Das Erbe der Krylows-3 - Buch.de

Coverbild und Stammbaum: Patrick Richter, patrick-richter.carbonmade.com. Printed in Germany. Taschenbuch: ISBN 978-3-8459-1944-7. Großdruck:.
353KB Größe 2 Downloads 355 Ansichten
Kelda Ardere

Das Erbe der Krylows Lita Band 3 Fantasy

2

© 2016 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2016 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild und Stammbaum: Patrick Richter, patrick-richter.carbonmade.com. Printed in Germany Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF:

ISBN 978-3-8459-1944-7 ISBN 978-3-8459-1945-4 ISBN 978-3-8459-1946-1 ISBN 978-3-8459-1947-8

AAVAA Verlag, Hohen Neuendorf, bei Berlin www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses eBooks sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

3

4

Prolog Die Flügel des Käfers schimmerten grün, als er träge auf Litas nacktem Knie landete. Gelangweilt wandte sich das junge Mädchen vom Anblick der anderen Kinder, die auf der Straße spielten, ab und nahm den Käfer ins Visier. Nur eine kleine Anstrengung war nötig, um den Käfer in einer zarten, goldenen Blase, umgeben von einem kaum wahrnehmbaren bläulichen Schein, einzuschließen. Sie ließ ihn sanft durch die Luft schweben, breitete ihre Hände unter der Blase aus und betrachtete den Käfer eindringlich. Dem Tier schien die schwebende Blasenerfahrung nichts auszumachen. Langsam verkleinerte Lita die Lichtkugel. Stück für Stück, bis der Käfer hektisch wurde und verzweifelt versuchte sich aus seinem zu engen Gefängnis zu befreien. Gedankenverloren schaute sie von der Blase hinüber zur Straße. Die unbelastete Fröhlichkeit der anderen Kinder 5

machte sie wütend. Wie dumm und naiv sie doch waren. In gewisser Weise lebten diese Narren auch in einer Blase und Lita hätte nicht übel Lust ihre freudvolle Welt ein bisschen zu erschüttern. Ein leises zzzzzzttt drang an ihr Ohr, als sie die Kugel ruckartig zusammen zog und so den Käfer zerquetschte. Die komprimierten Reste des Käfers fielen geräuschlos zu Boden und Lita fühlte sich schon viel besser. Es war ihr egal, was die anderen Mädchen von ihr und ihrer Familie hielten. Sie könnte sie alle innerhalb eines Wimpernschlags töten. Lita war die Tochter der heldenhaften Gabenträgerin Moira und ihre Gabe war jetzt schon so viel mächtiger als die ihrer Mutter. Wenn diese idiotischen Gören wüssten, wen sie da vor sich hatten, würden sie es nicht wagen, sie so blöd anzumachen und auszuschließen. „Was ist los, Lita?“ Ryan setzte sich neben sie auf die Bordsteinkante und betrachtete eingehend ihr Gesicht. 6

Die ganze Welt ist los, hätte sie am liebsten geschrien. Ryan war manchmal so ultra nervig. Was sollte denn bitte schön los sein? Mutter tot, Vater tot, Tante tot. Alle gefallen in einer Schlacht, von der keiner etwas wissen durfte, wegen einer Gabe, von der keiner etwas erfahren durfte, wegen einer Bedrohung, von der keiner etwas Genaueres wusste. Ach, und dann natürlich noch der Umstand, dass sie sich immer nur verstecken musste, keine Freunde haben und überhaupt gar nichts machen konnte, was auch nur annähernd Spaß machte. Und warum? Weil andere Menschen mit ihrer Gabe nicht klar kommen würden. „Weißt du, deine Mutter hatte auch immer mal Schwierigkeiten mit der Art, wie wir leben müssen“, Ryans Blick fiel auf die Überreste des Käfers zu Litas Füßen, "aber am Ende hat sie immer verstanden, warum wir uns bedeckt halten müssen. Sie hat tapfer für unsere Sache gekämpft, auch im Stillen." 7

"Am Ende war meine Mutter tot", erwiderte Lita trotzig. "Und du nervst mit deinen ständigen Geschichten von bla bla bla gekämpft für die Sache bla bla bla. Was hat ihr das Kämpfen denn gebracht? Wenn sie keine Rücksicht auf die dämlichen Leute in Brüssel genommen hätte, wäre sie jetzt vielleicht noch am Leben." Genervt stand Lita auf und stapfte davon. "Sie ist mal wieder äußerst stinkig", verkündete Ryan, als er zurück ins Haus ging. "Ganz die Mutter", kam eine lachende Antwort aus der Küche. "Aleki, du solltest das nicht immer so auf die leichte Schulter nehmen", sagte Ryan besorgt. "Sie hat wieder in aller Öffentlichkeit mit ihrer Gabe rumgespielt und ein Käfer musste dran glauben." "Es ist nur ein Käfer, Ryan. Du tust ja so, als hätte sie jemanden umgebracht." "Letzte Woche war es ein Frosch." "Sie hat einen Frosch getötet?" 8

"Sie tötet die Tiere nicht, Aleki, sie quält sie und dann sterben sie, das weißt du ganz genau." "Lita ist 12 Jahre alt und hat ihre gesamte Familie verloren. Wie wir leben müssen, ist bestimmt auch nicht einfach für sie." "Du siehst Moira in ihr, aber Lita ist anders. Wir müssen sie noch härter trainieren und versuchen zu ihr durchzudringen, sonst verlieren wir sie, Aleki." "Mit der Zeit wird sich dieser Unsinn auswachsen. Es gibt keinen Grund, das Training noch straffer zu gestalten. Lass sie einfach eine Weile in Ruhe, dann renkt sich das schon wieder ein." "Lita ist eine tickende Zeitbombe. Sie ist jetzt schon viel mächtiger, als Moira es je gewesen ist und ja, du hast Recht, sie ist erst 12 Jahre alt. Wie mächtig wird sie wohl mit 20 Jahren sein?" "Sie ist ein gutes Mädchen, Ryan." "Dann sorge dafür, dass es so bleibt." Ryan machte auf dem Absatz kehrt und ging die 9

Treppe in sein Zimmer hinauf. Für heute hatte er erst mal genug von Lita und Aleki. Wenn Aleki das Problem nicht bald erkannte, würde Lita ihnen entgleiten und davor hatte Ryan Angst, große Angst. Wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, hatte er auch ein bisschen Angst vor Lita selbst. Sie hatte etwas Unberechenbares, fand er. In ihren Augen loderte ein dunkles Feuer, das er bei Moira nie gesehen hatte. Müde schüttelte er den Kopf und hoffte, dass er sich irrte. Aleki saß noch immer in der Küche und betrachtete grübelnd den polierten Teekessel, als sich Makar und Kolja ins Haus schlichen. Der Versuch der beiden möglichst leise nach oben zu kommen, scheiterte bereits nach wenigen Zentimetern, als Kolja auf eine quietschende Diele trat. Das Geräusch war so durchdringend, dass jetzt definitiv das ganze Haus wach war. "Das hat wohl halb Zagreb gehört", lachte er prustend. "Kommt zu mir in die Küche." 10

Mit hängenden Köpfen traten seine beiden Söhne vor ihn. Aleki stand auf, um sich einen besseren Überblick über das Ausmaß des Frevels zu machen. Er legte jedem eine Hand unters Kinn und hob die schuldbewussten Köpfe. "Ah ja", kommentierte er nicht mehr lachend. "Rotgeränderte Augen, schwarze Augenringe, ein leichter Hauch von abgestandenem Alkohol und kaltem Rauch. Was das wohl zu bedeuten hat?" "Wir trainieren und lernen wie die Verrückten, da können wir doch auch mal feiern gehen", meckerte Kolja leise vor sich hin. "Zagreb ist voll die Partystadt, die Gelegenheit müssen wir doch nutzen, bevor wir wieder aufs nächste Kaff verfrachtet werden." Mit ernster Miene blickte Aleki in die Gesichter seiner Kinder, und ganz langsam dämmerte ihm, was Ryan gemeint haben musste. Sie hatten ein Problem. Seine Jungs empfanden ihre Pflicht als Bürde und stahlen sich vor der Verantwortung davon, wann 11

immer sie konnten. Außerhalb des Trainings machten Makar und Kolja eher ihr eigenes Ding. Das musste sich ändern. Vielleicht konnte Lita aus ihrer düsteren Stimmung gerissen werden, wenn sie sie mehr einbeziehen würden. "Makar, du bist 16 Jahre alt. Für dich hört die Party genau jetzt auf und fängt auch nicht mehr an, bevor du bewiesen hast, dass du erwachsen genug bist, um deiner Verantwortung gerecht zu werden." Aleki sprach laut und eindringlich. Keiner der Jungs wagte mehr etwas zu sagen. "Die Krylows haben einen Eid geschworen und ihr beide seid dafür verantwortlich, dass dieser Eid erfüllt wird. Ich bin ein alter Mann und muss mich darauf verlassen können, dass meine Söhne das Erbe der Familie Krylow annehmen und verteidigen, koste es, was es wolle. Von dir, Kolja, habe ich mir mehr Bewusstsein für unsere Aufgabe erhofft. Du bist der Ältere. Du musst als leuchtendes Beispiel voran gehen." 12

"Ja, ich weiß", gab Kolja kleinlaut zurück. Gerade wollte Aleki zu einer umfassenderen Rede ansetzen, als ein schabendes Geräusch an der Haustür zu hören war. Es klang, als ob sich jemand am Türschloss zu schaffen machte. Kurz darauf klingelte es. Sofort war aller Ärger vergessen, die Jungs waren auf einen Schlag wieder nüchtern und bezogen blitzschnell Position an beiden Seiten der Tür. Ryan kam die Treppe herunter gerannt und richtete sich schnell Haar und Hemd. Aleki stellte sich hinter die halb geschlossene Küchentür und war von der Haustür aus kaum zu sehen. Nur das Lichtspiel auf dem großen Fleischermesser in seiner Hand tanzte für alle sichtbar auf dem Dielenboden. Es klingelte erneut. Ryan atmete tief durch, nickte Kolja und Makar zu und drehte langsam den Türknauf. Mit Wucht warf sich plötzlich jemand von außen gegen die Tür und Ryan flog in den Flur, rutschte auf dem schicken Brokatläufer bis zur Treppe, stieß sich den Kopf an der Kante der untersten 13

Stufe, gab ein leise gehauchtes aua von sich und blieb ohnmächtig, alle Viere von sich gestreckt, liegen. Die schwere Holztür krachte volle Kanne gegen Koljas Gesicht, der in die Knie ging und sich die blutende Nase hielt. Makar sprang laut brüllend in den Flur, zeitgleich mit Aleki, der ebenfalls brüllend aus der Küche sprang. Beide landeten exakt hintereinander und im gleichen Ton brüllend, so dass es mehr nach einer Tanznummer als nach einem Angriff aussah. "Wieso macht ihr denn nicht auf?" Jelena stürmte wütend durch die Tür, beladen mit unzähligen Einkaufstüten, die ihr teilweise die Sicht nahmen. Unbeeindruckt ging sie schnellen Schrittes an Makar und Aleki vorbei in die Küche. "Ich schleppe mich hier zu Tode und ihr könnt nicht mal die Tür öffnen? Zum Glück habe ich Lita getroffen, die mir Tragen geholfen hat." Wie aufs Stichwort kam Lita durch die Tür geschlendert, ebenfalls mit Tüten bepackt. Ein wenig überrascht betrachtete sie die Szene vom ohnmächtigen, 14

hingestreckten Ryan über den knienden und blutenden Kolja bis zu Makar und Aleki, die immer noch hintereinander in Angriffsposition im Flur standen. Kommentarlos ging sie in die Küche zu Jelena. "Was machen die denn schon wieder?", fragte Alekis Frau gereizt. "Keine Ahnung, die spinnen wieder", gab Lita schmunzelnd zurück und hatte schon viel bessere Laune. Vielleicht würde es heute ein ganz guter Tag werden. "Ihr müsst wirklich aufhören komplett durchzudrehen, nur weil mal jemand an der Tür klingelt." Jelena schüttelte immer noch den Kopf. "Ah ja?", fragte Aleki nun seinerseits hörbar gereizt. "Vielleicht hätten wir den netten Herren von der Gruppe einfach die Tür öffnen und ihre Hände schütteln sollen, als sie in London in unser Haus eingebrochen sind, um uns im Schlaf zu ermorden. Vielleicht hätten wir ihnen in Tel Aviv Ryan einfach 15