Der gekochte Zauberer

dürfen keinerlei Aufmerksamkeit erregen. Auch wenn ich zuerst meine Zweifel hatte, hat mir unser Späher Lûkug gerade versi- chert, dass wir hier richtig sind.
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Samuel Pfalzer

Der gekochte Zauberer Fantasy

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© 2014 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2014 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: Samuel Pfalzer Printed in Germany

AAVAA print+design Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck:

ISBN 978-3-8459-1367-4 ISBN 978-3-8459-1368-1 ISBN 978-3-8459-1369-8 ISBN 978-3-8459-1370-4 Mini-Buch ohne ISBN

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Für Hendrik, der Edobert und mich von Anfang an auf dieser Reise begleitet hat.

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Comoediae Personae

Edobert – Ein kleiner Halbling mit großem Appetit Lûkug – Ein junger Kobold Grimgûl – Anführer einer Horde Kobolde Gáshhed – Ein außerordentlich kriegerischer Kobold Bólghar – Ein ungewöhnlich intelligenter Kobold Merisan – Ein verrückter Einsiedler Issaz – Merisans mehr oder weniger zahmer Wolf Órin – Ein (rot)bärtiger Zwerg Widad – Haushofmeister am Hofe des Königs Nasdoc – Der greise König der Halblinge Naswil – Sein Sohn und logischerweise Prinz des Reiches Mabisum – Einer seiner adeligen Freunde Targwolf – Ein Barbar, Hauptmann im Verlies der Feste Fledtor – Sein Untergebener, ein Wächter im Kerker

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Prolog

Ein leichter Wind strich über die Hügel hinweg. Tagsüber erstrahlten sie in sattem Grün, jetzt waren sie in Dunkelheit gehüllt. Der Himmel war von Wolken verhangen, die kein einziger Stern mit seinem Licht durchdrang, und die Sichel des Mondes lugte nur selten zwischen den dunkelgrauen Schlieren hervor, bloß, um sogleich wieder zu verschwinden. Eng aneinander gedrängt standen etwa ein Dutzend kleiner Gestalten in der Mulde zwischen zwei Hügelkuppen. Sie waren nur als schwarze Umrisse in der Dunkelheit auszumachen und wären einem nächtlichen Betrachter, der nicht genau auf sie geachtet hätte, gar nicht aufgefallen. Doch zu dieser späten Stunde trieb sich sowieso niemand mehr draußen herum, vor allem nicht bei der Kälte, 7

die in den Nächten herrschte. Die Halblinge saßen lieber in ihren warmen Höhlen am gemütlichen Kaminfeuer und rauchten ihre Pfeifen, während sie entweder gesellige Schwätzchen mit ihren Freunden hielten, aßen oder vollkommen in Gedanken versunken waren. »Bist du dir wirklich sicher, dass wir hier richtig sind?, erkundigte sich Grimgûl skeptisch und im Flüsterton. Trotzdem hatte seine Stimme dabei einen unangenehm schrillen Klang. Der andere Kobold zuckte leicht zusammen und schüttelte unsicher die dünnen Arme, doch dann hatte er sich wieder gefangen. »Todsicher«, versprach er mit ernster Miene, und für den Angehörigen einer anderen Rasse wäre seine Stimme nicht von der des ersten Sprechers zu unterscheiden gewesen. Der größere, etwas bulligere Kobold betrachtete den kleineren noch einmal misstrauisch und hatte dabei die gelb leuchtenden Augen mit den schlitzförmigen Pupillen eng zusammengekniffen. Schließlich wandte er sich zu8

frieden ab. »Wollen wir es hoffen«, knurrte er nicht besonders freundlich. »Für dich.« Das gut vier Fuß große Wesen ging einige Schritt weit den Hügel hinauf, um von seiner Horde besser gesehen zu werden. Die versammelten Kreaturen waren allesamt Kobolde, wie man an ihrer bei Tag hellgrünen Hautfarbe, den dürren, überproportional langen Gliedmaßen, den unförmigen, großen Köpfen mit den spitz zulaufenden Ohren und den langen Nasen gut erkennen konnte. Bei Nacht waren die leuchtenden Augen das hervorstechendste Merkmal, bei Tag die langen und spitz aus dem Gesicht ragenden Nasen sowie die abstehenden Ohren. Vor allem durch dieses unheimliche Aussehen hatten sich die kleinen Diebe und Verbrecher ihren berühmt-berüchtigten Ruf erworben. Es hieß, sie kämen bei Nacht, um den rechtschaffenen Halblingen die Kinder aus der Wiege zu stehlen. Zumindest erzählten sich das viele. Manche glaubten sogar daran, die meisten eher weniger. 9

Diesmal traf dieses Gerücht zu, wenn auch nur halbwegs. Sie waren gekommen, um etwas – sogar eine Person – zu stehlen, doch hierbei handelte es sich nicht um ein Kind und auch um niemanden, den irgendwer vermissen würde. Obwohl es der Plan ein wenig anders vorgesehen hatte. Lûkug, der jüngere und noch nicht ganz ausgewachsene Kobold, mit dem der Anführer gerade ein paar Worte gewechselt hatte, scharrte unruhig mit den Füßen im glitschigen Gras und spielte dabei versonnen mit dem Griff des krummen Kurzschwerts herum, das nutzlos an seiner Seite hing. Wie alle anderen auch war er bewaffnet, doch die Schwerter, Dolche und Beile taugten nichts. Sie waren nur billiges Zeug, gestohlen aus den Schmieden irgendwelcher untalentierter Halblinge. Aber etwas anderes stand nicht zur Verfügung, und so musste man sich mit dem abfinden, was man bekommen konnte. Bekleidet waren die kleinen Wesen mit zerschlissenen alten Wämsern und groben Ho10

sen, die lose um ihre dürren Körper schlackerten und früher zum Großteil weitaus beleibteren Halblingen gehört hatten; dazu trugen die meisten schwarze Umhänge mit Kapuzen, die sie weit in die hässlichen Gesichter gezogen hatten. Die Nasen ragten weit hervor und hinderten so die Kapuzen daran, noch weiter nach unten zu rutschen. Auch diese Mäntel waren in keinem besonders ansehnlichen Zustand, doch vor allem im Dunkeln erfüllten sie ihren Zweck und schützten ihre Träger vor unliebsamen Blicken. Grimgûl räusperte sich vernehmlich, was ein wenig an das heisere Krächzen einer Krähe erinnerte, und sofort wandten sich ihm aller Augen zu. Zufrieden nickte der Anführer, wobei sein Eierkopf auf dem dürren Hals seltsam hin und her wackelte. Gespannte Stille herrschte für ein paar Sekunden, dann begann er zu sprechen: »Ich denke, ich muss euch nicht alles noch einmal erklären. Jeder von euch weiß, warum wir hier sind!?«

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Zustimmendes Gemurmel erhob sich unter den Kobolden, verstummte jedoch sofort wieder, als Grimgûl in einer unmissverständlichen Geste beide Hände hob. »Die Entführung sollte rasch vonstatten gehen und wir dürfen keinerlei Aufmerksamkeit erregen. Auch wenn ich zuerst meine Zweifel hatte, hat mir unser Späher Lûkug gerade versichert, dass wir hier richtig sind. Es erscheint ein wenig seltsam, doch lasst euch davon nicht täuschen.« Mit einer einladenden Handbewegung forderte er Lûkug auf, zu ihm zu treten, und dieser kam dem Befehl mit einem beklommenen Gefühl in der Magengegend nach. Am liebsten wäre er einfach gegangen und hätte sich zurück in seine stinkende, schmutzige und somit gemütliche Höhle verkrochen, um sich dort zu langweilen. Doch dafür war es zu spät. Er hatte beschlossen, nicht länger zu den Jungen zu gehören und sich stattdessen der Horde angeschlossen. Zweifel, dass die Entführung reibungslos ab12

laufen würde, hatte er nicht wirklich, und danach würde er zum Kreis der Krieger gehören. Logisch betrachtet waren seine Angstzustände also völlig unbegründet, doch sie wollten einfach nicht weichen. Insgesamt waren Kobolde keine besonders logisch denkenden Wesen. Als der Anführer noch einmal die Stimme hob, verdrängte Lûkug die Furcht und konzentrierte sich stattdessen auf die Worte des anderen. »Wenn heute alles erfolgreich abläuft, dann wird dieser Junge hier«, er legte Lûkug eine knochige Hand auf die schmale Schulter, »ab sofort zu unserem erlesenen Kreis gehören. Also gebt euch gefälligst Mühe – falls ihr ihn haben wollt.« Verhaltenes Lachen erklang von einigen Stellen, ebbte jedoch schnell wieder ab. »Dann lasst den Spaß beginnen«, meinte Grimgûl und zog seine beiden gekrümmten Dolche, um sie gegen den Nachthimmel zu halten. In diesem Moment erschien der Mond, die Wolkenfetzen trieben zur Seite und das 13

blasse Licht gab der Szenerie etwas Schauriges und Unheimliches. Kurz stand die Sichel genau hinter dem Anführer und beleuchtete ihn und die Hügelkuppe, sodass er aussah wie die Statue eines Helden, dann war das Nachtgestirn auch schon wieder verschwunden und von der nächsten Welle der Wolken überrannt worden. »Folgt uns!« Es scharrte leise, als auch die restlichen Kobolde ihre Waffen zogen und sich in Bewegung setzten. Als Grimgûl und Lûkug schweigend nebeneinander her liefen und die anderen hinterdrein, trat auf einmal Gáshhed neben die beiden. Er war ein Krieger von ungewöhnlich grobschlächtigem Aussehen und breitem Körperbau, außerdem überragte er die meisten anderen Kobolde um mehr als eine Haupteslänge. Und in Anbetracht der eiförmigen Gestalt der koboldischen Köpfe war das eine beträchtliche Länge. »Hast du ihn?«, erkundigte sich der Anführer und drehte den Kopf zu dem Hünen, der in einem Grinsen seine furchteinflößenden Reiß14

zähne entblößte. »Natürlich«, bestätigte er und zog einen großen braunen Sack hervor, der an vielen Stellen notdürftige Flicken aufwies, offensichtlich von unkundiger Hand angebracht. Grimgûl schob seine Dolche zurück in die Scheiden am Gürtel und streckte fordernd beide Hände aus. Wortlos reichte der Krieger ihm den Sack und schritt weiter neben ihm her. Prüfend begutachtete Grimgûl das aus Leinen gefertigte Monstrum in seinen Händen, das mehr wog als ein junger Kobold. »Ich hoffe, er ist groß genug«, meinte er dann und gab den Sack an den Krieger zurück. »Der Prinz soll einen beträchtlichen Körperumfang besitzen und es wäre schade, wenn wir ihn auf andere Art und Weise am Schreien hindern müssten.« Gáshhed lachte kurz auf, dann verstummte er und ließ sich zurückfallen. In Grimgûls Händen blitzten wieder die halbmondförmigen Klingen der Dolche auf.

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