BKW: Aktuelle Standortbestimmung und Ausblick Referat von Urs ...

BKW: Aktuelle Standortbestimmung und Ausblick. Es gilt das gesprochene Wort. Referat von Urs Gasche, Verwaltungsratspräsident. BKW FMB Energie AG, ...
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Es gilt das gesprochene Wort

BKW: Aktuelle Standortbestimmung und Ausblick

Referat von Urs Gasche, Verwaltungsratspräsident BKW FMB Energie AG, anlässlich der Medienorientierung vom 31. März 2011

Einleitung Die BKW FMB Energie AG (BKW) legt angesichts der katastrophalen Ereignisse von Japan grossen Wert auf die Information ihrer Kundinnen und Kunden, der Bevölkerung und Medien sowie der Mitarbeitenden. Eine knappe Woche nach dem gewaltigen Erdbeben und dem zerstörerischen Tsunami haben wir aus damaliger Sicht breit informiert und den zahlreichen Medienvertretern das Sicherheitsdispositiv des Kernkraftwerks Mühleberg (KKM) vor Ort vorgestellt. Angesichts der beunruhigenden Entwicklung der Reaktorkatastrophe in Japan informieren wir heute, zwei Wochen später, erneut. Wir wollen Ihnen unsere aktuelle Standortbestimmung darlegen und Ihnen aufzeigen, wie wir die anstehenden grossen Herausforderungen zur Gewährleistung der sicheren, umweltfreundlichen und wirtschaftlichen Stromversorgung unserer Kundinnen und Kunden angehen wollen. Heute Abend werden wir ergänzend die Bevölkerung in Mühleberg über die sie speziell interessierenden Aspekte der Sicherheit des KKM vor Ort informieren und für Fragen Red und Antwort stehen.

Zur Grundhaltung der BKW Die BKW ist sehr betroffen von den katastrophalen Ereignisse in Fukushima. Was sich zugetragen hat und was immer noch geschieht, ist aus unserer Sicht schlicht und einfach unvorstellbar. Aufgrund der uns zur Verfügung stehenden dürftigen und zuweilen widersprüchlichen Informationen können wir die verheerende Entwicklung im Nachgang zu Erdbeben und Tsunami nicht nachvollziehen.

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Die noch völlig ungenügenden Kenntnisse über Situation und Geschehnisse in Fukushima verunmöglichen, die wahren Gründe der Katastrophe umfassend zu erkennen. Dies macht uns den Vergleich mit Mühleberg praktisch unmöglich. Das heisst aber nicht, dass wir untätig bleiben. Ganz im Gegenteil. Unsere Spezialisten bemühen sich in enger Zusammenarbeit mit den andern Betreibern von Kernkraftwerken laufend um zusätzliche Informationen und deren Auswertung. Nach dem 11. März 2011 haben wir als eine der Sofortmassnahmen unser Sicherheitsdispositiv sofort gründlich überprüft. Wir haben ohne Verzug alles in die Wege geleitet, was die unseres Erachtens hohe Sicherheit des KKM weiter erhöhen kann. Der Vorsitzende der Unternehmensleitung, Kurt Rohrbach, wird Ihnen entsprechende Informationen geben. Es liegt mir daran, Ihnen an dieser Stelle unsere Grundhaltung im Bereich der Sicherheitskultur aufzuzeigen. Gemäss unserem unternehmerischen Verantwortungsbewusstsein kommt der Sicherheit im KKM absolute Priorität zu. Vom Dienst tuenden Pikettingenieur über die Kraftwerksleitung und die Unternehmensleitung bis hin zum Verwaltungsrat gilt in allen Belangen des KKM „safety first“. Und zwar mit Null Toleranz. Für die BKW ist auf allen Stufen klar: Wenn die Sicherheit des KKM nicht gewährleistet ist, wird abgeschaltet. Und zwar sofort. Ohne Rücksicht auf ökonomische und energiewirtschaftliche Aspekte.

Grundlegende Überprüfung der Strategie Die Zeit „nach Japan“ ist nicht mehr die gleiche wie die Zeit zuvor. Es hat sich Grundlegendes verändert. Als verantwortungsbewusste Unternehmung stellen wir uns im Interesse der über eine Million von uns versorgten Menschen den neuen Herausforderungen. Wir gehen diese neuen Herausforderungen, wie sie sich aus den katastrophalen Japan-Ereignissen für uns ergeben, aktiv und entschlossen an. Oberste Priorität haben für uns dabei zwei Bereiche. Erstens setzen wir alles daran, die Sicherheit des KKM aufgrund der Ereignisse gründlich und

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selbstkritisch zu überprüfen. Wir messen uns dabei an unseren hohen unternehmerischen Standards. Wir überprüfen die Sicherheit natürlich auch im Lichte der heutigen und von künftig allenfalls erhöhten behördlichen Anforderungen. Wir tun alles Menschen Mögliche, um die heute gegebene Sicherheit noch weiter zu erhöhen. Dazu gehört auch der heute eingereichte Bericht an das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI. Der zweite prioritäre Bereich ist die unverzüglich in die Wege geleitete Überprüfung unserer Strategie. „Japan“ bedeutet für uns als verantwortungsbewusste Unternehmung, dass wir bei strategischen Grundpositionen mit aller Sorgfalt und Sachlichkeit über die Bücher gehen. Es geht nicht um überhasteten Aktivismus, wie er verbal mitunter die aktuelle Diskussion prägt. Es geht um eine fundierte, mit der nötigen Kraft und Zeit erfolgende Hinterfragung von Ausrichtung und Positionierung ausgewählter Geschäftsbereiche. Oberste und bei unsern Kundinnen und Kunden breit abgestützte Richtschnur für die Überprüfung unserer Strategie ist das übergeordnete, auch in der Bundesverfassung verankerte Ziel der sicheren, umweltfreundlichen und wirtschaftlichen Stromversorgung.

Dabei wollen wir diese Versorgung unserer Kundinnen und Kunden in der Schweiz möglichst auf inländische Produktion abstützen.

Diese Richtschnur gibt uns den Rahmen für den Einbezug der Erkenntnisse aus den „Japan-Ereignissen“ in die Strategie unserer Unternehmung. Wir arbeiten mit aller Kraft und der nötigen Zeit, wie sie zur Entwicklung seriöser, sachlich tragfähiger und nachhaltiger Optionen erforderlich sind.

Breiter und sachlich offener Prozess Die BKW hat bisher auf den Strommix mit Energieeffizienz, neuen erneuerbaren Energien sowie Wasser- und Kernkraft gesetzt. Sie strebte im Interesse des Klimaschutzes eine möglichst CO2-freie Stromproduktion an. Im Rahmen dieser Strategie haben wir für den Ersatz des in absehbarer Zeit vom Netz gehenden KKM zusammen mit unsern Partnern Axpo und Alpiq

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für den Standort Mühleberg ein Ersatzkernkraftwerk geplant und ein entsprechendes Rahmenbewilligungsgesuch eingereicht. Bundesrätin Doris Leuthard hat unser Gesuch sistiert, was wir begrüssen. Sie hat damit in der anspruchsvollen neuen Situation „nach Japan“ ein positives starkes Zeichen dafür gesetzt, dass nun das gründliche Überprüfen der eingeschlagenen Wege und eine umfassende gesellschaftspolitische Diskussion angesagt sind. Wir werden die Behörden nach Kräften in ihrer Arbeit unterstützen. Die BKW geht die Überprüfung ihrer Strategie aktiv an, in einem breiten und sachlich offenen Prozess. Wir werden insbesondere ausloten, inwiefern unter den neuen Umständen bisher verfolgte strategische Optionen massiv ausgebaut werden können. Im Vordergrund stehen dabei die Energieeffizienz und die neuen erneuerbaren Energien. Aber auch das Potenzial der Wasserkraft wird unter den neuen Voraussetzungen nochmals überprüft werden müssen. Ergänzend wird abzuklären, ob wir – zumindest für eine Übergangszeit – trotz der damit verbundenen CO2Emission nicht Gaskraftwerke einsetzen müssen.

Mehr Raum für Energieeffizienz und neue erneuerbare Energien Bei der Energieeffizienz decken wir das ganze Massnahmenspektrum ab, von der Förderung effizienter Haushaltgeräte bis hin zu Feldtesten mit sogenannten Smart Technologien, wie aktuell ein Beispiel in Ittigen läuft. Wir werden diese Anstrengungen verstärken und alle unternehmerischen Ansätze zur technisch und kommerziell orientierten Optimierung gezielt verfolgen. Wir integrieren natürlich auch die sich in diesem Bereich allen-falls verändernden staatlichen Rahmenbedingungen. Bei den neuen erneuerbaren Energien gehen wir davon aus, dass sich „nach Japan“ ein neuer Handlungsspielraum eröffnet. Als Unternehmung, die seit zwanzig Jahren führend ist bei der Entwicklung und Nutzung der neuen erneuerbaren Energien in der Schweiz, verfügen wir über eine breite, solide Basis. Zwei Gründe haben uns in letzter Zeit zunehmend daran gehindert, unsere ambitiöse, weit über dem schweizerischen Durchschnitt

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liegende Zielsetzung zu erreichen. Es sind dies zum einen die massive und stark steigende Opposition und zum andern die komplexen und langwierigen Planungs- und Bewilligungsverfahren der Behörden auf den drei Stufen unseres Gemeinwesens. Die Japan-Ereignisse werden wohl viele Privatpersonen und Organisationen davon abhalten, wie bisher mitunter fundamentale Opposition zu machen gegen Projekte im Bereich der neuen erneuerbaren Energien, oder der Speicherkraftwerke und der Stromleitungen. Wir haben von uns aus bei führenden schweizerischen Umweltorganisationen sondiert, ob künftig mit mehr Gesprächsbereitschaft zu rechnen ist. Vereinzelte positive Reaktionen stimmen uns leicht zuversichtlich. Gewisse Organisationen, die in ihrer Haltung nach wie vor starr sind – wie etwa die Gegner des Ausbaus der Grimselkraftwerke oder des Leitungsprojektes Wattenwil-Mühleberg - scheinen die Zeichen der Zeit allerdings noch nicht erkannt zu haben. Wir erwarten, dass auch die Behörden die Voraussetzungen im Bereich von Raumplanung und Bewilligungsverfahren verbessern werden. Wir erwarten insbesondere, dass die dringend erforderlichen kantonalen Richtpläne rasch erarbeitet und in Kraft gesetzt werden. Und wir erwarten schliesslich, dass der Bundesrat seine vor Jahresfrist im Parlament verkündete Ablehnung der Verfahrensstraffung aufgibt und rasch nach dem Muster von Nachbarländern ein einfaches einheitliches Verfahren umsetzt. Wir werden bei den neuen erneuerbaren Energien alles daran setzen, dass wir im Gefolge von „Japan“ unsere ursprünglichen ambitiösen Zielsetzungen, die wir wegen den zunehmenden Widerständen Anfang Jahr nach unten korrigieren mussten, doch noch erfüllen können.

Faktor Zeit zentral für Umweltorientierung Der Ersatz von rund sechzig Prozent Kernenergie im BKW-Strommix verlangt neben Energieeffizienz und neuen erneuerbaren Energien weitere Optionen. Wir werden um die Erweiterung und den Neubau von grossen Kraftwerken nicht herumkommen. Die Wasserkraft steht dabei für uns natürlich im Vordergrund. Wir machen uns allerdings keine Illusionen, dass das Potenzial diesbezüglich ausreichend ist. Wir werden indessen alle Möglich-

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keiten in Betracht ziehen und auch frühere, wegen Opposition aufgegebene Projekte erneut prüfen. Je kürzer die Zeit für den Ersatz des KKM sein wird, desto schwieriger wird es sein, Optionen mit hoher Umweltorientierung umzusetzen. Oder anders gesagt: Je rascher das KKM aus politischen Gründen abgestellt werden muss, desto eher muss auf die bautechnisch relativ rasch umsetzbare Option mit Gaskraftwerken abgestellt werden. Oder aber es muss, was wir eigentlich nicht wollen, importiert werden, wohl vorwiegend aus CO2behafteter Produktion.

Aktiv, offen und gründlich – aber nicht überhastet Die BKW appelliert an alle verantwortungsbewussten und nachhaltig umweltorientierten Kräfte des Landes, den vom Bundesrat vorgezeichneten Weg des gründlichen, nicht überhasteten Handelns zu unterstützen und damit die Möglichkeit für die Umsetzung von Optionen zu schaffen, die so wenig wie möglich und so kurz wie nötig auf dem Bau von CO2-behafteten Gaskraftwerken beruhen. Die BKW geht die aktuellen Herausforderungen aktiv und offen an. Sie ist auch offen für den Einbezug neuer, dereinst bereit stehender weiterentwickelter oder neuer Technologien. Dazu können heute noch nicht erprobte oder gar unbekannte Technologien ebenso gehören wie allenfalls „nach Japan“ weiterentwickelte, sicherere Formen der Kernkraftnutzung. Im Interesse ihrer Kundinnen und Kunden setzt sich die BKW mit aller Kraft auch künftig ein für eine sichere, umweltfreundliche und wirtschaftliche Stromversorgung, und zwar möglichst mit inländischer Produktion.