Die Notwendigkeit eines Post Closing Claim Managements

Einleitung. Eine Schiedsvereinbarung ist aus Unterneh mens kauf verträgen, Gesellschaftervereinbarungen oder. JointVentureVerträgen heute kaum ...
476KB Größe 4 Downloads 342 Ansichten
www.ma-review.de

29. Jahrgang

Publikationsorgan

4/2018

Standpunkt Konkurrenz belebt das Geschäft Recht und Steuern Die ICC-Schiedsordnung in M&A-Streitigkeiten Recht und Steuern DIS-Schiedsordnung 2018 – Altbewährtes in neuem Gewand

CK SONDERDRU ung 2018 – DIS-Schiedsordn neuem Gewand Altbewährtes in chavelev Dr. Alexander Sh & ng si El . H d ie Prof. Dr. Siegfr

Recht und Steuern Die Auswahl des Schiedsrichters Recht und Steuern Material-Adverse-Change-Klauseln als beispielhafter Anwendungs­ bereich für beschleunigte Schiedsverfahren Recht und Steuern Post Merger Arbitration – Schiedsverfahren und Fusionskontrolle Strategie Empirische Befunde zur Ausgestaltung und Vertrauenswürdigkeit der Vendor Due Diligence Strategie M&A-Integrationsfähigkeiten dynamisch halten, Pfadabhängigkeit aktiv managen Deal des Monats Geely steigt bei Daimler für über 7 Mrd. EUR ein

Recht und Steuern

Die Notwendigkeit eines Post Closing Claim Managements

REPORT • RECHT UND STEUERN

DIS-Schiedsordnung 2018 – Altbewährtes in neuem Gewand Prof. Dr. Siegfried H. Elsing & Dr. Alexander Shchavelev, Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP

1. Einleitung

2.1 Verfahren sollen effizienter geführt werden

Eine Schiedsvereinbarung ist aus Unterneh­mens­ kauf­v erträgen, Gesellschaftervereinbarungen oder Joint-Venture-Verträgen heute kaum wegzudenken. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist hier nicht nur eine Alternative zu staatlichen Gerichten, sondern hat sie weitgehend verdrängt. Die beteiligten Unternehmen schätzen ins­ besondere die Vertraulichkeit und Flexibilität des Ver­f ahrens, die Kompetenz der Schiedsrichter und die nahezu weltweite Vollstreckbarkeit der Schieds­ sprü­che. Schiedsinstitutionen bieten durch ihre Regel­ werke einen gefestigten Rahmen für einen geordneten und fairen Verfahrensablauf.

Ein Maßnahmenbündel zielt auf die Steigerung der Verfahrenseffizienz ab. Diesem Zweck dient zunächst die Verkürzung von Fristen für die Bildung des Schiedsgerichts. Außerdem muss die Klageerwiderung nunmehr grundsätzlich 45 Tage nach Zustellung der Klage eingereicht werden. Bisher musste die Konsti­ tuierung des Schiedsgerichts abgewartet werden. Neu ist auch die Durchführung einer obligatorischen Ver­ fahrensmanagementkonferenz spätestens 21 Tage nach Konstituierung des Schiedsgerichts. Im Idealfall wird dem Schiedsgericht zu diesem Zeitpunkt je ein Schriftsatz der Parteien vorliegen, sodass das weitere Verfahren besser als bisher strukturiert und optimiert Auch die Schiedsgerichtsbarkeit steht jedoch nicht still. werden kann. Der Verfahrensrahmen wird in einem In den letzten Jahren haben zahlreiche Schiedsinstitu­ Verfahrenskalender festgehalten. tionen ihre Schiedsordnungen reformiert, um den ge­ stiegenen Anforderungen nach erhöhter Transparenz, 2.2 Aktives Konfliktmanagement durch das Effizienz, Qualität und Kostenreduzierung gerecht zu Schiedsgericht werden. Auch die Deutsche Institution für Schieds­ gerichtsbarkeit e.V. (DIS) hat ihre Schiedsordnung nach Aktives Konfliktmanagement und die Förderung einer beinahe 20 Jahren grundlegend überarbeitet. Sie ist einvernehmlichen Vergleichsregelung durch das Gericht am 1. März 2018 in Kraft getreten. Parallel zu der Re­ sind in der deutschen Tradition der Streitbeilegung fest form ihrer Schiedsordnung hat die DIS ein weiteres verankert. Im Revisionsprozess betonten insbesondere Projekt angestoßen, um den Zugang zur reich­haltigen die beteiligten Unternehmensvertreter die Bedeutung Rechtsprechung von Schiedsgerichten zu verbessern einer frühzeitigen Streitbeilegung. Sie führt zu einer Kos­ und das Vertrauen in die Schiedspraxis zu stärken. tenreduzierung und gibt die gebundenen internen Res­ Nachfolgend möchten wir einen kurzen Über­blick über sourcen frei. Ein DIS-Schiedsgericht soll daher auch in die für die M&A-Praxis besonders relevanten Neuerun­ Zukunft eine aktive Rolle bei der Förderung einer einver­ gen geben und das Veröffentlichungspro­jekt der nehmlichen Streitbeilegung spielen, indem es beispiels­ DIS vorstellen. weise seine vorläufige Einschätzung der Rechts­lage mit­ teilt oder Vergleichsvorschläge unterbreitet. Da dies in anderen Rechtskreisen nicht selbstverständlich ist und 2. Die neue DIS-Schiedsordnung 2018 im Einzelfall auch von deutschen Parteien nicht ge­ Die umfangreiche Revision der Schiedsordnung dauer­ wünscht sein mag, wird das Schiedsgericht diese Kom­pe­ te 18 Monate. Besonders wichtig war es der DIS dabei, tenz nicht wahrnehmen, wenn eine Partei wider­spricht. nicht nur Experten aus der Schiedsgerichtsszene, son­ dern auch zahlreiche Unternehmensvertreter in den 2.3 Flexibilität bei der Bildung des Reformprozess einzubinden, um das neue Regelwerk Schiedsgerichts an die aktuellen Bedürfnisse der Nutzer besser anzupas­ sen. Die Verfahren sollen transparenter und effizienter Im Gegensatz zu den meisten anderen Schiedsordnun­ gestaltet und dadurch schneller durchgeführt werden gen sehen die DIS-Regeln weiterhin ein Schiedsgericht können. Bewusst hat die DIS dabei an ihren Marken­ aus drei Schiedsrichtern als Regelfall vor. Die Einfüh­ zeichen festgehalten und ist nicht jedem vermeintlichen rung eines obligatorischen Einzelschiedsrichters für niedrigere Streitwerte (meist bis zu einer Schwelle von Trend gefolgt. 1 EUR bis 2 Mio. EUR) wurde intensiv diskutiert, aber 118

M&A REVIEW 4/2018 • 29. Jahrgang

RECHT UND STEUERN • REPORT zu Recht verworfen. Haben die Parteien in der Schieds­ klau­sel die Schiedsrichterzahl nicht festgelegt, kann jede Partei jedoch neuerdings die Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter beantragen. Das eröffnet Gestal­tungsspielraum und kann in geeigneten Fällen dazu genutzt werden, die Verfahrenskosten zu senken.

Aufklärungspflichten des Verkäufers oder Wissens­ zurechnung) könnten Schiedssprüche aus gleichgela­ gerten Fällen als Erkenntnisquellen für spätere Aus­ einandersetzungen dienen. Das gilt insbesondere für Post-M&A-Streitigkeiten, die fast ausschließlich von Schiedsgerichten entschieden werden und bei denen eine gesicherte Rechtsprechung staatlicher Gerichte so gut wie nicht vorhanden ist. Die Veröffentlichung von 2.4 Mehr Rechtssicherheit für komplexe Schieds­sprüchen würde nicht nur die Schiedsgerichte Fallgestaltungen bei der Streitentscheidung unterstützen. Sie würde Komplexe Fallkonstellationen wie Mehrparteien- und auch helfen, die Entscheidung im konkreten Fall vor­ Mehrvertragsverfahren, der Beitritt zusätzlicher Parteien herseh­barer zu machen. Die Parteien könnten so ihre oder die Verbindung von Schiedsverfahren waren bis­ Rechts­position und Risiken verlässlicher beurteilen. her nur sehr rudimentär geregelt. Das führte in der Praxis zu erheblichen Problemen, beispielsweise im Aufgrund der von den Parteien gewünschten Ver­ Zuge der immer häufiger werdenden Streitigkeiten aus traulichkeit sind Schiedssprüche jedoch mit wenigen Warranty & Indemnity-Versicherungen. Die neue Schieds­ Ausnahmen nicht öffentlich zugänglich. Auch die DIS­ordnung sieht hierzu ausdrückliche Regelungen vor. Das Schiedsordnung sieht sowohl in ihrer früheren als auch wird die praktische Handhabung dieser Fälle erleichtern. in der aktuellen Version eine strenge Opt-in-Lösung vor: Anonymisierte Veröffentlichung ist nur mit Zu­ stimmung aller Parteien möglich. Unter Einhaltung 2.5 Erhöhung der Verfahrensintegrität und dieser strikten Vorgaben hat die DIS parallel zu der -transparenz Reform der Schiedsordnung ein Projekt zur Veröffent­ Mit dem neuen Regelwerk werden schließlich die lichung anonymisierter Schiedssprüche aus Schieds­ Verfahrensintegrität und -transparenz erhöht, indem verfahren, die in den letzten 15 Jahren von der DIS wesentliche administrative Aufgaben vom Schiedsge­ administriert wurden, angestoßen. Die Publikation richt auf die DIS übertragen werden. Dazu gehören un­ sollte sich gesellschaftsrechtlichen Fragen widmen, ins­ ter anderem Entscheidungen über Ablehnung und besondere aus Post-M&A-Streitigkeiten, und durch Amtsenthebung eines Schiedsrichters, die Honorar­ Analysen und Kommentierungen führender Praktiker festsetzung bei vorzeitiger Verfahrensbeendigung und ergänzt werden. Die DIS hat hierzu anonymisierte die Überprüfung von Entscheidungen des Schiedsge­ Zusammenfassungen von über 60 als veröffentlichungs­ richts zum Streitwert, welcher mittelbaren Einfluss auf würdig eingestuften Schiedssprüchen erstellt und den die Schiedsrichterhonorare hat. Dieser Schritt entlastet Parteien mit der Bitte um Zustimmung übersandt. zugleich die Schiedsgerichte und ermöglicht die Kon­ zentration auf ihre eigentliche Aufgabe. Aus unterschiedlichen Gründen konnte bedauerlicher­ weise nur in einer Handvoll der Fälle die Zustimmung aller beteiligten Parteien eingeholt werden. Diese 2.6 Praxisfolgen Schiedssprüche werden bald in einem Sammelband Die neue DIS-Schiedsordnung bietet damit weiterhin ein oder einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlicht im Vergleich zu anderen Institutionen relativ kosten­ werden. In der Zukunft soll die Zustimmung der Parteien günstiges, unbürokratisch administriertes und für par­ zeitnah nach Abschluss eines Schiedsverfahrens ein­ teiautonome Gestaltung offenes Verfahren. Durch die geholt werden, und es bleibt zu hoffen, dass die Par­ Wahl der DIS ist ein hohes Niveau an Vertraulichkeit teien den Mehrwert solcher Veröffentlichung für sichergestellt. Die Übertragung weiterer Aufgaben auf sich erkennen. die DIS führt zu einer moderaten Erhöhung der durch­ schnittlichen Verwaltungsgebühren. Die Schiedsrich­ ter­h onorare bleiben auf dem bisherigen Niveau. Verkürzte Fristen und die Möglichkeit, den Beitrag zur effizienten Verfahrensführung sowohl im Rahmen der Kosten­entscheidung als auch bei der Bemessung der Schiedsrichterhonorare zu berücksichtigen, dürften ei­ nen spürbaren Anreiz für alle Beteiligten darstellen, Verfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Prof. Dr. Siegfried H. Elsing ist Partner der Kanzlei Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP 3. Projekt zur Veröffentlichung von Schieds­ sprüchen aus Post-M&A-Streitigkeiten ­ Angesichts häufiger Verwendung vergleichbarer Klau­ seln (etwa Garantien oder Preisanpassungsmechanismen) und wiederkehrender Rechtsfragen (beispielsweise 29. Jahrgang • M&A REVIEW 4/2018

in Düsseldorf und Honorarprofessor an der juristischen Fakultät der Heinrich-HeineUniversität. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung als Berater, anwaltlicher Vertreter und Schiedsrichter in nationalen und internationalen Gerichts- und Schiedsverfahren. Den Schwerpunkt seiner Tätigkeit bilden insbesondere gesellschaftsrechtliche und Post-M&A-Streitigkeiten, sowie Auseinandersetzungen in den Bereichen Energie, Anlagenbau, Lizenzvergabe und Vertrieb. [email protected] Dr. Alexander Shchavelev ist Associate in der Kanzlei Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP in Düsseldorf. Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehen nationale und internationale Schieds- und Gerichtsverfahren, insbesondere in den Bereichen Post-M&A, Energie und Anlagenbau sowie Verfahren mit Russlandbezug. Außerdem unterstützt er regelmäßig Schiedsgerichte als Administrative Secretary. [email protected]

119