Conny

würde sie noch einmal kotzen. Sie sagt, der. Hund müsste dringend mal raus. Das wäre eigentlich die Aufgabe ihrer Tochter. Ob ich das wohl machen kann.
952KB Größe 7 Downloads 850 Ansichten
Hendrik Andersen

Das Wichtigste der Welt Band 1

Milieuroman

© 2012 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2012 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag, Berlin Coverbild: Photo-Portaitatelier Alt Hall, Gisela Scheiterlein Printed in Germany ISBN 978-3-8459-0175-6 AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt. Dieser Roman wurde bewusst so belassen, wie ihn der Autor geschaffen hat, und spiegelt dessen originale Ausdruckskraft und Fantasie wider.

2

Für meine zwei „Herzhälften“ Florentina und Elena

3

1) Die andere Seite der Medaille In ein paar Tagen werde ich zwanzig sein. Seit einiger Zeit denke ich daran, zu einer Frau zu gehen, die es für Geld mit mir tut. Bei ihr könnte ich mich von der lähmenden Angst freikaufen, zurückgewiesen zu werden. Aber es soll eine reife Liebesdame sein, die viel Verständnis mitbringt. Eigentlich bin ich ja nur auf etwa gleichaltrige Mädchen scharf. Aber sie sind oft zickig, arrogant oder machen sich über jemanden wie mich lustig. In unseren Stadtteilzeitungen bieten sich ständig irgendwelche Frauen an. Ein Text lautet: Conny (33), blond und schlank, verwöhnt den Solventen Herrn in gediegener Atmosphäre. Ich bin weder solvent noch fühle ich mich als Herr. Ich bin ein schlecht bezahlter Jüngling. Aber ich rufe bei der angegebenen Telefonnummer an. Es meldet sich eine Frau mit: „Hallo.“ Ich frage, ob sie Conny ist und sofort wird ihre Stimme warm und einladend. Wir machen einen Termin für den kommenden Freitag, den drei4

zehnten Januar 1978, vierzehn Uhr aus. Ich stelle dabei fest, dass ihre Art zu sprechen einem eigenartigen Rhythmus folgt, den ich nicht einordnen kann. Auch die Art des Treffpunktes erscheint mir komisch. Ein Callgirl muss meiner Meinung nach in einem angemieteten Appartement sitzen und es muss irgendein Klingelschild mit einem Pseudonym wie Sommer oder Agentur Blume zu ihr führen. Aber diese Frau will sich vor dem höchsten Wohnhaus unserer Stadt an einem Müllcontainer mit mir treffen und dann im Aufzug mit mir zu ihrer privaten Wohnung hochfahren. Möglicherweise soll ich ihren Familiennamen nicht auf dem Klingelschild lesen und an ihrer Wohnungstür wird dann auch kein Name stehen. Mir ist etwas mulmig. Meine ewige Sorge, zu spät zu einem Termin zu erscheinen, lässt mich viel zu früh am Container ankommen. So stehe ich da in der Kälte herum, wie bestellt und nicht abgeholt. Einige Leute leeren ihren Müll und gehen wieder. Um Punkt vierzehn Uhr kommt eine völlig durchschnittlich wirkende, mittelgroße Blondine aus dem Hauseingang. An einer Hand trägt sie eine 5

knallrote Mülltüte, aus der es blechern scheppert. Sie geht auf mich zu und fragt mich, ob ich mal den Deckel für sie aufschiebe. Das ist das Erkennungszeichen. Ich frage, ob sie Conny ist, und sie sagt „ja“, wobei sie das a höher spricht als das j. Das wird also meine erste Frau sein. Ich werde es ihr auf keinen Fall sagen, denn ich schäme mich, mit fast zwanzig noch ohne sexuelle Erfahrung zu sein. Wir gehen wie gute Bekannte nebeneinander in den Hauseingang und sie fragt mich, ob ich gut hergefunden habe. Dann stehen wir uns im Aufzug gegenüber und ich schaue auf ihre Oberschenkel, die sich durch enge Jeans abbilden. Eine lebenslange Gier von mir, die ich immer beim Anblick von schönen weiblichen Oberschenkeln habe, springt sofort an. Ich will meine Nase zwischen diese Schenkel schieben, in der Hoffnung, gut entwickeltes, intensives Weibchenaroma inhalieren zu können. Sie sieht meinen Blick und sagt, wir wären ja gleich oben. An ihrer Wohnungstür ist tatsächlich kein Name zu sehen. Als sie öffnet, springt ein schwarzer Mischlingshund schwanzwedelnd an ihr hoch 6

und fiept wie verrückt. Sie meint: „Meine Sally mag dich, sonst würdest du jetzt schon eine neue Jeans brauchen.“ Dann sagt sie: „Sei willkommen.“ Sie macht eine Handbewegung in Richtung einer Couchgarnitur, bietet mir Platz an und fragt, ob ich etwas trinken möchte. Da ich sportlich aktiv bin, sage ich ganz selbstverständlich: „Milch.“ „Milch“, wiederholt sie mit leicht überraschtem Gesichtsausdruck. „O. K., mal was anderes.“ Sie verschwindet in einem Nebenraum, dessen Tür sie sorgfältig hinter sich schließt. Der Hund hat sich beruhigt und macht sich im Coucheck über einen Kauknochen her, ohne mich weiter zu beachten. Es sieht tatsächlich wie eine Privatwohnung aus. Es zweigen noch ein paar Räume ab. Conny kommt mit einem Glas Milch wieder und stellt es vor mir auf den Glastisch. Sie sagt: „Milch macht müde Männer munter“, und setzt schnell hinzu: „Ein Spaß, du bist ja noch ganz knackig frisch.“ Sie dünstet auf einmal einen merkwürdigen Geruch aus, den ich nicht klar einordnen kann. Sie 7

kaut auf irgendetwas herum, setzt sich mir gegenüber, legt den Kopf etwas schief, sieht mich ernst an und fragt etwas lang gezogen: „Sooo, was hast Du Dir denn so vorgestellt?“ Ich bin bemüht, selbstsicher zu wirken, aber innerlich flattern mir die Hosen. Ich habe einen Blackout und bringe meine Wünsche auf einmal nicht mehr auf die Reihe. Ich sage: „Ich möchte mich mal überraschen lassen. Was machst du denn so alles für hundertfünfzig Mark in einer Stunde?“ Sie meint: Streicheln, Schmusen, Knutschen, Französisch bis zum Abschuss, du kannst meine Muschi lecken und mich, sooft du willst, in allen Stellungen bumsen.“ Ich sage: „O. K., genau das will ich.“ Ich krame umständlich meine Geldbörse aus der Gesäßtasche und gebe Conny drei Fünfzigmarkscheine. „Ich dank’ Dir“, sagt sie, gibt mir einen kleinen Kuss auf den Mund und mir fällt wieder dieser eigenartige Geruch auf, der von ihrem Atem herrührt. Sie bringt das Geld in den Nebenraum, dessen Tür sie wieder sorgfältig schließt. Ich trinke hastig ein paar Schlucke kalte Milch und zittere so heftig, dass ich mir die Jeans vollsaue. 8

Conny kommt zurück und meint: „So, dann wollen wir mal. Aber erst geht’s gemeinsam unter die Dusche. Das ist so Tradition bei mir.“ Das Wort Tradition spricht sie so merkwürdig aus, als würde es mit drei d in der Mitte geschrieben. Wir ziehen uns aus und legen unsere Sachen auf die Couch. Sie meint, ihre Sally würde aufpassen, dass nix geklaut wird, während wir uns vergnügen, und kichert etwas. Sie geht mir voraus ins Badezimmer, touchiert mit einer Schulter den linken Türpfosten und meint belustigt: „Hoppla, wo kommst du denn her?“ Unter der Dusche stellt sie das Wasser erst eiskalt, dann kochend heiß ein und entschuldigt sich jeweils schnell. Dann seifen wir uns gegenseitig ein. Schade denke ich im Stillen, denn ich habe mir so das Schnuppern von etwas Weibchenduft ersehnt. Sie trocknet dann erst sich ab und dann mich, wobei sie ein paar Mal einen Schluckauf hat und meint: „Hoppla, was ist das denn? Da denkt sicher gerade jemand an mich.“ Sie verschwindet nochmals kurz in dem Raum, aus dem sie meine Milch geholt hat.

9

Ihr Schlafzimmer sieht völlig alltäglich aus. Nur an einer Wand befindet sich ein etwas ramponiertes Klavier, auf dem einige Fotos von zwei Mädchen stehen. Das Zimmer strahlt auch wieder diesen eigenartigen Geruch aus. Wir legen uns einander gegenüber. Sie meint ich sei etwas nervös. Das müsste ich aber nicht sein. Wir hätten Zeit. Wir streicheln uns und sie verwickelt mich in ein Blablagespräch, über das, was ich so arbeite. Sie lenkt mich damit von meinen sexuellen Leistungsgedanken ab, die bei der Entwicklung einer Erektion nur hinderlich sind. Währenddessen manipuliert sie langsam mit der Hand an meinem besten Stück herum. Irgendwann wandert sie mit kleinen Küssen an meinem Hals und Bauch herunter und beginnt ein schönes langsames Französisch. Das fühlt sich toll an. Bald rollt sie sich auf den Rücken, macht ihre Beine breit und meint: „Komm, fick mich, ich bin schon ganz klitschnass für Dich.“ Ich bin beglückt und verwundert, dass sie es ohne Gummi macht, und lasse mich nicht zweimal bitten. So eine Scheide habe ich mir immer enger vorgestellt, aber es fühlt sich trotzdem toll an. Conny 10

rotiert ein paar Mal mit ihrer Zunge in meinem Mund herum, zieht meinen Kopf neben ihren und sagt: „Komm, bums dich richtig satt an mir. Du darfst heute nur an dich denken!“ Ein paar Sekunden später flüstert sie: „Komm, bedien’ dich an mir, benutz mich, spritz mich ganz voll.“ Ich spüre, wie sie sich selber an diesen Sätzen aufgeilt, aber auch wie ich von ihren Worten berauscht und enthemmt werde. Schon nach kurzer Zeit komme ich heftig und stelle mir dabei vor, Conny zu befruchten. Unsere Körper entspannen sich. Ich knie mich zwischen Connys Beine und sehe fasziniert zu, wie mein Samen aus ihrer Scheide herausläuft. Ich frage sie, ob sie sich von jedem Gast vollspritzen lässt. Sie antwortet mit etwas schwerfälligem Tonfall, dass sie Gummis hasst und ihre Muschi nach jedem Mann mit der Frauendusche ausspült. Ich schmuse mich langsam an ihrem Körper hoch. Sie fasst mich am Kinn, dreht mein Gesicht zu sich, sieht mich mit merkwürdig verschwommenen Augen an und sagt: „Komm mein Schatz, lass uns etwas kuscheln und dann bumst du mich von hinten,

11

O. K.?“ Sie spricht den Satz schleppend und zum Ende hin etwas kicksig aus. Ich sage: „O. K.“, nehme sie in den Arm und ihr Kopf wird sofort schwer. Dann passiert etwas, das ich im tiefsten Traum nicht erwartet habe. Ich denke erst, sie erlaubt sich einen Spaß, aber sie schläft tatsächlich innerhalb von Sekunden ein und beginnt bald leicht zu schnarchen. Irgendwann schaue ich auf ihren Nachttischwecker. Die vereinbarte Stunde ist vorbei. Ich will sie nicht aufwecken, aber ich habe Angst, dass ich nachbezahlen muss, wenn ich länger bleibe. Ich habe höchstens noch zehn Mark dabei. Stück für Stück ziehe ich vorsichtig meinen Arm unter ihrem Kopf weg. Sie knirscht im Schlaf mit den Zähnen und hat einen brutalen Gesichtsausdruck, so als sei sie eine andere Person als die, die mir eben begegnet ist. Ich ziehe mich leise an. Der Hund hat in der Couchecke gedöst und mustert mich jetzt kurz aus den Augenwinkeln. Ich trinke das noch halb volle Glas Milch aus und gehe noch einmal zurück zur Schlafzimmertür. Conny schläft tief und fest. Mich überkommt eine Neugier, wie man sie vielleicht als kleines 12

Kind in einem fremden Kellergewölbe entwickelt. Vorsichtig öffne ich die gegenüberliegende Tür: Ich sehe in ein halb leer geräumtes Zimmer, Bilder von ABBA an den Wänden und Pferdeposter, ein paar nummerierte Kartons. Es sieht nicht nach Einzug, sondern nach Auszug aus. Mir fallen die Mädchenfotos auf dem Klavier ein. Ich schließe die Tür wieder. Conny schnarcht und der schwarze Hund lässt sich nicht stören. Jetzt gehe ich zu der Tür, die Conny so vorsichtig geschlossen hat. Ich drücke die Klinke herunter und schaue um die Ecke. Es ist die Küche. Mengen von leeren Flaschen, vor allem Rotwein und Weinbrand, zwei Müllsäcke voll mit leeren Pilsdosen, Essensreste, ungespültes Geschirr, verkrustete Pfannen und Töpfe, Raumspray und auf einer Anrichte mehrere Dosen Mundspray und diverse Kautabletten. Das sind also die Zutaten zu Connys Spezialduft. Ich schließe die Tür wieder und schrecke zusammen. In der Wohnungstür dreht sich ein Schlüssel. Der Hund springt auf und flippt total aus vor Freude. Während ich wie angewurzelt mitten im Wohnzimmer stehe, kommt ein etwa fünfzehnjähriges Mädchen he13

rein, aufgedonnert, selbstbewusst, sexy und sehr Respekt einflößend. Der Hund lässt sich von dem Mädchen knuddeln, das mich nur flüchtig anschaut, als wäre es ein gewohntes Bild, dass ein fremder Mann im Wohnzimmer steht. Dann sagt sie: „Na, wieder mal einer von Mamas Lovern? Lass dich nicht stören, ich bin gleich wieder verschwunden.“ Sie geht an mir vorbei, schaut kurz ins Schlafzimmer ihrer Mutter und ruft: „Ah ja, wieder hackevoll. Aber das interessiert mich jetzt nicht mehr.“ Dann holt sie einen Karton aus dem Mädchenzimmer und geht wieder Richtung Wohnungstür. Ich frage, ob ich was helfen kann. Sie sagt: „Danke, nicht nötig. Den Karton hier brauch ich heute und den Rest holen wir morgen ab.“ Sie stellt den Karton noch mal hin, lockt den Hund ins Bad und schließt die Tür. Sie erklärt mir, dass Sally immer mit ihr gehen will und sich nicht abwimmeln lässt. Ich soll sie wieder aus dem Bad rauslassen, wenn sie aus der Wohnung raus ist. Das Mädchen geht. Ich lasse Sally aus dem Bad und bleibe. Da ist plötzlich so ein Gefühl in mir, als wenn sich eine Tür für

14

mich auftut. Meine Sorge, dass ich Geld nachbezahlen muss, ist verschwunden. Ich ziehe mich wieder aus, lege mich neben Conny und streichele ihr den Rücken. Etwa eineinhalb Stunden später wacht sie auf und stöhnt: „Oooh ist mir schlecht.“ Dann dreht sie sich ruckartig um und meint: „Du bist ja immer noch da. Ich muss erst mal kotzen.“ Sie schwankt ins Bad und würgt. Dann geht sie Richtung Küche und kommt mit einer großen Flasche Mineralwasser zurück. Sie schüttet das Wasser wie eine Verdurstende in sich hinein und meint, gleich würde sie noch einmal kotzen. Sie sagt, der Hund müsste dringend mal raus. Das wäre eigentlich die Aufgabe ihrer Tochter. Ob ich das wohl machen kann. Ich dürfte danach zur Belohnung auch einmal umsonst ficken. Und ich soll nicht so gucken. Es wäre nur eine Ausnahme, dass sie heute was getrunken hat. Und sie hätte nur etwas getrunken, weil ihr liebes Töchterlein gerade den Abflug macht. Ihre ältere Tochter wäre schon vor Jahren vom Papa so aufgehetzt worden, dass sie ihre Mama im Stich gelassen hätte. Der hätte ja auch viel Kohle und ein Haus. 15