Die Pest - Buch.de

Küfer-Werkstatt sind wichtig für die Kinder Lucien und Albert.3. 1918–. Algier. Besuch der Grundschule, die für die Kinder der Armen nach. 5–6 Jahren endet.
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Königs Erläuterungen und Materialien Band 165

Erläuterungen zu

Albert Camus

Die Pest (La Peste)

von Frauke Frausing Vosshage

Über die Autorin dieser Erläuterung: Frauke Frausing Vosshage, geboren 1941, studierte in Kiel und Paris Romanistik, Anglistik und Psychologie. Dissertation über die Rezeption des amerikanischen Dramas in Frankreich mit besonderer Berücksichtigung von Tennessee Williams A Streetcar named Desire. Weitere unterrichtsbezogene Veröffentlichungen zur amerikanischen, englischen und französischen Literatur. Sie unterrichtet seit über 30 Jahren Englisch und Französisch an einem Lübecker Gymnasium und engagiert sich schon ebenso lange für die interkulturelle Zusammenarbeit und internationale Begegnungen von Jugendlichen und Erwachsenen. Der besondere Einsatz der Mutter von zwei Töchtern gilt schulisch und privat der Unterstützung des Kinderhilfswerkes für Straßenkinder Amanecer in Cochabamba, Bolivien. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung eingescannt oder gespeichert und in ein Netzwerk eingestellt werden. Dies gilt auch für Intranets von Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen. 4. Auflage 2010 ISBN 978-3-8044-1799-1 © 2004 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelabbildung: Albert Camus Druck und Weiterverarbeitung: Tiskárna Akcent, Vimperk

2

Inhalt Vorwort ...............................................................

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Albert Camus: Leben und Werk ........................ Biografie ................................................................ Zeitgeschichtlicher Hintergrund ............................. Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken ........................................

7 7 16

2. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7

Textanalyse und -interpretation ........................ Entstehung und Quellen ........................................ Inhaltsangabe ........................................................ Aufbau .................................................................. Personenkonstellation und Charakteristiken .......... Sachliche und sprachliche Erläuterungen ............... Stil und Sprache ..................................................... Interpretationsansätze ...........................................

30 30 35 48 51 63 67 76

3.

Themen und Aufgaben .......................................

86

4.

Rezeptionsgeschichte ..........................................

91

5.

Materialien ..........................................................

95

1. 1.1 1.2 1.3

20

Literatur .............................................................. 100

3

4

Vorwort

Vorwort Der Autor Albert Camus, der Philosoph des „Absurden“, Literaturnobelpreisträger von 1957, starb 1960 im Alter von sechsundvierzig Jahren bei einem Autounfall. Das Werk, das er hinterließ, gehört längst zur klassischen Literatur. Aber Camus erweist sich gerade heute als aufregend aktuell und glaubwürdig. Dass er, der entschiedene Anwalt des Menschen, auch die dunklen Seiten der Existenz durchleuchtet, konkret formuliert und durch Literatur begreifbar gemacht hat, ist angesichts der Werte- und Orientierungsleere unserer Tage ein Glück, das wir nutzen können. Camus scheute nicht vor Tabus zurück, um klarer sehen und bewusster leben zu können. Er verstand sich als Mensch in der Verantwortung. Die Erwähnung der Pest ist ein Tabu, weil sie an kollektive Ängste rührt und als Synonym für Gefahr, Tod und Chaos steht. Die Pest ist eine überzeugende Metapher für die Gefährdung des Einzelnen und der Gesellschaft, wenn die Ansteckung mit einer lebensgefährlichen Krankheit Beziehungen, Werte und Ordnungen zerstört. Jeder kann Träger der Gefahr sein. Der Ausbruch von Epidemien wie AIDS, SARS u. a. weckt alte Ängste. Wir werden an unsere Verletzlichkeit und die unleugbare Nähe des Todes erinnert. In dem Roman wird die nordafrikanische Handelsstadt Oran von der Pest heimgesucht und in kurzer Zeit verwandelt. Die Katastrophe bringt einige Personen zusammen, die Züge des Autors tragen. Besonders ihnen, aber letztlich uns allen gefährdeten Menschen gilt dieser als Chronik geschriebene Roman. Die Moral und Existenzphilosophie von Albert Camus ist innerweltlich, humanistisch und an den Möglichkeiten des Menschen orientiert. Die Identität von Werk und Autor gibt

Vorwort

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Vorwort seinem vielseitigen, großen Werk eine authentische, nachhaltige Kraft, die inspiriert und stärkt. Diese Erläuterungen richten sich an Schüler, Studenten und Lehrende, die sich mit dem Autor Albert Camus befassen. Drei Kapitel (2.5, 3 und 5) sind für die Interpretation des Originaltextes auf Französisch abgefasst. Die Grundlage meiner Erklärungen und Interpretationen waren die Originalwerke, aber ich habe auch die deutschen Übertragungen herangezogen. Auf Deutsch kann Die Pest gelesen werden in der klassischen Übersetzung von Guido G. Meister und in der aktualisierten Fassung von Uli Aumüller, beide bei Rowohlt. Zitiert wird nach der Aumüller’schen Übersetzung.

6

Vorwort

1.1 Biografie

1.

Albert Camus: Leben und Werk

1.1 Biografie

Jahr

Ort

Ereignis

7. 11. 1913

Mondovi (Algerien)

11. 10. 1914

Marne (Frankreich)

Albert Camus kommt zur Welt in der Nähe von Mondovi, Département Constantine, Frz.Algerien, als zweiter Sohn des Landarbeiters und Verwalters Lucien Camus, einer elsässischen Einwandererfamilie entstammend, und der Catherine Sintès aus einer katalanischen Einwandererfamilie.1 Der Vater wird als „Zouave“ zum Kriegsdienst eingezogen, in der Marneschlacht schwer verwundet und stirbt kurz darauf. Er wird fern der Heimat auf dem Militärfriedhof von SaintBrieuc in der Bretagne beigesetzt.2

Bretagne

1 2

Alter

1

Die Mutter war Analphabetin und sprachbehindert, vermutlich seit einer Kinderkrankheit. Camus wird von dem frühen Tod des Vaters lebenslang verfolgt. In dem frühen Essay Ja und Nein (1934) schreibt er: „Marne, offener Schädel. Blind, eine Woche lang Ringen mit dem Tod ... Er war auf dem Feld der Ehre gefallen, wie man zu sagen pflegt ... das Lazarett hat der Witwe auch noch einen kleinen Granatsplitter geschickt, der in seinem zerfetzten Körper gefunden worden war.“ In: L’Envers et L’Endroit, S. 64.

1. Albert Camus: Leben und Werk

7

1.1 Biografie

Ort

Ereignis

1914

Algier

1918– 1923

Algier

1923– 1930

Algier

1 Die Witwe zieht mit ihren beiden Söhnen um in eine winzige Wohnung des Armenviertels Belcourt, Algier, nahe dem Araberviertel. Sie verdient den Lebensunterhalt als Putzfrau in „besseren“ Vierteln. Die Großmutter beherrscht die Familie. Weitere Familienangehörige, der Onkel Etienne und seine Küfer-Werkstatt sind wichtig für die Kinder Lucien und Albert.3 Besuch der Grundschule, die 5–10 für die Kinder der Armen nach 5–6 Jahren endet. Der Lehrer Louis Germain erkennt die Begabung des Jungen, setzt sich erfolgreich für ein Stipendium am Gymnasium ein.4 Besuch des Gymnasiums. Er ar- 10–17 beitet nebenher in einem Büro, will zeitweilig nicht mehr zurück in die Schule. Er entdeckt seine Leidenschaft für den Fußball (Kameradschaft). Camus spielt in der Fußballmannschaft „Racing Universitaire“.

3 4

8

Alter

Jahr

Camus in Der erste Mensch, S. 310: sagt, dass die Menschen „zusammengehalten wurden durch die blanke Not in einer behinderten und unwissenden Familie.“ Camus setzte dem Lehrer in seiner Nobelpreis-Rede ein Denkmal, worauf dieser ihm in einem bewegenden Brief antwortete. 1. Albert Camus: Leben und Werk

1.1 Biografie

Jahr

Ort

Ereignis

1930

Algier

1931

Algier

1933

Algier

1934

Algier

1935

Algier

Ausbruch der Tuberkulose. Sie führt zu einer Lebenskrise. Er kann lange nicht zur Schule gehen. Er liest Gide, macht das Baccalauréat. Camus erholt sich bei einem wohlhabenden Verwandten, Gustave Arcault, der Metzger und Literaturliebhaber ist. Beginn des Philosophiestudiums, Bekanntschaft mit dem Lehrer Jean Grenier, der ihm zum väterlichen Freund wird. Er heiratet Simone Hié, Tochter eines Arztes. „Eine übereilte Heirat, wie ein zugleich sinnlicher und idealistischer Mann sie schließen kann.“5 Camus arbeitet als Angestellter. Engagement gegen Faschismus. Camus tritt in die kommunistische Partei ein. Scheidung von Simone Hié. Verlässt die kommunistische Partei aus Protest, weil sie sich nicht klar für die arabische Bevölkerung einsetzt. Tourneen mit dem „Théâtre d’Alger“. Gründung des „Théâtre du

5

Alter 17

18

20

21

22

Lebesque, Morvan, S. 21

1. Albert Camus: Leben und Werk

9

1.1 Biografie

Jahr

Ort

1936–37 Algier

10

1937

Algier Reisen nach Italien, Frankreich

1938

Algier

Ereignis

Alter

Travail“. Lektüre von Pascal, Kierkegaard, Malraux. Erneuter Ausbruch der Tuberkulose. Der zweite Lungenflügel ist betroffen. Diplôme d’études supérieures 23–24 de philosophie. Diplomarbeit über die hellenistischen Quellen des Christentums unter besonderer Berücksichtigung von Augustin und Plotin. Camus will nicht mehr Lehrer werden, sondern seine Unabhängigkeit bewahren. Er spielt Theater, übernimmt Hauptrollen in klassischen Stücken. Aus Gesundheitsgründen wird 24 Camus nicht zur Agrégation zugelassen. Vortrag im „Maison de la Culture“ über Anliegen und Ziele der „Nouvelle culture méditerranéenne“; Reisen nach Italien und Südfrankreich, Lektüre von Nietzsche, Spengler, Sorel. Gründung des „Théâtre de L’Equipe“. Camus arbeitet mit Pascal Pia als 25 Journalist beim neu gegründeten „Alger Républicain“, schreibt und engagiert sich gegen die Un-

1. Albert Camus: Leben und Werk