Blutwurst und Gamay - Vinum

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53 Überraschend kombiniert

Blutwurst und Gamay Jeder kennt Geheimtipps bei der Kombination von Wein und Speisen. Die originellsten Mariagen stellen wir Ihnen in dieser Serie vor. Zur Blutwurst mit oder ohne Apfelmus serviert Thomas Vaterlaus frischfruchtigen Gamay. Text: Thomas Vaterlaus, Foto: Martin Hemmi

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ur wenige Spezialitäten scheiden die Geschmacksgeister so sehr wie die gute alte Blutwurst. Dabei wird sie doch schon in Homers «Odyssee» aus dem achten Jahrhundert vor Christus erwähnt. Trotzdem: In manchen mittelöstlichen Regionen der Erde käme der Verzehr einer ordentlichen «Blunzen» aus Schweineblut heute wohl einer Gotteslästerung gleich. In Europa aber hat die Blutwurst geradezu fanatische Anhänger. Sogar Liebesgedichte werden an sie geschrieben. Zum Beispiel dieses: «Es spritzt das Blut und quillt die Leber, wohl dem, der Wurst und Wein vereint. Die Sau sei unserer Kräfte Heber, wenn kalt der Mond aufs Gasthaus scheint!» Dieser Reim ist das Leitmotto des Vereins zur Förderung des Ansehens der Blut- und Leberwürste. Die Vielfalt an Blutwursttypen ist enorm, vor allem in Deutschland. Jeder Metzger bereitet sie hier nach seinem Geheimrezept zu. Ob mit oder ohne Stücke von Schweinekopf, Herz, Zunge oder Leber hergestellt, gefährlich kalorienreich sind die schwarzen Dinger eigentlich immer. Selbst wenn die Gerichte so zauberhaft poetische Namen tragen wie «Flönz», «Himmel und Erde» oder «Kölscher Kaviar». Das gilt auch für die Schweizer Blutwurst (Boudin à la crème), die halb aus Blut und halb aus Milch hergestellt und mit verschiedensten Gewürzen, auch Majoran und Zimt, verfeinert wird. Sie ist nur in der Schlachtsaison erhältlich und wird fast noch flüssig in den Darm gefüllt. Deshalb muss sie vor dem Genuss noch-

mals länger in Wasser erhitzt werden. Dass auch diese Blutwurst trotz ihrer puddingartig subtilen, ja fast schon zarten Konsistenz ordentlich Fett in sich hat, wissen alle, die beim Reinstechen schon mal eine Flüssigfettfontäne ausgelöst und sich damit das eine oder andere Hemd ruiniert haben. Übrigens: Wenn das im heissen Zustand flüssige Fett auf dem Teller erkaltet, gerinnt es zu einer unansehnlich und traurig aussehenden, wachsfarbenen Masse. Um den menschlichen Organismus bei der Verarbeitung solcher Deftigkeiten zu unterstützen, sind Flüssigkeiten ausserordentlich hilfreich. Ein deutscher Wirt aus der Pfalz verstand es einst vorbildlich, mir diesen Sachverhalt bildlich zu vermitteln: «Wenn nach einem intensiven Kochtag meine Küchenfenster fettverklebt sind, helfen zwei Dinge, um sie wieder zu reinigen, nämlich Alkohol oder Säure. Beim Menschen ist es im Prinzip dasselbe. Ein säurebetonter Wein oder ein Schnäpschen bringt den fettbelasteten Organismus wieder auf Vordermann.» Und ein Winzer gab mir folgende Weisheit mit auf den Weg: «Je deftiger das Gericht, umso säurehaltiger sollte der dazu kredenzte Wein sein, denn die Säure befördert das tierische Fett problemlos durch den Verdauungstrakt…» Nun gehört die Sorte Gamay nicht unbedingt zu den überdurchschnittlich säurebetonten Gewächsen. Aber mit seiner unkomplizierten, trinkigen, vor allem aber erfrischenden Art ist er ein perfekter Begleiter zu fast jeder Blutwurst.

Versuchen Sie’s! Die Speise Die Blutwurst ist ein wunderbares Beispiel für die Vielfalt der europäischen Küche. In Grossbritannien wird der «Black Pudding» (bestehend aus einer Masse aus Blut, Hafergrütze, Zwiebeln und Fett) schon zum Frühstück serviert. Die spanische «Morcilla de Burgos» enthält auch Reis. Die deutschen Blutwursttypen kommen meist in gekochter, also fester Form auf den Markt und enthalten auch Fleischteile, etwa Leber, Zunge oder Herz. Serviert werden Blutwürste meistens mit Sauerkraut, Kartoffelpüree oder leicht säuerlichem Apfelmus. Der Wein Ein klassischer Gamay zeigt eine helle, kirschrote Farbe und Aromen von Himbeeren, Kirschen und Veilchen. Insbesondere ist er ein ausgesprochen leichter, feinfruchtiger und vor allem frischer Wein mit moderatem Alkoholgehalt. Nachdem er zeitweise in Vergessenheit geriet, erlebt er gegenwärtig dank seinem bekömmlichen Charakter eine Renaissance. In der französischen Schweiz werden vorzügliche Gamays gekeltert, vor allem in den Kantonen Genf, Waadt und Wallis. Die hier gekelterten Gewächse zeigen sich oft noch eine Spur subtiler und filigraner als die Crus aus dem benachbarten Frankreich. Jung getrunken machen diese unkomplizierten und geselligen Weine besonders viel Freude. Die Mariage Ein Gamay harmoniert mit jeder Form von Blutwurst. Ein einfacher Villages oder ein subtiler Gamay aus der Westschweiz ist oft eine gute Wahl. Leicht und feinfruchtig soll er sein, mit einem Nachhall, der nicht auf Bittermandeln endet, sondern auf einem Anflug erfrischender Säure. Damit gleicht er die Deftigkeit der Blutwurst perfekt aus. Selbst zu einer Blutwurst, die mit Apfelmus serviert wird, harmoniert der Gamay verblüffend gut. Tipp: Man kann eine stichfest gekaufte oder zu Hause stichfest gekochte Blutwurst in dünne Scheiben schneiden und diese in Butter oder Olivenöl beidseitig anbraten und sie so als Vorspeise servieren. Oder man arbeitet die Blutwurstmasse in ein Rührei ein.