Naturwissenschaft Der Produktentstehungsprozess und Technik am Beispiel eines Anspitzers (NwT) Mit einer Einführung in das reverse engineering, das CAD-gestützte Konstruieren mit SketchUp und in das rapid prototyping im 3D-Druck
Autor
Daniel Hasenauer Fichte-Gymnasium Sophienstr. 12-16 76133 Karlsruhe Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (Gymnasien) Quinckestr. 69 69120 Heidelberg
Heidelberg / Karlsruhe
im August 2014
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Einleitung.............................................................................................4 1
Produktentwicklung.............................................................................5 1.1 Reverse engineering am Beispiel eines Bleistiftanspitzers...............8 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5
Module und Komponenten..................................................10 Wirkprinzipien und Wirkstruktur..........................................11 Teilfunktionen und Funktionsstruktur.................................17 Anforderungsliste................................................................19 Produktstruktur...................................................................19
1.2 Entwicklung einer neuen Komponente..........................................21 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 2
Ergänzen der Anforderungsliste..........................................21 Zusätzliche Teilfunktion......................................................23 Lösungsprinzip und Wirkstruktur........................................23 Erweiterung der Produktstruktur.........................................24
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp am Beispiel eines Anspitzergehäuses.............................................................................26 2.1 Voreinstellungen..........................................................................27 2.2 Stiftführung..................................................................................29 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4
Eintrittszylinder...................................................................29 Kegelstumpf........................................................................29 Spanauslass........................................................................30 Für Fortgeschrittene: Konstruktion durch Extrusion.............30
2.3 Klinge (fakultativ).........................................................................32 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4
Grundkörper.......................................................................33 Bogen..................................................................................33 Schraubenloch.....................................................................33 Schneide.............................................................................34
2.4 Klingennut...................................................................................34 2.4.1 Grundkörper.......................................................................34 2.4.2 Schraubenloch.....................................................................34 2.4.3 Neigung..............................................................................35 2.5 Gehäusekörper.............................................................................36
Inhaltsverzeichnis
2.5.1 Quader................................................................................36 2.5.2 Keilform..............................................................................37 2.5.3 Greifschalen........................................................................37 2.6 Vereinigung der Komponenten zum Gehäuse...............................40 2.6.1 Gehäusekörper und Stiftführung.........................................40 2.6.2 Gehäusekörper und Klingennut...........................................41 2.6.3 Nachbearbeitung des Gehäuses...........................................42 3
Fertigung und Montage......................................................................43 3.1 Vorbereitung der Datei für die Fertigung im 3D-Druckverfahren. .43 3.1.1 STL-Datei erzeugen.............................................................43 3.1.2 STL-Datei reparieren...........................................................44 3.2 Fertigung im 3D-Druckverfahren (rapid prototyping)....................46 3.2.1 Rapid prototyping mithilfe von online Dienstleistern...........46 3.2.2 Rapid prototyping mit einem schuleigenen 3D-Drucker......48 3.3 Nachbearbeitung und Montage.....................................................50
Anhang
Regeln für das Erstellen einer technischen Zeichnung...............52
A. Regelblatt für das technische Zeichnen........................................53 B. Einfache Würfelkonstruktionsaufgabe...........................................56 Literaturverzeichnis..................................................................................57
Einleitung
4
Einleitung
Die
Entwicklung und Konstruktion von Produkten stellt die „Kerntätigkeit
d e s Ingenieurs“ d ar (Feldhusen/ Grote 2013, S. 255). Sie steht daher an zentraler Stelle im Technikunterricht am allgemeinbildenden Gymnasium und zielt auf eine technische Problemlösekompetenz ab. Den Entwicklungs- und Konstruktionsprozess (EKP) kennzeichnet ein geplantes Vorgehen mit konkreten Handlungsschritten und Teilergebnissen (Pahl/ Beitz 2007, S. 19). Dies gilt für den betrieblichen Kontext, und es sollte auch für den Schulischen gelten. Eine allgemein anerkannte und für viele Ingenieurzweige gültige Methodik für die Produktentstehung wurde vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) ausgearbeitet. Es handelt sich um den Produktentstehungsprozess (PEP) gemäß VDI-Richtlinie 2221 (VDI 1995). Die Anwendung des PEP im gymnasialen Technikunterricht ist Gegenstand dieses Hefts, und zwar am Beispiel eines Bleistiftanspitzers. Das erste Kapitel hat ein reverse engineering eines Bleistiftanspitzers sowie die Entwicklung einer neuen Komponente zum Gegenstand. Kapitel 2 enthält eine Schritt-für-Schritt Anleitung zur Konstruktion eines Gehäuses für einen Anspitzer mithilfe von SketchUp und kann als Einführung in diese CAD-Software dienen. In Kapitel 3, das die Fertigung und Montage zum Thema hat, werden Anregungen zum rapid prototyping mit und ohne schuleigenen 3D-Drucker gegeben. Der Anhang enthält ein Regelblatt und eine einfache Konstruktionsübung zur Einführung in das technische Zeichnen von Hand.
1
1
Der
Produktentwicklung
5
Produktentwicklung
Konstruktion, das heißt der Gestaltung eines Produkts, geht die
Entwicklung voraus. Hier werden die vom Produkt geforderten Funktionen bestimmt und Komponenten benannt, mit denen die Funktionen erzielt werden können. Auch die Beziehungen zwischen den Komponenten, etwa ihre Anordnung zueinander, werden im Zuge der Produktentwicklung festgelegt (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Der Produktentstehungsprozess in Anlehnung an die VDI-Richtlinie 2221 Quelle: eigene Darstellung nach VDI 1995
Eine grundständige Entwicklung (vgl. in Abb. 1 die Arbeitsschritte 1-4 bzw. in Abb. 4.1 diejenigen auf der linken Seite) ist dann erforderlich, wenn ein neues Produkt oder auch nur eine neue Komponente entwickelt werden sollen. Wird ein Produkt hingegen reproduziert oder überarbeitet, ist ein
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Produktentwicklung
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reverse engineering das Mittel der Wahl. Ziel ist es, die Komponenten und ihre Funktionen herauszuarbeiten, damit das Produkt (re-)konstruiert werden kann. Hier wäre es nicht zweckmäßig, „das Rad neu zu erfnden“. Im
Technikunterricht
reverse
engineering
kann
ein
auch
der
Qualifzierung der Schülerinnen und Schüler dienen. Hier erwerben sie Kenntnisse und Fertigkeiten, die für die Entwicklung, Konstruktion und / oder
Fertigung
eines
Produkts
erforderlich sind. Letztere stellen die
technische
Realisierung
im Abb. 2: Strukturmodell einer gymnasialen
Sinne des AQuARea-Modells1 dar (vgl. Abb. 2).
Technik-Unterrichtseinheit (AQuAReaModell) Quelle: eigene Darstellung
Abb. 3.1: Entwicklungsaufgabe im Technikunterricht in Anlehnung an den Produktentstehungsprozess (PEP) nach VDI 2221 Quelle: eigene Darstellung 1Das von Ausbildern der Seminare Heidelberg und Tübingen sowie Fachberatern am Regierungspräsidium Stuttgart (Hasenauer, D./ Späth, C./ Trittler, F./ Wegenast, J.: Bad Wildbad, 18.-21.12.2013) entwickelte AQuARea-Modell für den gymnasialen Technikunterricht schlägt eine Struktur von Unterrichtseinheiten aus Ausblick, Qualifzierung, Auftrag und Realisierung vor. Bei komplexeren Aufträgen können zusätzlich so genannte PEP-begleitende Prozesse sinnvoll sein, insbesondere ein Projekt- und Risikomanagement.
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Produktentwicklung
7
Ein Auftrag hierzu kann in Form einer Entwicklungs-, Konstruktions-, Fertigungs- oder Montageaufgabe erfolgen. Die Entwicklungsaufgabe zielt auf das Erstellen von Anforderungsliste, Funktions- und Wirkstruktur ab (s. näher hierzu in Kapitel 1.2), also auf die ersten drei Schritte des PEP (vgl. Abb. 3.1 und Abb. 1). Bei der Konstruktionsaufgabe (vgl. Abb. 3.2) werden diese hingegen vorgegeben oder im Zuge eines reverse engineering erarbeitet (vgl. Kapitel 1.1), und die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler besteht im Entwerfen der Komponenten und des Gesamtprodukts (Hüttner 2009, S. 177). Im Ergebnis liefert sie die technischen Zeichnungen der Komponenten und des Produkts (vgl. Kapitel 2).
Abb. 3.2: Konstruktionsaufgabe im Technikunterricht in Anlehnung an den Produktentstehungsprozess (PEP) nach VDI 2221 Quelle: eigene Darstellung
Hier setzt wiederum die Fertigungsaufgabe an, die eine fachgerechte Herstellung von Komponenten auf der Grundlage ihrer technischen Zeichnungen bezweckt. Die Montageaufgabe schließlich zielt lediglich auf eine Montage des Produkts und gegebenenfalls seiner Komponenten ab. Das Entwickeln und Konstruieren stellt die Kerntätigkeit der Ingenieure dar (Feldhusen/ Grote 2013, S. 255), denn technisches Problemlösen erfolgt durch die Entwicklung und Konstruktion von Produkten (s. Albers et al.
1
Produktentwicklung
8
2011, S. 201). Da neben einer Technikmündigkeit die propädeutische Vorbereitung
auf
Ingenieursstudiengänge
Ziel
des
gymnasialen
Technikunterrichts ist, ist ein Heranführen der Schülerinnen und Schüler an das Entwickeln und Konstruieren von zentraler Bedeutung. Entwicklungsund (mit Einschränkungen) Konstruktionsaufgaben sind das Mittel der Wahl.2 Im Unterschied dazu steht im Technikunterricht an Real-, Werkreal- und Hauptschulen mit Blick auf die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten zum
Techniker die fachgerechte Fertigung und Montage von Produkten im Vordergrund. Dies ist das Ziel von Fertigungs- und Montageaufgaben (s. näher hierzu Hüttner 2009, S. 183f).
1.1 Reverse engineering am Beispiel eines Bleistiftanspitzers Das „reverse engineering” (Feldhusen/ Grote 2013, S. 346) beruht auf einer technischen
Analyse eines Produkts mit Blick auf s e i n e Module und
Komponenten sowie deren Wirkungen und Funktionen. Der Entwicklungsund Konstruktionsprozess (EKP) nimmt hier folglich seinen Ausgangspunkt beim Produkt und verläuft daher grundsätzlich umgekehrt (engl. reverse) zum regulären EKP (vgl. Abb. 4.1 und 4.23).
Abb. 4.2: Das reverse engineering im V-Modell
Abb. 4.1: V-Modell des Entwicklungs- und Konstruktionsprozesses Quelle: eigene Darstellung nach VDI 2004
Die
technische
Analyse
dient
der
Quelle: eigene Darstellung
theoretischen
oder
praktischen
2
Aus diesem Grund haben Konstruktions- und Entwicklungsaufgaben auch im Studium, beispielsweise der Maschinenkonstruktionslehre, einen hohen Stellenwert (vgl. etwa www.ipek.kit.edu/70_788.php und www.ipek.kit.edu/114_1187.php, abgerufen am 18.5.2014).
3
Bei einem top-down Vorgehen werden Erkenntnisse über ein Produkt durch eine Analyse seiner Komponenten gewonnen; ein Beispiel hierfür ist die technische Analyse (s.u.). Im Gegensatz dazu werden beim bottom-up Vorgehen Eigenschaften einzelner Komponenten ausgehend vom Gesamtprodukt herausgearbeitet; Beispiele hierfür sind die technische Synthese und die substract-and-operate Methode (s.u.).
1
Produktentwicklung
9
Zergliederung eines technischen Systems (oder Verfahrens) zum ... • Erfassen der Struktur eines Ganzen, • Ermitteln der Teile des Ganzen, • Ermitteln und Verstehen von Ursache-Wirkung-Zusammenhängen, • Erkennen von technischen Problemen. Eine technische Analyse erfordert genaues Beobachten, Ermitteln, Messen, Protokollieren und Auswerten gewonnener Informationen. Sie kann durch zerstörungsfreie Zerlegung technischer Gebilde (Demontageanalyse) und / oder eine Prüfung von Werkstofen im Hinblick auf ihre Merkmale (Eigenschaftsanalyse, nicht zwingend zerstörungsfrei) erfolgen 4 (s. näher zu alldem Hüttner 2009, S. 193f). Beim reverse engineering geht es im Kern darum, im Anschluss an die Zerlegung eines Produkts und die Beschreibung seiner Komponenten zu erkennen, welche Wirkungen sie haben und welche Teilfunktionen dadurch erzielt werden (vgl. Abb. 4.2). Dabei kann bei Komponenten, bei denen die Wirkung oder Funktion nicht ofensichtlich ist, die „substract and operateMethode“ (Feldhusen/ Grote 2013, S. 346) Aufschluss geben: Dazu wird ein Prototyp ohne die betrefende Komponente gefertigt und betrieben; die Auswirkung des Fehlens der Komponente ermöglicht in der Regel, ihre Wirkung
und
Funktion
abzuleiten.
Alle
Teilfunktionen
ermöglichen
gemeinsam die Erfüllung der Gesamtfunktion. Sie können in einer Funktionsstruktur dargestellt werden. Zugleich lassen sie Rückschlüsse auf die an das Produkt gestellten Anforderungen zu. Ausgehend von der Anforderungsliste wird nun die Produktstruktur, also die Zusammensetzung des Produkts aus Modulen und ihren Komponenten festgelegt. Dabei und beim anschließenden Entwerfen und Fertigen der Komponenten,
Module
und
schließlich
des
Produkts
erfolgt
eine
kontinuierliche Eigenschaftsabsicherung auf der Grundlage der geforderten Wirkungen und Funktionen (vgl. Abb. 4.2). Die technische Analyse mündet also in eine technische Synthese, an deren Ende das voll funktionstüchtige, überarbeitete Produkt steht.5 4
Ferner auch durch eine Reparatur defekter technischer Systeme (Fehleranalyse) oder verschiedene Formen der technischen Analyse auf „theoretischer Ebene“ (Hüttner 2009, S. 193), wie etwa das Ermitteln der Entwicklung eines technischen Artefakts in einem zurückliegenden Zeitraum.
5
Dies gilt stets auch für den Fall einfacher technischer Analysen außerhalb des reverse engineering: Nach der Demontage (Analyse im top-down Vorgehen) eines Produkts wird eine Schrittfolge für eine Remontage (Synthese im bottom-up Vorgehen) erstellt und durchgeführt. Hiermit und mit dem funktionstüchtigen Produkt wird ein Verständnis über Aufbau und Funktion der Einzelteile und des Ganzen unter Beweis gestellt. Die technische Synthese stellt insofern die im Zuge der Analyse gewonnen Erkenntnisse auf den Prüfstand.
1
Produktentwicklung
10
1.1.1 Module und Komponenten Zur technischen Analyse erhalten die Schülerinnen und Schüler je einen herkömmlichen Bleistiftanspitzer, einen Messschieber (vgl. Abb. 56) und einen Schraubendreher zur Demontage und Remontage des Anspitzers. Sie erarbeiten zunächst in Gruppen à 3-4 Personen die invarianten Merkmale eines üblichen Bleistiftanspitzers. Sinnvollerweise arbeiten sie dazu mit unterschiedlichen Modellen (vgl. Abb. 6). Dabei versuchen sie, die Module und
deren
erzwungenen
Komponenten Wirkungen
sowie zu
die
durch
sie
und
zu
erkennen
beschreiben. Durch Vergleich der Ergebnisse der Gruppen können Abb. 5: Messschieber folgende
Baugruppen
für
einen
gewöhnlichen
Bleistiftanspitzer herausgearbeitet werden:
Quelle: wikipedia (CC Alvesgaspar)
• Klinge (L=24mm/ B=6,5mm/ H=0,7mm7) • M2-Schraube (Schlitz- oder Kreuzschlitz mit Zylinderkopf, L=5mm), • Gehäuse, block- oder keilförmig
8
(Maße für die Keilform: L=26mm/ B=16mm/ HVorderseite=11mm/
Abb. 6: Gewöhnliche Anspitzer in Blockund Keilform mit Greifschalen (links und mittig) sowie für Behältnisse (rechts, ohne Greifschalen)
HHinterseite=4mm).
Quelle: eigene Darstellung
Die Klinge hat folgende Komponenten: • eine Klingenschneide in Form einer quer zur Schneide verlaufenden Keilform mit einer Seitenlänge von L=1,5mm; • ein Schraubenloch ohne Innengewinde (Ø=2,4mm), • ein bogenförmiges Ende an der Vorderseite (r=4mm). 6
Über die angegebene Quelle kann eine digitale, animierte Darstellung des Messschiebers bezogen werden, die die Funktion und das Ablesen von Messwerten veranschaulicht.
7
B: Breite, Ø: Durchmesser, H: Höhe, L: Länge, T: Tiefe, r: Radius
8
Bleistiftanspitzer, die für den Handbetrieb konstruiert sind, sind stets achsensymmetrisch (block- oder keilförmig, vgl. Abb. 5, linkes und mittleres Modell). Anspitzer hingegen, die in ein Behältnis zum Aufangen der Späne eingebaut sind, sind stets keilförmig, jedoch nicht achsensymmetrisch: Die Vorderseite steht hier rechtwinklig auf der Grundfäche (vgl. Abb. 5, rechtes Modell), damit ein Bleistift horizontal in die Stiftführung eingeführt und ein hierfür erforderliches Loch im Behältnis leicht konstruiert werden kann, da es genau vor (bzw. über) dem Eintritt in die Stiftführung liegt.
1
Produktentwicklung
11
Das Gehäuse besteht aus folgenden Komponenten: • einer Stiftführung • Greifschalen9 (Abstand von der Vorder- und Hinterkante 7mm/ T=1mm), • einer Klingennut, die zum hinteren Ende (mit Blick auf die Stiftführung) hin ofen ist und zum vorderen eine halbkreisförmige Kante hat (L=24mm/ B=8mm/ T=0,7mm/ r=4mm); • einem Schraubenloch in der Klingennut mit Innengewinde für eine M2Schraube (T=5mm/ ØKernloch=1,6mm; der Mittelpunkt liegt 11,5mm vor dem hinteren, ofenen Ende und 2,5mm links der rechten Kante). Die Stiftführung wiederum besteht aus drei nach vorne und hinten ofenen Körpern: • einem Kegelstumpf (ØGrundkreis=8mm/ ØDeckkreis=2mm/ LAchse=14mm), • einem Zylinder am Eintritt des Kegelstumpfs (Ø=8mm/ L=5mm), • einem Zylinder am Austritt des Kegelstumpfs (Ø=4mm/ L=8mm). 1.1.2 Wirkprinzipien und Wirkstruktur Die Wirkstruktur eines Produkts stellt die Wirkprinzipien 10, mit denen seine Funktionen erfüllt werden sollen, zusammenhängend dar. Für gewöhnlich wird sie aus der Funktionsstruktur generiert. Dies gilt als anspruchsvollster Teil der Ingenieursaufgaben im Entwicklungs- und Konstruktionsprozess (Feldhusen/ Grote 2013, S. 347). Be i m reverse engineering müssen die Wirkprinzipien jedoch (nur) am realen Produkt erkannt werden. Ein Wirkprinzip wird bei mechanischen Gebilden durch die geometrischen und stofichen Merkmale an einem Wirkort, dem Ort der Erfüllung einer Funktion, bestimmt. Bei den geometrischen Merkmalen werden die Wirkgeometrie und die Wirkbewegungen unterschieden. Die Wirkgeometrie wird durch die Gestalt, Lage, Anzahl und Anordnung von Wirkfächen 11 festgelegt. Eine Wirkbewegung kann durch ihre Art (Translation/ Rotation), Richtung (entlang der bzw. um die x-, y-, z-Achse), Form (gleich-/ 9
Bleistiftanspitzer, die in ein Behältnis zum Aufangen der Späne eingebaut sind, haben üblicherweise keine Greifschalen (vgl. Abb. 6), da der Anspitzer ja auch nicht am Gehäuse, sondern am Behältnis gehalten wird.
10 Wirkprinzipien werden auch als „Lösungsprinzipien“ (VDI 1995) bezeichnet, was die Teillösung eines Teils des technischen Problems durch ein geeignetes Prinzip in den Vordergrund stellt. 11 Eine Wirkfäche ist eine Oberfäche von festen Körpern oder eine Grenzfäche von Flüssigkeiten oder Gasen, die zeitweise oder dauerhaft mit einer anderen Wirkfäche in Kontakt steht und dabei am Austausch von Kraft, Energie, Stof und/ oder Information beteiligt ist. Nach dem „ Contact & Channel-Connector (C&C²)-Ansatz“ (Albers/ Sadowski/ Marxen 2011) kann eine Funktion nur durch solch eine Wechselwirkung zwischen zwei Wirkfächen (WF) erfolgen. Die Wirkfächen bilden dabei ein gemeinsames Wirkfächenpaar (WFP). Oberfächen, die nie Wirkfächen werden, sind so genannte Begrenzungsfächen (BF).
1
Produktentwicklung
12
ungleichförmig), Geschwindigkeit und durch die Anzahl der für eine Wirkung erforderlichen Bewegungen beschrieben werden. Wirkgeometrie und Wirkbewegungen hängen von der Art des Werkstofs ab, mit dem die Wirkfächen, aber auch die sie verbindende Leitstützstruktur 12 realisiert werden. Zu den Werkstofeigenschaften gehören bspw. die Festigkeit, Härte, Elastizität, Steifgkeit oder elektrische Leitfähigkeit. Wirkgeometrie, Wirkbewegungen und Werkstofeigenschaften erzwingen gemeinsam eine gewünschte Wirkung am Wirkort. Jede der in Kapitel 1.1.1 genannten Komponenten eines Bleistiftanspitzers muss durch ihre Wirkgeometrie, ihre Wirkbewegung und ihren Werkstof eine Wirkung erzwingen, durch die eine Teilfunktion erfüllt wird (form
follows function-Prinzip, Louis Sullivan (1896), zit, in Albers 2011, S. 21).
spanend getrennt. Sie muss dazu aus einem festen Werkstof gefertigt sein, der härter als Bleistiftmine und -mantel ist. Die Wirkbewegung ist eine Schub- und Drehbewegung (Translation und Rotation) der Klingenschneide gegen das
radiale Wirkbewegung der Klingenschneide Ble is ra tiftdi us
• An der Schneide wird Material vom Bleistiftende
Bleistiftachse axiale Wirkbew egung der Klingens chneide
Wirkungen und Wirkprinzipien der Komponenten der Klinge:
Bleistiftende oder umgekehrt. Die Schneide wird Abb. 7: Axiale und radiale Wirkbewegung der also radial um das Bleistiftende geführt (vgl. Abb. 713). Sie liegt dabei parallel zur Oberkante des Kegelstumpfs in der Stiftführung (s.u.) und
Klingenschneide
Quelle: eigene Darstellung
taucht um einige zehntel Millimeter in diesen ein. Die Tiefe bestimmt die Dicke der Späne und damit, wie viel Material vom Bleistift mit einer Umdrehung getrennt wird. Die Klingenschneide ist so lang, dass sie über die beabsichtigte Bleistiftspitze hinausragt. Damit wird ein vollständiges Anspitzen der Mine sichergestellt. • Durch das Schraubenloch wird eine M2-Schraube zwecks Verbindung von Klinge und Gehäuse (s.u.) geführt. Die Wirkfäche ist dabei nicht die Innenfäche des Schraubenlochs, sondern die Aufagefäche auf der Klinge. Sie bildet ein Wirkfächenpaar durch Formschluss mit der 12Eine Leitstützstruktur (LSS) ist nach dem C&C²-Ansatz (s. Fußnote 9) das gestaltungsrelevante Volumen von Körpern, Flüssigkeiten oder Gasen, das genau zwei Wirkfächenpaare verbindet und eine Leitung von Kraft, Energie, Stof und/ oder Information zwischen diesen Wirkfächenpaaren ermöglicht. Die Menge aller Leitstützstrukturen wird als Tragstruktur (TS) bezeichnet. Volumina, die nie zur Tragstruktur gehören, sind sogenannte Reststrukturen (RS); sie können theoretisch entfernt werden. 13Eine axiale Wirkbewegung einer Schneide ist etwa beim Anspitzen von Bleistiften mit einem Messer üblich.
1
Produktentwicklung
13
Unterseite des Schraubenkopfs. Daher ist das Schraubenloch auch im Übermaß (Ø=2,4mm für M2) und ohne Innengewinde ausgelegt. Die Aufagefäche muss aus einem druckfesten Werkstof gefertigt sein. • Das bogenförmige Ende an der Vorderseite bildet eine formschlüssige Verbindung mit der Klingennut (s. u. zur Gestalt der Klingennut). Formschluss setzt einen festen Werkstof voraus. • Die rechte Außenkante der Klinge überträgt Druckkraft und Drehmoment, die bei einer Betätigung des Anspitzers auf die Klingenschneide ausgeübt werden, auf die anliegende rechte Außenkante der Klingennut. Sie muss aus einem druckfesten Werkstof gefertigt sein. Alle Wirkfächen der Klinge sind, ebenso wie die sie verbindenden Leitstützstrukturen, aus Edelstahl gefertigt. Dieser Werkstof vereint die oben genannten geforderten Eigenschaften. Wirkungen und Wirkprinzipien der Schraube: • Die Schraube verbindet die Klinge mit dem Gehäuse einerseits durch Formschluss zwischen der Unterseite des Schraubenkopfs und der Aufagefäche an der Klingenoberfäche (s.o.) und andererseits durch Kraftschluss zwischen ihrem Außengewinde und dem Innengewinde des Schraubenlochs im Gehäuse (s.u.)14. Sie muss dazu aus einem druck- und zugfesten Werkstof gefertigt sein. Wirkungen und Wirkprinzipien der Komponenten des Gehäuses: • Die
Greifschalen
bilden
durch
Formschluss ein Wirkfächenpaar mit je einem Finger des Nutzers.15 Dazu
haben
sie
eine
schalenförmige, raue Außenfäche (s. für verschiedene Ausführungen Abb. 8). Sie müssen aus einem festen Werkstof gefertigt sein, der elastisch verformbar sein darf, aber nicht muss.
Abb. 8: Anspitzer mit Schalen zum Greifen in z- (links), y- (mittig) und x-Richtung (rechts) Quelle: eigene Darstellung
14 Durch Anziehen einer in ein Werkstück versenkten Schraube wird der Schraubenschaft gespannt und das Werkstück gestaucht. Die Schraubverbindung resultiert aus den Zugkräften der gespannten Schraube einerseits und den resultierenden Druckkräften des gestauchten Werkstücks andererseits und ist daher kraftschlüssig. 15 Bei Bleistiftanspitzern, die in ein Behältnis zum Aufangen der Späne eingebaut sind, fällt diese Wirkung auf das Behältnis.
1
Produktentwicklung
14
• Die Klingennut... - verdeckt über die linke Seitenkante die Klingenschneide und beugt damit möglichen Verletzungen vor; dazu muss sie aus einem festen, nicht oder nur geringfügig elastisch verformbaren Werkstof gefertigt sein. - bildet eine formschlüssige Verbindung mit der Klinge. Sie hat auf einer Seite ein ofenes, auf der anderen ein halbkreisförmiges Ende, da eine solche Form leicht durch Fräsen in den Gehäuseblock gefertigt werden kann. Eine Übereinstimmung der Wirkgeometrien von Klinge und Klingennut, die Voraussetzung für einen Formschluss ist, wird also durch
die
Fertigung
der
Klingennut
vorbestimmt
(Prinzip
der
fertigungsgerechten Konstruktion).16 Formschluss setzt einen festen Werkstof voraus. - führt über eine spaltförmige Öfnung links der Klingenschneide die wenige zehntel Millimeter dicken Späne nach oben, außerhalb des Gehäuses ab. Dazu ist die Klingennut um 1,5mm breiter als die Klinge. - nimmt über die rechte Seitenkante ein Drehmoment und eine Druckkraft auf, die aus einer Betätigung des Anspitzers resultieren. Ersteres wirkt auf den Teil der Klingenschneide, der (mit Blick auf die Stiftführung) vor der Schraube liegt. Die Druckkraft wird hingegen auf die gesamte Wirkfäche der Schneide ausgeübt. Die rechte Seitenkante der Klingenschneide verhindert damit, dass die Klinge um die Schraube herum vom Bleistiftende weg gedreht werden kann. 17 Sie muss dazu aus einem druckfesten Werkstof gefertigt sein. • Das Innengewinde im Gehäuse bildet eine kraftschlüssige Verbindung mit dem Außengewinde der M2-Schraube (s.o.). Es muss dazu senkrecht zur Ebene der Klingennut stehen und aus einem festen Werksstof gefertigt sein, der jedoch geringfügig elastisch verformbar ist (vgl. Fußnote 13). • Die Stiftführung hat verschiedene Wirkungen: - Der Kegelstumpf führt das Bleistiftende über Formschluss so entlang der Klingenschneide (s.o.), dass Bleistiftmantel und -mine durch 16 Dies ist vor allem bei Gehäusen aus Holz und Metall von Bedeutung. Gehäuse aus Kunststof werden in der Regel im Spritzgussverfahren hergestellt und nicht gefräst, sodass hier auch eine Klingennut mit rechtwinkligen Ecken gefertigt werden könnte. Ein gerundetes Ende hat gegenüber scharfkantigen Ecken jedoch auch den Vorzug, dass sich das Klingenende infolge eines Drehmoments bei Betätigung des Anspitzers nicht in das Gehäuse „fressen“ kann, was vor allem bei Gehäusen aus Holz und Kunststof von Bedeutung sein kann. 17 Diese Wirkung kann bei Bedarf leicht durch die substract and operate-Methode (s. Kapitel 1.1) herausgearbeitet werden, indem ein Anspitzer ohne die rechte Seitenkante der Klingennut gefertigt und betrieben wird.
1
Produktentwicklung
15
Schieben und Drehen des Anspitzers konzentrisch an der Schneide zerspant werden und eine kegelförmige Spitze herausgeschält wird. Die Länge des Kegelstumpfs bestimmt dabei die Länge der Bleistiftspitze. Der Grundkreis des Kegelstumpfs muss denselben Durchmesser wie der Bleistift haben. Er muss aus einem festen Werkstof gefertigt sein. - Über den hinteren Deckkreis des Kegelstumpfs
können
feine
Mantel- und Minenspäne aus der Stiftführung
austreten.
Dies
verhindert, dass die Stiftführung Abb. 9: Anspitzer mit zylindrischem (links; verfüllt
und
Anspitzen
ein
erschwert
weiteres wird.
Der
Anblick von unten) und geometrisch unbestimmtem Spanauslass (rechts) Quelle: eigene Darstellung
Durchmesser des Deckkreises muss dazu größer sein als derjenige der Bleistiftmine, damit Späne an der Mine vorbei geführt werden können. Er muss in eine ofene Hohlform münden, bspw. einen nach hinten ofenen Zylinder (s. Abb. 9), und aus einem festen Werksstof gefertigt sein. - Die
Wirkung
des
Zylinders
am Eintritt der Stiftführung ist leichter
zu
Abb. 10: Ohne Zylinder am Eintritt in die Stiftführung wird das Bleistiftende am Beginn der Klingenschneide zerrissen
erkennen, wenn
Quelle: eigene Darstellung
ein Anspitzer ohne den Zylinder gefertigt und betrieben wird ( substract
and operate-Methode, s.o.): der Beginn der Klingenschneide zerreißt das stumpfe Bleistiftende (s. Abb. 10). Ein Eintrittzylinder bewirkt im Umkehrschluss, dass ein Bleistift so an die Schneide geführt wird, dass ein Kontakt und folglich ein unerwünschtes Wirkfächenpaar zwischen ihrem Beginn und dem Bleistiftende ausgeschlossen ist. Außerdem beugt ein Eintrittzylinder einem Abbrechen der Bleistiftmine durch Verkanten des Bleistifts im Anspitzer vor. Um diese Wirkungen zu erzwingen, müssen Eintrittzylinder und Kegelstumpf koaxial sein, und der Zylinder muss denselben Durchmesser haben wie der Grundkreis des Kegelstumpfs. Die Wirkfächen des Gehäuses und die sie verbindenden Leitstützstrukturen sind aus Metall (in der Regel Magnesium oder Aluminium), Hartholz (Buchenholz) oder harten, nicht elastischen Kunststofen gefertigt. Diese
1
Produktentwicklung
16
Werkstofe vereinen die geforderten Eigenschaften (s.o). Die
Wirkstruktur
mechanischen
kann
bei
Gebilden
als
Stichzeichnung
dargestellt
werden (s. näher zu alldem Feldhusen/
Grote
2013,
S. 248 f.). Eine Wirkstruktur für Abb. 11.1: Beispiel einer Wirkstruktur für einen einen Bleistiftanspitzer geben die
Abbildungen
wieder.
Sie
11.1-11.3
stellen
11
dar,
und
Wirkfächenpaare
Bleistiftanspitzer, Teil I
Quelle: eigene Darstellung
zwar: • WFP1
zwischen
Klingenschneide
und
Bleistiftmine/
-mantel
(zerspanend trennend); • WFP2
zwischen
dem
Eintrittzylinder
der
Stiftführung im Gehäuse und Abb. 11.2: Beispiel einer Wirkstruktur für einen Bleistiftanspitzer, Teil II dem Bleistiftende (axial führend);
damit
wird
Wirkfächenpaar dem
Bleistiftende das
zum
Quelle: eigene Darstellung
zwischen
Beginn
Klingenschneide
ein der
und
dem
unterbunden, Zerreißen
des
Bleistiftendes führen könnte; außerdem
wird
einem
Abbrechen der Bleistiftmine durch
Verkanten
Bleistifts
im
des
Anspitzer
Abb. 11.3: Beispiel einer Wirkstruktur für einen Bleistiftanspitzer, Teil III Quelle: eigene Darstellung
vorgebeugt; • WFP3 zwischen dem Kegelstumpf der Stiftführung im Gehäuse und dem Bleistiftende (axial führend); • WFP4 zwischen dem Spanauslass der Stiftführung im Gehäuse und den Minenspänen (abführend); damit wird ein Wirkfächenpaar zwischen dem
1
Produktentwicklung
17
Kegelstumpf und den Minenspänen unterbunden, das zum Verfüllen der Stiftführung führen könnte; • WFP5 zwischen dem spaltförmigen Spanauslass an der Oberfäche der Klingennut
und
den
Bleistiftspänen
(abführend);
damit
wird
ein
Wirkfächenpaar zwischen dem Kegelstumpf und den Bleistiftspänen unterbunden, das zum Verfüllen der Stiftführung führen könnte; • WFP6 zwischen der linken Greifschale am Gehäuse und dem rechten Daumenballen des Nutzers (formschließend und kraftaufnehmend); • WFP7 zwischen der rechten Greifschale am Gehäuse und dem rechten Zeigefngerballen des Nutzers (formschließend und kraftaufnehmend); • WFP8 zwischen der linken Kante der Klingennut und der Klingenschneide (abdeckend);
damit
wird
ein
Wirkfächenpaar
zwischen
der
Klingenschneide und einem Finger des Nutzers unterbunden, das zur Verletzung des Fingers führen könnte; • WFP9 zwischen dem Außengewinde der Schraube und dem Innengewinde des Schraubenlochs in der Klingennut (kraftschließend); • WFP10 zwischen der Unterseite des Schraubenkopfs und der Oberfäche der Klinge um das Schraubenloch (formschließend); • WFP11 zwischen der rechten Kante der Klingennut und der rechten Seitenkante der Klinge (formschließend, kraftübertragend); • WFP12
zwischen
dem
Kreuzschlitz
des
Schraubenkopfs
und
der
Klingenspitze des Schraubendrehers (formschließend, kraftübertragend). Die Wirkfächenpaare 10 und 12 sind allerdings bei der Konstruktion des Gehäuses nicht gestaltungsrelevant, da sie ausschließlich Komponenten außerhalb dieser Systemgrenzen betrefen. 1.1.3 Teilfunktionen und Funktionsstruktur Die in Kapitel 1.1.1 beschriebenen Komponenten haben alle gemeinsam die Funktion, den Bleistift anzuspitzen. Diese Gesamtfunktion lässt sich entsprechend der Wirkung einzelner Komponenten in Teilfunktionen strukturieren. Eine Funktionsstruktur nach dem „Substantiv-Verb-Modell“ (Feldhusen/
Grote
2013,
S. 346)
gibt
Abbildung 12
wieder.
Die
Gesamtfunktion „Bleistiftende anspitzen“ wird durch die Teilfunktionen „Bleistiftmine freilegen“ und „Bleistiftmine anspitzen“ sowie „Bleistiftende nicht zerreißen“ erfüllt. Die beiden erstgenannten Teilfunktionen werden
1
Produktentwicklung
gleichermaßen durch zwei Unterfunktionen
18
Bleistiftende anspitzen
erzielt:
„Bleistiftmantel und -mine konzentrisch
zerspanen“
und „Späne abführen“. Eine
Funktionsstruktur
nach dem „Input-OutputModell“ (Feldhusen/ Grote 2013,
S. 345)
wird
erstellt, indem zunächst die
Eingangs-
inputs)
und
Bleistiftmine freilegen
Bleistiftmine anspitzen
Bleistiftmantel und -mine konzentrisch zerspanen
Späne abführen
Bleistiftende nicht zerreißen
Abb. 12: Beispiel einer Funktionsstruktur für einen Bleistiftanspitzer nach dem Substantiv-VerbModell Quelle: eigene Darstellung
(engl.
Ausgangsgrößen
(engl. outputs)
festgelegt
werden
(s.
Abb. 13.1). Bleistiftende stumpf
Bleistiftende stumpf … und unversehrt
Bleistift anspitzen
Bleistiftende spitz
Bleistiftende stumpf
black box
… und unversehrt
black box
Bleistiftende spitz
black box
Bleistiftende stumpf
black box
Späne gehen ab
black box
Späne treten aus
Abb. 13.1: Beispiel einer Funktionsstruktur für einen Bleistiftanspitzer nach dem InputOutput-Modell unter Darstellung der Teil- und Nebenfunktionen als black box Quelle: eigene Darstellung
Erst in einem zweiten Schritt werden die daraus resultierenden Haupt- und Nebenfunktionen bestimmt. Für einen Bleistiftanspitzers lassen sie sich durch das Erzielen oder Unterbinden von Stoffüssen beschreiben (vgl. Abb. 13.2) . Hauptfunktion ist das Abtragen von Spänen und deren Austreten aus dem Anspitzer. Dies darf jedoch erst erfolgen, wenn das Bleistiftende am Beginn der Klingenschneide vorbei geführt wurde
1
Produktentwicklung
19
(Nebenfunktion). Bleistiftende stumpf
Bleistiftende stumpf … und unversehrt
Bleistiftende spitz
Bleistiftende anspitzen
Bleistiftende stumpf
Klingenschneide an das Bleistiftende führen
… und unversehrt
Bleistiftmantel und -mine konzentrisch zerspanen
Bleistiftende spitz
Beginn der Schneide am Bleistiftende vorbei führen
Bleistiftende stumpf
Klingenschneide über Bleistiftende schieben und drehen
Späne gehen ab
Späne aus der Stiftführung auslassen
Späne treten aus
Abb. 13.2: Beispiel einer Funktionsstruktur für einen Bleistiftanspitzer nach dem InputOutput-Modell unter Festlegung der Teil- und Nebenfunktionen Quelle: eigene Darstellung
1.1.4 Anforderungsliste Aus den oben genannten Funktionen können Anforderungen an einen Bleistiftanspitzer abgeleitet werden. Anforderungen werden aus Bedingung,
Subjekt, Anforderungswort (darf/ muss / soll /...), Objekt, Aktion in fexibler Reihenfolge formuliert. Ein Beispiel hierfür gibt Abbildung 14. 1. Der Bleistiftanspitzer muss Bleistifte mit einem Durchmesser von 8mm vollständig anspitzen. 2. Beim Anspitzen soll der Anspitzer die Bleistiftmine nicht abbrechen. 3. Beim Anspitzen darf der Anspitzer das Ende des Bleistifts nicht zerreissen. 4. Der Nutzer darf sich durch Berühren der Klingenschneide bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht verletzten können. Abb. 14: Beispiel einer Anforderungsliste für einen Bleistiftanspitzer Quelle: eigene Darstellung
1.1.5 Produktstruktur Mit der Produktstruktur wird die Zusammensetzung des Produkts aus Modulen
und
Komponenten
festgelegt.
Sie
kann
ebenso
wie
die
1
Produktentwicklung
20
Funktionsstruktur hierarchisch dargestellt werden. Dabei steht das Produkt an der Spitze der Hierarchie. Auf den tieferen Hierarchieebenen wird es zunächst in Module (z.B. Baugruppen) und schließlich in elementare Komponenten zerlegt (Feldhusen/ Grote 2013, S. 255). Die Produktstruktur für einen Bleistiftanspitzer (s. Abb. 15) ist ein Abbild seiner modularen Produktarchitektur (s. näher hierzu dies. a.a.O. f.).
Abb. 15: Beispiel einer Produktstruktur für einen Bleistiftanspitzer Quelle: eigene Darstellung
1
Produktentwicklung
21
1.2 Entwicklung einer neuen Komponente Soll das Produkt eine weitere, neue Funktion erfüllen, muss für das Erzielen dieser Funktion eine neue Komponente entwickelt werden. Ausgangspunkt hierfür ist im Technikunterricht eine Entwicklungsaufgabe. Anregungen für Entwicklungsaufgaben für einen Bleistiftanspitzer mit einer weiteren Funktion geben die Abbildungen 16.1 bis 16.4. Entwickle einen Bleistiftanspitzer, mit dem ein Bleistift so angespitzt werden kann, dass alle Finger einer Hand für eine andere Tätigkeit frei bleiben; der Anspitzer soll leicht mitgeführt werden können. Abb. 16.1: Entwicklungsaufgabe I für einen Bleistiftanspitzer mit zusätzlicher Funktion Quelle: eigene Darstellung
Entwickle einen Bleistiftanspitzer, mit dem ein Bleistift deutlich schneller als mit einem handelsüblichen Produkt angespitzt werden kann; der Anspitzer soll leicht mitgeführt werden können. Abb. 16.2: Entwicklungsaufgabe II für einen Bleistiftanspitzer mit zusätzlicher Funktion Quelle: eigene Darstellung
Entwickle einen Bleistiftanspitzer, mit dem Bleistifte unterschiedlich scharf angespitzt werden können; der Anspitzer soll leicht mitgeführt werden können. Abb. 16.3: Entwicklungsaufgabe III für einen Bleistiftanspitzer mit zusätzlicher Funktion Quelle: eigene Darstellung
Entwickle einen Bleistiftanspitzer, bei dem die Gefahr eines Minenbruchs beim Anspitzen verringert ist; der Anspitzer soll leicht mitgeführt werden können. Abb. 16.4: Entwicklungsaufgabe IV für einen Bleistiftanspitzer mit zusätzlicher Funktion Quelle: eigene Darstellung
1.2.1 Ergänzen der Anforderungsliste Entwicklungsaufgaben sind, ähnlich wie Kundenaufträge im betrieblichen Kontext, selten eindeutig. Aus diesem Grund besteht der erste Schritt zur Entwicklung einer neuen Komponente darin, die Anforderungen zu klären und zu präzisieren (vgl. Abb. 1 und 4.1). Im Fall von Entwicklungsaufgabe I (s. Abb. 16.1) etwa kann die Klärung folgender Fragen von Bedeutung für eine erfolgreiche, das heißt den Wünschen des Kunden entsprechende Produktentwicklung sein:
1
Produktentwicklung
22
• Um was für einen Typ Bleistift handelt es sich? Es gibt Bleistifte in verschiedenen Durchmessern (vor allem 8mm und 12mm) und Querschnitten: üblich sind Bleistifte mit radial-symmetrischem,
rundem
oder Abb. 17: Zimmermannsbleistifte
hexagonalem Querschnitt; es gibt aber auch
Bleistifte
rechteckigem
mit
ovalem
Querschnitt
mit ovalem Querschnitt
Quelle: wikipedia CC M.Ottenbruch
oder
(so
genannte Zimmermannsbleistifte, deren Minen einen rechteckigen Querschnitt haben, vgl. Abb. 17); daneben werden aber auch die Minen
von
Druckbleistiften
ab
Abb. 18: Verschiedene Anspitzer für eine 2mm-Bleistiftmine
einem Durchmessern von 2mm
Quelle: eigene Darstellung
angespitzt (vgl. Abb. 18). Für Blei- (bzw. Bunt-) stifte mit besonders großen Durchmessern ergibt sich außerdem
möglicherweise
eine
zusätzliche Anforderung: wenn die Stifte für Kinderhände gedacht sind, muss verhindert werden, dass ein Finger
durch
Einführen
in
den
Abb. 19: Bleistiftanspitzer für Buntstifte für Kinder ab 3 Jahren (links ohne, rechts mit Schutzvorrichtung) Quelle: eigene Darstellung
Anspitzer an der Klingenschneide
verletzt werden kann (vgl. Abb. 19). Im vorliegenden Fall soll von einem gewöhnlichen
Bürobleistift
mit
einem
Durchmesser
von
8mm
ausgegangen werden. • Welche anderen Tätigkeiten sollen während des Anspitzens ausgeführt werden können? Da der Anspitzer leicht mitgeführt werden können soll, ist von einem mobilen Einsatz auszugehen. Mögliche Tätigkeiten, für die die Finger einer Hand benötigt werden, ergeben sich aus der konkreten Nutzung. Möglicherweise ist der Anspitzer für einen Einsatz im Freien bestimmt, wo die Unterlagen, auf denen etwa ein Bauingenieur, ein Freilandbiologe oder ein Sporttrainer Daten erfasst, nicht (ins feuchte Gras oder die unreine Baugrube) abgelegt werden sollen, während der Bleistift angespitzt wird. Dann müsste der Bleistiftanspitzer so an einem Gegenstand des Nutzers befestigt sein, dass er im befestigten Zustand das Einführen und Anspitzen eines Bleistifts erlaubt. • Wovon hängt es ab, ob der Anspitzer leicht mitgeführt werden kann?
1
Produktentwicklung
23
Volumen und Masse spielen hierbei ein maßgebliche Rolle. Der Anspitzer müsste folglich relativ klein und leicht sein. Die Klärung und Präzisierung des Auftrags, die in Einzelfällen auch eine Rücksprache mit dem Auftraggeber (bzw. mit der Lehrkraft) erforderlich macht, führt zu Ergänzungen der Anforderungsliste aus Abbildung 14. Ein Beispiel hierfür gibt Abbildung 20. 5. Beim Anspitzen darf der Bleistiftanspitzer nicht gehalten werden müssen. 5.1 Der Bleistiftanspitzer muss an einem Gegenstand, den der Nutzer mitführt (bspw. einem Klemmbrett, Gürtel, Uhrenarmband, o.ä.) befestigt werden können. 5.2 Die Bleistiftanspitzer muss auch dann an diesem Gegenstand fest halten, wenn ein Bleistift in die Stiftführung eingeführt und an die Klinge gedrückt und gedreht wird. 6. Der Bleistiftanspitzer soll möglichst klein und leicht sein. Abb. 20: Beispiel für eine Ergänzung der Anforderungsliste aus Abb. 14 für einen Bleistiftanspitzer gemäß Entwicklungsaufgabe I Quelle: eigene Darstellung
1.2.2 Zusätzliche Teilfunktion Die zu entwickelnde Komponente muss ergänzend zur in den Abbildungen 12 bzw. 13.1 und 13.2 dargestellten Funktionsstruktur (zumindest) dem Gesamtprodukt eine zusätzliche Teilfunktion verleihen, die eine Erfüllung der Anforderung 5 ermöglicht. Anforderung 6 ist hingegen für die Gestaltung der Komponente relevant und ist daher von Bedeutung für ihre Konstruktion (s. Kapitel 2). Nach dem Input-Output-Modell kann die zusätzliche Teilfunktion gemäß Anforderung 5 wie folgt beschrieben werden (vgl. Abb. 21.1 und 21.2): Anspitzer nicht befestigt
Anspitzer an black box Gegenstand halten
Anspitzer befestigt
Anspitzer nicht befestigt
Anspitzer an Gegenstand befestigen
Anspitzer befestigt
Abb. 21.1: Beispiel für eine zusätzliche Funktion eines Anspitzers gemäß Entwicklungsaufgabe I nach dem Input-Output-Modell unter Darstellung der Funktion als black box (Schritt 1)
Abb. 21.2: Beispiel für eine zusätzliche Funktion eines Anspitzers gemäß Entwicklungsaufgabe I nach dem Input-Output-Modell unter Festlegung der Funktion (Schritt 2)
Quelle: eigene Darstellung
Quelle: eigene Darstellung
1.2.3 Lösungsprinzip und Wirkstruktur Als Lösungsprinzipien für das Befestigen eines Anspitzers an einem
1
Produktentwicklung
24
Gegenstand kommt eine kraft- oder eine
formschlüssige
zwischen
Verbindung
der
zusätzlichen
Komponente und dem Gegenstand, Abb. 22.1: Beispiel für eine Wirkstruktur für der
den
Anspitzer
Gesamtprodukt) Betracht.
Eine
tragen
(als soll,
Verbindung
in
eine zusätzliche Komponente gemäß Entwicklungsaufgabe I, Wirkprinzip Kraftschluss
durch
Quelle: eigene Darstellung
Kraftschluss kann etwa durch einen Klemmmechanismus Abb. 22.1). mittels
Ein
einer
erfolgen
(vgl.
Formschluss
kann
Schlaufe,
beispielsweise geführt
werden
werden
(vgl.
ein
durch
die
Uhrarmband
könnte,
realisiert
Abb. 22.2).
Eine
stofschlüssige Verbindung mit dem tragenden
Gegenstand
Abb. 22.2: Beispiel für eine Wirkstruktur für eine zusätzliche Komponente gemäß Entwicklungsaufgabe I, Wirkprinzip Formschluss Quelle: eigene Darstellung
erscheint
indessen nicht sinnvoll, da sie ein Lösen des Anspitzers im Anschluss an die Nutzung nicht erlauben würde. Bei
der
Klemme
erfolgt
die
kraftschlüssige
Verbindung
über
ein
Wirkfächenpaar an der Oberseite und eines an der Unterseite. Beide werden zwischen den innen liegenden Flächen der Klemme und der Oberfäche des Klemmbretts ausgebildet (WFP1 an seiner Ober-, WFP2 an der Unterseite). Im Fall der Schlaufe werden Wirkfächenpaare zwischen den Innenfächen der Schlaufe und den Oberfächen des Armbands an den Seiten (WFP3 und WFP4) und an der Ober- und Unterseite (WFP1 und WFP2) ausgebildet.
Dabei
verhindern
die
letztgenannten
Wirkfächen
ein
Verrutschen der Schlaufe auf dem Armband, während die seitlichen Wirkfächenpaare einem Verdrehen der Schlaufe auf dem Armband entgegenwirken. 1.2.4 Erweiterung der Produktstruktur Entsprechend der zusätzlichen Funktion zur Erfüllung von Anforderung 5 (s. Abb. 20 und 21.2) wird die Produktstruktur um eine zusätzliche Klemme oder Lasche erweitert (vgl. Abb. 15 mit Abb. 23). Diese Komponente soll eine Befestigung des Anspitzers an einem Gegenstand ermöglichen, und zwar unter Anwendung eines der in den Abbildungen 22.1 oder 22.2 dargestellten Wirkprinzipien.
1
Produktentwicklung
25
Abb. 23: Beispiel für eine erweiterte Produktstruktur aus Abb. 15 für einen Anspitzer mit einer zusätzlichen Funktion gemäß Entwicklungsaufgabe I Quelle: eigene Darstellung
2
2
Unter
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
26
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp am Beispiel eines Anspitzergehäuses
einer Konstruktion wird die eindeutige und vollständige Gestaltung
eines technischen Produkts und seiner Komponenten verstanden. Da die Gestaltung übergeordneter Elemente von der Gestalt untergeordneter Strukturen abhängt, folgt das Konstruieren dem bottom-up Prinzip. Das heißt, das Produkt wird ausgehend von seinen elementaren Komponenten konstruiert: zunächst werden abgegrenzte Teile mit grundlegenden Funktionen entworfen und vollständig konstruiert, dann werden sie „von unten nach oben schrittweise zusammengesetzt, bis der Gesamtentwurf steht“ (Feldhusen/ Grote 2013, S. 431).18 Ziel der Konstruktion ist die Festlegung aller zu verwendenden Bauteile (in Stücklisten) und der genauen Maße der Produktgeometrie (in Form von technischen Zeichnungen). Zu den grundlegenden Werkzeugen des Konstruierens gehören Bleistift und (idealerweise transparentes19) Blankopapier. In fortgeschrittenem Stadium erfolgt das Konstruieren jedoch in 3D mithilfe geeigneter CAD-Software (CAD steht für Computer Aided Design, wobei design mit Konstruieren zu übersetzen ist). Die Einführung in das Konstruieren mit einem 3D-CAD ist Gegenstand dieses Kapitels. Bevor Schülerinnen und Schüler mit einem CAD arbeiten, ist es jedoch sinnvoll, sie mit elementaren Regeln des technischen Zeichnens vertraut zu machen. Dazu erstellen sie ihre ersten technischen Zeichnungen mit Bleistift und Papier, genauso wie es auch Studierende an den technischen Hochschulen etwa in der Maschinen- oder
18 Es empfehlt sich, die Komponenten (s. Kapitel 2.2-2.5) je in einer eigenen Datei zu konstruieren, um unerwünschte Verschneidungen der Körper zu vermeiden. Erst im letzten Schritt (s. Kapitel 2.6) werden die Komponenten zusammengesetzt. Dazu können sie in eine neue Datei kopiert werden. 19 Transparentes Papier wird aus dem einfachen Grund vorgezogen, dass sich hierauf besonders gut radieren lässt. Liniertes, kariertes oder gar Millimeter-Papier sind hingegen ein Tabu für das technische Zeichnen. Der Grund hierfür wird schnell deutlich, wenn eine technische Zeichnung kopiert wird: spätestens dann sind die Linien der Konstruktion (einschließlich der Maß- und Hilfslinien) kaum noch von denjenigen auseinander zu halten, die von vornherein auf das Papier gedruckt waren.
2
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
27
Baukonstruktionslehre machen. Ein Regelblatt für das technische Zeichnen und eine einfache Würfelkonstruktionsaufgabe zum Einüben der Regeln befnden sich im Anhang dieses Hefts. Spätestens dann, wenn ein Produkt computergesteuert gefertigt werden soll (man spricht dann von CAM, Computer Aided Manufacturing), etwa durch eine CNC-Fräse (CNC steht für Computerized Numerical Control) oder einen 3D-Drucker, ist es zwingend erforderlich, eine technische Zeichnung mithilfe von CAD-Software zu erstellen. Eine Schritt-für-Schritt Anleitung für das 3D-CAD SketchUp des Software-Anbieters Trimble Navigation Ltd. enthält dieses Heft am Beispiel der Konstruktion eines Gehäuses für einen Bleistiftanspitzer.20 Dabei ist die Version von 2014 zugrunde gelegt. Für den Einsatz im gymnasialen Technikunterricht eignet sich freilich auch andere CAD-Software. In jedem Fall sollte aber ein CAD gewählt werden, das die Schülerinnen und Schüler auch zu Hause kostenfrei verwenden können. Diese Anforderungen erfüllt unter anderem
SketchUp Make. Lehrerinnen und Lehrer können darüber hinaus eine kostenfreie Lizenz für die Vollversion, SketchUp Pro genannt, anfordern.21 Doch auch wenn das Konstruieren mit CAD-Software erfolgt, bedeutet das nicht, dass Bleistift und Blankopapier in der Produktentwicklung der Vergangenheit angehören. Im Gegenteil: „Leonardo's [da Vinci, Anm. d. Verf.] most important ability was his brilliant problem solving by sketching.
Sketching is still faster and much more creative than modeling by CAD. “ (Franke 2011, S. 225). Dies gilt insbesondere für die der Konstruktion vorausgehende Entwicklung einer technischen Lösung (Albers 2011, S. 6): Die Veranschaulichung der Wirkstruktur erfolgt durch das Erstellen technischer Skizzen, und zwar mit Bleistift und Papier (vgl. Kapitel 1).
2.1 Voreinstellungen Bevor ein CAD-Modell entworfen wird, sollte die Einstellung der Maßeinheit überprüft
werden.
Grundsätzlich
werden
Maßzahlen
in
technischen
Zeichnungen in Millimetern (mm) angegeben, was für die Konstruktion 20 Die Anleitung richtet sich an Schülerinnen und Schüler, die mit SketchUp bislang keine Erfahrungen haben. Sie ist daher bewusst so gestaltet, dass zunächst grundlegende CAD-Funktionen eingeführt und wiederholt angewandt werden. Sie hat nicht den Anspruch, den efzientesten Konstruktionsweg aufzuzeigen. 21 Der Bezug läuft über autorisierte Vertriebshändler (s. www.sketchup.com/de/buy/education-licenses).
2
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
28
eines Anspitzergehäuses auch sinnvoll ist. Die Einstellung erfolgt über das Dialogfenster Modellinformationen unter Einheiten > Millimeter, zu fnden im Menüpunkt Fenster (vgl. Abb. 24).22
Abb. 24: Einstellen der Maßeinheit Quelle: eigene Darstellung
Hilfreich ist es auch, die Symbolleiste mit den Icons häufg verwendeter Funktionen zu bestücken (Menüpunkt Ansicht > Symbolleiste anpassen), z.B. mit Modellinformationen, Auswählen, Mitziehen, Alles zeigen, Rotieren,
Standardansichten, Röntgenmodus, Radiergummi, Maßangaben, Versatz, Folge mir, Verschieben, Drehen, Maßstab, Äußere Schale, Verschneiden (SketchUp Pro) , Vereinigen (SU Pro) , Entfernen (SU Pro) , Abschneiden (SU
Pro) , T e i l e n (SU
Pro) , Maßband,
Winkelmesser,
Abmessfunktion,
Textfunktion (vgl. Abb. 25 von links nach rechts). Abb. 25: Beispiel für eine Anpassung der Symbolleiste von SketchUp 2014 Quelle: eigene Darstellung
Es empfehlt sich, jede Komponente (s. Kapitel 2.2-2.5) in einer eigenen Datei zu konstruieren, um unerwünschte Verschneidungen der Körper zu vermeiden. Erst im letzten Schritt (s. Kapitel 2.6) werden die Komponenten zusammengesetzt. Dazu können sie in eine neue Datei kopiert werden. 23
22 Alle Begrife und Funktionen von SketchUp 2014 können leicht über den Menüpunkt Hilfe > Suchen gefunden werden! Sie sind im Folgenden durch Kursivdruck gekennzeichnet. 23 Eine SketchUp-Datei mit allen nachfolgend genannten Konstruktionsschritten kann unter http://www.thingiverse.com/thing:338243 heruntergeladen werden. Jeder Schritt ist in einem eigenen Layer dargestellt. Die Layer können ein- und ausgeblendet und mit die Funktion Alles zeigen vollständig angezeigt werden.
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
2
29
2.2 Stiftführung Die Stiftführung besteht aus einem Eintrittzylinder, einem Kegelstumpf und einem Spanauslass (vgl. Abb. 15). Sie kann durch Aneinanderreihen dieser Körper konstruiert werden.24 2.2.1 Eintrittszylinder In der Vorderansicht (Kamera > Vorne) wird mit der Funktion Zeichnen > Formen > Kreis ein Kreis mit „r=4mm“ auf der blau-roten Ebene gezeichnet. Dabei wird der Kreis zunächst in beliebiger Größe gezeichnet; die Eingabe des Radius erfolgt über die Tastatur (dazu muss der Cursor nicht in das Maßangaben-Dialogfeld gesetzt werden). Mit Funktionen > Abmessungen wird der
Kreis
bemaßt;
dazu
wird
der Kreisumfang
ausgewählt und nach außen gezogen (s. Abb. 26). M i t Funktionen > Drücken/Ziehen wird ein Zylinder beliebig weit auf der grünen Achse herausgezogen. Abb. 26: Konstruieren Über die Tastatur kann die Tiefe des Zylinders eingegeben werden (4mm). Mit rechte Maustaste >
des Eintrittzylinders Quelle: eigene Darstellung
Gruppieren wird aus allen Punkten, Linien und Flächen, die den Zylinder bilden, eine Gruppe gebildet. 2.2.2 Kegelstumpf Der
Kegelstumpf
Eintrittszylinder
muss
genau
anschließen (s.
an
den
Abb. 27).
Dazu wird zunächst der Mittelpunkt des Zylinderkreises auf der Rückseite markiert: m i t Funktionen > Maßband werden zwei
Führungslinien genannte Hilfslinien über dem hinteren Zylinderkreis gezogen, die jeweils durch
den
Kreismittelpunkt
gehen
(also
genau 8mm lang sind). Ihr Schnittpunkt ist ein
neuer Führungspunkt.
Führungspunkt
Um
auf
dem
den Kegelstumpf
zu
Abb. 27: Konstruieren des Kegelstumpfs Quelle: eigene Darstellung
24 Es gibt grundsätzlich vier Arbeitstechniken beim Konstruieren: Material von einem Grundkörper (z.B. Quader) abtragen; Grundkörper aneinanderreihen; Grundformen anordnen und verbinden; Körper umformen und verzerren (vgl. Albers 2011, S. 21f.).
2
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
30
konstruieren, wird erneut ein Kreis mit r=4mm über dem Mittelpunkt gezeichnet, mit Abmessungen bemaßt und mit Drücken/ Ziehen um 14mm herausgezogen. Der Zylinder wird in einen Kegelstumpf umgewandelt, indem die hintere Kreisfäche
mit Auswählen markiert
und
mit Funktionen > Maßstab
verkleinert wird. Dazu wird bei gedrückter ALT- (Mac) bzw. STRG-Taste (Win) einer der diagonalen Anfasser in Richtung des Mittelpunkts soweit gezogen, bis der Durchmesser des hinteren Kreises gemäß der Angabe auf dem Maßpfeil „d=2mm“ beträgt. Am Ende wird der Kegelstumpf gruppiert. 2.2.3 Spanauslass Der Spanauslass soll in Form eines Zylinders gestaltet
werden.
Dazu
wird
ein
Führungspunkt über den Mittelpunkt des (hinteren)
Deckkreises
des
Kegelstumpfs
gesetzt. Dann wird ein Kreis mit r=2mm über dem Führungspunkt gezeichnet und bemaßt. Aus dem Kreis wird ein Zylinder mit einer Länge von 8mm herausgezogen und bemaßt (s.
Abb. 28).
Abschließend
wird
der
Abb. 28: Konstruieren des Spanaustrittzylinders
Spanauslass gruppiert.
Quelle: eigene Darstellung
2.2.4 Für Fortgeschrittene: Konstruktion durch Extrusion Im Längsschnitt besteht der Umriss der Stiftführung der Länge nach halbiert aus einem Rechteck (für den Eintrittzylinder), einem Trapez (für den Kegelstumpf) und einem Rechteck oder Parallelogramm (für den Spanaustritt, vgl. Abb. 29). Alternativ zu den zuvor dargestellten Schritten kann die Stiftführung auch auf der Grundlage dieser Flächen konstruiert werden. Eine solche Erhöhung der Dimension (aus zweidimensionalen Flächen werden dreidimensionale Körper konstruiert) wird als Extrusion
Abb. 29: Konstruieren der Stiftführung mit folge mir , a) Grundrisse zeichnen Quelle: eigene Darstellung
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
2
31
bezeichnet. Eine Möglichkeit zur Extrusion bietet SketchUp 2014 mit der Funktion folge mir (follow me). Dabei werden zunächst die oben genannten Umrisse gezeichnet (s. Abb. 29). Dazu wird in der Ansicht von oben mit der Funktion Linie ein Trapez aus den bekannten Maßen für die Radien (4mm für den Grund- und 1mm für den Deckkreis) sowie für die Länge des Kegelstumpfs (14mm) konstruiert. Die Linien werden dabei an die Endpunkte jeweils anliegender
Linien konstruiert, sodass nach dem Zeichnen der vierten Linie automatisch eine Fläche gebildet wird. Dann werden mit der Funktion Rechteck die Grundrisse für den Eintrittzylinder und den Spanauslass an das Trapez angeschlossen. Anschließend
wird mit
der
Funktion Kreis der Grundkreis der Stiftführung mit r=4mm gezeichnet (s. Abb. 30). Um Abb. 30: Konstruieren der Stiftführung mit folge den
Grundkreis
schließlich der
die
Quelle: eigene Darstellung
Außenfächen
Stiftführung
Außenkanten
mir, b) Extrudieren
können durch
konzentrische
Parallelverschiebung
der
mittels folge mir konstruiert werden. Dazu muss man
zunächst den Pfad, um den herum extrudiert werden soll, auswählen (hier den Umriss des Grundreises). Dann wird die Funktion folge mir gewählt (der Pfad bleibt ausgewählt, auch wenn er nicht mehr markiert ist), und schließlich werden die Flächen ausgewählt, die extrudiert werden sollen (hier die Fläche von Eintrittzylinder, Kegelstumpf und Spanauslass). Nach Abschluss des Extrudierens müssen unter Umständen unerwünschte Kanten und Flächen d u r c h auswählen gelöscht25 Flächen
und
die
Entfernen-Taste
beziehungsweise durch
das
Zeichnen
erwünschte von Linien Abb. 31: Konstruieren der
konstruiert werden (vgl. Abb. 31). Das Extrudieren hat Vor- und Nachteile. Zu ersteren zählt die Möglichkeit, das Maß für den
Stiftführung mit folge mir, b) vor (links) und nach (rechts) dem Schließen einer Fläche Quelle: eigene Darstellung
Durchmesser des Kegelstumpf-Deckkreises genau angeben zu können (ein 25 Die Funktion Radiergummi ermöglicht ein unmittelbares Löschen ausgewählter Elemente. Geschickter ist aber das Vorgehen mit Auswählen und der Entfernen-Taste, da hier zunächst die Elemente markiert und erst dann gelöscht werden. Mit dem Radiergummi werden hingegen leicht versehentlich Elemente gelöscht.
2
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
32
nachträgliches Ändern der Größe, vgl. Kapitel 2.2.2, ist nicht so genau durchführbar). Nachteilhaft ist indessen, dass beim Extrudieren kein Volumenkörper entsteht, sodass Volumenkörperfunktionen (s. Kapitel 2.5 und 2.6) nicht ohne weiteres möglich sind. Ein Volumenkörper könnte durch das Schließen der Außenfächen (hier am Ein- und Austrittskreis) jedoch im Zuge einer Nachbearbeitung erzeugt werden.
2.3 Klinge (fakultativ) Die
Konstruktion
der
Klingennut
muss
gewährleisten,
dass
die
Klingenschneide so in die Stiftführung geführt wird, dass ein Bleistift angespitzt, jedoch nicht zerrissen wird. Die Klingennut setzt insofern die Klinge in Beziehung zur Stiftführung. Die Konstruktion von Stiftführung und Klinge ist daher von grundlegender Bedeutung für das Konstruieren der Klingennut (bottom-up Prinzip, s.o.). Zur Veranschaulichung dieser Abhängigkeit (und zur Übung von CAD-Funktionen) ist es sinnvoll, vor der Klingennut neben der Stiftführung (s. Kapitel 2.2) zunächst auch die Klinge zu konstruieren. Zwingend erforderlich ist dies indessen nicht - schließlich wird die Klinge ebenso wie die M2-Schraube nicht gefertigt, sondern als fertige Komponente zugekauft. Die Klinge kann aus einem quaderförmigen Grundkörper durch Abtragen von Material für die Schneide, das Schraubenloch sowie das bogenförmige Ende konstruiert werden (vgl. Abb. 32).
Abb. 32: Konstruieren der Klinge (fakultativ) Quelle: eigene Darstellung
2
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
33
2.3.1 Grundkörper Der Grundriss für den Quader wird mit Zeichnen > Formen > Rechteck in die rot-grüne Ebene beliebig weit aufgezogen; über die Tastatur werden Breite und Länge ("6,5;24mm") eingegeben. Die Bemaßung erfolgt mit
Funktionen > Abmessungen. Schließlich wird aus dem Rechteck mit Drücken/Ziehen ein Quader beliebig weit nach oben gezogen. Seine Höhe ("0,7mm") wird über die Tastatur eingeben und mit Abmessungen bemaßt (vgl. Abb. 32, ganz links). 2.3.2 Bogen Nun wird das bogenförmige Ende der Klinge konstruiert. Zunächst wird mit
Funktionen > Maßband ein Führungspunkt für den Mittelpunkt des Bogens gesetzt. Dazu wird die obere linke Ecke an der Vorderseite ausgewählt, die
Führungslinie in Richtung der roten Achse gezogen (sie muss rot eingefärbt werden) und über die Tastatur der Abstand des Führungspunkts von der Ecke ("4mm") eingegeben. Ausgehend von diesem Führungspunkt (den
Führungspunkt mit der Funktion Maßband auswählen) wird ein zweiter Führungspunkt in Richtung der grünen Achse in einem Abstand von „4mm“ (Eingabe über die Tastatur) gesetzt. Er stellt den Mittelpunkt des Bogens dar. Dieser wird nun gezeichnet, indem mit der Funktion Bogen der Mittelpunkt
ausgewählt,
dann
der Führungspunkt an der vorderen
Oberkante markiert und schließlich ein Bogen nach rechts bis zur Seitenkante gezogen wird. Zum Schluss wird mit Drücken/Ziehen das Bogenäußere soweit heruntergedrückt, dass „ Versatz begrenzt auf -...mm" angezeigt wird; dadurch wird das Bogenäußere entfernt (vgl. Abb. 32, Mitte links). 2.3.3 Schraubenloch Mit der Funktion Maßband wird zunächst ein
Führungspunkt für den
Kreismittelpunkt des Schraubenlochs gesetzt, und zwar 11,5mm vor und 2,5mm links von der hinteren rechten Ecke der Klinge. Mit der Funktion
Kreis wird dann auf diesem Punkt ein Kreis mit r=1,2mm gezogen. Dieser wird mit Drücken/Ziehen und Eingabe von "-0,7mm" über die Tastatur (die Eingabe negativer Zahlen muss ggf. zwei Mal erfolgen) vollständig versenkt, sodass ein Loch entsteht (vgl. Abb. 32, Mitte rechts).
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
2
34
2.3.4 Schneide Für
die
Schneide
wird
zunächst
mit
der
Funktion Maßband
ein
Führungspunkt gesetzt, und zwar auf der oberen Vorderkante 1,5mm rechts von der linken oberen Ecke. Von hier aus wird mit der Funktion Linie eine Diagonale zur linken unteren Ecke auf der Vorderseite gezogen. Mit
Drücken/Ziehen wird die Schneide schließlich durch vollständiges nachhinten-Drücken des Dreiecks konstruiert. Abschließend wird die Klinge mit der Funktion Auswählen durch dreifachen Mausklick vollständig markiert und mit rechte Maustaste > Gruppieren vereint (vgl. Abb. 32, ganz rechts).
2.4 Klingennut Die Klingennut kann aus einem quaderförmigen Grundkörper durch Abtragen von Material für das halbkreisförmige Ende und Aneinanderreihen von Grundkörper und Zylinder für das Schraubenloch konstruiert werden. 2.4.1 Grundkörper Die Breite der Klingennut entspricht dem zweifachen
Radius
des
Bogens
der
Klinge (s. Kapitel 2.3.2) und ihre Länge sowie Höhe derjenigen der Klinge (s. Kapitel
Konstruktion und Abb. 33: Konstruieren der Klingennut,
2.3.1).
Bemaßung Klingennut
des
Grundkörpers
erfolgen
der
analog
a) Grundkörper
Quelle: eigene Darstellung
zu
Kapitel 2.3.1 und 2.3.2 (vgl. Abb. 33). 2.4.2 Schraubenloch Die Klinge wird mit einer M2 Schraube in der Klingennut
befestigt.
Der
Durchmesser
des
Schraubenlochs in der Klingennut beträgt daher 2mm ‧ 0,8=1,6mm
(Kernloch),
wenn
ein Abb. 34: Konstruieren der
Innengewinde angebracht werden soll. 26 In der Ansicht
von unten
wird
dazu
ein Kreis mit
Klingennut, b) Schraubenloch
Quelle: eigene Darstellung
26 Wird der Anspitzer im 3D-Druckverfahren gefertigt, sollte das Schraubenloch nach dem 3D-Druck auf 2mm aufgebohrt werden (spanende Nachbearbeitung), da das Anbringen eines Innengewindes oder gar das unmittelbare Einbringen der M2-Schraube das Schraubenloch sprengen könnte.
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
2
35
r=0,8mm auf der Unterseite mit einem Abstand des Kreismittelpunkts von 11,5mm vor und 2,5mm links von der rechten hinteren Ecke konstruiert. Durch Drücken/Ziehen um die Länge einer M2-Schraube (5mm) wird der Kreis
zu
einem
Zylinder
unter
die
Grundfäche
der
Klingennut
heruntergezogen. Nach der Bemaßung (mit Abmessungen) wird der Körper durch dreifachen
Mausklick (in der Funktion Auswählen) vollständig
markiert und mit rechte Maustaste > Gruppieren vereint (vgl. Abb. 34). 2.4.3 Neigung Die Klingennut soll die Klinge so führen, dass letztere die Oberkante des Kegelstumpfs schneidet. Dazu muss sie entsprechend geneigt und in den Kegelstumpf der Stiftführung gelegt werden. Außerdem soll sie hinter der Vorderkante des Eintrittzylinders liegen, damit das Bleistiftende nicht zerrissen wird. Zunächst wird die Stiftführung mit der Funktion Verschieben am Nullpunkt ausgerichtet.
Dazu
Scheitelpunkt
des
wird
die
Gruppe
der Stiftführung
Kegelstumpf-Grundkreises markiert
am und
oberen an
den
Nullpunkt gezogen. Um die Klingennut zu neigen, muss zunächst
die
Oberkante
Neigung
des
der
Kegelstumpfs
ermittelt werden. Dazu wird mit der F u n k t i o n Maßband
eine
(also blaue)
senkrechte
Führungslinie vom unteren
je oberen
Scheitelpunkt
Kegelstumpf-Grund-Deckkreises
gezogen.
zum Abb. 35: Konstruieren der Klingennut, c) Ermitteln der Neigung des des und
Kegelstumpfs
Quelle: eigene Darstellung
Ersteres
erfolgt in der Vorderansicht (vorne), letzteres in der Rückansicht ( hinten). Dann wird in der Seitenansicht von links eine horizontale (also grüne)
Führungslinie vom Scheitelpunkt des Kegelstumpf-Deckkreises ( Endpunkt in Gruppe) zur Senkrechten am Scheitelpunkt des Grundkreises gezogen. Schließlich wird mit der Funktion Winkelmesser zunächst der Scheitelpunkt des
Kegelstumpf-Deckkreises
( Endpunkt
in
Gruppe)
markiert
(der
Winkelmesser muss dazu r o t gefärbt sein), dann die grüne Horizontale, dann der Scheitelpunkt des Kegelstumpf-Grundkreises. Nun kann der
2
Winkel
("12,1°")
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
abgelesen
36
und
notiert werden (vgl. Abb. 35). Im Anschluss wird die Lage der Schneide
in
der
Klingennut
markiert: Sie liegt parallel zur und (in der Unteransicht) 6,5mm links der
rechten
Außenkante
der Abb. 36: Konstruieren der Klingennut, d) Neigen der Klingennut
Klingennut. Zur Konstruktion dieser
Quelle: eigene Darstellung
Führungslinie werden zunächst in
der Ansicht von unten (der Röntgenmodus sollte ausgestellt sein) zwei
Führungspunkte gesetzt. Diese liegen 6,5mm
links (r o t e Färbung der
Führungslinien) der Punkte, die die untere rechte Gerade begrenzen. Die Führungspunkte werden durch eine Führungslinie verbunden. Dann werden die Führungslinien und die Klingennut markiert und mit rechte Maustaste
> Gruppieren vereint (vgl. Abb. 36). Schließlich wird die Klingennut geneigt. Dazu wird mit der Funktion Drehen in der Seitenansicht von links
zunächst eine der hinteren Ecken der
Klingennut markiert, dann ein beliebiger Punkt auf derselben Seitenkante. Schließlich wird die Klingennut beliebig hoch gezogen und auf der Tastatur die zuvor ermittelte Neigung ("12,1°") eingegeben (vgl. Abb. 36).
2.5 Gehäusekörper Der Gehäusekörper soll in der Keilform konstruiert werden (vgl. Abb. 6, Mitte). Dazu wird als Grundkörper zunächst ein Quader konstruiert, aus dem dann Material für die Keilform und in einem weiteren Schritt für die Greifschalen abgetragen werden kann. 2.5.1 Quader Den Grundriss des Quaders bildet ein Rechteck mit einer Länge von 26mm und einer Breite von 16mm. Es
wird
mithilfe
der
Funktion
Rechteck konstruiert. Dazu wird ausgehend
vom Nullpunkt
ein
Abb. 37: Konstruieren des Gehäusekörpers, a) Grundkörper Quelle: eigene Darstellung
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
2
37
beliebig großes Rechteck in die gewünschte Ebene (hier die grün-rote) gezogen; anschließend werden über die Tastatur die Maße (getrennt durch ein Semikolon: Breite;Länge, z.B. „16;26“) eingegeben. Der Grundriss wird mit der Funktion Abmessungen bemaßt. Schließlich wird die Grundfäche mithilfe
Funktion Drücken/Ziehen markiert, beliebig weit in die
der
gewünschte Richtung (oben, blaue Richtung) gezogen und die Höhe über die Tastatur („11mm“) eingegeben (s. Abb. 37). 2.5.2 Keilform Für
die
Keilform
bleibt
die
Fläche
an
der
Vorderseite erhalten, während an der Rückseite die Höhe reduziert wird. Dazu werden zunächst
Führungspunkte entlang einer der beiden hinteren vertikalen Kanten gezeichnet: in der Ansicht von
hinten wird mit der Funktion Maßband eine der unteren Ecken (z.B. die linke) ausgewählt, dann
Abb. 38: Konstruieren des Gehäusekörpers, b) Keilform Quelle: eigene Darstellung
ein beliebiger Führungspunkt auf die nach oben verlaufende Kante gesetzt und schließlich die Stecke zwischen Führungspunkt und unterer Ecke („3,5mm“) über die Tastatur eingeben. Für den zweiten Führungspunkt an derselben Kante wird der Vorgang von der oberen Ecke ausgehend analog durchgeführt (s. Abb. 38). Nun werden in der Ansicht von rechts diagonale Linien auf der Seitenfäche von den Führungspunkten an der Rückseite zur oberen beziehungsweise unteren Ecke an der Vorderseite gezeichnet. Schließlich werden mit der Funktion Drücken/Ziehen die dreieckigen Flächen ober- und unterhalb des Keils ganz nach hinten geschoben (bis „ Versatz begrenzt auf -...mm" angezeigt wird), sodass nur noch der Keil übrig bleibt (vgl. Abb. 39). 2.5.3 Greifschalen Für
das
Konstruieren
Greifschalen aufgezeigt
der
sollen
drei
Wege
werden.
Der
erste
besteht in einem „Stück-für-Stück“ Umformen während
der die
Außenkanten,
anderen
beiden
Volumenkörperfunktionen
nutzen.
Abb. 39: Konstruieren des Gehäusekörpers, c) Greifschalen, Möglichkeit 1 Quelle: eigene Darstellung
2
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
38
In jedem Fall werden zunächst Führungspunkte zur Begrenzung der bogenförmigen
Greifschalen
an
beiden
Seiten
auf der Ober-
und
Unterkante gesetzt (Funktion Maßband in der Ansicht von oben bzw. unten) und bemaßt (Funktion Abmessungen; vgl. Abb. 39, links). Für den ersten Weg werden dann Bögen zwischen den Führungspunkten gezeichnet. Dazu werden die Führungspunkte zunächst nacheinander mit der Funktion Zweipunktbogen markiert. Dann wird mittig zwischen den Führungspunkten ein Bogen in die gewünschte Richtung (nach innen) gezogen und über die Tastatur die Bogentiefe ("1mm") eingegeben (vgl. Abb. 39, rechts). Nun werden in der Ansicht von links bzw. von rechts die übereinander liegenden Führungspunkte, die die Bögen begrenzen, mit vertikalen Linien verbunden. Anschließend können die geraden Seitenteile zwischen den Führungspunkten markiert (Funktion Auswahl) und mit der Entfernen-Taste gelöscht werden. Schließlich werden die Bogensegmente 27 der Ober- und Unterkante auf jeder Seite mit Linien verbunden (in der Ansicht von links bzw. von rechts). Erst dadurch werden die Greifschalen und damit auch der Gehäusekörper geschlossen. Eine andere Möglichkeit zur Konstruktion der Greifschalen bietet die
SketchUp Make Volumenkörperfunktion Verschneiden. Hierbei werden die Flächen der Greifschalen unmittelbar erzeugt, und die Schalenform wird durch einen Zylinderradius genau bestimmt
(anders
als
bei
der
manuellen Konstruktion, s.o.). Dazu wird zunächst aus einem Kreis mit dem Radius r=20mm mit Drücken/
Ziehen ein 20mm hoher Zylinder konstruiert. dreifachen
Dieser
wird
Mausklick
durch
(Funktion
Auswählen) vollständig, das heißt mit all seinen Punkten, Linien und Flächen, markiert und über die Menüpunkte Bearbeiten > kopieren repliziert. Beim Einfügen wird der Abb. 40: Konstruieren des Gehäusekörpers, Zylinder in der Ansicht von oben an der linken Seite des Keils durch
c) Greifschalen, Möglichkeit 2: Verschneiden
Quelle: eigene Darstellung
27 Die Bögen sind Polygone, das heißt aus vielen Linien zusammengesetzt (vgl. Abb. 41, rechts).
2
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
39
einfachen Mausklick zwischen die Führungspunkte zur Begrenzung der Greifschalen platziert (s. Abb. 40, links). Schließlich wird der Zylinder über
rechte Maustaste > Flächen verschneiden > mit Modell mit dem Keil verschnitten. Nun wird der zuerst konstruierte Zylinder mit der Funktion
Verschieben an die rechte Seite des Keils zwischen die Begrenzungspunkte der
Greifschalen bewegt. Dazu wird e r m i t Auswahl und dreifachem
Mausklick auf den Körper vollständig markiert, dann verschoben
und durch einfachen Mausklick an die
gewünschte Stelle gesetzt. Im Anschluss wird auch er mit
dem
Keil
verschnitten
(vgl.o.).
Abschließend
müssen die Kanten des Zylinders und die geraden Segmente des Keils zwischen den Führungspunkten (s. Abb. 40, rechts) gelöscht werden (Funktion Auswählen und Entfernen-Taste; vgl. Abb. 41).
Abb. 41: Ergebnis des Verschneidens Quelle: eigene Darstellung
Die dritte Möglichkeit zur Konstruktion der Greifschalen bedient sich der Volumenkörperfunktion Entfernen (nur SketchUp Pro). Auch hier werden zunächst zwei Zylinder konstruiert (r=20mm, H=20mm). Diese werden ebenso wie der Keil zu eigenen Gruppen vereint (dreifacher Mausklick auf den Körper, dann rechte Maustaste > Gruppieren ). Dann wird je einer der Zylinder in der Ansicht von oben an die linke beziehungsweise rechte Seite des Keils jeweils zwischen die Führungspunkte verschoben. Abschließend wird die Volumenkörperfunktion Entfernen ausgewählt, dann der Zylinder
Abb. 42: Konstruieren des Gehäusekörpers, c) Greifschalen, Möglichkeit 3: Volumenkörperfunktion „Entfernen“ Quelle: eigene Darstellung
2
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
40
und schließlich der Keil markiert (vgl. Abb. 4 2 ) . Im Unterschied zum
Verschneiden entfällt hier das nachträgliche Löschen unerwünschter Körper und Kanten.
2.6 Vereinigung der Komponenten zum Gehäuse Das Gehäuse des Bleistiftanspitzers kann nun konstruiert werden, indem die einzelnen Komponenten (Stiftführung, Klingennut und Gehäusekörper) Schritt für Schritt zusammengesetzt werden. 2.6.1 Gehäusekörper und Stiftführung Zunächst wird am Gehäusekörper ein
Einfügepunkt
für
die
Stiftführung gesetzt. Dazu wird im
Röntgenmodus in der Ansicht von vorne mit der Funktion Maßband ein Führungspunkt 6mm rechts von der linken Kante, 4mm hinter der Oberkante und
1mm
unter
der
Keiloberfäche gesetzt (s. Abb. 43).
Abb. 43: Vereinigung von Gehäusekörper und Stiftführung, a) Einfügepunkt und Verlängerung der Stiftführung Quelle: eigene Darstellung
Außerdem werden die Zylinder für Stifteintritt
und
sicherzustellen,
Spanauslass dass
beide
verlängert (vgl. Abb. 28 und 43), um vollständig
aus
dem
Gehäusekörper
herausragen werden. Dazu wird die Gruppe mit der Funktion Auswählen durch dreifachen Mausklick betreten. Dann wird die äußere Kreisfäche des Austrittzylinders markiert und mit der Funktion Drücken/Ziehen um 5mm herauszogen; analog wird mit dem Eintrittzylinder verfahren. Nun wird die Stiftführung in den Gehäusekörper verschoben. Dazu wird die Stiftführung in der Ansicht v o n l i n k s mit
der
Funktion
Verschieben am Scheitelpunkt des Kegelstumpf-Grundkreises
gefasst Abb. 44: Vereinigung von Gehäusekörper und
und in den Gehäusekörper an den Einfügepunkt gesetzt (vgl. Abb. 44).
Stiftführung, b) Verschieben der Stiftführung
Quelle: eigene Darstellung
2
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
41
Schließlich wird die Stiftführung als Hohlform im Gehäusekörper konstruiert, indem mit der SketchUp
Pro
Volumenkörperfunktion Entfernen zunächst die
Stiftführung und dann der Gehäusekörper ausgewählt werden (vgl. Abb. 45).28
Quelle: eigene Darstellung
2.6.2 Gehäusekörper und Klingennut Auch
für
die
zunächst
Klingennut
ein
festgelegt.
Abb. 45: Ergebnis des „Entfernens“
wird
Einfügepunkt
Dazu
wird
ein
Führungspunkt (Funktion Maßband) unter (rote
0,5mm
senkrecht
Färbung
der Führungslinie)
Einfügepunkt
aus
Kapitel
dem 2.6.1 Abb. 46: Vereinigung von Gehäusekörper
und Klingennut, a) Einfügepunkt und Verlängerung der Klingennut (links), b) Verschieben (rechts)
gesetzt (vgl. Abb. 46, links). Des weiteren
werden
analog
zu
Quelle: eigene Darstellung
Eintrittzylinder und Spanauslass (s.
Kapitel 2.6.) auch die Kanten der Klingennut, des Schraubenlochs und der Rückseite der Klingennut jeweils um 5mm verlängert (vgl. Abb. 46, Mitte). Dann wird die Klingennut in den Gehäusekörper verschoben. Dazu wird die Klingennut
mit
der
Funktion Auswählen am Führungspunkt auf der
Unterseite (s. Kapitel 2.4.3) gefasst und mit der Funktion Verschieben in den Einfügepunkt im Gehäusekörper geführt (so dass „Führungspunkt“ angezeigt wird; vgl. Abb. 46, rechts). Mit der SketchUp Pro Volumenkörperfunktion
Entfernen kann nun die Klingennut aus dem Gehäusekörper ausgeschnitten werden (vgl. Abb. 47).
Dazu
wird
die
Gruppe
aus
Klingennut und Führungspunkten zunächst aufgelöst, und zwar mit rechte Maustaste >
in Einzelteile aufösen. Dann werden die Führungspunkte der Klingennut gelöscht
Abb. 47: Vereinigung von Gehäusekörper und Klingennut, c) Volumenkörperfunktion „Entfernen“ (links: vorher/ rechts: nachher) Quelle: eigene Darstellung
und schließlich mit der Funktion Entfernen erst die Klingennut und anschließend der Gehäusekörper markiert. 28 Alternativ zum Entfernen (nur SketchUp Pro) ist eine Vereinigung von Gehäusekörper und Stiftführung auch manuell oder über die SketchUp Make-Volumenkörperfunktion Verschneiden möglich (vgl. Kapitel 2.5.3), aber deutlich aufwendiger.
2
Konstruktion mit dem 3D-CAD SketchUp
42
2.6.3 Nachbearbeitung des Gehäuses Abschließend muss das Gehäuse auf ofene Stellen überprüft werden (vgl. etwa in Abb. 48 die grün markierte Flächen). Dazu kann es hilfreich sein, den Röntgenmodus mal an, mal auszustellen. Durch das Zeichnen
von Linien können die Abb. 48: Nachbearbeitung des Gehäuses (z.B.
Flächen geschlossen werden. Dazu muss die Gruppe zunächst durch zweifachen werden.
Mausklick
betreten
Schließen der grün markierten Fläche) Quelle: eigene Darstellung
3
Fertigung und Montage
3
An
43
Fertigung und Montage
den Entwicklungs- und Konstruktionsprozess (EKP) schließt sich die
Fertigung der Komponenten und deren Montage zum Gesamtprodukt an. Für den Technikunterricht am allgemeinbildenden Gymnasium geht es dabei in erster Linie darum, durch Prototypen die de facto Lösung eines technischen Herausforderung unter Beweis zu stellen oder Hinweise zur Optimierung des Produkts abzuleiten. Ein Verfahren zum rapid prototyping, also zur maschinellen Fertigung von Prototypen, ist das 3D-Drucken. Dabei wird das Produkt auf der Grundlage eines 3D-CAD-Modells direkt aus einem formneutralen Kunststofdraht (so genanntes Filament) gefertigt. Anders als bei herkömmlichen Fertigungsverfahren sind hier (wie auch bei allen anderen „generativen“ oder „additiven“ Fertigungsverfahren keine speziellen Werkzeuge zur Fertigung notwendig. Ein rapid prototyping bleibt aber nicht Schulen vorbehalten, die über einen eigenen 3D-Drucker verfügen. Verschiedene Dienstleister bieten über ihre Websites ein Hochladen von STL-Dateien an und senden das gefertigte Produkt auf dem Postweg zurück. In diesem Kapitel werden beide Möglichkeiten
beschrieben:
das rapid
prototyping
mit
und
ohne
schuleigenen 3D-Drucker. In beiden Fällen ist zunächst jedoch eine Vorbereitung des 3D-Modells erforderlich.
3.1 Vorbereitung der Datei für die Fertigung im 3D-Druckverfahren Die Übergabe des 3D-Modells an den 3D-Drucker erfolgt in der Regel über eine STL-Schnittstelle. Im STL-Format wird die Oberfäche von Körpern durch ein Mosaik von Dreiecksfacetten beschrieben. 3.1.1 STL-Datei erzeugen Zum Export des Anspitzergehäuses (vgl. Kapitel 2.6.3) als STL-Datei muss
3
Fertigung und Montage
44
das Modell in SketchUp zunächst mit Auswählen und dreifachem Mausklick vollständig markiert und mit rechte Maustaste > Gruppieren vereint werden. Der Export der markierten Gruppe erfolgt mit Datei > Exportiere
STL > Export selected geometry only. Die Einstellungen für die Einheit (Model Units) und das Dateiformat (ASCII) werden übernommen (vgl. Abb. 49).29
Abb. 49: Exportieren des 3D-Modells als STL-Datei Quelle: eigene Darstellung
3.1.2 STL-Datei reparieren Trotz aller Bemühungen (vgl. Kapitel 2.6.3) wird es nur selten gelingen, die Flächen eines 3D-Modells vollständig manuell zu schließen. Die STL-Datei muss daher durch eine geeignete Software repariert werden. Eine Möglichkeit hierfür bietet das kostenlose netfabb Basic30, mit dem die exportierte STL-Datei geöfnet wird. Ein rotes Ausrufezeichen bedeutet eine fehlerhafte, das heißt nicht vollständig geschlossene STL-Datei (vgl. Abb. 50). 29 Für den STL-Export kann es erforderlich sein, das STL-Plugin sketchup-stl-2.1.2.rbz zu installieren. Das geht über den Menüpunkt SketchUp > Voreinstellungen > Erweiterungen > Erweiterung . Das Plugin kann auf der Website http://extensions.sketchup.com/en/content/sketchup-stl kostenfrei heruntergeladen werden. 30 Eine Alternative hierzu ist meshlab (vgl. www.shapeways.com/tutorials/how_to_use_meshlab_and_netfabb).
3
Fertigung und Montage
45
Abb. 50: Exportieren des 3D-Modells als STL-Datei Quelle: eigene Darstellung
Sie kann über den Menüpunkt Extras > Repair part repariert werden. Dazu wird im Dialogfenster Automatic repair > Default repair ausgewählt. Mit
Execute, Apply repair (unten rechts) und Remove old part wird die STLDatei korrigiert (vgl. Abb. 51).
Abb. 51: Reparieren der STL-Datei Quelle: eigene Darstellung
3
Fertigung und Montage
46
Der Vorgang muss gegebenenfalls mehrfach durchführt werden, bis kein Warn-Ausrufezeichen mehr und Holes: 0 (unten rechts) angezeigt wird (vgl. Abb. 52). Über den Menüpunkt Part > Export part > As STL kann nun eine neue STL-Datei erzeugt werden.
Abb. 52: Exportieren als STL-Datei Quelle: eigene Darstellung
Die korrigierte STL-Datei kann nun im 3D-Druckverfahren gefertigt werden. Wie das mit, aber auch ohne schuleigenen 3D-Drucker geht, wird in den folgenden Kapiteln beschrieben.
3.2 Fertigung im 3D-Druckverfahren (rapid prototyping) 3.2.1 Rapid prototyping mithilfe von online Dienstleistern Die STL-Datei kann, wenn kein schuleigener 3D-Drucker verfügbar ist, online bei verschiedenen 3D-Druckservices hochgeladen werden. Beispiele hierfür sind www.trinckle.com, www.shapeways.com, www.sculpteo.com,
i.materialise.com. Die Vorgehensweise wird nachfolgend am Beispiel von trinckle veranschaulicht. Zunächst wird die STL-Datei hochgeladen (vgl. Abb. 53).31 31 Die Dienstleister prüfen die STL-Datei dabei erneut auf Fehlerhaftigkeit. Gegebenenfalls muss der Reparaturvorgang aus Kapitel 3.2.1 also wiederholt werden.
3
Fertigung und Montage
47
Abb. 53: Hochladen der STL-Datei bei www.trinckle.com Quelle: eigene Darstellung
Dann werden Vorderansicht und Maßeinheit (s. Abb. 54) und abschließend Material,
Fertigungsverfahren,
Farbe
und
Stückzahl
festgelegt
(vgl.
Abb. 55). Aus diesen Parametern wird der Preis ermittelt. Mit der Funktion
in den Warenkorb legen wird schließlich die Fertigung in Auftrag gegeben.
Abb. 54: Festlegen von Vorderansicht und Maßeinheit Quelle: eigene Darstellung
3
Fertigung und Montage
48
Abb. 55: Festlegen von Material, Fertigungsverfahren, Farbe und Stückzahl Quelle: eigene Darstellung
3.2.2 Rapid prototyping mit einem schuleigenen 3D-Drucker Einige Schulen verfügen mittlerweile über 3D-Drucker, und viele Schulen haben eine CNC-Fräse vom Typ KOSY.32 Für die KOSY3 gibt es seit kurzer Zeit einen 3D-Druckkopf (Extruder), der anstelle der Frässpindel montiert werden kann. Für die Steuerung des 3D-Druckvorgangs ist die Software
nccad9 erforderlich. Die Vorgehensweise mit der KOSY3 und nccad9 wird im Folgenden Beschrieben. Zunächst wird im Reiter Start ein neues 3D-
Druckprojekt angelegt (s. Abb. 56) und die STL-Datei geöfnet (vgl. Abb. 57). Dann wird das
Modell
für
ausgerichtet.
Zu
insbesondere,
dass
den
3D-Druckvorgang
beachten keine
ist Materie
dabei über
Hohlräumen oder über steil überhängenden Kanten aufgetragen werden muss. Im Fall des Anspitzergehäuses ist es daher sinnvoll, das Modell um 90° um die X-Achse zu kippen, sodass es mit dem Eintrittszylinder aufiegt (vgl. Abb. 58). Als nächstes wird die Druckmethode festgelegt: Abb. 56: Anlegen eines 3D-
Schichten sollen fein, die Füllung grob gedruckt werden (s. Abb. 59).
Druckprojekts in nccad9
Quelle: eigene Darstellung
32 Die KOSY wird von MAX Computersysteme für technische Anwendungen GmbH in Kooperation mit Roland Müller (LS Stuttgart) entwickelt und kann über www.max-computer.de oder www.muero-fraeser.de bezogen werden.
3
Fertigung und Montage
49
Abb. 57: Öfnen der STL-Datei in nccad9 Quelle: eigene Darstellung
Abb. 58: Ausrichten des Modells in nccad9 Quelle: eigene Darstellung
Auf der Grundlage dieser Parameter wird schließlich eine CNC-Steuerdatei erzeugt (zu erkennen an der Dateiendung .pnc, vgl. Abb. 60). Ihre Daten können
an
die
Maschinenparameter
CNC-Maschine für
den
ausgegeben
3D-Druckvorgang
werden. (z.B.
Die
Vorschub,
Temperatur, Werkstücknullpunkt) sind in erster Linie von dem verwendeten
3
Filament
und
der
Lage
Fertigung und Montage
der
Aufageplatte
50
abhängig.
Sie
werden
üblicherweise bei der Einrichtung der Maschine konfguriert. Vor dem Ausdruck der Dabei ist es sinnvoll, im Zuge einer Simulation die beabsichtigte Fertigung zu überprüfen.
Abb. 59: Festlegen der DruckMethode in nccad9
Abb. 60: Erzeugen einer CNCSteuerdatei in nccad9
Quelle: eigene Darstellung
Quelle: eigene Darstellung
3.3 Nachbearbeitung und Montage Nach Abschluss des 3D-Drucks ist eine spanende Nachbearbeitung des Schraubenlochs erforderlich. Es muss mit einem 2mm-Bohrer vorsichtig vergrößert werden muss (vgl. Fußnote 24). Dann kann die Klinge mithilfe einer M2-Schraube montiert werden Abb. 61: Anspitzer nach Montage der Klinge am Gehäuse (links mit (vgl. Abb. 61). Abschließend muss die Funktionstüchtigkeit
unter
gestellt werden (vgl. Abb. 62).
Beweis
trinckle®, rechts mit KOSY3 und nccad9 gefertigt) Quelle: eigene Darstellung
3
Fertigung und Montage
Abb. 62: Der funktionstüchtige Anspitzer Quelle: eigene Darstellung
51
Anhang
Anhang
Nachfolgend
Regeln für das technische Zeichnen
52
Regeln für das Erstellen einer technischen Zeichnung
ist ein Regelblatt für das technische Zeichnen aufgeführt. Es
wurde auf der Grundlage von Albers (2011) erstellt. Die genannten Regeln sollten im Technikunterricht am allgemeinbildenden Gymnasium möglichst früh,
jedoch peu à peu, eingeführt und eingeübt werden. Hierfür ist
beispielhaft
eine
wiedergegeben. (b.w.)
einfache
Konstruktionsaufgabe
in
Anhang
B
Anhang
Regeln für das technische Zeichnen
A. Regelblatt für das technische Zeichnen
53
Anhang
Regeln für das technische Zeichnen
54
Anhang
Regeln für das technische Zeichnen
55
Anhang
Regeln für das technische Zeichnen
B. Einfache Würfelkonstruktionsaufgabe
56
Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis
Albers, Albert (2011): Handbuch Visualisierung und technisches Zeichnen zur Vorlesung Maschinenkonstruktionslehre; Karlsruhe: IPEK/ KIT Albers, Albert; Sadowski, Eike; Marxen, Leif: A New Perspective on Product Engineering Overcoming Sequential Process Models; in: Birkhofer, Herbert (Hrsg., 2011): The Future of Design Methodology; London: Springer-Verlag Feldhusen, Jörg; Grote, Karl-H. (Hrsg., 2013): Pahl/Beitz Konstruktonslehre. Methoden und Anwendung erfolgreicher Produktentwicklung; Berlin / Heidelberg: Springer-Verlag Franke, Hans-Joachim: What Designers Can Learn from Leonardo, An Ingeious Artist, Scientist and Engineer; in: Birkhofer, Herbert (Hrsg., 2011): The Future of Design Methodology; London: Springer-Verlag Hüttner,
Andreas
(2009):
Technik
unterrichten.
Methoden
und
Unterrichtsverfahren im Technikunterricht; Haan-Gruiten: Verlag EuropaLehrmittel Pahl, Gerhard; Beitz, Wolfgang; Feldhusen, Jörg; Grote, Karl-H. (2007): Pahl/Beitz Konstruktionslehre. Grundlagen; Berlin / Heidelberg: SpringerVerlag Verein Deutscher Ingenieure, VDI (Hrsg., 1995): VDI-Richtlinie 2221. Methodik zum Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte; Berlin: Beuth-Verlag Verein Deutscher Ingenieure, VDI (Hrsg., 2004): VDI-Richtlinie 2206. Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme; Berlin: Beuth-Verlag