Power-to-Heat - Bundesverband Erneuerbare Energie eV

z. Inve s+. + on (€/m. ³). Wärmespeichervolumen (m³). 18 In der Praxis lohnt es sich offenbar, zusätzliche Spielräume für eine ...... REC/bibliotek/Documents/.
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Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Auftraggeber: Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) AGFW | Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.V. Auftragnehmer: Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM – Abteilung Energiesystemanalyse in Bremen (Projektnummer: 214167) www.ifam.fraunhofer.de Autoren: Wolfgang Schulz, Christine Brandstätt Unter Mitwirkung von Andreas Hagemeister, Timo Holzfuss, Jürgen Gabriel Kontakt: [email protected] 0421 - 2246 -7022

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

ISBN-13: 978-3-920328-66-9 CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek: Wolfgang Schulz, Christine Brandstätt, Andreas Hagemeister, Timo Holzfuss, Jürgen Gabriel: Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM – Abteilung Energiesystemanalyse in Bremen © Ponte Press, Bochum, Dezember 2013 Ponte Press Verlags GmbH, Stockumer Str. 148, D-44892 Bochum www.ponte-press.de Kein Teil dieser Studie darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags als Mikrofilm oder in anderer Weise reproduziert werden. No part of this book may be reproduced in any form by photostat, microfilm, or any other means, without a written permission from the publisher. Print: Druckerei POMP, Bottrop Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier, CO2-neutraler Druck Printed in Germany

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Vorstellung der Projektpartner Abteilung Energiesystemanalyse am Fraunhofer IFAM

Die Abteilung »Energiesystemanalyse« am FraunhoferInstitut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) widmet sich aktuellen Fragestellungen der nachhaltigen, bezahlbaren und sicheren Energieversorgung. Die Abteilung ist im September 2013 aus dem Bremer Energie Institut entstanden, das den Wandel in der Energieversorgung bereits seit 1990 mit Forschung und Beratung begleitet. Im Fokus stehen die wissenschaftliche Analyse von Energiesystemen sowie die zielgerichtete Weiterentwicklung energiewirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Das interdisziplinäre Team mit Experten aus Ingenieurwesen, Wirtschafts- und Politikwissenschaften, Architektur, Geografie und Physik • forscht zu innovativen und nachhaltigen Energieanwendungen; • erstellt Energieversorgungs- und KlimaschutzKonzepte, Potenzialstudien und Marktanalysen; • entwickelt Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft. Themenschwerpunkte sind erneuerbare Energien, Kraft-Wärme-Kopplung, Elektromobilität, energieeffiziente Gebäude, Energiespeicher sowie Wärme- und Stromnetze. Zu den Auftraggebern und Forschungsförderern gehören die Ministerien des Bundes und der Länder, Energieversorger, Wohnungsbaugesellschaften, Verbände und Stiftungen sowie andere Akteure der Energiewirtschaft.

Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)

Als Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche bündelt der BEE die Interessen von 25 Verbänden und Organisationen mit 30.000 Einzelmitgliedern, darunter mehr als 5.000 Unternehmen. Ziel des BEE ist die vollständige Umstellung der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien in den Bereichen Strom, Wärme und Kälte sowie Mobilität. Hierzu setzt sich der Verband insbesondere für die

Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Erneuerbare Energien ein.

AGFW | Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.V.

Der AGFW | fördert seit über 40 Jahren als unabhängiger, neutraler und leistungsfähiger Energieeffizienzverband die Entwicklung und den Ausbau der Fernwärme und KWK auf nationaler und internationaler Ebene. Der AGFW vereint dabei rund 500 Fernwärme und Kälteversorger sowie Industriebetriebe der Branche aus Deutschland und Europa. Hierzu gehören regionale, kommunale sowie private Versorgungsunternehmen die Dritte gewerblich mit Wärme versorgen, KWK-Anlagen betreiben und Unternehmen die mit der Planung, Entwicklung und Herstellung von Wärmeerzeugungs- und Verteilungsanlagen befasst sind. Der Verband standardisiert Branchenmindestanforderungen über die gesamte Prozesskette. Sie fließen als „Stand der Technik“ in das AGFW-Regelwerk ein. Die mit Branchenvertretern besetzten Arbeitsgremien behandeln alle Fragen der technischen Prozesskette Fernwärme und führen Weiterbildungsveranstaltungen durch. Der AGFW betreibt eine aktive und erfolgreiche Zukunftsplanung über energiewirtschaftliche Systemstudien (u.a. Wärmebedarfsanalysen) und übergreifende Entwicklungsvorhaben auf dem Gebiet der Wärme- und Heizkraftwirtschaft. Er dokumentiert nationale und internationale Forschungsergebnisse. Der AGFW vertritt die deutsche Fernwärmebranche im Implementing Agreement District Heating and Cooling der IEA und ist als Operating Agent tätig. Weiterhin ist der AGFW in der europäischen Technolgieplattform District Heating Cooling+ und im wissenschaftlichen Beirat des „International Symposium on District Heating and Cooling“ vertreten. Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Verband in konkreten Projekten mit den Einsatzmöglichkeiten Erneuerbarer Energien in Wärmenetzen. Durch seine Arbeitsgremien identifiziert und spiegelt der Verband aktuelle Fragestellungen der Fernwärmebranche und kann auf eine breite Datenbasis zugreifen.

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BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Inhaltsverzeichnis Vorstellung der Projektpartner............................................................................................................. 3 Inhaltsverzeichnis................................................................................................................................ 4 Tabellenverzeichnis............................................................................................................................. 6 Abbildungsverzeichnis........................................................................................................................ 7 Vorwort................................................................................................................................................ 9 1 Hintergrund................................................................................................................................. 10 1.1 Ausgleichsbedarf im Stromsektor......................................................................................... 10 1.2 Ansprüche an den Umbau der Wärmeversorgung ............................................................... 12 1.3 Fokus dieser Untersuchung.................................................................................................. 13 2 Herangehensweise..................................................................................................................... 15 3 Ermittlung der wirtschaftlichen Ansprüche der Flexibilitätsoptionen......................................... 18 3.1 Flexibler Einsatz von KWK-Anlagen ...................................................................................... 18 3.1.1 Ausgewählte Modellfälle............................................................................................ 18 3.1.2 Wärmegeführte Fahrweise......................................................................................... 19 3.1.3 Stromgeführte Fahrweise........................................................................................... 20 3.1.4 Ergänzung eines Wärmespeichers............................................................................. 22 3.1.5 Simulation der stromgeführten Fahrweise der KWK-Anlagen..................................... 25 3.1.6 Simulation der stromgeführten Fahrweise der KWK-Anlagen unter Berücksichtigung der Einbindung von Elektroheizern (Power-to-Heat)....................... 27 3.1.7 Simulation des Falls einer vollen Abdeckung der positiven Residuallast durch KWK-Anlagen ................................................................................................. 29 3.1.8 Simulation des Falls einer vollen Abdeckung der positiven und negativen Residuallast durch KWK-Anlagen und Elektroheizer................................................... 32 3.1.9 Anhebung der Eintrittsschwelle bei positiver Residuallast für die KWK-Anlage........... 33 3.2 Stromerzeugungskosten der KWK-Anlagen und der alternativ möglichen Kraftwerke bei voller Abdeckung der Residuallast im Vergleich............................................. 34 3.3 Berücksichtigung von Elektro-Wärmepumpen...................................................................... 35 3.3.1 Analyse der flexibilisierten Betriebsweise von dezentralen Elektro-Wärmepumpen .... 35 3.3.2 Wirtschaftlichkeit des Wärmepumpeneinsatzes......................................................... 40 3.3.3 Simulation des Ausgleiches durch KWK-Anlagen und Wärmepumpen bei voller Abdeckung der positiven und negativen Residuallast........................................ 41 3.3.4 Schlussfolgerungen zum Wärmepumpeneinsatz gemäß Modellbetrachtungen.......... 42 3.4 Integration von Solarthermie................................................................................................. 42 3.5 Strombedarfsgerechte Fahrweise von Biomasseanlagen ..................................................... 44 3.6 Im Rahmen von Wärmenetzen aktivierbare Ausgleichspotenziale ......................................... 45 3.7 Ausgleichspotenziale sonstiger KWK-Konzepte.................................................................... 48 3.7.1 Dezentrale KWK-Konzepte in den Bereichen GHD und Wohnen................................ 48 3.7.2 KWK-Konzepte in der Industrie.................................................................................. 49 3.8 Sonstige Ausgleichspotenziale aus dem Wärmemarkt.......................................................... 49

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4 Energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität.............................................. 50 4.1 Förderung von Wärmetechnologien...................................................................................... 50 4.2 Stromhandel......................................................................................................................... 53 4.3 Einsatzplanung am Beispiel Skagen...................................................................................... 57 4.4 Steuern und Abgaben.......................................................................................................... 58 5 Fazit............................................................................................................................................ 61 6 Handlungsempfehlungen............................................................................................................ 63 6.1 Erhalt und Ausbau der für die Flexibilität erforderlichen Strukturen........................................ 63 6.2 Förderung stärker auf flexible Betriebsweise ausrichten........................................................ 63 6.3 Förderung stärker auf die Anlagenauslegung ausrichten....................................................... 64 6.4 Bedingungen für die leitungsgebundene Wärmeversorgung verbessern............................... 65 6.5 Preise für Überschussstrom verringern und flexibilisieren...................................................... 65 6.6 Zugang zum Regelenergiemarkt flexibilisieren....................................................................... 66 7 Literatur....................................................................................................................................... 67

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Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Grunddaten der ausgewählten Modellfälle....................................................................... 19 Tabelle 2: Kenndaten der in den Modellfällen gewählten Wärmespeicher........................................ 25 Tabelle 3: Wärmegeführte Fahrweise versus stromgeführte Fahrweise: jährliche Vollbenutzungsstunden, Wärmekosten, Stromerlöse und Anteil des Spitzenkesseleinsatzes........... 26 Tabelle 4: Effekte der kombinierten Wärmeerzeugung aus KWK und Elektroheizer......................... 28 Tabelle 5: Effekte der kombinierten Wärmeerzeugung aus KWK und Elektroheizer......................... 29 Tabelle 6: Effekte einer vollständigen Abdeckung der positiven elektrischen Residuallast und des Wärmebedarfs mittels KWK-Anlagen, Heizkesseln und Wärmespeicher (Schwarmbetrachtung)............................................................................................................... 31 Tabelle 7: Einfluss des Wärmespeichers auf den KWK-Anteil und den Wärmedeckungsgrad......... 31 Tabelle 8: Effekte einer vollständigen Abdeckung der positiven elektrischen Residuallast und des Wärmebedarfs der Modellfälle mittels KWK-Anlagen, Heizkessel, Elektroheizer und Wärmespeicher (Schwarmbetrachtung) im Vergleich zu der Variante ohne Elektroheizer..................................................................................................................... 32 Tabelle 9: Brennstoffeinsatz und Wärmeerzeugung im Rahmen der KWK-Anlagen und der ungekoppelten Alternative – bei identischer Stromerzeugung (1,15 GWh/a) und Wärmeerzeugung der Elektroheizer (0,32 GWh/a)..................................................................... 33 Tabelle 10: Effekt auf die Vollbenutzungsstunden und erforderlichen Stromerlöse der KWK-Anlage (1 MW-BHKW), falls deren Betrieb davon abhängt, dass eine bestimmte positive Residuallast überschritten sein muss............................................................. 33 Tabelle 11: Berücksichtigte Kostendaten der in den Modellfällen als optimal erachteten Wärmepumpen.......................................................................................................................... 40 Tabelle 12: Effekte einer vollständigen Abdeckung der positiven elektrischen Residuallast und des Wärmebedarfs der Modellfälle mittels KWK-Anlagen, Heizkessel, Wärmepumpe und Wärmespeicher (Schwarmbetrachtung) im Vergleich zu der entsprechenden Variante mit Elektroheizer statt Wärmepumpe................................................ 41 Tabelle 13: Zuschnitt der Fernwärmeerzeugungsoptionen sowie des enthaltenen nationalen Potenzials an elektrischer Leistung für 2030................................................................... 48 Tabelle 14: Zuschläge laut KWKG..................................................................................................... 51 Tabelle 15: Dreigliedrige KWK-Vergütung in Dänemark (zum 1. Januar 2012).................................. 52 Tabelle 16: Vergleich der Entgelte und Abgaben auf Strom zur Verwendung in Elektroheizern und Wärmepumen in Deutschland und Dänemark....................................................... 59

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: BEE-Stromerzeugungsszenario. Quelle: Krzikalla 2013.............................................. 10 Abbildung 2: Zu erwartende Verläufe von Stromnachfrage, EE-Einspeisung und der resultierenden Residuallast. Quelle: Krzikalla 2013................................................................... 11 Abbildung 3: Geordnete Dauerlinie der elektrischen Residuallast für 2030. Quelle: eigene Darstellung gemäß [Krzikalla 2013]....................................................................................... 11 Abbildung 4: Systematik der Ermittlung von Effekten einer durch Flexibilitätsanforderungen bewirkten Minderauslastung von KWK-Anlagen auf die Stromerzeugungskosten ...... 16 Abbildung 5: Jahresprofil des Wärmebedarfs anhand eines Praxisbeispiels................................... 20 Abbildung 6: Jahresdauerlinien der Wärmelast................................................................................. 20 Abbildung 7: Abhängigkeit der Wärmekosten von der Auslastung der KWK-Anlage....................... 21 Abbildung 8: Abhängigkeit der Stromerzeugungskosten von der Auslastung der KWK-Anlage...... 22 Abbildung 9: Volllaststunden des BHKW in Abhängigkeit von dem Wärmespeichervolumen bei stromgeführter Fahrweise............................................................................................ 23 Abbildung 10: Spezifische Investitionskosten für drucklose Wärmespeicher................................... 24 Quelle: eigene Erhebung................................................................................................................... 24 Abbildung 11: Kosteneffizienz des Wärmespeichers in Hinblick auf den Zuwachs von Vollbenutzungsstunden des BHKW........................................................................................... 24 Abbildung 12: Spezifische Kosten für dezentrale drucklose Wärmespeicher. Quelle: Preisatlas – Ableitung von Kostenfunktionen für Komponenten der rationellen Energienutzung, IUTA (2002)............................................................................................................. 25 Abbildung 13: Strom-und Wärmeerzeugung des hier berücksichtigten 100 MW-GuD-HKW.......... 30 Abbildung 14: Abhängigkeit der Stromerzeugungskosten der betrachteten KWK-Anlagen und der alternativ geeigneten Kraftwerke in Abhängigkeit von deren Auslastung............. 34 Abbildung 15: Wärmeerzeugungsanteil der Elektro-Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Fall eines Einfamilienhauses (urspr. Einsatzfall des 1 kW-BHKW). ............................................................................................................................... 36 Abbildung 16: Wärmeerzeugungsanteil (♦) sowie jährliche Auslastung (•) der ElektroWärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Fall eines 64 kW-Wärmeversorgungsfalls (Wärmepumpe als Alternative zum 20 kW BHKW)....................... 37 Abbildung 17: Effekt der Speichergröße auf die Vollbenutzungsstunden der Wärmepumpe (Versorgungsfall 64 kW, Wärmepumpe 28 kW) ............................................................ 37 Abbildung 18: Effekt der Einsatzgrenze auf die Vollbenutzungsstunden und den Erzeugungsanteil der Wärmepumpe (Versorgungsfall 64 kW, Wärmepumpe 28 kW, Wärmespeicher 2 m³)................................................................................................................. 38 Abbildung 19: Wärmeerzeugungsanteile der Wärmepumpe und des Heizkessels (♦) sowie jährliche Auslastung (•) der Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Modellfall des niedrig ausgelegten 1 MW-BHKW (6.000 Vh/a).................. 38 Abbildung 20: Wärmeerzeugungsanteile der Wärmepumpe und des Heizkessels (♦) sowie jährliche Auslastung (•) der Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Modellfall des hoch ausgelegten 1 MW-BHKW (4.000 Vh/a)..................... 39 7

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Abbildung 21: Erzeugungskosten der Elektro-Wärmepumpen in den Modellfällen in Abhängigkeit von deren Auslastung.......................................................................................... 40 Abbildung 22: Betriebsprotokoll der Fernwärmeversorgung in Ringköbing..................................... 43 Abbildung 23: Mögliches Ergebnis einer forcierten Fernwärmeausbaupolitik gemäß M. Blesl, IER Stuttgart 2010............................................................................................................ 45 Abbildung 24: Mögliche Residuallastabdeckung bei einer vollen Ausschöpfung der Wärmenetzpotenziale gemäß Abbildung 23.............................................................................. 47 Abbildung 25: Üblicher Preis an der Börse zwischen 2000 und 2013. Quelle: BKWK 2013............ 50 Abbildung 26: Preisniveau der Strommärkte in Deutschland und Westdänemark. Quelle: eigene Darstellung basierend auf Daten von Nordpool, EEX und regelleistung.net.................. 55 Abbildung 27: Extreme Spotpreise in Deutschland und Westdänemark. Quelle: eigene Darstellung basierend auf Daten von Nordpool, EEX und regelleistung.net.............................. 56 Abbildung 28: Minutenreservemarkt in Deutschland und Westdänemark. Quelle: eigene Darstellung basierend auf Daten von Nordpool, EEX und regelleistung.net.............................. 57 Abbildung 29: Anlageneinsatz des Fernwärmesystems Skagen 25.4.-8.5.13. Quelle: emd.dk........ 58

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Vorwort Wir freuen uns sehr, mit der vorliegenden Studie das Scheinwerferlicht auf ein wesentliches, jedoch bislang eher unbekanntes Kapitel der Energiewende richten zu können: auf das Zusammenspiel zwischen Erneuerbaren Energien, KWK-Anlagen, Wärmepumpen und den verbindenden Fernwärmenetzen. Im Ergebnis zeigt sich, dass der Einsatz von überschüssigem EE-Strom im Wärmebereich eine sinnvolle und kostengünstige Verwendung darstellt und wie bei unserem Nachbarn Dänemark – trotz aller Unterschiede zwischen den beiden Ländern – ausbauwürdig ist. Schon frühere Untersuchungen des AGFW | Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V. und des BEE, dem Bundesverband Erneuerbare Energie e.V., hatten gezeigt, dass zur Energiewende nicht nur die Umstellung des Stromsystems gehört, sondern die weiteren Energiesektoren ebenfalls für die Erreichung der gesteckten Klimaschutzziele äußerst wichtig sind und enorme Potenziale bergen. Gerade die Nutzung von Interdependenzen zwischen den Bereichen öffnen Lösungswege, mit denen wir unseren gesellschaftlichen Anspruch erreichen können: Die kosteneffizienteste Transformation hin zu einem nachhaltigen und erneuerbaren Energiesystem. Wolfgang Schulz und sein Team vom Fraunhofer IFAM-Institut als ausgewiesene Kenner der Materie konnten uns nun in der hier vorgelegten Studie mit ihren Modellrechnungen den volkswirtschaftlichen und systemtechnischen Mehrwert der Nutzung von Wärmeflexibilitäten aufzeigen.

Darüber hinaus ist es uns wichtig zu betonen, dass die Energiewende in unseren Augen kein Gegeneinander der konventionellen und neuen Akteure sein muss, sondern dass ein Zusammenspiel möglich ist. Gerade an Punkten, wo sich die Kompetenzen und Erfahrungen ergänzen, kann dieses Generationenprojekt erheblich schneller voran gebracht werden. Wir möchten uns bei den beteiligten Unternehmen und Mitgliedsverbänden sowie bei allen anderen Experten bedanken, die uns und dem Projekt finanzielle Ressourcen, ihre fachliche Sicht und ihre Zeit zur Verfügung gestellt haben. Nur in einem intensiven Austausch zwischen Unternehmen und Wissenschaft kann ein solch praxisnahes Projekt realisiert werden. Besonderen Dank möchten wir Herrn Daniel Hölder aussprechen, der als Initiator und Vermittler „zwischen den Welten“ dieses Projekt von Anfang an begleitet und dabei viel Zeit und Kraft eingesetzt hat. Nun liegt es am Gesetzgeber, die entsprechenden Rahmenbedingungen zur Hebung dieser Potenziale zu schaffen. Erste Vorschläge geben wir mit den Handlungsoptionen am Ende dieser Studie in den politischen Diskurs. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre. Dr. Fritz Brickwedde, Präsident des BEE

Udo Wichert Präsident des AGFW

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BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Es ist inzwischen in das allgemeine Bewusstsein gerückt, dass der Einsatz fossiler Energieträger aufgrund zunehmender Ressourcenprobleme und zur Vermeidung der drohenden Erderwärmung möglichst bald ausklingen muss. Dabei geht es um einen Umbau der Energieversorgung hin zu einem System mit hohem Anteil Erneuerbarer Energien (EE) und einer hochgradigen Ausschöpfung von Energieeffizienzpotenzialen. Im Bereich der Stromversorgung haben EE bereits seit 2000 einen beachtlichen Zuwachs erfahren, so dass Konturen eines tragfähigen Systems bereits erkennbar sind. Der weit weniger in der Diskussion stehende Umbau der Wärmeversorgung verläuft dagegen eher schleppend und benötigt weitere Impulse. Diese Studie widmet sich Optionen, die das zukünftige Zusammenspiel dieser beiden Versorgungsbereiche verbessern und zugleich EE bei der Wärmeversorgung höhere Anteile verschaffen können. Dabei stehen die Ausgleichsmöglichkeiten, die im Rahmen der Wärmeversorgung für die Stromversorgung zur Verfügung stehen, im besonderen Fokus.

1.1

Ausgleichsbedarf im Stromsektor

Die aufstrebende Entwicklung der Windkraft und Fotovoltaik in den vergangenen Jahren spricht dafür,

dass sich diese in Deutschland zu den tragenden Säulen der Stromversorgung entwickeln werden. Sowohl die bestehenden Potenziale als auch die gesunkenen Produktionskosten können diese Einschätzung stützen. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) geht davon aus, dass sich die steile Entwicklung dieser beiden Stromerzeugungsarten unvermindert fortsetzen könnte. Gemäß dem Stromszenario des BEE wird der Beitrag der Erneuerbaren Energien (EE) an der Stromerzeugung 2030 bereits 79% betragen (siehe Abbildung 1). Es wird sich allerdings die Herausforderung ergeben, die Lücken, welche die fluktuierende Erneuerbare Energieerzeugung (fEE) übrig lässt, laufend aufzufüllen, und dafür zu sorgen, dass Überangebote nicht die Stromnetze überlasten. Der Anteil der erneuerbarer Erzeugung an der Stromversorgung betrug im Jahr 2012 in Deutschland bereits 22,9% (20,5% in 2011) [BMU 2013]. Im Winter 2011/12 wurden von den Netzbetreibern bereits für 3.700 Stunden Redispatch-Maßnahmen mit einem Volumen von über 2,2 TWh gemeldet [BMWi & BMU 2012]1. Bei entsprechend höheren Anteilen von fEE wird der zeitlich flexible Ausgleich von Erzeugung und Nachfrage in Zukunft eine zunehmend wichtige Rolle spielen.

TWh 500 Biomasse Geothermie Photovoltaik Windenergie  offshore Windenergie  onshore Wasserkraft

450 400 350 300 250 200

150 100 50 2030

2029

2028

2027

2026

2025

2024

2023

2022

2021

2020

2019

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

0 2010

1

1 Hintergrund

Abbildung 1: BEE-Stromerzeugungsszenario. Quelle: Krzikalla 2013 1 Die absoluten Zahlen müssen hier mit Vorsicht interpretiert werden, da eine Maßnahme, die mehrere Leitungen bzw. Anlagen betrifft unter Umständen doppelt repräsentiert sein kann.

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GW

1

Szenario  2030

 160  120  80  40

 (40)

1 352 703 1054 1405 1756 2107 2458 2809 3160 3511 3862 4213 4564 4915 5266 5617 5968 6319 6670 7021 7372 7723 8074 8425

 -­‐

 (80) Last

EE-­‐Erzeugung

Residuallast

Abbildung 2: Zu erwartende Verläufe von Stromnachfrage, EE-Einspeisung und der resultierenden Residuallast. Quelle: Krzikalla 2013

Die durch bedingt steuerbare EE hinterlassene Unterdeckung – also die Differenz aus der momentanen Stromlast (Abnahme durch Verbraucher) und dem Angebot der fEE – wird als positive Residuallast und der durch Überschüsse gekennzeichnete Zustand als negative Residuallast bezeichnet. Es stellt sich die Frage, welche qualitativen und quantitativen Voraussetzungen für die durch fEE

 

geprägte Stromerzeugung in der Zukunft zu erwarten sind. Hierzu bieten aktuelle Einspeiseprofile eine Einschätzung. Die für ein Kalenderjahr aufgezeichneten Stundenwerte müssen dann jeweils nur in ihren Schwankungen mit einem Faktor skaliert werden, der den Quotienten aus der zukünftig zu erwartenden Erzeugungskapazität und der aktuellen installierten Anlagenleistung berücksichtigt. Eine entsprechende Berechnung wird in dieser Studie nicht eigenständig

Abbildung 3: Geordnete Dauerlinie der elektrischen Residuallast für 2030. Quelle: eigene Darstellung gemäß [Krzikalla 2013] 11

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

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durchgeführt, sondern es werden die von BET in der Studie „Möglichkeiten zum Ausgleich fluktuierender Einspeisungen aus Erneuerbaren Energien“ [Krzikalla 2013] für den BEE erarbeiteten in Stundenwerte aufgelösten Jahresprofile übernommen. Die hieraus für 2030 zu erwartenden Lastverläufe, der Jahresverlauf der Einspeisung aus EE und der daraus resultierende Residuallastverlauf lassen sich aus Abbildung 2 entnehmen. Die kennzeichnenden Werte positiver und negativer Residuallast lassen sich am besten ablesen, wenn der Jahresgang nach der Leistung geordnet wird. Aus Abbildung 3 geht hervor, dass die mit der jährlichen positiven Residuallast verbundene Strommenge das 3 ½-fache der negativen umfasst und in 75% des Jahres zusätzlicher Strombedarf besteht. Kennzeichnende Werte der von BET eingeschätzten Residuallastverhältnisse für 2030 [Krzikalla 2013] sind: • positive Residuallast in 6.384 h/a (73%), 163 TWh/a (78%) • Residuallast = 0 in 92 h/a ( 1%) • negative Residuallast in 2.284 h/a (26%), 45,6 TWh/a (22%) • maximale positive Residuallast: 71 GW • maximale negative Residuallast: - 84 GW • zusammenhängende Stunden negativer Residuallast: Besonders häufig 5 bis 9 Stunden (am häufigsten 8 Stunden) • maximale Gradienten negativer Residuallast: - 19 GW (besonders häufig: - 6 GW bis 2 GW). Die Aufgabe, eine Unterdeckung auszugleichen, ist demnach bedeutender als die Verwertung von Überschüssen. Nur in relativ wenigen Stunden des Jahres müssen hohe negative Residuallasten abgebaut werden. Für den erforderlichen Ausgleich stehen mehrere technische Möglichkeiten zur Verfügung. Eine entsprechende Übersicht steht mit der Ausarbeitung von BET [Krzikalla 2013] zur Verfügung.

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Die vorab von BET erarbeitete Studie „Möglichkeiten zum Ausgleich fluktuierender Einspeisungen aus Erneuerbaren Energien“ [Krzikalla 2013] widmet sich einer Darstellung und eines Vergleichs der grundsätzlich zur Verfügung stehenden technischen Optionen zum Ausgleich dieser Residuallastschwankungen. Dabei hat sich ergeben, dass eine stärkere Verknüpfung mit der Wärmeversorgung im Vergleich zu den sonstigen Möglichkeiten (Pumpspeicher, Batteriespeicher, flexible Kraftwerke etc.) leicht umsetzbare und umfassende Flexibilitätspotenziale für die Stromversorgung enthält. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK), Wärmespeicher, Elektroheizer (Power-to-Heat) und Elektro-Wärmepumpen stellen hierfür die Schlüsseltechnologien dar.

1.2

Ansprüche an den Umbau der Wärmeversorgung

Da die öffentliche Diskussion zur Energiewende sehr stromorientiert geführt wird, ist es den meisten nicht bewusst, dass der Endenergiebedarf für die Wärmeerzeugung aktuell in Deutschland noch um den Faktor 2,5 höher als der Strombedarf ist. Der Anteil der EE an der Wärmeversorgung liegt im Bereich von nur 11%, wobei die Verwendung von Scheitholz in Kamin- und Heizkesselfeuerungen davon über 70% ausmacht [ZSW 2010]. Die energetische Sanierung des Gebäudebestandes verläuft so schleppend, dass die absolute Einsparung an Endenergie in Gebäuden seit 1990 lediglich 9% betrug [BMWi 2012]. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Treibhausgasemissionen für den Wärmebereich gemäß den Zielen der Bundesregierung bis 2050 gegenüber dem Jahr 1990 um 80 bis 95% gesenkt werden sollen. Wenn bedacht wird, dass Wärmeschutzaktivitäten eng an die Erneuerungszyklen der Bauteile zu knüpfen sind und national betrachtet entsprechend lange Zeiträume benötigen, dann wird bewusst, welche Herausforderung mit den definierten Zielen verbunden ist. Es spricht vieles dafür, mehr auf rationelle Wärmeversorgungstechniken und auf eine stärkere Entwicklung der EE zu setzen, anstatt darauf zu vertrauen,

 

dass der Gebäudebestand bis etwa 2050 überwiegend Passivhausstandard erhalten könnte. Das Kostenoptimum dürfte bei einem Mix aus Maßnahmen auf der Versorgungsseite und einer der heutigen Durchschnittspraxis entsprechenden Ausführung von Wärmeschutzmaßnahmen liegen, die zu einer Wärmebedarfsminderung von 30 bis 40% führen würde. Außerdem lassen sich versorgungsseitige Lösungen durch das Handeln weniger Akteure bewerkstelligen, während Wärmeschutzmaßnahmen von Entscheidungen einer Vielzahl von Hausbesitzern abhängig sind, die zudem zu einem großen Teil keine guten Voraussetzungen für die Durchführung der Maßnahmen zur Verfügung haben. Einer Intensivierung der EE-Beiträge gepaart mit einem rationellen Umgang vor allem der speicherbaren Energieträger kommt damit auch in der Wärmeversorgung eine große Bedeutung zu. Es ist bereits erkennbar, dass flexibel einsetzbare Brennstoffe wie die Biomasse ein knappes Gut darstellen werden, zumal diese auch im Mobilitätsbereich und zum Auffüllen der Stromerzeugungslücken benötigt werden. Übergangsweise eingesetztes Erdgas sollte ja langfristig auch durch EE ersetzt werden. Eine umfassende Realisierung des KWK-Prinzips und eine verbesserte Interaktion mit der EE-Stromerzeugung stellen hierfür wichtige Voraussetzung dar. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) handelt es sich um einen Prozess, bei dem die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme systematisch nutzbar gemacht wird. Dies führt zu Brennstoffeinsparungen und damit zu einer Minderung des CO2-Ausstoßes gegenüber konventionellen Kraftwerken und Heizkesseln. Der Effekt fällt umso intensiver aus, je höher bei möglichst vollständiger Wärmenutzung der elektrische Wirkungsgrad ist.

Weiterhin kommt dem verstärkten Einsatz von Solarthermie sowie der Einbindung von bislang ungenutzten Abwärmequellen, der optimierten Nutzung von Biomasse und der Tiefengeothermie eine hohe Bedeutung zu. So erwägen die Stadtwerke München die Tiefengeothermie als bedeutende zukünftige Erzeugungsbasis in die Fernwärmeversorgung einzubinden. Gerade München befindet sich in einer der geothermisch interessantesten Regionen Deutschlands. Die Solarthermie, die mit gewöhnlichen Flachkollektoren gegenüber der Photovoltaik einen bis zu 3 1/2-fachen Flächenertrag erbringen kann 2, wird hierzulande noch viel zu wenig und vor allem suboptimal eingesetzt. Der vorherrschende Einsatz zur Brauchwassererwärmung führt im Sommer zu hohen ungenutzten Wärmeüberschüssen und trotzdem nur zu einem mäßigen jährlichen Deckungsbeitrag bei der Brauchwassererwärmung. Die Einbindung großer Anlagen in Wärmenetze, wie sie in Dänemark bereits in einem großen Stil umgesetzt ist, führt dagegen zu einer annähernd vollständigen Ausnutzung der kostengünstig gewonnenen Solarwärme. Wärmenetze sind damit der Schlüssel für den Einsatz und die Nutzung von effizienten KWK-Anlagen, Wärmepumpen, Abwärme, Solarwärme und Tiefengeothermie.

1.3

Fokus dieser Untersuchung

Die vorab von BEE initiierte BET-Studie „Möglichkeiten zum Ausgleich fluktuierender Einspeisungen aus Erneuerbaren Energien“ [Krzikalla 2013] widmet sich einem Gesamtüberblick der zur Verfügung stehenden Ausgleichsmöglichkeiten fluktuierender EE-Einspeisungen. Es ist deutlich geworden, dass die direkten Stromspeicher- und Verlagerungsmöglichkeiten begrenzt sind und dass komplementäre Stromerzeuger benötigt werden, die von vornherein mit niedrigeren jährlichen Auslastungen als im heutigen Versorgungssystem konfrontiert sein werden. Dabei spricht einiges

2 Laut dänischen Erfahrungen ist bei aufgeständerten Anlagen für solarthermische Flachkollektoren eine jährlichen Ernte von 125 – 150kWh/m² Bodenfläche, für PV von 38 kWh/m², für Windkraftfelder von 20kWh/m², für Biomasse von 6 kWh/m² und für die Bioethanolerzeugung von 2 kWh/m² zu rechnen [Sörensen 2012].

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BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

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dafür, diesen Ausgleich der überwiegend in der Fläche verteilten Erzeugung bereits in den unteren Netzebenen vorzunehmen. Hierfür sind flexible, spontan aktivierbare Stromerzeuger und Abnehmer für Überschussstrom sinnvoll, die sich möglichst nah an den fEE-Erzeugern befinden. Laut BET-Studie könnte dies mithilfe von KWK-Anlagen geschehen. Es würde darauf verzichtet werden, KWK-Anlagen laufen zu lassen, wenn ohnehin schon Überschüsse im Netz drohen. Gezielt eingesetzt würden sie hingegen, wenn eine Stromunterdeckung auszugleichen ist. Hier soll jetzt herausgefunden werden, unter welchen Umständen die zukünftige Wärmeversorgung – und insbesondere auch die KWK und Überschussstrom nutzenden Wärmeerzeuger – die erwünschte Flexibilität für die Stromseite bieten und zugleich die Effizienz und den EE-Beitrag bei der Wärmeversorgung steigern kann. Dabei werden die mit Wärmenetzen verbundenen Lösungen mit besonderer Aufmerksamkeit behandelt, zumal diese auch günstige Perspektiven für die Einbindung von Solarthermie, Energie aus Biomasse, Abwärme und Geothermie bieten. Aber auch die Betrachtung dezentraler Konzepte ist wichtig, weil Wärmenetze im ländlichen Raum sehr begrenzt realisierbar sind. Unter den Umwandlungstechniken stehen mithin die KWK, die Elektroheizer (Heizpatronen oder Elektroheizkessel) und die Wärmepumpen im Zentrum der Betrachtung. Brennstoffnutzende Heizkessel sind als komplementäre Wärmeerzeuger (Spitzenlastkessel bzw. Reservekessel) einbezogen oder werden als Referenzfall berücksichtigt, um den Brennstoffeinsparungseffekt der KWK zu ermitteln. Weiterhin wird die Flexibilität betrachtet, die Wärmespeicher dem Gesamtsystem zur Verfügung stellen können.

14

 

2 Herangehensweise Im Folgenden werden die Voraussetzungen der Flexibilisierung der Wärmeversorgung mithilfe von Modellbetrachtungen analysiert. Die Flexibilisierungsanforderungen orientieren sich an den für 2030 erwarteten Residuallastverläufen (siehe Abbildung 2). Dabei steht die Flexibilisierung der KWK-Anlagen aufgrund ihrer denkbaren Leistungsbeiträge und energetischen Effizienz zunächst im Vordergrund. So sind hierfür vier Wärmeversorgungsfälle eingeflossen, die sich als Anwendungsfälle für ein 1 kW-, ein 20 kW- und ein 1 MW-BHKW sowie für ein 100 MW-GuD-HKW3 eignen, wobei die letzten beiden Fälle in Wärmenetze eingebunden sind. Es wird davon ausgegangen, dass hiermit das insgesamt vorhandene Spektrum an effizienten gasbetriebenen KWK-Anlagen in hinreichendem Maße eingeschätzt werden kann. Da es sich um einen Blick in die Zukunft handelt, werden beispielsweise kohlebetriebene Heizkraftwerke außer Acht gelassen. Die gleichen Wärmeversorgungsfälle werden anschließend unter Berücksichtigung der Einwirkung von Elektroheizern und auf der Basis des Einsatzes von Elektro-Wärmepumpen untersucht.







Die Analyse der Flexibilisierungskosten der KWK basiert auf folgenden Überlegungen: • Es gibt mit dem Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der KraftWärme-Kopplung (KWKG) und dem Mini-KWKImpulsprogramm bereits Förderprogramme, die einen Ausbau der KWK in dem Maße unterstützen sollen, dass sie bis zum Jahre 2020 einen Anteil an der Stromerzeugung von 25% erreichen kann. • Das bestehende Fördersystem bietet in erster Linie einen Anreiz, die KWK-Anlage entsprechend des momentanen (stündlichen) Wärme-



bedarfs zu betreiben und die Lastanforderungen auf der Stromseite unbeachtet zu lassen4, was als wärmegeführte Fahrweise bezeichnet wird. Flexibilisierung wird dem gegenüber zusätzlichen Förderbedarf auslösen bzw. einen Zusatzerlös erforderlich machen. Um den damit verbundenen finanziellen Anspruch zu separieren, werden die Erzeugungskosten des wärmegeführten Falls als Referenzfall genommen und mit den Erzeugungskosten der flexiblen Fahrweise verglichen. Es wird angenommen, dass die Erzeugungskosten des Referenzfalls am besten reflektiert werden, wenn die unmittelbar nach der letzten Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG2012) herrschende Förder- und Stromerlössituation als Basis gewählt wird; denn der Gesetzgeber hat damit den Vorteil definiert, die er den geförderten KWK-Anlagen gegenüber der konventionellen Erzeugung einräumen möchte. Dies schließt die Annahme ein, dass man bereit sein wird, der KWK ungeachtet der Flexibilisierungsansprüche auch zukünftig, also auch bis zum Betrachtungsjahr 2030, einen entsprechender Vorteil einzuräumen.5 KWK-Anlagen und Wärmepumpen weisen aufgrund der hohen spezifischen Investitionskosten einen hohen fixen Jahreskostensockel auf, der die Erzeugungskosten erheblich ansteigen lässt, wenn er nicht auf viele jährliche Betriebsstunden (Volllaststunden) umgelegt werden kann. Bei den Gasheizkesseln und den Elektroheizern ist dieser Kostensockel dagegen so gering, dass er in dieser Studie vernachlässigt wird. Deren Erzeugungskosten werden weitgehend durch variable Jahreskosten und hier ins-

3 Bei dem GuD-HKW (Gasturbinen- und Dampfturbinen-HeizKraftWerk) handelt es sich um ein Konzept, bei dem eine Gasturbine und eine Dampfturbine hintereinander geschaltet sind und die bei diesem Kraftprozess entstehende Wärme genutzt wird. 4 Dies stellt vor allem für die großen KWK-Anlagen eine Vereinfachung dar, weil deren Fahrweise sich in der Regel bereits an momentanen Stromerlösmöglichkeiten orientieren; dies gilt insbesondere dann, wenn sich Anlagen nicht mehr im Förderregime befinden. 5 Dabei geht es nicht um eine Konstanz aller eingeflossenen Rahmendaten bis 2030 (Brennstoffpreis, Stromerlös etc.), sondern dies ist als ein definierter Vorteil in einem System zu verstehen, bei dem die Brennstoffpreise und Stromerlöse sehr wahrscheinlich über die Jahre weiter ansteigen, aber in einem bestimmten Verhältnis bleiben werden. Die Alternative wäre gewesen, Preisszenarien zu entwickeln, bei denen die Ergebnisse sehr von den Annahmen beeinflusst sein könnten.

15

2

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

2

A KWK-Anlage (wärmegeführt) 4.000 Vh/a

Stromerlös (KWKG + Markt)

B KWK-Anlage (stromgeführt) (4.000 – x) Vh/a

Wärmeerzeugungskosten A

Wärmeerzeugungskosten A

Die Mehrkosten der Flexibilität ergeben sich dann aus der Differenz der Stromerzeugungskosten B und des Stromerlöses A

Stromerzeugungskosten B

Abbildung 4: Systematik der Ermittlung von Effekten einer durch Flexibilitätsanforderungen bewirkten Minderauslastung von KWK-Anlagen auf die Stromerzeugungskosten

besondere durch Brennstoff- bzw. Stromkosten geprägt. Die Erzeugungskosten der KWK-Anlagen werden mittels Annuitätenmethode errechnet6. Dies geschieht zunächst für den wärmegeführten Referenzfall. Unter Berücksichtigung der Stromerlöse7 sind für die jeweiligen Anlagen spezifische Wärmekosten errechnet worden. Die eingeflossenen Stromerlöse stellen zugleich die Stromerzeugungskosten für den wärmegeführten Fall dar8. Die gleichen Anlagen werden in den nächsten Schritten vor dem Hintergrund der für 2030 zu erwartenden Residuallastansprüche untersucht, indem stündliche Wärme- und Strombedarfe als Betriebssignale für die Simulation verwendet werden: • stromgeführte Fahrweise ohne und mit Wärmespeicher; • stromgeführte Fahrweise mit Wärmespeicher und Elektroheizer; • stromgeführte Fahrweise mit Wärmespeicher und Elektro-Wärmepumpe.

Dabei stehen die aufgrund verminderter Auslastung eintretenden Mehrkosten der KWK-Erzeugung im Zentrum des Interesses. Die Ergebnisse werden jeweils in Form von spezifischen Stromerzeugungskosten dargestellt. Dabei handelt es sich um die Stromerzeugungskosten, die sich ergeben, wenn die zuvor ermittelten spezifischen Wärmekosten der wärmegeführten Fahrweise als Gutschrift einfließen (siehe Abbildung 4). Mithilfe der Differenz der Stromerzeugungskosten zwischen wärmegeführter und flexibler, durch verminderte Auslastung gekennzeichnete Fahrweise lässt sich anschließend beantworten, welche Förderung oder zusätzlichen Erlöse die jeweiligen KWK-Anlagen benötigen, damit das erwünschte Maß an Flexibilität deren Betriebsergebnis nicht beeinträchtigt. Abweichend von der beschriebenen Systematik sind weiterhin in den Abbildungen 8 und 14 Stromerzeugungskosten in Abhängigkeit der Auslastung der betrachteten KWK-Anlagen dargestellt worden, bei denen ein im Vergleich zu den Erzeugungskosten von Gasheizkesseln anlegbarer Wärmepreis als Gutschrift eingeflossen ist. Dies wurde für eine allgemeine Darstellung der Verhältnisse für sinnvoll erachtet, weil

6 Die aus dem KWKG erhältlichen für 30.000 Vh gewährten Stromerlöszuschläge werden dabei mithilfe des finanzmathematischen Mittels gleichmäßig über die wirtschaftliche Lebensdauer verteilt. 7 Als Gutschrift sind ein sog. „üblicher Preis“ (entspricht in etwa einem Marktpreis für Grundlaststrom) gemäß des EEX baseload-Preises der Leipziger Strombörse sowie der aus dem KWKG sich ergebende Zuschlag verwendet worden. 8 Dies gilt unter der Maßgabe, dass die errechneten Wärmeerzeugungskosten als akzeptabel erachtet werden, selbst wenn der Bereich anlegbarer Wärmekosten, die mittels eines Heizkessels möglich wären, deutlich überschritten wird.

16

 

sonst zwischen den KWK-Fällen sehr unterschiedliche Wärmegutschriften das Gesamtbild verfälschen würden. Für die Elektroheizer und Gasheizkessel wird auf eine kostenmäßige Analyse von Auslastungseffekten verzichtet, weil deren Erzeugungskosten wenig davon beeinflusst werden. Für die Elektro-Wärmepumpen werden dagegen wegen des höheren fixen Jahreskostenanteils Erzeugungskosten in Abhängigkeit von den jährlichen Betriebsstunden (Volllaststunden) eingeschätzt, um zu beurteilen, ob aus den Modellsimulationen sich ergebende Einsätze grundsätzlich wirtschaftlich sinnvoll sind. Die Modellanalyse bietet anschließend eine gute Grundlage, sinnvolle Anlagenkonfigurationen vorzuschlagen und die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen und Maßnahmen zu diskutieren. Hierfür werden darüber hinaus die in Dänemark herrschenden Voraussetzungen vergleichend gegenüber gestellt, wo entsprechende Flexibilitätsoptionen bereits in hohem Maße in der Praxis anzutreffen sind.

• Gaspreise o. Mineralölsteuer: • Haushalte 7,7 ct/kWhHu • 1 MW-BHKW 3,7 ct/kWhHu • GuD-HKW 3,3 ct/kWhHu • Strombezugspreis Haushalte: 27 ct/kWh9 .

2

Der für die KWK-Stromvergütung wichtige sog. übliche Preis, der sich als Quartalsmittel des baseloadPreises der Leipziger Strombörse ergibt, wird unter Berücksichtigung des Durchschnittswertes der Quartale 1/2012 bis 2/2013 mit 4,376 ct/kWh berücksichtigt. Dieser gegenüber den aktuellen Verhältnissen höhere Wert wurde genommen, weil er die Wirtschaftlichkeitsbedingungen reflektiert, die bei der Novellierung des KWKG für den Ansatz der KWKGZuschläge maßgeblich gewesen sein könnte.

Eckdaten der Wirtschaftlichkeitsberechnungen Zinsannahme Es wird pauschal mit 3,5%/a Realzins gerechnet und auf eine Berücksichtigung von Risikoaufschlägen verzichtet. Energiepreise Hier werden die für 2012 verzeichnete Energiepreise berücksichtigt, die aus der für das Bundesumweltministerium erarbeiteten Studie „Erarbeitung einer Integrierten Wärme- und Kältestrategie, Arbeitspaket 2 - Mittel- und langfristige Perspektiven der Technologieentwicklung für die Wärmeversorgung des Gebäudesektors“ [ISE et al 2013] übernommen wurden. 9 Dieser Preis ist um 2 ct/kWh höher als in der o. g. Studie angesetzt, weil kurz nach der Festlegung eine entsprechende Steigerung eingetreten ist.

17

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

3 Ermittlung der wirtschaftlichen Ansprüche der Flexibilitätsoptionen Es geht hier um die Flexibilitätsoptionen, • KWK-Anlagen stärker stromorientiert zu betreiben • die gekoppelte Wärmeerzeugung zu steigern, indem Wärmespeicher integriert werden • Elektroheizer oder • Elektro-Wärmepumpen zur Verwertung von Stromüberschüssen einzusetzen.

3

Wie bereits genannt, sind dabei die Erzeugungsmehrkosten der KWK besonders zu beachten. Im Folgenden werden die Umstände ausgelotet, unter denen KWK-Anlagen sich technisch und wirtschaftlich sinnvoll in den notwendigen Ausgleich der Stromseite einfügen und dennoch hohe Deckungsbeiträge bei der Wärmeversorgung leisten. Daran anschließend werden Wärmepumpen, deren Betriebsphasen sich an negativen und gerade noch positiven Residuallastanforderungen orientieren, einer wirtschaftlichen Überprüfung unterzogen.

3.1

Flexibler Einsatz von KWKAnlagen

3.1.1

Ausgewählte Modellfälle

Die zu betrachtenden Modellfälle sind im Vorfeld unter Abstimmung mit dem Auftraggeber ausgewählt worden. Hiermit lässt sich eine Einschätzung für die gesamte Bandbreite an gasbetriebenen Anlagen erarbeiten (vgl. Tab. 1). Das Mikro-BHKW stellt einen Brennwertkessel dar, in dem ein Stirling-Motor enthalten ist. Es dient den Annahmen zufolge der Wärmeversorgung eines bestehenden Einfamilienhauses. Da es auch bei evtl.

Motorstörung Wärme erzeugen, und eine volle Abdeckung der Wärmelast mit dieser Einheit unterstellt werden kann, wird in diesem Fall kein zusätzlicher Spitzenkessel benötigt. Um eine volle Abdeckung der Wärmelast zu ermöglichen, ist es bereits für die wärmegeführte Betriebsweise mit einem Wärmespeicher versehen. Das Mini-BHKW soll der Versorgung einer großen Wohnanlage dienen. Für diese beiden kleinen BHKW wird eine 30%-ige Eigennutzung der Stromerzeugung unterstellt10. Das große BHKW und das GuD-HKW werden als Erzeuger im Rahmen von Wärmenetzen berücksichtigt, was mit einer hundertprozentigen Einspeisung der Stromerzeugung in das allgemeine Netz verbunden ist. Für die BHKW ist eine wirtschaftliche Lebensdauer von 15 Jahren und für das GuD-HKW von 20 Jahren angesetzt worden11. Für die BHKW kann davon ausgegangen werden, dass die 1 MW-Klasse vorgewärmt binnen 5 Minuten ihre Nennleistung erreicht und kleinere Anlagen dies auch im Kaltstart schaffen. GuD-Konzepte benötigen dagegen 50 bis 85 Minuten für einen Heißstart12, 3 Stunden für einen Warmstart13 und 5 Stunden für einen Kaltstart14. Kaltstarts werfen zudem höhere Verschleiß- und Brennstoffkosten auf. Der Gasturbinenteil des GuD-Konzepts, der i.d.R. etwa zwei Drittel der Leistung erbringt, würde solo fast so kurze Startzeiten wie BHKW ermöglichen. Unter normalen Umständen ergeben sich damit Mindestbetriebszeiten, die eingehalten werden müssen, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten. Außerdem ergibt sich ein gewisser Spielraum, indem die Erzeugung des GuD zwischen Teillast- und Volllast pendeln kann. Die niedrigste Stufe liegt in einem Bereich von 30%.

10 Dem liegt die Annahme zugrunde, dass der Strombedarf des einzelnen Haushalts überwiegend deutlich unter 1 kW liegt und in Phasen, in denen leistungsstarke Verbraucher angeschaltet sind, lediglich eine Teildeckung möglich ist. 11 Die flexible Fahrweise vermindert einerseits die jährlichen Betriebszeiten und führt anderseits zu einem höheren Verschleiß der Anlagen. Vereinfachend wird davon ausgegangen, dass der Ansatz der Lebensdauer in Form von Jahren, in denen die Anlage betrieben wird, gegenüber der Angabe von Gesamtbetriebsstunden die tatsächlichen Verhältnisse besser trifft. 12 Dies bedeutet, dass davor maximal eine achtstündige Stillstandzeit bestanden haben darf. 13 Davor maximal fünfzig Stunden Stillstand. 14 Grimm (2007)

18

 

Tabelle 1: Grunddaten der ausgewählten Modellfälle Modellfälle

Mikro-BHKW Einfamilienhaus

Mini-BHKW

GroßBHKW

großes Mehr- Wärmenetz familienhaus

GuD-HKW

1

großes Wärmenetz

1

20

1.000

88.000 (100.000)

5,7

32,7

1.122

80.000

7,0

60,6

2.439

190.000

elektr. Wirkungsgrad (η )

15%

33%

41%

46,3% (52,6%)

therm. Wirkungsgrad (η )

81%

54%

46%

42,1%

96%

87%

87%

88,4%

16.000

3.400

1.050

1.000

Variable Betriebskosten (€/MWh )

20

28

12

3

Fixe Betriebskosten (% der Investition)

2%

3%

3%

2%

elektr. Leistung (kW )     el

3

                                             (      )  Kondensationsbetrieb therm. Leistung (kW ) th

Brennstoffleistung (kW

FWL

)

el

th

Gesamtwirkungsgrad (η

ges

)

Investition (€/kW) el

 

Unter heutigen Umständen ist davon auszugehen, dass zumindest die BHKW entsprechend des Wärmebedarfs gefahren werden. Bei dem GuD-HKW ist hingegen aufgrund der Möglichkeit, teilweise im (Entnahme-) Kondensationsbetrieb zu fahren, von vornherein von einer stärkeren Stromorientierung auszugehen. Das aktuelle Fördersystem des KWKG unterstützt in erster Linie die nach dem Wärmebedarf orientierte (wärmegeführte) Fahrweise, da es die Kilowattstunde KWK-Strom unabhängig von den zeitgleichen Erfordernissen der Stromversorgung mit einem Zuschuss versieht. Für die Modellfälle sind in der Praxis gemessene Wärmebedarfsprofile in Stunden aufgelöst entsprechend Abbildung 5 angesetzt worden. Nach Leistung geordnet ergeben sich dann die in Abbildung 6 gezeigten Verhältnisse. Dabei kommt es in Abhängigkeit von der Leistungsklasse zu einer geringen Differenzierung, weil die Gleichzeitigkeit der Wärmeentnahmen mit zunehmender Anzahl der Wärmeabnehmer sinkt und im Fall der Wärmenetze Wärmeverluste aus dem Netz für einen Grundsockel des Wärmebedarfs sorgen.

Im Folgenden soll erfasst werden, welche notwendige finanzielle Förderung dem gegenüber an die zukünftig erwünschte stromorientierte Fahrweise der KWKAnlagen geknüpft ist.

3.1.2

Wärmegeführte Fahrweise

Wie bereits genannt, dient die wärmegeführte Fahrweise als Vergleichsmaßstab zur Erfassung der Flexibilisierungskosten. Aus diesem Grunde werden die Modellfälle auf der Basis der Jahresdauerlinien der Wärmelast (siehe Abbildung 6) auf der Basis einer Auslegung auf 4.000 jährlichen Vollbenutzungsstunden (das 1 MW-BHKW außerdem auch mit 6.000 Vh/a) analysiert. Die erforderlichen Spitzenlastkessel, die den Annahmen zufolge die jeweilige Höchstlast abdecken können und sich somit auch zur Nutzung als Reserveheizkessel eignen, werden hinsichtlich ihrer Erzeugungskosten nicht näher betrachtet, weil deren Effekte auf die Flexibilisierungskosten als gering erachtet werden (siehe auch Abschnitt 2). Die gemäß der in Abschnitt 2 dargestellten Herangehensweise 19

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

3

 

Abbildung 5: Jahresprofil des Wärmebedarfs anhand eines Praxisbeispiels

ermittelten Wärmekosten bzw. notwendigen Stromerlöse lassen sich für den wärmegeführten Fall aus der oberen Hälfte der Tabelle 3 (S. 26) ablesen.

3.1.3

Stromgeführte Fahrweise

Unter einer stromgeführten Fahrweise wird hier verstanden, dass die KWK-Anlage unter Beibehaltung des KWK-Prinzips nicht allein entsprechend des Wärmebedarfs gefahren wird, sondern dass in den Betriebsphasen auch positive Residuallastabdeckung

100%

80%

ab 1 MW - 2.300 Vbh/a 20 kW - 2.100 Vbh/a

60%

1 kW - 1.900 Vbh/a

40%

20%

0%

0

1.000

2.000

3.000

4.000 5.000 Zeit t in h

Abbildung 6: Jahresdauerlinien der Wärmelast 20

6.000

7.000

8.000

 

°C °C

 

 

 

3

erforderlich sein muss. D. h. wenn in der jeweils betrachteten Stunde Wärmebedarf und stromseitig eine negative Residuallast zusammen kommen, bleibt die KWK-Anlage ausgeschaltet und der Wärmebedarf wird mit dem Heizkessel abgedeckt. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich in der Realität positive und negative Residuallasten in ihrer Höhe – je intensiver sie Schwankungen unterworfen sind – auf die Börsenpreise auswirken und dass die Steuerung eigentlich über erwartete Börsenpreise erfolgen wird. Es wird davon ausgegangen, dass die direkte Verwendung der Residuallast als Schaltsignal eine zulässige Vereinfachung der Modellsimulation darstellt. Die hinzu gekommene Stromorientierung wird zu einer verminderten Auslastung der KWK-Anlage und somit zu einer Anhebung der Erzeugungskosten führen, weil die fixen Kosten der Anlagen auf weniger Betriebsstunden zu verteilen sind.

Der Einfluss der jährlichen Vollbenutzungsstunden der KWK-Anlagen auf die Wärmekosten lässt sich aus Abbildung 7 ablesen. Der Ansatz höherer Zinsen als die berücksichtigten 3,5% würde den Effekt verstärken. Abweichend von der beschriebenen Systematik sind weiterhin in den Abbildungen 8 und 14 Stromerzeugungskosten in Abhängigkeit der Auslastung der betrachteten KWK-Anlagen dargestellt worden, bei denen ein im Vergleich zu den Erzeugungskosten von Gasheizkesseln anlegbarer Wärmepreis als Gutschrift eingeflossen ist. Dies wurde für eine allgemeine Darstellung der Verhältnisse für sinnvoll erachtet, weil sonst zwischen den KWK-Fällen sehr unterschiedliche Wärmegutschriften das Gesamtbild verfälschen würden. Ein entsprechendes Bild lässt sich auch bezogen auf die Stromerzeugungskosten generieren. Da aber die

400   350   Wärmekosten  (€/MWh)  

300   250  

1  kW  BHKW  

200  

20  kW-­‐BHKW  

150  

1  MW-­‐BHKW  

100  

GuD  (KWK-­‐Betrieb)  

50   0  

0  

2.000  

4.000  

6.000  

jährliche  Vollbenutzungsstunden   Anmerkung: Hier sind vereinfachend die spezifischen Stromerlöse des wärme­geführten Falls (entsprechend Tabelle 3) eingeflossen.

Abbildung 7: Abhängigkeit der Wärmekosten von der Auslastung der KWK-Anlage 21

Stromerzeugungskosten  €/MWh  

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

3

500   400   300  

1  kW-­‐BHKW   20  kW-­‐BHKW  

200  

1  MW-­‐BHKW   100   0  

GuD  (KWK-­‐Betrieb)  

0  

1.000   2.000   3.000   4.000   5.000   6.000   jährliche  Vollbenutzungsstunden  

Anmerkungen: Als Wärmegutschrift sind hier nicht die spez. Wärmekosten eingeflossen, die sich in den betrachteten Fällen bei der wärmegeführten Fahrweise ergeben haben, sondern in allen Fällen gleiche anlegbare Wärmepreise. Für das 1 MW-BHKW und das GuD-HKW sind dabei außerdem 25 €/MWh Wärmeverteilungskosten berücksichtigt.

Abbildung 8: Abhängigkeit der Stromerzeugungskosten von der Auslastung der KWK-Anlage

Wärmekosten zwischen den Modellfällen bereits im Auslegungsfall stark voneinander abweichen, wird für diese Darstellung eine für alle Modellfälle gleiche Wärmegutschrift in Höhe von 10 ct/kWh15 berücksichtigt, die sich an den Erzeugungskosten von Gasheizkesseln orientiert. Für das 1 MW-BHKW und das GuDHKW sind Wärmeverteilungskosten16 in Höhe von 25 €/MWh von der Wärmegutschrift abgezogen worden. Wie aus Abbildung 8 ersichtlich ist, kommt es unter dieser Maßgabe hinsichtlich der Stromerzeugungskosten der KWK-Anlagen zu einer noch stärkeren Spreizung zwischen den Modellfällen.

Demnach reagieren die kleinen KWK-Anlagen besonders heftig auf den Verlust von Betriebsstunden, so dass ein akzeptabler Erzeugungskostenbereich leicht verlassen wird.

3.1.4

Ergänzung eines Wärmespeichers

Ein Wärmespeicher ermöglicht je nach Kapazität eine Dämpfung des kostensteigernden Effekts, weil er eine Betriebsstundenzunahme der KWK-Anlage ermöglicht. Diese kostendämpfende Wirkung soll

°C °C

 

 

°C

 

   

15 Dies liegt 30% über dem für Haushalte berücksichtigten Gaspreis (ohne Mineralölsteuer) von 7,7 ct/kWh und berücksichtigt damit Betriebskosten des Gasheizkessels sowie dessen Umwandlungsverluste. 16 Inkl. Kosten der Wärmeverluste.

22

Volllaststunden  des  BHKW     (h/a)  

 

5.200 4.800

ursprünglich  4000  Vh/a   ursprünglich  6000  Vh/a  

4.400 4.000

3

3.600 3.200 2.800

6  h  

0

200

12  h  

400

600

800

1.000 1.200 1.400 1.600

Wärmespeichervolumen  in  m³  

 

Anmerkung: Die Angabe der Speicherreichweite (in h) ist auf die thermische Leistung des BHKW bezogen)

Abbildung 9: Volllaststunden des BHKW in Abhängigkeit von dem Wärmespeichervolumen bei stromgeführter Fahrweise

hier anhand des 1 MW-BHKW-Falls veranschaulicht werden. Entsprechend der gewählten Auslegung soll es im wärmegeführten Fall zu einer Auslastung von 6.000 jährlichen Vollbenutzungsstunden kommen. Davon handelt es sich um 4.418 Vh/a, in denen die Bedingungen gelten:

nisse. Es zeigt sich deutlich, dass der Zuwachs an Vollbenutzungsstunden oberhalb einer Auslegung des Speichers von 12 Stunden (BHKW-Wärmeleistung) sehr gering ausfällt. Anderseits sinken bei drucklosen Wärmespeichern die volumenspezifischen Investitionskosten mit zunehmender Größe (siehe Abbildung 10).

• kein Betrieb in Stunden mit negativer Residuallast • die erzeugte Wärme kann vollends direkt genutzt werden, d.h. der jeweilige Wärmebedarf ist höher als die Wärmeerzeugung.

Die Verknüpfung beider Informationen führt zu folgendem, in Abbildung 11 dargestellten Zusammenhang.

Es ist ein druckloser Wärmespeicher ergänzt worden, der eine Temperaturspreizung von 30 K ermöglicht. Für den Einsatz des Speichers wird angenommen, dass er primär zusätzliche Betriebszeiten der KWKAnlage ermöglichen soll und vorrangig entladen wird, wenn die KWK-Anlage nicht läuft und sonst der Gasheizkessel laufen müsste.17 Der auf die Vollbenutzungsstunden wirkende Effekt dieses Speichers lässt sich in Abhängigkeit von seinem Volumen aus Abbildung 9 ablesen. Für die übrigen KWK-Anlagen ergeben sich in Abhängigkeit der Speicherreichweite (h) ähnliche Verhält-

Demnach sind für den Fall des 1 MW-BHKW Wärmespeichergrößen zwischen 100 und 200 m³ Volumen sehr wirksam und mit 7 bis 12 % der fixen Jahreskosten des BHKW noch recht kostengünstig. Die bei 12 h Speicherreichweite zu berücksichtigenden Jahreskosten des Wärmespeichers von 24 €/(kWel*a) stellen 19 % der fixen Jahreskosten des BHKW dar. Werden diese Kosten eingerechnet, dann steigen die Wärmekosten des BHKW um 4,90 €/MWh an. Dies überschreitet bereits den Kostenentlastungseffekt (3,07 €/MWh), der durch die mithilfe des Speichers erzielte Streckung der Vollbenutzungsstunden um 540 h/a erzielt wird. D. h. falls nicht andere Erwägungen hineinspielen stellt für diesen Modellfall bei 30 K Tem-

17 In der realen Praxis würde sicherlich stärker darauf geachtet werden, dass der Speicher zu diesen Zeitpunkten Wärme aufnehmen und abgeben kann, so dass maximale wirtschaftliche Vorteile erzielen werden können.

23

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Spez.  Inves++on  (€/m³)  

1.400

3

1.200 1.000 800 600 400 200 0

0

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

Wärmespeichervolumen  (m³)   Abbildung 10: Spezifische Investitionskosten für drucklose Wärmespeicher Quelle: eigene Erhebung

  Anmerkung: Die Angabe der Speicherreichweite (in h) ist auf die thermische Leistung des BHKW bezogen)

Abbildung 11: Kosteneffizienz des Wärmespeichers in Hinblick auf den Zuwachs von Vollbenutzungsstunden des BHKW.

peraturspreizung ein etwa 200 m³ fassender druckloser Heißwasserspeicher (6h Reichweite) eigentlich eine wirtschaftliche Grenze dar. Dennoch wird in den folgenden Simulationen für das 1 MW-BHKW eine Speicherreichweite von 12 h in den Vordergrund ge-

stellt, weil im Rahmen von Wärmenetzen meist derart große Kapazitäten üblich sind.18 Für kleine BHKW liegt diese Grenze deutlich unter der damit korrespondierenden Speicherreichweite von 12

18 In der Praxis lohnt es sich offenbar, zusätzliche Spielräume für eine Optimierung der Kosten und Erlöse zur Verfügung zu haben, indem beispielsweise zur Erlösoptimierung verschiedene Märkte bedient werden.

24

 

 Spez.  Inves++on  (€  /  m³)  

1.500  

1.000  

3 500  

0  

0  

5  

10  

15  

20  

Wärmespeichervolumen  (m³)   Abbildung 12: Spezifische Kosten für dezentrale drucklose Wärmespeicher. Quelle: Preisatlas – Ableitung von Kostenfunktionen für Komponenten der rationellen Energienutzung, IUTA (2002)

Stunden, weil die volumenspezifischen Kosten kleiner Speicher viel höher sind (siehe Abbildung 12). Bei den beiden im kleinen Bereich befindlichen Modellfällen ist aber ohnehin davon auszugehen, dass die Speichergröße üblicherweise aus technischen Gründen begrenzt sein wird. Die meist angestrebte Aufstellung im Heizungsraum macht erforderlich, die Behälter durch die Türen zum Standort transportieren zu können und mit einem begrenzten Platzangebot Vorlieb zu nehmen. Umgekehrt sind aufgrund der niedrigen spezifischen Kosten der über 7.000 m³ fassenden Wärmespeicher unter den gleichen Erwägungen bei KWK-Anlagen

oberhalb von 20 MWth höhere Speicherreichweiten als 12 Stunden akzeptabel. Die schließlich gewählten Speichergrößen lassen sich aus Tabelle 2 ablesen.

3.1.5

Simulation der stromgeführten Fahrweise der KWK-Anlagen

Auf dieser Basis wurde anschließend unter Berücksichtigung des stündlich aufgelösten Wärmelastprofils und des synchronen Verlaufs der elektrischen Residuallast eine stromgeführte Fahrweise der KWKAnlagen simuliert. Der in den Modellfällen zugrunde

Tabelle 2: Kenndaten der in den Modellfällen gewählten Wärmespeicher Speicher Volumen (m³) spezif. Investitionskosten (€/m³) Reichweite (h) bei 30 K Temperaturspreizung  

MikroBHKW

MiniBHKW

GroßBHKW

GuDHKW

1

2

387

28.000

1.500 *

1.100

800

250

6

2

12

12

* Bereits in der Investition des BHKW enthalten. 25

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Tabelle 3: Wärmegeführte Fahrweise versus stromgeführte Fahrweise: jährliche Vollbenutzungsstunden, Wärmekosten, Stromerlöse und Anteil des Spitzenkesseleinsatzes Fall

Vbh/a

Wärmekosten [€/MWh]

erforderlicher Stromerlös [ct/kWh]

1 kW

4.000

145,7

15,4

2%

20 kW

4.000

126,3

15,4

2%

1 MW

4.000

94,8

5,6

1%

1 MW

6.000

85,3

5,6

20%

GuD

4.000

73,7

5,6

1%

1 kW

3.522

21,3

6,4

14%

KWK stromgeführt, mit 20 kW Speicher * 1 MW

3.335

16,9

2,0

18%

3.647

6

0,4

10%

1 MW

4.958

5,9

0,3

34%

GuD

3.647

5,8

0,2

10%

3 wärmegeführte KWK

KWK

erf. Strommehrerlös [ct/kWh]

Erzeugungsanteil SpK

*  Wärmegutschrift entsprechend der wärmegeführten Fahrweise. Wärmespeicher analog Tabelle 2

liegende Wärmebedarf muss dabei vollends durch die KWK, den Spitzenkessel und die Entnahme aus dem Wärmespeicher abgedeckt werden, wobei die KWK-Anlage bei negativer Residuallast ausgeschaltet bleibt. Die dadurch eintretende Verringerung der Vollbenutzungsstunden sowie die Zunahme des Spitzenkesseleinsatzes lassen sich aus Tabelle 3 ablesen. In den oberen fünf Datenzeilen sind die Wärmekosten und die damit verbundenen Stromgutschriften aufgeführt, die sich im aktuellen Fördersystem mit einer wärmegeführten Betriebsweise ergeben (für eine Beschreibung der gewählten Systematik siehe auch Abschnitt 2 und Abbildung 4). Die darin enthaltenen Zuschüsse aus dem KWKG beziehen sich für die 1 MW-Anlage auf 6.000 Vh/a und beim GuD-HKW auf 4.000 Vh/a. Für das 1 MW-BHKW ist von einer niedrigen Auslegung und damit hohen Auslastung ausgegangen worden, weil dies für Fälle, in denen die gegenüber Eigennutzung oder Eigenvermarktung niedrige Einspeisevergütung als Stromerlösbasis dient, bislang üblich ist. Zu Vergleichszwecken sind für das 1 MW-BHKW auch die Bedingungen für eine

höhere Auslegung und niedrigeren Auslastung von 4.000 Vh/a angegeben19. Ansonsten handelt es sich vor dem Hintergrund der fallweisen Wärmebedarfssituation mit 4.000 Vh/a um eine sehr hohe Auslegung, so dass wenig Wärmeerzeugung für den Spitzenlastkessel (Gasheizkessel) übrig bleibt. Im Fall des 1 kW-Stirling-Konzepts kann unterstellt werden, dass es in sämtlichen Betriebsphasen auch Strom erzeugt, obwohl der den Stirling-Motor antreibende Heizkessel theoretisch auch getrennt Wärme erzeugen könnte. Die Wärmekosten der kleinen BHKW werden sehr von dem Anteil der Stromeigennutzung bestimmt, der hier (wie in 3.1.1 dargelegt) mit durchschnittlich zu erwartenden 30% angesetzt ist. Aus Tabelle 3 lässt sich weiterhin entnehmen, um wie viel höhere Stromerlöse die stromgeführte Fahrweise zur Einhaltung der für den wärmegeführten Fall ermittelten Wärmekosten allein zur Kompensation der Auslastungsminderung der KWK-Anlage erforderlich macht. Die erforderlichen Aufschläge sind bei den kleinen BHKW (auch im Vergleich zu den aktuellen Zuschlagsätzen des KWKG) recht hoch und in der Kategorie ab 1 MW mit bis zu 0,4 ct/kWh eher

19 Wobei allerdings der KWKG-Zuschlag zur besseren Vergleichbarkeit aus dem Fall der 6.000 Vh/a übernommen wurde.

26

 

moderat.20 Außerdem muss bei stromgeführter Fahrweise mehr Wärmeerzeugung von dem Gasheizkessel übernommen werden, so dass der Umfang der KWK-Erzeugung sinken wird. Die Verminderung der KWK-Erzeugung kann zwar – unter Ausnutzung der Kostendegression größerer Anlagen – durch Steigerung der KWK-Kapazität kompensiert werden, jedoch wird weiterer Kapazitätszuwachs in den Wärmeversorgungsfällen zu noch weniger ausgelasteten KWKAnlagen und damit tendenziell zu höheren Erzeugungskosten führen. Es sollte aber auch bedacht werden, dass die zugrunde gelegte Stromorientierung vor dem Hintergrund tatsächlich zu erwartender Betriebsweisen eine Idealisierung darstellt. In der Realität wird sich der KWK-Anlageneinsatz in erster Linie an kurzfristigen Strompreisprognosen für verschiedene Vermarktungsmöglichkeiten orientieren. Dabei spielen Knappheitssignale eine Rolle, so dass die Anlehnung an den Residuallastverlauf der Stromversorgung zwar eine geeignete Annäherung darstellen dürfte, jedoch ist davon auszugehen, dass das Geschehen von Betriebsweisen geprägt sein wird, die zwischen einer Strom- und Wärmeorientierung liegen. Allerdings stellt die bis zu diesem Punkt betrachtete Stromorientierung noch eine sehr abgeschwächte Form dar, weil hier noch nicht gefragt wird, wie viel Raum geringe positive elektrische Residuallasten für eine große Zahl an KWK-Anlagen bieten. Hierauf wird in Abschnitt 3.1.7 eingegangen.  

3.1.6

Zunächst soll mit der gleichen Systematik auf den Fall eingegangen werden, dass die Wärmeversorgung zum Abbau negativer Residuallast (zusätzlich zum Abschalten von KWK-Anlagen) beitragen kann, indem überschüssiger Strom mittels Elektroheizer als Wärmeerzeugungsbeitrag dient. Der Elektroheizer, in den dezentralen Fällen ein Heizstab oder ein Elektrodurchlauferhitzer und bei den auf Wärmenetze basierenden Konzepten ein Elektrodenkessel, wird in den Phasen negativer Residuallast betrieben, sofern Wärme entweder direkt abgenommen wird oder gespeichert werden kann. Wie in 4.4 näher erläutert wird, bietet die Elektrodirektwärmeerzeugung aufgrund der hohen Belastung des eingesetzten Stroms mit Abgaben und Umlagen im Rahmen des Residuallastausgleiches aktuell keine wirtschaftliche Basis. Die Strombezugskosten müssten zumindest unter den Wärmekosten eines Heizkessels bzw. unter den Wärmerestkosten der KWK-Anlage liegen, damit ihre Einbindung interessant wird. So wird hier auf eine Betrachtung der Wirtschaftlichkeit der Elektroheizer bewusst verzichtet und das Augenmerk ausschließlich darauf gerichtet, in welchem Maße deren Einsatz auslastungsbedingt die Erzeugungskosten der KWK-Anlagen anhebt.21 Der Elektroheizer und die KWK-Anlage laufen zwar alternierend, teilen sich aber den gleichen Wärmespei-

°C °C

 

Simulation der stromgeführten Fahrweise der KWK-Anlagen unter Berücksichtigung der Einbindung von Elektroheizern (Power-to-Heat)

 

°C

 

°C

 

  20 Die flexible Fahrweise führt genauer betrachtet zu weiteren Kosteneffekten, die sich aber gegenläufig auswirken. So erhöhen sich einerseits die Wartungs- und Instandhaltungskosten aufgrund der zugenommenen Anfahrvorgänge, anderseits orientiert sich die Lebensdauer der KWK-Anlagen mehr nach den Betriebsstunden als nach Jahren, in denen sie in Betrieb sind. Vereinfachend wird davon ausgegangen, dass der Ansatz einer in allen Varianten gleichen Anlagenlebensdauer hinreichend genau ist. 21 Der gewählte Fokus ist auch deshalb sinnvoll, weil die Elektroheizer bei spez. Investitionen um 100 €/kW relativ geringe fixe Jahres­ kosten aufweisen und damit im Vergleich zu KWK-Anlagen in weit geringerem Maße auslastungsabhängig sind.

27

3

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Tabelle 4: Effekte der kombinierten Wärmeerzeugung aus KWK und Elektroheizer 1 MW Fall

1 kW

20 kW

6000 Vh/a

4000 Vh/a

GuD

KWK

3.285

2.992

4.491

2.970

2.970

Anteil Wärmeerzeugung

Elt.-Heizer KWK SpK

2.085 80,6% 9,0%

1.358 73,4% 2,6%

1.565 59,6% 18,4%

1.025 73,4% 0,1%

1.025 73,4% 0,1%

erforderlicher Stromerlös (ct/kWh)

Elt.-Heizer wärmegeführt (Referenz) stromgeführt

10,6%

24,1%

21,9%

26,7%

26,7%

14,9 21,3

14,9 16,9

5,6 5,9

5,6 6,0

5,6 5,8

25,1

18,2

6,3

6,7

6,5

jährliche Volllaststunden

3

KWK + Elt.-Heizer  

Anmerkung: Es sind Wärmespeicher entsprechend Tabelle 2 integriert.

cher. Er wird nur in den Stunden betrieben, in denen entweder Wärmebedarf besteht oder der Speicher noch freie Kapazität aufweist. Die Elektroheizer werden in den Modellfällen entsprechend der elektrischen Leistung der in dem jeweiligen Fall enthaltenen KWKAnlage, multipliziert mit einem Faktor 1,1822 ausgelegt. Die hieraus hervorgehenden Effekte auf die Auslastung der KWK-Anlage, die Erzeugungsanteile und die erforderlichen Stromerlöse der KWK-Anlagen lassen sich für die Modellfälle aus Tabelle 4 ablesen. Die KWK-Anlagen verlieren gegenüber der bislang betrachteten Anlagenkonfiguration zusätzlich an Vollbenutzungsstunden, weil der Elektroheizer etwa ein Viertel der Wärmeerzeugung übernimmt. Der Effekt wird etwas abgedämpft, weil der Elektroheizer gegenüber der in Abschnitt 3.1.5 betrachteten stromgeführten Fahrweise der KWK-Anlage (Variante ohne Elektroheizer) auch Wärmeerzeugung in Spitzenlastkesseln verdrängt. Die geringere Auslastung der KWK-Anlagen macht, wie aus Tabelle 4 abzulesen ist (vergleiche letzte Zeile mit der drittletzten Zeile), eine weitere Anhebung der Stromerlöse bzw. entsprechende Förderungen erforderlich. Diese Aufschläge halten sich bei den großen KWK-Anlagen in einem akzeptablen Rahmen (+ 0,7 bis + 1,1 ct/kW), werden

aber für die kleinen Anlagen (+ 3,3 bis + 10,2 ct/kW) zu einem Problem. Hier stellt sich die Frage, ob der Einsatz des Elektroheizers von vornherein begrenzt werden sollte, um die Wirtschaftlichkeit der KWK nicht allzu sehr zu beeinträchtigen und trotzdem seine Stärke auszunutzen, sehr spontan hohe negative Lasten abzubauen. Da die Elektroheizer ein relativ niedriges Investitionskostenniveau um 100 €/kW aufweisen und die Wärmeerzeugungskosten im Wesentlichen von der Höhe des einfließenden Strompreises geprägt werden, ist eine reduzierte Auslastung durchaus auch wirtschaftlich akzeptabel. Die Begrenzung auf 400 jährliche Vollbenutzungsstunden wird beispielsweise erreicht, wenn die Eintrittsschwelle im Fall des 1 MW-BHKW (4000 h/a) auf eine negative Residuallast von 23,47 GW gelegt wird und die von 200 Vh/a bei einer Eintrittsschwelle von 33,08 GW. Die hieraus hervorgehenden Vollbenutzungsstunden der BHKW sind in der folgenden Tabelle im Vergleich zu übrigen bereits betrachteten Fällen aufgelistet. Die für das GuD-HKW aufgeführten Werte gelten für reinen KWK-Betrieb. Die Ergebnisse sprechen dafür, den Einsatz der Elektroheizer tatsächlich auf Extremereignisse und z.B. auf 400 Vh/a zu begrenzen und darüber hinaus eher

22 Entspricht dem Verhältnis zwischen der maximalen negativen und der maximalen positiven Residuallast; dieser Ansatz erleichtert die in 3.1.8 betrachtete Simulation einer vollen Abdeckung der positiven und negativen Residuallast.

28

 

Tabelle 5: Effekte der kombinierten Wärmeerzeugung aus KWK und Elektroheizer

1 MW

Fall

1 kW

20 kW

6000 Vh/a

4000 Vh/a

GuD

Jährliche Vollbenutzungsstunden der KWK-Anlage stromgeführt

wärmegeführt

4.000

4.000

6.000

4.000

4.000

ohne E-Heizer

3.522

3.335

4.958

3.647

3.647

E-Heizer: 200 h/a

3.468

3.270

4.808

3.497

3.497

E-Heizer: 400 h/a E-Heizer wie in Tabelle 4

3.438

3.232

4.774

3.411

3.411

3.285

2.992

4.491

2.970

2.970

3

erforderlicher Stromerlös der KWK-Anlage (ct/kWh) stromgeführt

Wärmegeführt

 

14,9

14,9

5,6

5,6

5,6

ohne E-Heizer

21,3

16,9

5,9

6,0

5,8

E-Heizer: 200 h/a

22,1

17,1

6,1

6,0

5,9

E-Heizer: 400 h/a E-Heizer wie in Tabelle 4

22,6

17,3

6,2

6,1

6,0

25,1

18,2

6,3

6,7

6,5

Anmerkung: es sind Wärmespeicher entsprechend Tabelle 2 integriert

andere Möglichkeiten des Ausgleiches negativer Residuallast auszunutzen. Weiterhin stellt sich die Frage, ob alternativ zur Anhebung der KWK-Anlagenauslastung durch Begrenzung des Elektroheizer-Einsatzes eine Erweiterung der Wärmespeicherkapazität sinnvoll ist. Mit der Überlegung, dass der Wärmespeicher von zwei Erzeugern ähnlicher Leistung beschickt wird, könnte eine Verdoppelung der Kapazität erwogen werden. Jedoch lassen die voran gestellten grundsätzlichen Betrachtungen erahnen, dass die Effekte auf die Volllaststunden der KWK gering sein würden. In der Tat bietet eine Verdoppelung der Wärmespeicherkapazität im 1 MW-Fall nur zusätzliche 11 bis 13 Vh/a, im 20 kW-Fall um 10 Vh/a und im 1 kW-Fall um 57 Vh/a. Der Elektroheizer verändert seine Erzeugung bei verdoppeltem Speicher überhaupt nicht.

3.1.7

Simulation des Falls einer vollen Abdeckung der positiven Residuallast durch KWK-Anlagen

In den bislang vorgestellten Simulationen orientiert sich der Einsatz der KWK und der Elektroheizer

stromseitig lediglich an dem Signal, ob positive oder negative Residuallast besteht. Im Folgenden wird der Fall eines vollständigen Ausgleichs der Residuallast bei gleichzeitiger Abdeckung des Wärmebedarfs der Modellfälle behandelt. Anstelle einer einzelnen Anlage wird ein Schwarm gleicher Anlagen betrachtet, der zur Vermeidung zu großer Zahlen einen maximalen Anteil von 500 MW positiver Residuallast abdecken kann (5 GuD-HKW, 500 1 MW-BHKW; etc.). Die 500 MW korrespondieren mit der höchsten Residuallast von 71 GW. Je nach Höhe der momentanen positiven Residuallast befindet sich in der jeweiligen Stunde eine unterschiedliche Zahl an Anlagen in Betrieb. Es ergeben sich mithin durchschnittlich deutlich niedrigere Vollbenutzungsstunden der KWK-Anlagen als in den bisherigen Betrachtungen. Für die GuD-HKW-Flotte ist folgende Betriebsweise berücksichtigt worden: • Teillastbetrieb ab 30% der Volllast möglich (Punkt A) • Vollastbetrieb in reiner KWK-Betriebsweise: 88 MWel/80MWth (Punkt B) • Volllast im Entnahme-Kondensationsbetrieb (Linie von B nach D; Wärmeentnahme von D nach B 29

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

3

Abbildung 13: Strom-und Wärmeerzeugung des hier berücksichtigten 100 MW-GuDHKW 23

• • • •





zunehmend, theoretische Aufteilung der Erzeugung in KWK-Teil und Nicht-KWK-Teil möglich) reiner Kondensationsbetrieb (Punkt D) Punkt A und C zwar mit gleicher Wärmeauskopplung, aber sehr unterschiedlicher Stromerzeugung und Brennstoffeinsatz Bei einer skalierten positiven Residuallast kleiner 30 MW, erzeugen die GuD-HKW keinen Strom Im Bereich einer Residuallast von 30 bis 100 MW läuft 1 GuD-HKW, wobei es bis 88 MW im KWK-Betrieb arbeitet und im Bereich darüber im Entnahme-Kondensationsbetrieb, bei genau 100 MW im reinen Kondensationsbetrieb. Ab einer Residuallast über 100 MW bis einschließlich 200 MW laufen zwei GuD-HKW jeweils im gleichen Betriebspunkt (z.B. bei einer positiven Residuallast von 102 MW beide unter Teillastbedingungen mit 51 MWel) Im Bereich größer 200 MW bis einschließlich 300 MW laufen 3 GuD HKW, usw. … (z.B. bei einer positiven Residuallast von 201 MW laufen

demnach 3 GuD-HKW bei einer Teillast jeweils von 67 MWel) Außerdem ist folgende Ausnahme berücksichtigt worden: Für den Fall, dass zu wenig Wärme abgenommen wird und der Speicher gefüllt ist, läuft das jeweilige GuD-HKW lediglich im Kondensationsbetrieb. Die Einsatzzeiten der KWK-Anlagen werden unter der Voraussetzung voller Abdeckung der positiven Residuallast vollends von dem Residuallastverlauf bestimmt, so dass sich die jährlichen Vollbenutzungsstunden der verschiedenen KWK-Fälle nicht unterscheiden (siehe Tabelle 6). Nur das GuD-HKW kommt aufgrund des möglichen (Entnahme)-KondensationsBetriebes zu einer etwas höheren Gesamtauslastung24. Die stromorientierte Betriebsweise bewirkt, dass die in dem Schwarm enthaltenen KWK-Anlagen in vielen Stunden des Jahres nur zu einem Teil in Betrieb sind und eine entsprechend geringe Abdeckung des momentanen Wärmebedarfs bewirken, die durch

23 Die Linie von A nach B stellt einen idealisierten Verlauf dar. Da sich bei Teillast eine leichte Verschiebung von Strom- zu Wärmeerzeugung ergibt, ist hier folgende Funktion in die Berechnungen eingeflossen: Thermische Leistung = -0,004 * (Elektrische Leistung)² + 1,1951 * Elektrische Leistung + 5,4465. Staffelung der GuD-HKW-Flotte unter Berücksichtigung von 5 Einheiten, die maximal 500 MWel leisten. 24 Als Bezug zur Bestimmung der Vollbenutzungsstunden ist hier der Gegendruckbetrieb mit einer Leistung von 88 MWel gewählt worden.

30

 

Tabelle 6: Effekte einer vollständigen Abdeckung der positiven elektrischen Residuallast und des Wärmebedarfs mittels KWK-Anlagen, Heizkesseln und Wärmespeicher (Schwarmbetrachtung) 1 MW jährliche Volllaststunden Anteil Wärmeerzeugung erforderlicher Stromerlös der KWK (ct/kWh)  

Fall

1 kW

20 kW

6000 Vh/a

4000 Vh/a

GuD

KWK

2.296

2.296

2.296

2.296

2.120

Kond.-Betrieb KWK

56%

56%

30%

57%

39%

Spitzenlastkessel

52%

52%

70%

48%

61%

Elt.-Heizer Deckungsgrad wärmegeführt (Referenz) Schwarm

3

417

0%

0%

0%

0%

0%

108%

109%

100%

105%

100%

14,9

14,9

5,6

5,6

5,6

49,6

22,3

9,0

8,0

7,6

Anmerkung: Es sind Wärmespeicher entsprechend Tabelle 2 integriert.

den Einsatz von Heizkesseln bzw. Entnahme aus dem Wärmespeicher ausgeglichen werden muss. Umgekehrt ergeben sich oft Phasen, in denen das Wärmeangebot den Bedarf und auch die Speicherfähigkeit überschreitet, so dass es zu nicht nutzbaren Wärmeüberschüssen kommt. In Tabelle 6 macht sich dies durch Deckungsgrade über 100% bemerkbar. Per Saldo liegt der KWK-Anteil bei ursprünglich hoher Auslegung (4.000 Vh/a-Fälle) bei etwas mehr als der Hälfte. Nur in dem 1MW-Fall, für den darüber hinaus eine niedrige Auslegung (6.000 Vh/a) betrachtet worden ist, ergibt sich ein weitaus dominanter Heizkesselbetrieb. So ist es auch einleuchtend, dass hier geringe Wärmeüberschüsse auftreten (Deckungsgrad 100,12%). Im Fall des GuD-HKW lässt sich die Deckung des Strom- und Wärmebedarfs ohne Erzeugung von Wärmeüberschüssen bewerkstelligen.

Die Vollbenutzungsstunden der BHKW werden bei voller Abdeckung der positiven Residuallast nicht von dem Wärmespeicher beeinflusst. Wie aus Tabelle 7 zu entnehmen ist, vermeidet er aber nicht nutzbare Wärmeüberschüsse aus der KWK-Wärmeerzeugung und bewirkt dadurch indirekt eine Steigerung des KWKAnteils der Wärmeerzeugung. Für das GuD-HKW wirkt sich der Wärmespeicher erheblich aus. Ohne den Zwölfstundenspeicher erhöht sich die Kondensationsstromerzeugung von 417 Vh/a auf 1.114 Vh/a (Steigerung um 167%) und vermindert sich die KWK-Erzeugung von 2.120 Vh/a auf 1.328 Vh/a (Verringerung um 37%).

Tabelle 7: Einfluss des Wärmespeichers auf den KWK-Anteil und den Wärmedeckungsgrad 1 MW Fall Anteil der KWK-Wärmeerzeugung mit oder ohne Wärmespeicher Deckungsgrad  

1 kW

20 kW

6000 Vh/a

4000 Vh/a

56%

56%

30%

57%

mit Speicher *

108%

109%

100%

105%

ohne Speicher

115%

114%

103%

113%

* Entsprechend Tabelle 2. 31

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Tabelle 8: Effekte einer vollständigen Abdeckung der positiven elektrischen Residuallast und des Wärmebedarfs der Modellfälle mittels KWK-Anlagen, Heizkessel, Elektroheizer und Wärmespeicher (Schwarmbetrachtung) im Vergleich zu der Variante ohne Elektroheizer 1 MW

3

jährliche Volllaststunden mit Elektroheizer Anteil Wärmeerzeugung, Variante mit Elektroheizer

Fall

1 kW

20 kW

6000 Vh/a

4000 Vh/a

GuD

KWK Kond.-Betrieb

2.296

2.296

2.296

2.296

1.973 546

KWK

56%

56%

30%

57%

36%

SpK

50%

46%

62%

41%

52%

3%

10%

8%

14%

14%

Deckungsgrad

109%

112%

100%

112%

102%

Anteil Wärmeerzeugung, Variante ohne Elektroheizer

KWK

56%

56%

30%

57%

39%

SpK

52%

52%

70%

48%

61%

Elt.-Heizer

0%

0%

0%

0%

0%

108%

109%

100%

105%

100%

Elt.-Heizer

Deckungsgrad

 

3.1.8

Simulation des Falls einer vollen Abdeckung der positiven und negativen Residuallast durch KWKAnlagen und Elektroheizer

Weiterhin ist der Fall von Interesse, der zusätzlich den vollen Ausgleich der negativen Residuallasten mittels Elektroheizer vorsieht. In Tabelle 8 ist abzulesen, dass auch der Elektroheizer teilweise nicht nutzbare Wärme erzeugen wird, so dass die Deckungsgrade gegenüber der Variante ohne Elektroheizer etwas ansteigen, d.h. die Wärmeüberschüsse geringfügig höher werden. Beim Vergleich der Varianten mit und ohne Elektrokessel fällt auf, dass der Elektroheizer in erster Linie den Einsatz von Spitzenlastkesseln verdrängt. In dem 1 kW-Fall ist der Erzeugungsanteil des Elektroheizers relativ gering, weil aufgrund der niedrigen Stromkennzahl des hier berücksichtigten BHKW (siehe auch Tabelle 1) ein hoher Wärmebedarf eingebunden sein muss, um zu einem vollen Ausgleich auf der Stromseite zu kommen. Es ist zu bedenken, dass die hier vorgenommene Schwarmbetrachtung, die zu einer vollen Residuallastabdeckung führt, einen Extremfall darstellt. In der Realität lassen sich ja weitere Ausgleichsoptionen nutzen, so dass sich die KWK-Konzepte kostengünstiger entfalten können. Die in den Abschnitten 3.1.3 32

bis 3.1.6 vorgenommenen Betrachtungen, in denen die Höhe der Residuallast unbeachtet bleibt, dürften dies besser reflektieren. Hier sei auch daran erinnert, dass die rein stromgeführte Fahrweise eine Idealisierung darstellt und das tatsächliche Kalkül eine Erlösoptimierung zum Ziel hat, die im Endeffekt zu einer Fahrweise der KWK-Anlagen zwischen Strom- und Wärmeorientierung führen kann. Der Unterschied in der Wärmeerzeugung der KWKAnlagen ist aus Tabelle 9 ablesbar (farblich hinterlegte Zeile), in der weiterhin der Brennstoffeinsatz für den jeweils maximal 500 MWel leistenden Schwarm eingetragen ist. Weiterhin ist in den beiden letzten Spalten die Brennstoffbilanz für ungekoppelte Alternativen aufgeführt. Es wird davon ausgegangen, dass große Gasturbinen unter Berücksichtigung der flexiblen Einsatzweise zu Jahresnutzungsgraden von 35% kommen. Die GuD-Kraftwerke werden mit einem Jahresnutzungsgrad von 57% wie beim Kondensationsbetrieb des als Modellfall berücksichtigten GuDHKW angesetzt. Da nur beim GuD-HKW und bei den ungekoppelten Fällen gleiche Wärmeerzeugungen vorliegen, ist lediglich hier ein direkter Vergleich sinnvoll. Für die Heizkessel (HK) ist ein Nutzungsgrad von 90% eingeflossen. Die Wärmeverluste des an das GuD-HKW angeschlossenen Wärmenetzes sind mit einem Wärmeverlustfaktor von 0,9 berücksichtigt.

 

Tabelle 9: Brennstoffeinsatz und Wärmeerzeugung im Rahmen der KWK-Anlagen und der ungekoppelten Alternative – bei identischer Stromerzeugung (1,15 GWh/a) und Wärmeerzeugung der Elektroheizer (0,32 GWh/a) Ausschnitt (Res-Last 500MW)

1 MW

Kond.-Kraftwerk

GWh/a Brennstoff KW(K)

1 kW 8,01

20 kW 3,48

6000 Vh/a

4000 Vh/a

2,80

GuDHKW 2,39

GuD 2,00

GT 3,26

Brennstoff HK

6,11

1,61

2,77

0,97

1,26

1,92

1,92

Wärmeerzeugung

6,54

1,88

1,29

1,29

0,79

-

-

Summe Brennstoff

14,12

5,09

5,57

3,77

2,80

Vergleich

3,65

3,92

5,18

100%

107%

142%

3

 

Aus diesem Vergleich geht hervor, dass die KWK aufgrund ihrer Brennstoffeinsparung umso wichtiger wird, je mehr sich die ungekoppelte Alternative in Richtung Gasturbinenanlagen entwickeln könnte. Gasturbinen sind mit vergleichsweise geringen Investitionen behaftet und weisen gute Starteigenschaften auf und wären damit unter den reinen Stromerzeugern ideal für die zukünftigen Betriebs- und Kostenanforderungen geeignet. GuD-Kraftwerke zeichnen sich durch einen hohen Nutzungsgrad (Wirkungsgrad) aus, lassen sich aber nicht so flexibel starten und herunterfahren. Im Fall des in zwei Varianten betrachteten 1 MW-BHKW wird gemäß Tabelle 9 deutlich, dass unter der hier eingeflossenen Prämisse der vollen Residuallastabdeckung eine hohe Auslegung der KWK-Anlage wichtig

ist, weil sonst ein größerer Anteil der Wärmeerzeugung mittels Heizkesseln ergänzt werden muss.

3.1.9

Anhebung der Eintrittsschwelle bei positiver Residuallast für die KWKAnlage

Ein höherer Anteil an must-run-Kapazitäten und ein großer flexibel betriebener KWK-Anlagenpark kann dazu führen, dass ein Betrieb (im Mittel) nur bei höheren Residuallasten erfolgt. Zur Betrachtung der hieraus resultierenden Effekte werden die beiden Versorgungsfälle des 1 MW-BHKW betrachtet. Wie aus Tabelle 10 zu entnehmen ist, führt eine höher gelegte Einsatzschwelle für die KWK-Anlage zu

Tabelle 10: Effekt auf die Vollbenutzungsstunden und erforderlichen Stromerlöse der KWK-Anlage (1 MW-BHKW), falls deren Betrieb davon abhängt, dass eine bestimmte positive Residuallast überschritten sein muss Fall

1 MW 6000 Vh/a

4000 Vh/a

Positive Residuallast > 0 GW

4.774

3.411

Positive Residuallast > 7 GW (10% der max. RL)

4.376

3.242

Positive Residuallast > 14 GW (20% der max. RL)

3.874

2.935

Positive Residuallast > 0 GW

6,2

6,1

Positive Residuallast > 7 GW (10% der max. RL)

6,4

6,3

Positive Residuallast > 14 GW (20% der max. RL)

6,8

6,7

Jährliche Vollbenutzungsstunden der KWK-Anlage bei E-Heizer: 400 h/a

erforderlicher Stromerlös der KWK-Anlage (ct/kWh)

 

33

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

3

Anmerkungen: Als Wärmegutschrift sind hier nicht die spez. Wärmekosten eingeflossen, die sich in den betrachteten   Fällen bei der wärmegeführten Fahrweise ergeben haben, sondern in allen Fällen gleiche anlegbare Wärmepreise. Für das 1 MW-BHKW und das GuD-HKW sind dabei außerdem 25 €/MWh Wärmeverteilungskosten berücksichtigt.

Abbildung 14: Abhängigkeit der Stromerzeugungskosten der betrachteten KWK-Anlagen und der alternativ geeigneten Kraftwerke in Abhängigkeit von deren Auslastung

einer Verringerung der KWK-Anlagenauslastung und damit gegenüber einer Betriebsweise, in der neben existierendem Wärmebedarf eine positive Residuallast als Betriebsvoraussetzung genügt, zu geringfügig höheren Stromerzeugungskosten. Dieser Kostenaufschlag von 0,2 ct/kWh bei 10% der maximalen positiven Residuallast (entsprechend 7 GW) als Eintrittsschwelle und von 0,6 ct/kWh, falls + 14 GW die Mindestlast darstellt, ist zumindest für diese KWK-Anlagenklasse unkritisch. Wie bereits gezeigt, stellt auch der Extremfall der vollen Residuallastabdeckung den wirtschaftlichen Einsatz der größeren KWK-Anlagen nicht grundsätzlich infrage (siehe Abschnitt 3.1.7).

3.2

Stromerzeugungskosten der KWK-Anlagen und der alternativ möglichen Kraftwerke bei voller Abdeckung der Residuallast im Vergleich

In Ergänzung zu dem in Tabelle 9 enthaltenen Vergleich der Brennstoffbilanzen ist es von Interesse, die 34

Stromerzeugungskosten der gekoppelten und ungekoppelten Alternativen miteinander zu vergleichen. Wie genannt, würde es sich bei der flexiblen ungekoppelten Erzeugung in erster Linie um Gasturbinenanlagen und wahrscheinlich für längere Betriebsintervalle um GuD-Kraftwerke handeln. Die Investitionskosten sind mit 900 €/kW für das GuD-Kraftwerk und 400 €/kW für das Gasturbinenkraftwerk sehr niedrig angesetzt, d. h. eigentlich nur bei bereits eingerichteten Standorten realisierbar. Es sind ansonsten die gleichen Brennstoffpreise wie beim GuD-HKW eingeflossen. Das GuD-Kraftwerk ist wie bereits genannt mit einem Nutzungsgrad von 57% und das Gasturbinen-Kraftwerk mit einem von 35% berücksichtigt. In Abbildung 14 sind die Erzeugungskostenkurven in Abhängigkeit von der Anlagenauslastung (Vh/a) im Vergleich zu den Stromerzeugungskostenkurven der KWK-Anlagen (entsprechend Abbildung 8) eingetragen. Demnach sind die BHKW der Megawattklasse und die GuD-HKW nicht nur ökologisch, sondern auch hinsichtlich der Erzeugungskosten günstiger, weil sie in dem wesentlichen Ausla-

 

 

°C °C

 

 

°C

 

3

 

stungsbereich zu niedrigeren Stromvollkosten als das Gasturbinen- und das GuD-Kraftwerk führen. Aus der Modellsimulation hat sich ergeben, dass die flexiblen Kraftwerke zu einer jährlichen Auslastung von 2.283 Vh/a kommen würden. Unter dieser Maßgabe würden die Stromerzeugungskosten des Gasturbinenkraftwerks 110 €/MWh und die des GuD-HKW 95 €/MWh betragen. Dies ist höher als im Fall des GuD-HKW und des 1 MW-BHKW (vergleiche mit Kostenangaben der Tabelle 6).

3.3

Berücksichtigung von ElektroWärmepumpen

Anstelle von Elektro-Direktheizern können auch Elektro-Wärmepumpen in die Flexibilitätsoptionen einbezogen werden. Für die Wärmebedarfe des 1 kW- und des 20 kW-Falls ist davon auszugehen, dass der Investitionsspielraum so begrenzt ist, dass eine Entscheidung entweder für ein BHKW oder eine Elektro-Wärmepumpe zu treffen ist. Bei den größeren Wärmesenken der 1 MW-BHKW und GuD-HKW-Modellfällen kann dagegen davon ausgegangen werden, dass der Spielraum ausreicht, um beide Erzeuger gemeinsam zu integrieren. Elektro-Wärmepumpen weisen ein weniger flexibles Betriebsverhalten als Elektro-Direktheizer auf. So würde es Sinn machen, eine Kombination aus beidem mit einer gemeinsamen Ansteuerung einzusetzen. Die Direktheizer helfen dann, sehr hohe negative Residuallasten sowie hohe Gradienten zu bewältigen und bieten so die Möglichkeit, hohe Stromüberschüsse in die bestehenden Wärmesenken unterzubringen. Die Wärmepumpen haben dagegen den Vorteil, dass sie bei gleichem Input bedeutend mehr Wärme bereit-

stellen und zu einem rationellen Einsatz speicherbarer Energieträger beitragen. Im Rahmen der Wärmenetze geht es um eine Integration von Großwärmepumpen. Hohe Jahresarbeitszahlen sind davon abhängig, dass eine relativ geringe Temperaturanhebung vorgenommen werden muss. Fernwärmevorlauftemperaturen deutlich unter 100°C, wie sie in Dänemark bereits üblich und auch hierzulande anzustreben sind, würden effiziente Betriebsweisen begünstigen. Wärmenetze bieten gute Voraussetzungen, besonders geeignete Wärmequellen einzubinden. Dazu zählen Abwärme aus Gewerbebetrieben oder Abwasser-(behandlungs-) anlagen und große Solarthermieanlagen in Verbindung mit saisonalen Speichern. Bei den dezentralen Wärmepumpenkonzepten, die bereits eine hohe Verbreitung gefunden haben, stehen dagegen meist nur die oberflächennahe Erdwärme und die Außenluft als Wärmequelle zur Verfügung.

3.3.1

Analyse der flexibilisierten Betriebsweise von dezentralen Elektro-Wärmepumpen

Versorgungsfall Einfamilienhaus (entsprechend dem 1kW-BHKW-Fall) Für den flexiblen Einsatz der Wärmepumpe sind ergänzend ein Wärmespeicher und ein brennstoffbasierter Wärmeerzeuger erforderlich, wobei hier ein Gasheizkessel berücksichtigt wird. Für die Wärmepumpe würden aufgrund des im Gegensatz zum Gasheizkessel hohen Investitionskostenniveaus hohe Erzeugungsanteile angestrebt werden. Der hohe Erzeugungsanteil lässt sich auch durch ihre hohe ener-getische Effizienz 35

Erzeugungsanteil  der   Wärmepumpe  

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

3

60%   50%   40%   30%   20%   10%   0%  

0  

5  

10  

15  

20  

Wärmeleistung  der  Wärmepumpe  (kW)   Anmerkung: Einsatzgrenze bei + 7 GW Residuallast

Abbildung 15: Wärmeerzeugungsanteil der Elektro-Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Fall eines Einfamilienhauses (urspr. Einsatzfall des 1 kW-BHKW).

rechtfertigen. Vereinfachend wird hier durchgängig eine Jahresarbeitszahl von 425 berücksichtigt. Sie würde mit einer deutlich höheren Erzeugungsleistung als ein Elektroheizstab (Wärmeleistung 1,18 kW – siehe Abschnitt 3.1.6) ausgelegt werden. Allerdings setzt die künftig erforderliche Flexibilitätsstrategie voraus, Elektro-Wärmepumpen nicht in Zeiten positiver Residuallast erzeugen zu lassen, weil sie sonst den Bedarf an Ausgleichsstromerzeugung anheben würden. Ein Einsatz in Phasen geringer positiver Residuallast lässt sich aufgrund ihrer Effizienz sicherlich rechtfertigen. Hier wird die Einsatzgrenze auf + 7GW entsprechend 10% der maximalen positiven Residuallast festgelegt. Wie aus Abbildung 15 ersichtlich ist, nimmt der Erzeugungsanteil der Wärmepumpe unter der Maßgabe, dass negative und geringe positive Residuallasten ausgenutzt werden, ab einer Leistung von 6 kWth (vor dem Hintergrund von 12 kWth Höchstlast) kaum noch zu und liegt bei etwas mehr als 50%26. Etwa die Hälfte der Wärmeerzeugung muss demnach noch über einen Heizkessel erfolgen. Unter dieser Maßgabe führt die 6 kW-Wärmepumpe zu 1.930 Vh/a. Wenn der ursprünglich 1  m³ fassende Wärmespeicher auf

2 m³ vergrößert wird, erhöht sich der Wärmepumpenerzeugungsanteil auf 52% (2020 Vh/a) und bei 3 m³ auf 53% (2060 Vh/a). Der schwache Zuwachs an Erzeugungsanteil und Vollbenutzungsstunden deutet darauf hin, dass die Speichergröße von ca. 1 m³ sinnvoll gewählt ist. Hieran wird deutlich, dass unter der Maßgabe, eine Steigerung der abzudeckenden positiven Residuallast zu vermeiden, auch für kleine auf Einfamilienhäuser bezogene Wärmepumpenanlagen trotz Wärmespeicher ein bivalentes System sinnvoll wäre. Einzelobjekt mit 64 kWth Höchstlast (entsprechend dem urspr. 20 kW-BHKW-Fall) Unter der gleichen Maßgabe tritt auch in diesem Fall ein begrenzter Erzeugungsanteil der Wärmepumpe auf (siehe Abbildung 16). Unter diesem Gesichtspunkt sollte man die Elektro-Wärmepumpe in diesem Fall nicht größer als 40 kWth auslegen. Bei 40 kWth würde sie 1.530 Vh/a aufweisen und einen Erzeugungsanteil von 46% einbringen, bei 28 kWth 43% bei 2.000 Vh/a. Im Bereich von 28 kW würde sich ein günstiger Kompromiss aus guter Aus-

25 Verhältnis aus der jährlichen Wärmeerzeugung und dem dafür erforderlichen Stromeinsatz. 26 Zum Vergleich: das alternativ berücksichtigte BHKW würde eine Wärmeleistung von 5,7 kW aufweisen, siehe Tabelle 1.

36

50%  

2.500  

45%  

2.000  

40%  

1.500  

35%  

1.000  

30%  

500  

20  

30  

40  

50  

60  

70  

80  

Auslastung  der  WP    (Vh/a)  

Erzeugungsanteil  der   Wärmepumpe  

 

3

Wärmeleistung  der  Wärmepumpe  (kW)   Anmerkung: Einsatzgrenze bei + 7 GW Residuallast

Abbildung 16: Wärmeerzeugungsanteil (♦) sowie jährliche Auslastung (•) der Elektro-Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Fall eines 64 kW-Wärmeversorgungsfalls (Wärmepumpe als Alternative zum 20 kW BHKW).

Anmerkungen: Einsatzgrenze der Wärmepumpe bei + 7 GW Residuallast 4 m³ entsprechen etwa 6 h Reichweite.

 

Abbildung 17: Effekt der Speichergröße auf die Vollbenutzungsstunden der Wärmepumpe (Versorgungsfall 64 kW, Wärmepumpe 28 kW)

lastung und hohem Erzeugungsanteil der Wärmepumpe ergeben.27 Die Auslastung wird weiterhin von der Größe des Wärmespeichers bestimmt. Wie aus Abbildung 17 zu entnehmen ist, ergibt sich ein stagnierender Zuwachs an Wärmepumpenauslastung mit zunehmender Größe des Speichers, so dass das bisher für diesen Fall berücksichtigte Volumen von 2 m³ eine sinnvolle Auslegung darstellen dürfte. Daneben wirkt sich die Einsatzgrenze auf die Vollbenutzungsstunden der Wärmepumpe aus. Dieser Zusammenhang lässt sich aus Abbildung 18 ablesen:

Wie zu erwarten, nimmt die Auslastung der Wärmepumpe bei einer Anhebung einer auf die Höhe der positiven Residuallast bezogenen Einsatzgrenze erheblich zu. Es wird sich allerdings die Frage stellen, ab welcher Höhe hierdurch in unnötigem Maße Bedarf an schwierig abzudeckender Ausgleichsenergie provoziert wird. Fall eines Wärmenetzes mit einem niedrig ausgelegten 1 MW-BHKW (entsprechend 6.000 Vh/a) Die Wärmeversorgung erfolgt in diesem Modellfall mithilfe eines BHKW, einer Wärmepumpe, eines Heiz-

27 Zum Vergleich: das alternativ berücksichtigte BHKW würde eine Wärmeleistung von 32,7 kW aufweisen, siehe Tabelle 1.

37

Auslastung  der  WP  (Vh/a)  

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

3

2.500  

60%   55%   50%  

2.000   1.500  

45%  

Auslastung  der  WP  (Vh/a)  

40%  

Erzeugungsanteil  der  WP  

35%   1.000  

0  

7   pos6ve  Residuallast  (GWel)  

14  

30%  

Anmerkung: 7 GW entsprechen 10% der max. pos. RL

Abbildung 18: Effekt der Einsatzgrenze auf die Vollbenutzungsstunden und den Erzeugungsanteil der Wärmepumpe (Versorgungsfall 64 kW, Wärmepumpe 28 kW, Wärmespeicher 2 m³).

kessels und eines Wärmespeichers, deren Einsatz entsprechend der jeweiligen Stromresiduallast und der Wärmelast gesteuert wird. Von vornherein gilt, dass das BHKW in Betriebsphasen der Wärmepumpe nicht läuft, während die Wärmepumpe in Betriebsphasen des BHKW ausgeschaltet bleibt. Der Erzeugungsanteil der Wärmepumpe wird insbesondere durch deren Auslegung geprägt. Es sollte das Ziel

sein, den Einsatz des Heizkessels möglichst gering zu halten, weil er von (zukünftig knappen) speicherbaren Brennstoffen abhängt und diese weniger energieeffizient als eine KWK-Anlage ausnutzt. Unabhängig davon, welche Wärmequellen für die Wärmepumpe zur Verfügung stehen, wäre damit für diesen Modellfall eine Auslegung auf etwa 2 MWth (et-

  Anmerkungen: der Wärmeerzeugungsanteil des 1 MW-BHKW bleibt in dem betrachteten Auslegungsbereich der Wärmepumpe bei 53% und die Auslastung des BHKW sinkt bei einer hohen Auslegung der Wärmepumpe rechnerisch lediglich von 4.001 Vh/a auf 3.967 Vh/a. Einsatzgrenze der Wärmepumpe bei + 7 GW Residuallast

Abbildung 19: Wärmeerzeugungsanteile der Wärmepumpe und des Heizkessels (♦) sowie jährliche Auslastung (•) der Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Modellfall des niedrig ausgelegten 1 MW-BHKW (6.000 Vh/a). 38

 

3

 

Anmerkung: Einsatzgrenze der Wärmepumpe bei + 7 GW Residuallast.

Abbildung 20: Wärmeerzeugungsanteile der Wärmepumpe und des Heizkessels (♦) sowie jährliche Auslastung (•) der Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Modellfall des hoch ausgelegten 1 MW-BHKW (4.000 Vh/a)

Fall eines Wärmenetzes mit einem hoch ausgelegten 1 MW-BHKW (entsprechend 4.000 Vh/a)

Gemäß Abbildung 20 ergibt sich hier die Situation, dass sich die Wärmeerzeugung des BHKW und der Wärmepumpe in idealer Weise ergänzen. Es wird den Ergebnissen zufolge fast kein Heizkesseleinsatz benötigt. Diese Situation wird bereits erreicht, wenn die Wärmepumpe die gleiche Wärmeleistung wie das BHKW aufweist und dabei noch zu einer relativ hohen Auslastung um 1.400 Vh/a kommt. Der Wärmespeicher kann unter diesen Umständen auf 3 h Reichweite begrenzt werden, weil die Auslastung der Wärmepumpe und des BHKW bei größerer Speicherkapazität nur wenig zunimmt. Gegenüber der Integration eines Elektro-Direktheizers (siehe Tabelle 5) ergibt sich für das BHKW allerdings eine verminderte Auslastung. Dies liegt daran, dass für den Direktheizer nur ein Einsatz in Stromüberschusszeiten zugrunde gelegt wurde, während die Wärmepumpe den Annahmen zufolge auch noch in Phasen niedriger positiver Residuallast betrieben werden würde.

Die Wärmesenke ist in diesem Fall etwas kleiner als in dem vorherigen Fall. Es kommt das gleiche BHKW zum Einsatz, das hier aber bei dem wärmegeführten Einsatzfall aufgrund seiner hohen Auslegung nur eine geringe Wärmeerzeugung für den Spitzenkessel übrig lässt.

Ob eine einzige Wärmepumpe mit einer entsprechenden Wärmeleistung integriert werden würde oder mehrere kleine, hängt sehr von der Verfügbarkeit von Wärmequellen ab. Falls es sich z.B. um Abwärme aus Gewerbebetrieben handelt, wären zu deren Ausschöpfung unter Wahrung der notwendigen Er-

was weniger als das Doppelte der BHKW-Wärmeleistung) ein günstiger Kompromiss aus Auslastung der Wärmepumpe und verbliebenen Erzeugungsanteil für den Heizkessel. Eine Variation der Wärmespeicherkapazität von 194 bis auf 774 m³ übt nur geringe Effekte auf den Erzeugungsanteil der Wärmepumpe aus. Dagegen wirkt sich eine Anhebung oder Absenkung der Abschaltgrenze der Wärmepumpe/Einschaltgrenze des BHKW, wie bereits für den zuvor dargestellten Modellfall genannt, sowohl für die Wärmepumpe als für das BHKW erheblich aus. Die gegenüber ElektroDirektheizern höhere Wärmeerzeugung der Wärmepumpe (2 MW gegenüber 1,3 MW), die in einigen Momenten früher zu einer Erschöpfung der Wärmespeicherkapazität führt, mindert die jährlichen Auslastung des BHKW dagegen nur um ca. 30 Vh/a.

39

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Tabelle 11: Berücksichtigte Kostendaten der in den Modellfällen als optimal erachteten Wärmepumpen 1 MW

3

Fall Wärmeleistung der Wärmepumpe (kW)

1 kW

spez. Invest. (€/kW) fixe Betriebskosten (€/a)

20 kW

6000 Vh/a

4000 Vh/a

GuD

6

28

2.000

1.100

2.000

1.670 100

1.300 150

500 10.000

600 6.000

500 10.000

 

zeugungsflexibilität evtl. auch Pufferspeicher auf der Abwärmeseite erforderlich. Eine möglichst frei steuerbare Erzeugung der Wärmepumpe ist davon abhängig, dass sie in möglichst geringem Maße an Betriebsphasen eines Abwärmelieferanten gebunden ist. So bietet beispielsweise die Nutzung der Abgaswärme des in der Heizzentrale enthaltenen Heizkessels und des BHKW hierfür keine idealen Bedingungen. Großes Wärmenetz mit einem GuD-HKW (entsprechend 4.000 Vh/a) Da vom Verlauf her völlig affine Wärmebedarfsprofile für den 1 MW-BHKW (4.000 Vh/a)-Fall und das große Wärmenetz unterstellt worden sind, unterscheiden sich die Ergebnisse zur Auslastung der KWK-Anlage und zu den Erzeugungsanteilen unter der Prämisse

eines reinen KWK-Betriebes nicht. So lassen sich die in Abbildung 20 gezeigten Verhältnisse, die auf ein gutes Zusammenspiel zwischen KWK-Anlage und Großwärmepumpe hinweisen, auch auf diesen Fall übertragen. Die entsprechend der Wärmeleistung des GuD-HKW als sinnvoll erachtete Wärmepumpenkapazität von etwa 80 MW würde auf viele im Fernwärmenetz verteilte Anlagen aufgeteilt werden, deren Anordnung und Leistung sich an bestehenden orientiert.

3.3.2

Wirtschaftlichkeit des Wärmepumpeneinsatzes

In Tabelle 11 sind die wichtigsten Kostendaten der Wärmepumpen aufgelistet. Die Investitionen hängen

Wärmekosten  (ct/kWh)  

35   30   25   20  

 "1  kW-­‐Fall"  

15  

 "20  kW-­‐Fall"    "1  MW  (6000  h/a)-­‐Fall"  

10  

 "1  MW  (4000h/a)-­‐Fall"  

5   0  

0  

500  

1.000  

1.500  

2.000  

2.500  

Auslastung  der  Wärmepumpe  (Vh/a)   Anmerkung: Für die Großwärmepumpen der 1 MW-Fälle sind Wärmeverteilungskosten in Höhe von 2,5 ct/kWh addiert worden.

Abbildung 21: Erzeugungskosten der Elektro-Wärmepumpen in den Modellfällen in Abhängigkeit von deren Auslastung. 40

 

Tabelle 12: Effekte einer vollständigen Abdeckung der positiven elektrischen Residuallast und des Wärmebedarfs der Modellfälle mittels KWK-Anlagen, Heizkessel, Wärmepumpe und Wärmespeicher (Schwarmbetrachtung) im Vergleich zu der entsprechenden Variante mit Elektroheizer statt Wärmepumpe 1 MW Fall

6000 Vh/a

4000 Vh/a

jährliche Volllaststunden mit Wärmepumpe Anteil Wärmeerzeugung, Variante mit Wärmepumpe

KWK Kond.-Betrieb

2.296

2.296

2.513 595

KWK

30%

57%

35%

Gas-Heizkessel

51%

26%

36%

Anteil Wärmeerzeugung, Variante mit Elektroheizer, siehe Tab. 8

Wärmepumpe

30%

57%

57%

Deckungsgrad

112%

139%

128%

KWK

30%

57%

36%

Gas-Heizkessel

62%

41%

52%

Elt.-Heizer

8%

14%

14%

100%

112%

102%

Deckungsgrad

3

GuDHKW

 

sehr von den Wärmequellenanlagen ab und unterliegen damit einer großen Bandbreite. Bei berücksichtigten Jahresarbeitszahlen von 4 und Stromkosten für den Wärmepumpeneinsatz von 21 ct/kWh bei den Objektversorgungen und 17 ct/ kWh für die Großwärmepumpen, einer technischen Lebensdauer von 20 Jahren sowie dem Realzinssatz von 3,5% ergeben sich die in Abbildung 21 gezeigten Kosten in Abhängigkeit von der Auslastung (Vh/a) der Wärmepumpe. Wie die kleineren BHKW (Abbildung 8), reagieren kleine Wärmepumpenanlagen sensibel auf eine reduzierte Auslastung. Die in Wärmenetze eingebundenen Groß-Wärmepumpen bieten unter den getroffenen Strompreisannahmen relativ niedrige Wärmekosten, die sich etwa auf dem Niveau der großen KWK-Anlagen (1 MW-BHKW und GuD-HKW) befinden (siehe Abbildung 7).

3.3.3

Simulation des Ausgleiches durch KWK-Anlagen und Wärmepumpen bei voller Abdeckung der positiven und negativen Residuallast

In Analogie zu Abschnitt 3.1.8 soll hier noch auf die Verhältnisse des theoretischen Falls einer vollen Abdeckung der für Deutschland zu erwartenden positiven und negativen Residuallast eingegangen werden. Auch hier zeigt sich, dass der Wärmepumpeneinsatz gegenüber dem Einsatz von Elektro-Direktheizern den Heizkesseleinsatz stark vermindert (Tabelle 12, Vergleich der beiden auf die Heizkessel bezogenen Zeilen). Allerdings führt die Wärmepumpe zu erheblich höheren nicht nutzbaren Wärmeüberschüssen. Auch dies spricht dafür, wie bereits vorgeschlagen, eine Mischung aus Wärmepumpen und Stromdirektheizern für den Abbau von Stromüberschüssen zur Verfügung zu haben. Aber wie bereits genannt stellt der volle Ausgleich der positiven und negativen Residuallast mit den hier betrachteten Komponenten lediglich eine Grenzbetrachtung dar, die für die Praxis wenig Relevanz hat, weil daneben auch eine Reihe weiterer Ausgleichsoptionen besteht (siehe [Krzikalla 2013]).

41

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

3.3.4

3

Schlussfolgerungen zum Wärmepumpeneinsatz gemäß Modellbetrachtungen

Im Rahmen von Wärmenetzen können sich unter Wahrung der erforderlichen Flexibilität interessante Konstellationen aus KWK und Wärmepumpe ergeben, weil die KWK-Erzeugungsphasen sich an positiven und die Wärmepumpeneinsätze sich an negativen (bzw. schwach positiven) Betriebsphasen orientieren. Bei gut ausgewogener Dimensionierung dieser beiden Erzeugungsanlagen wird nur noch ein geringer Heizkesseleinsatz erforderlich. In Wärmenetze integrierte Groß-Wärmepumpen können ab einer Auslastung von ca. 1.500 Vh/a zu ähnlich niedrigen Wärmekosten wie KWK-Anlagen entsprechender Leistung führen. Voraussetzungen dafür sind geeignete Wärmequellen und Fernwärmetemperaturen, die deutlich unter 100°C liegen. Eine generelle Absenkung der Vorlauftemperaturen erleichtert zudem die Einbindung weiterer erneuerbarer Energiequellen und sollte deshalb ohnehin angestrebt werden. Dezentrale Wärmepumpenkonzepte erfüllen die Flexibilitätsanforderungen nur dann optimal, wenn sie bivalent ausgeführt werden. Selbst durch Integration eines großen Wärmespeichers lässt sich die notwendige Flexibilität bei einer monovalenten Ausführung nicht erreichen. Da aber aufgrund des tolerierbaren Investitionsumfanges ergänzend nur brennstoffbasierte Heizkessel infrage kommen, stellt sich das bivalente Konzept unwesentlich besser dar als eine bislang übliche monovalente Ausführung, die zu einer Anhebung der abzudeckenden Residuallast führen wird.

3.4

Integration von Solarthermie

Abgesehen von etwa zwanzig geförderten Großanlagen, bei denen saisonale Speicher sommerliche Wärme für die Heizperiode nutzbar machen28, werden

hierzulande überwiegend Kleinanlagen installiert, die einen Anteil von 15 bis 30% der Raumheizung und ca. 60% der Brauchwassererwärmung übernehmen. Sie produzieren im Sommer hohe nicht genutzte Wärmeüberschüsse, liefern in den Übergangsmonaten den höchsten solarthermischen Deckungsbeitrag, weisen jedoch im Winter nur geringe Beiträge auf. In Dänemark sind dagegen in den letzten Jahren viele mehrere Tausend Quadratmeter umfassende Solarthermie-Freiflächenanlagen in vorhandene Wärmenetze eingebunden worden, die eine vollständige Nutzung der erzeugten Wärme und eine besonders kostengünstige Wärmeerzeugung ermöglichen. Dabei wird die solar erzeugte Wärme vorrangig genutzt und die Betriebsweise der übrigen Wärmeerzeuger daran angepasst. Flächenspezifische Investitionskosten, die nur ein Viertel derer von Kleinanlagen betragen und die hohe Ausnutzung der erzeugten Wärme tragen dazu bei, dass Erzeugungskosten von nur 4 ct/kWh ermöglicht werden. Außerdem ist die flächenspezifische Ausbeute bis zu viermal höher als bei Photovoltaikanlagen29. Die Möglichkeit, große Solarthermieanlagen in gewöhnliche Wärmenetze einzubinden, wird in Deutschland bislang noch wenig genutzt. Der Grund liegt neben der im Vergleich zu Dänemark grundlegend divergierenden technischen Randbedingungen (geringere Netztemperaturen und Drücke, andere Kundenanlagen) darin, dass in großen Wärmenetzen KWK-Anlagen als Haupterzeugungsbasis dienen und dass sich deren Auslastung durch Verlust an sommerlicher Lastabdeckung unter den aktuellen Rahmenbedingungen verschlechtern würde. Eine Flexibilisierung des KWK-Betriebs, wie sie in den vorherigen Abschnitten eingehend behandelt worden ist, könnte auch der solarthermischen Wärmeerzeugung im Rahmen von Wärmenetzen Auftrieb verleihen.

28 Eine Auflistung der Projekte ist in http://www.saisonalspeicher.de/Projekte/BestehendeProjekte/tabid/93/language/en-US/Default aspx enthalten. 29 Siehe auch Fußnote 2.

42

 

1  €  =  7,5  DKr

Strompreis  (Spotmarkt) E-­‐Heizkessel

Heizkessel

BHKW

Heizkessel

3 Solaranlage

Speicherfüllstand

Abbildung 22: Betriebsprotokoll der Fernwärmeversorgung in Ringköbing

Weiterhin ist von Bedeutung, dass Solarthermie zu den wenigen, im großen Stil einsetzbaren regenerativen Wärmeerzeugern zählt, die sich gut in Städten als heizungsunterstützende Maßnahme realisieren lassen. Anders als in Dänemark würden eher Dachflächenanlagen infrage kommen, die sich über ganze Dachflächen erstrecken. Diese würden zwar höhere Montagekosten als Freiflächenanlagen aufweisen. Dafür bieten sie aber Kosteneinsparungen bei der Tragkonstruktion und aufgrund fehlender Grundstückskosten. Außerdem stellt die komplette Eindeckung mit Solarkollektoren eine Alternative zur üblichen Dacheindeckung dar und spart auch unter diesem Aspekt Kosten ein. Es ist weiterhin denkbar, solarthermische und photovoltaische Anlagen auf gleichen Gebäuden zu installieren und dabei weitere Optimierungsmöglichkeiten auszunutzen: beispielsweise Solarthermie auf Süddächern sowie an unverschatteten Brüstungen von Südbalkonen und PV-Module zur Vermeidung ausgeprägter synchroner Mittagsspitzen auf Ost- und Westdächern. Die überwiegende Praxis in Dänemark scheint zu sein, die Wärmespeicher entsprechend der ursprünglich gewählten Größe (etwa 12 h Reichweite) zu belassen. Neuerdings kommt es aber auch zu Speichergrößen,

die im Sommer nicht nur im Tagesbereich liegende Schwankungen ausgleichen, sondern sommerliche Wärme auf der Basis von Erdbecken oder stehende Grundwasser (Aquifer) über Monate speichern können (Beispiele: Marstal (2.400 Einwohner), Braedstrup (Kernort 3.100 Einwohner) und Gram (2.600 Einwohner)). Die gespeicherte Wärme muss dann allerdings mittels Wärmepumpe auf Fernwärmetemperatur gebracht werden. Dieser Wärmepumpeneinsatz lässt sich wiederum wie in 3.3 beschrieben in idealer Weise nach den Residuallastanforderungen orientieren. Das Zusammenspiel der verschiedenen Wärmeerzeuger unter Einbeziehung einer solaren Großanlage lässt sich am Beispiel der Fernwärmeversorgung der nordjütländischen Stadt Ringköbing (ca. 9.000 Einwohner) sehr gut aus dem in Abbildung 22 gezeigten Betriebsprotokoll für den Zeitraum vom 20.5.2013 bis zum 2.6.2013 ablesen. Demnach teilten sich das BHKW und der Gasheizkessel die wesentliche Erzeugung, wurden dabei aber in beachtlichem Maße durch die Solarthermie unterstützt und es gab nur kurze Momente, in denen der Elektroheizer in Betrieb genommen wurde.

43

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

3.5

3

Strombedarfsgerechte Fahrweise von Biomasseanlagen

sten auf, wie bereits für den Erdgasbetrieb dargelegt worden ist.

Biomasse stellt als speicherbare und regelbare Energiequelle eine wichtige Basis für den langfristig erforderlichen Ersatz sämtlicher fossiler Brennstoffe dar. Sie ist damit so wertvoll, dass ihr Einsatz im Stromund Wärmeversorgungsbereich mittelfristig sehr auf KWK-Anlagen beschränkt bleiben sollte, deren Betrieb sich auf die stromseitige Residuallastabdeckung konzentriert. Dieser Rolle kann sie am besten gerecht werden, wenn sie gasförmig zur Verfügung gestellt wird.

Die mit Rohbiogas betriebenen KWK-Anlagen werden bislang in Grundlastfahrweise, also mit etwa 8000 Vh/a betrieben, und bieten damit noch beachtliche Flexibilitätspotenziale. Für eine Flexibilisierung müsste dafür gesorgt werden, dass die kontinuierlich verlaufende Gaserzeugung in einem Maße zwischengespeichert werden kann, dass die Erzeugung in der KWK-Anlage auf 3 bis 4 Tausend Jahresstunden konzentriert werden kann. Zugleich müsste die KWKAnlagenkapazität mindestens verdoppelt werden. Die Entkopplung zwischen Wärme- und Strombereitstellung mithilfe von Warmwasserspeichern würde dann ähnliche Ausmaße haben, wie für die mit Erdgas betriebenen KWK-Anlagen gleicher Leistung. Mit den realisierten Rohbiogaskonzepten ließe sich bereits eine Ausgleichsleistung von mindestens 15 GWel bereitstellen. Ihre Flexibilisierungskosten sind aufgrund des erforderlichen Gasspeichers und der Verdoppelung der KWK-Anlagenkapazität höher als bei mit Erdgas betriebenen KWK-Anlagen. Wie in der für den BEE erstellten BET-Studie [Krzikalla 2013] dargelegt, reicht die seit 2012 gemäß EEG erhältliche Flexibilitätsprämie nicht aus, um diese Mehrkosten abzudecken. Beim Biomethankonzept fallen keine Gasspeicherkosten an, dafür kommen die nur zum Teil der Flexibilität anzulastenden Gasaufbereitungs- und Einspeisungskosten hinzu.

Biogaserzeugung und -nutzung nimmt in Deutschland aktuell bereits den höchsten Anteil der Verstromung von Biomasse ein. Die bislang installierte elektrische Leistung für Biomasseanlagen liegt aktuell im Bereich von etwa 8 GW30 (für Biogasanlagen 3,5 GW lt. Fachverband Biogas). Zu einem überwiegenden Teil handelt es sich um in der Nähe von Biogasanlagenstandorten eingesetztes Rohbiogas und in weiteren Fällen wird Rohbiogas in einem Maße aufbereitet, dass es in das Erdgasnetz eingespeist werden kann. Im Juli 2013 sind für Deutschland 116 in das Erdgasnetz einspeisende Biomethananlagen erhoben worden, deren Einspeisekapazität sich auf 72.260  Nm³/h Bio-methan beläuft31. Dies dürfte etwa einer installierten KWK-Leistung von 0,5 GW entsprechen. Darüber hinaus befindet sich bereits eine beachtliche Kapazität im Bau oder in Planung, so dass absehbar ist, dass es demnächst hierzulande etwa 190 Anlagen geben wird. Damit handelt es sich hier um eine recht dynamische Entwicklung. Nach der Konversion zu Biomethan treten für die den Einspeisungen zugeordneten KWK-Anlagen32 im Rahmen einer Flexibilisierung die gleichen Mehrko-

Der Einsatz fester Biomasse in Verbrennungsprozessen zum Betrieb von Dampfturbinen oder ORC-Anlagen33 bietet gegenüber gasbetriebenen BHKW eine deutlich geringere Flexibilität, weil sie erheblich längere Startphasen benötigen und eher nur zwischen Mindestund Höchstlast pendeln sollten. Außerdem ist davon auszugehen, dass sie in ihren typischen Leistungsklas-

30 In [Krzikalla 2013] wird für 2011 eine Kapazität des Bestandes von 6,9 GW angegeben. Inzwischen dürfte die installierte Leistung noch deutlich angewachsen sein. 31 Siehe http://www.biogaspartner.de/fileadmin/biogas/documents/Branchenbarometer/Branchenbarometer_Biomethan_1_2013.pdf. 32 In dem Maße wie Biomethan in das Erdgasnetz eingespeist wird, lässt sich Erdgas in jahresbilanziell gleichen Mengen aus dem Erdgasnetz entnehmen und in einer virtuell der Einspeisung zugeordneten KWK-Anlage nutzen, die dann einen Anspruch auf die im EEG geregelten Einspeisevergütung hat. 33 Bei dem Organic Rankine Cycle-Prozess handelt es sich um einen KWK-Prozess, der gegenüber Dampfturbinen-Kreisprozessen auf niedrigerem Temperatur mechanische Energie liefert.

44

 

200 Fernwärmepotenzial (TWh/a)

180 160 140 120

3

Bereich GHD

100

priv. Haushalte

80 60 40 20 0

2010

2015

2020

2025

2030

2035

2040

2045

2050

Abbildung 23: Mögliches Ergebnis einer forcierten Fernwärmeausbaupolitik gemäß M. Blesl, IER Stuttgart 2010

sen erhebliche spezifische Investitionskosten aufweisen und hinsichtlich ihrer Erzeugungskosten sensibel auf eine Auslastungsminderung reagieren. Für eine Darstellung weiterer Aspekte der strombedarfsgerechten Fahrweise der Biomasse-KWK wird auf die für den BEE erstellte Studie „Möglichkeiten zum Ausgleich fluktuierender Einspeisungen aus Erneuerbaren Energien“ [Krzikalla 2013, Seite 41 ff] verwiesen.

3.6

Im Rahmen von Wärmenetzen aktivierbare Ausgleichspotenziale

Aus den Modellbetrachtungen ist hervorgegangen, dass Wärmenetze eine besonders günstige Voraussetzung für Flexibilitätsoptionen bieten. Sie lassen sich im Rahmen der bereits existierenden Nah-/Fernwärmeversorgung erschließen, würden aber besonders

zur Geltung kommen, wenn es zu einem erheblichen Fernwärmeausbau kommen würde. In Deutschland gibt es viele gasversorgte urbane Siedlungsstrukturen bzw. Neubaugebiete, deren Wärmebedarfsdichte sich auch langfristig für eine Versorgung aus Wärmenetzen eignen würde. Entsprechende Potenziale sind in der Vergangenheit in verschiedenen Studien erarbeitet worden. Unter diesen soll hier eine in 2010 vom IER erarbeitete Untersuchung in den Vordergrund gestellt werden, die eine bis 2050 reichende auf einer forcierten Fernwärmeausbaupolitik basierende Entwicklung betrachtet und insbesondere auch siedlungsstrukturelle Belange beachtet.34 Die bis 2020 aufstrebende Entwicklung setzt sich zusammen aus: • Fernwärmenetzerweiterung • Erschließung neuer Gemeinden

34 Die Ergebnisse sind seitens AGFW in den AGFW-Hauptberichten 2010 (Seite 42: hier nur die auf private Haushalte bezogenen Potenziale) und 2011 (auf Seite 47 auf private Haushalte bezogene und auf Seite 48 auf den Bereich Gewerbe/Handel/Dienstleistung (GHD) bezogene Potenziale, hier jeweils unter der Annahme, dass existierende Gasversorgungen restriktiv wirken) veröffentlicht. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Fernwärme auch für eine Flexibilisierungsstrategie und Einbindung hoher EE-Erzeugungsanteile wird die Restriktion vorhandener Gasversorgungsstrukturen unbeachtet gelassen und die Potenziale der betrachteten Zeithorizonte analog der Darstellung für private Haushalte des Hauptberichts 2010 und für GHD gemäß Hauptbericht 2011 aufaddiert. Das Ergebnis befindet sich in Abbildung 23.

45

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

• Erschließung von Neubaugebieten und • Fernwärmenetzverdichtung

3

die zum Bestand an Fernwärmeversorgung hinzukommen. Ab 2020 werden sich die Ausbauaktivitäten demnach abschwächen, so dass die durch Gebäudewärmeschutz eintretenden Wärmebedarfsminderungen zu einer allmählichen Verringerung des Fernwärmeabsatzes (TWh/a) führen. Maximale KWK-Effekte lassen sich gemäß der Modellbetrachtungen realisieren, wenn • für die KWK-Anlagen – unter Inkaufnahme herabgesetzter Auslastung – eine möglichst hohe Auslegung 35 erfolgt und • eine hohe Stromkennzahl realisiert wird. Mit den in den Modellfällen berücksichtigten 1 MWBHKW und GuD HKW lassen sich diese Kriterien sehr gut erfüllen. Zugleich lässt sich anhand dieser beiden Beispiele der Gesamtbereich der Wärmenetze von etwa 500 kWel bis hin zu großen Fernwärmenetzen hinreichend einschätzen. Sehr große BHKW-Module von 20 MW, wie zuletzt in Rosenheim installiert, weisen selbstverständlich angesichts eines elektrischen Wirkungsgrads von 48% eine günstigere ökologische Bilanz auf und reagieren noch unempfindlicher auf eine verminderte Auslastung als das 1 MW-BHKW. Kleinere GuD-HKW sind in dieser Hinsicht empfindlicher als das exponiert betrachtete 100 MW-GuDHKW. Vereinfachend wird angenommen, dass zwei Drittel der Erzeugungskapazität eher durch das 1 MW-BHKW und ein Drittel durch das GuD-HKW vertreten werden. Mit dieser Annahme ergibt sich eine gemittelte Stromkennzahl von 2/3 * 1/1,122 + 1/3 * 88/80 = 0,96, was fast doppelt so hoch ist wie die Stromkennzahl des aktuellen Fernwärme-KWK-Mixes. Dieser Ansatz lässt

außer Acht, dass die GuD im Kondensationsfall eine um 14% höhere elektrische Leistung bieten können. Auf der Basis dieser Vereinfachungen ist es möglich, die analysierten Modellfälle eng mit den Potenzialen in Verbindung zu bringen. Für den wärmegeführten Fall bietet das niedrig ausgelegte 1 MW-BHKW eine Orientierung. Die stromgeführte Variante lässt sich durch das hoch ausgelegte 1 MW-BHKW reflektieren. Darüber hinaus ist der Fall von Interesse, der daneben einen Elektroheizer enthält und schließlich ist auch die integrierte Wärmepumpe einer Betrachtung wert. Außerdem ist davon auszugehen, dass weitere ökologisch sinnvolle Wärmequellen wie Abwärme, kaum flexibel einsetzbare Müll-HKW und Solarthermie in die Wärmenetze eingebunden werden. Unter der Annahme, dass sich dieser Anteil verdoppeln könnte, wird hierdurch ein Wärmedeckungsgrad von 15% angenommen. Die Möglichkeit, diverse regenerative Energiequellen in Wärmenetze einzubinden stellt eines ihrer wichtigen Vorzüge dar und könnte durchaus einen noch breiteren Raum einnehmen. Denn eine ökonomisch tragfähige multivalente Wärmeerzeugung lässt sich lediglich im Rahmen von großen Wärmeversorgungseinheiten realisieren. Weiterhin werden Wärmeverluste der Netze auf den Absatz bezogen mit 10% berücksichtigt. Da sich der eingeflossene Residuallastverlauf auf 2030 bezieht, ist jenes Jahr zunächst in den Vordergrund gestellt worden. Ergebnisse entsprechend des für 2030 für möglich gehaltenen Fernwärmeausbaus werden in Tabelle 13 vorgestellt. Unabhängig davon, ob gleichzeitig auch Elektroheizer oder Wärmepumpen im System enthalten sind, lässt sich demnach für diesen Zeithorizont mit 35 GW ein beachtliches Ausgleichspotenzial für positive Residuallasten schaffen (siehe Tabelle 13). Aus Abbildung 24 lässt sich entnehmen, dass die auf Wärmenetze basierende KWK bei einer Kapazität von 35 GW einen erheblichen Anteil der Residuallastabde-

35 Eine hohe Auslegung bedeutet, die Kapazität der KWK-Anlage so groß zu wählen, dass sie fast die maximal auftretenden Wärmehöchstlasten abdecken kann.

46

 

Residuallast in 2030 (GW)

80 60 40

KWK  

20 0 -20

0

2000

4000

3

6000

-40 -60

Elektroheizer  

-80 -100

Kalenderjahr (h)  

 

Abbildung   24: Mögliche Residuallastabdeckung bei einer vollen Ausschöpfung der Wärmenetzpotenziale gemäß Abbildung 23

ckung übernehmen kann. Die blau hinterlegte Fläche berücksichtigt den Fall, in dem der Elektroheizer von 400 Vh/a eingesetzt ist und sich für die KWK-Anlagen eine durchschnittliche Auslastung von 3411 Vh/a (siehe Tabelle 5) ergibt. Der Elektroheizer übernimmt den Ausgleich sämtlicher negativer Residuallasten oberhalb von -24 GW. Wenn man davon ausgeht, dass heutige KWK-Erzeugungsanteile, die in den Wärmenetzen im Bereich von 80% liegen (entsprechend der in Tabelle 13 aufgeführten niedrigen Auslegung) den Maßstab darstellen, dann werden die KWK-Strompotenziale wenig durch die berücksichtigte reduzierte Auslastung beeinträchtigt. Denn durch die höhere Auslegung reduziert sich die KWK-Stromerzeugung trotz der verminderten Auslastung nicht. Diese können aufgrund der zugrunde gelegten hohen Auslegung bei stromgeführter Fahrweise und einbezogene Elektroheizer sogar etwas höher sein (siehe Zeile „Stromerzeugung“ (der KWK-Anlage) der Tabelle 13 mit 128 bzw. 120 TWh/a gegenüber 113 TWh/a). Nur wenn Wärmepumpen in dem Maße in der Fernwärmeerzeugung enthalten sind, sinkt das KWK-Stromerzeugungspotenzial deutlich. Dabei wird dann allerdings der KWK-Effekt

durch den Energieeinspareffekt der Wärmepumpen ersetzt, die ja den Annahmen zufolge überwiegend (allenfalls auch noch bei schwach positiver Residuallast) zu Stromüberschusszeiten betrieben werden. Dieses hohe Potenzial ist sehr davon abhängig, dass die hohe Stromkennzahl von fast 1 realisiert wird. Eine heutzutage durchschnittliche Stromkennzahl würde die Ausgleichsleistung auf 21 GW reduzieren. Die aufgrund der gebotenen Flexibilität reduzierte Auslastung der KWK-Anlagen führt unter Berücksichtigung von integrierten Elektrodirektheizern (400 Vh/a) auf der Basis von 0,5 ct/kWh Mehrkosten (siehe Differenz der spezifischen Stromkosten zwischen „wärmegeführt“ und „E-Heizer: 400 h/a“ gemäß Tabelle 5) zur Ausschöpfung dieses Potenzials von 600 Mio. €/a gegenüber rein wärmegeführter Fahrweise. Hinzu kommen bei 35 GWel Jahreskosten für Wärmespeicher in Höhe von ca. 500 Mio. €/a 36. Vereinfachend wird davon ausgegangen, dass Elektroheizer und Wärmepumpen nur zum Zuge kommen, wenn sie rentabel Wärme erzeugen. Wärmenetze werden ohnehin nur dort verlegt, wo konkurrenzfähige Wärmepreise angeboten werden können. Auch die Gasheizkessel

36 Auf der Basis von 500 €/m³, 387 m³/MWel, 3,5% Zins, 20 Jahre Lebensdauer, 1% Wartung und Instandhaltung.

47

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Tabelle 13: Zuschnitt der Fernwärmeerzeugungsoptionen sowie des enthaltenen nationalen Potenzials an elektrischer Leistung für 2030

3

 

Erzeugung wärmegeführt, Auslegung stromFW-Potenzial 2030 geführt niedrig hoch KWK-Anlage Erz.-Anteil 80% 99% 90% Auslastung (Vh/a) 6.000 4.000 3.647 Wärmeerzeugung (TWh/a) 118 146 133 Stromerzeugung (TWh/a) 113 141 128 elektrische Leistung (GW) 19 35 35 Wärmeerzeugung aus anderen Komponenten (TWh/a) Heizkessel 30 2 15 E-Heizer Wärmepumpe

mit EHeizer

mit Wärmepumpe

84% 3.411 125 120 35

65% 2.655 97 93 35

8 15

0 51

Annahme: 15% der Erzeugung erfolgt darüber hinaus mithilfe von anderen Wärmequellen (Abwärme, Müllverbrennung, Solarthermie …)

werfen aus Flexibilitätsgründen keine besonderen Kosten auf. Die jährlichen Gesamtkosten der mithilfe von Wärmenetzen geschaffenen Flexibilität scheinen damit gemessen an anderen Ausgleichsoptionen (siehe BET-Studie [Krzikalla 2013]) relativ gering zu sein.

3.7

Ausgleichspotenziale sonstiger KWK-Konzepte

3.7.1

Dezentrale KWK-Konzepte in den Bereichen GHD und Wohnen

Die Elektroheizer kommen bei den berücksichtigten 400 Vh/a auf 41 GW Ausgleichspotenzial für negative Residuallast und die Wärmepumpen bei 1.400 Vh/a und einer Jahresarbeitszahl von 4 auf 10 GW. Es spricht anhand dieses Ergebnisses einiges dafür, zur Ausschöpfung eines hohen Potenzials Elektrodirektheizer und Wärmepumpen miteinander zu kombinieren. Insbesondere wenn die hohe Belastung des für Elektrodirektheizer mit Umlagen, Netzentgelten und Steuern erhalten bleibt, bietet es sich an, deren Auslastung so gering wie möglich zu halten. Für GroßWärmepumpen sind dagegen heutzutage schon konkurrenzfähige Wärmepreise realisierbar.

In welchem Umfang außerhalb von (potenziellen) Fernwärmegebieten für die Flexibilisierung geeignete große KWK-Anlagen des Bereichs Gewerbe/Handel/Dienstleistungen und großer Wohnanlagen vorkommen bzw. möglich sein werden, ist schwer einzuschätzen. Prognos hat in einer kürzlich für BDEW und AGFW erstellten Studie [Wünsch 2013] ein Erzeugungspotenzial an BHKW der Leistung zwischen 50 kW und 1 MW von 35 TWhel/a in dem genannten Bereich für möglich gehalten. Unter der Annahme, dass die Hälfte der Stromerzeugung aus BHKW mit mindestens 500 kW stammen, die prinzipiell für eine Flexibilisierung infrage kommen, umfasst der geeignete Teil etwa 18 TWhel/a und damit etwa 3,5 GW Ausgleichspotenzial für positive Residuallast. Durch gleichzeitige Integration von Elektroheizern könnte ein ähnliches Ausgleichspotenzial für Stromüberschüsse bereit stehen.

Genau genommen korrelieren die Ausgleichspotenziale mit der zeitlichen Entwicklung der Fernwärmeabsätze. So würde die maximale Residuallastabdeckung, falls keine weiteren strategischen Impulse hinzukommen, von 35 GW in 2030 auf 25 GW in 2050 sinken. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass die technische Lebensdauer der berücksichtigten Anlagen im Bereich von 20 Jahren liegt, so dass vorzeitige Stillegungen von hier präferierten Anlagen kaum zu befürchten sind. 48

Aus der heutigen Perspektive ist dieses Potenzial allerdings wesentlich schwerer als im Fernwärmebereich umzusetzen, weil bei dezentralen Konzepten die Stromeigennutzung und damit eine Optimierung an die eigene Strombedarfssituation überwiegt. So ist es

 

eher wahrscheinlich, dass große brennstoffbasierte Wärmeerzeuger, insbesondere Dampf- oder Heizkessel, zusätzlich mit Elektroheizern versehen werden, die in Stromüberschussphasen die Wärmeerzeugung übernehmen.

3.7.2

KWK-Konzepte in der Industrie

Das nationale KWK-Potenzial der Industrie wurde in einer vom Bremer Energie Institut und DLR für das Bundeswirtschaftsministerium erstellten Studie bestimmt [Eikmeier 2006]. Die Ergebnisse weisen in Abhängigkeit der eingeflossenen CO2-Preise und Energiepreisszenarien eine große Bandbreite auf, die von 25 GWel bis 37 GWel reicht. Darin sind maximal 5 GWel BHKW-Kapazität unter 1 MW enthalten. In dem Fall von 25 GWel Potenzial werden keine BHKW unter 1 MW erwartet. Demnach beträgt das KWK-Potenzial mindestens 25 GWel . Davon unterliegt allerdings ein Drittel erschwerten Bedingungen, weil Temperaturansprüche über 100°C zu erfüllen sind, die eine Wärmespeicherung zu teuer erscheinen lassen. Da es sich in vielen Fällen um verknüpfte Systeme handelt, bei denen die Wärme kaskadenartig genutzt wird, könnte von dieser Einschränkung auch ein Teil der niedriger temperierten Wärmenutzungen betroffen sein. So könnte es sich schließlich um ein nutzbares Ausgleichspotenzial für positive Residuallast von etwa 13 GWel handeln. Aus mehreren Gründen ist dieses Flexibilitätspotenzial wesentlich schwerer als im Fernwärmebereich umsetzbar: • Da technisch bedingte Betriebsunterbrechungen als bedrohlich empfunden werden, stellt die Zuverlässigkeit des Wärmeversorgungssystems ein besonders wichtiges Kriterium dar; sie darf keineswegs durch eine höhere Komplexität des Systems bedroht werden. • In vielen Fällen steht die mit der KWK-Anlage bewirkte Stromeigenerzeugung im Vordergrund, die sich allein an den Lastanforderungen des Betriebes orientiert.

• In der Vergangenheit herrschte in der Industrie eher der Trend, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren, so dass eine Steuerung der eigenen Energieversorgung analog des Geschehens an der Strombörse aus dem üblichen Rahmen herausragen könnte. • Die Industrie würde an einer neuen Ausrichtung relativ hohe Renditeanforderungen knüpfen, die sich aus der Konkurrenzsituation zur Fernwärmewirtschaft schwer erfüllen lassen. Die Flexibilitätsoption, große brennstoffbasierte Dampf- oder Heizkessel zusätzlich mit Elektroheizern versehen scheint vor diesem Hintergrund leichter umsetzbar zu sein, weil hierfür nur geringe technische Erweiterungen erforderlich wären.

3.8

Sonstige Ausgleichspotenziale aus dem Wärmemarkt

Systematische Ausgleichsmöglichkeiten bestehen ansonsten im Rahmen der Brauchwarmwasserbereitung. Die Kosten für einen im Heißwasserspeicher integrierten Heizstab sind zwar relativ gering, jedoch sind auch die Ausgaben für die erforderliche Kommunikations- und Regeltechnik zu beachten. Der Speicher würde bei diesem Konzept aus dem Heizwärmeerzeuger und in Stromüberschusszeiten mit dem Heizstab aufgeladen werden. Ebenso eignen sich an Heizanlagen angeschlossene Durchlauferhitzer die auch eine Option zur elektrischen Betriebsweise erhalten. Das hierfür zur Verfügung stehende Potenzial ist schwer einzuschätzen, weil je nach Konzept sehr unterschiedliche elektrische Leistungen installierbar sind und stark verbreitete reine elektrische Durchlauferhitzer vom Konzept her ungeeignet sind. Hier kann allenfalls überlegt werden, dass in den Jahren bis 2030 noch eine flexibilitätsorientierte Umstellung erfolgen kann.

49

3

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

4 Energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität

In Dänemark wird der Strombedarf zu 60% aus KWK [DEA 2012a] und zu weiteren 30% aus Windkraft [DWIA 2013] gedeckt. Der Wärmemarkt ist in Dänemark preisreguliert [Toke & Fragaki 2008] und die Wärmeversorger sind überwiegend Genossenschaften. Rund 60% des Wärmebedarfs wird über Wärmenetze gedeckt [Nast et al. 2010], mit einem Erzeugungsanteil von rund 80% aus KWK [DEA 2012a] und von rund 50% aus EE [DEA 2012a]. Um sicherzustellen, dass möglichst viele Haushalte an die effiziente Fernwärmeversorgung angeschlossen sind, wurde der Anschluss in der Vergangenheit konsequent vorangetrieben. Seit 2013 sind gas- oder ölbasierte Individualheizungen in Neubauten [DEA 2012b], und ab 2016 auch der Ersatz im Bestand verboten. Elektrische Individualheizungen sind nur in Ausnahmefällen zugelassen [DEA 2005]; in Fernwärmesystemen sind hingegen inzwischen rund

30 MW an Wärmepumpen und knapp 300 MW an Elektroheizern installiert [smartnet.dk 2013].

4.1

Förderung von Wärmetechnologien

Deutschland In Deutschland sind die Netzbetreiber durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) verpflichtet, dem Anlagenbetreiber den Strom aus KWK zu einer Vergütung über dem durchschnittlichen Marktpreis abzunehmen. Auf den Marktpreis wird ein KWK-Zuschlag entsprechend der Anlagengröße gezahlt. Als Referenz für den üblichen Marktpreis gilt für Anlagen mit einer Kapazität von bis zu 2 MW laut Gesetz der Quartals-Durchschnitt des Preises für Grundlaststrom an der Börse. Abbildung 25 zeigt den Verlauf des üblichen Preises seit dem Jahr 2000; aktuell liegt er bei rund 38 €/MWh. Falls der Anlagenbetreiber seinen Strom eigenständig, also beispielsweise bilateral, an der Börse oder am Regelenergiemarkt, gewinnbringender vermarkten kann, so hat er dennoch Anspruch auf den gesetzlichen Zuschlag, der seiner Anlagenkonfiguration entspricht. Tabelle 14 listet die aktuell gültigen Zuschläge.

"Üblicher  Preis"  gem.  §4,  Abs.  3  Satz  3  KWKG   80  

70  

60  

50   €/MWh  

40  

30  

20  

10  

0  

Q3  2000   Q4  2000   Q1  2001   Q2  2001   Q3  2001   Q4  2001   Q1  2002   Q2  2002   Q3  2002   Q4  2002   Q1  2003   Q2  2003   Q3  2003   Q4  2003   Q1  2004   Q2  2004   Q3  2004   Q4  2004   Q1  2005   Q2  2005   Q3  2005   Q4  2005   Q1  2006   Q2  2006   Q3  2006   Q4  2006   Q1  2007   Q2  2007   Q3  2007   Q4  2007   Q1  2008   Q2  2008   Q3  2008   Q4  2008   Q1  2009   Q2  2009   Q3  2009   Q4  2009   Q1  2010   Q2  2010   Q3  2010   Q4  2010   Q1  2011   Q2  2011   Q3  2011   Q4  2011   Q1  2012   Q2  2012   Q3  2012   Q4  2012   Q1  2013   Q2  2013   Q3  2013  

4

Die vorangegangenen Analysen zeigen auf, welche Erlöse bzw. Beschaffungspreise für den Betrieb der verschiedenen Anlagenkombinationen mit den jeweils unterschiedlichen Flexibilitätsbeiträgen erforderlich sind. Im Folgenden werden die gegenwärtigen Erlösoptionen in Deutschland dargestellt. Diese werden mit den in Dänemark vorhandenen verglichen, wo der Wärmesektor bereits heute flexibel mit der Stromversorgung interagiert.

Abbildung 25: Üblicher Preis an der Börse zwischen 2000 und 2013. Quelle: BKWK 2013 50

 

Tabelle 14: Zuschläge laut KWKG Leistungsbereich

Zuschlag

bis 50 kW

5,41 ct/kWh

zwischen 50 kW und 250 kW

4,0 ct/kWh

zwischen 250 kW und 2 MW

2,4 ct/kWh

über 2 MW

1,8 ct/kWh

über 2 MW (mit Emissionshandel)

2,1 ct/kWh

 

Darüber hinaus können KWK-Anlagen, die ins Verteilnetz einspeisen in der Regel die Auszahlung sogenannter vermiedener Netznutzungsentgelte geltend machen. Der Netzbetreiber zahlt dem Anlagenbetreiber dann den Anteil der Netzentgelte für die Durchleitung auf höheren Netzebenen aus, die bei dezentraler Erzeugung nicht anfällt, aber dennoch pauschal vom Verbraucher des Stroms erhoben wird. Je nach Netzstandort der Anlage (hauptsächlich Netzebene) liegen die vermiedenen Netznutzungsentgelte zwischen 0,01 und 2 ct/kWh [bhkw-jetzt.de 2013, waermestrom-gemeinschaft.de 2013]. Indem unabhängig vom Erzeugungszeitpunkt die gleiche Vergütung gezahlt wird, bevorzugen die Regelungen des KWKG eine rein wärmegeführte Auslegung und Fahrweise von KWK-Anlagen. Es besteht ein kleiner, in der Regel jedoch nicht ausreichender Anreiz, durch eine direkte Vermarktung bilateral oder am Strommarkt zusätzliche Erlöse zu erzielen. Die Gesamtvergütung liegt bei dieser Option derzeit je nach Anlagengröße und -standort zwischen 5 und 11 ct/kWh. KWK-Anlagen, die erneuerbare Brennstoffe oder ohnehin verfügbare Brennstoffe wie Klär- oder Grubengas verwenden, können alternativ zum KWKG auch nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert werden. Nach EEG wird den Anlagenbetreibern abhängig von der Brennstoffart und der Anlagenkonfiguration über 20 Jahre eine feste Vergütung gewährt. Trotz des höheren Beschaffungsaufwandes für solche Brennstoffe, ist die Vergütung nach EEG in der Regel etwas attraktiver als nach KWKG. Eine solche Regelung setzt jedoch bei Auslegung und Betrieb der An-

lage ebenfalls Anreize für eine Orientierung am Wärmebedarf und -lastgang. Darüber hinaus bietet das EEG jedoch inzwischen auch die Möglichkeit, den erzeugten Strom auf freiwilliger Basis direkt zu vermarkten. Für neue BiogasAnlagen mit einer Leistung von mehr als 750 kW wird diese Option ab 2014 erstmals verpflichtend. Der Betreiber erhält dann eine Marktprämie in Höhe der Differenz zwischen durchschnittlichem Marktpreis und EEG-Vergütung. Gelingt eine Vermarktung zu Preisen über dem Durchschnitt, können zusätzliche Erlöse erzielt werden. Im Gegensatz zu den Regelungen im KWKG kompensieren hier jedoch Boni die zusätzlichen Risiken und Aufwände der Direktvermarktung. Über die Flexibilitätsprämie wird die geringe Gesamtauslastung von Anlagen berücksichtigt, die zusätzlich zur Deckung des Wärmebedarfs auch Flexibilität für das Stromsystem bereitstellen. Abhängig davon welcher Anteil der Leistung der Anlage flexibel eingesetzt wird, beträgt die zusätzliche Vergütung bis zu 4 ct/ kWh [Holzhammer 2011]. Darüber hinaus wird das Risiko des Anlagenbetreibers, durch Ausfälle oder Fehler von den prognostizierten Fahrplänen abzuweichen und Strafzahlungen leisten zu müssen, durch eine Managementprämie ausgeglichen. Sie beträgt für steuerbare EE derzeit 0,275 ct/kWh und soll jährlich um 0,025 ct/kWh sinken. Die Anreize, KWK-Anlagen wärmegeführt und somit für den Strommarkt unflexibel einzusetzen, sind durch das höhere Vergütungsniveau im EEG noch stärker als im KWKG. Der Wechsel hin zur Direktvermarktung und damit stärkeren Stromorientierung wird jedoch neuerdings durch die Prämien attraktiver gestaltet. 51

4

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Tabelle 15: Dreigliedrige KWK-Vergütung in Dänemark (zum 1. Januar 2012)

4

Niedriglast

Hochlast

Spitzenlast

Winter (Oktober - März)

21.00– 06.00

06.00 – 08.00 12.00 – 17.00 19.00 – 21.00

08.00 – 12.00 17.00 – 19.00

Sommer (April - September)

21.00– 06.00

06.00 – 08.00 12.00 – 21.00

08.00 – 12.00

A1/A2 (60/10 kV, 50/10 kV)

3,10 ct/kWh

6,56 ct/kWh

8,67 ct/kWh

B1/B2 (10/0,4 kV)

3,14 ct/kWh

6,91 ct/kWh

9,16 ct/kWh

C (0,4 kV)

3,23 ct/kWh

7,41 ct/kWh

10,02 ct/kWh

  Quelle: Energinet.dk 2013 (Umrechnung: 1øre = 0,134138608ct)

In der letzten Aktualisierung des KWKG sind über die Förderung von Stromerzeugung aus KWK hinaus auch Investitionszuschüsse für Wärmenetze und -speicher hinzugekommen. Wie bereits dargestellt sind KWKAnlagen in Wärmenetzen mit Wärmespeichern besonders geeignet, ihre Produktion den Gegebenheiten auf dem Strommarkt anzupassen. Der Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen nach bestimmten Effizienzkriterien wird deshalb, je nach Leitungsdurchmesser (kleiner oder größer 100 mm) mit 100  €/m bzw. maximal 30 bis 40% der Investitionssumme oder 10 Mio. € pro Projekt gefördert (§ 7a). Für den Neu- oder Ausbau von Wärmespeichern werden nach bestimmten Effizienzkriterien Zuschüsse in Höhe von 250 €/m3 gewährt; für Speicher über 50 m3 jedoch nicht mehr als 30 % der Investitionssumme und insgesamt nicht mehr als 5 Mio. € pro Projekt (§ 7b). Für beide Bereiche zusammen sollen nicht mehr als 150 Mio. € pro Jahr zur Verfügung stehen. Auch Investitionen in effiziente Wärmepumpen werden sowohl als Individualheizung, als auch als Bestandteil von Wärmenetzen, im Rahmen eines Marktanreizprogramms gefördert. Kleinere Anlagen erhalten pauschal einen Investitionszuschuss von je nach Technologie zwischen 1.300 und 2.800  €, größere Anlagen erhalten zusätzlich zwischen 100 bis 120 € je kW und für den Neubau von Pufferspeichern ab 30 l/kW sind zusätzlich 500 € vorgesehen [BMU 2012]. Eine erzeugungsgekoppelte Förderung, wie bei KWK gibt es nicht. Die Anlagen beziehen ihren Strom, wie im folgenden Kapitel näher beschrieben, auf den Strommärkten. 52

Dänemark In Dänemark wurden KWK-Anlagen in der Vergangenheit mithilfe einer dreigliedrigen, zeitabhängigen Regelvergütung gefördert. Für Anlagen mit einer Kapazität von weniger als 5 MW gilt sie noch heute [DEA 2005]. Das Vergütungsmodell sieht eine zu Spitzenlastzeiten hohe, tagsüber mittlere und nachts niedrige Vergütung für KWK-Strom vor. Tabelle 15 zeigt die Vergütungsstruktur im Jahre 2012. Mit dieser Vergütung wurde ein Anreiz gesetzt, KWKAnlagen um bis zu 50% größer auszulegen als dies zur reinen Wärmeversorgung erforderlich wäre. Die zusätzliche Kapazität wird dazu genutzt, flexibel auf die Verdienstmöglichkeiten beim Stromverkauf einzugehen. Die jährlichen Volllaststunden solcher Anlagen liegen heute bei rund 4.000, in Einzelfällen sogar nur 1.500 Stunden pro Jahr. Eine entsprechend hohe Vergütung ist demnach erforderlich, um die Wirtschaftlichkeit zu sichern. KWK-Anlagen mit einer installierten Leistung über 5 MW können inzwischen die dreigliedrige Regelvergütung nicht mehr in Anspruch nehmen und auch die Abnahmeverpflichtung für KWK-Strom wurde im Jahr 2005 aufgehoben [IEA 2008]. Die Betreiber kleinerer Anlagen können sich entscheiden, die dreigliedrige Vergütung gegen eine selbstständige Vermarktung einzutauschen und nutzen diese Möglichkeit inzwischen auch zahlreich. Bei der selbstständigen Vermarktung setzen sich die Erlöse aus

 

• dem Marktpreis zum Zeitpunkt der Erzeugung • einer Subvention bzw. Umlage • und einem Kapazitätszuschlag zusammen. Die Subvention von 0,9–1,1 ct/kWh erhalten zentrale, mit Abfall, Erdgas oder nur teilweise mit Biogas befeuerte Anlagen; den attraktiveren Umlagezuschuss hingegen Anlagen auf Basis erneuerbarer Brennstoffe für die ersten 80 Mio. kWh oder 6 Jahre [DEA 2005]. Dieser stockt den durchschnittlichen Marktpreis über einen Zeitraum von 20 Jahren auf rund 8 ct/kWh auf [DEA 2005]. Für Anlagen, die unter den Voraussetzungen der dreigliedrigen Vergütung gebaut wurden, wurde zusätzlich ein Kapazitätszuschlag eingeführt, der den durchschnittlichen Marktpreis für einen Übergangszeitraum auf die Höhe der dreigliedrigen Vergütung aufstockt, falls er unter 4,56 ct/kWh fällt [DEA 2005]. Die Wärmeversorgung wurde in Dänemark im Jahr 1979 vom Staat per Gesetz geregelt, mit dem Ziel, kleine Ölheizungen durch eine effizientere netzgebundene Gas- und Wärmeversorgung zu ersetzen. Die systematische Stadt- und Regionalplanung bezog die Wärme- und Gasnetze über verbindliche Wärmeversorgungspläne ähnlich den Bebauungs- und Flächennutzungsplänen konsequent mit ein. Der Anschluss konnte sogar als verpflichtend festgelegt werden, war aber in den meisten Fällen ohnehin wirtschaftlich attraktiv. Innerhalb der Wärmenetze wurde die Effizienz konsequent vorangetrieben. Seit 1977 förderten staatliche Subventionen die Nutzung von Abwärme aus großen Kraftwerken [DEA 2012] und führten so die KWK ein. In den 90ern war diese bereits eine feste Größe in der Wärmeversorgung und auch größere Gaskraftwerke wurden in kleinere gasbasierte KWK-Anlagen umgewandelt [Toke & Fragaki 2008]. Zwischen 1981 und 2001 gab es darüber hinaus staatliche Subventionen für Solarthermie und Wärmepumpen in Wärmenetzen [DEA 2012]. Eine direkte Förderung für Wärmespeicher oder Wärmenetze erfolgt nicht bzw. nur in Ausnahmefällen, etwa für innovative Demonstrationsvorhaben.

Der Einsatz von KWK wurde in der Wärmeversorgung lange gefördert. Einzelne Anlagenkonzepte/-kombinationen (größere Auslegung, Speicher, Elektrokessel,…) wurden jedoch meist nicht förderspezifisch, sondern lediglich über die Rahmenbedingungen vorangebracht.

4.2

Stromhandel

Bei der selbstständigen Vermarktung in Verbindung mit entsprechenden Boni und Zuschüssen regelt der Strommarkt den effizienten Einsatz von Strom aus KWK. Analog verspricht die Beschaffung von Strom zur Verwendung in Elektroheizern und Wärmepumpen am Strommarkt in Verbindung mit vertretbaren Umlagen und Abgaben die beste Integration zwischen Wärme- und Stromversorgung. Börsenhandel in Deutschland Der EPEX Spotmarkt macht in Deutschland rund 65% des Stromverbrauchs aus [EPEX 2013]. Der restliche Handel erfolgt bilateral zwischen Erzeugern und Großabnehmer. Der größte Teil des organisierten Handels entfällt auf den Day-Ahead-Markt. Dort sind Gebote jeweils für eine Stunde oder Stundenblöcke am Folgetag möglich; die Preise lagen bis zum dritten Quartal 2013 in Deutschland durchschnittlich bei 38,4 €/MWh [EPEX 2013]. Kleinere Fehlmengen, die nach dem Day-Ahead-Handel bestehen geblieben sind, können anschließend im Intra-Day-Markt ausgeglichen werden [EPEX 2013]. Ein Handel kommt unmittelbar zustande, wenn ein Gebot auf eine passende Nachfrage trifft. Die Preise im Intra-Day-Markt schwanken in der Regel stärker als im Day-Ahead-Markt und es besteht ein gewisses Risiko, dass kein Handel zustande kommt. In Deutschland kaufen die Übertragungsnetzbetreiber den Anlagenbetreibern ihren Strom zu der im KWKG bzw. EEG festgelegten Vergütung ab und bieten ihn anschließend auf dem Spotmarkt an. Die durch die Vergütung entstehenden Differenzkosten legt der Netzbetreiber auf die Verbraucher um. Preisschwan53

4

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

kungen am Strommarkt stellen somit keine Anreize für die Erzeuger dar, ihre Erzeugung anzupassen.

4

Börsenhandel in Dänemark In Dänemark hingegen müssen die Anlagenbetreiber den erzeugten Strom, sowohl aus Windkraftanlagen als auch aus KWK-Anlagen mit einer Leistung über 5 MW, über die Börse oder bilateral selbst vermarkten. In den nordischen Ländern (Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark, Estland und Litauen) deckt die skandinavische Börse „Nordpool“ ähnlich wie EPEX mit 70% einen Großteil des Stromverbrauchs ab [Energinet 2013]. Die Preisverläufe an der Börse sind stark von der Verfügbarkeit von Wind und Wasserkraft beeinflusst: In Jahren mit hoher Wasserkrafterzeugung in Norwegen oder in Stunden mit hoher Windeinspeisung in Dänemark sind die Preise entsprechend gering oder umgekehrt. Andere Marktteilnehmer reagieren wiederum auf diese Signale. Bei niedrigen Preisen lassen KWK-Anlagen der Wind- bzw. Wasserkraft bei der Stromerzeugung den Vorrang [vgl. Blarke 2012] und decken stattdessen den Wärmebedarf zu Zeiten mit hohen Strompreisen. In den letzten Jahren wird Strom zu Niedrigpreiszeiten zunehmend auch mithilfe von Elektroheizern in Wärme umgewandelt oder in die Nachbarländer exportiert. In 2012 lag der Preis auf dem Day-Ahead-Markt in Dänemark mit durchschnittlich 36 €/MWh etwas niedriger als in Deutschland. Dies erklärt sich unter anderem durch den höheren EE-Anteil (vor allem Wind- und Wasserkraft) mit niedrigen Grenzkosten.

die etwa durch die Bereithaltung von KWK-Anlagen zur Verfügung gestellt werden kann. Muss die Energiemenge im System verringert werden, spricht man von negativer Regelleistung, die etwa durch die Abregelung von in Betrieb befindlichen KWK-Anlagen oder die Inbetriebnahme von Strom verbrauchenden Elektrokesseln oder Wärmepumpen bereitgestellt werden kann. Je nach Vorlaufzeit unterscheidet man zusätzlich zwischen Primär-, Sekundär- und Minutenregelung. Die abgerufene Minutenregelung betrug 2012 in Deutschland weniger als 1 % und in Dänemark knapp 2% des Gesamtverbrauchs.

Allgemeines zu Regelenergie Die Börse kann also als zentraler Umschlagspunkt von Strom sowohl aus EE als auch aus KWK dienen. Der Markt gibt Preisanreize anhand derer flexible Erzeuger und Verbraucher sowohl saisonale als auch untertägige Schwankungen weitgehend ausgleichen können.

Regelenergie in Deutschland In Deutschland werden Lieferung (Energiemenge) und Bereitstellung (Kapazität) von Regelenergie ausgeschrieben und getrennt vergütet. Insgesamt stehen dadurch für Primär-, Sekundär- und Minutenregelung durchgängig gut 10 GW Kapazität für den Bedarfsfall zur Verfügung [regelleistung.net 2013]. Primär- und Sekundärregelung werden jeweils wöchentlich ausgeschrieben, Gebote für die Minutenregelung werden täglich jeweils für 4-Stunden-Blöcke abgegeben. Sie müssen mindestens 5 MW umfassen, können sich aber aus der Kapazität mehrerer Anlagen innerhalb einer Regelzone zusammensetzen [regelleistung.net 2013]. Die Auswahl der Anlagen zur Bereitstellung von Minutenregelung erfolgt in der Regel innerhalb einer Stunde, in jedem Fall aber noch vor der Angebotsfrist des regulären Börsenhandels (der Day-Ahead-Auktion). Die Bereitstellung wird anhand des Leistungspreises, der Abruf anhand des Arbeitspreises ausgewählt. Die Leistungspreise im Regelenergiemarkt waren 2012 in Deutschland mit rund 17 €/MW für negative und knapp 4 €/MW für positive Regelenergie durchschnittlich niedriger als die Börsenpreise; je nach Zeitraum wurden jedoch bis 350 €/MW negative und bis zu 120 €/MW für die Bereitstellung positiver Regelleistung gezahlt.

Um Abweichungen zwischen der verhandelten und tatsächlich bereitgestellten bzw. bezogenen Energiemenge auszugleichen, beschaffen die Übertragungsnetzbetreiber Regelenergie. Wird zusätzliche Energie benötigt, so spricht man von positiver Regelleistung,

Regelenergie in Dänemark In Dänemark hingegen wird Minutenregelung nur nach dem Arbeitspreis vergütet. Die vertragsgestützte Verpflichtung bestimmter Anlagentypen zum Angebot von Regelenergie sichert, dass ausreichend Kapa-

54

 

4

 

Abbildung 26: Preisniveau der Strommärkte in Deutschland und Westdänemark. Quelle: eigene Darstellung basierend auf Daten von Nordpool, EEX und regelleistung.net

zität bereitsteht. Die Preise müssen für positive Regelenergie über und für negative entsprechend unter den Spotmarktpreis liegen. In der Regel weichen sie nicht erheblich von diesem ab. Im Durchschnitt konnten Anlagenbetreiber 2012 negative Regelenergie für rund 32 €/MWh und positive Regelenergie für rund 41€ vermarkten. Selbstvermarktende Anlagenbetreiber entwickeln eine Vermarktungsstrategie anhand der unterschiedlichen Fristen und Vergütungsniveaus auf den einzelnen Märkten. Zunehmend stehen auch Aggregatoren und Softwaretools zur Verfügung, um die Anlagenbetreiber bei Einsatzplanung, Stromvermarktung und -beschaffung zu unterstützen. Die langfristigste Vermarktungsoption stellt der bilaterale Handel dar. Regelenergie im Vergleich In Deutschland findet die erste Auktion für Minutenregelung um 10 Uhr am Vortag der Lieferung im Regelenergiemarkt statt. Wer dort keinen Zuschlag erhält, bietet im regulären Börsenhandel bis 12 Uhr im DayAhead- bzw. anschließend bis zu 45 Minuten vor Lieferung im Intraday-Markt an. In Dänemark hingegen bietet der Day-Ahead-Markt bis 12 Uhr am Vortag der Lieferung die erste Möglichkeit für organisierten Han-

del. Gebote im Intraday-Markt sind noch bis 1 Stunde [Nordpool 2013], im Regelenergiemarkt sogar noch bis 45 Minuten vor Lieferung möglich [Energienet.dk 2013]. Auch über die kürzere Angebotsfrist hinaus bietet der dänische Regelenergiemarkt mehr Flexibilität, da auch solche Anlagen, die nicht für die Bereitstellung von Regelleistung unter Vertrag genommen wurden, kurzfristig Regelenergie anbieten können. Abbildung 26 illustriert anhand der Jahresdauerlinien die Preisniveaus für Spot- und Regelenergiemärkte in Deutschland und Dänemark für die Jahre 2011 und 2012 im Vergleich. Insgesamt ist das Preisniveau der Märkte im Vergleich zwischen 2011 und 2012 abgesunken und sowohl in Deutschland, als auch in Dänemark ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend weiter fortsetzt. Dies kann auf den in beiden Ländern steigenden Anteil an fluktuierender Erzeugung im System zurückgeführt werden. Abbildung 27 vergleicht die oberen und unteren Abschnitte der Jahresdauerlinien der Spotmärkte. Hohe Preise (über 75 €/MWh) werden sowohl in Deutschland, als auch in Dänemark nur in einigen hundert Stunden erreicht. In dieser Zeit waren die Bedingungen für die Vermarktung von Strom aus KWK 55

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

nega8ve  Preise  in  Deutschland  und  Westdänemark   50  

0  

1  

11  

21  

31  

41  

51  

-­‐100  

-­‐150  

-­‐200   DK-­‐W  Spot  2011  

DK-­‐W  Spot  2012  

-­‐250  

DE  Spot  2011  

DE  Spot  2012  

Stunden  pro  Jahr  

hohe  Preise  in  Deutschland  und  Westdänemark   250   DK-­‐W  Spot  2011  

DK-­‐W  Spot  2012  

DE  Spot  2011  

DE  Spot  2012  

200  

Preis  [€/MWh]  

4

Preis  [€/MWh]  

-­‐50  

150  

100  

50  

0  

1  

51  

101  

151  

201  

251  

Stunden  pro  Jahr  

besonders attraktiv. Negative kamen sogar nur in weniger als 50 Stunden vor; günstige Einsatzzeiten für Power-to-Heat Konzepte ergaben sich also durch den Spotmarkt nur selten. Während das Preisniveau der Märkte im Vergleich zwischen 2011 und 2012 abgesunken ist, sind die extremen Preise in 2012 vergleichsweise stärker positiv bzw. negativ als zuvor. Dies spiegelt einen steigenden Bedarf an kurzfristig flexiblen Akteuren wider. Für flexible Anlagen ist neben der Vermarktung auf dem Spotmarkt vor allem die Bereitstellung von Regelenergie interessant. Die Preise sind hier in der Regel attraktiver, da auch die Bereithaltung der Anlagen mit eingepreist wird. Positive Regelenergie wird in 56

301  

351  

Abbildung 27: Extreme Spotpreise in Deutschland und Westdänemark. Quelle: eigene Darstellung basierend auf Daten von Nordpool, EEX und regelleistung.net

der Regel am besten vergütet, da bei Abruf zusätzliche Energie erzeugt wird und somit auch zusätzliche Brennstoff- und Wartungskosten entstehen. Negative Regelenergie hingegen erzielt niedrigere Preise, da im Falle der Abregelung von bereits anderweitig vermarkteter Erzeugung Brennstoffkosten eingespart werden bzw. im Falle von Demand Response Strom günstig an flexible Verbraucher abgegeben wird. Für den dänischen Regelenergiemarkt ist im Vergleich von 2011 zu 2012 ein deutlicher Preisverfall zu beobachten; 2011 waren die Preise durchschnittlich noch 30 bis 40% höher als 2012. Während einerseits der steigende Anteil an EE im System den Regelbedarf erhöht, so sättigt die zuneh-

 

4

 

Abbildung 28: Minutenreservemarkt in Deutschland und Westdänemark. Quelle: eigene Darstellung basierend auf Daten von Nordpool, EEX und regelleistung.net

mend verfügbare flexible Kapazität aus KWK-Anlagen und Elektroheizern den vergleichsweise kleinen Markt auch relativ schnell. Darüber hinaus sind die Regelenergiepreise in Dänemark unmittelbar an die Spotpreise gekoppelt und werden so durch die Entwicklung auf dem Sportmarkt nach unten gezogen. 2012 gilt weiterhin als außergewöhnlich starkes Jahr für die Erzeugung aus Wasserkraft, die von Norwegen aus ebenfalls die dänischen Preise beeinflusst.

4.3

Einsatzplanung am Beispiel Skagen

Am Beispiel des Wärmeversorgers im dänischen Skagen wird die Einsatzplanung verschiedener Anlagen auf unterschiedlichen Märkten deutlich. Die Kunden werden dort mit Abwärme aus Industrieprozessen und einer Müllverbrennungsanlage, sowie mithilfe eines 3-motorigen Blockheizkraftwerks in Kombination mit Wärmespeicher, Spitzenlast- und Elektrokessel versorgt. Künftig ist eine Großwärmepumpe zur Ergänzung des Systems vorgesehen.

Aus der Abbildung 29 wird deutlich, dass die KWKAnlage zu Zeiten hoher Spotpreise und der Elektrokessel zu Zeiten günstig verfügbarer Regelenergie eingesetzt werden. In beiden Fällen übersteigt die Wärmeerzeugung kurzzeitig den Bedarf und wird entsprechend im Speicher aufgefangen. Der Elektrokessel kommt bei diesem Betriebsschema eher selten und nur kurzzeitig zum Einsatz. In Abhängigkeit von den alternativen Erzeugungskosten des Gasheizkessels oder des Elektroheizers sowie des Füllstands des Wärmespeichers bietet der Versorger seit 2005 täglich seine KWK-Erzeugung im Day-Ahead-Markt an. Seit 2006 nimmt er darüber hinaus am Sekundär- und Tertiärregelenergiemarkt teil. Hat die KWK-Anlage im Spotmarkt einen Zuschlag erhalten, so kann sie durch ihre Abschaltung negative Regelleistung bereitstellen; kam sie hingegen im Spotmarkt nicht zum Zuge, so kann ihre Erzeugung als positive Regelenergie vermarktet werden. Wenn entsprechend Wärmebedarf oder freie Speicherkapazität vorhanden sind, kann darüber hinaus ein Angebot für die Inbetriebnahme des Elektroheizers für ne-

57

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

1  €  =  7,5  DKr

Strompreis  (Spotmarkt) E-­‐Heizkessel

Heizkessel

BHKW

Heizkessel

4 Solaranlage

Speicherfüllstand

Abbildung 29: Anlageneinsatz des Fernwärmesystems Skagen 25.4.-8.5.13. Quelle: emd.dk

gative Regelenergienachfrage gegeben werden. Seit 2009 ist die Anlage außerdem für die Bereitstellung von Primärregelung qualifiziert; bei Bedarf können also Blockheizkraftwerk und Elektrokessel ihre Leistung automatisch (um 10%) verringern [Lund 2012]. Unter deutschen Rahmenbedingungen müssten die Gebote für Regelenergie vor der Vermarktung im Spotmarkt gemacht werden. Günstige Angebote für negative Regelung, die auf bereits im Spotmarkt verkaufte Strommengen basiert, sind deshalb nicht möglich. Ebenso können Kapazitäten, die nach dem Clearing der Spotmärkte vakant geblieben sind, auch kurzfristig keine positive Regelung mehr anbieten. Darüber hinaus kann negative Regelenergie in Deutschland durch Power-to-Heat nur auf Basis von relativ ungenauen Vortagsprognosen und nicht kurzfristig in Abhängigkeit des Wärmebedarfs und der Verfügbarkeit des Wärmespeichers angeboten werden.

4.4

Steuern und Abgaben

Für den Strom, der zur Wärmeerzeugung aus dem Netz bezogen wird, fallen zusätzlich zu den Marktprei58

sen Entgelte, Steuern und Umlagen gemäß Tabelle 16 an. Durch sie verteuern sich die Bezugspreise auch zu Zeiten, in denen günstige Preise am Markt signalisieren, dass der Strom im Überfluss vorhanden ist. Die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Elektroheizern und Wärmepumpen wird also nicht nur durch den Strompreis an der Börse bzw. am Regelenergiemarkt, sondern ganz besonders auch durch die in Tabelle 16 gelisteten Steuern und Abgaben, beeinflusst. Tabelle 16 vergleicht die Entgelte und Abgaben auf Strom zur Verwendung in Elektroheizern und Wärmepumpen in Deutschland und Dänemark. Der Energiepreis an sich (zum Beispiel Börsenpreis), sowie die Marge für den Vertrieb und die Mehrwertsteuer sind nicht berücksichtigt. Auch der Leistungsanteil der Netzentgelte ist in der Tabelle nicht enthalten. In Dänemark sind die Entgelte und Abgaben deutlich niedriger als in Deutschland. Die Bedingungen für die Verwendung von Strom in Wärmepumpen und Elektrokesseln wurden dort im Jahr 2004 verbessert, indem die Stromsteuer verringert [Augsten-Alves 2012] und die EE-Umlage für Elektroboiler und Wärmepumpen aufgehoben wurde. Auch in Deutschland gibt es Sonderregelungen für Strom zur Verwendung in

 

Tabelle 16: Vergleich der Entgelte und Abgaben auf Strom zur Verwendung in Elektroheizern und Wärmepumen in Deutschland und Dänemark Komponente

Deutschland

Übertragungsnetzentgelt Verteilnetzentgelt

~2,2 ct/kWh*

Systemabgabe Konzessionsabgabe

0,11 ct/kWh

EEG Umlage

5,277 ct/kWh

KWK Umlage

0,06 ct/kWh

Offshore Umlage

0,25 ct/kWh

§19 Umlage

0,05 ct/kWh

Energiesparabgabe Stromsteuer Gesamt  

Dänemark

Quelle

0,38 ct/kWh

Energinet 2013, StromNEV

~1,34 ct/kWh

Dansk Energi 2013

0,55 ct/kWh

Energinet 2013

-

0 ct/kWh

KAV

4

Dansk Fjernvarme 2013 eeg-kwk.net 2013

-

0,63 ct/kWh

NordEnergi 2012

2,05 ct/kWh

2,84 ct/kWh

Dansk Fjernvarme 2013, StromStG

9,997 ct/kWh

5,74 ct/kWh

Quelle: eigene Zusammenstellung, Stand 2013, (Umrechnung: 1øre = 0,134138608ct) *für Abnehmer mit höchstlastferner Nutzung, nur Arbeits- exklusive Leistungspreis

Elektroheizern und Wärmepumpen, wie zum Beispiel niedrigere Netzentgelte und Konzessionsabgaben. Die festen Preisbestandteile machen hier jedoch dennoch ca. 80 % des Gesamtpreises aus.

sionsabgabe. Doch auf dieser Basis kommt es per Saldo zu keiner Kompensation der negativen Residuallast; dem System wird also keine Flexibilität zur Verfügung gestellt.

Im Falle der Erbringung von Regelleistung ändert sich die Kostenstruktur geringfügig. Statt zum Börsenpreis zu beziehen, gibt der Anlagenbetreiber gemäß Kapitel 4.2 ein Angebot mit Leistungs- und Arbeitspreis ab. Dort können die entsprechenden Abgaben weitgehend eingepreist werden. Anlagen, die Flexibilität in das System einbringen, müssen damit rechnen, dass sich durch erhöhte Bezugsspitzen die Leistungskomponente des Netzentgelts erhöht. Ist die Erhöhung der Bezugsspitze allerdings durch die Erbringung von Regelenergie verursacht, greifen einige Ausnahmen.

Analog zu den Entgelten und Abgaben im Strombereich fallen für die Wärmeerzeugung aus Gas, alternativ zum Power-to-Heat Konzept, Brennstoffsteuern, Netzentgelte und Abgaben zur Versorgungssicherheit an, die in der Regel im Beschaffungspreis für Gas mitinbegriffen sind. Wärmeversorger beschaffen üblicherweise über längere Zeiträume, in denen der Preis im Wesentlichen konstant bleibt und deshalb die Einsatzplanung der Anlagen nicht wesentlich beeinflusst. In Dänemark werden die leitungsgebundene Wärmeversorgung und erneuerbare Brennstoffe bei diesen Abgaben begünstigt. Für Erdgas etwa fallen in Dänemark Brennstoffsteuern von insgesamt 3,81 ct/ kWh an. In Deutschland steht Erdgas mit einer Steuer von 0,55 ct/kWh nur geringfügig schlechter da als erneuerbare Brennstoffe und darüber hinaus ist die Nutzung in KWK von der Steuer befreit. Allerdings müssen Stromeinspeiser in Dänemark, darunter teilweise auch aus KWK, im Gegensatz zu Deutschland

Eine Möglichkeit zur Einsparung eines Teils der oben aufgeführten Entgelte und Abgaben ergibt sich für den Sonderfall der Nutzung von sogenanntem Eigenstrom, der vor Ort, vom Anlagenbetreiber selbst erzeugt wurde. In diesem Fall entfallen EEG- und KWKG-Umlage, die Stromsteuer und je nach technischer Ausführung auch Netzentgelte und Konzes-

59

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Netzentgelte in Höhe von umgerechnet 0,04 ct/kWh (0,3 øre/kWh) zahlen [Energinet.dk 2013], die die Erlöse der KWK-Betreiber, wenn auch nur geringfügig, schmälern.

4

60

 

5 Fazit Zukünftig werden Zuwächse an fluktuierender Windund Solarstromeinspeisung vermehrt Stromüberschüsse produzieren und zu anderen Zeiten nicht ausreichend Strom für eine Vollversorgung liefern können. Die Wärmeversorgung bietet unter bestimmten Umständen leicht aktivierbare Flexibilisierungspotenziale für den Ausgleich dieser fluktuierend einspeisender Erzeugung. Hierbei bieten Wärmeerzeuger der Leistungsklasse ab etwa 500 kW eine interessante Perspektive. Besonders prädestiniert sind KWK-Anlagen in Verbindung mit Wärmenetzen. Sie stellen eine kostengünstige, ressourcensparende und gut handhabbare Flexibilisierungsoption dar.

stung noch moderate Wärmekosten aufweisen. Eine solche Auslastungsminderung tritt ein, wenn sich der Betrieb nicht allein an dem Wärmebedarf orientiert, sondern zusätzlich von der stromseitigen Residuallast abhängig gemacht wird.

Weiterhin bieten Wärmenetze und Wärmespeicher gute Voraussetzungen zur Einbindung von Elektroheizern und Wärmepumpen, deren Erzeugungsbasis auf der Nutzung von Stromüberschüssen beruht. Die Kombination aus beiden, bei der der Elektroheizer extreme negative Residuallasten und steile Residuallastgradienten kompensieren und die weniger flexible, aber dafür mit guter Energiebilanz ausgestatteten Wärmepumpen einen hohen Wärmeerzeugungsanteil übernehmen, könnte sich hierbei als besonders effektiv erweisen.

Im Rahmen von Wärmenetzen ergänzen sich KWKAnlagen und Großwärmepumpen ideal. Beide erhalten akzeptable Auslastungen und bieten gemeinsam eine sehr gute Primärenergiebilanz. Dagegen führen dezentrale Wärmepumpen entweder zu einer Anhebung der abzudeckenden Residuallast oder müssen unter Einsatz von Brennstoffen in Heizkesseln bivalent ausgeführt werden. Außerdem bietet die dezentrale Ausrichtung nicht den wirtschaftlichen Spielraum, KWK und Wärmepumpen miteinander zu kombinieren.

Außerdem ermöglichen Wärmenetze eine wirtschaftliche und effiziente Einbindung von Abwärmepotenzialen und Beiträgen weiterer wärmeerzeugender Erneuerbarer Energien wie Solarthermie, Tiefengeothermie, Bioenergie etc. Die Einbindung von solarthermischen Großanlagen lässt sich auch in Städten realisieren und bietet bei niedrigen Erzeugungskosten beachtliche Potenziale. Dänische Erfahrungen deuten darauf hin, dass diese Perspektive in Zukunft viel stärker beachtet werden sollte. Die Nutzung von Biomasse sollte ohnehin in Zukunft in einem weit höheren Maße in KWK-Anlagen erfolgen. Dies ist meist davon abhängig, dass der Wärmebedarf mittels Wärmenetze zu großen Einheiten gebündelt wird.

So kommt der Erhaltung, Weiterentwicklung und dem Ausbau von Wärmenetzen zur maximalen Entfaltung der hier behandelten Flexibilitätsoptionen eine Schlüsselrolle zu. Eine kosteneffiziente Zunahme dieser Versorgungsart ist davon abhängig, dass der Wärmenetzzubau kontinuierlich erfolgt – unter gezielter Ausnutzung der sich bietenden Gelegenheiten (Neubausiedlungen, ohnehin erforderliche Renovierungen der Infrastruktur) – und der weiteren Wärmebedarfsentwicklung Rechnung trägt.

Aus den Modellbetrachtungen ist deutlich geworden, dass KWK-Anlagen und Wärmepumpen trotz der diesen Techniken anhaftenden hohen fixen Jahreskosten ab etwa der 1 MW-Klasse auch bei geringer Ausla-

Für die Anlagenklasse ab 1 MW ergab sich ein relativ geringer Förderbedarf gegenüber den ursprünglichen – nicht den Flexibilitätsanforderungen unterworfenen – Erzeugungskosten. Elektroheizer sind ähnlich wie Gasheizkessel von vornherein mit niedrigen fixen Jahreskosten behaftet, so dass niedrige jährliche Auslastungen hier grundsätzlich tolerierbar sind.

Die hier als vorteilhaft eingestuften Flexibilitätsoptionen werden sich allerdings nur in großer Breite entwickeln, wenn hierfür wirtschaftliche Anreize geboten werden. Aufschläge auf die in Direktvermarktung erzielten Preise versprechen eine bessere Koordination zwischen Wärme- und Stromversorgung als eine starre Vergütung. Dabei können die zusätzlichen Risiken und Aufwände, die sich für die Betreiber ergeben, durch 61

5

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Boni aufgefangen werden. Umgekehrt dürfen bei der flexiblen Beschaffung von Strom für Elektroheizer und Wärmepumpen die Anreize aus dem Strommarkt nicht über die Maßen durch Steuern und Abgaben überlagert werden. Dagegen bietet eine durch Abgaben bewirkte Verteuerung der unerwünschten Energieträger eine andere Lenkungsmöglichkeit, die angestrebten technischen Lösungen voran zu bringen, wie sich aus der Entwicklung in Dänemark ablesen lässt.

5

Die erwünschte Flexibilität unter Beibehaltung hoher KWK-Erzeugungsanteile ist von einer höheren als der klassischen Auslegung 37 der KWK-Anlagen abhängig. Entsprechende Anreize lassen sich beispielsweise mit kapazitätsbezogenen Investitionszuschüssen oder mit Vergütungen wie etwa der dänischen dreiglierigen Regelvergütung für Anlagen, deren Stromerzeugung bislang nicht direkt oder an der Strombörse vermarktet wird, schaffen. Weiterhin unterstützt die im KWKG eingerichtete Förderung von Wärmespeichern die erwünschte höhere Auslegung. Neben der Ausgestaltung der Förderung stellt auch das Marktdesign einen wichtigen Einfluss für die Bereitstellung von Wärmeflexibilität im Stromsektor dar. Angebotsmengen und -fristen sollten zwischen den unterschiedlichen Märkten gut aufeinander abgestimmt und flexibel sein. So könnte der Regelenergiemarkt, wie in Dänemark, als letzter Marktplatz geschlossen werden und nicht wie bisher als erster. Darüber hinaus sollten möglichst alle Marktsegmente (also auch Primär- und Sekundärregelung) für Wärmeflexibilität offen sein.

37 Eine hohe Auslegung bedeutet hier, dass die KWK einen hohen Anteil der maximal auftretenden Wärmeleistung abdecken kann.

62

 

6 Handlungsempfehlungen Die Modellfälle zeigen, dass die Wärmeversorgung gut geeignet ist, Flexibilität für die Stromversorgung bereit zu stellen. Das bundesweite Potenzial dieser Modellfälle ist mit beispielsweise 35 GW (bezogen auf positiver Residuallast) allein im Bereich der Wärmenetze signifikant und vielversprechend. Dies gilt vor allem für Anlagen mit höherer Leistung (etwa ab 500 kW) und Kombinationen aus unterschiedlichen Technologien, wie sie bei der leitungsgebundenen Wärmeversorgung üblich sind. Die Rahmenbedingungen, unter denen sich Wärme- und Stromversorgung entwickeln sind jedoch in einigen Punkten noch nicht optimal darauf ausgerichtet, dieses Potenzial zu heben. Gerade die größeren KWK-Anlagen ab 500 kW, denen hinsichtlich der erwünschten Flexibilität eine besonders wichtige Rolle zukommen könnte, sind aktuell ungünstigen Investitions- und Betriebsbedingungen ausgesetzt. Auch die Vermarktung von Flexibilität aus Wärmepumpen und Elektroheizern gestaltet sich auf den bestehenden Märkten noch als zu schwierig. Darüber hinaus ist die Förderung von Wärmetechnologien noch zu wenig auf eine flexible Betriebsweise und die entsprechende Auslegung von Anlagen für die Bereitstellung von Kapazität ausgelegt. Dementsprechend werden im Folgenden einige konkrete Handlungsempfehlungen gegeben, um das Potenzial der Bereitstellung von Flexibilität aus der Wärmeversorgung künftig besser zu nutzen.

6.1

Erhalt und Ausbau der für die Flexibilität erforderlichen Strukturen

Insbesondere die Anzahl größerer, fernwärmekompatibler KWK-Anlagen stagniert gegenwärtig. In Kombination mit den sinkenden Börsenpreisen erscheinen Neuinvestitionen bei den gegenwärtigen Zuschlägen wirtschaftlich nicht attraktiv. Bei steigenden EE-Anteilen ist von zunächst weiterhin fallenden Börsenstrompreisen auszugehen, sodass sich die Investitionsbedingungen weiter verschlechtern werden. Eine Anhebung der Zuschläge insbesondere für die höheren Leistungsklassen ab 500 kW ist dementspre-

chend erforderlich, um den Bestand an KWK-Anlagen zu erhalten und weiter auszubauen und so die Grundlage für die gewünschte Flexibilität aus der Wärmeversorgung zu schaffen. Bei der Ausgestaltung von Änderungen der Förderbedingungen ist darauf zu achten, dass insgesamt nicht eine Verschlechterung, sondern eine Verbesserung der Investitionsbedingungen erreicht wird. Die betrachteten Technologien bleiben angesichts der zusätzlichen Anforderungen, die sich durch die Bereitstellung von Flexibilität ergeben, und auch angesichts der tendenziell fallenden Börsenpreise weiterhin förderungsbedürftig. Um speziell den Ausbau von Anlagen mit erneuerbaren Brennstoffen voranzubringen, könnten die Abgaben auf unerwünschte Energieträger verschärft werden, wie dies etwa in Dänemark in Bezug auf Öl und Erdgas 38 praktiziert wird.

6.2

Förderung stärker auf flexible Betriebsweise ausrichten

Die Koordination zwischen Wärme- und Stromversorgung im laufenden Betrieb kann über die Marktpreise erfolgen. Der Bedarf für Flexibilität in einem Stromsystem mit signifikanten Anteilen an fluktuierend einspeisenden Erneuerbaren Energien und wirtschaftlich begrenzten Netzkapazitäten spiegelt sich dann in den Strompreisen auf verschiedenen Märkten wider. Zu Zeiten eines Überangebots, also negativer Residuallast, finden die Energieversorger einen niedrigen Preis vor und können entsprechend ihre Stromproduktion verringern und Strom in die Wärmeversorgung aufnehmen und umgekehrt. Neben zeitvariablen Preisen könnten mittelfristig auch regionale Preise zum Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch innerhalb eines Netzengpassgebietes beitragen. Solche Preissignale bilden den Bedarf an Flexibilität ab und sind die Voraussetzung dafür, dass die flexiblen Akteure der Wärmeversorgung sich sinnvoll am System beteiligen können. Die Direktvermarktung von KWK-Strom (die beispielsweise über ausreichende Zuschläge auf

38 In Dänemark für Erdgas 3,81 ct/kWh gegenüber 0,55 ct/kWh in Deutschland.

63

6

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

den erzielbaren Marktpreis abgesichert sein muss) ist dementsprechend eine wichtige Voraussetzung für die Bereitstellung von Flexibilität aus dem Wärmemarkt. Anlagenbetreiber, deren Stromerzeugung über den quartalsweise konstanten ‚üblichen Preis‘ oder die feste EEG-Vergütung abgerechnet wird, haben keine direkten Anreize, eine stromgeführte Fahrweise einzuführen. Für konventionelle KWK-Anlagen über 2 MW steht heute bereits nur die Direktvermarktung zur Verfügung. Vor dem Hintergrund der Modell- und Potenzialbetrachtungen in dieser Studie wäre es jedoch wünschenswert, schon Anlagen der 1 MW-Klasse bzw. ab etwa 500 kW für die Direktvermarktung zu gewinnen.

6

Eine mögliche Maßnahme hierzu wäre die Einführung von Prämien und Risikoaufschlägen, wie sie im EEG zu finden sind, bei bestimmten Anlagengrößen auch für konventionelle KWK 39. Alternativ wäre auch eine Ausweitung der Verpflichtung zur Direktvermarktung auf kleinere Anlagengrößen denkbar. Geeignete Vermarktungsmöglichkeiten bzw. -strukturen sind in Deutschland bereits für Anlagen ab rund 300 kW verfügbar. Als Übergang könnte zum Beispiel für kleinere oder erneuerbare Anlagen, für die eine Direktvermarktung noch zu hohe Risiken birgt, ein mehrgliedriger zeitvariabler Tarif, vergleichbar mit der dreigliedrigen Regelvergütung in Dänemark (s. auch 2.3), dienen. In einem System, in dem fluktuierende Erzeuger noch nicht allzu stark die Einspeisung beeinflussen, kann die Residuallast noch vergleichsweise gut durch regelmäßige Zeitfenster, also entsprechend des wöchentlichen Lastganges abgebildet werden. Angesichts der saisonal unterschiedlichen Hochlastzeiträume und Dargebote anderer Wärmequellen - wie z.B. Solarthermie - kann es über kurz oder lang sinnvoll sein, einen solchen Tarif nicht nur tageszeitlich, sondern auch saisonal zu differenzieren. Für den Anlagenbetreiber ist ein regelmäßiger zeitvariabler Tarif besser zu handhaben als die Stochastik der Marktpreise und der Übergang von einer starren Vergütung damit leichter zu bewältigen.

Die Integration in den Markt ist im Übrigen nicht nur auf Seiten der Wärmeversorgung, sondern auch auf der Stromseite, vor allem bzgl. der steuerbaren Erneuerbaren Energien, verbesserungswürdig. Hierfür sind aber Förderbedingungen notwendig, welche die Steuerbarkeit der Einspeisung anreizen. In Deutschland wird der Großteil der geförderten Strommengen von eigentlich regelfähigen Erneuerbaren Energien unabhängig vom Erzeugungszeitpunkt vergütet. Eine Direktvermarktung ist in den jüngeren Fassungen des EEG bereits vorgesehen, wird aber noch nicht ausreichend genutzt, da die bisherigen Anreize eine Erweiterung der Anlagen mit zusätzlicher BHKW-Kapazität und Speichern nicht wirtschaftlich ermöglichen.

6.3

Förderung stärker auf die Anlagenauslegung ausrichten

Um einen bestehenden Wärmebedarf bei stromgeführter Fahrweise zu decken, müssen neue KWKAnlagen von vornherein größer ausgelegt werden. Die Ergänzung oder Vergrößerung von Wärmespeichern eröffnet Freiräume, um die Stromerzeugung vom Wärmebedarf zu entkoppeln. Geringere Erzeugungsanteile des Spitzenkessels, wie sie in den Modellfällen betrachtet wurden, erhöhen die Erzeugungsanteile der KWK, schaffen Spielraum für Flexibilität und führen gleichzeitig zu einer effizienteren Wärmebereitstellung. Die Berücksichtigung von Flexibilität bei der Anlagenauslegung geht, im Vergleich zur Auslegung für eine wärmegeführte Fahrweise, in der Regel mit zusätzlichen Kosten einher. Die Förderung sollte dementsprechend den Kosten einer flexiblen Auslegung Rechnung tragen. Mehrkosten für die Errichtung oder Erweiterung von Wärmespeichern sind im KWKG bereits abgedeckt, die eine tendenziell höhere Auslegung der KWK-Anlagen ermöglichen. Eine Maßnahme hierzu wäre die Einführung einer Flexibilitätsprämie, wie sie im EEG zu finden ist, auch für konventionelle KWK. Für Anlagen, die im Strommarkt aktiv sind, könnte so ein Zuschlag auf die zusätzliche Anlagenkapazität ge-

39 Umgekehrt fordern Leprich et al. 2013 die Förderung von konventioneller und erneuerbarer KWK einheitlich im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz zu verankern.

64

 

währt werden, die für die Bereitstellung von Flexibilität erforderlich ist. Auch in Verbindung mit einem mehrgliedrigen zeitvariablen Tarif, wie er in 6.2 für bestimmte Anlagen vorgeschlagen wird, kann die höhere Auslegung und die Kombination mit Wärmespeichern unterstützt werden. Die Vergütung in den Hochpreis-Zeiten sollte dazu so hoch sein, dass die Kosten für die Flexibilisierung der Anlagen durch die Verschiebung der Erzeugung in die Hochpreiszeiten amortisiert werden

6.4

Bedingungen für die leitungsgebundene Wärmeversorgung verbessern

Größere Akteure, wie sie in der leitungsgebundenen Wärmeversorgung im Gegensatz zur individuellen Versorgung üblich sind, sind besonders geeignet Flexibilität bereitzustellen. Die entsprechend großen Anlagen sind in der Regel effizienter und haben tendenziell geringere spezifische Wärme- bzw. Stromgestehungskosten. Darüber hinaus ermöglicht die Bündelung von Verbräuchen die Kombination unterschiedlicher Anlagenkonzepte mit entsprechenden Synergien. Die leitungsgebundene Verteilung von Wärme geht, wie in den Modellfällen bereits berücksichtigt, mit zusätzlichen Kosten einher. Diese können teilweise durch die effizientere und damit günstigere zentrale Wärmeerzeugung abgefangen werden. Die Förderung des Leitungsbaus im KWKG geht darüber hinaus in die richtige Richtung, um diese Flexibilitätsoption voranzubringen. In Dänemark sind schon seit langer Zeit verbindliche kommunale Wärmeversorgungspläne ähnlich den Bebauungs- und Flächennutzungsplänen üblich, welche Absatzgebiete für Wärmenetze festlegen und sichern. Die Entwicklung solcher Wärmeversorgungspläne und die Implementierung entsprechender Anreize für Wärmenetze bspw. bei der Erhebung einer Brennstoffsteuer ist ein vielversprechender Lösungsansatz

um die Flexibilitätspotenziale der leitungsgebundenen Wärmeversorgung zu erschließen.

6.5

Preise für Überschussstrom verringern und flexibilisieren

Beim Bezug von Strom zur Verwendung in Elektroheizern und Wärmepumpen macht der Energiepreis, bspw. der Börsenpreis, nur knapp ein Fünftel des Bezugspreises aus. Die restlichen Preisbestandteile, also Entgelte und Abgaben (wie sie Tabelle 16 auflistet) sind weitgehend fest und variieren nicht entsprechend des Bedarfs an Flexibilität im System. Eine Verringerung dieser festen Preisbestandteile würde die Bereitstellung von Flexibilität durch Elektroheizer und Wärmepumpen zum Ausgleich fluktuierender Erzeugung attraktiver machen. Zum einen würde eine Verringerung der Preise im Allgemeinen dazu führen, dass Elektroheizer und Wärmepumpen wirtschaftlicher und damit weiter verbreitet würden. Darüber hinaus würden bei einem geringeren Anteil an festen Preisbestandteilen die Preissignale zum Ausgleich der Einspeisung aus fluktuierenden Erneuerbaren Energien weniger stark verfälscht. In Dänemark sind die Bezugspreise für Strom zur Verwendung in Elektroheizern und Wärmepumpen aufgrund allgemein geringerer Abgabenlast deutlich niedriger als in Deutschland. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Umlage der EE-Förderung für diesen Nutzungsfall nicht anfällt. Eine Befreiung von Strom, der aus dem Netz bezogen wird, von der EEG-Umlage würde die Preise um fast ein Drittel senken und den Anteil fester Preisbestandteile von 80 % auf gut 70 % verringern. Allerdings ist eine entsprechende Befreiung sensibel anzugehen. Es muss garantiert werden, dass die Ausnahmetatbestände nur genutzt werden können, wenn die Anlagen wirklich durch Flexibilität einen Mehrwert fürs Gesamtsystem leisten. Darüber hinaus sollte die Belastung mit Netzentgelten von Anlagen, die Flexibilität bereitstellen, überprüft werden. Mitunter fallen höhere Netzentgelte für 65

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BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

den Strombezug zu Hochlastzeiten oder höhere Leistungspreise entsprechend der Bezugsspitze an. Diese Entgeltsystematik kann dem flexiblen Einsatz von Elektroheizern entgegenwirken und sollte deshalb in Fällen, in denen die flexible Fahrweise nicht mit einer Überlastung des Netzes einhergeht, überdacht werden.

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Für den Sonderfall der industriellen Eigenerzeugung entfällt zwar ein Großteil der Abgaben. Gute Anreize für die Bereitstellung von Flexibilität entstehen hier dennoch nicht. Vielmehr bewirkt die abgeschirmte Behandlung von Eigenerzeugung, dass kaum Interaktion mit dem Versorgungssystem stattfindet. Darüber hinaus überwiegen interne betriebswirtschaftliche Optimierungskriterien gegenüber denen des Gesamtsystems. Selbst dann, wenn zu günstigen Konditionen Strom vom System bezogen oder an das System abgegeben werden könnte, verzichten die Anlagenbetreiber in der Regel zugunsten eines niedrigeren Leistungspreises darauf. Eine differenzierte Aufweichung der Abschirmung von Eigenerzeugung wäre daher wünschenswert. Die Umlagenbefreiung der Anlagen sollte an Kriterien wie z.B. Flexibilität, Wärme- oder Kältespeicher, Teilnahme am Stromhandel, Information über Anlagenzustand an den Netzbetreiber gekoppelt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich teilweise um Anlagen handelt, die einen positiven versorgungstechnischen und ökologischen Beitrag für das Gesamtsystem leisten können.

6.6

Zugang zum Regelenergiemarkt flexibilisieren

Der Regelenergiemarkt ist aufgrund seiner extremen Preise für die Vermarktung von KWK-Strom und teilweise auch für den Bezug von Strom zur Verwendung in flexiblen Elektroheizern und Wärmepumpen der attraktivste Markt. Gleichzeitig ist er aufgrund seines geringen Handelsvolumens für die Veränderung des Energiesystems insgesamt nicht ausschlaggebend. Dennoch könnten die Rahmenbedingungen für Power-to-Heat und stromgeführte KWK durch die

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Flexibilisierung des Regelenergiemarktes verbessert werden. In Dänemark schließt der Markt für Minutenreserve erst kurz vor der Energielieferung, nachdem die Transaktionen im Day-Ahead- und Intraday-Markt bereits abgeschlossen sind. In Deutschland wird die Minutenregelung noch vor Bekanntgabe der Ergebnisse der anderen Märkte unter Vertrag genommen. Eine ähnliche Regelung wie in Dänemark würde, die gekoppelte Vermarktung von Flexibilität auf mehreren Märkten verbessern. Darüber hinaus können die bei kurzer Frist besseren Prognosen der Wärmeverbräuche im Regelenergiemarkt lukrativer bzw. überhaupt erst genutzt werden. Eine Umstrukturierung der Handelszeitenbei der Sekundärregelleistung käme also der Bereitstellung von Flexibilität entgegen. Außerdem können in Dänemark auch Anlagen, deren Kapazität nicht für die Bereitstellung von Regelenergie reserviert ist, kurzfristig verfügbare Flexibilität im Regelenergiemarkt anbieten. Eine gleiche Regelung in Deutschland würde die Wirtschaftlichkeit flexibler Anlagen verbessern, da auch kurzfristige Flexibilitätspotenziale genutzt würden, die in der gegenwärtigen Struktur keinen Zugang zum Markt haben.

 

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