Chroniken des Jarls der Nordmarken: Seelen

Fünftes Kapitel: Grünes Moos und schwarzer Stern. Sechstes .... der Götter oder gar schwarze Magie – welche ... die größte und einflussreichste Zauberergilde.
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Janine Höcker

Rhavîn Band 1

Gesang der schwarzen Seele Roman

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© 2012 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2012 Umschlaggestaltung: Janine Höcker Printed in Germany ISBN 978-3-86254-824-8 AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt. Dieser Roman wurde bewusst so belassen, wie ihn die Autorin geschaffen hat, und spiegelt deren originale Ausdruckskraft und Fantasie wider. 3

Kapitelübersicht Chroniken des Jarls der Nordmarken: Seelenpein Erstes Kapitel: Bann der Finsternis Zweites Kapitel: Obskure Besinnung Drittes Kapitel: Bluthatz Chroniken des Jarls der Nordmarken: Schlaflos Viertes Kapitel: Rhavîn Khervas Fünftes Kapitel: Grünes Moos und schwarzer Stern Sechstes Kapitel: Dämonenbrut Siebtes Kapitel: Ein Hauch von Tod Chroniken des Jarls der Nordmarken: Willenlos Achtes Kapitel: Weg nach Skogrigg Neuntes Kapitel: Schöner Schein Zehntes Kapitel: Nächtlicher Aufruhr Elftes Kapitel: Feder im Wind Zwölftes Kapitel: Fluch der Narren Dreizehntes Kapitel: Blutschwur 4

Chroniken des Jarls der Nordmarken: Blind Vierzehntes Kapitel: Erdspuren Fünfzehntes Kapitel: Für den Fürsten

Fortsetzung: Band 2

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„Ich bin Rhavîn Khervas, der Günstling des Fürsten Lhagaîlan daé Yazyðor. Ich komme aus Cethel-Thán-Dûr, dem Reich der Dunkelelfen.“ - Rhavîn Khervas

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Chroniken des Jarls der Nordmarken: Seelenpein „Wir schreiben den siebten Tag des Rabenmondes im Jahre 376 nach dem Bündnis. Der Herbst hat sich wie ein finsteres Tuch über unser Land gelegt und mein Herz quält sich seit Tagen in Schmerzen. Meine Züge altern unter den Prophezeiungen des hohen Rates, mein Schlaf ist durchbrochen von finsteren Träumen, die an meiner Seele zerren. Mein Leib ist ausgezehrt und schon sehe ich mein Ende nahen, doch weiß ich mir nicht zu helfen ... Ich war einst Grímmaldur der Schwarze, ein gefürchteter Krieger und einflussreicher Jarl der Nordmarken. Doch sollte mich dieser Schrecken noch weiter heimsuchen, meine Ruhe stören und meine Gedanken zerfetzen, so fürchte ich, werde ich zerfallen wie Erde im Wasser. 7

Schon jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, spüre ich, wie mich die Gedanken an den Schatten fesseln, mich aus der Finsternis der Pein heraus zu lähmen drohen. Das Grauen, das meinen Körper heimsucht, presst meine Lungen zusammen, sodass ich kaum mehr atmen kann. Ich sehe keine Hoffnung ... Ich erkenne keinen Weg ... Grímmaldur der Schwarze wird untergehen und nicht mehr sein. Vernichtet durch die grausamen Qualen eines unsichtbaren Schreckens, der es nicht wagt, aus dem Nebel hervorzutreten, um sich zu stellen und in einem fairen Zweikampf gegen mich anzutreten. Welches Gesicht sich auch immer hinter dem Schatten verbirgt, ich werde mich ihm entgegenwerfen wie ein verwundeter Bär, der sein weichendes Leben verteidigt. Noch fließt Blut durch meine Adern, noch hält Standhaftigkeit meinen Geist am Leben. 8

Ich gebe mich nicht kampflos geschlagen – mein Schlachtbeil ist geschärft. Meine Männer sind zum Äußersten bereit, sind mir treu ergeben. Noch haben die Nordmarken einen König, ihren Jarl – Grímmaldur den Schwarzen.“

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Erstes Kapitel: Bann der Finsternis Wild loderten die Flammen. Die Funken stoben in gleißenden Stößen viele Mannshöhen weit. Ihre langen, gluterhitzten Finger berührten den schwarzen Nachthimmel, gruben sich in seine Dunkelheit. Drei große Feuer waren um eine ausladende, vom Herbst gezeichnete Eiche herum errichtet worden. Ihr Glutlicht flackerte über den knorrigen Baum, tastete über seine Rinde und Furchen. Die Eiche war beinahe fünfzig Schritte hoch und ihr Stamm war so dick, dass nicht einmal zwanzig Männer ihn gemeinsam hätten umgreifen können. Ihr mächtiger Stamm strahlte Ruhe und Macht aus, die etwas Menschliches an sich hatten. Ihre gewaltigen Wurzeln schraubten sich tief in den Boden, tasteten nach Wasser, lechzten nach magischen Strömen, um sie dem Baum einzuverleiben. Betrachtete man die Eiche länger, konnte man sich des Gefühls nicht erwehren, 10

zwischen den dicken Ästen zwei funkelnde Augen ausmachen zu können. Sie war Drewja, die Opfereiche. Ein Baum, der älter war als die Menschheit und von weitaus mächtigerer Magie beseelt, als alle Priester des Landes gemeinsam sie hätten wirken können. Die Opfereiche war ewig, sie lebte, sie dachte und sie atmete. Von Zeit zu Zeit hatte sie in der Vergangenheit ihren Standort verlassen und war durch den Norden Bønfjatgars gezogen, auf der Suche nach einem Ort, an dem sie die nächsten Jahre zu verweilen gedachte. Der letzte Standort, den sie sich ausgesucht hatte, war eine große, von Farnen, Kräutern und Moosen bewachsene Lichtung inmitten des Silberwaldes, hoch im Norden Bønfjatgars. Umringt von dichtem, urwüchsigem und von kraftvoller Magie durchwobenem Mischwald ragte sie in der hügeligen Landschaft weit über die anderen Bäume hinweg. Ihre ausladende

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Krone war aus vielen Meilen Entfernung sichtbar. Seit jeher war sie von den Menschen des Nordens respektiert und geachtet und bereits vielfach um Ausübung ihrer Magie gebeten worden – zu mannigfaltigen Zwecken. Kein Mensch, nicht einmal der weiseste Zauberer, vermochte zu beurteilen, welche Auswüchse der Magie Drewja in sich trug. Dass es sich dabei allerdings nicht nur um gute und gottgefällige Magie handelte, war über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Die grüne Magie der Natur, lichte Magie der Götter oder gar schwarze Magie – welche Zauber auch immer diese Baumseele wirkte, sie alle waren von urgewaltiger Kraft. Mit ihren dicken Wurzeln sog Drewja immer neue Zauberkraft aus dem Erdboden. Sie zapfte magische Ströme an, sog die Magie auf wie Moos das Wasser. Ein Umstand, der die Eiche schon des Öfteren unter Angriffen von Priestern und anderen, einzig auf weiße Magie und gute Kräfte 12

bedachte Wesen, hatte erbeben lassen. Bis heute allerdings zeichneten lediglich einige Narben die dicke Rinde des urwüchsigen Baumes und nicht etwa Verletzungen, die seinen Tod hätten bedeuten können. Bønfjatgar schrieb das Jahr 376 nach dem Bündnis. Die alten Schriften verrieten, dass Drewja seit nunmehr zweihundert Wintern am immer gleichen Ort weilte. Seit etwa der gleichen Zeit war die Baumseele einem finsteren Hexenzirkel als Opferstätte dienlich. Hatte der Bund unter den verwobenen Grauen – die größte und einflussreichste Zauberergilde der schwarzen Künste in ganz Bønfjatgar – zu Beginn seines Bestehens im Verborgenen agiert, traten seine finsteren Zauberer nun immer häufiger in die Öffentlichkeit. Durch das Ausüben der schwarzen Künste versuchten sie, ihren Einfluss im Norden des Landes zu mehren, sowie Tod und Finsternis zu verbreiten. 13

Der Zirkel zählte mehrere Hundert Mitglieder. Die meisten von ihnen waren Hexerinnen und Hexer, doch auch eine Vielzahl anderer Zauberer befand sich unter ihnen. Beinahe alle Mitglieder reisten die meiste Zeit des Jahres durch ganz Bønfjatgar, auf der Suche nach Ansehen, nach Reichtum, nach Macht – jeder verfolgte seine eigenen Ziele. Einige von ihnen zogen auch über die Landesgrenzen hinaus fort, um die Magie ferner Länder zu studieren, oder um ihre finsteren Zauber an fremden Orten zu wirken. Zu bestimmten Zeiten im Jahreskreis allerdings versammelten sich die meisten Anhänger des Zirkels an ihrem Heiligtum und Zentrum ihres Zirkels, am Fuße der Opfereiche. Meist taten sie dies, um das Pantheon der finsteren Götter der verwobenen Grauen anzubeten oder sie durch Opfer und Rituale zu besänftigen. Die verwobenen Grauen waren grausamer als alle anderen in Bønfjatgar bekannten Gottheiten, kälter als das

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Eis des hohen Nordens und unbeugsamer als die Winterstürme der Meere. Diesen Göttern wohnte das inne, wonach die Zauberer des Hexenzirkels am meisten trachteten: die mächtigste finstere Magie Thargannions. „Es ist der Abend des sechsten Tages des Rabenmondes und wieder einmal habt Ihr Euch von nah wie fern aufgemacht, unser Heiligtum zu erreichen.“ Eine durchdringende Stimme durchbrach die Stille der Nacht. Ihr hochmütiger Tonfall zog die Aufmerksamkeit aller Anwesenden in ihren Bann. Es war eine Stimme, die keinen Widerspruch duldete und jeden zur Aufmerksamkeit zwang. Mehr als zweihundert, zumeist in dunkle Gewänder gehüllte Zauberer umringten die Opfereiche. Sie scharten sich um die Feuer und drängten sich um die große Lichtung, auf der die Festlichkeit abgehalten wurde.

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