herausforderung und Erfolgsfaktor für das Personalmanagement“, in dem er die Ergebnisse zahlreicher Interviews und Fokusgruppen mit der 80er Jahre Generation zusammenfasst.

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Zentrale Eigenschaften der Generation Y ■■ Aufgewachsen in einer Gesellschaft mit hoher Transparenz und ständiger Kommunikation. ■■ Geprägt von hohem Individualismus und vielen Wahlmöglichkeiten. ■■ Gewohnt, schnelle Entscheidungen zu treffen. ■■ Umgang mit neuester Technologie ist selbstverständlich. ■■ Permanenter Umgang mit Informationen führt zu kritischen Beurteilungen. ■■ Nutzen meist mehrere Informationsquellen. ■■ Andere Vorstellung von Freizeit und Arbeit (Work-Life-Balance). ■■ Positive Einstellung zur Mobilität. ■■ Geringere Loyalität gegenüber Arbeitgebern, da sie gewohnt sind, Wahlmöglichkeiten zu besitzen.

6.8  Rekrutierung von High Potentials Schon bei der Personalakquise von hochqualifizierten Bewerbern ist es von Vorteil zu wissen, über welche Kommunikationskanäle die Bewerber anzusprechen sind und wo sie sich informieren. In empirischen Untersuchungen zeigten sich hierbei vier Hauptsuchfelder. Grundsätzlich geht der High Potential von der bestehenden Bekanntheit eines Unternehmens aus, um es überhaupt in die persönliche Suche einzubeziehen. Recherchequellen sind private und geschäftliche Kontakte (Gespräch mit Bekannten oder Erfahrungen aus Praktika). In den meisten Fällen folgt daraufhin eine intensive Internetrecherche. Damit wird klar: High Potentials haben einen eher eingeschränkten Suchradius und nehmen eher die vorhandenen persönlichen Netzwerke stark in Anspruch, um sich detailliert zu informieren. Gerade die online zur Verfügung stehenden Informationen über einen Arbeitgeber sind dabei entscheidende Erfolgsfaktoren. Die High-Potentials beachten und bewerten dabei nicht nur die Corporate Webseite, sondern informieren sich auch auf einschlägigen Job-Portalen oder suchen mithilfe von Google weitere Informationen. Selbstverständlich werden auch FacebookSeiten und andere Soziale Netzwerke intensiv genutzt. Hierbei erschließt sich für Unternehmen ein weiterer, sehr wichtiger Kommunikationskanal: Es bietet sich hier an, eine Art CareerKanal zu betreiben, durch den Stellenangebote und Entwicklungsmöglichkeiten kommuniziert werden. Je breiter die Internetpräsenz ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, von den High Potentials entdeckt zu werden. Wichtig für die zukünftigen Mitarbeiter ist hohe Transparenz, genauso wie aussagekräftige Informationen. Im Zweifel hat der talentierte Nachwuchs mehrere Arbeitergeber zur Auswahl – dann können kleinste Details die Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen beeinflussen.

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7  Fazit Die beiden Studienteile zeigen: Der komplette Themenbereich der strukturierten Personalrekrutierung und -entwicklung sowie das Employer Branding kann bei Zeitungsverlagen noch weiterentwickelt werden. Die Altersstruktur in den Tageszeitungsverlagen zeigt deutliche Tendenzen zur Überalterung. Aus betriebswirtschaftlich nachvollziehbaren Gründen wurden Personalfragen in den vergangenen Jahren eher zurückhaltend gehandhabt. Der fortschreitende demografische Wandel wird die Tageszeitungsverlage in den nächsten Jahren zwangsläufig vor die ernstzunehmende Herausforderung stellen, geeignete Fach- und Führungskräfte zu suchen und zu finden. Die Tageszeitungen haben es vor allem bei den High Potentials versäumt, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Diese wichtige strategische Herausforderung wird zukünftig eine bedeutende Aufgabe der Personalabteilungen sein. Die Analyse der ausgeschriebenen Stellen zeigt, dass die Verlage überwiegend nach Personal für die klassischen und traditionellen Bereiche suchen. Stellen- und Aufgabenbeschreibungen, die sich auf neue, zukunftsorientierte Geschäftsfelder beziehen, sind kaum zu finden, aber zwingend notwendig. Bei den Formulierungen der Stellenausschreibungen fällt zudem auf, dass vieles zu allgemein formuliert wird. Deutlichere Bezeichnungen der gewünschten Anforderungen würden nicht nur den Unternehmen, sondern auch potenziellen Bewerbern bei der Entscheidung helfen, die Bewerbung tatsächlich einzureichen. Gerade bei den High Potentials, die Medien effektiv zu nutzen wissen, ist die Ausweitung der Kommunikationskanäle (beispielsweise auf den Bereich der sozialen Medien) sehr ratsam. Die High Potentials erwarten von einem zukünftigen Arbeitgeber einen gewissen „Wir wollen Dich“-Aspekt. Die gestellte Aufgabe muss also eine gewisse Herausforderung darstellen, Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen und die Bedeutung und Wertigkeit innerhalb des Unternehmens deutlich machen. Inhaltliche Aspekte der Arbeit haben für die besser Qualifizierten den höchsten Stellenwert. Sie rangieren häufig noch vor der Vergütungsfrage. Interessant ist auch noch, dass für High Potentials die Gestaltung ihrer Arbeitszeit ein wichtiger Faktor ist. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist meist eine Grundforderung. Wenn man als Zeitungsverlag den richtigen Kandidaten gefunden hat, ist die nächste Phase die Weiterqualifizierung. In der Möglichkeit zur Weiterbildung sehen die potenziellen Angestellten Aufstiegschancen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Das bringt dem Unternehmen im Endeffekt nicht nur qualifiziertere, sondern auch loyalere Mitarbeiter, die sich an das Unternehmen gebunden fühlen.

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8  Literaturverzeichnis

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