Die Geschichte Badens - Libreka

stanz und Breisach eine Sied lungskontinuität in das frühe Mittel alter. Bei den Städten Laden burg, Pforz heim, Offen burg und anderen Orten ist immerhin eine mittel bare Beziehung zwischen der rö mi schen Be sied lung und der mittelalter- lichen Entwicklung anzunehmen. Wäh rend linksrheinisch die städtische Tradition.
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Wolfgang Hug

Die Geschichte Badens

Der Autor Wolfgang Hug war Professor für Geschichte und ihre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Er ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur badischen und südwestdeutschen Geschichte und Kultur.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in Der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. Der Konrad Theiss Verlag ist ein Imprint der WBG. 2., erweiterte und aktualisierte Auflage © 2016 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die erste Auflage des Werks erschien im Jahr 2006 im Konrad Theiss Verlag, Stuttgart. Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Umschlaggestaltung: Stefan Schmid Design, Stuttgart. Programm-Management THEISS Regionalia: Stefan Brückner, Stuttgart Lektorat: Heide Stieger, Stuttgart/Stefan Brückner, Stuttgart Gestaltung und Satz: Tischewski & Tischewski, Marburg Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8062-3299-8 Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF) 978-3-8062-3314-8 eBook (epub) 978-3-8062-3315-5

Inhalt

Vorwort

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Von den Anfängen bis zum Spätmittelalter

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Von der Wende zur Neuzeit bis ins Jahrhundert der Aufklärung

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Von der Entstehung des Großherzogtums Baden bis zur Hochindustrialisierung

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Vom Ersten Weltkrieg bis zur Südweststaats-Abstimmung

151

Von der Gründung Baden-Württembergs bis ins neue Jahrtausend

201

Zeittafel

216

Literatur zum Weiterlesen

222

Namens- und Ortsregister

226

Vorwort

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Wozu die Geschichte erzählen von einem Land, das als eigener Staat nicht mehr besteht? Baden ist 1952 in einem größeren Ganzen aufgegangen, und dies dann doch auch mit eigener Zustimmung. Indessen lebt in diesem westlichen Teil des größeren Bundeslandes Baden-Württemberg weiterhin ein »badisches Bewusst­sein«, das die Menschen verbindet und oft auch inspiriert. Worauf ein derartiges Be­wusstsein beruht und worauf es sich beziehen kann, soll diese »Ge­schichte Badens« erklären. Zugleich geht es um mehr. Wie haben Menschen hier in einem Lebensraum, der den heutigen Bewohnern wohl vertraut ist, ihre Lebensverhältnisse gestaltet? Strukturen, die von den Vorfahren hervorgebracht, entwickelt und verändert wur­den, wirken weiter. Sie liegen heutigen Lebensverhältnissen zugrunde, im Land­­schafts­bild wie in der Infrastruktur, im kulturellen Erbe wie auch in der politischen Kultur im Badischen. Letztlich gewinnt freilich jede Regional- und Landesgeschichte ihren tieferen Sinn daraus, dass an den Ereignissen und Entwicklungen im überschaubaren Raum die Bewegungen der »großen Geschichte« konkreter sichtbar werden. Hier ist unmittelbarer zu begreifen, was Menschen zu leisten und zu ertragen vermochten, wie sie mit Erfolgen und Misserfolgen zurecht kamen, welchen Ideen sie folgten, worauf sich Fortschritte wie auch Rückschläge auf dem Weg zu mehr Freiheit und Gerechtigkeit zurückführen lassen. Das Buch soll einen Überblick über die Gesamtgeschichte in dem Gebiet bieten, das 1806 mit der Bildung des Großherzogtums Baden zu einer politischen Einheit gestaltet wurde. Die Darstellung beschränkt sich jedoch nicht auf die rund 140 Jahre, in denen es diesen badischen Staat gegeben hat. Vielmehr werden die Grundzüge der historischen Entwicklung von den Anfängen im Raum des späteren Landes bis zur Eingliederung Badens in das 1952 gebildete Bundesland Baden-Württemberg erzählt. Und nun wird die Darstellung in der vorliegenden Neuauflage des Buches mit der Geschichte Badens in Baden-Württemberg fortgeführt bis in unser Jahrtausend. In einer »Geschichte Badens«, die von den Anfängen bis in die Gegenwart reicht, muss man notgedrungen verkürzen, verdichten und vereinfachen. Manche werden deshalb Vieles vermissen, was ganz wesentlich zur Geschichte in diesem Raum gehört. Zum Glück gibt es Ge­schichtswerke, in denen die einzelnen Epochen und Teil­ gebiete des badischen bzw. baden-württembergischen Raumes viel detaillierter als hier dargestellt werden. Zu verweisen ist vor allem auf das vierbändige »Handbuch der baden-württembergischen Geschichte«. Vieles weitere ist in den Literaturhin­ weisen am Ende des Buches aufgeführt.

Von den Anfängen bis zum Spätmittelalter

Heidelbergmensch und Neolithische Revolution Von einem Urahnen der menschlichen Gattung wurde 1907 in einer Sandgrube in dem Dorf Mauer bei Heidelberg ein Unterkiefer mit Zähnen gefunden. Lange galt dieser »Heidelbergmensch«, der vor rund 600 000 Jahren lebte, als ältester Zeuge menschlichen Lebens in Europa. Erst neuerdings sind noch ältere Spuren in Süd­ frank­reich entdeckt worden. Vermutlich fanden in der Alt- und Mittel­stein­zeit Jäger und Sammler hier am Oberrhein menschlichen Lebens­raum. In kleinen Gruppen folgten sie als Nomaden dem Wild und suchten geeignete Wohn­plätze. Schließ­lich begann nach der letzten Eiszeit ein allmählicher Wandel der Lebens­formen, der in die »neolithische Revolution« mündete. So begannen die ersten »Bau­ ern« vor ca. 7 500 Jahren in unserem Raum zu siedeln. Ver­­mutlich Sesshafte »Bauern« waren es »Kolonisten« aus dem Mittelmeer­raum, die die hie­sigen Jäger und Sammler überlagerten oder integrierten. Im Lauf der Zeit wurden sie sesshaft (in ca. 8 x 30 m großen Holzhäusern), bauten Gerste, Emmer und Einkorn an, domestizierten Hund und Pferd, züchteten Rinder, Schwei­ne, Schafe und Ziegen. Sie lernten, einfache Ton­gefäße herzustellen und mit Band­mustern zu verzieren, man subsumiert sie als »Bandkera­mi­ker«. Sie beherrschten den Steinschliff und die Stein­­bohrung sowie diverse Tech­ni­ken der Holzbear­beitung. Vereinzelt hat man Grä­ ber gefunden, in denen sie Tote in Hockerhaltung mit Bei­gaben bestattet haben. Das lässt auf die Vorstellung von einem Weiterleben nach dem Tod in einem »Jenseits« schließen. Im folgenden Jahrtausend (zwischen 5 000 und 4 000 v. Chr.) bildeten sich Bevöl­ ke­rungsgruppen mit je eigener kultureller Prägung heraus, erkennbar an bestimmten Keramikmustern. Dieser Periode folgte im 4. Jahrtausend eine Zeit mit einer kulturell einheitlichen Prägung. Sie ist benannt nach dem Michaelsberg bei Bruchsal, einer besonders ergiebigen Fundstätte. Charakteristisch für die Michelsberger Keramik sind u. a. tulpenförmige Becher und Krüge mit einem Henkel. Gegen Ende der Jung­ steinzeit hat man gelernt, Kupfer aus Erz zu schmelzen. Auch die Verwendung des Hakenpfluges geht vermutlich in diese Zeit zurück. Die ältesten Fundstücke der Pfahl­­bauten am Bodensee gehören ebenfalls dieser späten Jungsteinzeit an. Aus der Folgezeit stammen sodann die ältesten Scheibenräder aus Holz. Seit der Zeit nach 2 800 v. Chr. setzten sich von Mittel­deutschland kommende Einwanderer mit neuem Ke­ra­mikmuster im Oberrhein- und Neckargebiet durch, die Schnur­keramiker. Eine weitere Gruppe drang wohl aus dem europäischen Südwesten in den Raum am Obe­r­ rhein ein, erkennbar an einer speziellen Form der Tonwaren, der so genannten

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Von den Anfängen bis zum Spätmittelalter

Glocken­­becher. Beide Gruppen pflegten eine eigene Bestattungskultur. Offen­­bar kannten sie bereits Kupfer zur Herstellung von Waffen und Schmuck.

Bronzezeit und Eisenzeit – die Kelten In der Zeit nach 2 000 v. Chr. fand die Bronze Eingang in unseren Raum, eine Legie­ rung von Kupfer und Zinn. Sie gab der Epoche bis ins zweite Drittel des letzten Jahr­ tausends v. Chr. den Namen. Die Bronzezeit gilt als Periode wachsenden Wohl­stan­ des und sozialer Differenzierung. Vermutlich haben Viehzucht, Schafhaltung zur Woll­­gewinnung sowie Besitz und Handel von Bronze, vielleicht auch von Salz, beides gefördert. In der spä­teren Bronzezeit lassen die Waffen in den Grabbeigaben auf die Exis­­tenz eines Kriegeradels schließen. Gleichzeitig deutet die Aus­diffe­ren­zierung der Me­tall- und Keramikprodukte auf die Entstehung des Handwerks hin. In dieser Perio­ de setzte sich die Brandbestattung mit der Bildung von großen Urnenfeldern durch. Der tiefste Einschnitt im weiteren Fortgang der Frühgeschichte geschah in der Zeit nach 800 v. Chr. mit der Gewinnung und Verwendung von Eisen. Es waren schließ­lich die Kelten, die seit der Zeit um 600 v. Chr. dem Eisen zur dominierenden Bedeutung verhalfen. Die Kelten bildeten kein einheitliches Volk, keinen Staat, weisen aber gemeinsame Kulturmerkmale aus. Man spricht von der Hall­statt-Kultur, so genannt nach dem größten Gräberfund aus jener Zeit, der in dem gleichnamigen Ort gemacht wurde. Große Grabhügel aus der Hall­ Keltenfürsten statt­zeit werden aufgrund ihrer reichen Ausstattung als Beweis dafür erkannt, dass regionale »Fürsten« mit gewaltigem Besitz und entsprechender Macht hoch über den Bauern, Handwerkern und Krie­gern in ihren dörflichen Gemein­schaf­ ten standen. Die Grab­bei­gaben bezeugen den Fortschritt in der Metallbearbeitung und die Spezialisierung des Handwerks. Man fand Dolche, Lan­zen und Messer aus Eisen, Schmuck für Frau­en aus Glas, Bernstein, Bronze, Silber und Gold bei Haar­ nadeln, Ohr- und Hals­ringen, Gürtelblechen und Gewand­fibeln u. a. mehr. Aus den Funden an herausragenden »Fürstensitzen« lässt sich ein reicher Fernhandel in keltischer Zeit rekon­struieren. Man bezog aus dem Mittelmeerraum vor allem feines Geschirr so­wie Wein und Olivenöl in großen Behältern aus Ton. Bronze, Eisen und Salz kamen aus Ostmitteleuropa. Die Kelten lieferten vermutlich Sklaven, Pökel­ fleisch, Honig und Wolle, Holz- und Metallwaren. Nach einer Zwi­schenperiode fand im 3. Jahr­hundert v. Chr. ein Kulturwandel statt, der in die sogenannte Latènezeit mündete, benannt nach einem Fundort bei Genf. Beherrschendes Merk­­mal dieser Epo­che sind große »oppida«, durch natürliche Lage und aufwän­dig gebaute »Galli­ sche Mauern« geschützte Areale, die offenbar als Fluchtstätten für einzelne »Stäm­ me« der Kelten dienten. Zum andern sind aus der Latènezeit »Viereck­schanzen« überliefert, die als Kult- und Opferstätten zu deuten sind. 8

Von den Anfängen bis zum Spätmittelalter

Römer am Oberrhein 58 v. Chr. An die Keltenzeit erinnern nicht nur zahlreiche Fluss- und Gebirgsna­ 50 v. Chr. 15 v. Chr. men, sondern auch schriftliche Zeug­ ­­­nisse von römischen Autoren. Mit 9 n. Chr. der Römerzeit be­ginnt auch für un­­ se­ren Raum die im eigentlichen Sin­ ne geschichtliche Zeit, die nicht nur aus archäologischen Funden re­kon­ Mitte 1. Jh. n. Chr. struiert, sondern auch und vor allem Um 75 n. Chr. in schriftlichen Quellen überliefert ist. Welchen Zivilisations­schub das Eindrin­gen der Römer über den Nach 90 n. Chr. Hoch- und Oberrhein in unser Ge­­ biet brachte, zeigen ein­drucksvoll Anfang 2. Jh. die vorzüglich präsentierten Expo­ nate der Antiken­ab­tei­lung im Badi­ Um 200 n. Chr. schen Landesmuseum in Karlsruhe, 259/260 in entsprechenden Mu­se­en in Freiburg, Heidelberg, Kon­­stanz oder La­den­burg. Die Rö­mer ka­men frei- Seit ca. 270 lich nicht in erster Linie als Kul­ 357 turboten, sondern als Eroberer.

Caesar besiegt Ariovist bei Mülhausen. Ganz Gallien in römischer Hand. Römische Truppen am Bodensee und Hochrhein. Varus wird von Arminius besiegt. Reichsgrenze an Rhein und Donau mit Kastellen befestigt. Römische Militärstationen u.a. in Konstanz, Zurzach, Straßburg, Speyer. Römerstraße von Straßburg über Offenburg, durchs ­Kinzig­tal, nach Rottweil bis Augsburg. Römische Kastelle im Odenwald; Baubeginn des Limes. Römerstraße von Mainz über Ladenburg, Pforzheim nach Augsburg. Destabilisierung der römischen Reichsgrenze. Alamannen und Franken durchbrechen Limes- und Rheingrenze, stoßen weit nach Westen und Süden vor. Alamannen an den Rhein zurückgedrängt. Schlacht bei Straßburg. Julian besiegt das Alamannenheer.



Römische Zivilisation Im Schutz der römischen Herrschaft konnte sich zwischen Limes und Oberrhein nach und nach die Zivilisation des römischen Reiches entfalten. Bei den Kastellen des Militärs entstanden jeweils Kastelldörfer, in denen Händler, Hand­­werker, Gastwirte und Angehörige der Soldaten lebten. Die Soldaten trugen im Dienst Waffen und Rüs­ tung, übten aber in ruhigen Zeiten zivile Tätigkeiten aus, u. a. im Straßenbau, bei der Ziegel­herstellung und der Versorgung der Truppe. So erlernten die meisten einen Be­­ ruf, der sie auch nach ihrer 25-jährigen Dienstzeit ernährte. Immer häufiger traten auch junge Kelten und Germanen in römische Diens­ Römisches Militär te. Überhaupt assimilierte sich die Bevölkerung am Ober­rhein unter römischem Einfluss in Sitten, Sprache und Verhalten. Die meisten Spu­ren der Römer­ zeit finden sich vor allem entlang des römischen Straßennetzes. Die Straßen waren Teil des Fernver­kehrs­systems im Römer­reich und dienten insofern we­ni­ger dem Bin­ nen­verkehr als dem Transit. Sie konnten sowohl den Fernhandel fördern als auch

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Römerzeit am Oberrhein

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schnelle Trup­pen­bewegungen ermöglichen. Entsprechend solide waren sie gebaut. Der Handel lieferte hochwertige Konsumgüter aus den Gewerbezentren des Rei­ches, so die kostbare braunrote Keramik (terra sigillata) aus Südfrankreich, Me­tall­ge­f äße aus Italien und Spanien, kostbaren Schmuck, besonders aber be­stimmte Wein­sorten und andere Nahrungs- oder Genussmittel, die es nur im Süden gab (z. B. Dat­teln, Oliven, Feigen, fein gewürzte Fleischsaucen), Öl wurde Importe und Exporte wie schon zur Kelten­zeit samt den Amphoren importiert. Der Handel ging auch ins freie Ger­manien jenseits des Limes. An einheimischen Produkten nahmen die Händler vor allem Agrarerzeug­nisse, Dörr­fleisch, Felle, auch Honig und Bernstein in ihr Sortiment. Die Vielzahl und Vielfalt der Münzen, die aus römischer Zeit hierzulande gefunden wurden, bezeugen den enormen Um­fang des römischen

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Handels. Es sollte nach dem Einbruch der Germanen mehr als ein halbes Jahrtausend vergehen, bis der Handels- und Zahlungsverkehr wieder ein annähernd vergleichbares Niveau erreichte wie zur Römerzeit. Zu den eindrucksvollsten Zeugen des Fortschritts, den die Römer ins Land brachten, gehören zweifellos die baulichen Überreste von Brücken, Gebäuden und vor allem von Badeanlagen. Zu jedem Militärlager gehörte ein Kastellbad, zu jeder städtischen Siedlung eine Thermen­anlage, und selbst Straßenstationen und Gutshöfe hatten ihr eigenes beheizbares Bad. Schon für die Wasserzuleitung schufen die Rö­mer kunstvolle Aquä­dukte. Sie waren überhaupt Meister im Bauhandwerk. Ganze Kas­tell­an­la­gen waren teilweise in Stein errichtet, wobei für das Mauerwerk Bruch­ stein und behauenes Material aus Steinbrüchen vor Ort sowie Mörtel verwendet wurden. Für anspruchsvollere Konstruktionen benutzte man gebrannte Ziegel; mit Zie­geln wurden auch die Dächer gedeckt. Stempel bei aufgefundenen Ziegeln verraten noch heute, aus welcher Ziegelei sie stammen.

Fernwirkungen der Römerzeit am Oberrhein Fernhandel und Straßenbau, Verwaltungszentren und Militärkastelle, vor allem aber die großzügigen Badeanlagen, sind Zeugnisse einer urbanen Zivilisation, die die Rö­mer in ihren Haupt- und Provinzstädten entwickelt und bis an die Grenzen des Im­periums verbreitet haben. Zum Beispiel wurden die warmen Quellen von BadenBaden und Badenweiler von den Römern schon genutzt – eindrucksvolle Res­te der Ther­­­­menanlagen sind an beiden Orten noch zu besichtigen. Allerdings haben gerade die städtischen Traditionen in unserem Raume nicht un­mittelbar fortgewirkt. Viel­leicht führte aber doch von den spätrömischen Orten Kon­ Siedlungskontinuität ­stanz und Breisach eine Sied­­lungskontinuität in das frühe Mittel­­alter. Bei den Städten Laden­burg, Pforz­heim, Offen­burg und anderen Orten ist immerhin eine mittel­bare Beziehung zwischen der rö­mi­schen Be­sied­lung und der mittelalterlichen Entwicklung anzunehmen. Wäh­rend linksrheinisch die städtische Tradition weitergeführt wurde, man den­­ke an Kai­ser­augst und Basel, an Straßburg, Speyer, Worms oder Mainz, hinterließen die Rö­mer auf unserer Seite des Oberrheins vor allem Spuren im ländlich-agrarischen Raum. Hier prägten die römischen Gutshöfe, die villae rusticae, die Landschaft. Auf den Gutshöfen trieb man Ackerbau und Viehzucht, versorgte die Bevölkerung und das Militär mit dem Lebensnotwendigen. Ihre Größe ist nicht genau er­mittelt. Güter in einer Größe von 100 Hektar wie links des Rheins gab es wohl selten. In der Mehrzahl dürfte es sich um kleinere Höfe gehandelt haben. Sie wurden oft von Veteranen, ehemaligen Solda­ten, bewirtschaftet. Von solchen römischen Gutshöfen gab es in un­se­­ rem Raum eine große Zahl. Hunderte sind durch Grabungen oder Luftauf­nahmen nachgewiesen. Im Bereich von Ackerbau und Viehzucht konnten die Römer der ein11

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heimischen Bevölkerung wohl nichts prinzipiell Neues vermitteln, wenn sie auch durch rationellere Methoden, Saatgut- und Zuchtwahl den Ertrag erheblich zu steigern vermochten und mit besserem Arbeitsgerät (u. a. dem eisernen Wendepflug) eine intensivere Bodenbearbeitung ermöglicht haben. Die größten Innovationen brac­hten die Römer indes auf dem Gebiet des Wein-, Obst- und Gemüseanbaus, bei den Intensiv- und Ver­edelungs­kulturen also. Viele Lehnworte wie »Wein« (von vi­num), Kirsche (bzw. alemannisch Chriesi von lateinisch ceresia), Pfirsich, Pflaume, Melone bezeugen, dass sich Kelten und nachfolgende Ger­manen mit den Bezeich­ nun­gen die Sachen angeeignet haben. Mag es auch schon zuvor kleine Rebgärten an Ober­rhein und Bodensee gegeben haben, so brachten doch erst die Römer eine systematische Wein­baukultur. Sie steigerten Pro­duktivität und Qualität, legten planmäßig Rebflächen an und verstanden es, den Rebensaft sorgfältig auszubauen (Quali­ täts­­­weine wurden z. T. 15 bis 20 Jahre gelagert). Mit durchaus modernen Arbeitsgeräten – Karst und Hacke, sichelförmigem Reb­messer Wein, Obst und Gemüse u. ä. – konnten sie den Boden lockern, kleine Gräben ziehen, die Re­ben beschneiden u. a. mehr. Der Wein stellt sozusagen in sich ein Kulturgut dar, wie schon Plinius schrieb: »Durch den Wein sind wir Menschen die einzigen Ge­schöpfe, die trinken, ohne zu dürsten.« Der Weinbau gab zahlreiche Entwicklungsimpulse. Man brauchte Winzer und Kellermeister, Taglöhner für Saisonarbeit und für den Transport. Schmiede und Ge­rä­te­hersteller waren notwendig, Küfer für die Fertigung der Bottiche und Fässer, Fachleute für die Herstellung der Trotten, Trans­portwagen und -schiffe; und natürlich regte der Weinkonsum das Töp­fereigewerbe zur Steige­rung der Produktion feiner Trink­schalen und Amphoren an, die jetzt durchweg mit der schnell drehenden Töpfer­scheibe gefertigt wurden. Mit dem Bau von stabilen Weinfässern aus Holz waren die hiesigen Handwerker übrigens den Südländern überlegen: Das Holzfass ver­drängte allmählich die am Mittelmeer bislang üblichen riesigen Tonkrüge als Vor­ ratsbehälter. Mit den Produkten ihrer Sonderkulturen im Wein-, Obst- und Gemü­se­ anbau (eine Reihe neuer Nutz- und Gewürzpflanzen wie Mangold, Knob­lauch oder Dill kamen aus dem Süden in unser Land) haben die Römer nicht nur den Speisezettel der Gutsherren- oder Pächterfamilien bereichert. Vieles wurde auch für den Markt produziert und bewirkte so eine Stei­gerung und Diffe­ren­zierung des ganzen Wirtschafts­kreis­laufes. Sicherlich bezog sich die Breiten­wirkung dieser Ent­wicklung vorab auf die Siedlungen entlang der großen Straßen. Schwarzwald und Odenwald blieben ohnehin weitgehend siedlungsleer. So konzentrieren sich auch die Münzfunde vor allem auf das Gebiet am unteren Neckar, um Pforzheim und entlang des Oberrheins. Eine wichtige Klammer für die Verbindung zwischen der römischen Lebens­art mit derjenigen der hiesigen Bevölkerung bildete die Religion. Dabei erfolgte der Assimilierungsprozess nicht nur in einer Richtung. Das lässt sich an Zeug­nissen des religiösen Denkens ablesen. Man fand einerseits viele Statuen und Weihe-Inschriften 12

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zu Ehren römischer Götter, vor allem des Göttervaters Jupiter. Eine Besonderheit des südwestdeutschen Rau­mes ist seine Darstellung auf hohen Säulen als Blitze schleudernder Reiter, dessen Pferd einen Giganten unter sich zwingt. Der Gott als Reiter wurde wohl von den Kel­ten übernommen. Solche Jupiter­gigantensäulen fanden sich zum Beispiel in Laden­burg, in Sinsheim und Heidelberg-Neuenheim. Weit verbreitet war auch die Vereh­rung von Merkur, des Schutzpatrons der Händler und Reisenden. Daneben behielten aber auch keltische Gottheiten ih­­ Religion der Römerzeit ren Rang wie die Pferdegöttin Epona. Manche wurden einfach rö­misch um­interpretiert, so die keltische Waldgöttin Abnoba zur römischen Jagdgöttin Diana. Zu wachsender Bedeutung kam der aus dem Orient stammende Mithras­kult, der bis ins 4. Jahr­hundert mit dem Christentum konkurrierte und der in unserem Raum durch zwei großartige Reliefs des 2. Jahrhunderts (aus Oster­burken und aus Heidel­ berg-Neuenheim) und durch die Reste eines Mithräums in Riegel dokumentiert ist. In­wieweit sich die Bevölkerung hierzulande die religiöse Ge­sin­nung der Römer, die zuweilen recht formalistisch am Prinzip des »do ut des« (ich gebe und du gibst) orien­tiert war, angeeignet hat, lässt sich nicht beurteilen. Ob beim Militär oder in der Be­völkerung auch schon Ansätze christlichen Glaubens bestanden, ist bislang durch Funde nicht nachzuweisen. Die frühesten Spuren tauchen im linksrheinischen Gebiet um Trier auf. In unserem Raum wurden sie, falls sie existieren, durch den Einbruch der Alamannen in der Mitte des 3. Jahrhunderts ausgelöscht.

Die Alamannia Im deutschen Sprachgebrauch hat sich die Bezeichnung »Alemannen« durchgesetzt. In römischen Quellen heißen sie »Alamanni«, Alamannen. Es handelt sich um eine Sammelbezeichnung für germanische Volksgruppen, die von Nord­osten kommend seit 260 n. Chr. den Limes überrannten und in das Gebiet an Oberrhein und Donau eindrangen. Wie hat sich diese »Inva­sion« im zuvor gallorömisch geprägten Raum ausgewirkt? Offenbar war das Gebiet bereits teilweise Invasion der Germanen entvölkert. Ein Teil der Be­wohner fand durch das kriegerische Eindringen der Germanen den Tod, andere flohen über den Rhein, der nun für zwei weitere Jahrhunderte zur Grenze des Römer­reiches wurde. Sicherlich blieb auch ein Teil zurück, abgedrängt in die Ge­birgs­täler oder einfach unterworfen, was immer das zu bedeuten hatte. Die neuen Herren nahmen wohl die gewerblichen Fähigkeiten einzelner Keltoromanen für ihre Bedürfnisse in Anspruch. Im Ganzen aber war die Wir­kung der Invasion destruktiv. Städtewesen, Verwaltungsstruktur, Rechts­­ord­ nung, ar­beits­teilige Wirt­schaft, Fernhandel und Fernverkehr brachen weitgehend zusammen, wurden zerstört. Eine einheitliche politische Ordnung war nicht zu erkennen. Zu heterogen waren die germanischen Stammesgruppen, die sich im Zuge der »Landnahme« mit einander vermischten. Im einzelnen kennen die Quellen die 13

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Sueben, die Semno­nen oder Juthungen. Die Römer bezeichneten das ganze Ge­biet zwischen Main, Rhein und Donau als »Alamannia« und die dort lebende Bevöl­ke­ rung als »Alamanni«. Der Name ist erstmals 289 eindeutig bezeugt. Er ist sprachlich ger­manischer Herkunft und wurde von dem späteren His­toriker Agathias so übersetzt: »zu­sammengelaufene und ge­mischte Männer«. Letztlich kann man zur Zeit der Völkerwande­rung noch gar nicht von einem Stamm »Zusammengelaufene Männer« der Alemannen sprechen. Von einzelnen Volksgruppen sind in einem römischen Staats­­handbuch des ausgehenden 4. Jahr­hunderts Namen überliefert. Ge­nannt sind dort die Brisigavi (vom Breisgau bzw. vom südlichen Oberrheingebiet) und die Lentientes (vom Linzgau nordöstlich vom Bodensee). Die Rechts- und Herrschafts­­v­er­hältnisse im Gebiet der Alamannia beruhten auf personalen Be­zie­ hungen, nicht auf Institutionen. Das zeigt auch die Art der Siedlungen, von denen wir aus der Zeit bis ins 7. Jahr­hundert zwei Formen der Überlieferung besitzen: Gräber­ funde und Orts­namen. Die Stammesgruppen, die hier siedelten, waren (wie eigentlich alle Germa­ nenstämme) bevölkerungsarm. Es mögen ein paar Zehn­tausend Men­schen gewesen sein. Die führenden Männer bei den alemannischen Kriegern wiesen ihren Leuten Land zu. Man siedelte eher in Weilern und Einzel­gehöften als in Dörfern. Archäo­ logische Spuren sind für die Zeit bis ins 5. Jahrhundert sehr selten. Offenbar lebte man von spärlicher Ern­te, von Viehherden und von der Beute aus gelegentlichen Raubzügen. Man darf sich jedoch das Verhältnis zwischen den Alemannen diesseits und den Römern jenseits des Oberrheins nicht als permanenten oder auch nur laten­ ten Kriegs­zu­stand vorstellen. Für lange Perioden stand man vielmehr in friedlichen Wechsel­beziehungen. Mehr noch als schon in früherer Zeit dienten Germanen im römischen Heer. Der Handel kam vereinzelt wieder in Gang. Hochgestellte Ale­man­­ nen pflegten lebhafte Bezie­hun­gen zu den Römern. Solche alemannische Her­ren siedelten offenbar auf keltischen Höhen­siedlungen, beispielsweise, wie neue Grabungen nachgewiesen ha­ben, auf dem Zähringer Burgberg bei Freiburg. Hier umgaben sie sich mit ihren Gefolgsleuten und ließen vermutlich keltoromanische Handwerker in ihrem Schutz Güter für den gehobenen Bedarf produzieren. Trotz der Niederlage in der Schlacht bei Straßburg 357 blieben die Ale­mannen (und mehr noch die Franken) eine Bedrohung für das römische Gallien. Mit dem Vordringen der Hunnen seit 375 verschärf­te sich die Krise Roms; Westrom brach unter den Angriffen der West­goten und Vandalen zusammen. Der weströmische Feld­herr Aëtius überließ den Alemannen nach der Ver­nichtung des Burgunderreiches bei Worms durch die Hunnen das Gebiet im Westen und Osten des Oberrheins. Im Laufe des 5. Jahr­hunderts breiteten sich die Alemannen von hier in die Nordschweiz, nach Vorarl­berg und östlich bis zur Iller-Lech-Linie aus.

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Alemannische Siedlungen Rund ein Drittel aller heutigen Ortsgemarkungen in unserem Raum weisen Gräber aus dieser Besiedlungsperiode des 5.–7. Jahrhunderts auf. Es handelt sich um Einzelgräber, die in mehr oder minder geordneten Reihen angelegt wurden. Die Gräber­felder umfassen zum Teil Hunderte solcher Reihengräber. Sie liegen meist auf einer Anhöhe und gehören zu Hof- oder Weilersiedlungen, die sich in der Regel an einem Wasserlauf oder bei einer Quellmulde befinden. Da die alemannischen Bauern vor allem von Viehzucht lebten, war fließendes Wasser eine Lebensgrundlage für ihre Höfe. Im übrigen nahm man zuerst die bes­­ten Böden in Anspruch und breitete sich nur allmählich in weitere Gebiete aus, mied aber den Bestattungsformen Schwarz­wald noch ganz. Den Toten, die man vorzugs­weise mit dem Blick nach Osten bestattete, legte man Beigaben ins Grab. Die sozial Höher­gestellten zeichnen sich durch wert­volle Waf­fen aus: Speer oder Lanze, zweischneidiges Langschwert – die Spatha –, manchmal mit Goldgriff und reich verzierter Schei­de, das kurze Hieb­­schwert, Sax genannt, das am Gürtel getragen wurde, Bogen und Pfeile, Schild und Helm gehörten zur Ausrüstung. In manchen Fällen legte man dem toten Herrn sein Lieblingspferd mit ins Grab. Überhaupt brauchte man für die Her­ ren­­­gräber größere Schächte, während die normalen Gräber gerade so lang und breit waren wie der Brettersarg oder der »Totenbaum«, auf dem der Leich­nam lag. Männern wie Frauen legte man Speis und Trank ins Grab. Man bestattete die Toten in voller Kleidung, die Frauen samt ihrem Schmuck, der bei Wohl­haben­den und Hoch­­gestellten u. a. aus goldenen Ringen, Perlenketten, kostbaren Fibeln und zierlich geformten Haarnadeln bestand. Die alemannischen Reihen­gräber be­­zeu­gen eine klare Siedlungskontinuität und lassen erkennen, dass die am Ort lebenden Nach­­ kommen mit den Verstorbenen über Generationen hinweg verbunden blieben. Im Tod wie im Leben bildeten sie einen »Personenverband«, der durch eine angesehene, vornehme Familie zusammengefügt und -gehalten wurden. Eine führende Familie bildete in der Regel auch den Kern der Orte, deren Her­ kunft aus alemannischer Zeit durch die Ortsnamen bezeugt wird. Die ältesten Orts­ na­men sind in der Regel durch die Verbindung eines Per­sonennamens mit dem Suffix -ingen oder -heim gebildet. Man nahm früher an, dass alle Orte mit dem Suffix »-ingen« auf alemannische Grün­der zurückgingen, während man die -heim-Orte auf fränki­ sche Siedler zurückführte. Diese Auffassung wurde inzwischen stark relativiert: Doch bleibt festzuhalten, dass die vorwiegend im Alt­siedel­land (d. h. dem bis zum 7. Jahr­ hundert erschlossenen Gebiet) vorkommenden -ingen und -heim-Orte in der Regel aus jener frühen Zeit stammen. Den Personennamen in den Ortsbezeichnungen deutete man früher als Zeug­nis dafür, dass es sich um den Namen des Ältesten eines Sippen­verbandes ge­handelt habe. Die neuere Forschung geht indes davon aus, dass Dorf­gründungen von Ge­folgschaftsführern ausgingen, deren Name im Ortsnamen fortlebt. Offenbar sind eben auch die Sied­­­­lungseinheiten, Weiler und Dörfer, als

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Von den Anfängen bis zum Spätmittelalter

Herr­schafts- und Gefolg­schafts­ver­bände, nicht als Bluts- oder Ver­wandt­schafts­ gemein­schaften zu betrachten. Die einzelnen Großfamilien lebten zusammen in ihrem Gehöft. Das Haupt­haus war, wie man aus Funden (z. B. Pfostenlöchern) weiß, ein lang ge­streckter Hallenbau, ca. 5–6 m breit und 12–15 m lang, aus Holz mit offenem Dachstuhl e­rrichtet. Dane­ben hatten die alemannischen Bauern Gru­benhütten Hausbau und Wald-Wirtschaft und Erd­keller (denn die Holz­häuser waren nicht unter­kellert) für Vor­ räte, vereinzelt auch zur Aufstellung eines Web­stuhles oder für einen Backofen. Die Grubenhütten sind für die ale­man­nischen Siedlungen ein Charakte­ris­tikum. Große Höfe hatten auch einen auf Stelzen gebauten Speicher. Im Haupthaus befanden sich Wohnung, Stall und Scheune. Schweine- und Schafställe lagen oft ge­trennt von der Siedlung im Wald. Der Wald war bedrohlich und nützlich zugleich. Ihm musste man durch Ro­dung Land abgewinnen; zugleich diente er als Reservoir des wichtigsten Roh­stof­fes: Man brauchte Unmengen an Brennholz für die zugigen Häuser und Hütten, für die Schmie­­den (die Eisen­bear­bei­tung war allgemein verbreitet); auch Bau- und Nutzholz zur Fer­tigung von Geräten und Zäunen, Häu­sern und Ställen war nötig. Der Wald diente ferner auch zur Wei­de für das Vieh. Rosse, Zuchtstiere, Rinder (als Spann­ vieh), Milchkühe, Schwei­­­­ne, Schafe und Ziegen sowie allerlei Geflügel sind in den frühen schrift­lichen Zeug­nissen als Nutztiere belegt. Man trieb außerdem Acker­bau und be­vorzugte deshalb die günstig gelegenen, fruchtbaren Böden. Herrensitze be­­ fan­den sich oft auf An­höhen, wo man durch Anlage breiter Ter­ras­senflächen Platz für größere Bauten schuf. Mit der zunehmenden Kon­solidierung der Ver­hältnisse änder­ ten sich die Sied­lungs­bedingungen, wie die Ortsnamen der »zweiten Gene­ra­tion« zei­gen. Sie enden auf -hof(en), -stet­t(en), -dorf oder -haus(en) bzw. -weiler (von ro­­ 486 Der Frankenkönig Chlodwig besiegt manisch »villare«) und lassen er­kennen, den letzten römischen Herrscher Syagrius. dass Kontinuität und Identität der Sied­ 496/97 Chlodwig besiegt die Alemannen bei Zülpich. lung nicht mehr durch eine Person oder 6./7. Jh. »Verfrankung« am Oberrhein; Bildung der alemannisch-fränkischen Familie, sondern durch Gebäude und Hof­­­ Mundartgrenze. gruppen gewährleistet wurden. Sied­lun­ Um 600 »Älteres« Herzogtum Alemannien. gen dieser zweiten Periode aus dem 7. und Um 700 Aufzeichnung von Alemannenrechten. 8. Jahr­hundert legte man auch schon auf 746 Strafgericht des Karolingers Karlmann weniger günstigen, aber immer noch in Cannstatt über alemannischen Hochadel. re­lativ ertragreichen Flächen an.

Christianisierung der Alemannen 16

Der Frankenkönig Chlodwig nahm nach seinem Sieg über die Alemannen den christlichen Glauben an, der sich damals im keltoromanischen Gallien schon weit­­gehend