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Denn die Sonne verwandelt sie in Stein, wenn sie sich nicht rechtzeitig vor .... treten sich buchstäblich Malaienbären, Nebel- parder, Orang-Utangs, Nasenaffen ...
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Die Farben der Erde

Die faszinierendsten Naturlandschaften unseres Planeten

1. Auflage 2012. Buch. 360 S. Gebunden ISBN 978 3 89944 850 4 Format (B x L): 31,2 x 47,6 cm Gewicht: 5720 g

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Die Farben der Erde

»Die Welt ist ein Buch« Augustinus Aurelius

Die Erde – das »Kunstwerk« in den Weiten des Sonnensystems

Die Erde ist ein unerschöpflicher Schatz an Farbenpracht und Formenvielfalt. Ihre Schönheit und ihr unfassbarer Reichtum an Naturphänomenen und faszinierenden Landschaftsbildern

könnten ganze Bibliotheken füllen. Dieser Bildband muss sich notgedrungen mit einer Auswahl davon begnügen. Dennoch offenbart vielleicht gerade diese visuelle Komprimierung das

Geheimnis unserer Welt, wie fantastisch und einfallsreich sie ist. Es ist eine Weltreise, die Sehnsüchte weckt und gleichzeitig das Fernweh ein wenig zu stillen versucht.

Die Farben der Erde Die faszinierendsten Naturlandschaften unseres Planeten

Jedes Foto ein Kunstwerk für sich. Geniale Geistes- wie Fotoblitze. Die Fixierung atemberaubender Landschaften unter Nutzung kürzester Inszenierungen des Wetters. Unwirklich-fantastische Spiele des Lichts über den letzten Wildnissen der Erde. Der eine Augenblick, für den es sich lohnt, wochenlange Expeditionen und größte Strapazen auf sich zu nehmen. Die Farben der Erde smaragdgrün, die Korallensee vor New Britain gelborange, die gewaltigen Sanddünen der Namib-Wüste glutrot, die Sandsteinformationen des Uluru / Ayers Rock rotviolett, die Salinenkrebsfelder des Lake Natron in Tansania ultramarinblau, das Belize Barrier Reef in der Karibik pastellrosa, die Laguna Colorada im Altiplano Boliviens sattgrün, die undurchdringlichen Regenwälder im Kongobecken … Die Farben der Erde – eine einzigartige Fotoauswahl, eine begeisternde und faszinierende Reise zu den letzten Paradiesen der Erde, die es immer noch gibt und die zu entdecken dieser Prachtband einlädt.

Texte von Jakob Strobel y Serra

€ (D) 78,00 / € (A) 80,20

ISBN 978-3-89944-850-4

EUROPA

20 | EUROPA

Kein anderer Kontinent kann mit der Vielfalt Europas konkurrieren. Wer jemals durch die Monotonie der Prärie oder die Gleichförmigkeit der Taiga gefahren ist, weiß, was er an der Alten Welt hat: Ständig wandelt Europa sein Gesicht, spätestens nach 100 Kilometern sieht es – von wenigen Ausnahmen abgesehen –

immer völlig anders aus. Von der Nordseeküste zu den Alpengipfeln von Eiger, Mönch und Jungfrau sind es nur 1000 Kilometer, doch was heißt hier nur: Tiefebenen und Mittelgebirge, Weinberge und Seenlandschaften drängeln sich auf dieser Strecke und sorgen dafür, dass sich Europa selbst nie langweilig wird.

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SNÆFELLSNES-HALBINSEL Eines der längsten aktiven Vulkansysteme auf Island bildet die 90 Kilometer lange Snæfellsnes-Halbinsel, auf der nicht nur Geologen, sondern auch Vogelfreunde und Walbeobachter auf ihre Kosten kommen.

Island ist eine unbezähmbare Insel. Der Mensch spielt hier immer nur eine Nebenrolle, so zäh er auch sein mag. Die wahren Herren Islands sind die Gnome, Elfen und andere Geister, die in Gegenden wie der Snæfellsnes-Halbinsel im äußersten Westen Islands hausen. Hier treiben auch die Trolle zwischen Wasserfällen, Gletschern, Vulkanen und Felsenkegeln ihr Unwesen, die sich

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nur vor einem einzigen Feind fürchten: dem Sonnenlicht. Denn die Sonne verwandelt sie in Stein, wenn sie sich nicht rechtzeitig vor Einbruch der Dämmerung in ihre unterirdischen Behausungen flüchten. Sieben Millionen Jahre alt ist dieses Wunderreich aus Grün und Blau, das manchen Menschen mit übersinnlichen Neigungen als eines der sieben Kraftzentren der Erde gilt. Aber auch

wenn man nicht zur Esoterik neigt, spürt man in Snæfellsnes die ungeheure Energie unseres Planeten, dessen glühendes Inneres nur durch einen hauchdünnen Firnis aus Stein und Eis von der Oberfläche getrennt ist. Und so ist es kein Wunder, dass die unerschrockenen Helden in Jules Vernes Klassiker »Reise zum Mittelpunkt der Erde« genau hier in die Unterwelt hinabstiegen.

HUANGSHAN-GEBIRGE Sonnenuntergang in der chinesischen Ideallandschaft: Das Huangshan-Gebirge mit seinen steinernen Zacken und Zähnen sieht für die Chinesen haargenau so aus, wie sie sich Berge am liebsten vorstellen.

Berge sind den Chinesen heilig – nicht als Göttersitze wie der Olymp und auch nicht als fürchterlicher Ausdruck göttlichen Zorns wie die Vulkane Mittel- und Südamerikas. In der chinesischen Kultur sind Berge vielmehr Symbole, Verkörperungen von guten Charaktereigenschaften wie Geduld, Ausdauer oder Ehrlichkeit. Fünf heilige Berge kennt der Daoismus, vier heilige Berge der Buddhis-

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mus, und ein Gebirgszug ist nach Meinung aller Chinesen gleich welcher Glaubensrichtung der Schönste unter all den Heiligen: das Huangshan-Gebirge in der Provinz Anhui im Süden des Landes. Sein ästhetischer Reiz ist mindestens ebenso groß wie sein spiritueller, und so wurden die bizarr geformten, wie Gigantenzähne in den Himmel ragenden, von wagemutigen Krüppelkiefern bewachsenen

und von dramatischen Wolkenfetzen umspielten Berge zum Sinnbild der idealtypischen chinesischen Landschaft. Jahrhundertelang pilgerten Maler und Dichter nach Huangshan, um die Schönheit dieser Landschaft zu besingen oder sie mit Tusche zu zeichnen. Heute bevölkern Millionen Touristen den besinnlichen Ort, auf der Suche nach Selbstvergessenheit.

HUANGSHAN-GEBIRGE Was war zuerst da: die Filmkulisse oder die Landschaft? Die Berge in Huangshan waren unter anderem Vorbild für die Hallelujah-Berge in James Camerons Film »Avatar«.

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JOSHINETSU KOGEN NP Ausnahmsweise spielen die pittoresken Wasserfälle nicht die Hauptrolle im Joshinetsu-Kogen-Nationalpark auf der Hauptinsel Honshu, obwohl die Japaner ganz verrückt nach Wasserfällen sind.

Die Japaner lieben ihre heißen Quellen mit einer Inbrunst, die ebenso bewundernswert wie ansteckend ist. Wenn man durch das Land reist, kann man gar nicht anders, als

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ins Onsen zu gehen, in die Badeanstalten mit ihrem von Mineralien getränkten Wasser. Hier fühlt man sich, als tauche man in den Mutterschoß der Erde ein, als bade man in einem

flüssigen Balsam, der einen von allen irdischen Beschwernissen befreit. Das Wasser streichelt die Haut, der Dampf reinigt den Kopf, die Hitze lässt den Körper auf die

angenehmste Weise erschlaffen. Deswegen sind vulkanische Gebiete mit vielen heißen Quellen wie der Joshinetsu-Kogen-Nationalpark auf der Hauptinsel Honshu so populär.

JOSHINETSU KOGEN NP Die zahllosen heißen Quellen sind die Hauptattraktion dieses vulkanischen Gebiets – nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Japanmakaken, die ihre Freizeit am liebsten badend vertrödeln.

Was die Menschen können, können wir Affen schon lange, scheinen sich die Japanmakaken zu sagen, schließlich stammen diese Zweibeiner von uns ab. Und so tummeln sich

die Makaken im Joshinetsu-Kogen-Nationalpark am liebsten in den natürlichen heißen Quellen dieses geothermisch hochbrisanten Gebiets voller aktiver und schlafender Vulka-

ne. Doch sie tun es nicht nur aus Vergnügen, sondern auch aus Notwendigkeit. Denn hier kann es im Winter bitterkalt werden, und manchmal verschwindet die Landschaft für

Wochen unter einer meterhohen Schneedecke. Ohne die Wärme der Quellen hätten die Makaken, die es in Höhen von 3000 Metern aushalten, keine Überlebenschance.

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DANUM-TAL Langschwanzagamen gehören noch zu den harmloseren Bewohnern des Danum-Tals, das als eines der komplexesten Ökosysteme der Welt und als das größte unberührte Urwaldgebiet Malaysias gilt.

Der Riesenkugler ist ein eigenartiges Tier. Er gehört zur Familie der Tausendfüßler, sieht aber eher aus wie eine monströse Kellerassel, hat 42 Beine und von der Natur eine ganz besondere Gabe in die Wiege gelegt bekommen: Er kann sich kugelrund zusammenrollen und seine Körperpanzer so hermetisch miteinander verschließen, dass kein Tier die Kugeln knacken kann, die manchmal so groß

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wie Tennisbälle sind. Dieser Schutzmechanismus ist im Danum-Tal auch dringend nötig. Denn hier leben so viele wilde Tiere auf so engem Raum, dass sich alles ums Fressen und Gefressenwerden dreht. Das Tal wirkt so, als habe die Natur all ihre schönsten und seltsamsten Geschöpfe auf einem Präsentierteller versammelt. Im tropischen Tieflandregenwald treten sich buchstäblich Malaienbären, Nebel-

parder, Orang-Utangs, Nasenaffen und Bartschweine auf die Füße, hinzu kommen die scheuen asiatischen Elefanten und das fast schon ausgestorbene Sumatra-Nashorn, während 300 Vogelarten die Urwaldriesen bevölkern, die oft genug gegen hungrige Schlangen beim Kampf ums Fressen und Gefressenwerden den Kürzeren ziehen. Da hat es der Riesenkugler besser.

DANUM-TAL Wie ein einziges Naturidyll im zartesten Grün sieht das Danum-Tal im Nordosten Borneos aus. Doch der Schein trügt, denn hier trägt die Tierwelt einen gnadenlosen Kampf ums Überleben aus.

MALAYSIA | 117

PURNULULU NP »Bungle Bungle« heißen die Sandsteinkuppen in Purnululu. Sie sind aus verdichtetem Sand und komprimierten Kieselsteinen entstanden und verdanken ihr leuchtendes Orange oxidiertem Eisen.

Hat die Schöpfung noch Geheimnisse vor den Menschen? Hütet sie irgendwo noch Schätze ihrer Schönheit und gibt sie nur ein paar Auserwählten preis? Dieser Gedanke erscheint absurd. Doch bis vor wenigen Jahren war es im Nordwesten Australiens genau so: in Kimberley, einem riesenhaften Ödland, viel größer als Deutschland, doch nur von 20 000 Seelen bewohnt, im Sommer

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überschwemmt wie nach einer Sintflut, im Winter so heiß und trocken wie die Hölle. In diesem Inferno verbirgt die Natur das sagenhafte Purnululu, ein Naturkunstwerk mit den wahrscheinlich fantastischsten Sandsteinformationen auf Erden, die bis in die 1980erJahre nur eine Handvoll Aborigines und Farmer kannten. So porös ist hier der Stein, der in der Sprache des lokalen Aborigine-Stam-

mes der »Kija Purnululu« heißt, dass er bei bloßer Berührung zerbröselt. Gegen den beißenden Wind und die Sturzbäche von Regen kann er sich nicht wehren, und so hat sich ein aberwitziger Skulpturenpark geformt: abgerundete Kuppen, die wie Domkuppeln aussehen, über 100 Meter tiefe Schluchten und Sandsteingebilde, die schwarz und orange gestreift sind wie ein Tigerfell.

PURNULULU NP In der Farbenlehre gelten Rot und Grün als komplementäre Kontraste, in der Natur entstehen damit landschaftliche Harmonien – so wie im Purnululu-Nationalpark, der seit 2003 zum UNESCO-Weltnaturerbe gehört.

AUSTRALIEN | 141

COOK ISLANDS Vielleicht ist Aitutaki die schönste aller Cook-Inseln, die der deutsche Admiral Adam Johann von Krusenstern bei seiner Weltumsegelung auf den Namen des großen Seefahrers James Cook taufte.

Es geschah in einer Augustnacht des Jahres 2011: Im Schutz der Dunkelheit stiegen unbekannte Übeltäter in die einzige Bank der winzigen Insel Aitutaki ein, die zwar nur eine Fläche von 18 Quadratkilometern hat, damit aber immer noch das sechstgrößte Eiland der Cook-Inseln ist. Sie raubten 20 000 neuseeländische Dollar aus der Bank of the Cook Islands, etwas mehr als 11 000 Euro,

182 | COOK ISLANDS

und schrieben damit Kriminalgeschichte. Denn dies war der erste Banküberfall in der Historie der Cook-Inseln, die immerhin bis ins 9. Jahrhundert zurückreicht. Damals besiedelten Polynesier aus Samoa und von den Gesellschaftsinseln die Inselgruppe im Südpazifik, die in den folgenden Jahrhunderten häufig prominenten Besuch bekommen sollten. Im Jahr 1595 schaute hier der spanische

Konquistador Álvaro de Mendaña de Neyra vorbei, in den 70er-Jahren des 18. Jahrhunderts kam der berühmte Seefahrer James Cook mehrfach auf die Inseln – der später auch zu ihrem Namenspatron werden sollte –, und 1789 ließ sich hier der grausame Kapitän Wiliam Bligh von der »Bounty« blicken. Er war aber noch ein willkommenerer Besuch als die Bankräuber von 2011.

COOK ISLANDS Vielleicht glaubten die Menschen auf den Cook Islands einst, im Paradies zu leben – bis 1823 christliche Missionare auf die Inseln kamen und die Bevölkerung humorlos eines Besseren belehrte.

COOK ISLANDS | 183

MARA RIVER Fressen und gefressen werden: Die Gnus überqueren den Mara-Fluss zu Abertausenden, um in die fruchtbare Savanne am anderen Ufer zu gelangen. Und die Krokodile lauern im Wasser auf fette Beute.

Das ist der alles entscheidende Moment, jetzt geht es um Leben und Tod: Tausende Gnus haben sich am Steilufer des Mara versammelt und tagelang gewartet, bis die

214 | KENIA, TANSANIA

Anführer der Herde die richtige Stelle zur Überquerung des Flusses gefunden haben. Auf das Kommando der Chefs geht es los: Eine Lawine aus Tierleibern stürzt sich wie

von Sinnen ins Wasser in der Hoffnung, heil ans andere Ufer zu kommen. Denn im Mara lauern Hunderte von Krokodilen, die nur auf diesen Augenblick gewartet haben. Was jetzt

folgt, ist eines der größten Gemetzel, die es in der Natur zu erleben gibt, ein blutiger Kampf, der mit Tausenden Opfern endet – aber eben auch mit neuem Leben.

MARA RIVER Die Gnus, sagen die Menschen in der Masai Mara, sähen aus, als seien sie aus anderen Tieren zusammengesetzt worden. Gott müsse wohl sehr müde gewesen sein, als er diese Wesen erschuf.

Es gibt kaum ein spektakuläreres Schauspiel im Tierreich als die jährliche Wanderung der Gnus in Ostafrika. Während der Regenzeit grasen sie auf den fetten Weiden der Seren-

geti in Tansania. Nach deren Ende im Frühsommer verdörrt das Land, und die Gnus ziehen nach Norden in die Masai Mara in Kenia, wobei sie den Mara-Fluss überqueren

müssen. Gegen Ende des Jahres gibt es auch in Kenia nichts mehr für sie zu fressen. Also setzt sich die hungrige Karawane wieder in Bewegung, zurück in Richtung Süden, wobei

abermals der Mara überwunden werden muss. Tausende Tiere überleben diese Migration nicht, die inzwischen zu den größten Touristenattraktionen Ostafrikas zählt.

KENIA, TANSANIA | 215

CANYONLANDS NP So schön, aber längst nicht so berühmt wie der Grand Canyon: Die fantastischen Canyonlands in Utah sind in unendlich langer Zeit von Wind und Wasser aus dem Colorado-Plateau gefräst worden.

Es ist gar nicht leicht, einen großen Bruder wie den Grand Canyon zu haben. Er steht immer im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, bekommt immer mehr Komplimente, ist im-

282 | USA / UTAH

mer der Platzhirsch. Dass der kleine Bruder genauso spektakulär ist, interessiert kaum jemanden. Die grandiosen Canyonlands im Süden des Mormonenstaats Utah haben

sich inzwischen damit arrangiert, ständig die zweite Geige zu spielen – was ja auch Vorteile hat. Während der Grand Canyon an seiner Popularität fast erstickt, haben die Besucher

die Canyonlands nahezu für sich allein: ein Labyrinth aus Schluchten und Tälern, die der Colorado River und der Green River in Jahrmillionen in den Stein gegraben haben.

CANYONLANDS NP In der Gegend von Islands in the Sky werden Wanderer abseits der Pfade auf den geheimnisvollen antiken Steinkreis »False Kiva« stoßen und zu dem markanten »Candlestick Tower« blicken können.

Jeder kennt die atemberaubende Landschaft der Canyonlands mit ihren Bogen, Spalten und gemaserten Felstürmen, in denen jahrhundertelang Volksstämme wie die Pueblo-

Indianer allen Widrigkeiten der Natur und aller Kargheit des Lebens trotzten. Doch kaum jemand weiß, wer und wo diese Canyons sind. In zahllosen Filmen und Werbespots

sind sie die Hintergrundkulisse einer Traumund Fantasiewelt gewesen, sei es für Invasionen von Marsmenschen, für apokalyptische Showdowns oder für rauchende Cowboys

bei Sonnenuntergang. Eine Hauptrolle spielt die Erosionslandschaft allerdings so gut wie nie. Und manchmal muss sie sogar bloß als Double auftreten: für den Grand Canyon.

USA / UTAH | 283

YUCATÁN: ATLANTIKKÜSTE Eine einzige Kultstätte baute das Volk der Maya direkt am Ufer des Meeres: den Tempel von Tulum auf der Halbinsel Yucatán, der bis heute voller rätselhafter Sehnsucht die Karibik betrachtet.

Tulum ist der beste Ort in Mexiko, um zu fantasieren. Man muss sich neben den Tempel des herabsteigenden Gottes setzen, auf das Meer blicken, sich von seiner Brandung in Trance schaukeln und dann die Gedanken frei fliegen lassen. Und schon umschwirren einen Fragen wie bunte Schmetterlinge. Warum ist Tulum die einzige Maya-Tempelanlage, die direkt am Meer liegt? Wurden hier die Winde an-

306 | MEXIKO

gebetet oder die Wellen, oder wollten die Menschen nichts mehr mit dem Land zu tun haben, mit dem Urwald, der Trockenheit, dem Kampf ums Überleben? War das der letzte Ort der rätselhaften Maya-Kultur, die so überwältigende Stätten wie Chichén Itzá, Uxmal oder Palenque hinterlassen haben, um dann quasi über Nacht von der Bühne der Geschichte zu verschwinden, als hätte sie ein böser Fluch

ausgelöscht? Warum war ausgerechnet Tulum das einzige religiöse Zentrum, das bei der Ankunft der Spanier noch von Maya bewohnt war? Eine letzte Bastion? Und warum strahlt dieser Ort auch nach Jahrhunderten noch einen solchen Zauber, eine solche Ruhe,eine solche endgültige Zufriedenheit aus? Man sitzt lange am Meeressaum in Tulum und findet keine Antwort. Doch das macht gar nichts.

YUCATÁN: ATLANTIKKÜSTE Das Leben unter Wasser ist in Yucatán mindestens genauso spannend wie das Leben an Land: Ein atlantischer Fächerfisch jagt einen Schwarm brasilianischer Sardinen vor der Isla de las Mujeres.

MEXIKO | 307

SIPALIWINI NP Knallende Farben als beste Überlebensgarantie: Je auffälliger ein Tier gemustert ist, umso ungenießbarer ist es. Diese Grundregel im Tierreich beherrschen die Baumfrösche in Perfektion.

Die Farbensprache der Natur ist wie ein Frühwarnsystem gegen unliebsame Übergriffe. Damit schützen sich der Marmorierte Baumfrosch oder die Surinam-Clownfrösche

324 | SURINAM

vor den hungrigen Feinden im Tierreich, sind aber zugleich ein gefundenes Fressen für den Fotografen – genauso wie die vielen anderen kunterbunten Baumfrösche, die im

Sipaliwini-Nationalpark in Surinam so zahlreich in den Ästen hocken wie bei uns die Spatzen. Manche Menschen schrecken die kreischenden Farben aber nicht ab: Die India-

ner Surinams jagen die Frösche und vergiften mit deren Sekreten ihre Pfeile. So schließt sich der Kreis im Kampf ums Überleben durch das Gleichgewicht der Natur.

SIPALIWINI NP Der Blaue Pfeilgiftfrosch sieht aus, als sei er aus Lapislazuli gemeißelt. Sein Blau ist so verstörend und abschreckend, dass der nur wenige Zentimeter große Frosch sich vor kaum einem Fressfeind fürchten muss.

SURINAM | 325

SOUTH GEORGIA ISLANDS Die Schönheit des Schreckens: Auf der Inselgruppe Südgeorgien am Rand der Antarktis fand der legendäre britische Polarforscher und Abenteurer Ernest Shakleton Rettung in letzter Sekunde.

»Männer gesucht für riskante Reise. Geringer Lohn. Bittere Kälte. Lange Monate in kompletter Dunkelheit. Ständige Gefahr. Sichere Rückkehr fraglich. Ruhm und Anerkennung im Erfolgsfall.« Mit diesen Worten suchte der britische Polarforscher Ernest Shakleton 1914 in einer Zeitungsanzeige Mitstreiter für seinen wahnwitzigen Plan: die Durchquerung der kompletten Antarktis. Er

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fand 27 todesmutige Abenteurer, die aber schon am Rand des Kontinents stecken blieben. Elf Monate lang hielt das Packeis ihr Schiff gefangen, um es dann wie eine Nussschale zu zermalmen. Über Monate trieben die Männer mit drei Rettungsbooten im Eismeer, bis sich Shakleton zu einem selbstmörderischen Rettungsversuch entschloss: Er nahm mit fünf Seeleuten Kurs auf die 1400

Kilometer entfernte Inselgruppe Südgeorgien, erreichte dort nach einer endlosen Fahrt durch Kälte und Sturm eine Walfangstation, organisierte die Rettung der übrigen Schiffbrüchigen, vollbrachte das Wunder, alle heil nach Hause zu bringen, und war fortan der Held der Nation. Sein Grabstein aber steht nicht in London, sondern in Südgeorgien, dem Ort, der ihm das Leben hütete.

SOUTH GEORGIA ISLANDS Für das überirdisch leuchtende Blau der Eisberge hatte Shakleton bestimmt keine Augen. Er musste seine Mannschaft aus den Klauen des Eises befreien – und dank seines Wagemuts gelang es ihm.

SÜDGEORGIEN UND SÜDLICHE SANDWICHINSELN | 355