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Künstliche Beleuchtung ist zudem für beträchtliche Kosten verantwortlich. ...... für die duale Ausbildung in der. Leibniz- .... Coach und Berufsberater gefragt.
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2/2015

Leibniz-Journal

Umwelt

Biophotonik

Byzanz

Forscherkarriere

Mut zur Dunkelheit

Mystisches Leuchten

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

Erhellend

G 49121

Licht strahlt überall in unserem Leben

Optische Bakterien-Killer Chance oder Ausbeutung?

Freier Wille braucht Freiwillige. Die taz ist einzigartig in der deutschen Zeitungslandschaft: konzernunabhängig, getragen von der taz Genossenschaft und auf taz.de kostenlos zugänglich. Für alle. Diese Idee von Journalismus funktioniert aber nur, wenn viele an ihr teilhaben. Als AbonnentIn lesen Sie also nicht nur eine besondere Zeitung – Sie werden ein Teil davon. Testen Sie die taz: [email protected] | T (030) 2590 2590

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Woche n für 10 taz Euro taz.de/ 5woch en

L E I B N I Z | I N H A LT

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SPEKTRUM Wissenschaftszeitverträge in der Diskussion

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THEMENSCHWERPUNKT: LICHT Die Sonne ist Taktgeber und Energiequelle allen Lebens. Künstliches Licht kann diesen Takt stören, ist aber auch vielversprechendes Instrument in Medizin, Nahrungsmittelproduktion und Chemie.

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KURZ & FORSCH

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NUR SO EIN VORSCHLAG…



...von Leibniz-Präsident Matthias Kleiner

10 TITEL: LICHT 10

Astronomie: Das erste Licht im Universum

12 Ruhelos: Lichtermeer statt Sternenhimmel

25  26  28  32  36

AUSSTELLUNGEN Willkommen im Anthropozän

Sonnenphysik: Unser Stern im Visier

46 AUSSTELLUNGEN

Photochemie: Hell statt heiß

 48 LEIBNIZ LIFE

Archäologie: Mystik des Lichts Energie: Förderwürdige Photovoltaik? Biophotonik: Antibiotisches Licht

39 IMPRESSUM

46

49 Leibniz-Liste 50 Verlosung

 51 LEIBNIZ LEKTÜRE 52 LEIBNIZ LEUTE

40 SPEKTRUM

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Franz Hölker: Die Nacht mitdenken

16

Technik: Doping für Pflanzen

40 Streitgespräch: Forscherkarriere zwischen Ausbeutung und Chance

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Porträt: Forscherin mit Tunnelblick auf Elektronen

44 Wirtschaftswissenschaften: Mit Daten Geschichten erzählen

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Fotos: Sven Döring/IPHT (Titel); EnergieAgentur.NRW; Oliver Lang (2); Daily Overview/Digital Globe

Liebe Leserin, „Fiat lux!“ heißt es gleich zu Beginn der bib­ schaftlerinnen und –wissenschaftlern. Sind lieber Leser, lischen Schöpfungsgeschichte. Schon vor befristete Verträge Ausbeutung der jungen

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tausenden Jahren war den Menschen klar, welche zentrale Rolle das Licht für unser Leben spielt. In fast allen Religionen und Kulturen hat das Licht deshalb auch eine spirituelle Bedeutung. Heute wissen wir, dass Licht nicht nur die Quelle des biologischen Lebens ist, sondern auch alternative Energiequelle, zivilisatorische Errungenschaft oder medizinisches Hilfsmittel. Aber wir erkennen inzwischen auch, dass zu viel Licht zur falschen Zeit negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt hat. Alle diese Aspekte beleuchtet das Leibniz-Journal im Themenschwerpunkt im Internationalen Jahr des Lichts. | ab Seite 10 Heiß diskutiert werden zurzeit die Arbeitsbedingungen von Nachwuchswissen-

Forscher oder unverzichtbarer Teil einer wissenschaftlichen Karriere? Darüber sprechen ein Politiker, ein Institutsdirektor und Vertreter von Nachwuchswissenschaftlern.  | Seite 40 Dass Wissenschaft ins Licht der Scheinwerfer gehört, um nicht nur sichtbar zu werden, sondern sich auch wirksam in gesellschaftliche Entwicklungen einbringen zu können, dafür plädiert Leibniz-Präsident Matthias Kleiner in seiner Kolumne „Nur so ein Vorschlag…“  | Seite 9

In diesem Sinne eine erhellende Lektüre! Christoph Herbort-von Loeper Redakteur 3

Tiger im CT Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) hat Neuland betreten: Mit seinem im März erworbenen, weltweit modernsten Computertomographen (CT) in der veterinärmedizinischen Forschung kann das IZW nun bewegte Organe von Tigern, Pandas und Co. in bisher nicht erreichter Auflösung darstellen. Das CT erzeugt in einer Rotation um den tierischen Patienten 640 Schichtbilder und erfasst einen Bereich von 16 cm in nur 35 Millisekunden. Damit können neue wissenschaftliche Untersuchungsgebiete erschlossen werden. Finanziert wurde das Gerät durch ein neues Leasingmodell mit der Herstellerfirma Toshiba.

Das Rätsel der Rapa Nui

Was führte zum oft beschriebenen Kollaps der hoch entwickelten Gesellschaft auf der Oster­ insel im Südostpazifik? Forscher des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenökologie in Bremen haben mit einem neuen mathematischen Modell herausgefunden, dass sich der Niedergang der Rapa Nui weitaus länger hinzog, als bisher angenommen. Damit testeten sie verschiedene Theorien über den zeitlichen Verlauf der Abholzung und der Bevölkerungsentwicklung erstmals anhand objektiver Daten. So datierten sie etwa die Rück-

stände des verschwundenen Palmenwaldes mit der Radiokarbonmethode. Die Ureinwohner der Insel scheinen demnach über lange Zeit in der Lage gewesen zu sein, sich an die zunehmende Verkleinerung des Waldes anzupassen und ihre Ressourcen gut zu bewirtschaften. Erst ein Zusammenspiel von Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Dezimierung durch Krankheiten und Versklavung durch die Europäer kann den Niedergang der Rapa Nui erklären.

Virtuelles Training

Dass virtuelles Training für Polizisten messbaren Erfolg bringt, haben Psychologen des Leibniz-Instituts für Wissensmedien und Kollegen der Tübinger Universität herausgefunden. Polizisten, die brenzlige Situationen wie Banküberfälle oder Entführungen virtuell am Computer durchspielen, gelingt es demnach besser, ihr Wissen auf neue und unbekannte Situationen zu übertragen und sich in die Per­

spektive der anderen Mitglieder des Teams hineinzuversetzen als den Kollegen, die mit Lehrvideos, Texten und Vorträgen auf den Ernstfall vorbereitet wurden. Damit sei virtuelles Training eine gute Möglichkeit, um Situationen, die enge Zusammenarbeit und Kommunikation im Team erfordern und unterschiedliche Perspektiven berücksichtigen müssen, einzuüben, so die Tübinger Forscher. Computers in Human Behavior Volume 43, February 2015

Frontiers in Ecology and Evolution, DOI: 10.3389/fevo.2015.00013

DOI = Digital Object Identifier, ein eindeutiger und dauerhafter Identifikator für digitale Objekte, vor allem für Online-Artikel von wissenschaftlichen Fachzeitschriften verwendet

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LEIBNIZ | KURZ & FORSCH

Migranten: Bessere Löhne in kultureller Vielfalt

Das Rheinisch-Westfälische Insti­ tut für Wirtschaftsforschung in Essen hat mit Daten des Sozio­oekonomischen Panels ­ er­ rechnet, dass Migranten in Deutschland schlechter in den Arbeitsmarkt integriert sind, wenn sie mit vielen Menschen ihrer eigenen ethnischen Gruppe zusammenleben. Mit jedem zusätzlichen Prozentpunkt des Anteils der entsprechenden Ethnie in einem Wohnviertel nimmt der Bruttolohn des Einzelnen um fast drei Prozent ab. Auch die Beschäftigungswahrscheinlichkeit sinkt um durchschnittlich fünf Prozent. Leben Zuwanderer unterschiedlichen kulturellen

Hintergrunds zusammen, sind hingegen keine Auswirkungen auf Beschäftigungsverhältnisse und Entlohnung zu beobachten. Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass das Leben in Enklaven ein Grund dafür sein könnte, dass Einwanderer selbst bei gleichem Bildungshintergrund durchschnittlich weniger verdienen als Deutsche ohne Migra­ tionshintergrund. Dieses Wissen sollte künftig auch bei der Gestaltung der Integrationspolitik berücksichtigt werden, fordern die Forscher. Ruhr Economic Papers #536, DOI: 10.4419/86788613

Fotos: Ralf Günther/IZW; Frank Kehren/Flickr CC BY-NC-ND 2.0; TriCAT; Pixabay; Karin Kiefer/Universität des Saarlandes

PC-Einsatz im Unterricht nur gezielt sinnvoll

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Hoffnung für Hautkranke

Der Leibniz-Forschungsverbund „Wirkstoffe und Biotechnologie“ hat einen neuen Therapieansatz des Leibniz-Instituts für Molekulare Pharmakologie (FMP) für die seltene Hautkrankheit Ichthyose als LeibnizWirkstoff des Jahres 2015 ausgezeichnet. Die Wissenschaftler entwickelten eine Enzymersatztherapie, die es ermöglicht, den Betroffenen das Enzym TG1 zu verabreichen, dessen Mangel häufig Grund für die Krankheit ist. Dazu wurden am FMP Transportvehikel aus Liposomen hergestellt, die das Enzym über die Haut und durch die Zellmembran der Hautzellen befördern und das fehlende Enzym so im Zellinneren verfügbar macht. Menschen mit der sogenannten „Fischschuppenkrankheit“ leiden unter extremer Verdickung der oberen Hautschicht und haben mit Entzündungen und starkem Wasserverlust zu kämpfen.

Fasten gegen Diabetes

Der Einsatz von Computern im Schulunterricht bewirkt im Durchschnitt keine besseren Ergebnisse der Schüler in Mathematik und Naturwissenschaften, so das Ergebnis einer neuen Studie des ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in München. Allerdings stiegen die Leistungen der untersuchten Schüler, wenn sie den PC zur Ideensuche oder Informationsbeschaffung nutzten. Wurde der Computer im Klassenzimmer jedoch zum Einüben

des Erlernten verwandt, sanken die Leistungen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Einsatz von Computern zu Übungszwecken Unterrichtszeit raubt, die etwa mit traditionellen Lehrmethoden effektiver genutzt worden wäre. Untersucht wurden die Mathematik- und Naturwissenschaftsleistungen von über 400.000 Viert- und Achtklässlern aus über 50 Ländern im internationalen Schülerleistungstest TIMSS. CESifo Working Paper No. 5266

Intervall-Fasten schützt dicke Mäuse vor Diabetes. Das haben Forscher des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) herausgefunden. Die Versuche der Wissenschaftler mit übergewichtigen Mäusen zeigten, dass der zeitweise Verzicht auf Nahrung den Energiestoffwechsel der Muskulatur anregt und die Menge schädlicher Leberfette reduziert. Diese begünstigen eine Insulinresistenz, die Vorstufe von Typ-

2-Diabetes. Die Wissenschaftler nehmen an, dass die durch das Fasten veränderte Eiweißzusammensetzung im Leberfett für diesen günstigen Effekt verantwortlich ist.

Biochimica et Biophysica Acta, DOI: 10.1016/j. bbalip.2015.01.013

Pflaster fürs Herz

Forscher des LeibnizInstituts für Neue Materialien in Saarbrücken (INM) haben mit Kollegen der Universität des Saarlandes ein Verfahren entwickelt, mit dem sie Herzmuskelzellen auf einer Nanooberfläche nachzüchten können. Dabei gelang es ihnen, die Zellen in die gewünschte Richtung wachsen zu lassen. Nur so können diese sich richtig zusammenziehen und wie gesunde Zellen Blut transportieren. Diese Oberfläche könnte als eine Art Pflaster genutzt werden, um angeborene Herzfehler bei Kindern zu korrigieren, aber auch, um Patienten nach einem Infarkt zu behandeln, bei denen einige körpereigene Herzmuskelzellen abgestorben oder nicht mehr voll einsatzfähig sind. Nanotechnology, DOI: 10.1088/09574484/25/49/495101

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LEIBNIZ | KURZ & FORSCH

Biodiversitätsverlust: Klimawandel zweitrangig

in

Zahlen

3,4

Der Verlust der Biodiversität in Fließgewässern wird stärker durch den Wandel der Landnutzung verursacht als durch den globalen Klimawandel. Das haben Untersuchungen des Forschungsinstituts Senckenberg in Gelnhausen, des Leibniz-­ Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin mit chinesischen Kollegen ergeben. Demnach hat die veränderte Landnutzung, wie etwa die Rodung von Wäldern für die Landwirtschaft, die stärksten negativen Folgen auf die Artenvielfalt in Fließgewässern. Der Klimawandel ist eher zweitrangig. Dazu haben die Forscher die Fließgewässer eines gut 1.700 Quadratkilometer großen Einzugsgebietes in Südchina untersucht und die Artenvielfalt dort in Verbindung mit dem Wandel der Landnutzung für die Zukunft modelliert. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass die Schutzkonzepte für die in strömenden Gewässern lebenden Organismen angepasst werden sollten. Freshwater Biology, DOI: 10.1111/fwb.12580

Neue Erkenntnisse zu Ebola

Milliarden Euro

Schaden für Privatbürger entstehen in Deutschland pro Jahr durch Internetkriminalität wie Identitätsdiebstahl, Phishing, Online­ betrug oder Angriffe mit Schad­ software. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin errechnet. Durchschnittlich fallen pro Jahr mehr als 42 Euro Schaden pro Kopf an. DIW Wochenbericht 12/2015

1.000 Mehr als

neue Tierarten haben sechs Wissenschaftler der Abteilung Arthropoda (Gliedertiere) am Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig – LeibnizInstitut für Biodiversität der Tiere in Bonn in den vergangenen zehn Jahren beschrieben. Die aus aller Welt stammenden Arten umfassen vor allem Maikäfer, Zitterspinnen, Tausendfüßer, Schwebfliegen und Spanner-Schmetterlinge. www.zfmk.de/de/zfmk/presse/1000neue-arten-wissenschaftlich-­ beschrieben

1.000.000

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ten Ebola-Epidemie in Westafrika während des Einsatzes des „European Mobile Laboratory Projects“ gesammelt haben (vgl. Leibniz-Journal 2/2014). In der Fachzeitschrift „Nature“ präsentierten die Forscher zudem Ergebnisse von Berechnungen, nach denen die Epidemie im Dezember 2013 durch ein einmaliges Übertragen vom Tier auf den Menschen ausgelöst wurde. Nature, DOI: 10.1038/nature14594

Fotos: Matthias Gorka/UBA; EC/ECHO; Danil Roudenko/123rf.com

Das in Westafrika grassierende Ebola-Virus verändert sich langsamer als gedacht und auf eine Art, die auf künftige Impfstoffe vermutlich wenig Auswirkungen hat. Das haben Wissenschaftler des vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg koordinierten EU-Projekts EVIDENT herausgefunden. Die Forscher analysierten Proben von rund 180 Ebola-Patienten, die sie seit dem Ausbruch der bislang größ-

Digital Object Identifier (DOI) für Forschungsdatensätze aus Technik und Naturwissenschaften hat die Technische Informationsbibliothek in Hannover seit 2004 vergeben. Der millionste DOI-Name ging an einen portugiesischen Konferenzbeitrag zur Entstehung verschiedener Wirtschaftszweige im ländlichen Raum (http://dx.doi.org/10.13140/ RG.2.1.4674.5128). DOI-Namen sichern einen eindeutigen und dauerhaften Zugriff auf Forschungsdaten und ermöglichen ihre einfache Zitierbarkeit. www.tib-hannover.de/de/ dienstleistungen/doi-service/

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LEIBNIZ | KURZ & FORSCH Weniger Sommerstürme, mehr Hitzewellen

Schlafmützen

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Die kognitive Leistungsfähigkeit von Grundschülern hängt von der Qualität ihres Schlafes ab. Das belegen Befunde des Forschungsprojekts FLUX aus einer erstmals an Grundschulkindern angewandten Untersuchungsme­thode. In der Studie des vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische For­schung koordinierten Forschungszentrums IDeA erbrachten jene Kinder die besten Leistungen, die gut und so lange wie für sie üblich geschlafen hatten. Denn nicht nur zu wenig, sondern auch zuviel Schlaf kann sich negativ auf die Leistung der Schüler auswirken. Die

Studie ergab jedoch auch, dass das Schlafverhalten der Kinder in der Regel von Nacht zu Nacht variiert und so Einfluss auf Leistungen nehmen kann. Diese Erkenntnisse stammen aus einer Untersuchung an 110 Grundschulkindern im Alter von acht bis elf Jahren, deren kognitive Leistung vier Wochen lang mehrmals täglich mittels spielerischer, eigens entwickelter Denkaufgaben ermittelt wurde. Zugleich beantworteten die Schüler Fragen zu relevanten Faktoren wie Stimmung, Motivation und Schlafverhalten. The Journal of Child Psychology and Psychiatry, DOI: 10.1111/jcpp.12296

Die sinkende Zahl starker Sommerstürme in großen Teilen Europas, der USA und Russlands begünstigt die Dauer und die Intensität von Hitzewellen. Das haben Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung herausgefunden. Aufgrund der mangelnden Sturmaktivität wird im Sommer weniger feuchte und kühle Luft vom Ozean auf die Kontinente transportiert. Wärmeperioden halten länger an. Dass es zu weniger starken Stürmen kommt, hängt mit den steigenden Temperaturen in der Arktis zusammen: Durch die wärmere Luft verringert sich der Temperaturunterschied zwischen der

kalten Polarregion und dem wärmeren Rest der Nordhalbkugel. Science (Express), DOI: 10.1126/ science.1261768

Plasmazellen: vielfältiger als gedacht

Wissenschaftler des Deutschen RheumaForschungszentrums Berlin und der Charité haben erstmals eine erstaunliche Vielfalt unterschiedlich ausgereifter Plasmazellpopulationen im menschlichen Knochenmark festgestellt. Diese Erkenntnisse über bisher nicht bekannte PlasmazellUntergruppen bilden die Grundlage für die Entwicklung innovativer Behandlungsansätze bei Autoimmun­ erkrankungen. Blood, DOI: 10.1182/ blood-2014-02-555169

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LEIBNIZ | KURZ & FORSCH

Rindervirus entdeckt Forscher des Heinrich-Pette-Instituts – ­Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI) in Hamburg haben ein bisher unbekanntes Virus bei Rindern identifiziert. Es ist dem Hepatitis C-Virus genetisch nah verwandt und kann wie dieses chronische Erkrankungen in der Leber auslösen. Gemeinsam mit Kollegen aus Hannover und Hamburg konnten sie den Erreger bei Rindern in Nord- und Süddeutschland finden. Ähnliche Hepaciviren wurden auch in Ghana nachgewiesen. Zur Identifikation des Virus diente den Wissenschaftlern die sogenannte Hochdurchsatz-Sequenzierung, die es ermöglicht, auch bislang unbekannte Infektionserreger durch den Nachweis ihres genetischen Fingerabdrucks aufzuspüren. Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass das Virus auf Menschen übertragbar ist. Nun wird seine Bedeutung für die Gesundheit von Menschen und Tieren erforscht. Journal of Virology, DOI: 10.1128/JVI.00534-15 und DOI: 10.1128/JVI.00393-15

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Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Interaktive Materialien (DWI) ist es gelungen, ein nach außen abgeschlossenes System zu entwickeln, das die Lebensdauer von Nanostrukturen steuert. Mit nur einem Signal kann es den Aufbau von Nanostrukturen, ihre Lebensdauer und ihren Abbau zeitlich bestimmen. Dazu wird durch ein Startsignal eine Base in das wässrige System gegeben, sodass sein pH-Wert steigt. Diese Änderung des pHWerts mobilisiert einen Deaktivator, der den Abbau der Nanostrukturen ver­anlasst. Abhängig von der chemischen Beschaffenheit dieses Deaktivators kann der Prozess Minuten, Stunden oder auch Tage dauern. Solche Materialien, die sich ohne weiteres Signal selbst auflösen, können etwa als temporäre Datenspeicher oder auch in der

Medizin zum Einsatz kommen – zum Beispiel um den Blutfluss einer Vene für die Dauer einer Operation zu unterbrechen. Nano Letters, DOI: 10.1021/nl5039506

Mehr Wiederholer nach Gymnasialreform

Pflanzen­ immunität Wie bekämpfen Pflanzen Krankheitserreger? Dieser Frage sind Forscher des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie in Halle (IPB) gemeinsam mit Münchener Kollegen auf den Grund gegangen. Sie fanden heraus, dass alle Vertreter der Kreuzblütengewächse ähnlich wie Menschen über einen Rezeptor verfügen, der schädliche Organismen anhand ihrer Oberflächenstruktur erkennt und die Abwehrreaktion der Pflanze initiiert. Die Versuche führten Wissenschaftler des Forschungszentrums Borstel – LeibnizZentrum für Medizin und Biowissenschaften durch. Nature Immunology, DOI: 10.1038/ ni.3124

Seit der Einführung des achtjährigen Gymnasiums (G8) sind die Abiturienten jünger geworden – jedoch nicht um 12 Monate, wie die um ein Jahr verkürzte Schulzeit vermuten ließe, sondern nur um 10,3 Monate. Der Grund ist: Mehr Schüler am Gymnasium wiederholen eine Klasse als vor der Reform, vor allem in der Oberstufe. Die Quote der Wiederholer stieg dabei um ein Fünftel von 15 Prozent vor der Reform auf 18 Prozent nach der Reform. ­Insgesamt hat

sich die Zahl der Schüler, die das Gymnasium mit dem Abitur verlassen, allerdings nicht verändert. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin in einer multivarianten Analyse der A ­ biturjahrgänge 2002 bis 2013, die nicht nur allgemeine Ver­ änderungen der Untersuchungsgrößen, sondern auch den Einfluss anderer Bildungsreformen berücksichtigt. DIW Wochenbericht 18/2015

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Fotos: suze/photocase; dpa

Lebensdauer von Nanostrukturen steuern

LEIBNIZ | KOLUMNE

Foto: Christoph Herbort-von Loeper

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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an einer Universitätsbibliothek im Norden unseres Lan- vermitteln, in den Dialog treten. Wissenschaft und Fordes leuchtet in Neonschrift der schöne Satz von André schung dürfen sich einmischen, sie dürfen glänzen und Gide: „Manche leuchten, wenn man sie liest“ . Was leuch- leuchten. Es ist ein bisschen wie auf der Bühne. Alles kann eine tet hier? Sind es die Bücher? Die Buchstaben selbst? Oder sind die Inhalte gemeint, die den Lesern entgegen- Bühne sein, ein Raum, die Welt – wenn nur ein Mensch hindurch geht, und ein anderer ihm dabei zusieht. leuchten – aus den Seiten und inzwischen natürSo beschreibt der Theaterregisseur Peter lich auch häufig von Bildschirmen? Leuchtet, Brook die Minimalsituation des Theaters in was da leuchtet, wirklich nur, wenn man es seinem Buch „Der leere Raum“. Mehr als liest? Oder leuchtet es in aller Heimlichkeit „Licht an, eine Handlung und die Wahrnehmung auch ungelesen? Es verbirgt sich die alte Vorhang auf, dieser Handlung braucht es gar nicht. seltsame Frage dahinter, ob ein Geräusch Bühne frei – Oder doch? Die sogenannten „Bretter, die ein Geräusch bleibt, obgleich niemand es hier kommt die die Welt bedeuten“ sind für die Interak­ hört. tion gemacht. Und wie steht es mit der Wissenschaft? Wissenschaft!“ Auf diese Bretter großer Bühnen gehöIst Wissenschaft nur dann Wissenschaft, wenn sie wahrgenommen wird? Aufmerksamren große Stücke, die ein großes Ensemble gekeit und Zuwendung erhält – materiell und ideell? meinsam spielt und nur gemeinsam spielen kann. Sich ihrerseits zuwendet und „kümmert“? Wissenschaft Die großen Stücke der Wissenschaft gehören, ganz und insbesondere Grundlagenforschung sind zweckfrei im Geiste des Themas dieses Leibniz-Journals, ins Licht und müssen es sein. Ihre Ergebnisse und Erkenntnisse der Scheinwerfer. Die großen Stücke der Wissenschaft  – müssen auch weder gelesen noch angewendet werden, bei uns in der Leibniz-Gemeinschaft sind das etwa die um Ergebnisse und Erkenntnisse zu sein. Aber sie brau- Leibniz-Forschungsverbünde, in denen interdisziplinär chen den (wissenschaftlichen) Diskurs – schon allein für zu übergreifenden Themen wie Biodiversität, Bildungsihre stete Weiterentwicklung und um neue Fragen zu potentialen, Energiewende, Medizintechnik und andebeantworten ebenso wie Fragen neu zu beantworten. ren mehr geforscht wird – gehören in ein großes TheaWissenschaft und Forschung sind in der Welt, sie sind ter. Wohin denn sonst? Dort ist der Raum für vielfältige ein Teil davon. Daher können Wissenschaft und For- und vielfältig talentierte Akteure, für Erprobung, für schung auch ganz zwanglos vom gesellschaftlichen Dis- unterschiedliche Formate, für den großen Auftritt und kurs profitieren, der ihnen Aufgaben stellt und gleicher- eine klare Position, für kundige Expertinnen und Expermaßen zur Überprüfung wie auch zur Anregung dienen ten auf ihren Gebieten, die sie zusammenführen in eine kann. Wissenschaftliche Erkenntnisse – in Buchstaben, ­große Gemeinschaftsleistung. Heute also mehr ein Plädoyer als „nur so ein VorFormeln oder Methoden – leuchten unbeirrt und mit Reichweite, so dass sie stets wahrgenommen werden schlag“: Licht an, Vorhang auf, Bühne frei – hier kommt können, auch wenn sie es nicht müssen. die Wissenschaft! Wissenschaft und Forschung dürfen aber doch ein bisschen mehr sein als das, was wir gern mit ‚sichtbar‘ bezeichnen. Es schadet nicht, wenn sie Aufsehen erregen, spannend sind, Neues wissen, Informationen m atth i as kl ei n er , pr äsi d en t d er l ei b n i z - g em ei n s c h aft

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LEIBNIZ | K N SDI TKÄOTN F L I K T E BR I OI EDGI V U ER

Foto: ESO/S. Guisard

Aufnahme des Zentrums der Milchstraße von den Sternbildern des Schützen bis zum Skorpion. Rechts der bunte Antares- und Rho OphiuchiNebelkomplex, links das schwarze Band der Milchstraße.

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L E I B N I Z | K R I E G LUE NI BDN KI ZO N| FKL RI KI ET G E

Das erste Licht im Universum Licht bietet der Astronomie ein einzigartiges Fenster ins Universum. Mit modernen Großteleskopen können sie Milliarden von Jahren zurück bis in die Frühzeit des Kosmos blicken, als die ersten Sterne entstanden. Selbst das Erbe bereits erloschener Sterne lässt sich auch heute noch als chemischer Fingerabdruck im Licht der ältesten Sterne unserer Milchstraße nachweisen. Ein Team von Wissenschaftlern am Leibniz-­ Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) arbeitet auf diesem Gebiet der „Galaktischen Archäologie“. Es wertet die Daten groß angelegter Beobachtungskampagnen aus und entschlüsselt sie. Das Licht der Sterne verrät die Entwicklungsgeschichte unserer Milchstraße und anderer Galaxien im Weltall. Spuren ganzer Galaxienbewegungen sind bis heute in der Milchstraße nachweisbar: Abweichende Bewegungen einzelner Sternströme können anhand ihres Farbprofils entschlüsselt

werden. Sie zeugen von lange vergangenen Kollisionen unserer Galaxie mit kleineren, benachbarten Zwerggalaxien. Erst vor wenigen Jahren entdeckten die Astronomen einen neuen Sternstrom in der Milchstraße, bei dem es sich um die Überreste einer Galaxie handelt, die vor 700 Millionen Jahren von der Schwerkraft der Milchstraße auseinandergerissen wurde. Dafür ermittelten die Forscher die Geschwindigkeiten von 250.000 Sternen aus dem vom AIP geleiteten internationalen RAVE-Survey. Solche Kollisionen können die ganze Milchstraße aus dem Takt bringen. So stellte sich kürzlich heraus, dass sich unsere Galaxie nicht nur in permanenter Rotation befindet, sondern auch nach Norden und Süden aus der galaktischen Scheibe herausflattert – wie eine Fahne im Wind. Auch hierfür könnte der Durchgang kleinerer Galaxien in unserer ai p kosmischen Vergangenheit ein Grund sein. 

LEIBNIZ | LICHT

Lichtermeer statt Sternenhimmel

Nicht zu sehen, aber doch erkennbar. Lichter entlang des Nils erleuchten den Lauf des Flusses auch bei Nacht.

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LEIBNIZ | LICHT

Der Nachthimmel wird durch künstliches Licht immer heller. Die Lichtverschmutzung hat Auswirkungen auf Menschen, Tiere und die Astronomie. Leibniz-Forscher untersuchen, welche Folgen

Fotos: Earth Science and Remote Sensing Unit, NASA Johnson Space Center; thenemrel/Flickr.com – CC BY-NC-ND 2.0

künstliches Licht hat und was man dagegen tun kann.

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Wer abends durch eine Großstadt läuft, sieht vor allem eines: Licht. Helle Bürotürme ragen in den Himmel, bunt erleuchtete Schaufenster präsentieren die Auslage, Sehenswürdigkeiten wer­den mit Flutlicht angestrahlt. Dazu kommen Straßenlaternen und Auto­ scheinwerfer. Zu sehen ist ein glitzerndes Lichtermeer, das zum Sinnbild der Moderne geworden ist. Seit am 20. September 1882 in Berlin die ersten Straßenlaternen Deutschlands in Betrieb gingen, hat die öffentliche Beleuchtung einen Siegeszug angetreten. Elektrisches Licht symbolisierte Fortschritt und Wohlstand. Die glitzernden Lichter waren ein Versprechen: Alles schien möglich, der Mensch beherrschte die Natur und konnte die Nacht zum Tag machen.

Licht mit Schatten

Heute, 130 Jahre später, sieht alles etwas anders aus. Immer deutlicher erkennen Forscher, dass künstliches Licht auch negative Folgen hat. In den vergangenen zwanzig Jahren ist der Nachthimmel jedes Jahr um fünf Prozent heller geworden. Das hat Auswirkungen auf Tiere und Menschen. Wissenschaftler nennen das Phänomen Lichtverschmutzung oder Lichtsmog. Gemeint ist damit die künstliche

Aufhellung des Nachthimmels, die eine Form der Umweltverschmutzung darstellt. „Die ganze Evolution ist auf dem Tag-Nacht-Rhythmus aufgebaut“, sagt Sibylle Schroer. Sie arbeitet als wissenschaftliche Koordinatorin am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin für das Projekt „Verlust der Nacht“. In dem Verbund haben sich Forscher aus sechs Leibniz-Instituten, drei universitären Instituten und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) zusammengeschlossen. „Normalerweise haben wir nachts dunklere Bedingungen und tagsüber das Sonnenlicht, das eine immense Intensität hat. Dieser Unterschied zwischen Hell und Dunkel ist das Uhrwerk unseres Lebens.“ Doch durch künstliches Licht kann der natürliche, circadiane 24-Stunden-Rhythmus durcheinander geraten.

Zu früh aus den Federn: Kunstlicht weckt Stadt-Amseln.

Für Tiere hat das zum Teil fatale Folgen. Vögel, die in Städten leben, brüten inzwischen bis zu vier Wochen früher. Der künstlich aufgehellte Himmel simuliert ihnen schon im Winter, dass die Tage länger werden und es Zeit ist, die Sexualorgane zu entwickeln. „Licht ist ein saisonaler Trigger“, sagt Schroer. „Nach der Temperatur ist es der wichtigste Faktor, der Lebewesen eine saisonale Veränderung anzeigt.“ Wenn dann nochmal ein Kälteeinbruch kommt und Insekten sterben, fehlt den Vögeln das Futter. Normalerweise ist das Futterangebot am größten, wenn der Bedarf an Futter für die Jungvögel am höchsten ist. Diese natürliche Synchronisation kann aus dem Gleichgewicht geraten.

Ruhelose Vögel in der Stadt

Auch der Tag-Nacht-Rhythmus der Vögel gerät durcheinander. Im Rahmen des Projekts „Verlust der Nacht“ haben Forscher des UFZ beispielsweise herausgefunden, dass Amseln in der Stadt bis zu fünf Stunden früher aufwachen als auf dem Land. Schon vor Sonnenaufgang seien in der Stadt Balzrufe zu hören, sagt Sibylle Schroer. „Das hat zur Folge, dass sich die natürliche Selektion verschiebt, ein Männchen, das unter Lichteinfluss lebt, für die Weibchen attraktiver wird.“

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LEIBNIZ | LICHT

Die Folgen von künstlichem Licht sind vielfältig: Insekten sterben an Straßenlaternen, Fledermäuse verändern ihre Flugrouten, Fische werden durch Licht orientierungslos und bei ihren Wanderbewegungen aufgehalten. Am schlimmsten ist die zunehmende Helligkeit für nachtaktive Tiere, die ihre Sinne auf Dunkelheit geschärft haben. Betroffen sind dabei nicht nur Tiere, die in der Stadt leben. Das künstliche Licht, das in den Himmel abstrahlt, wird von den Wolken und anderen Molekülen der Atmosphäre reflektiert. Es bilden sich sogenannte Lichtdome (auf Englisch skyglows), die noch über 70 Kilometer von der Stadt entfernt zu sehen sind. In manchen Seen ist es so hell, dass Wasserflöhe, die den Schutz der Dunkelheit suchen, um Fressfeinde zu vermeiden, nicht mehr an die Oberfläche kommen, um in den oberen Schichten des Gewässers Algen zu fressen. Manche Tiere profitieren also vom Licht, während andere darunter leiden. „Diese Auswirkungen zu erforschen, ist eine Langzeitaufgabe. Diese Arbeit wird derzeit durch das Bundesamt für Naturschutz

gefördert. Wir stehen gerade erst am Anfang“, erzählt Sibylle Schroer. „Unsere Hypothese ist, dass es zu Artenverschiebungen kommt. Und unsere bisherigen Untersuchungen bestätigen das.“

Viele Verlierer, wenige Profiteure

Die Verteilung der Arten gerät aus dem Gleichgewicht. Wenige Profiteure stehen dabei vielen Verlierern gegenüber. „Wir versuchen herauszufinden, wer die Verlierer sind“, sagt Schroer. „Das ist wahnsinnig schwer, weil es diese Arten nur sehr selten gibt.“ Wahrscheinlich würden viele Arten, die auf der roten Liste stehen, durch das künstliche Licht zusätzlich gefährdet. „Sie können eine solche Verschiebung nicht abfedern. Sie leiden stärker als andere unter fehlenden Regenerationsphasen und den Veränderungen ihrer ökologischen Nischen“, sagt Schroer. „So geht Biodiversität verloren.“ In Deutschland gibt es – anders als etwa in Italien oder Slowenien – noch kaum gesetzliche Regeln zum Lichtverbrauch.

Im Projekt „Verlust der Nacht“, das von 2010 bis 2014 vom Bildungsministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung gefördert wurde und nun als Verbund weiterbesteht, haben Wissenschaftler sich auch mit alternativen Beleuchtungskonzepten beschäftigt. Denn natürlich brauchen wir Licht, zum Beispiel für die Sicherheit im Straßenverkehr oder die Nachtarbeit im Krankenhaus. Wichtig ist, dass das Licht möglichst nicht in den Himmel abstrahlt, sondern von oben nach unten gerichtet ist und nach Möglichkeit an den Seiten abgeschirmt wird. Außerdem ließe sich der Einsatz von Licht reduzieren. In Paris müssen alle Geschäfte eine Stunde nach Ladenschluss die Beleuchtung abschalten. Straßenlaternen in wenig befahrenen Gebieten könnten etwa ab Mitternacht durch Bewegungsmelder aktiviert werden. Auch andere intelligente Lösungen sind denkbar. So könnte die öffentliche Beleuchtung herunter gedimmt werden, wenn Schnee liegt oder die Straßen nass vom Regen sind

Lichthölle: Im Nebel der herbstlichen Inversionslage über Innsbruck und dem Inntal wird das Kunstlicht vielfach verstärkt und reflektiert.

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LEIBNIZ | LICHT

und das Licht vom Boden her reflektiert wird. Außerdem kommt es auf die Art des Lichts an: Ein warm-weißes Licht ist besser als ein kalt-weißer Farbton.

Nachtarbeit erhöht das Brustkrebs-Risiko.

Risiko Nachtarbeit

hormonabhänigigen Krebsarten zu erkranken. Bei Frauen ist das vor allem Brustkrebs, bei Männern Prostatakrebs. Der französische Epidemiologe Pascal Guénel hat 2.600 Krankenschwestern untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass Nachtarbeit bei Frauen das Brustkrebsrisiko um 30 Prozent erhöht – vorausgesetzt, dass die Frauen mehr als vier Jahre lang Nachtschichten machen und zwischen Tagund Nachtarbeit wechseln. Bei den Frauen, die vor der ersten Schwangerschaft mit der Nachtarbeit angefangen hatten, war

das Brustkrebsrisiko sogar um 50 Prozent höher als im Durchschnitt. Nachgewiesen ist ebenfalls, dass bei Nachtarbeit das Risiko für Herz-Kreislaufkrankheiten steigt. Auch andere Erkrankungen werden immer wieder im Zusammenhang mit Nachtarbeit genannt, etwa Stoffwechselkrankheiten, Diabetes, Essstörungen und Depressionen. Barbara Griefahn schränkt jedoch ein: „Diese Krankheiten sind eher sekundäre Folgen. Leute, die Schlafstörungen haben, haben zum Beispiel mehr Hunger und

Fotos: Christophmalin.com; picture alliance/BSIP

Denn Licht, insbesondere bläuliches Licht, hemmt die Herstellung des Hormons Melatonin, das Menschen und Säugetiere nachts produzieren. „Melatonin übersetzt die Lichtverhältnisse in den Organismus des Menschen“, sagt Barbara Griefahn, die als emeri­ tierte Professorin für Chronobiologie am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung in Dortmund (IfADo) die Folgen von Nachtarbeit untersucht. Bei Lichteinfluss wird die Melatonin-Synthese abgebrochen. Über einen längeren Zeitraum hinweg könnte das krank machen. „Melatonin hat einen onkostatischen Effekt, es hemmt das Tumorwachstum“, sagt Griefahn. „Wenn kein Melatonin produziert wird, entfällt diese schützende Wirkung.“ Menschen, die über lange Jahre nachts arbeiten, haben darum ein höheres Risiko, an

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www.verlustdernacht.de/ Loss_of_the_Night_App/ articles/loss-of-thenight-app.html

werden öfter fettleibig.“ Unklar ist jedoch, ob all diese Krankheiten ausschließlich auf das künstliche Licht zurückzuführen sind oder auch auf den verschobenen Aktivitätsrhythmus. In jedem Fall rät Griefahn Schichtarbeitern, das Zimmer zum Schlafen abzudunkeln. Arbeitgeber sollten darauf achten, dass die Mitarbeiter nicht zu oft nachts arbeiten. Alle 14 Tage drei Nachtschichten am Stück – möglichst nur ein paar Jahre lang –, seien zum Beispiel eine vertretbare Lösung, sagt Barbara Griefahn. „Nachtarbeit ist in einigen Bereichen nötig, aber wir sollten sie soweit wie möglich reduzieren.“

App für Bürgerforscher

Erst in den letzten Jahren ist das Thema Lichtverschmutzung zumindest ansatzweise ins Bewusstsein der Öffentlichkeit ­

gelangt – viel später als andere Formen der Umweltverschmutzung. 1989 haben interessierte Bürger eine Dark Sky-Initiative gegründet, die Daten erhebt und mit Ausstellungen auf das Thema aufmerksam machen will. Leibniz-Forscher haben im Rahmen des „Verlust der Nacht“Projekts eine gleichnamige App entwickelt. Mit ihr kann man die Nachthelligkeit bestimmen und so als „citizen scientist“ dazu beitragen, die Lichtverschmutzung weltweit zu messen. Und in Deutschland gibt es inzwischen drei sogenannte Sternenparks, Gebiete, deren Dunkelheit geschützt wird. Astronomen haben die Folgen des künstlichen Lichts als Erste bemerkt. Schon 1913 – dreißig Jahre nach der ersten Straßenlaterne – war in Berlin der Nachthimmel so hell, dass die Sternwarte nach PotsdamBabelsberg umziehen musste. Heute gibt es auf der Welt nur wenige Gegenden, die so

dunkel sind – und die nötigen klimatischen Bedingungen mitbringen –, dass sie sich für die profes­sionelle Astronomie eignen. Die Atacama-Wüste in Chile gehört dazu; außerdem Gegenden in Namibia, Südafrika und auf Hawaii. Aber auch dort müsse man sich um zunehmende Helligkeit sorgen, sagt Axel Schwope, der am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam die Arbeitsgruppe Röntgenastronomie leitet. In Mitteleuropa können – grob geschätzt – 50 Prozent der Menschen an ihrem Wohnort die Milchstraße nicht mehr sehen. „Das ist ein enormer kulturhistorischer Verlust“, sagt Axel Schwope. „Sterne zu beobachten, ist ein elementares Naturerleben. Dabei werden wir uns bewusst, dass wir in einem größeren Zusammenhang leben. Diese Erkenntnismöglichkeit sollten wir uns nicht vermüllen.“ m ou n i a m ei borg

Foto: Christophmalin.com

Die Wolken über Innsbruck reflektieren und verstärken dadurch die Lichter der Stadt. Ein Einkaufszentrum erleuchtet die Martinswand auch um Mitternacht.

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Die Nacht mitdenken Das Internationale Jahr des Lichts sollte ein Meilenstein für nachhaltige Beleuchtungssysteme sein.

Lichtverschmutzung ist mittlerweile ein weltweites Problem: Natürliche Dunkelheit finden wir nur noch an abgelegenen Orten der Welt. Beleuchtete Nächte geben Menschen ein Gefühl der Sicherheit, symbolisieren Wohlstand und Modernität. Doch künstliches Licht hat auch seine Schattenseiten: Viele Tiergruppen, ja ganze Ökosysteme verändern sich durch die nächtliche Beleuchtung. Während Forschung und angewandter Landschaftsschutz bisher vor allem auf Taglandschaften ausgerichtet wurden, gelten Nachtlandschaften leider nur selten als eigenständiger Untersuchungsbereich und als spezifisches Schutzgut. Mehr und mehr zeigt sich jedoch, dass auch der Mensch die natürliche Dunkelheit braucht, um gesund zu bleiben. Licht zur falschen Zeit stört den Schlaf‐Wach‐Rhythmus und damit Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit. Untersuchungen geben außerdem erste Hinweise auf Zusammenhänge zu typischen Zivilisationskrankheiten. Und nicht zuletzt hat der Verlust der Nacht kulturelle Auswirkungen: Wer die Milchstraße noch nie gesehen hat, wird zwar im Alltag der heutigen Städte kaum etwas vermissen, aber den Stadtmenschen wird der Sternenhimmel zunehmend fremd. Parallel zur weltweiten Lichtzunahme verändern sich somit unsere Referenzpunkte für Nacht und natürliche Dunkelheit. Was wiederum dazu führt, dass wir den Wandel kaum noch wahrnehmen („Shifting Baseline Syndrom“).

Foto: IGB

Künstliche Beleuchtung ist zudem für beträchtliche Kosten verantwortlich. Sie verursacht etwa 19 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs und produziert jährlich 1.900 Millionen Tonnen CO2. Fast jede dritte Lampe in deutschen Straßen ist eine Quecksilberdampflampe. Diese werden ab 2015 laut der europäischen Ökodesign‐Richtlinie aufgrund ihrer geringen Effizienz nicht mehr im Handel angeboten und müssen in den kommenden Jahren ersetzt werden. Gleichzeitig drängen neue energieeffiziente Beleuchtungsprodukte wie LEDs auf den Markt, das aber ökologisch und gesundheitlich weitgehend unbewertet. Werden Beleuchtungssysteme aber neu installiert, geschieht das für eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren. Fehler, die bei der Planung und in der Wahl der Technologie jetzt gemacht werden, lassen sich nur schwer und über lange Zeiträume korrigieren.

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Unsere Straßenbeleuchtung wird immer effizienter. Doch was zur Einsparung von Energie und zur Reduktion von Treibhausgasen führen soll, hat auch seine Achillesferse: Wird Licht kostengünstiger, nimmt oft das Ausmaß an

Franz Hölker ist Projektleiter der Forschungsplattform „Verlust der Nacht“ und Chair des Europäischen Netzwerks LoNNe (Loss of the Night Network). Der habilitierte Biologe arbeitet am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin. Beleuchtung zu. In der Folge wird manch dunkle Gegend nachts heller erleuchtet, als es notwendig wäre. Um einen solchen „Reboundeffekt“ zu vermeiden, müssen neben Sicherheitsaspekten und Energieeffizienz auch gesundheitliche und ökologische Aspekte Berücksichtigung finden und das Thema in seiner ganzen Breite in das Bewusstsein aller beteiligten Akteure gelangen. Soll Licht künftig intelligent und effizient eingesetzt werden, braucht es innovative Konzepte, die das Licht dorthin bringen, wo und wann es benötigt wird. Moderne Leuchtmittel, gezielte Licht­lenkung, wissenschaftlich fundierte Richtlinien, maßgeschneiderte Farbspektren und Schwellenwerte für Beleuchtung sind auch Hausaufgaben für die Forschung, damit die Gesellschaft verantwortungsvoll und nachhaltig mit Licht umgehen kann.

Das „Internationale Jahr des Lichts“ 2015 der Vereinten Nationen ist ein guter Anlass, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit in der Beleuchtung auseinanderzusetzen. So können wir nicht nur den Energieverbrauch senken, sondern langfristig auch die Lichtverschmutzung unserer Nachtlandschaften reduzieren. 

fr an z h öl ker

www.jahr-des-lichts.de www.verlustdernacht.de www.cost-lonne.eu 17

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Melanie Wiesner platziert Pak Choi-Pflanzen und Kapuzinerkresse zur UV-Bestrahlung in einem Klimaschrank.

Lichtdoping für Pflanzen „Supergesundes“ Gemüse und sauberes Wasser für weit mehr Menschen als heute: Diese Visionen lassen sich vielleicht schon in ein paar Jahren mithilfe von UV-Strahlung realisieren. ­Daran forschen Pflanzenwissenschaftler und Optoelektroniker.

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Seit Jahrtausenden kultiviert der die dunklen Pflanzenfarbstoffe Mensch Nutzpflanzen und wirkt Anthocyane) und Glucosinolate. mit verschiedenen Mitteln auf sie Die Abbauprodukte von Glucosiein, um Erträge und Geschmack nolaten können verschiedenste zu verbessern. Der neueste Trend biologische Wirkungen entfalten des Pflanzen-Boostings ist es, die und sind in Gemüsen wie RadiesInhaltsstoffe so zu beeinflussen, chen und Kohl für den scharfen dass Gemüse noch gesünder wird. beziehungsweise bitteren GeDiese Idee verfolgen in einer Ko- schmack verantwortlich. Diesen operation das Leibniz-Institut für Substanzen wird eine präventive Gemüse- und Zierpflanzenbau Wirkung beispielsweise gegen (IGZ) und das Ferdinand-Braun- Dickdarmkrebs zugeschrieben. Institut, Leibniz-Institut für  Höchstfrequenztechnik (FBH). Suche nach optimalen Das Ziel: die Produktion „nützlicher“ sekundärer Pflanzenstoffe Wellenlängen in bestimmten Gewächsen anzukurbeln – mithilfe gezielter Um genau solche Stoffe geht es in UV-B-­­Strahlung bei bestimmter dem Projekt. Das Forscherteam Wellenlänge. Die gemeinsame will herausfinden, welche WellenArbeit mündet in Projektvorha- längen und Bestrahlungszeiten ben, die künftig im Rahmen des optimal sind für deren Produk­ vom Bundesforschungsministe- tion, denn Pflanzen erzeugen unrium geförderten Konsortiums ter UV-Beleuchtung bestimmter „Advanced UV for Life“ bearbeitet Wellenlänge vermehrt Sekundär­ werden sollen. Im Konsortium metabolite. Diese Strahlen sind entwickeln unter Federführung auch in natürlichem Licht vordes FBH insgesamt 31 Partner handen, aber nur in geringer aus Forschung und Industrie so- Dosis – UV-Strahlung macht etwa wohl Technologien als auch viel- acht Prozent des Sonnenlichts versprechende Einsatzfelder für auf der Erde aus. Der UV-Bereich Leuchtdioden, die ultraviolettes des Lichts erstreckt sich auf WelLicht ­emittieren – kurz: UV-LEDs. lenlängen von unter 230 bis 400 Nanometer. Um die Produktion

FotoS: Christoph Herbort-von Loeper; FBH/schurian.com; FBH

Pflanzen­stoffe für die Gesundheit

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Mit Licht Pflanzenwachstum zu beeinflussen, ist ein Verfahren, das schon seit Langem angewendet wird – Gewächshauskulturen wären ohne Kunstlicht nicht denkbar. „Dabei geht es vor allem um das schnellere Wachstum von Pflanzen, damit sie in kürzerer Zeit höhere Erträge bringen“, sagt Melanie Wiesner, die als Wissenschaftlerin am IGZ im Projekt mitarbeitet. „Wir wollen die Pflanzen gezielt anregen, sekundäre Pflanzenstoffe zu produzieren, die für den Menschen gesundheitsfördernd sein können“, erläutert sie. Solche chemischen Stoffe – sogenannte pflanzliche Sekundär­ metabolite – sind Produkte des pflanzlichen Stoffwechsels, die aus Primärmetaboliten wie Zuckern gebildet werden. Etwa 200.000 solcher Stoffe gibt es, zu ihnen gehören unter anderem phenolische Verbindungen (z.B.

sekundärer Pflanzenstoffe auszulösen, ist vor allem der Bereich der UV-B-Strahlung mit Wellenlängen zwischen 280 und 315 Nanometern interessant. Lampen, die UV-B-Strahlung einer bestimmten Wellenlänge abstrahlen, gab es bislang nicht. Das Spektrum von UV-Lampen, die bereits in der Pflanzenproduk­tion eingesetzt werden, ist zu breit, zudem strahlen sie Wärme ab, die bei der Produktion sekundärer Pflanzenstoffe unerwünscht ist. Die benötigten Leuchtmittel liefert der Kooperationspartner im Projekt: FBH-Wissenschaftler Sven Einfeldt und sein Team haben ein spezielles Modul aus LEDs entwickelt, das Licht mit einer bestimmten W ­ ellenlänge – 311 Nanometer – homogen über die gesamte bestrahlte Fläche emittiert. Mit diesem ersten Modul experimentierte das IGZTeam um Melanie Wiesner und ihre Kollegin Susanne Neugart seit 2012. Ab August dieses Jahres arbeiten sie mit einem neuen Modul, das größer ist und mit dem mehr Pflanzen gleichzeitig bestrahlt werden können. Die optimale Dosis zu finden, ist dabei keine leichte Aufgabe, denn Pflan-

Jetzt im Einsatz: Prototyp eines neuen UV-Moduls 19

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Ein Modul mit UV-LEDs bestrahlt Wasser, das zur gleichmäßigen Desinfektion mit einem Rührer bewegt wird.

zen reagieren sehr empfindlich: „Zu viel UV-B-Strahlung kann bei der Pflanze Stress auslösen und sie im ungünstigsten Fall töten, eine zu geringe Dosis hat gar keinen Effekt“, sagt Susanne Neugart.

Versuche mit Kreuzblütlern und Pak Choi

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In der ersten Versuchsreihe experimentierten die Forscherinnen mit Arabidopsis, einer Pflanze aus der Familie der Kreuzblütler. „Sie ist unsere liebste Modellpflanze für die Forschung, denn sie hat nur fünf Chromosomen, die vollständig durchsequen­ziert sind – wir können also genau nachvollziehen, welche Wellenlänge wie wirkt“, sagt Wiesner. Daneben untersuchten die IGZForscherinnen die Wirkung von UV-B-Strahlung auf Pak Choi, eine asiatische Kohlart, die zu der gleichen Pflanzenfamilie gehört wie Arabidopsis. Die Wissenschaft­ lerinnen kamen zu dem Ergebnis, dass beide Pflanzen ähnlich reagieren: Durch UV-B-Strahlung steigt die Produktion bestimmter Glucosinolate an. Nicht nur für Gemüseesser sind das gute Nachrichten: „Glucosinolate nutzen auch den Pflanzen selbst, sie

setzen diese beispielsweise zur Insektenabwehr ein. Damit ist UV-B-Bestrahlung auch attraktiv für Gemüseproduzenten, die Pestizide einsparen wollen“, berichtet Wiesner. UV-B-Licht hat allerdings auch einen Nachteil. Wegen der Krebsgefahr, die von ihm ausgeht, dürfen Mitarbeiter während der Bestrahlung das Gewächshaus nicht betreten. Deswegen will das Forscherteam von FBH und IGZ Bestrahlungsdosen und Wellenlängen finden, bei denen es möglich ist, die Bestrahlungszeit so kurz wie möglich zu halten. Im Herbst beginnt eine weitere Stufe der Forschungsreihe: Das dritte Modul, das dann eingesetzt wird, deckt den Wellenlängenbereich um 290 Nanometer ab. „Insbesondere interessiert uns, ob die Bestrahlungszeit zur Bildung der Sekundärmetabolite verkürzt werden kann – also die Wirkung der kürzerwelligen UV-B Strahlung höher ist“, sagt Neugart.

Sauberes Wasser durch UV-B-Strahlung

Einen ganz ähnlichen Ansatz in einem anderen Kontext verfolgt das FBH ebenfalls im Rahmen des Konsortiums „Advanced UV for

Live“ in zwei Kooperationen mit Industriepartnern. Es erforscht, wie sich speziell UV-LEDs bestimmter Wellenlängen zur Wasserdesinfektion nutzen lassen. UV-Licht aus Quecksilberdampflampen wird schon länger zur Wasserreinigung eingesetzt. „Wir wollen eigene UV-LEDs herstellen, bei denen wir die Wellenlänge genau einstellen können, um sie zum Beispiel für eine effizientere Wasserdesinfektion einzusetzen, denn auch Mikroorganismen reagieren unterschiedlich auf verschiedene UV-Bereiche“, berichtet Sven Einfeldt. Mit dem interna­ tional agierenden Unternehmen Xylem, das Anlagen zur Wasserdesinfektion herstellt, entwickeln er und sein Team Lösungen zur UV-Desinfektion großer Wasserund Abwassermengen. Um kleine Mengen Wasser zu reinigen, zum Beispiel Trinkwasser in Gebieten ohne Stromversorgung, lassen sich schon heute wirksame MiniDesinfektionsanlagen bauen. Sie haben Durchflussmengen von etwa einem Liter pro Minute; der benötigte Strom wird per Solarzelle erzeugt. Beim Bau solcher kleinen autarken Geräte kooperiert das FBH mit einem Unternehmen in Thüringen. Die am FBH gebauten Module sind von der breiten Anwendung noch weit entfernt – sie sind schlicht zu teuer, eine UV-LED kostet auf dem Markt zurzeit 100 bis 200 US-Dollar. Doch Einfeldt erwartet eine Entwicklung analog zu weißen LEDs hin zur Massenproduktion – auch wenn der Markt kleiner ist, da UV-LEDs nicht als Leuchtmittel einsetzbar sind. Einen großen Pluspunkt haben auch diese LEDs: die Lebensdauer. Man erwartet etwa 100.000 Betriebsstunden, während beispielsweise Quecksilberdampf-Niederdrucklampen, die heute zur Wasserdesinfektion eingesetzt werden, nach wenigen 1.000 Stunden schlappmachen. So könnte Wasserreinigung dank UV-LEDs viel effizienter werden und in Gegenden zum Einsatz kommen, wo sauberes Wasser bislang nicht bezahlbar war. w i ebke peter s

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Tunnelblick auf Elektronen

Foto: Christoph Herbort-von Loeper

Neues Licht mit alter Leuchte. Lisa Torlina neben einem Exponat der Sonderausstellung „Seezeichen“ im Deutschen Technikmuseum Berlin.

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Lisa

Torlina

beschreibt

an

der

Leibniz-­ Graduiertenschule

„Dynamics in New Light“, wie Elektronen auf ultraschnelle ­ ­Lichtimpulse reagieren und wie sie sich dabei in Milliardsteln von Milliardstel-­Sekunden beobachten lassen.

Lisa Torlina ist 29 Jahre alt, Aus­ tralierin, Tänzerin und theoretische Physikerin. So offen, der Welt zugewandt wie die junge Frau ist, denkt man nicht, dass sie sich seit zehn Jahren mit komplexen theoretischen Modellen der Mathematik und Physik beschäftigt. Wenn sie aber anfängt, von Elektronen und ihrem Weg durch Lichtbarrieren zu erzählen, wird schnell klar: Sie hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. „Ich wollte immer schon verstehen, wie die Welt funktioniert“, sagt die Physikerin selbst über ihre Forschung zur Quantenmechanik. Deshalb hat sie erforscht, wie Atome und Moleküle mit starken Lichtimpulsen interagieren und welche Dynamik innerhalb der Elektronen dadurch entsteht – eine der großen offenen Fragen in der Grundlagenforschung der Physik.

Auf Umwegen nach Berlin

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Seit vier Jahren schreibt Torlina darüber ihre Doktorarbeit am Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) in Berlin. Hier ist sie eine von 18 Promovierenden der Leibniz-Graduiertenschule „Dynamics in New Light“, die alle mit verschiedenen Lichttechniken arbeiten. Dass sie einmal promovieren und dann weiter forschen würde, war Lisa Torlina schon sehr früh klar. Doch der Weg von Australien nach Europa und schließlich zum MBI verlief nicht immer geradlinig. Geboren in Russland, verbringt die junge Forscherin ihre Kindheit in Australien. In Sydney studiert sie nach dem HighschoolAbschluss Physik und Mathematik, kann sich jedoch nicht für

eine der beiden Fachrichtungen entscheiden. Während sie die stringente Logik der Mathematik fasziniert, ist sie ihr gleichzeitig zu realitätsfern. Sie vermisst den Bezug zur echten Welt, den ihr die Physik eröffnet. Um ein Thema für ihre Doktorarbeit zu finden, das mathematisch ist und dennoch hilft, die reale Welt besser zu verstehen, geht sie erst einmal für einen zweiten Master nach Cambridge, in den – wie wohl viele sagen – „härtesten Mathekurs der Welt“. In dieser Zeit entdeckt sie auch ihre Leidenschaft für Europa. „In Australien war ich abgeschnitten vom Rest der Welt. In Europa treffen sich so viele Kulturen auf so engem Raum, hier ist immer etwas los, das finde ich total spannend.“

Kommilitonen aus aller Welt

Bis zum MBI ist es dann aber noch ein langer Weg – zunächst beginnt Lisa Torlina in Edinburgh eine Arbeit über die Stringtheorie; diese hat ihr Interesse geweckt, weil sie absolut theoretisch ist und versucht, die großen Fragen der Physik zu klären. „Aber ich musste schnell feststellen, dass auch die Stringtheorie nicht die Antwort auf alles bereitstellt.“ Nach eineinhalb Jahren orientiert sie sich also um – und wird auf die Arbeit des MBI aufmerksam, das Grundlagenforschung im Bereich der nichtlinearen Optik und Kurzzeitdynamik betreibt. Um zu verstehen, wie genau Elektronen sich verhalten, werden sie hier mit neuartigen Lasertechnologien beobachtet – ein Thema, der Lisa Torlina schon in Cambridge fasziniert hat. Und auch Berlin gefällt der jungen Forscherin auf Anhieb. Mit Erfolg bewirbt sie sich für

die Leibniz G ­raduiertenschule „Dynamics in New Light“. Die Schule unter der Federführung des MBI betreut eine internatio­ nale Gruppe von Doktoranden aus der Chemie und der Physik, die an verschiedenen Instituten in Berlin und Brandenburg zu ultrakurzen und ultraintensiven Lichtimpulsen arbeiten. In regelmäßigen Abständen organisieren die beteiligten Einrichtungen Vorträge von Experten. So bekommt Lisa Torlina auch Einblicke in die Arbeit der Humboldt Universität oder der Universität Potsdam und kann sich mit anderen Studierenden ihres Fachbereichs austauschen. Ebenso nimmt sie an Schulungen teil, die wissenschaftliches Schreiben vermitteln. Und die Studenten lernen in Seminaren, Präsentationen zu halten und Interviews zu führen, denn einige möchten nach ihrem Abschluss in die freie Wirtschaft gehen. Lisa Torlina ist sich da noch nicht sicher, noch reizt sie die Forschung mehr.

Eine ungewöhnliche Frau

Dass sie sich so für die Grundlagenforschung der Mathematik und Physik interessiert, wundert Lisa Torlina selbst, schließlich merkte sie in der Schule schnell, dass die meisten ihrer Mitschülerinnen lieber Geschichte oder Literatur wählten. „Aber ich hatte wirklich gute Lehrer in den Naturwissenschaften. Und ich fand es toll, präziser arbeiten zu können als in den Geisteswissenschaften. Wenn du in der Mathematik den Regeln folgst, bekommst du immer nur das eine richtige Ergebnis, egal wie unwahrscheinlich das am Anfang war.“ In ihrem jetzigen Forschungsfeld machen ihre Untersuchungsgegenstände

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eigentlich nie das, was man intuitiv erwarten würde. Wirft man zum Beispiel einen Ball gegen die Wand, kommt er zurück gesprungen. Treffen hingegen Elektronen auf ein Hindernis, durchbrechen sie dieses viel wahrscheinlicher als es der Ball tun würde. Diesen Vorgang – in der Physik „Tunneling“ genannt – zu beobachten, ist nur dank neuer Techniken möglich, die es erlauben, Lichtimpulse zu kontrollieren und Elektronen so mit hoher Präzision zu beobachten. Denn Elektronen wandern so schnell, dass ihre Bewegung in Attosekunden gemessen wird. Eine Attosekunde ist gerade einmal ein Millardstel einer Millardstel Sekunde lang. Am MBI versuchen Lisa Torlinas Mitstudenten in Experimenten, diese Bewegung von Elektronen sichtbar zu machen. Mit speziellen Lasern senden sie ultrakurze Lichtimpulse auf das Elektron, das das Licht zurückwirft. Um den Bewegungsablauf aufzunehmen, müssen ganz viele Bilder hintereinander folgen, also extrem kurze Lichtimpulse das Geschehen erfassen. „Es ist ähnlich wie bei einem Foto: Ist die Belichtungszeit zu hoch, werden also zu lange Lichtimpulse auf das Objekt geworfen, verschwimmt

das Bild und wird undeutlich“, erklärt Lisa Torlina das Vorgehen. Wie lange es jedoch dauert, bis ein Elektron das Hindernis überwunden hat, können diese Experimente zwar messen, aber nicht abschließend interpretieren.

Teil des großen Welträtsels

Hier setzt Torlinas Arbeit an: Sie entwickelt in ihrer Forschung ein rein theoretisches, mathematisches Konzept, das die Prozesse analysiert. Mit diesem Tool, dem „Attosecond Angular Streaking“, kann sie beweisen, dass beim Durchbrechen der Lichtschranke keine Zeit vergeht. Diese Erkenntnis ist nicht nur ein Puzzleteil in dem immer noch großen Rätsel, wie unsere Welt funktioniert, sie wird auch Grundlage für Biologen und Chemiker sein, die nun chemische Reaktionen besser beschreiben und vielleicht bald sogar kontrollieren können. Der Weg zu dieser Erkenntnis war jedoch nicht immer leicht. Vor allem in der ersten Phase ihrer Doktorarbeit hat Lisa tagelang gerechnet, bis sich ein riesiger Stapel auf ihrem Schreibtisch aufgetürmt hatte. „Ich habe ganz

oft Ideen wieder verworfen, von vorn angefangen. Das war nicht leicht, aber so funktioniert eben die Forschung“, erinnert sie sich zurück an die Anfangszeit ihrer Promotion. Und: Auch wenn sie Ideen in ihrer Theorie umsetzen konnte, warf das wieder neue Fragen auf. Erst nach vielen Wochen und Monaten der Berechnungen, immer neuen Ideen und Konzepten konnte sie ihre Theorie an spezifischen Fällen testen. Mittlerweile hat Lisa Torlina ihre Doktorarbeit eingereicht. Im Anschluss tritt sie eine Post-DocStelle am MBI an, „denn hier gibt es noch viele offene Fragen, die meine Forschung klären könnte.“ Im Juni erschien ein Artikel von ihr und ihrer Betreuerin Olga Smirnova im renommierten Journal „Nature Physics“, auf den sie sichtlich stolz ist. Wenn Lisa Abstand von Lichtpulsen und Elektronen braucht, geht sie gern zum Tempelhofer Feld – hier fühlt sie sich angekommen in Deutschland. In Berlin möchte sie auch gern noch eine Weile bleiben, vor allem um zu verstehen, was die Welt zusammenhält. Den Weg dahin hat Lisa Torlina nun gefunden.  al ess a w en d l an d

Physikalische Prozesse, die innerhalb weniger Femto- (Billiardstel-)Sekunden erfolgen, bestimmen Materialeigenschaften, Phasenübergänge und chemische Modifikationen. Dank ultraschneller Laserpulse der Röntgen- und Vakuum-Ultraviolettstrahlung lässt sich heute das Verhalten von Elektronen in Festkörpern oder chemischen Bindungen bis zur atomaren Auflösung beobachten. Hier setzt die Leibniz-Graduiertenschule „Dynamics in new Light” an, die über das Leibniz-Wettbewerbsverfahren am Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie in Berlin etabliert wurde, um die Nachwuchsausbildung in der ultraschnellen Röntgenstrahlung zu verbessern. Mit dem MBI kooperieren die Universitäten in Berlin und Potsdam, das Helmholtz-Zentrum Berlin und das Fritz-HaberInstitut der Max-Planck-Gesellschaft. Die Graduiertenschule will die wissenschaftlichen ­Karrieren junger Forscherinnen und Forscher beschleunigen und die aufstrebende Forschung auf dem Gebiet der zeitaufgelösten Röntgenforschung in der Region Berlin stärken. www.mbi-berlin.de/DinL

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Foto: Uwe Bellhäuser/MBI

Leibniz-Graduiertenschule „Dynamics in new Light”

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Fotos: NASA/SDO/HMI (rechts); NASA/Goddard/SDO (oben)

Der Sonne entgegen ...

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… gehen die Blicke der Forscher am Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik (KIS) in Freiburg. Die Wissenschaftler untersuchen unsere wichtigste Lichtquelle überhaupt mit experimentellen und theoretischen Methoden. Schließlich ist die Sonne der Schlüssel für das Verständnis der Sterne und der Bewohnbarkeit von Planeten. Ihr Augenmerk richten sie auf den solaren Magnetismus und erforschen dabei Feinstruktur und Energiehaushalt der solaren Atmosphärenschichten Photosphäre und Chromosphäre, die globale magnetische Aktivität der Sonne sowie anderer Sterne. Zudem entwickeln sie hochempfindliche Techniken, um auch kleine Strukturen auf der Sonnenoberfläche untersuchen zu können. Die Vielfalt der Sonne offenbart sich bei Aufnahmen in verschiedenen Wellenlängenbereichen: Durch die Verwendung von Filtern lassen sich bestimmte Schichten der Sonnenatmosphäre getrennt voneinander sichtbar machen. Die Filter lassen nur Licht hindurch, das von bestimmten Atomen unter speziellen Anregungsbedingungen absorbiert wird. So entstehen Bilder, die die Dynamik der Sonnenatmosphäre besonders anschaulich machen. Das KIS konzentriert sich auf den Wellenlängenbereich, der vom Boden aus gut zu beobachten ist: 380 bis etwa 1600 Nanometer (nm) – der für das Auge sichtbare Bereich liegt zwischen 400 und 700 nm. Die heiße Korona lässt sich besonders gut mit der Strahlung des extremen Ultraviolett Wellenlängen­ bereichs zwischen 10 nm und etwa 120 nm beobachten. Er ist nur vom Weltraum aus zugänglich. Je nach ausgefilterter Atomsorte werden verschiedene Temperaturbereiche der ungefähr eine Million Grad heißen Korona sichtbar. Bei diesen Temperaturen haben die Atome viele ihrer Elektronen verloren, sind hochgradig ionisiert. Deshalb ist dieses Gas ein leitfähiges Plasma und wechselwirkt mit dem solaren Magnetfeld. So werden auch die magnetischen Strukturen der Korona sichtbar. Die modernen Sonnenteleskope des Instituts befinden sich auf Teneriffa. Besichtigungen des alten Observatoriums auf dem Schauinsland sind im Sommerhalbjahr möglich.

Sonneneruption, beobachtet mit einer Wellenlänge von 30,4 nm (oben) und Sonnenflecken im sichtbaren Licht.

www.kis.uni-freiburg.de/de/oeffentlichkeit/fuehrungenobservatorium-schauinsland/

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Hell statt heiß Chemische Reaktionen mit Licht

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Seinen ersten Aha-Effekt in Sachen Photochemie hatte Marko Hapke als Postdoc in einem Labor der Universität Yale in den USA. Seine Aufgabe war es, in Alkanen (Kohlenwasserstoffen) die C-H-Bindung zu aktivieren. Chemiker bezeichnen C-H-Bindungen gern als „heiligen Gral“, weil sie so stabil sind. „Schwer zu knacken“, wie Marko Hapke sagt. Gemeinhin kommen dafür Katalysatoren zum Einsatz, und zwar bei Temperaturen von mehreren hundert Grad. In Yale nun versuchte es Marko Hapke nicht mit Hitze, sondern mit Licht. Er montierte eine starke Halogenlampe an die Versuchsapparatur, setzte sich eine Spezialbrille auf, bestrahlte das Reaktionsgemisch, analysierte das Ergebnis und war komplett fasziniert: „Photochemie ist ein ganz heißes Forschungsgebiet.“ Die Bedingungen sind milder als bei thermischen Reaktionen. Unter Lichteinfluss verlaufen die

Reaktionen häufig sauberer. Und: Licht aktiviert die beteiligten Moleküle spezifischer als Wärme, denn nicht alle Moleküle lassen sich vom Licht beeinflussen.

Arzneimittel hergestellt durch Katalyse

In der Fachliteratur fristet die Photochemie eher ein Dasein am Rande. Der Klassiker sind thermische Reaktionen. „Die sind auch viel leichter zu verstehen als photochemische Reaktionen“, sagt Marko Hapke. Licht als Arbeitsmittel sei noch immer ein bisschen „magic“. Das reizt ihn. So ging der junge Forscher von Yale nach Rostock ans LeibnizInstitut für Katalyse (LIKAT), das international hoch anerkannt ist und auch die Photokatalyse verfolgt. Dort baute Marko Hapke eine Nachwuchsgruppe auf und begann für seine Habilitation zu arbeiten. Dabei knüpfte er un-

ter anderem an Forschungen zu einem Katalysatorkomplex auf Cobalt-Basis an, die am LIKAT Tradition haben. Mit einem Cobaltkatalysator hatten LIKAT-Forscher schon in den 1990er Jahren der Fachwelt die Vorzüge photochemisch gesteuerter Reaktionen aufzeigen können. Eines der Verfahren dient der Herstellung von Pyridinen, die Pharmaka und Pflanzenschutzmitteln ihre chemische Struktur verleihen. Vor allem jedoch erweist sich der im LIKAT verwendete Typus von Cobaltkomplexen noch immer als ergiebiger Forschungsgegenstand, um grundlegende Mechanismen des Katalyseprozesses zu erkunden. Da die erste Generation der neuentwickelten Katalysatorkomplexe recht sensibel ist, bereits bei Temperaturen oberhalb von minus 30 Grad Celsius reagiert und ständig Kühlung braucht, haben Marko Hapke und seine Nachwuchsforscher

Fotos: LIKAT (2); nordlicht/LIKAT

Farbige Kristalle eines Cobaltkatalysators

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sie weiter modifiziert. Ziel war es, sie „luftstabil“ zu machen und auch bei normaler Raumtemperatur damit umgehen zu können.

Hungrig nach Elektronen

Wichtigster Teil des Katalysators ist das reaktive Zentrum, in diesem Fall Cobalt. Es ist von einem organischen Molekül wie ein Gerüst umgeben, dem sogenannten Liganden, der das reaktive Zentrum stabilisiert. Cobalt zählt zu den Übergangsmetallen, die den Namen ihrer Position im Periodensystem verdanken. Bei ihnen ist nach dem klassischen Atommodell die äußere Umlaufbahn der Elektronen nur unvollständig besetzt. Übergangsmetalle trachten deshalb danach, ihre Elektronenschale zu vervollständigen, idealerweise auf 18 Elektronen. Cobalt weist auf seiner Außenschale neun Elektronen auf und versucht, die Lücken mit Elektronen aus seiner Umgebung zu füllen. Einige spendiert ihm der Ligand ‑ wie viel, das hängt von dessen Struktur ab. Je mehr Elektronen er abtreten kann, desto stabiler verhält sich der Cobaltkomplex. Was dann noch für eine vollständig besetzte Elektronenschale fehlt, holt sich das Cobalt von den Ausgangsstoffen der chemischen Reaktion, der es als Katalysator zugesetzt wird. Genau das macht ja seine Wirkung aus: Der Elek­ tronenklau bei den Ausgangs-

Im Labor: ein spezieller Photoreaktor. 2/2015 



stoffen erhöht deren Bereitschaft zu reagieren. Und das heißt für sie nichts anderes, als eigene molekulare Bindungen aufzugeben und neue einzugehen. Die Kunst, einen „luftstabilen“ Katalysator zu entwickeln, besteht also darin, sein reaktives Zentrum so zu stabilisieren, dass er gut handhabbar ist und nicht gleich mit der normalen Raumluft reagiert. Und dass er trotzdem ausreichend Hunger verspürt auf die Elektronen der chemischen Reaktionsteilnehmer. Wie das Licht mit seiner physikalischen Doppelnatur – als Welle und als Teilchenstrom – diese ­Prozesse beeinflusst und welche Rolle etwa die Photonen spielen, das ist häufig noch unverstanden und eine der grundlegenden Fragen, der die Photokatalyse nachgeht.

Nachfrage aus Wirtschaft und Industrie

Das Ergebnis dieser Forschung ist „eine echte Rarität“, wie Marko Hapke sagt. Der luftstabile Cobaltkomplex beispielsweise weckt das Interesse von Kooperationspartnern in Wissenschaft und Industrie für photochemische Verfahren. Er lässt sich etwa für die Synthese von Naturstoffen verwenden, das sind zum Beispiel Stoffwechselverbindungen von Pflanzen mit antibiotischer Wirkung. Diese Synthese kann über die photokatalytische Herstellung von Pyridinen gelingen. Die ringförmige Pyridin-Struktur bietet dabei idealen Platz für funktionale Molekülgruppen, die für die spezifischen Eigenschaften des Stoffes sorgen. Naturstoffsynthesen sind ein weites Feld mit Zukunft, erklärt Marko Hapke. Für ihn ist die Nutzung von Licht als Arbeitsmittel ein Königsweg der modernen Chemie. Spitzenforschung wird kaum mehr daran vorbeikommen. Hapke nennt ein weiteres Beispiel aus dem LIKAT: die photokatalytische Spaltung von Wasser als Grundlage für zukunftsträchtige Wasserstoffantriebe.

Wie Sonnenlicht Wasser mittels Katalysator in seine Elemente spaltet, ist schon gut verstanden. Eines der größten Probleme besteht darin, den so erzeugten Wasserstoff als Treibstoff zu speichern und den Antrieben zur Verfügung zu stellen. In ihrem Projekt „Light2Hydrogen“ entwickelten LIKAT-Chemiker ein photokatalytisches Verfahren, das Brennstoffzellen kontinuierlich mit Wasserstoff versorgen kann, indem es Ameisensäure photokatalytisch in Wasserstoff und CO2 umsetzt – bei normalen Temperaturen.

Marko Hapke erläutert die Vorteile von Cobaltkomplexen.

Chancen für neue LED‘s

Seit seiner Zeit in Yale beobachtet Marko Hapke, wie die Photochemie an Attraktivität gewinnt. Auch ihn wird sie noch weiter beschäftigen. Als nächstes – nach seiner Habilitation an der Universität Rostock in diesem Sommer – forscht er zu Fragen einer effizienteren Ausrüstung für die photochemische Katalyse, zum Beispiel Lichtquellen. Mit sogenannten OLED‘s, Organischen Leuchtdioden, gibt es inzwischen Lampen mit definierter Wellenlänge, die exakt im Absorptionsspektrum der beteiligten Substanzen strahlen und damit chemische Reaktionen ganz spezifisch steuern können. Kein Vergleich mit der Halogen-Lampe in Yale. Vor allem: Hier geht es um eine Chemie, mit der keine thermische Reaktion mehr mithalten kann.  r eg i n e r ac h ow

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Feuer und Flamme: Jörg Drauschke mit einem Polykandelon.

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Mystik des Lichts Jörg Drauschke vom Leibniz-WissenschaftsCampus Mainz forscht zur Lichtkunst in Byzanz.

Bereits im alten Byzanz wussten die Menschen Licht in Szene zu setzen. Sie verfeinerten ihre Technik dabei immer weiter — zu Zeiten, als nördlich der Alpen noch überwiegend Kienspäne und einfache Tonlampen zum Einsatz kamen. Die Lichtquellen der einstigen Hochkultur und ihre Bedeutung für die damalige Gesellschaft erklärt der Mainzer ByzanzExperte Jörg Drauschke.

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Herr Drauschke, wir leben im Zeitalter von LEDs und Laserkunst. Warum beschäftigen Sie sich im 21. Jahrhundert noch mit dem byzantinischen Reich und seinen L ­ icht­quellen? Byzanz war, was vielen Menschen heute möglicherweise nicht mehr präsent ist, über viele Jahrhunderte die Leitkultur im Mittelalter, an der sich alles orientiert hat. Das wollen wir mit unserem WissenschaftsCampus ins Bewusstsein rufen. Beim Thema Licht fasziniert mich, dass sich seine Funktionen zwischen der byzantinischen Zeit und heute gar nicht so sehr unter-

scheiden. Neben der einfachen Beleuchtung von Räumen wurde Licht schon vor über 1.000 Jahren gezielt genutzt, um bestimmte Dinge in Szene zu setzen – vor allem im sakralen Bereich. Bei der Planung von Kirchen haben die Architekten damals versucht, das Tageslicht zu steuern, etwa durch die Platzierung der Fenster oder Lichtöffnungen in der Kuppel. Durch den Einsatz künstlicher Beleuchtung wurden bestimmte Bereiche dann noch stärker akzentuiert. In der Theologie wurde eine regelrechte Lichtmystik entwickelt. Das Licht hatte also einerseits eine gar nicht hoch genug einzuschätzende Bedeutung für die Menschen. Andererseits stand es im Unterschied zu heute nicht einfach auf Knopfdruck zur Verfügung. Alles war mit einem großen Aufwand ver­bunden. Welche Techniken haben die Byzantiner genutzt, um künstliche Lichtquellen ohne Strom zu erschaffen? Im Prinzip bedienten sie sich spezieller Gefäße, die mit Öl

gefüllt waren und in denen ein Docht lag. Seit der Antike kennen wir einfache und kostengünstige Varianten aus Ton, die auch Privatleute verwendeten. Nach diesen Vorbildern entstanden kurze Zeit später aufwändigere Lampen aus Bunt- und Edelmetalllegierungen. In der Zeit des frühen Christentums wurden sie mit christlichen Symbolen wie der Taube oder dem Kreuz verziert und besaßen zum Teil sogar mehrere Flammen. Schließlich entdeckte man im vierten und fünften Jahrhundert das Glas als Lichtträger, ein Material, das seinerzeit in großen Mengen zur Verfügung stand. Das war die entscheidende Innovation. Welche Vorteile hatte denn Glas? Es war wesentlich effektiver. Fachleute haben in Experimenten nachgewiesen, dass eine mit Rizinusöl befüllte Glaslampe eine Lichtstärke von 1,4 Candela erreichen konnte. Das ist fast doppelt so viel wie bei einer Ton- oder Metalllampe. Man kann das vergleichen mit

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Intelligente LED-Beleuchtungstechnik

Kunstobjekt und Leuchtmittel: eine byzantinische Öllampe.

dem Entwicklungssprung von der Glühbirne zum Halogenstrahler: Plötzlich stand eine deutlich höhere Lichtkraft zur Verfügung. Und die Menschen lernten schnell, diese Lichtquelle zu optimieren. Um das Material zu schützen, füllten die Menschen erst Wasser in das Gefäß. Darauf schwammen das Öl und der Docht. Wenn der Docht herunterbrannte, zerstörte er nicht das dünne Glas, sondern erlosch im Wasser. Zudem erhöhte das reflektierende Wasser den Lichteffekt. Wie haben die Byzantiner diese Technologie weiterentwickelt? Als nächstes kombinierten sie einzelne Glaslampen zu Polykandela, mehrflammigen Licht­ haltern aus Metall. Sie erzeugten in einzelnen Bereichen besonders viel Licht – ähnlich wie kleine Kronleuchter. In einer Kirche durchschnittlicher Größe hingen bis zu zwölf davon im Hauptschiff an der Decke. Au30 

genzeugen wie der griechische Historiker Prokop berichten uns zum Beispiel schon im sechsten Jahrhundert, wie die Hagia Sophia durch den Einsatz künstlichen und natürlichen Lichts förmlich erstrahlte. Im Laufe des Hochmittelalters entwickelten die Menschen dann Radleuchter, sogenannte Choroi. Sie konnten in spätbyzantinischer Zeit Durchmesser von über drei Metern erreichen. Das war für die Gläubigen beeindruckend und hat sicherlich niemanden kalt gelassen. Wer war für diese Inszenierungen verantwortlich? Das war Sache des ortsansässigen Klerus, also der Priester, Mönche und Äbte. Der liturgische Kanon legte genau fest, bei welchen Festen Licht eine besondere Rolle spielen und wie man sie im wahrsten Sinne des Wortes „highlighten“ sollte. Ein besonderer Höhepunkt war zum Beispiel Ostern als licht- und lebenspendendes Fest.

Fotos: RGZM/Sabine Steidl (S. 28); Badisches Landesmuseum/Thomas Goldschmidt; Martin Fisch/Flickr.com (CC BY-SA 2.0)

Intelligente Außenbeleuchtung und Verkehrstelematik

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Welcher Beleuchtungsaufwand zu welchem Fest zu betreiben war, wurde in den Klosterregeln festgeschrieben. Daher kennen wir die Praxis. War das nicht sehr aufwändig? Die Investitionen in künstliche Beleuchtung waren beachtlich. Allein die großen Mengen Öl, die da zusammen kamen, dürften einiges gekostet haben. Zum Teil musste zusätzliches Personal bezahlt werden. Oftmals haben Stifter, die für ihr Seelenheil nach dem Tode sorgen wollten, nicht nur Leuchtgeräte zur Verfügung gestellt, sondern auch das Geld für die Leucht­mittel.

Hat sich diese Lichtkunst über Byzanz hinaus verbreitet? Byzanz war ein ­handelsstarkes Land, das Metallgefäße, Schmuck

Byzanz zwischen Orient und Okzident ist eine Forschungs­ kooperation des Römisch Germanischen Zentralmuseums —

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oder auch Textilien bis ins heutige China, Spanien, Großbritannien und Skandinavien verkauft hat. Wir wissen auch, dass Venedig seit mittelbyzantinischer Zeit ein wichtiger Handelspartner war. Polykandela, das belegen archäologische Funde, wurden in Italien benutzt, aber dann verlieren sich ihre Spuren. Nördlich der Alpen gab es im Mittelalter keine vergleichbaren Lichtquellen. Neben vereinzelten Glaslampen waren das nur einfache Tonlampen oder Kienspäne, später wurden in zunehmendem Maße auch Kerzen genutzt. Wo finden wir heute noch Spuren dieser Kunst? Vor allem natürlich in Griechenland, aber auch auf dem Balkan und in Russland. Das sind die Gebiete, bis zu denen die orthodoxe Mission im Mittelalter vor-

Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die Er-

gedrungen ist. Hier findet man nicht nur die typischen Kreuzkuppelkirchen. Auch Choroi sind heute noch im Einsatz, zum Beispiel in der Mönchsrepublik Athos oder in den griechischen Meteora-Klöstern. Dort lebt Byzanz bis heute weiter. Welche Bedeutung hat Byzanz für das heutige Europa? Durch seine jahrhundertelange Vorbildfunktion und kulturelle Ausstrahlung ist es ein bedeutender Teil seiner Identität. Wenn wir heute über Europa sprechen, müssen wir auch über Byzanz sprechen.

i n terv i ew : ju tta w i tte

Jörg Drauschke

ist seit 2013 Konservator im ­Kompetenzbereich Frühgeschichte und Byzanz des Römisch-­ Germanischen Zentralmuseums (RGZM) in Mainz und Mitglied im Vorstand des Leibniz-WissenschaftsCampus Mainz: Byzanz zwischen Orient und Okzident. Der promovierte Urund Frühgeschichtler arbeitet unter anderem zur Archäologie des Byzantinischen Reichs, zur Buntmetallverarbeitung in Byzanz sowie zur Glasproduktion und -distribution in frühbyzantinischer Zeit.

forschung der byzantinischen Geschichte und Kultur aus ihrem Nischendasein zu befreien und die Bedeutung der einstigen Leitkultur als Brücke zwischen Antike und Neuzeit sowie zwischen dem Orient und Europa zu analysieren und sie stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. www.byzanz-mainz.de

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Wo Licht ist, fällt auch Schatten

Sonne, Wind, Wasser — in 15 Jahren sollen erneuerbare ­ Energien rund die Hälfte des Strombedarfs übernehmen. Darüber herrscht Konsens in Deutschland. Geht es aber um die Förderung der Photo­ voltaik, haben die Leibniz-Ökonomen Claudia Kemfert und Manuel Frondel unterschiedliche Sichtweisen.

Foto: EnergieAgentur.NRW

Sonne tanken: Der Solarpark in Inden (Kreis Düren) ist mit einer Leistung von 3,8 Megawatt-Peak und 16.236 installierten Photovoltaik-Modulen einer der größten in Nordrhein-Westfalen.

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An den Küsten Deutschlands drehen sich die Windräder, auf unzähligen Hausdächern blitzen Photovoltaikanlagen in der Sonne. Erneuerbare ­ Energien gehören längst zu unserem Alltag. Ohne Wind und Sonne wird die Energiewende nicht zu schaffen sein. Selbst für das nicht allzu sonnenverwöhnte Deutschland stellt die Solarenergie eine bedeutende Alternative dar. „Der autarke Haushalt wird eines Tages Standard in Deutschland sein. Mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach und dem Batteriespeicher im Keller kann sich dann jeder Verbraucher selbst versorgen“, sagt Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen (RWI). Doch noch seien die Speichertechnologien zu teuer

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und die Photovoltaik-Module nicht effizient genug.

„Hohe Kosten, wenig Wirkung“

„Umso mehr ärgert es mich, zu sehen, wie viel schlechte PV-Technologie bereits auf deutschen Dächern installiert ist – und zwar zu absurd hohen Kosten“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler. Die Photovoltaik sei ein Paradebeispiel für eine fehlgeleitete Subventionspolitik: Der PV-Boom von 2009 bis 2013 war ein Hauptgrund dafür, dass sich die EEG-Umlage, die alle Verbraucher über den Strompreis tragen, verfünffacht hat – von etwa 1,3 Cent auf 6,24 Cent pro Kilowattstunde. 2015 ist sie erstmals seit ihrer Einfüh-

rung im Jahr 2000 gesunken – auf 6,17 Cent. Stark fallende Preise für Solarmodule sowie die hohen Einspeisevergütungen führten in der Vergangenheit dazu, dass die Photovoltaik massiv ausgebaut wurde. „Dies ist entgegen erster Intuition keine gute, sondern eine gefährliche Entwicklung: Letztlich müssen die deutschen Stromverbraucher über höhere Stromrechnungen rund 116 Milliarden Euro für die zwischen 2000 und 2014 installierten PVAnlagen zahlen“, sagt Frondel. Diesen Kosten würden nur geringe positive Umweltwirkungen gegenüberstehen: „In Deutschland wird viel mehr Windstrom produziert als Solarstrom, aber die Kosten sind nur ein Bruchteil von dem, was wir für Solarstrom bezahlen“, kritisiert Frondel.

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Claudia Kemfert

leitet seit 2004 die Abteilung „Energie, Verkehr, Umwelt“ am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin und ist Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit an der privaten Hertie School of Governance. Claudia Kemfert ist gefragte Gutachterin und Politikberaterin in verschiedenen Nachhaltigkeitsbeiräten und Kommissionen; unter anderem beriet sie den damaligen EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso im Zuge der High Level Group on Energy and Climate.

„Atom und Kohle treiben die Energiepreise“

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Am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) hingegen sieht seine Kollegin Claudia Kemfert große Vorteile in der Förderung: Die Ausgaben für importierte Energie sinken pro Jahr und liegen bei rund 11 Milliarden Euro. Zudem seien die Kosten Investitionen, die Wertschöpfung und Arbeitsplätze schaffen. Die wahren „KostenTsunamies“ entstünden durch die Kohle- und Atomenergie. Der Abbau und die Verbrennung der Kohle verursachen enorme Umweltschäden, die Atommüll­ endlagerung bedeuten finanzielle Jahrhundert-­Belastungen. „Derzeit finanzieren wir den Umbau des Energiesystems, die Aufwendungen insbesondere für Solarstrom sinken weiter“, so Kemfert. Zudem habe die Förderung aus Deutschland die Kosten für Solarenergie so stark senken können, dass davon alle Weltregionen profitieren: „Auch arme Länder, die bisher kaum Zugang zu Strom hatten.“ Kemfert macht weniger die Photovoltaik für den Anstieg der

Ökostrom-Umlage verantwortlich als die niedrigen Strompreise an der Börse: „Die EEG-Umlage errechnet sich aus der Differenz zum Börsenpreis, und je niedriger der Börsenpreis, desto höher die Umlage. Die Frage ist, warum der aktuelle Tiefstpreis nicht an die Privatkunden weitergegeben wird.“ Zudem seien die Ausnahmen für die Industrie immer weiter angestiegen: Viele Unternehmen zahlen überhaupt keine EEG-Umlage. Die Umweltökonomin fordert mehr Transparenz für den Bürger.

„Die nächste Kostenlawine rollt schon“

Dass die Ökostrom-Umlage erstmals gesunken ist, macht Kemfert zufolge deutlich, dass die Kostendynamik der vergangenen Jahre durchbrochen ist. Sie geht davon aus, dass die Umlage in den nächsten Jahren nicht oder nur leicht steigen wird, bevor sie endgültig sinkt. Frondel hält dagegen: „Die Umlage wird steigen, da der Ausbau an Windkraftanlagen vor deutschen Küsten an Fahrt gewinnt. Da rollt die nächste Kostenlawine auf den Verbraucher zu.“ Für die Photovoltaik befürchtet er einen „Solarboom 2.0“ – verursacht durch Selbstversorger: „Denn einerseits wird

Haushaltsstrom tendenziell teurer, andererseits werden die PVModule billiger“, erklärt Frondel. Insofern werde es für Haushalte immer lukrativer, eine Solaranlage zu installieren. Sie zahlen keine Mehrwertsteuer, keine Stromsteuer, keine Netzentgelte und keine EEG-Umlage. Ein Haushalt, der knapp 30 Cent pro Kilowattstunde Strom an seinen Versorger zahlt, spart auf diese Weise über 20 Cent je kWh. Ein Anreiz für all jene, die das nötige Kleingeld besitzen, um sich Sonnen-Paneele aufs Dach zu bauen. „Wenn die Politik die Rahmenbedingungen nicht ändert, könnten bald schon einige Millionen mehr PV-Anlagen deutsche Haushalte mit Strom versorgen“, befürchtet Frondel. Was erfreulich klingt, würde nicht folgenlos bleiben: Immer weniger Menschen müssten die EEG-Umlage finanzieren. Kemfert widerspricht deutlich: „Das Gegenteil ist richtig. Viele Selbstversorger müssen bereits eine ,Solarabgabe’ zahlen. Dies hat die Nachfrage nach Solarenergie einbrechen lassen. Wir erleben deshalb derzeit einen massiven Rückgang des Solar­ ausbaus. Die PV-Ausbauziele der Bundesregierung wurden 2014 schon nicht erreicht. 2015 wird vermutlich noch weiter unter dem Zubauziel liegen.“

Fertigung von Solarmodulen in Prenzlau.

Fotos: Oliver Eltinger; BSW-Solar/aleo; INSM – CC BY-ND 2.0

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Ohne Zukunft: Solarbranche in Deutschland Geht es um Arbeitsplätze in der Solarindustrie, sind sich Kemfert und Frondel weitgehend einig. Allein 2014 sind über 40.000 Arbeitsplätze verloren gegangen – eine Erfolgsgeschichte sieht anders aus. „Die Politik hätte viel früher gegensteuern müssen“, lautet der Tenor der beiden Wissenschaftler. Während sich die Kohlelobby für den Erhalt von wenigen tausend Arbeitsplätzen engagiert, ist die Solarindustrie ins Ausland abgewandert. „Diese Entwicklung ist besonders schade, weil Deutschland die Solarenergie auf den Weg gebracht und finanziert hat. Die Erträge erwirtschaften jetzt andere“, kritisiert Kemfert. Frondel befürchtet, dass die Fehlentwicklungen dazu führen,

dass die Deutschen der Energiewende den Rücken kehren. „Wir empfehlen, an Stelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ein alternatives Instrument zur kosteneffizienteren Förderung erneuerbarer Energien einzusetzen“, so Frondel. Der weitere PVAusbau sollte schnellstmöglich gestoppt werden. „Man sollte die garantierte Vergütung von Windoder Solarstrom zugunsten einer Quotenregelung abschaffen. Dabei müssten die Stromanbieter einen bestimmten Prozentsatz am Strommix aus erneuerbaren Energien erzeugen“, schlägt Frondel vor. Kemfert hält die Quotenregelung für illusorisch: „Wir brauchen kein neues Instrument. Die EEG-Förderung wird auslaufen, sobald sich die Anlagen am Markt behaupten. Dies wird voraussichtlich in einigen Jahren der Fall sein.“  katja l ü er s

Manuel Frondel

ist seit Oktober 2003 Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen; seit 2009 ist er zudem Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie der Ruhr-Universität Bochum. Manuel Frondel ist Diplom-Physiker und Diplom-Wirtschaftsingenieur und arbeitet vor allem im Bereich der empirischen Wirtschaftsforschung mit der Anwendung statistisch-ökonometrischer Methoden bei umwelt-, ressourcen- und energie-ökonomischen Fragen.

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Antibiotisches Licht Optische Methoden eröffnen in der Medizin neue Möglichkeiten der Diagnostik. Sogar gegen die grassierenden Antibiotika-­

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Bei einer Blutvergiftung zählt jede Minute. Mit jeder abgelaufenen Stunde sinkt die Überlebensrate um sieben Prozent. Deshalb geben Ärzte ihren Patienten Antibiotika, die gegen möglichst viele Erreger helfen, und hoffen, dass sie wirken. Die Werte aus dem Labor, die genau bestimmen, welches Bakterium die Sepsis verursacht hat, bekommen die Ärzte manchmal erst Tage später, was für eine Antibiotika-Behandlung vor allem in schweren Fällen außerhalb des therapeutischen Fensters liegt. 150.000 Menschen sterben so j­edes Jahr in Deutschland an ­einer Sepsis. „Wir brauchen dringend eine bessere Diagnosemethode“, sagt Michael Bauer vom Center for Sepsis Control and Care am Universitätsklinikum Jena, „dann könnten wir die Therapie entscheidend verbessern.“ Genau an einer solchen Verbesserung arbeitet seit einigen Jahren das Leibniz-Institut für Photonische Technologien (IPHT) in Jena. Im gemeinsam vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Freistaat Thüringen geförderten Jenaer Forschungscampus InfectoGnostics (www. infectognostics-jena.de) setzen Wissenschaftler des IPHT gemeinsam mit Partnern auf Licht im Kampf gegen Infektionserreger. „Wir untersuchen Patientenproben per Raman-Spektros­ kopie“, erläutert Jürgen Popp, Wissenschaftlicher Direktor des IPHT. Sein Mitarbeiter Ste-

Medizin und Technik: Michael Bauer und Jürgen Popp arbeiten eng zusammen

phan Stöckel sitzt vor einem Mikroskop und legt eine Probe auf einer kleinen Metallfolie mit isolierten Bakterien ein. Stöckel sucht nach geeigneten Partikeln für die nach einem indischen Physiker benannten RamanAnalyse. Er stellt die Parameter ein, die er messen möchte, startet die Messung – und nach 15 Sekunden erscheint auf dem Computerbildschirm das Ergebnis.

Wie ein optischer Fingerabdruck

Die dahinterliegende Technik ist faszinierend: Das Mikroskop ist mit einem Raman-Spektrometer gekoppelt. Die zu messenden Bakte­ rien werden mit einem Laser aus grünem Licht bestrahlt. Dabei kommt es zu Wechselwirkungen mit Molekülen in den Bakterien. Das dabei gestreute Licht wird gemessen. Der Hauptteil ist danach immer

noch grün, aber ein Teil ist zum roten Spektrum verschoben. „Unterschiede im Proteom oder in der Zellwand verursachen diese winzigen Abweichungen vom Spektrum“, erklärt Projektleiterin Petra Rösch. Doch auch wenn die Abweichungen nur winzig sind, so sind sie doch für jede Bakterienart charakteristisch. „Diese Lichtverschiebung ist so spezifisch, dass wir sie wie einen optischen Fingerabdruck nutzen können“, erklärt Jürgen Popp. Um eventuelle Fehler auszuschließen, werden in der Probe mindestens 100 Bakterien vermessen. Das Spektrum der vermessenen Bakterien wird mit einer Datenbank verglichen, die alle bereits registrierten Bakterien­ arten enthält. „Wir haben im Moment 95 Prozent aller Sepsis­ erreger in der Datenbank“, so der Institutsdirektor. Es fehlen einige seltene Erreger, deren Analyse allerdings noch dauert. In zwei bis drei Jahren soll die Datenbank vollständig sein. In etwa fünf Jahren, so die Zielstellung, wird in Kliniken ein Raman-Mikroskop stehen, dass nicht nur von speziell ausgebildeten Wissenschaftlern, sondern von allen Laborkräften bedient werden kann. „Wir benötigen für die Analyse einer Probe weniger als drei Stunden“, erklärt Jürgen Popp. Die genaue Zeit hängt von der Art der Probe ab. Während Urin nach maximal einer Stunde untersucht ist, muss zähflüssiges Lungensekret erst

Fotos: Sven Döring/IPHT

Resistenzen bietet die Biophotonik hoffnungsvolle Ansätze.

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Foto: Javier Corbo Lopez/Flickr; Protokoll: Armin Simon

Foto: Gladieu/Le Figaro Magazine/Laif; Text: David Schelp

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Forschung mit Ausblick: Die Raman-Spektroskopie verspricht schnellere Infektions-Diagnostik.

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aufgeschlossen und löslich gemacht werden. Das dauert etwa zwei Stunden. Ein unglaublicher Fortschritt gegenüber der klassischen mikrobiologischen Analyse, bei der die Bakterien erst vermehrt werden müssen, um ausreichend Untersuchungsmaterial zu bekommen. Das kann bei Escherichia coli über Nacht funktionieren, aber im Extremfall wie bei Mykobakterien auch mehrere Wochen benötigen. Ein weiterer Vorteil gegenüber anderen Methoden, die mit Spektralanalyse arbeiten: „Wir sind die einzigen, die eine Technologie haben, bei der die Bakterien nicht noch extra kultiviert werden müssen“, sagt Jürgen Popp. Doch nicht nur die Diagnosezeit soll sich mit der neuen photonischen Technologie verkürzen. Die Wissenschaftler am IPHT arbeiten bereits am nächsten Schritt. „Wir wollen auch gleich ermitteln, gegen welche Antibiotika der jeweilige Sepsiserreger resistent ist“, sagt Popp. Dafür wird zur Probe mit den Bakterien ein Antibiotikum

gegeben. Durch die Spektralanalyse können vom Antibiotikum gestresste Bakterien identifiziert werden. Allerdings wird die Datenbank dafür erweitert.

Mediziner warten schon

Noch steht die Forschung am Anfang. Doch die Mediziner in der Klinik warten auf Ergebnisse. Zu häufig sehen sie, wie Patienten sterben, weil der Sepsiserreger gegen das verordnete Breitbandantibiotikum resistent ist. Eine gezielte Medikamentengabe wäre ein Schritt gegen die um sich greifenden Antibiotika-Resistenzen. „Wir haben gute Antibiotika, aber wir sind dabei, sie durch die unzureichende Diagnostik zu verlieren“, sagt der Mediziner ­Michael Bauer. Am Universitätsklinikum Jena steht mittlerweile ein Analysegerät, das schon bewiesen hat, dass es die richtigen Erreger herausfindet. Mittlerweile

gehen die ersten Geräte an wissenschaftliche Institute. „Wir rechnen damit, dass in etwa fünf Jahren die Diagnose per RamanSpektroskopie in Kliniken genutzt werden kann“, sagt Jürgen Popp. Die neue Spektralanalyse ist nur eine Methode, wie Lichttechnologien in Zukunft die Diagnostik verbessern werden. Die Wissenschaftler vom IPHT arbeiten bereits an weiteren Einsatzmöglichkeiten. So hat eine Arbeitsgruppe ein Mikroskop entwickelt, mit dem sich während einer Operation innerhalb weniger Minuten erkranktes und gesundes Gewebe genau unterscheiden lässt. Eine andere Gruppe arbeitet an einer faserspektroskopischen Sonde, mit der Mediziner die biochemische Zusammensetzung von Plaques in Arterien erkennen und damit die richtige Therapie wählen können. Denn ob Sepsis oder Herzerkrankung – die richtige Diagnose ist entscheidend. an n ett z ü n d orf

Eine hochwertige, zugleich aber auch bezahlbare medizinische Versorgung ist, vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung, eine wichtige Herausforderung für unsere Gesellschaft. Sie zu entwickeln, steht im Fokus des Leibniz-Forschungsverbundes Medizintechnik. Innovative und schonende Gesundheitstechnologien sollen dabei helfen, Krankheiten frühzeitig zu erkennen, die Wirkung von Therapien genauer zu kontrollieren und besser an den einzelnen Patienten anzupassen. Die Entwicklung von mobil einsetzbaren Schnelltests spielt hier ebenso eine Rolle wie verbesserte bildgebende Untersuchungsmethoden. Dabei arbeiten Mediziner, Naturwissenschaftler und Ingenieure aus unterschiedlichen Leibniz-Instituten zusammen, um sicherzustellen, dass die technischen Lösungen, die zum Teil sogar aus Entwicklungen der Astrophysik stammen, dem medizinischen Problem gerecht werden. Gesellschaftswissenschaftler erforschen Fragen der Marktfähigkeit und der gesellschaftlichen Akzeptanz der entwickelten Produkte.

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Foto: IPHT

Leibniz-Forschungsverbund „Medizintechnik: Diagnose, Monitoring und Therapie“

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Wissen direkt vom Erzeuger.

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Leibniz-Journal

Feinstaub

Drohnen

Wenn Luft krank macht

„Saubere“ Kriege oder Kriegsverbrechen?

Ägypten

Ausstellung

Recherchen bei den Muslimbrüdern

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100 Jahre Jugendbewegung

Leibniz-Journal

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

Big Data

Science 2.0

Kuba

Affengesellschaft

Goldrausch in Datenbergen?

Bloggen für mehr Freiheit

Das nal, z-Jour i n b i e L l im vierma Jahr.

Wissenschaft und Social Media

Die Primatenforscherin Julia Fischer

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

Luft anhalten. Wie kleinste Partikel größte Probleme bereiten

Der

vernetzte

Mensch G 49121

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Wie die Digitalisierung unsere Gesellschaft verändert

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Herausgeber: Der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft Matthias Kleiner Chausseestraße 111, 10115 Berlin Telefon: 030 / 20 60 49-0 Telefax: 030 / 20 60 49-55 www.leibniz-gemeinschaft.de

Redaktion: Christine Burtscheidt (Chefredakteurin), Christoph Herbort-von Loeper (C.v.D.), Alessa Wendland, Lena Leisten, Nora Tyufekchieva (Grafik), Steffi Kopp (Assistenz). [email protected] Anzeigen: Axel Rückemann, [email protected] Layout: Stephen Ruebsam, unicom-berlin.de

Druck: PRINTEC OFFSET – medienhaus, Kassel Nachdruck mit Quellenangabe gestattet, Beleg erbeten.

Auflage: 31.500 Ausgabe 2/2015: Juli www.leibniz-gemeinschaft.de/journal Das Leibniz-Journal erscheint viermal jährlich. Es wird gratis über die Institute und Museen der Leibniz-Gemeinschaft verbreitet. Außerdem kann es über die Redaktion kostenlos unter [email protected] abonniert werden. ISSN: 2192-7847 Leibniz twittert: twitter.com/#!/LeibnizWGL Leibniz ist auf Facebook: facebook.com/LeibnizGemeinschaft

Die Leibniz-Gemeinschaft — 89 Mal Forschung zum Nutzen und Wohl der Menschen: Die Leibniz-Gemeinschaft zählt 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirt2/2015 



schaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi –, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Ihre Institute unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.100 Personen, darunter 9.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,64 Milliarden Euro. 39

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Ausbeutung oder Chance? Über die Arbeitsbedingungen von Nachwuchswissenschaftlern wird heftig diskutiert. Vom „akademischen Prekariat“ ist die Rede. Nach der Sommerpause soll der Bundestag eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes verabschieden. Lässt sich so die Situation junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verbessern? Darüber diskutieren der CDU-Bundestags­abgeordnete Michael ­Kretschmer, der Institutsdirektor Volker Haucke, der Nachwuchskoordinator René Schlott und die Karriere-Referentin Sabine Müller.

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Aber weniger als ein halbes Jahr? Haucke: Ja, das kommt vor. Zum Beispiel, wenn die Experimente etwas länger dauern als

geplant oder experimentelle Revisionen zur Veröffentlichung notwendig sind. Dann kann ich den Wissenschaftlern mit einem kurzen Anschlussvertrag die Möglichkeit geben, ihr Projekt erfolgreich zu Ende zu bringen. Die andere, nicht sinnvolle Alternative wäre ein vorzeitiger Abbruch der Arbeit. Als Institut in der

Volker Haucke ist Direktor am Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie in Berlin mit 270 Wissenschaftlern und Verwaltungsangestellten; er lehrt als Professor für Biochemie an der Freien Universität Berlin und ist Mitglied im Exzellenzcluster NeuroCure unter der Leitung der Charité Universitätsmedizin Berlin.

Grundlagenforschung brauche ich diese Flexibilität, um mit den Unwägbarkeiten der experimentellen Forschung umgehen zu können – nicht zuletzt im Sinne der Doktoranden und Postdocs selbst. Schlott: Den oft hergestellten Zusammenhang zwischen Befristungen auf der einen und Mobilität, Flexibilität und Dynamik im Wissenschaftssystem auf der anderen Seite lehne ich ab. Diese Forderung ist unglaubwürdig, da sie meist von auf Lebenszeit verbeamteten Lehrstuhlinhabern erhoben wird. Ein Wettbewerb sollte nicht um den Preis prekärer Arbeitsverhältnisse geführt werden, sondern um die besten Forschungsfreiräume, in denen neue und innovative Erkenntnisse, Ideen, Gedanken und weiterführende Fragen entstehen.

Herr Kretschmer, die Politik hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Befristungen in der Wissenschaft einzudämmen. Wie lässt sich das mit Herrn Hauckes Schilderungen in Einklang bringen? Kretschmer: Die ­Diskussion hat eine Schieflage: Oft ist die Überschrift „Skandal der vielen

Fotos: Jan Zappner, Oliver Lang (2)

Leibniz: Die Betriebs- und Personalräte der HelmholtzGemeinschaft haben in einem Brief an Bundestagsabgeordnete kritisiert, dass die Vertragslaufzeiten in der Wissenschaft „zum Teil immer kürzer werden“. In verschiedenen Forschungseinrichtungen hätten 40 Prozent der Verträge Laufzeiten von maximal einem halben Jahr. Herr Haucke, wie sieht das an Ihrem Institut aus? Haucke: Es gibt in der Tat eine ganze Reihe von befristeten Arbeitsverträgen, die aber in der Regel durch die befristet geförderten Drittmittelprojekte begründet sind. Solche Projekte entstehen ja nicht aus dem Nichts, sondern basieren auf bereits bestehenden wissenschaftlichen Arbeiten am Institut. Wenn etwa ein Doktorand nach der Hälfte der Projektlaufzeit mit seiner Promotion fertig ist, müssen Sie die Stelle für den Rest der Laufzeit neu besetzen. Dadurch entstehen die meisten kurzen Befristungen.

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kurzfristigen Verträge“. Dabei wird aber etwas Wesentliches außer Acht gelassen: Noch nie hat es so viel Geld im Gesamtsystem der Wissenschaft gegeben. Wir sind durch die großen finanziellen Zuwächse der vergangenen Jahre heute in der Situation, dass wir so vielen Menschen die Chance zur Qualifikation im Wissenschaftssystem geben wie nie zuvor. Aber Qualifikation muss immer befristet sein. Mit der Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes soll mehr rechtliche Klarheit auf diesem Gebiet entstehen.

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Was soll konkret im novellierten Gesetz stehen? Kretschmer: Eine sachgrundlose Befristung wird nur dann zulässig sein, wenn vereinbart ist, dass das Arbeitsverhältnis auch der wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung dient. Damit unterbinden wir die Wahrnehmung von Daueraufgaben durch befristetes Personal, das keine wissenschaftliche oder künstlerische Qualifizierung anstrebt. Beim nicht-wissenschaftlichen Personal wird nach der Gesetzesnovelle eine Befristung nur noch auf Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes möglich sein, das heißt, die rechtlichen Möglichkeiten diese Beschäftigtengruppe befristet anzustellen, werden eingeschränkt. Gleich-

zeitig erhalten wir das für die Wissenschaft erforderliche Maß an Flexibilität: So hat die Union durchgesetzt, dass es keine starren Mindestvertragslaufzeiten geben wird. Diese sind ja auch der Wissenschaft völlig wesensfremd, wie Herr Haucke gerade dargelegt hat. Um diese Punkte hat es ja einige Aufregung in der Wissenschaft gegeben, nachdem die Allianz der Wissenschaftsorganisationen in einem Brief

Michael Kretschmer ist seit 2002 im Deutschen Bundestag und Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung; seit 2009 ist er stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und in dieser Funktion zuständig für die Bereiche Bildung und Forschung, Kunst, Kultur und Medien. Er ist unter anderem Senator der Helmholtz- und der LeibnizGemeinschaft.

an Bundestagsabgeordnete ausdrücklich davor gewarnt hat, sachgrundlose Befristungen per Gesetz auszuschließen. Kretschmer: Es ist völlig legitim, dass sich betroffene Akteure in den politischen Meinungsbildungsprozess einbringen. Ich bin der Allianz deshalb sogar dankbar für ihre Intervention. Sie hat mit dazu geführt, dass wir einige Dinge noch einmal überdacht haben und letztlich zum Entschluss gekommen sind, sachgrundlose Befristungen für die Qualifizierungsphase weiter zu ermöglichen.

Aber es sind genau diese Punkte, die die Gewerkschaften kritisieren. Haucke: Die Frage ist doch, werden die Leute ausgebeutet oder bekommen sie eine Perspektive. Kretschmer: Genau, dahinter steht die Frage: Wie groß soll unser Wissenschaftssystem sein? Wir haben seitens des Bundes durch die drei Pakte – Hochschulpakt, Pakt für Forschung und Innovation und Exzellenzinitiative – viel Geld ins System gebracht. Die Länder müssen jetzt eine strukturelle Neuausrichtung und Profilbildung betreiben. Dafür haben sie auch die Möglichkeit, weil der Bund die BAföG-Kosten zum 1. Januar vollständig übernommen hat. Sachsen hat zum Beispiel definiert, wie groß sein

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Wissenschaftssystem sein soll, nämlich 95.000 Studierende bis Ende des Jahrzehnts von derzeit etwa 110.000. Für diese Studierendenzahl ist das Geld verlässlich da, für mehr aber auch nicht. Dann können junge Leute mit 30 Jahren belastbar beurteilen, ob sie eine Karriere in der Wirtschaft oder in der Wissenschaft anstreben. Müller: Das stimmt, die Wissenschaftsorganisationen haben schon öfter argumentiert, dass wir ein systemisches Problem haben, nämlich wann verlassen die jungen Leute die Wissenschaft? Über das konkrete Alter lässt sich sicher streiten, aber so etwa sechs Jahre nach der Promotion sollte schon klar sein, wohin die Reise geht. Kretschmer: Dafür haben wir unseren Vorschlag für Tenure Track-Professuren vorgelegt. Wir wollen 1.000 Stellen schaffen, die nach einer Laufzeit von sechs Jahren der wissenschaftlichen Profilierung in festen Stellen münden. Damit wollen wir einen gewissen Kulturwandel in den Universitäten und Forschungseinrichtungen anregen. Das schließt aber nicht aus, dass es in Zukunft auch weiterhin befristete Stellen in der Wissenschaft geben wird, für Menschen, die im System ausgebildet werden und damit eine Chance für die Zukunft bekommen.

Wie sieht das denn in der Realität an Ihrem Institut aus, Herr Haucke? Wie ist das Verhältnis von festen und projektbezogen befristeten Angestellten? Haucke: Der Anteil der Dauer­stellen am Institut beträgt beim wissenschaftlichen Personal knapp 30 Prozent, sogar rund 45 Prozent, wenn man nur die Haushaltsstellen betrachtet und die grundsätzlich befristeten Drittmittelstellen nicht berücksichtigt. Das technische Personal ist weit überwiegend fest angestellt. Die

strukturellen Funktionen sind also dauerhaft vergeben. Doktoranden und Post-Docs kommen und gehen – und das wollen sie meistens auch, um an unterschiedlichen Instituten ihren wissenschaftlichen Lebenslauf voranzubringen. Problematisch wird es nur, wenn jemand in seiner Projektlaufzeit nicht fertig wird. Hier sollten wir Arbeitsverträge von Projektlaufzeiten abkoppeln und Personal-Pools bilden. Wie soll das aussehen? Haucke: Sie müssten Geld aus verschiedenen Töpfen für alle Doktoranden in einem Pool sammeln können, sie daraus bezahlen und auch gemeinsam in einer Doktorandenschule ausbilden. Das Institut müsste lediglich aus Haushaltsmitteln eine gewisse Rücklage bereitstellen im Vertrauen, dass auch künftig Drittmittelprojekte eingeworben werden, aber das sollte ein überschaubares Risiko sein.

Apropos, wie sieht denn die Bezahlung von Doktoranden bei Ihnen aus? Haucke: Alle Doktoranden sind auf 65-Prozent-Stellen beschäftigt. Das sind zwar keine Reichtümer, aber ein auskömmliches Einkommen für die Qualifizierungsphase. Und im übrigen eine deutliche Verbesserung zu früheren Zeiten, als halbe Stellen die Regel waren. Problematisch sind mitunter die Stipendien ohne Sozialversicherung. Aber um eins klar zu machen: Mir geht es bei diesen Pools nicht ums Geldsparen. Schlott: In den Geisteswissenschaften ist die Situation doch etwas anders. Promotionen innerhalb von drei Jahren sind meist schwer abzuschließen, unter anderem wegen der oft aufwändigen Quellenrecherche und des folgenden langen Aktenstudiums. 65-Prozent-Stellen sind eine wesentliche Verbesserung, aber die Realität sieht anders aus. Zum Teil zahlen Stiftungen immer noch Stipendien ohne Sozialversicherungspflicht, so dass Stipendiatinnen und Stipendiaten ihren Promotionsabschluss im schlimmsten Fall über

Fotos: Oliver Lang

Sabine Müller ist Referentin in der Geschäftsstelle der Leibniz-­ Gemeinschaft; dort betreut sie unter anderem die wissenschaftliche Karriereentwicklung. Ihre Promo­ tion erlangte sie 2010 an der Universität Oxford in deutscher Literatur und Film.

Finanzierung der festen Stellen nach dem Tenure Track ist dann aber Ländersache? Kretschmer: Richtig. Es ist Bedingung des Programms, dass sich die Länder verpflichten, diese Stellen dann auch dauerhaft zu finanzieren. Haucke: Das ist aber genau der Punkt. Tenure Track-Stellen sind eine offene Flanke für die Universitäten. In einem Land wie Berlin, wo Sie immer damit rechnen müssen, mal 50 Millionen Euro einsparen zu müssen, sind befristete Tenure Track-Stellen immer in Gefahr, gestrichen zu werden. Der Tenure Track müsste somit über eine bessere und vor allem verlässliche Grundfinanzierung abgesichert sein. Schlott: Das wäre auch genau mein Vorschlag. Wir brauchen gar nicht unbedingt mehr Geld, aber vom vorhandenen Geld müsste ein größerer Teil in die Grundfinanzierung fließen. Dann würden wir auch etwas wegkommen von diesem Antragsdruck, bei dem Sie bei Bewilligungsquoten von zum Teil gerade mal zehn Prozent viel Zeit, Energie und Kreativität in das Schreiben umfangreicher Papiere stecken. Am Ende haben Sie neun von zehn Anträgen nur dafür geschrieben, damit sie abgelehnt werden, darunter in letzter Zeit auch zuvor sehr gut begutachtete Papiere. Nicht zuletzt sind doch in der bundesrepublikanischen Geschichtswissenschaft die großen Paradigmenwechsel zur Sozialgeschichte, zur Alltags- und Globalgeschichte und später hin zu kulturwissenschaftlichen Methoden nicht aus Drittmittelanträgen hervorgegangen.

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Hartz IV finanzieren müssen. Es gibt inzwischen immerhin Instru­­mente, um die Abschlussarbeiten fertigstellen zu können – zum Beispiel Abschlussstipen­ dien des Instituts, das ja ein Interesse daran hat, dass seine Wissenschaftler ihre Qualifizierungsziele erreichen und Forschungsergebnisse vorlegen. Wichtig wäre aber auch, Instrumente für die oft schwierige Orientierungsphase zwischen abgeschlossener Promotion und möglicher Habilitation zu schaf­ fen. Müller: In diesem Sinn sind die Forschungseinrichtungen in der Verantwortung, auch bei befristeten Verträgen für eine gewisse Sicherheit zu sorgen, indem Vereinbarungen getroffen werden, dass niemand auf einmal ohne Stelle und ohne fertige Promotion dasteht. Das geht in Richtung Personalentwicklung, die ich für dringend notwendig erachte. Kretschmer: Genau deshalb wollen wir bei einer Fortsetzung der Exzellenzinitiative auch zwingend vorschreiben, dass die Antragsteller ein solides Personalentwicklungskonzept vorlegen; damit unter anderem auch dafür gesorgt ist, dass wir in Zukunft nicht deutsche Nobelpreisträger aus dem Ausland zurückholen müssen, sondern sie gleich im Land behalten. Haucke: Aber Sie müssen den Nachwuchswissenschaftlern auch realistische Karriereperspektiven geben und sagen, nicht jeder kann Professor werden. Denn wenn wir die Menschen erst lange wissenschaftlich ausbilden, damit sie dann irgendwann Taxi fahren, ist das menschlich enttäuschend und volkswirtschaftlich eine eklatante Fehlinvestition. Hier haben Sie, Herr Haucke, vor einiger Zeit einen konkreten Vorschlag gemacht: Ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiter, die ihre Berufung in der Lehre entdeckt haben, könnten als festangestellte Dozenten vor allem in der Bachelorausbildung an den Universitäten eingesetzt werden. Herr Schlott, glauben Sie, dass das für Doktoranden, die das Ziel der Professur viel2/2015 



leicht noch nicht abgeschrieben haben, überhaupt eine erstrebenswerte Alternative ist? Schlott: Grundsätzlich schon, aber auch dafür müsste es einen Kulturwandel geben. Das Humboldt’sche Ideal der Einheit von Forschung und Lehre ist, wenn wir ehrlich sind, in der Realität deutlich aus der Balance geraten. Forschung wird immer noch viel höher angesehen. Wenn es zum Bespiel Modelle gäbe, bei denen ein „Lecturer“ nach britischem Vorbild zu Zweidritteln lehrt und zu einem Drittel frei von Drittmittelzwängen forschen könnte, wäre das ganz bestimmt eine attraktive Option. Kretschmer: Ich bin zwar der Meinung, dass sich die Politik bei solchen organisatorischen Fragen zurückhalten sollte, aber dieses Modell scheint mir eine gute Idee und der richtige Weg zu sein... Schlott: …der aber auch bedeuten würde, in die heutige Hierarchie zwischen weisungsbefugtem Ordinarius und abhängigem wissenschaftlichem Mitarbeiter eine Zwischenebene eigenständiger Universitätsangehöriger einzuziehen. Wir müssen weg von der Einbahnstraße zur Professur und Alternativen schaffen: Nicht jede Mitarbeiterstelle muss unbedingt in eine Professur münden. Wo soll denn das Geld für solche Stellen herkommen? Haucke: Der Unterschied zwischen einer solchen „Lecturer“Stelle und der heutigen wissenschaftlichen Assistentenstelle, die häufig die bekanntlich unmögliche Quadratur des Kreises versuchen muss, wäre im Wesentlichen kostenneutral. Wenn wir aber die Lehre an den Hochschulen verbessern wollen, müssen wir die Betreuungsrelationen ändern. Wir haben in Berlin ein Verhältnis von 100 Studierenden auf einen Lehrenden. Solange wir den Curricularnormwert nicht ändern, muss ja für jede neue Stelle in der Lehre gleich wieder die entsprechende Zahl an Studierenden aufgenommen werden. So erreichen wir gar nichts. Durch solche neuen Dozentenstellen, die meiner Meinung nach schwerpunktmäßig in der Bachelorlehre tätig sein

René Schlott ist Koordinator der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam. Der promovierte Historiker arbeitet außerdem als Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam und an der Freien ­Universität Berlin.

sollten, würden wir auch einen zweiten positiven Effekt erzielen, nämlich die Versäulung im Wissenschaftssystem abbauen. Wir haben die außeruniversitären Wissenschaftsorganisationen, die für exzellente Forschung stehen, weitgehend von den Universitäten getrennt. Wenn wir sie mehr in die Lehre im Bereich Master und Promotion einbinden könnten, gewännen wir maßgebliche Lehrkapazitäten hinzu. Die Leibniz-Gemeinschaft könnte hier mit ihren ohnehin engen Universitätskontakten eine Vorreiterrolle übernehmen. Kretschmer: Und nach der Grundgesetzänderung von Artikel 91b haben wir die Möglichkeit. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt dafür. Das Wissenschaftssystem hat niemals über mehr Geld verfügt als heute. Aber die Situation wird sich ändern: Durch den demografischen Wandel und die höhere Studierneigung werden wir in zehn Jahren eine völlig andere Lage vorfinden. Wir haben jetzt die Zeit und die Ressourcen, Veränderungsprozesse in den Hochschulen anzuschieben. Dabei sollten alle Beteiligten den Mut haben, das Ganze etwas größer zu denken – weit über das Wissenschaftszeitvertragsgesetz hinaus.  d as i n terv i ew fü h rten

c h r i sti n e bu rtsc h ei d t u n d c h r i stoph h er bort - v on l oeper

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Mit Daten Geschichten erzählen Eine Münchener Datenbank vergleicht Gesetze und Studien international und gewinnt überraschende Erkenntnisse.

Daniel Leithold

ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Fachreferent für die Database for Institutional ­Comparisons in Europe (DICE) am ifo Institut – Leibniz-Institut für ­Wirtschaftsforschung an der Universität München.

Herr Leithold, Sie kennen sich gut in der gesetzgeberischen Vielfalt Europas aus. Wo läge Ihr idealer Wohnort? Steuern 44 

zahlen in Liechtenstein, Kinder einschulen in Finnland, Rente beziehen in Deutschland? Deutschland ist schon kein schlechter Wohnort; ich lebe sehr gern hier – auch nachdem ich so viele institutionelle Regelungen in unterschiedlichen Ländern auf sozialer, wirtschaftlicher und politischer Ebene angeschaut habe. Natürlich schneidet etwa das finnische Schulsystem in vielen Erhebungen sehr gut ab, aber dafür ist die Steuerlast in den nordeuropäischen Ländern sehr hoch. In den USA sind diese Abgaben viel geringer – dafür wird das Schulsystem oft kritisiert. Es funktioniert nicht, sich von jedem Land einen Vorteil herauszupicken, weil die einzelnen Faktoren voneinander abhängen und ein System nur als Ganzes funktioniert. In unserer Datenbank vergleichen wir aber keine Staatssysteme, sondern einzelne Aspekte.

Welche sind das konkret? Ich habe zuletzt Regelungen zur Erbschaftsteuer untersucht und mir angeschaut, wie die EU versucht, diese zwischen den europäischen Ländern zu harmonisieren. Andere Themengebiete sind das Arbeitsrecht oder der gesamte Energiebereich. Da schaue ich, welche Länder welche Energieformen subventionieren oder wie sie ihre Gas- und Stromnetze gestalten. Ich vergleiche dazu Gesetzestexte und werte vorhandene Studien aus.

Datensätze und Gesetzesgrundlagen, das klingt erst einmal recht trocken. Was reizt Sie an der Arbeit? Ich finde es spannend, mich mit vielen verschiedenen Themenbereichen auseinanderzusetzen – von schlichten Zahlen zum Wirtschaftswachstum bis zu Studien, die sich mit den unterschiedlichen

Foto: Christoph Herbort-von Loeper

Warum hat sich Deutschland so gut von der Wirtschaftskrise erholt, wird jedoch Griechenlands Schuldenberg nicht kleiner? Die Antwort auf solche Fragen liegt auch in staatlichen Rahmenbedingungen: Welche EU-Regulierungen werden wie umgesetzt? Welche Rechte und Pflichten haben Banken in den einzelnen Ländern? Und unter welchen Auflagen werden Kredite bewilligt? Genau solche Informationen liefert die Database for Institutional Comparisons in Europe (DICE). Daniel Leithold entwickelte DICE am ifo Institut, dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München.

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Wertvorstellungen der Bevölkerung eines Landes beschäftigen. Natürlich ist auch mal ein Thema dabei, das ich nicht so spannend finde – aber dann kommt ja auch bald wieder ein neues.

Und wem nützt das? Es gibt im Moment ein groß angelegtes Projekt am ifo Institut, das mittel- und langfristige Perspektiven für eine bessere wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Kroatien erarbeiten will. Neben Aspekten wie der Rentenversicherung oder dem Arbeitsmarkt wollen wir auch Ideen für ein effektives Privatinsolvenzrecht entwickeln; das gibt es dort nämlich noch nicht. Wir schauen uns an, wie Privatinsolvenzen im Westen geregelt sind, aber auch wie andere osteuropäische Länder diese Rechtsgrundlagen nach der politischen Wende erfolgreich eingeführt haben. Auf dieser Basis sollen am Ende Empfehlungen stehen, wie sich ein Privat­ insolvenzrecht am besten in die bestehende wirtschaftliche und politische Struktur Kroatiens einbinden lässt. So bilden unsere Daten die Grundlage für Verbesserungsvorschläge, von denen auch der normale Bürger einen Nutzen hat. Sind Sie bei Ihren Recherchen auch auf Überraschungen gestoßen? Ja, sogar auch bei den Privatinsolvenzen. Wir haben festgestellt, dass es in allen Ländern, die wir betrachtet haben, weitaus schneller möglich ist, wieder schuldenfrei zu sein als in Deutschland und Österreich. Das führt dann zu Phänomenen wie „Bankruptcy tourism“; Deutsche oder Österreicher ziehen zum Beispiel nach England, wo sie schon nach einem Jahr statt erst nach sieben Jahren ihre Schulden los sein können, um im Anschluss schuldenfrei wieder zurückzukehren.

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Wie wählen Sie die Informationen aus, die Sie aufbereiten? Viele Daten stammen von Kolleginnen und Kollegen hier am ifo Institut. Die ergänzen wir dann aus anderen Quellen. Das sind etwa die Organisation für wirt-

schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder die Europäische Kommission. Grundsätzlich ist jede wissenschaftliche Erhebung für uns interessant, die einen unserer neun Themenbereiche beleuchtet, solange sie hilft, wirtschaftliche Zusammenhänge und komplexe staatliche Gefüge besser zu verstehen.

Wenn Sie auch Zahlen aus unterschiedlichen Studien gegenüberstellen, vergleichen Sie dann nicht Äpfel mit Birnen? Natürlich gibt es hier oft Diskrepanzen – aus methodischen Gründen kommt die EU bei der Berechnung der Staatsverschuldung Deutschlands auf andere Werte als die OECD. Deshalb kennzeichnen wir jede Quelle und ihre Erhebungsmethode. Jede unserer Veröffentlichungen besprechen wir mit den Wissenschaftlern, die Experten auf dem Gebiet sind. Schließlich sollen unsere Datensätze wissenschaftlichen Ansprüchen genügen.

Datenbanken, die Informationen aus verschiedenen Bereichen zur Verfügung stellen, gibt es bereits zuhauf. Was macht DICE so besonders? Wir sind thematisch sehr breit aufgestellt und wollen vor allem beschreibend arbeiten. Deshalb stellen wir Zahlen und Daten nicht einfach in den Raum, sondern bereiten sie auf, indem wir Zusammenhänge beschreiben, auf Besonderheiten hinweisen und den Wust an Zahlen und Fakten so verständlich machen. Dafür geben wir auch unseren regelmäßigen CESifo DICE Re-

port heraus. Außerdem arbeiten wir mit „Visual Storytelling“, indem wir aus unseren Informationen Grafiken, Tabellen oder Weltkarten erstellen, um die Daten anschaulicher und besser verständlich zu vermitteln. So verstehen nicht nur Wissenschaftler die Datensätze, auch Laien finden hier schnell interessante Aspekte.

Also sind Ihre Daten für jedermann gedacht? Ja, generell kann jeder die DICEDaten einsehen und auch weiter verwenden. Viele Wissenschaftler nutzen unsere Zahlen natürlich als Basis und Inspiration zur weiteren Forschung. Viele Nutzer haben wir unter amerikanischen Wirtschaftsforschern, weil wir Ergebnisse deutscher Arbeiten auf Englisch aufbereiten. Aber wir richten uns genauso an die breite Öffentlichkeit, die sich für wirtschaftliche, soziale oder politische Themen interessiert. Wer zum Beispiel wissen möchte, wie hoch der Mindestlohn in anderen Ländern ist und welchen Geltungsbereich er hat oder wie viel Rente in Frankreich gezahlt wird, wird bei uns ebenso fündig. Nicht zuletzt verstehen wir uns auch als unabhängige Informationsquelle für Journalisten. Sie können unsere Daten nutzen und haben oft gleichzeitig auch noch unsere Grafiken zur Illustration dabei. Das sind auch für uns wichtige Multiplikatoren, denn so erreichen unsere Daten noch viel mehr Menschen. i n terv i ew : al ess a w en d l an d

DICE Die Database for Institutional Comparisons in Europe (DICE) bietet Datensätze zu den institutionellen Regulierungen in der Europäischen Union und ihren Beitrittskandidaten, den BRIC-Staaten und den großen OECD-Mitgliedern. Derzeit bietet DICE über 2.200 vergleichende Einträge zu den Themenbereichen Arbeitsmarkt, Bildung, Energie, Finanzmärkte, Gesundheitspolitik, Innovation, Migration, Öffentlicher Sektor (Haushalt, Steuern, Schulden), Sozialpolitik, Umweltschutz, Wettbewerbspolitik sowie Wertvorstellungen der Bevölkerung. www.cesifo-group.de/de/ifoHome/facts/DICE.html

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Die Evolution der Rasierklinge

Aktuelle Ausstellungen

der Leibniz-Gemeinschaft

Razorius gilletus verhält sich wie ein Putzerfisch. Fast symbiotisch erhält er für die Dienstleistung der Körperpflege seines Wirtstiers ein sicheres Auskommen. Nur ist Razorius gilletus kein Lebewesen, sondern ein Mehrklingen-Nassrasierer. Seit 1971 hat er eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen und seine Rasureigenschaften optimiert, so dass seine Schöpfer durch den Nachkauf der Wechselklingen kontinuierliche Einnahmen haben. Robin Bergmanns Kunstobjekt veranschaulicht, dass sich technische Entwicklungen oft in Prozessen abspielen, die denen der natürlichen Evolution sehr ähnlich sind. Mensch, Natur und Technik sind heute so verwoben, dass inzwischen vom neuen Erdzeitalter des Anthropozäns ge-

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Zwischen Venus und Luther bis 22.5.2016 Germanisches National­ museum, Nürnberg

Lucas Cranach malte die „Stars“ seiner Zeit: Neben zahlreichen Bildern von Kurfürsten des sächs­ ischen Hofs fertigte er auch Portraits der Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon an. Mit ihm wurden Bilder zum Massenmedium, zum Werbemittel und zum Medium der Verführung. Das Germanische Nationalmuseum beleuchtet nun einige seiner Gemälde sowie selten gezeigte Druckgrafiken und Zeichnungen aus einer modernen Perspektive. Es zeigt damit den entscheidenden Beitrag Cranachs zu einem neuen, frühneuzeitlichen und modernen Bildbegriff.

„Stammbaum des Mehrklingenrasierers“

sprochen wird. Das Deutsche Museum in München widmet dem Thema jetzt weltweit erstmalig eine eigene Ausstellung. Mit 1.500 Quadratmetern füllt die Schau ziemlich genau die Fläche, die jeder Erdbewohner zur Verfügung hat – im Durchschnitt. Hinter einer Technikwand mit zwölf ausgewählten Objektgrup-

pen aus der Sammlung des Museums – vom indoeuropäischen Telegrafensystem von 1867 bis zum 1984er Apple Macintosh Plus-PC mit einem Megabyte Arbeitsspeicher reichen die Exponate. Die

Transsib — ein Jahrhundertprojekt auf Schienen bis 30.8.2015

Naturfotografien von Miłosz Kowalewski 4.7. bis 20.9.2015

Einmal von Moskau nach Wladiwostok mit der Transsibirischen Eisenbahn: Eine Reise der Superlative durch mehr als 400 Bahnhöfe, sieben Zeitzonen und zwei Kontinente. Das Deutsche Museum widmet sich in einer Sonderausstellung der Geschichte der Bahn, die die längste Zugstrecke der Welt abfährt. Von Hindernissen beim Bau über die Menschen, die mit der Transsib unterwegs sind, bis hin zu Portraits der Landstriche entlang der Strecke nimmt die Ausstellung seine Besucher mit auf eine Reise durch das größte Land der Erde, einmal von ­Europa nach Asien und zurück.

Eine grün-weiße Schellente taucht blitzartig aus dem Wasser auf, ein Uhu blickt erschrocken in die Kamera: Inmitten ihres natürlichen Lebensraums hat der Naturfotograf und Ornithologe Miłosz Kowalewski Vögel verschiedenster Art, Größe und Farbe im Bild festgehalten. Mal mitten im Flug, mal bei der Suche nach Futter, mal, so scheint es, beim Posieren vor der Kamera. Das Senckenberg Museum für Naturkunde zeigt die faszinierenden Vogelbilder noch bis Ende September.

Deutsches Museum, München

Senckenberg Museum für Naturkunde, Görlitz

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Fotos: Next Nature Networks; GNM; DM; Miłosz Kowalewski; SGN; RGZM; Wolfhard Scheer/DSM

Ausstellung gliedert das abstrakte Konzept des Anthropozäns in sechs konkrete Themenbereiche: Urbanität und Ressourcen, Mobilität, Mensch und Maschine, Natur, Ernährung sowie Evolution. Die Ausstellung beschreibt ein Phänomen, das voll im Gange ist und kontrovers diskutiert wird. Schließlich sind sich die Wissenschaftler weltweit noch nicht einmal einig, wann das neue Erdzeitalter begonnen hat. Die Vorschläge reichen zurück zur industriellen Revolution oder gar zum Anfang des 17. Jahrhunderts. Helmuth Trischlers Vorschlag wären die 1950er Jahre: „Mit dem Zünden von Atombomben hat der Mensch radioaktive Elemente freigesetzt, die noch in Millionen Jahren zu finden sein werden. Spätestens damit hat der Mensch fast unauslöschliche Spuren auf unserem Planeten hinterlassen und ist mit der so genannten ,Großen Beschleunigung‘ zum geologischen Faktor geworden.“ Trischler leitet die

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Forschungsabteilung am Deutschen Museum und hat die Ausstellung zusammen mit Nina Möllers, Reinhold Leinfelder und Christian Schwägerl konzipiert. An einem Leibniz-Forschungsmuseum präsentiert die Ausstellung nicht nur Forschungsergebnisse Dritter, sondern ist integraler Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit am Deutschen Museum: Große Teile der Schau sind Ergebnisse des Rachel Carson Centers for Environment and Society, des größten geisteswissenschaftlichen Projekts in Deutschland, welches das Deutsche Museum gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität ins Leben gerufen hat. „Wir haben in München damit die weltweite Themenführerschaft im Bereich der Environmental Humanities übernommen“, sagt Helmuth Trischler. Gerade weil die Debatte um das Anthropozän als Konzept, das Verhältnis von Umwelt und Gesellschaft neu zu denken, so intensiv geführt wird,

365 Augen — Blicke des Lebens 30.7. bis 31.10.2015

Vulkanpark Osteifel Dauerausstellung

Senckenberg Naturmuseum, Frankfurt

Erlebnispark des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Plaidt

Ich schau Dir in die Augen, Kleines! Unter diesem Motto hat die Künstlerin Meune Lehmann Geckos, Vögeln, Krokodilen und Spinnen ganz genau vor die Linse genommen und ihre Eindrücke mit Acryl auf der Leinwand festgehalten. Entstanden sind daraus 365 Bilder von animalischen Augen verschiedenster Arten, die die fantastische Vielfalt der Tierwelt zeigen. Einen Augenblick für jeden Tag des Jahres – von Ende Juli an zu sehen im Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main.

Eine Ausstellung in freier Natur: Auf verschlungenen Pfaden vorbei an sprudelnden Bächen geht es in diesem besonderen Park hoch hinaus bis zu einem echten Vulkankegel. Besucher erleben hautnah eine einmalige Landschaft mit wissenschaftlichen Erläuterungen. Deshalb hat das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz den Vulkanpark im Landkreis Mayen-Koblenz auch als „außerschulischen Lernort“ ausgezeichnet.

hat er eine klare Vorstellung, was die Besucher mit nach Hause nehmen sollen: „Das Anthropozän ist da, und wir sind ein Teil davon – die Menschheit und jeder einzelne für sich trägt eine Verantwortung dafür, wie wir in Zukunft leben werden.“ Dabei sind Innovationen und Erfindungsgeist gefragt, denn, so sagt Helmuth Trischler, „als Technikmuseum wollen wir zeigen, dass die Technik zwar die Ursache für das Anthropozän war, wir aber ohne wissenschaftlich-technische Kreativität nicht mit den sich daraus ergebenen Problemen fertig werden können.“ c h r i stoph h er bort - v on l oeper

Wir verlosen drei Exemplare des Aus­ stellungskatalogs. 3 S. 50 Eine Buchvorstellung der Comic-Anthologie „Anthropozän — 30 Meilensteine auf dem Weg in ein neues Erdzeitalter“ finden Sie auf Seite 51.

Willkommen im Anthropozän — Unsere Verantwortung für die Zukunft der Erde bis 31. Januar 2016 Deutsches Museum Museumsinsel 1, 80538 München Öffnungszeiten: täglich von 9-17 h www.deutsches-museum.de www.carsoncenter.uni-muenchen.de

„…durch der Stürme böses Wetter…“ seit 29.5.2015 

Deutsches Schiffahrtsmuseum, Bremerhaven

Mehr Sonderausstellungen unserer Forschungsmuseen finden Sie online: www.leibnizgemeinschaft.de/ institute-museen/ forschungsmuseen/ leibniz-museenaktuell/

Egal, ob es regnet, stürmt oder schneit – wenn es heißt: „Mann über Bord!“, dann rückt die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger aus, um Menschenleben zu retten, und das seit mittlerweile 150 Jahren. Zu diesem Jubiläum hat das Deutsche Schiffahrtsmuseum seine Ausstellung zur Seenotrettung grundlegend überarbeitet. Diese präsentiert anhand von bisher noch nicht gezeigten Exponaten technische Entwicklungen, thematisiert aber auch, wie die Seenotrettung zu verschiedenen Zeiten in der Gesellschaft wahrgenommen wurde. 47

LEIBNIZ | LIFE

Premiere für „Leibniz debattiert“ Zum Auftakt des neuen Veranstaltungsformats „Leibniz debattiert“ haben der Philosoph und Autor Richard David Precht und der Präsident des ifo-Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Hans Werner Sinn, Ende Juni über die „Europäische Gemeinschaft zwischen Eigenverantwortung und Solidarität“ diskutiert. Eine Zusammenfassung und die gesamte Debatte sind online zu sehen: www.leibniz-gemeinschaft.de/medien/mediathek

Laudator Uwe Thomas, Klaus Brandenburg, René Bussiahn und Stephan Krafczyk (Coldplasmatech), Leibniz-Präsident Matthias Kleiner (v.links).

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Die Ausgründungsvorhaben „Bran­den­burg Antiinfectiva GmbH“ aus dem Forschungszentrum Borstel ‑ Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften und „Coldplasmatech“ des Leibniz-Instituts für Plasmaforschung und Technologie in Greifswald sind mit dem Leibniz-Gründerpreis ausgezeichnet worden. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis soll Start-ups durch externe Beratung bei Markteintritt, Finanzierung und Marketing unterstützen. „Brandenburg Antiinfectiva“ hat ein vielversprechendes Medikament gegen Blutvergiftung (Sepsis) entwickelt. Aspidasept® basiert auf einer künstlichen Eiweißverbindung, die den Auslöser einer Sepsis, ein bakterielles Endotoxin, inaktiviert. In Tierversuchen zeigte das Medikament bereits gute Schutzwirkungen. Wegen zahlreicher Fehlschläge haben sich die großen Pharmafirmen weitgehend aus der Entwicklung von SepsisWirkstoffen ­ zurückgezogen. Hier

bietet Aspidasept® einen neuen Ansatz, der schon bald in die ­erste klinische Testphase eintreten www.antiinfektiva.com könnte. k  Die Geschäftsidee von „Coldplasmatech“ ist ein plasmaphysikalisches Medizinprodukt zur Behandlung großflächiger chronischer Wunden, die derzeit nicht oder nur schlecht therapierbar sind. Krankheitsbilder wie das diabetische Fußsyndrom, Druckgeschwüre (Dekubitus) oder Pilz­erkrankungen bedeuten für Millio­nen meist ältere Menschen eine massive Beeinträchtigung der Lebensqualität. Die innovative Wundtherapie geschieht durch eine aktive Wundauflage, ein sogenanntes Plasma-Patch, mit der durch eine Steuerungseinheit (Plasma-Cube) ein kaltes Plasma auf die Wunde aufgebracht wird. Das Plasma aktiviert dabei die Zellregeneration, desinfiziert die Wunde und tötet multiresistente Keime ab. k  www.coldplasmatech.de

Neue Sprecher

Zwei Gremien der Leibniz-Gemeinschaft haben neue Sprecher. Die Sektion „Lebenswissenschaften“ leitet künftig Andreas Rad­ bruch, wissenschaftlicher Direktor des Deutschen RheumaForschungszentrums Berlin. Sein Vorgänger Heribert Hofer, Direktor des LeibnizInstituts für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin, fungiert künftig als stellvertretender Sektionssprecher. Dem Interdisziplinä-

ren Verbund wissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen von 18 LeibnizEinrichtungen, die in erheblichem Umfang wissenschaftliche Infrastrukturaufga-

ben wahrnehmen, steht jetzt Klaus Tochtermann vor. Er ist Direktor der ZBW – Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften ‑ LeibnizInformationszentrum Wirtschaft in Kiel und Hamburg.

28 Projekte im Leibniz-Wett­ bewerb 2015

Die Leibniz-­ Gemeinschaft fördert in ihrem internen Leibniz-Wettbewerb 2015 insgesamt 28 Forschungsvorhaben von Leibniz-Instituten mit einer Gesamtsumme von rund 26,2 Millionen Euro. Die Projekte laufen in der Regel drei Jahre und unterstützen zentrale forschungspolitische Ziele von Bund und Ländern aus dem Pakt für Forschung und Innovation. Bereits im Verlauf des ersten Halbjahrs 2015 haben die Arbeiten an diesen Forschungsvorhaben begonnen, die die ganze disziplinäre Breite der LeibnizForschung widerspiegeln. www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/ leibniz-wettbewerb/ gefoerderte-vorhaben/

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Fotos: Oliver Lang (2); Sabine Gudath/DRFZ; Pepe Lange/ZBW

Leibniz-Gründerpreis für zwei Medizin-Start-ups

LEIBNIZ | LIFE

Fotos: Birgit Handke/Deutscher Pavillon Expo Milano; WZB; Uwe H Friese/Wikimedia Commons – CC BY-SA 3.0; Landeshauptstadt Mainz; Bettina Brand/FZB; Oßwald/ZFMK; R. Arlt/AIP; LZI

Leibniz auf der EXPO

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Noch bis zum 31. Oktober präsentieren drei Institute der LeibnizGemeinschaft Forschungsprojekte mit innovativen Ansätzen zur effi­zienteren und nachhaltigeren Nahrungsmittelproduktion auf der Weltausstellung EXPO 2015 in Mailand. Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung aus Müncheberg (Mark), das LeibnizInstitut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung aus Gatersleben und das LeibnizInstitut für Gewässerökologie und Binnenfischerei aus Berlin sind drei von sieben Forschungspartnern der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Pavillon auf der EXPO, die unter dem Titel „Fields of Ideas“ Deutschland als fruchtbare Landschaft mit Ideen für die Ernährung der Zukunft vorstellt. Die Leibniz-Institute zeigen das System „Tomatenfisch“ zur kom­binierten Fisch- und Gemüsezucht, Informationen zum Boden als ebenso vielfältige wie entscheidende Grundlage für Ernährungssicherheit und Bioökonomie sowie die Ex-situ-Genbank für landwirtschaftliche und gartenbauliche Kulturpflanzen. www.expo2015-germany.de

Griechenland und Ukraine interessieren am meisten

119 Mitglieder des Deutschen Bun­destages aller Fraktionen haben an der Aktion „Leibniz im Bundestag 2015“ teilgenommen. Sie verabredeten sich zu 207 Ein­ zelgesprächen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Leibniz-Instituten zu deren jeweiligen Forschungsthemen. Zur Auswahl standen 251 Themen, die 198 Forscher aus 50 Instituten angeboten hatten. Spitzenreiter mit insgesamt 35 vereinbarten Gesprächen war das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin. „Bestseller“ bei den Ein­zelthemen waren „Ende der Illu­sionen in der Osteuropapolitik? Lösungsstrate­ gien in der Ukraine‐Russland‐­Krise“ vom Herder-Institut für histo­ rische Ostmitteleuropaforschung in M ­ arburg und „Wie teuer kommt uns ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro (GREXIT)?“ vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel.

Liste

Genauso spannend wie die Forschung unserer Institute ist oft auch ihr Sitz: Viele Leibniz-Wissenschaftler arbeiten in historischen Bauwerken, an Schauplätzen der deutschen Politik oder in Gebäuden moderner Architektur. Diese Auswahl präsentiert einige der interessantesten Institutssitze.

Alte und neue Architektur integriert der Sitz des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Der 1894 errichtete Altbau im Stil der Neorenaissance beherbergte bis 1945 das Reichsversicherungsamt, die oberste Behörde der Sozialversicherung. 1988 wurde das Gebäude vom britischen Architektenbüro James Stirling, Michael Wilford and Associates rundum erneuert und um einen Komplex postmoderner Anbauten erweitert. Im Deutschen Schiffahrtsmuseum — Leibniz-Institut für deutsche Schifffahrtsgeschichte in Bremerhaven (DSM) fühlen sich die Besucher gleich wie an Bord eines echten Dampfers. Relingartige Brüstungen und deckähnlich aufgebaute Etagen verbinden maritimes Flair mit wissenschaftlicher Arbeit. Als Vertreter der organischen Bauweise hat der Architekt Hans Scharoun das Museumsgebäude so konstruiert, dass es scheinbar parallel zum Lauf der Weser fährt.

Wo heute das Mainzer Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG) untergebracht ist, wurde früher Theologie und Philosophie gelehrt. Das barocke Universitätsgebäude mit seinen markanten Dachreitern war Heimat und Arbeitsort zahlreicher Studenten, bis die Fakultät unter Napoleon geschlossen und das Gebäude als Kaserne genutzt wurde. Im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt, wurde die „Domus Universitatis“ 1952 wieder aufgebaut und beherbergt seitdem das IEG. Das Herrenhaus Borstel, Sitz des Forschungszentrums Borstel — Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften (FZB), präsentiert einen interessanten Mix aus barocker Front und Dekorationen des Rokoko, der in der ländlichen Region SchleswigHolsteins selten anzutreffen sind. Das 1751 vollendete Gebäude diente ab 1930 als Kindererholungsheim und nach 1945 als Flüchtlingslager, bis es 1947 in den Besitz des FZB überging. Im Zoologischen Forschungsmuseum Alexander König und heutigem Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere in Bonn (ZFMK) wurde Geschichte geschrieben: Nach seiner Wahl im September 1949 richtete sich Bundeskanzler Konrad Adenauer sein Arbeitszimmer in der Museumsbibliothek ein und hielt im Hörsaal Kabinettssitzungen ab. Zwei Monate später zog er allerdings weiter ins Palais Schaumburg. Bis 1957 hatte aber unter anderem das Auswärtige Amt seine Büros im Museumsgebäude. Ein Beispiel, wie sich Architektur und Wissenschaft miteinander verknüpfen lassen, ist der heute unter Denkmalschutz stehende Einsteinturm des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP). Als Sonnenobservatorium bereits vor über 90 Jahren erbaut, wurde hier Einsteins Relativitätstheorie praktisch untersucht. Gleichzeitig konnte der Architekt Erich Mendelsohn seine Vorstellungen, mit Stahl und Beton zu arbeiten, verwirklichen und ein organisches Kunstwerk schaffen. Erbaut als fürstlicher Familiensitz im 18. Jahrhundert, ging das Schloss Dagstuhl im Saarland nach der Revolution in den Besitz der französischen Adelsfamilie Lasalle von Louisenthal über und wurde zum gesellschaftlichen und kulturellen Mittelpunkt der Region. Als 1959 der letzte Vertreter der Familie Lasalle das Anwesen verlässt, wird es zu einem Altersheim umgewidmet und 1989 Sitz des Leibniz-Zentrums für Informatik (LZI). 49

LEIBNIZ | LIFE Grünes Licht für zehn Institute

Leipzig. Beim LeibnizInstitut für Wirtschaftsforschung Halle sollen die Ergebnisse des dort derzeit laufenden Reformprozesses sowie die wissenschaftlichen Leistungen in vier Jahren überprüft werden.

Zehn Einrichtungen der LeibnizGemeinschaft werden weiterhin gefördert. Das hat der Senat der Leibniz-Gemeinschaft im März und Juli nach Abschluss der regelmäßigen Evaluierung Bund und Ländern empfohlen. Für die maximal mögliche Dauer von sieben Jahren bis zur nächsten Evaluierung erhielten grünes Licht: das Ferdinand-BraunInstitut ‑ LeibnizInstitut für Höchstfrequenztechnik in Berlin, das LeibnizInstitut für Plasmaforschung und Technologie in Greifswald, das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg, das Leibniz-Institut für ­Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden, das PotsdamInstitut für Klimafolgenforschung, das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-KnöllInstitut in Jena, das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg, die Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie in Freising sowie das Leibniz-Institut für Länderkunde in

Verlosung 3 Exemplare des Begleitbandes zur Ausstellung im Deutschen ­ Museum „Willkommen im Anthropozän. Unsere Verantwortung für die Zukunft der Erde“ von Helmuth Trischler, Nina Möllers und Christian Schwägerl (Hrsg.) (3 Bericht zur Sonderausstellung „Willkommen im Anthropozän“ auf S. 46/47) Stichwort: „Anthropozän“

www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/ evaluierung/

Diplomatie auf Zeit für Wissenschaftsmanager Das Auswärtige Amt und die Leibniz-­ Gemeinschaft setzen ihr gemeinsames Hospitationsprogramm für leitende Wissenschaftsmanager aus LeibnizInstituten in deutschen Auslandsvertretungen fort. Das Programm richtet sich an Personen mit Leitungsaufgaben in Administration, wissenschaftlichen Stabsbereichen oder Öffentlichkeitsarbeit von Leibniz-Instituten und findet in der Regel in Wissenschaftsabteilungen deutscher Auslandsvertretungen oder in Ständigen Vertretungen bei UN-Organisationen statt, die ähnliche thematische Tätigkeitsfelder haben wie LeibnizInstitute, wie zum Beispiel die UNESCO, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder das Welternährungs­ programm (WFP).

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5 Exemplare des Buches „Ruder„Sport“ im Altertum. Facetten von Wettkampf, Spiel und Spektakel“ von Ronald Bockius (3 siehe Buchvorstellung auf S. 51). Stichwort: „Rudern“

Teilnahme unter Nennung von Stichwort, Name und Postanschrift per E-Mail an: [email protected] Einsendeschluss: 4. September 2015 Die Gewinner erklären sich im Falle des Gewinns mit der Nennung ihres Namens und Herkunftsortes im nächsten Leibniz-Journal einverstanden.

Die Gewinner der Verlosungen aus dem Heft 1/2015: Jeweils ein Exemplar des Buches „Zwischen Kulturgeschichte und Politik. Das Germanische Nationalmuseum in der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus“ geht an Dr. Christoph Feiner aus Tuttlingen, Dr. Ernst Ritter aus Berlin und Jan-Philipp Hentzschel aus Heidelberg. Eine Familien-Eintrittskarte für das Museum für Naturkunde Berlin erhalten Kerstin Sommer aus Eichwalde, Dr. ­Christian Troll aus Altenmarkt, Rolf Haberstroh aus Berlin, Dr. Volker B. Fiedler aus Berlin und Gerhard ­ Lein aus ­Hamburg.

Aktuelle Forschungsergebnisse aus den Leibniz-Instituten

Eine Vortragsreihe der Leibniz-Gemeinschaft in der Urania Berlin

19.10.2015, 17.30 Uhr Sylvia Necker Institut für Zeitgeschichte München – Berlin (IfZ) Stadt(t)räume im 20. Jahrhundert 2015

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11.11.2015, 17.30 Uhr Weert Canzler Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) Keine Energiewende ohne Verkehrswende – Chancen und Hindernisse einer postfossilen Mobilität 7.12.2015, 17.30 Uhr Rainer Danielzyk Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) Renaissance der Städte – Niedergang ländliche Räume?

Vortrag mit Diskussion/Eintritt frei www.leibniz-gemeinschaft.de/leibniz-lektionen

Veranstaltungsort Urania Berlin An der Urania 17 10787 Berlin

Fotos: DM; RGZM

Leibniz-Lektionen

16.9.2015, 17.30 Uhr Irene Bertschek Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Wirtschaft im Umbruch - wie die Digitalisierung unsere Gesellschaft verändert

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LEIBNIZ | LEKTÜRE

Michael Ohl: Die Kunst der Benennung; 317 Seiten, Matthes & Seitz, Berlin 2015; 29,90 Euro ISBN: 978-3-95757-089-5

Ronald Bockius: Ruder»Sport« im Altertum. Facetten von Wettkampf, Spiel und Spektakel; 95 Seiten, Museum für Antike Schiffahrt des RGZM, Mainz 2013; 18,00 Euro

Fotos: Matthes & Seitz Berlin (2); RGZM; DM

ISBN 978-3-88467-219-8

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Alexandra Hamann, ­Reinhold Leinfelder, Helmuth ­Trischler, Henning ­Wagenbreth (Hrsg.): Anthropozän — 30 Meilen­ steine auf dem Weg in ein neues Erdzeitalter. Eine Comic-Anthologie; 82 Seiten, Deutsches Museum, München 2014; 14,95 Euro ISBN 978-3-940396-45-7

Ein australischer Biologe ermittelte 2009, dass die Zahl der beschriebenen Tierarten weltweit bei 1.424.153 liege. 1.424.153 unterschiedliche Namen sind ein weites Feld, auf dem Naturwissenschaft und Sprache aufeinandertreffen, und eine riesige Fundgrube an Anekdoten und Geschichten, aus der Michael Ohl das Material für sein Buch „Die Kunst der Benennung“ sammelt. Der „sprachinteressierte Biologe“ forscht am Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung in Berlin über Evolutionsbiologie, Systematik und Taxonomie sowie Wissenschaftsgeschichte. Die Benen-

nung der Arten spannt sich nicht nur von den volkstümlichen Namen über Linnés Systematik bis zur modernen Genetik, sie ist auch durchaus emotional. Davon zeugt, dass Adolf Hitler einstmals den Verantwortlichen der Gesellschaft für Säugetierkunde 1942 mit einem Arbeitseinsatz an der Ostfront drohte, nachdem diese neue Namen für Fleder- und Spitzmaus vorgeschlagen hatten, die ja biologisch nicht zu den Mäusen zählen. Hitlers „Argumente“ zogen, die Namen blieben. Ob sich aber „Fleder“ und „Spitzer“ ohne die Intervention wirklich durchgesetzt hätten, wird sich nie klären lassen… c h r i stoph h er bort - v on l oeper

Während die Wissenschaft noch immer nach einer Antwort auf die Frage sucht, wer das Rad erfunden hat, liefert Ronald Bockius Antworten zum Ursprung des Ruders – einem der wichtigsten Fortbewegungsmittel auf dem Wasser. Die ersten Zeugnisse für Ruderantrieb führen in das vor- und frühdynastische Ägypten, als der Nil die rund 1.500 Kilometer lange Hauptverkehrsader war, durch die Ressourcen aus dem Süden erbeutet wurden. Bockius, Leiter des Forschungsbereichs Antike Schifffahrt am Römisch-Germanischen Zentralmuseum – Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie in Mainz, zeichnet detailliert die erstaunlich lange Geschichte des Ruderns

nach, einer der ältesten Disziplinen des Mannschaftssports. Gleichwohl bezeichnet der Historiker den Riemen als „kulturgeschichtlichen Spätzünder“, weil das Paddel im nördlichen Europa bereits zur Mittleren Steinzeit verbreitet war, während die Rudergeräte Riemen und Skull erst im Altertum aufkamen. Das Buch lotst den historisch interessierten Leser in eine Zeit, in der es geruderte Kriegsschiffe mit bis zu 100 Ruderern gab, Wettfahrten und sogar Rudersport. Denn in Ägypten bestanden die Grundlagen, die überhaupt erst an sportliche Betätigungen denken lassen: Wohlstand und Freizeit.

Welche Konsequenzen haben neue Technologien für die Welt von morgen? Dieser Frage geht das im Kontext der Sonderausstellung „Willkommen im Anthropozän“ im Deutschen Museum (siehe Seite 46/47) erschienene Buch anhand von 30 Comics über ­bahnbrechende Erfindungen nach und beschreibt den Weg in die neue geologische Epoche. Die Illustratoren von der Universität der Künste Berlin zeigen, dass der Mensch die Natur bis in ihre tiefsten Strukturen verändert: Weite Landstriche der Erde sind radioaktiv kontaminiert und Plastikpartikel oder Asphaltstücke werden zu wesentlichen Bestandteilen geologischer Gesteinsschichten. Gleichzeitig sind Kernenergie und Plastikverpackungen aus unserem Alltag kaum wegzudenken. Dass neue Technologien Pro-

zesse um ein Vielfaches erleichtern, sich allerdings auch als Problem für Umwelt und Gesellschaft entpuppen können, machen die Comics und die erklärenden Texte deutlich. Ohne den Zeigefinger zu erheben, vermitteln die Bilder der jungen Künstler, die selbst im Anthropozän aufwachsen und von den globalen Veränderungen wie dem Klimawandel oder der Digitalisierung direkt betroffen sind, zwischen dem Wissenschaftsanspruch der Ausstellungskuratoren und ihren Besuchern. Was auf den ersten Blick aussieht wie ein Helden-Comic für Kinder, ist ein anspruchsvolles und gleichsam unterhaltsames Buch, das die Fragen nach der Zukunft stellt, indem es die Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart in unkonventioneller Weise analysiert.

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N L EA ICBHNRI Z I C |H TLEENU T E

Wissenskulturen und Glaubenssysteme am Äquator Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge hat im Mai eine Professur in der Abteilung ­ Sozialwissenschaften des Leibniz-­ Zentrums für Marine Tropenökologie angetreten und leitet dort nun die Arbeitsgruppe Entwicklungs- und Wissenssoziologie. Die Soziologin untersucht,

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Der Europäische Forschungsrat (ERC) hat Prof. Dr. Matthias Beller, Direktor am LeibnizInstitut für Katalyse (LIKAT) und Vize-Präsident der LeibnizGemeinschaft mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet. Dieser ist mit etwa 2,5 Millionen Euro dotiert und gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen für Wissenschaftler in Europa. Als Chemiker beschäftigt sich Matthias Beller seit Jahren mit einer der Schlüsseltechnologien des neuen Jahrtausends, der Katalyse. In seinem vom ERC geförderten Projekt geht es darum, besser verfügbare Nicht-EdelmetallKatalysatoren für chemische

Prozesse zu entwickeln. Ziel ist es, die heute vielfach als zen­ trale Katalysatoren-Bausteine verwendeten Edelmetalle wie Palladium und Rhodium durch einfachere und kostengünstigere Systeme auf Basis von Eisen, Cobalt und Mangan zu ersetzen. Der ERC Advanced Grant ist die erste Auszeichnung dieser Art für einen Wissenschaftler in Mecklenburg-Vorpommern. Matthias Beller erhielt außerdem unlängst den WöhlerPreis für Nachhaltige Chemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker sowie den Französisch-Deutschen Victor Grignard – Georg Wittig Preis der französischen Gesellschaft für Chemie.

wie unterschied­ liche Wissenskulturen und Glaubenssysteme von Küstenbewohnern entlang des Äquators mit dem zunehmenden Umweltwandel und den soziopolitischen Veränderungen umgehen. Die Professur erfolgt in Kooperation mit der Universität Bremen.

Prof. Dr. Beatrix Beisner ist mit dem Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung ausgezeichnet worden. Beisner wird als Preisträgerin voraussichtlich 2017 für einen Forschungsaufenthalt an das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) kommen und dort in der Abteilung für Experimentelle Limnologie der Frage nachgehen, wie sich die Schichtung von Seen auf das Fressverhalten des Zooplanktons auswirkt. Derzeit lehrt und forscht sie an der Universität Québec in Montreal.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat Dr. Thorsten Schnurbusch vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben ein Heisenberg-Stipendium verliehen. Mit dem Stipendium wird der Leiter der Arbeitsgruppe Pflanzliche Baupläne seine Weizen- und Gersten­ forschung weiter ­vorantreiben und sich dabei speziell auf die Aufklärung der entwicklungsgenetischen Hintergründe der Architektur von Weizen- und Gerstenähren konzentrieren.

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LEIBNIZ | LEUTE

enden, sogenannten Telomeren, auf die Krebsentstehung und den Alterungsprozess.

Fotos: ZMT; LIKAT; privat; Roland Schnee/IPK; DFG; privat; IHP; privat; Sven Elger; Erich Dichiser/ZEW; ZALF

Prof. Dr. K. Lenhard Rudolph, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Altersforschung – Fritz-LipmannInstitut in Jena (FLI), ist für seine Arbeit in der Krebsforschung mit dem Deutschen Krebspreis in der Kategorie „Experimentelle Forschung“ ausgezeichnet worden. Rudolph beschäftigt sich mit dem Einfluss von Chromosomen­

Prof. Dr. Wolfgang Mehr, ehemaliger wissenschaftlich-technischer Geschäftsführer des Leibniz-Instituts für innovative Mikroelektronik (IHP) in Frankfurt (Oder), ist im Alter von 66 Jahren gestorben. Wolfgang Mehr arbeitete nach seiner Ingenieur-Promotion an der Akademie der Wissenschaften in Berlin Adlershof. 1989 kam er als wissenschaftlicher Mitarbeiter ans IHP, das er von 2002 bis zu seinem krankheitsbedingten Ausscheiden 2014 leitete. In seiner Amtszeit verantwortete Wolfgang Mehr die erfolgreiche Neupositionierung des Instituts zu einem international anerkannten Kompetenzzentrum für siliziumbasierte Systeme, HöchstfrequenzSchaltungen und Technologien für die drahtlose und die Breitbandkommu­ nikation.

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Seit April ist Dr. Doreen Kirmse Kaufmännische Direktorin des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW). Dort leitet sie die Bereiche Administration und Forschungstechnik und ist Vorstandsmitglied.

Die Chemikerin Prof. Dr. ­Dorothea Fiedler wird ab Juli gemeinsam mit Prof. Dr. V­olker Haucke als Direktorin das Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin leiten. Dort wird sie sich der Forschung an Molekülen widmen, die eine wichtige Rolle im intrazellulären Energiestoffwechsel spielen könnten und bisher kaum untersucht sind. Fiedler promovierte an der University of California in Berkeley und arbeitete seit 2010 an der Princeton University. Für ihre Forschung an anorganischen Phosphorverbindungen, die das Krebswachstum beeinflussen, wurde sie unter anderem mit einem Förder-Grant der Sidney Kimmel Foundation für Krebsforschung in Höhe von 200.000 US-Dollar ausgezeichnet.

Seit Anfang März ist Prof. Dr. h.c. Rolf Pfrengle Administrativer Direktor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt am Main (SGN). Dort leitet er als Verantwortlicher für IT, Datenschutz und Bauangelegenheiten unter anderem die Neustrukturierung der Verwaltung und die Einführung von SAP. Zuvor war Rolf Pfrengle kaufmännischer Direktor im Vorstand des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW) und Präsidiumsbeauftragter für die duale Ausbildung in der Leibniz-­Gemeinschaft. Leibniz-interner Wechsel: Prof. Dr. Clemens Fuest wird zum 1. April 2016 Nachfolger von Prof. Dr. Hans-Werner Sinn als

Präsident des ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München. Clemens Fuest ist derzeit Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, das ebenfalls zur Leibniz-Gemeinschaft gehört. Bevor Fuest 2013 ans ZEW kam, war er Professor für Unternehmensbesteuerung an der Universität Oxford und Forschungsdirektor des dortigen Centre for Business Taxation. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf den Gebieten der Internationalen Steuerpolitik und der Staatsfinanzen. ­Aktuell befasst er sich vor allem

mit der Schuldenkrise im Euroraum, dem internationalen Steuerwettbewerb, der Bedeutung der Globalisierung und der europäischen Integration unter dem Aspekt der Steuerpolitik sowie den Auswirkungen der Besteuerung auf Unternehmensentscheidungen.

Prof. Dr. Sonoko D. Bellingrath-Kimura leitet seit April das Institut für Landnutzungssysteme am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg (ZALF). Dort erforscht die Agronomin die Komplexität des Agrarökosystems. Zuletzt lehrte die gebürtige Japanerin an der Tokyo University of Agriculture and Technology am Department of International Environmental and Agricultural Science. Sie ist spezialisiert auf die Interaktionen von Boden und Pflanze unter besonderer Betrachtung der Stickstoff- und Kohlenstoffflüsse.

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LEIBNIZ | LEUTE

der bisherige stellvertretende Direktor Prof. Dr. Eckhardt Fuchs die Leitung des GEI übernehmen. In Washington wird die Historikerin zu den Forschungsschwerpunkten „History of Knowledge“ und „Digital History“ arbeiten.

den Gründer des Teilinstituts, Prof. Dr. Ludwig Schultz, ab. In einem gemeinsamen Berufungsverfahren wurde er gleichzeitig auf die Professur für Metallische Werkstoffe und Metallphysik an der Technischen Universität Dresden berufen.

Die ­Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Laura De Laporte hat für ihr Projekt ANISOGEL den mit 1,5 Millionen Euro dotierten ­Starting Grant des Europäischen Forschungsrats ERC erhalten. Am DWI — Leibniz-Institut für Interaktive Materialien in Aachen entwickelt die Wissenschaftlerin ein injizierbares Hydrogel zur Anwendung bei der minimalinvasiven Therapie für Verletzungen des Rückenmarks. Mit dem Grant wird ihre Forschung für die kommenden fünf Jahre unterstützt.

Prof. Dr. Ulrich Bathmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW), ist von der Mitgliederversammlung des Konsortiums Deutsche Meeres­forschung (KDM) zum neuen Vorsitzenden gewählt worden.

Prof. Dr. Christof Wolf ist seit dem 1. Juni 2015 kommissarischer Präsident von GESIS-LeibnizInstitut für Sozialwissenschaften. Der Soziologe ist seit 2004 Leiter der Abteilung Dauerbeobachtung

Prof. Dr. Kornelius Nielsch hat im April die Leitung des Instituts für Metallische Werkstoffe im Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW) übernommen und löst damit in dieser Position

der Gesellschaft und war seit Dezember 2009 Vize-Präsident des Instituts. Christof Wolf ist Lehrstuhlinhaber für Sozial­ strukturanalyse an der Universität Mannheim.

Dem ehemaligen Präsidenten der LeibnizGemeinschaft, Prof. Dr. Karl Ulrich Mayer, ist die Ehrensenatorenwürde der Universität Tübingen verliehen worden. Die Universität zeichnete den Soziologen unter anderem für sein Engagement in der kooperativen ­Verbundforschung der Universität Tübingen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen aus, etwa im Rahmen des ersten Leibniz-WissenschaftsCampus in Tübingen.

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Arbeiten bei Leibniz Die 89 Institute der Leibniz-Gemeinschaft beschäftigen 17.500 Mitarbeiter, darunter 3.500 Doktorandinnen und Doktoranden und zahlreiche Auszubildende.

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Fotos: GEI/David Ausserhofer (2); Elfriede Liebenow Emo; DWI; IOW; GESIS; Cordia Schlegelmilch

Die Direktorin des Georg-EckertInstituts — Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung (GEI) in Braunschweig, Prof. Dr. Simone Lässig, folgt einem Ruf an das Deutsche Historische Institut in Washington, das sie ab Herbst für fünf Jahre leiten wird. Während ihrer Beurlaubung wird

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